L 9 R 3748/06

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
9
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 8 R 1768/04
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 9 R 3748/06
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 31. Mai 2006 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Streitig ist zwischen den Beteiligten die Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung.

Der 1952 geborene Kläger hat von 1970 bis 1973 in Polen Handformer gelernt, ohne diese Lehre abzuschließen, und war anschließend bis 1978 in diesem Beruf beschäftigt. Danach arbeitete er bis 1987 als Lagerverwalter und Sachbearbeiter. Im Jahr 1987 kam er in die Bundesrepublik Deutschland und war nach seiner Arbeitslosigkeit von 1990 bis Dezember 2000 zunächst als Produktionsarbeiter und danach als Lagerarbeiter beschäftigt. Von Januar 2001 bis Dezember 2004 bezog er wegen Arbeitslosigkeit Leistungen der Agentur für Arbeit. Seit 9.1.2006 bezieht der Kläger Arbeitslosengeld II.

Am 30.5.1996 beantragte der Kläger erstmals die Gewährung von Rente wegen Erwerbsunfähigkeit bzw. Berufsunfähigkeit. Diesen Antrag lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 4.12.1996 ab. Auf den Widerspruch des Klägers ließ sie ihn vom Chirurgen Dr. Sch. (Gutachten vom 14.5.1997) begutachten und wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 27.6.1997 zurück. Die zum Sozialgericht (SG) Karlsruhe erhobene Klage (S 8 J 2718/97) nahm der Kläger zurück.

Am 17.3.2003 beantragte der Kläger wegen Lendenwirbelsäulen (LWS)- und Halswirbelsäulen (HWS)-Beschwerden - Bandscheiben die Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung. Die Beklagte ließ den Kläger vom Neurologen und Psychiater Dr. G ... gutachterlich untersuchen. Dieser stellte im Gutachten vom 6.8.2003 beim Kläger folgende Diagnosen: 1. Schädlicher Alkoholgebrauch, Verdacht auf Abhängigkeit mit entsprechenden Folgeschäden 2. Hyperlipidämie 3. Rezidivierendes Lumbalsyndrom, Zustand nach Bandscheibenoperation 1996 ohne radikulär zuordenbare Symptomatik. Der Kläger sei in der Lage weiterhin als Lagerarbeiter sechs Stunden und mehr tätig zu sein und leichte bis mittelschwere Tätigkeiten ohne häufiges Bücken, ohne Zwangshaltungen, ohne erhöhte Unfallgefahr und ohne Nachtschicht sechs Stunden und mehr zu verrichten.

Mit Bescheid vom 12.8.2003 lehnte die Beklagte die Gewährung von Rente ab, weil weder eine teilweise noch eine volle Erwerbsminderung und auch keine Berufsunfähigkeit vorliege. Den Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 7.4.2004 zurück.

Hiergegen erhob der Kläger am 6.5.2004 Klage zum SG Karlsruhe (S 8 RJ 1768/04), mit der er die Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung weiter verfolgte.

Das SG hörte die behandelnden Ärzte des Klägers schriftlich als sachverständige Zeugen und holte Gutachten auf nervenärztlichem und orthopädischem Gebiet ein.

Der Neurologe Dr. K.-O. teilte unter dem 1.7.2004 mit, er habe den Kläger im Jahr 2003 am 7.2., 10.4. und 1.12.2003 gesehen. Es habe nie der Eindruck einer wirklichen massiv behandlungsbedürftigen schweren Depression bestanden. Auch sei kein verstärktes Interesse hinsichtlich therapeutischer Möglichkeiten in medikamentöser oder psychotherapeutischer Richtung vorhanden gewesen. Gesundheitliche Einschränkungen seitens seines Fachgebiets könne er nicht erkennen; Arbeit und Beschäftigung würden eher zu einer Stabilisierung führen.

Der Orthopäde Dr. Sch. erklärte am 30.6.2004, beim Kläger liege eine zunehmende somatoforme Schmerzstörung vor. Aus orthopädischer Sicht könnten leichte Tätigkeiten mindestens sechs Stunden täglich durchgeführt werden.

Die Internistin Dr. F. gab unter dem 22.12.2004 an, der Kläger stehe seit 1994 in ihrer hausärztlichen Betreuung und sei in der Regel quartalsweise in ihrer Praxis gewesen. Im Jahr 2002 habe der Kläger sie nicht und im Jahr 2003 erstmals am 12.9. aufgesucht, wobei er über Rückenschmerzen und schmerzhafte Parästhesien in den Füßen geklagt habe. Leichte Tätigkeiten könne der Kläger mindestens sechs Stunden täglich verrichten. Sie legte einen Arztbrief des Neurologen und Psychiaters Dr. N. vom 12.10.2004 vor, der beim Kläger eine depressive Episode und einen Verdacht auf Somatisierungsstörung festgestellt hatte.

Auf Antrag des Klägers gemäß § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) holte das SG Gutachten bei dem Neurologen und Psychiater Dr. Dr. Bernsdorff und Professor Dr. Gondolph-Zink, Arzt für Orthopädie und Rheumatologie, ein.

Dr. Dr. B. stellte beim Kläger im Gutachten vom 22.4.2005 folgende Gesundheitsstörungen fest: • Depressives Syndrom mit psychoreaktiven und endogenen Faktoren • Intermittierend auftretende phobische Attacken • Radikuläre Reizerscheinungen der hinteren Wurzeln S 2-5 links • Trapeciusatrophie links • Extensionsschwäche der Zehen II - V links • Serratusparese rechts (N. thoracicus longus) • Hypopallaesthesie im Fuß- und Knöchelbereich • Koordinative Ausfallserscheinungen • Periarthritis humeroscapularis beiderseits • Senk-/Spreizfüße beiderseits • Arthrosis deformans Grad I beider Kniegelenke • Toxisch-nutritive Hepatopathie mit Hyperlipidämie • Zustand nach 2/3 Resektion des Magens nach Billroth I wegen hochgradiger Magenausgangsstenose bei chronischem Ulcusleiden • Chronische Lumboischialgie links. Der Kläger sei nur noch in der Lage leichte Tätigkeiten ohne Heben und Tragen von Lasten über 2 kg drei bis unter sechs Stunden auf dem allgemeinen Arbeitsmarkts zu verrichten.

Professor Dr. G.-Z. diagnostizierte beim Kläger im Gutachten vom 18.7.2005 ein muskuloskelettales Schmerzsyndrom der HWS, BWS und LWS mit segmentalen Dysfunktionen und gelangte zum Ergebnis, der Kläger könne leichte bis mittelschwere Tätigkeiten ohne gleichförmige Körperhaltungen, ohne häufiges Bücken, ohne Heben und Tragen von Lasten über 25 Kilogramm sechs Stunden täglich verrichten.

Das SG beauftragte von Amts wegen Dr. M., Arzt für Psychiatrie und Psychotherapie, Chefarzt der Rhein-Haardt-Klinik, mit der Begutachtung des Klägers. Dieser gelangte im Gutachten vom 21.3.2005 (richtig 2006) unter Mitberücksichtigung eines psychologischen Interviews in polnischer Sprache und testpsychologischer Untersuchungen durch die Diplom-Psychologin M. zu folgenden Diagnosen: • Leichtgradige anhaltende somatoforme Schmerzstörung bei degenerativen HWS- und LWS-Veränderungen • Schädlicher Gebrauch von Alkohol. Eine relevante depressive Störung, eine Angststörung oder eine andere psychische oder neurologische Erkrankung schloss er aus. Er gelangte zum Ergebnis, der Kläger könne leichte bis gelegentlich mittelschwere Tätigkeiten in wechselnder Körperhaltung mindestens sechs Stunden täglich verrichten. Zu vermeiden seien Tätigkeiten ständig im Gehen, Stehen und Sitzen, mit häufigem Tragen von Lasten über 15 kg, in Wirbelsäulen-Zwangshaltungen, mit häufigem Bücken und häufigen Überkopfarbeiten.

Durch Urteil vom 31.5.2006 wies das SG die Klage ab. Zur Begründung führte es aus, nach dem Ergebnis der medizinischen Beweisaufnahme sei der Kläger zur Überzeugung des SG in der Lage, leichte bis gelegentlich mittelschwere Arbeiten des allgemeinen Arbeitsmarkts unter Berücksichtigung qualitativer Leistungseinschränkungen mindestens sechs Stunden täglich zu verrichten. Das SG stütze seine Überzeugung auf die schlüssigen und nachvollziehbaren Gutachten von Dr. M. und Dr. G. Auf die Entscheidungsgründe im Einzelnen wird Bezug genommen.

Gegen das am 28.6.2006 zugestellte Urteil hat der Kläger am 26.7.2006 Berufung eingelegt und vorgetragen, das vom SG eingeholte psychiatrische Gutachten von Amts wegen sei nicht schlüssig. Der Gutachter rücke die Fibromyalgie oder somatoforme Schmerzstörung an den Rand der Bedeutungslosigkeit. Ferner hat der Kläger einen Befundbericht der Diagnostischen Gemeinschaftspraxis Karlsruhe vom 4.9.2007 über eine Kernspintomografie des linken Fußes vom 3.9.2007 (chronische Ansatztendinitis der Peroneus brevis Sehne sowie Tendinitis der Flexoren des 4. und 5. Strahles mit Begleittendinitis, arthrotische Veränderungen im Torometatarsalgelenk D IV) vorgelegt und vorgetragen, seit geraumer Zeit träten schmerzhafte Schwellungen im linken und rechten Fuß auf, weswegen er auf die Einnahme von weiteren Schmerztherapeutika angewiesen sei. Wegen dieser Schmerzen und Schwellungen sei er beim Gehen und Stehen erheblich beeinträchtigt.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 31. Mai 2006 sowie den Bescheid der Beklagten vom 12. August 2003 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 7. April 2004 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm ab 1. März 2003 Rente wegen voller Erwerbsminderung, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung zu gewähren,

hilfsweise ein weiteres orthopädisches und psychiatrisches Gutachten von Amts wegen, hilfsweise nach § 109 Sozialgerichtsgesetz einzuholen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie erwidert, aus der Berufungsbegründung ergäben sich keine neuen Gesichtspunkte, die eine Änderung ihres bisherigen Standpunkt zuließen. Auf ihren Vortrag im erstinstanzlichen Verfahren sowie auf die Ausführungen im angefochtenen Urteil werde Bezug genommen. Zu dem Befundbericht vom 4.9.2007 über die kernspintomographische Untersuchung des linken Fußes hat Dr. Koch in der Stellungnahme vom 16.10.2007 ausgeführt, dieser Befund führe ohne Durchführung einer Schuhzurichtung zu qualitativen Einschränkungen, das heißt es sollten Arbeiten ohne überwiegend gehende und stehende Tätigkeiten durchgeführt werden. Bei entsprechender Schuhversorgung bzw. Schuhzurichtung könne eine Besserung erwartet werden. Eine Auswirkung auf das quantitative Leistungsvermögen ergebe sich nicht.

Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.

Zur weiteren Darstellung des Tatbestandes wird auf die Akten der Beklagten, des SG sowie des Senats Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die form- und fristgemäß eingelegte Berufung des Klägers, über die der Senat im Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung gem. § 124 Abs. 2 SGG entschieden hat, ist zulässig. Berufungsausschließungsgründe nach § 144 SGG liegen nicht vor.

Die Berufung des Klägers ist jedoch nicht begründet. Das angefochtene Urteil des SG sowie die angefochtenen Bescheide der Beklagten sind nicht zu beanstanden, da der Kläger keinen Anspruch auf Rente wegen Erwerbsminderung hat. Das SG hat den rechtserheblichen Sachverhalt umfassend dargestellt, die an eine Rentengewährung geknüpften Voraussetzungen zutreffend benannt und das Beweisergebnis frei von Rechtsfehlern gewürdigt. Hierbei ist es ausführlich auf die beim Kläger bestehenden Gesundheitsstörungen eingegangen; auch hat es überzeugend begründet, weshalb es den Beurteilungen des Dr. M. und des Dr. G ... gefolgt ist. Der Senat schließt sich der Beweiswürdigung des SG uneingeschränkt an und sieht deshalb von einer Darstellung der Entscheidungsgründe gemäß § 153 Abs. 2 SGG weitgehend ab. Ergänzend ist auszuführen, dass sich auch zur Überzeugung des Senats eine Erwerbsminderung des Klägers, d. h. ein Absinken seiner beruflichen und körperlichen Leistungsfähigkeit auf ein Leistungsvermögen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt von weniger als sechs Stunden täglich, nicht belegen lässt. Dies ergibt sich im wesentlichen aus der Gesamtwürdigung der Gutachten des Chirurgen Dr. Sch. vom 14.5.1997 sowie des Neurologen und Psychiaters Dr. G ... vom 6.8.2003, die im Wege des Urkundenbeweises verwertet werden, sowie der Sachverständigengutachten des Orthopäden und Rheumatologen Professor Dr. G.-Z. vom 18.7.2005 und des Psychiaters Dr. M. vom 21.3.2006 sowie der sachverständigen Zeugenaussagen des Neurologen K.-O. vom 1.7.2004, des Orthopäden Dr. Schreiter vom 30.6.2004 sowie der Internistin Dr. F. vom 22.12.2004. Der hiervon allein abweichenden Beurteilung von Professor Dr. Dr. B. im Gutachten vom 22.4.2005 vermag sich der Senat dagegen nicht anzuschließen. Der Kläger leidet nach den auf den obigen ärztlichen Unterlagen beruhenden Feststellungen des Senats im wesentlichen unter einer anhaltenden somatoformen Schmerzstörung (F45.4 ICD-10) mit degenerativen HWS- und LWS-Veränderungen als organischer Komponente der Beschwerden. Diese Diagnose - in leichtergradiger Ausprägung - konnte von Dr. Münch trotz des im Zeitpunkt seiner Untersuchung nicht feststellbaren andauernden, schweren und quälenden Schmerzes im Sinne der Definition des F45.4 ICD10 wegen der Längsschnittbetrachtung des Schmerzgeschehens beim Kläger gestellt werden, zumal auch Prof. Dr. Gondoph-Zink beim Kläger ein musculoskelettales Schmerzsyndrom in allen drei Wirbelsäulenabschnitten festgestellt hatte. Hingegen können beim Kläger - entgegen der Darstellung von Dr. Dr. B. - weder ein depressives Syndrom mit psychoreaktiven und endogenen Faktoren noch intermittierend auftretende phobische Attacken festgestellt werden. Zu Recht hat Dr. Münch darauf hingewiesen, dass der hierzu von Dr. Dr. B. erhobene psychische Befund sich weitgehend auf die Angaben des Klägers stützt und diese wiedergibt. Bei Dr. M. erreichte der Kläger im Selbstbeurteilungsfragebogen zwar auch eine Punktzahl, die einer schweren Depression entsprach. Dies war jedoch nicht in Übereinstimmung damit zu bringen, dass der Kläger weder bei der Anamneseerhebung, noch bei der psychiatrischen Exploration und beim klinischen Eindruck während des polnischsprachigen Interviews Hinweise auf eine relevante depressive Episode bot. Vielmehr erschien er psychopathologisch weitgehend unauffällig. Im übrigen wäre eine solche depressive Episode auch medikamentös und psychotherapeutisch behandelbar.

Vermeiden muss der Kläger auf Grund der oben genannten Gesundheitsstörungen schwere und ständig mittelschwere Tätigkeiten, Arbeiten in Wirbelsäulen-Zwangshaltungen, mit häufigem Heben und Tragen von Lasten über 15 kg, mit häufigen Überkopfarbeiten und häufigem Bücken. Der Kläger ist jedoch nicht gehindert, körperlich leichte bis gelegentlich mittelschwere Tätigkeiten in wechselnder oder überwiegend sitzender Körperhaltung mindestens sechs Stunden täglich zu verrichten. Die weiteren beim Kläger vorliegenden Gesundheitsstörungen (Zustand nach 2/3 Resektion des Magens 1995, Hyperlipidämie) führen zu keinen weiter gehenden Leistungseinschränkungen.

Der Senat hat auch keinen Anlass gesehen, auf Grund des vorgelegten Befundberichts der Diagnostischen Gemeinschaftspraxis K. vom 4.9.2007 weitere Gutachten von Amts wegen einzuholen. Die dort genannte Tendinitis ist einer Behandlung zugänglich und schließt leichte bis gelegentlich mittelschwere Tätigkeiten in wechselnder bzw. überwiegend sitzender Körperhaltung nicht auf Dauer aus. Auch ist eine Besserung durch eine Schuhzurichtung zu erwarten, wie Dr. K. in der ärztlichen Stellungnahme vom 16.10.2000 nachvollziehbar dargelegt hat. Darüber hinaus kann den Beschwerden (Schwellungen und Schmerzen) durch den Ausschluss von überwiegend gehenden und stehenden Tätigkeiten Rechnung getragen werden. Ferner ist auch nicht ersichtlich, dass es sich bei diesen Beschwerden um Gesundheitsstörungen von Dauer handelt. Auch eine Einholung weiterer Gutachten gem. § 109 SGG kommt nicht in Betracht. Zum einen hat der Kläger schon keinen bestimmten Arzt im Sinne des § 109 SGG benannt, zum anderen sind schon im Klageverfahren zwei Gutachten gem. § 109 SGG bei Dr. Dr. B. auf psychiatrischem Gebiet und bei Professor Dr. G.-Z. auf orthopädischem Gebiet eingeholt worden. Besondere Umstände, die die Einholung eines dritten Gutachtens gem. § 109 SGG erfordern würden, ergeben sich aus dem vorgelegten Befundberichts vom 4.9.2007 nicht. Ferner war dem Kläger auf Grund der Verfügung des Gerichts vom 5.6.2007, der versuchten Terminsabsprache vom 21.8. und 22.8.2007 bekannt, dass der Rechtsstreit zur Terminierung bzw. Entscheidung vorgemerkt war, sodass der Kläger, der im Schriftsatz vom 21.9.2007 behauptet, die schmerzhaften Schwellungen im linken und rechten Fuß lägen seit geraumer Zeit vor, umgehend einen Antrag gem. § 109 SGG hätte stellen müssen.

Zusammenfassend ist der Kläger unter Berücksichtigung sämtlicher bei ihm diagnostizierter Gesundheitsstörungen nach alledem noch in der Lage, jedenfalls körperlich leichte Tätigkeiten mit den genannten qualitativen Einschränkungen mindestens sechs Stunden täglich auszuüben. Der Kläger ist somit nicht erwerbsgemindert, zumal auch die Zusammenschau der einzelnen Gesundheitsstörungen kein Leistungsvermögen von täglich weniger als sechs Stunden begründet. Insbesondere muss für die Verneinung von Erwerbsminderung bei mindestens sechs Stunden täglich leistungsfähigen Versicherten - anders als bei Teilzeitkräften - weder eine konkrete Tätigkeit benannt werden, noch ist die Frage zu prüfen, ob es genügend Arbeitsplätze gibt. Vielmehr ist davon auszugehen, dass auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt für in diesem Umfang leistungsfähige Ungelernte und Angelernte des unteren Bereichs geeignete Arbeitsplätze in ausreichender Anzahl vorhanden sind (Beschlüsse des Großen Senats des BSG vom 19. Dezember 1996, u.a. SozR 3-2600 § 44 Nr. 8). Dies stimmt mit dem erklärten Willen des Gesetzgebers überein, der durch § 43 Abs. 3 SGB VI klargestellt hat, dass nicht erwerbsgemindert ist, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann, wobei die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen ist.

Dem Kläger ist somit keine Rente wegen Erwerbsminderung zu gewähren, und zwar unabhängig davon, ob die für ihn zuständige Arbeitsagentur einen seinem Leistungsvermögen entsprechenden Arbeitsplatz anbieten könnte. Denn das Risiko, keinen offenen Arbeitsplatz zu finden, ist nicht von der Renten-, sondern grundsätzlich von der Arbeitslosenversicherung zu tragen (BSG SozR 2200 § 1246 Nr. 137 m.w.N.). Allerdings ist die Frage, ob es auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt Arbeitsplätze gibt, immer dann zu klären, wenn eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen oder eine schwere spezifische Leistungsbehinderung vorliegt (BSG SozR 2200 § 1246 Nrn. 104 und 117) oder wenn Arbeitskräfte i.S.v. § 43 Abs. 3 SGB VI nur noch auf solchen Arbeitsplätzen einsetzbar sind, bei denen wegen ihrer Seltenheit die Gefahr einer Verschlossenheit des Arbeitsmarktes besteht, also z.B. noch in Betracht kommende Tätigkeiten nicht unter betriebsüblichen Bedingungen ausgeübt werden können oder entsprechende Arbeitsplätze aufgrund gesundheitlicher Beeinträchtigungen von der Wohnung aus nicht erreichbar sind oder nur vereinzelt vorkommen (BSG SozR 2200 §§ 1246 Nrn. 136, 137 und 139 sowie 1247 Nrn. 33 und 53; SozR 3-2200 § 1247 Nrn. 10 und 14).

Ausgehend hiervon sind keine Beschränkungen des zumutbaren Arbeitsweges erkennbar. Auch benötigt der Kläger keine betriebsunüblichen Pausen. Ebenso gibt es für das Bestehen der übrigen sog. Katalogfälle keine Anhaltspunkte.

Darüber hinaus liegt auch keine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen vor. Denn bei den genannten Einschränkungen handelt es sich im Wesentlichen um solche, denen durch die Begrenzung auf leichte körperliche Arbeit hinreichend Rechnung getragen wird. So sind die dem Kläger noch zumutbaren körperlich leichten und gelegentlich mittelschweren Arbeiten in wechselnder oder überwiegend sitzender Körperhaltung nicht mit Wirbelsäulenzwangshaltungen, häufigem Heben und Tragen von Lasten über 15 kg, häufigen Überkopfarbeiten und häufigem Bücken verbunden. Auch der Ausschluss von Arbeiten mit Unfallgefahr wegen des Alkoholkonsums des Klägers führt zu keiner Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen, da die dem Kläger noch zumutbaren Arbeiten (Verpacken von Kleinteilen, Sortier-, Montier-, Etikettier- und Klebearbeiten) zu ebener Erde in sitzender oder wechselnder Körperhaltung verrichtet werden. Schließlich liegt auch keine schwere spezifische Leistungsbehinderung vor.

Der Beurteilung von Dr. Dr. B., die von denen von Dr. G ..., Professor Dr. G.-Z., Dr. M. sowie den behandelnden Ärzten Dr. K.-O., Dr. Sch. und Dr. F. abweicht, vermag sich der Senat - ebenso wie das SG - nicht anzuschließen. Aus dem Gutachten von Dr. Dr. Bernsdorff lässt sich eine gravierende Depression nicht ableiten. Auch berücksichtigt er nicht, dass der Kläger bisher nicht wegen einer Depression medikamentös und psychotherapeutisch behandelt wird. Nicht nachvollziehbar ist auch, warum der Kläger nicht mehr als 2 kg heben und tragen können soll, zumal der Orthopäde Prof. Dr. G.-Z. das Heben von Lasten bis 25 kg aus orthopädischer Sicht für möglich hält. Auch für die zeitliche Leistungseinschränkung (Tätigkeiten drei bis unter sechs Stunden) nennt Dr. Dr. B. keine Gründe.

Der Senat hält den Sachverhalt für umfassend geklärt und sieht keinerlei Notwendigkeit, ein weiteres Gutachten von Amts wegen einzuholen. Die Auseinandersetzung mit abweichenden Gutachten ist vielmehr Sache der Beweiswürdigung des Gerichts.

Nach alledem war das angefochtene Urteil des SG nicht zu beanstanden. Die Berufung des Klägers musste deswegen zurückgewiesen werden.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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