Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
9
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 8 R 7656/04
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 9 R 4901/06
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 21. August 2006 wird zurückgewiesen.
Die Beklagte hat die außergerichtliche Kosten der Klägerin auch im Berufungsverfahrens zu erstatten.
Tatbestand:
Umstritten ist, ob die Beklagte verpflichtet ist, an die Klägerin 1032,66 EUR zu zahlen.
Die 1936 geborene Klägerin, griechische Staatsangehörige, war vom 18. November 1966 bis 15. März 1968 bei der S. AG in B. in sowie vom 05. Februar 1969 bis 27. Januar 1970 bei der Fischkonservenfabrik "M." in L. und vom 29. Januar 1970 bis 08. Juli 1971 bei der Firma V. und B. in L. versicherungspflichtig beschäftigt. Dementsprechend wurden Pflichtbeiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung entrichtet. Nach ihrer Rückkehr nach Griechenland stellte die Klägerin Anträge auf Erstattung ihrer Beiträge, die zunächst erfolglos blieben (Bescheid der Landesversicherungsanstalt (LVA) Schleswig-Holstein vom 15. Mai 1973 und der LVA Berlin vom 08. August 1973). Auf einen weiteren Erstattungsantrag vom 30. Oktober 1974 entschied die LVA Schleswig-Holstein mit Bescheid vom 12. Dezember 1974 (adressiert: "Pellis, GR 0000 Gianitsa"), die vom 05. Februar 1969 bis 08. Juli 1971 geleisteten Beiträge würden zur Hälfte, nämlich in Höhe von 2019,70 DM, an die Klägerin erstattet.
Die Klägerin bestreitet, den Erstattungsbetrag erhalten zu haben, und legt hierzu die Kopie eines an die LVA Schleswig-Holstein adressierten Schreibens vom 23. Mai 1975 (auf den Bescheid vom 12. Dezember 1974 sei keinerlei Nachricht über die Ankunft des Betrages eingetroffen, weswegen sie um Mitteilung bitte, was in dieser Angelegenheit geschehen sei; falls der Betrag wieder zurückgeschickt worden sei, bitte sie, ihn an ihre Adresse ("Trapezountos 16, Gianitsa") zu senden) vor.
Am 10. Februar 2003 beantragte die Klägerin unter Vorlage u. a. einer Kopie des Bescheids vom 12. Dezember 1974 über den griechischen Versicherungsträger IKA die Gewährung von Altersrente bei Beklagten. Die LVA Berlin teilte auf Anfrage mit, das dortige Konto der Klägerin sei stillgelegt, und legte mikroverfilmte Unterlagen vor.
Mit Bescheid vom 23. Juni 2003 lehnte die Beklagte die Gewährung von Altersrente ab, da die Wartezeit hierfür nicht erfüllt sei. Die Beiträge für die in der deutschen Rentenversicherung zurückgelegten anrechenbaren Zeiten vom 05. Februar 1969 bis 08. Juli 1971 seien mit dem Bescheid der LVA Schleswig-Holstein vom 12. Dezember 1974 erstattet worden. Die Beiträge für die Zeit vom 18. November 1966 bis 15. März 1968 würden noch nach erstattet, worüber ein gesonderter Bescheid ergehe. Durch die Beitragserstattung seien alle weiteren Ansprüche aus den erstatteten Beiträgen ausgeschlossen.
Dagegen erhob die Klägerin am 22. August 2003 Widerspruch und legte u. a. eine Mehrfertigung des Schreibens vom 23. Mai 1975 vor. Die Beiträge für die Zeit vom 05. Februar 1969 bis 08. Juli 1971 habe sie niemals erstattet erhalten. Falls eine Rentengewährung nicht möglich sei, bitte sie um Erstattung auch dieser Versicherungsbeiträge.
Auf Anfrage der Beklagten teilte die LVA Schleswig-Holstein unter dem 05. Februar und 16. März 2004 mit, es lägen keinerlei Verwaltungsakten der Klägerin vor und es sei nicht mehr nachvollziehbar, ob der im Erstattungsbescheid vom 12. Dezember 1974 genannte Betrag tatsächlich erstattet worden sei. Es seien auch keinerlei Unterlagen über die Beitragserstattung mehr vorhanden, weder Listen bei der Kassenverwaltung über Geldein- und - ausgänge, noch Unterlagen im Archiv oder alte ZA-Bänder, nachdem die Aufbewahrungsfrist abgelaufen sei.
Hierauf wies die Beklagte den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 17. August 2004 zurück. Aufgrund der Beitragserstattung bestehe kein Anspruch auf Rente. Nachdem die Klägerin mit Schreiben vom 23. Mai 1975 die Auszahlung des Erstattungsbetrages in Höhe von 2019,17 DM angemahnt und sich danach nicht mehr nach dem Erstattungsbetrag erkundigt habe, seien wegen der tatsächlichen Vermutung davon auszugehen, dass ihr die Auszahlung auch zugegangen sei. Bezüglich der Nacherstattung für die Beiträge vom 18. April (richtig November) 1966 bis 15. März 1968 ergehe ein gesonderter Bescheid.
Deswegen hat die Klägerin am 17. November 2004 Klage beim Sozialgericht Stuttgart (SG) erhoben, mit welcher sie die Gewährung von Altersrente erstrebt hat, hilfsweise die Verurteilung der Beklagten, ihr die Beiträge für die Zeit vom 05. Februar 1969 bis 08. Juli 1971 zu erstatten. Diese Beiträge habe sie nicht erhalten. Für die Zahlung an sie sei die Beklagte voll beweispflichtig.
Die Beklagte hat mit Bescheid vom 09. November 2005 entschieden, dass auch die im Zeitraum vom 18. November 1966 bis 15. März 1968 entrichteten Beiträge (Arbeitnehmeranteil) zu erstatten seien. Die Klägerin hat die Klage insoweit für erledigt erklärt.
Bezüglich des Erstattungsbetrages von 2019,70 DM habe die Klägerin nach dem 23. Mai 1975 nicht mehr nachgefragt, weswegen sie davon ausgehe, dass ihr der Erstattungsbetrag danach zugegangen sei. Es wäre nicht nachvollziehbar, dass die LVA Schleswig-Holstein die Erstattungsakten ausgeschieden hätte, wenn der Erstattungsbetrag nicht ausbezahlt worden oder zurückgeflossen wäre. Für einen Rentenanspruch anrechenbare Zeiten lägen nicht vor.
Mit Urteil vom 21. August 2006 hat das SG die Beklagte unter Abweisung der Klage im übrigen verurteilt, der Klägerin 1032,66 EUR zu zahlen. Ein Anspruch auf Rente bestehe nicht, doch sei die Beklagte verpflichtet, an die Klägerin 1032,66 EUR als Erstattungsbetrag für die Zeit vom 05. Februar 1969 bis 08. Juli 1971 zu zahlen. Die Erstattungspflicht ergebe sich aus dem bestandskräftigen Bescheid vom 12. Dezember 1974. Die Beklagte sei für die Erfüllung des Beitragserstattungsanspruchs beweispflichtig. Dieser Nachweis sei nicht geführt. Die Voraussetzungen für eine Beweiserleichterung oder gar ein Beweislastumkehr lägen nicht vor, insbesondere seien die Voraussetzungen eines Beweises des ersten Anscheins nicht erfüllt.
Gegen das am 04. September 2006 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 27. September 2006 Berufung eingelegt. Auch wenn ihr die objektive Beweislast für die Zahlung des Betrags obliege, stelle es eine Überspannung der Anforderungen dar, eine Aufbewahrung der Erstattungsunterlagen für nahezu 30 Jahre zu fordern. Die Kassenbelege könnten gem. § 35 der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift über das Rechnungswesen in der Sozialversicherung (SRVwV) nach sechs Jahren vernichtet werden, weswegen ihr Fehlen kein Indiz für die Nichtauszahlung darstelle. Bei dem - näher dargelegten üblichen - Ablauf bei Beitragserstattungen sei davon auszugehen, dass der Erstattungsbetrag auf Grund des typisierten Verfahrensablaufs mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit ausgezahlt worden sei. Die Voraussetzungen eines Beweises des ersten Anscheins seien erfüllt. Dass bei der Aktenvernichtung die fehlende Auszahlung schlichtweg übersehen worden sei, sei absolut abwegig. Eine tatsächliche Absendung des Schreibens vom 23. Mai 1975 sei nicht nachgewiesen und ein entsprechendes Antwortschreiben der LVA Schleswig-Holstein nicht vorgelegt worden. Das Mahnschreiben müsste aber beantwortet worden sein, jedenfalls wäre sonst nicht nachvollziehbar, warum die Klägerin nicht weiter auf der Auszahlung bestanden habe. Allein aus deren Aktivitäten in Zusammenhang mit den Anträgen auf Beitragserstattung ergebe sich, dass sie ihr Antragsrecht gekannt habe. Im übrigen lägen die Voraussetzungen einer Verwirkung vor. Die Klägerin hätte sich auch schon deutlich früher melden können. Nach ca. 30 Jahren die Behauptung aufzustellen, den Erstattungsbetrag nicht erhalten zu haben, widerspreche jeglicher Lebenserfahrung. Hier handle es sich nicht um bloßes Nichtstun, sondern um ein Unterlassen. Dieses bewusste Unterlassen sei als Bekräftigung einer bestehenden Sach- und Rechtslage zu verstehen, dass nicht mehr in diese Sach- und Rechtslage eingegriffen werde. Es wäre der Klägerin zumutbar und auch von ihr zu erwarten gewesen, sich mit der LVA Schleswig Holstein wegen des Verbleibs des Auszahlungsbetrages wesentlich früher in Verbindung zu setzen. Eine nochmalige Auszahlung des Betrags sei nicht zumutbar, denn die Rentenversicherung habe vertrauen dürfen, dass das Recht auf nochmalige Auszahlung verwirkt sei.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgericht Stuttgart vom 21. August 2006 abzuändern und die Klage in vollem Umfang abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Voraussetzungen einer Beweislastumkehr lägen nicht vor und die Beklagte habe die Auszahlung des Betrages nicht nachgewiesen. Eine Verwirkung könnte nur eintreten, wenn auch ein Verwirkungsverhalten der Klägerin vorläge, was nicht in einer schlichten Untätigkeit zu sehen sei.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts und des Beteiligtenvorbringens wird auf die Prozessakten erster und zweiter Instanz und die vorgelegten Verwaltungsakten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß den §§ 143, 144, 151 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulässige Berufung der Beklagten ist unbegründet.
Nachdem das SG die Beklagte zur Zahlung von 1032,66 EUR an die Klägerin verurteilt und allein die Beklagte Berufung eingelegt hat, hat der Senat lediglich darüber zu entscheiden, ob die Beklagte zur Zahlung dieses Betrages an die Klägerin verpflichtet ist.
Da es hier um die Zahlung eines durch den Bescheid vom 12. Dezember 1974 festgestellten Erstattungsbetrages geht und ein weiterer Verwaltungsakt nicht zu ergehen hat, ist die Klage als Leistungsklage nach § 54 Abs. 5 SGG zulässig.
Mit Erlass des Erstattungsbescheids vom 12. Dezember 1974 nach der damals maßgebenden Vorschrift des § 1303 Reichsversicherungsordnung (RVO) hat die Klägerin einen Anspruch auf Erstattung des Betrages von 2019,70 DM (umgerechnet 1032,66 EUR) erlangt. Der im Rahmen dieses Schuldverhältnisses entstandene Anspruch der Klägerin erlischt, wenn die geschuldete Leistung an sie bewirkt wird (§ 362 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB)). Dies gilt auch im Sozialrecht, wobei für die Erfüllung des Beitragserstattungsanspruchs den Versicherungsträger die objektive Beweislast trifft (Bundessozialgericht (BSG), Urteil vom 29. Januar 1997, 5 RJ 52/94 in SozR 3-2200 § 1303 Nr. 6).
Die Erfüllung dieses Zahlungsanspruches, im vorliegenden Fall durch die LVA Schleswig-Holstein, ist nicht bewiesen, so dass insofern ein Anspruch auf Zahlung des Erstattungsbetrages fortbesteht.
Auf Nachfrage und Nachermittlungen hat die LVA-Schleswig Holstein der Beklagten mitgeteilt, es lägen keinerlei Verwaltungsakten der Klägerin vor und es sei für sie nicht mehr nachvollziehbar, ob der im Erstattungsbescheid vom 12. Dezember 1974 genannte Betrag tatsächlich erstattet worden sei (Schreiben vom 05. Februar 2004). Auch auf Nachfrage hat sie mit Schreiben vom 16. März 2004 bestätigt, dass auch keinerlei Unterlagen über die Beitragserstattung mehr vorhanden seien und weder Listen bei der Kassenverwaltung über Geldein- und - ausgänge existierten noch Unterlagen im Archiv oder alte ZA-Bänder vorhanden seien. Der von der LVA Schleswig-Holstein vorgelegte Datenausdruck vom 20. Januar 2004
"- 1 8 3 0 30 30101974 12121974 26 0 05021969 08071971 002019 70 1 - 2 1 0 0 1 7 01 1969 0502 3112 008647 68 1 - 2 1 0 0 1 7 01 1970 0101 2701 000204 07 1 - 2 1 0 0 1 7 01 1970 2901 3112 009288 55 1 - 2 1 0 0 1 7 01 1971 0101 0807 006129 71 1"
besagt lediglich - wie bereits der von der Klägerin vorgelegte Bescheid vom 12. Dezember 1974 - dass für den fraglichen Zeitraum eine Erstattung bewilligt worden ist. Er allein belegt nicht mit der erforderlichen Sicherheit, dass der Erstattungsbetrag an die Klägerin ausbezahlt worden und ihr zugegangen ist. Nachweise über eine Zahlungsanweisung oder ähnliche Vorgänge bzw. Hinweise darauf sind, anders als in anderen Fällen, nicht vorhanden. Auch unter Berücksichtigung dessen, dass die Klägerin vor dem (erfolgreichen) Erstattungsantrag unmittelbar zuvor bereits zwei weitere Erstattungsanträge gestellt hatte und mit Schreiben vom 23. Mai 1975 - unabhängig davon, ob es bei der LVA Schleswig Holstein einging - die Auszahlung anmahnte und sich danach über Jahre nicht mehr meldete, beweist nicht, dass der Anspruch vor oder nach dieser Mahnung tatsächlich erfüllt wurde. So ist es für den Senat auch denkbar, dass die Klägerin - aus welchen Gründen auch immer, möglicherweise mangels fachkundiger Hilfe - ihren Anspruch damals nicht weiter verfolgt hat. Mit zu berücksichtigen ist auch, dass die Klägerin sich bei Einleitung des streitgegenständlichen Verfahrens nicht mit dem Ziel einer Beitragserstattung an die Beklagte wandte, sondern mit dem Ziel der Gewährung einer Rente, und ihre Unterlagen, einschließlich des Erstattungsbescheids vom 12. Dezember 1974, vorlegte. Erst auf den Hinweis, die Beiträge seien erstattet worden, was einem Rentenanspruch entgegen stehe, gab sie im Widerspruchsverfahren an, sie habe niemals irgend einen Betrag erhalten, und begehrte auch erst dann die Auszahlung des Erstattungsbetrags.
Die von der Beklagten dargelegten üblichen Abläufe vermögen im vorliegenden Fall nicht den Beweis zu erbringen, dass der Erstattungsbetrag tatsächlich der Klägerin zugegangen ist, zumal die LVA Schleswig-Holstein selbst angibt, sie könne nicht mehr nachvollziehen, ob dies der Fall gewesen sei. Es ist nicht ersichtlich, welche weiteren Ermittlungen noch durchgeführt werden könnten, zumal auch die Aufbewahrungsfrist für Bankunterlagen angesichts der verstrichenen Zeit abgelaufen ist.
Die Nichterweislichkeit der behaupteten Erfüllung geht somit zu Lasten der Beklagten. Für eine Beweislastumkehr besteht angesichts der Tatsache, dass die Unterlagen von Seiten der LVA Schleswig-Holstein vernichtet wurden, kein Anlass. Dies wäre allenfalls in Betracht zu ziehen, wenn die Klägerin den Beweisnotstand verschuldet hätte, wovon indessen keine Rede sein kann, wenn es allein der Versicherungsträger unterlässt, beweiskräftige Unterlagen für die behauptete Zahlung aufzubewahren oder sich den Empfang des Geldbetrages bestätigen zu lassen (BSG a.a.O.).
Im Übrigen kann die Beklagte der Klägerin auch nicht den Einwand der Verwirkung entgegen halten. Das im Bürgerlichen Recht zur Ausprägung des Grundsatzes von Treu und Glauben (§ 242 BGB) entwickelte Rechtsinstitut der Verwirkung ist zwar auch im Sozialrecht anerkannt, doch entfällt eine Leistungspflicht nur dann, wenn der Berechtigte die Ausübung seines Rechts während eines längeren Zeitraums unterlassen hat und weitere besondere Umstände hinzutreten, die nach den Besonderheiten des Einzelfalls und des in Betracht kommenden Rechtsgebietes das verspätete Geltendmachen des Rechts nach Treu und Glauben dem Verpflichteten gegenüber als illoyal erscheinen ließe (BSG a.a.O.). Entsprechende besondere Umstände liegen vor, wenn der Verpflichtete infolge eines bestimmten Verhaltens des Berechtigten darauf vertrauen durfte, dass dieser das Recht nicht mehr geltend machen werde und der Verpflichtete tatsächlich darauf vertraut hat, dass es nicht mehr ausgeübt wird und sich infolge dessen in seinen Vorkehrungen und Maßnahmen entsprechend eingerichtet hat, dass ihm durch die verspätete Durchsetzung des Rechts unzumutbare Nachteile entstünden (BSG a.a.O. n.w.N.). Diese Voraussetzungen sind schon deshalb nicht erfüllt, weil über ein schlichtes Untätigsein hinaus kein Verhalten der Klägerin vorlag, das ein entsprechendes Vertrauen der LVA Schleswig Holstein hätte auslösen können. Entsprechende Anhaltspunkte finden sich in den vorliegenden Akten nicht.
Soweit die Beklagte einwendet, die Aufbewahrung von Unterlagen (durch die LVA Schleswig Holstein) stelle eine Überspannung der Anforderungen dar, gilt diese Anforderung für jeden Schuldner, der von einem Gläubiger in Anspruch genommen wird. Auch die Vorschrift des § 35 SRVwV, wonach Kassenbelege nach sechs Jahren vernichtet werden können, hilft der Beklagten nicht weiter. Auch wenn das Fehlen der Unterlagen kein Indiz für eine fehlende Auszahlung ist, erbringt dies nicht den erforderlichen Nachweis, dass die Auszahlung an die Klägerin erfolgt ist.
Da der Erstattungsbetrag nicht nachgewiesen an die Klägerin ausbezahlt worden ist, ist die Beklagte als kontoführender Versicherungsträger zur Erstattung des Betrages von 2019,70 DM verpflichtet. Im Hinblick auf die zwischenzeitlich erfolgte Währungsumstellung ergibt sich entsprechend Art. 14 der Verordnung (EG) Nr. 974/98 des Rates (Amtsblatt der EG Nr. L 139, S.1) mit dem Kurs von 1 EUR = 1,95583 DM nach der Verordnung (EG) Nr. 1103/97 des Rates vom 17. Juni 1997 (Amtsblatt der EG Nr. L 162, S. 1) ein Betrag von 1032,66 EUR.
Da das SG die Beklagte zu Recht zur Zahlung dieses Betrags verurteilt hat, ist die Berufung zurückzuweisen. Hierauf und auf § 193 SGG beruht die Kostenentscheidung.
Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Die Beklagte hat die außergerichtliche Kosten der Klägerin auch im Berufungsverfahrens zu erstatten.
Tatbestand:
Umstritten ist, ob die Beklagte verpflichtet ist, an die Klägerin 1032,66 EUR zu zahlen.
Die 1936 geborene Klägerin, griechische Staatsangehörige, war vom 18. November 1966 bis 15. März 1968 bei der S. AG in B. in sowie vom 05. Februar 1969 bis 27. Januar 1970 bei der Fischkonservenfabrik "M." in L. und vom 29. Januar 1970 bis 08. Juli 1971 bei der Firma V. und B. in L. versicherungspflichtig beschäftigt. Dementsprechend wurden Pflichtbeiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung entrichtet. Nach ihrer Rückkehr nach Griechenland stellte die Klägerin Anträge auf Erstattung ihrer Beiträge, die zunächst erfolglos blieben (Bescheid der Landesversicherungsanstalt (LVA) Schleswig-Holstein vom 15. Mai 1973 und der LVA Berlin vom 08. August 1973). Auf einen weiteren Erstattungsantrag vom 30. Oktober 1974 entschied die LVA Schleswig-Holstein mit Bescheid vom 12. Dezember 1974 (adressiert: "Pellis, GR 0000 Gianitsa"), die vom 05. Februar 1969 bis 08. Juli 1971 geleisteten Beiträge würden zur Hälfte, nämlich in Höhe von 2019,70 DM, an die Klägerin erstattet.
Die Klägerin bestreitet, den Erstattungsbetrag erhalten zu haben, und legt hierzu die Kopie eines an die LVA Schleswig-Holstein adressierten Schreibens vom 23. Mai 1975 (auf den Bescheid vom 12. Dezember 1974 sei keinerlei Nachricht über die Ankunft des Betrages eingetroffen, weswegen sie um Mitteilung bitte, was in dieser Angelegenheit geschehen sei; falls der Betrag wieder zurückgeschickt worden sei, bitte sie, ihn an ihre Adresse ("Trapezountos 16, Gianitsa") zu senden) vor.
Am 10. Februar 2003 beantragte die Klägerin unter Vorlage u. a. einer Kopie des Bescheids vom 12. Dezember 1974 über den griechischen Versicherungsträger IKA die Gewährung von Altersrente bei Beklagten. Die LVA Berlin teilte auf Anfrage mit, das dortige Konto der Klägerin sei stillgelegt, und legte mikroverfilmte Unterlagen vor.
Mit Bescheid vom 23. Juni 2003 lehnte die Beklagte die Gewährung von Altersrente ab, da die Wartezeit hierfür nicht erfüllt sei. Die Beiträge für die in der deutschen Rentenversicherung zurückgelegten anrechenbaren Zeiten vom 05. Februar 1969 bis 08. Juli 1971 seien mit dem Bescheid der LVA Schleswig-Holstein vom 12. Dezember 1974 erstattet worden. Die Beiträge für die Zeit vom 18. November 1966 bis 15. März 1968 würden noch nach erstattet, worüber ein gesonderter Bescheid ergehe. Durch die Beitragserstattung seien alle weiteren Ansprüche aus den erstatteten Beiträgen ausgeschlossen.
Dagegen erhob die Klägerin am 22. August 2003 Widerspruch und legte u. a. eine Mehrfertigung des Schreibens vom 23. Mai 1975 vor. Die Beiträge für die Zeit vom 05. Februar 1969 bis 08. Juli 1971 habe sie niemals erstattet erhalten. Falls eine Rentengewährung nicht möglich sei, bitte sie um Erstattung auch dieser Versicherungsbeiträge.
Auf Anfrage der Beklagten teilte die LVA Schleswig-Holstein unter dem 05. Februar und 16. März 2004 mit, es lägen keinerlei Verwaltungsakten der Klägerin vor und es sei nicht mehr nachvollziehbar, ob der im Erstattungsbescheid vom 12. Dezember 1974 genannte Betrag tatsächlich erstattet worden sei. Es seien auch keinerlei Unterlagen über die Beitragserstattung mehr vorhanden, weder Listen bei der Kassenverwaltung über Geldein- und - ausgänge, noch Unterlagen im Archiv oder alte ZA-Bänder, nachdem die Aufbewahrungsfrist abgelaufen sei.
Hierauf wies die Beklagte den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 17. August 2004 zurück. Aufgrund der Beitragserstattung bestehe kein Anspruch auf Rente. Nachdem die Klägerin mit Schreiben vom 23. Mai 1975 die Auszahlung des Erstattungsbetrages in Höhe von 2019,17 DM angemahnt und sich danach nicht mehr nach dem Erstattungsbetrag erkundigt habe, seien wegen der tatsächlichen Vermutung davon auszugehen, dass ihr die Auszahlung auch zugegangen sei. Bezüglich der Nacherstattung für die Beiträge vom 18. April (richtig November) 1966 bis 15. März 1968 ergehe ein gesonderter Bescheid.
Deswegen hat die Klägerin am 17. November 2004 Klage beim Sozialgericht Stuttgart (SG) erhoben, mit welcher sie die Gewährung von Altersrente erstrebt hat, hilfsweise die Verurteilung der Beklagten, ihr die Beiträge für die Zeit vom 05. Februar 1969 bis 08. Juli 1971 zu erstatten. Diese Beiträge habe sie nicht erhalten. Für die Zahlung an sie sei die Beklagte voll beweispflichtig.
Die Beklagte hat mit Bescheid vom 09. November 2005 entschieden, dass auch die im Zeitraum vom 18. November 1966 bis 15. März 1968 entrichteten Beiträge (Arbeitnehmeranteil) zu erstatten seien. Die Klägerin hat die Klage insoweit für erledigt erklärt.
Bezüglich des Erstattungsbetrages von 2019,70 DM habe die Klägerin nach dem 23. Mai 1975 nicht mehr nachgefragt, weswegen sie davon ausgehe, dass ihr der Erstattungsbetrag danach zugegangen sei. Es wäre nicht nachvollziehbar, dass die LVA Schleswig-Holstein die Erstattungsakten ausgeschieden hätte, wenn der Erstattungsbetrag nicht ausbezahlt worden oder zurückgeflossen wäre. Für einen Rentenanspruch anrechenbare Zeiten lägen nicht vor.
Mit Urteil vom 21. August 2006 hat das SG die Beklagte unter Abweisung der Klage im übrigen verurteilt, der Klägerin 1032,66 EUR zu zahlen. Ein Anspruch auf Rente bestehe nicht, doch sei die Beklagte verpflichtet, an die Klägerin 1032,66 EUR als Erstattungsbetrag für die Zeit vom 05. Februar 1969 bis 08. Juli 1971 zu zahlen. Die Erstattungspflicht ergebe sich aus dem bestandskräftigen Bescheid vom 12. Dezember 1974. Die Beklagte sei für die Erfüllung des Beitragserstattungsanspruchs beweispflichtig. Dieser Nachweis sei nicht geführt. Die Voraussetzungen für eine Beweiserleichterung oder gar ein Beweislastumkehr lägen nicht vor, insbesondere seien die Voraussetzungen eines Beweises des ersten Anscheins nicht erfüllt.
Gegen das am 04. September 2006 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 27. September 2006 Berufung eingelegt. Auch wenn ihr die objektive Beweislast für die Zahlung des Betrags obliege, stelle es eine Überspannung der Anforderungen dar, eine Aufbewahrung der Erstattungsunterlagen für nahezu 30 Jahre zu fordern. Die Kassenbelege könnten gem. § 35 der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift über das Rechnungswesen in der Sozialversicherung (SRVwV) nach sechs Jahren vernichtet werden, weswegen ihr Fehlen kein Indiz für die Nichtauszahlung darstelle. Bei dem - näher dargelegten üblichen - Ablauf bei Beitragserstattungen sei davon auszugehen, dass der Erstattungsbetrag auf Grund des typisierten Verfahrensablaufs mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit ausgezahlt worden sei. Die Voraussetzungen eines Beweises des ersten Anscheins seien erfüllt. Dass bei der Aktenvernichtung die fehlende Auszahlung schlichtweg übersehen worden sei, sei absolut abwegig. Eine tatsächliche Absendung des Schreibens vom 23. Mai 1975 sei nicht nachgewiesen und ein entsprechendes Antwortschreiben der LVA Schleswig-Holstein nicht vorgelegt worden. Das Mahnschreiben müsste aber beantwortet worden sein, jedenfalls wäre sonst nicht nachvollziehbar, warum die Klägerin nicht weiter auf der Auszahlung bestanden habe. Allein aus deren Aktivitäten in Zusammenhang mit den Anträgen auf Beitragserstattung ergebe sich, dass sie ihr Antragsrecht gekannt habe. Im übrigen lägen die Voraussetzungen einer Verwirkung vor. Die Klägerin hätte sich auch schon deutlich früher melden können. Nach ca. 30 Jahren die Behauptung aufzustellen, den Erstattungsbetrag nicht erhalten zu haben, widerspreche jeglicher Lebenserfahrung. Hier handle es sich nicht um bloßes Nichtstun, sondern um ein Unterlassen. Dieses bewusste Unterlassen sei als Bekräftigung einer bestehenden Sach- und Rechtslage zu verstehen, dass nicht mehr in diese Sach- und Rechtslage eingegriffen werde. Es wäre der Klägerin zumutbar und auch von ihr zu erwarten gewesen, sich mit der LVA Schleswig Holstein wegen des Verbleibs des Auszahlungsbetrages wesentlich früher in Verbindung zu setzen. Eine nochmalige Auszahlung des Betrags sei nicht zumutbar, denn die Rentenversicherung habe vertrauen dürfen, dass das Recht auf nochmalige Auszahlung verwirkt sei.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgericht Stuttgart vom 21. August 2006 abzuändern und die Klage in vollem Umfang abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Voraussetzungen einer Beweislastumkehr lägen nicht vor und die Beklagte habe die Auszahlung des Betrages nicht nachgewiesen. Eine Verwirkung könnte nur eintreten, wenn auch ein Verwirkungsverhalten der Klägerin vorläge, was nicht in einer schlichten Untätigkeit zu sehen sei.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts und des Beteiligtenvorbringens wird auf die Prozessakten erster und zweiter Instanz und die vorgelegten Verwaltungsakten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß den §§ 143, 144, 151 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulässige Berufung der Beklagten ist unbegründet.
Nachdem das SG die Beklagte zur Zahlung von 1032,66 EUR an die Klägerin verurteilt und allein die Beklagte Berufung eingelegt hat, hat der Senat lediglich darüber zu entscheiden, ob die Beklagte zur Zahlung dieses Betrages an die Klägerin verpflichtet ist.
Da es hier um die Zahlung eines durch den Bescheid vom 12. Dezember 1974 festgestellten Erstattungsbetrages geht und ein weiterer Verwaltungsakt nicht zu ergehen hat, ist die Klage als Leistungsklage nach § 54 Abs. 5 SGG zulässig.
Mit Erlass des Erstattungsbescheids vom 12. Dezember 1974 nach der damals maßgebenden Vorschrift des § 1303 Reichsversicherungsordnung (RVO) hat die Klägerin einen Anspruch auf Erstattung des Betrages von 2019,70 DM (umgerechnet 1032,66 EUR) erlangt. Der im Rahmen dieses Schuldverhältnisses entstandene Anspruch der Klägerin erlischt, wenn die geschuldete Leistung an sie bewirkt wird (§ 362 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB)). Dies gilt auch im Sozialrecht, wobei für die Erfüllung des Beitragserstattungsanspruchs den Versicherungsträger die objektive Beweislast trifft (Bundessozialgericht (BSG), Urteil vom 29. Januar 1997, 5 RJ 52/94 in SozR 3-2200 § 1303 Nr. 6).
Die Erfüllung dieses Zahlungsanspruches, im vorliegenden Fall durch die LVA Schleswig-Holstein, ist nicht bewiesen, so dass insofern ein Anspruch auf Zahlung des Erstattungsbetrages fortbesteht.
Auf Nachfrage und Nachermittlungen hat die LVA-Schleswig Holstein der Beklagten mitgeteilt, es lägen keinerlei Verwaltungsakten der Klägerin vor und es sei für sie nicht mehr nachvollziehbar, ob der im Erstattungsbescheid vom 12. Dezember 1974 genannte Betrag tatsächlich erstattet worden sei (Schreiben vom 05. Februar 2004). Auch auf Nachfrage hat sie mit Schreiben vom 16. März 2004 bestätigt, dass auch keinerlei Unterlagen über die Beitragserstattung mehr vorhanden seien und weder Listen bei der Kassenverwaltung über Geldein- und - ausgänge existierten noch Unterlagen im Archiv oder alte ZA-Bänder vorhanden seien. Der von der LVA Schleswig-Holstein vorgelegte Datenausdruck vom 20. Januar 2004
"- 1 8 3 0 30 30101974 12121974 26 0 05021969 08071971 002019 70 1 - 2 1 0 0 1 7 01 1969 0502 3112 008647 68 1 - 2 1 0 0 1 7 01 1970 0101 2701 000204 07 1 - 2 1 0 0 1 7 01 1970 2901 3112 009288 55 1 - 2 1 0 0 1 7 01 1971 0101 0807 006129 71 1"
besagt lediglich - wie bereits der von der Klägerin vorgelegte Bescheid vom 12. Dezember 1974 - dass für den fraglichen Zeitraum eine Erstattung bewilligt worden ist. Er allein belegt nicht mit der erforderlichen Sicherheit, dass der Erstattungsbetrag an die Klägerin ausbezahlt worden und ihr zugegangen ist. Nachweise über eine Zahlungsanweisung oder ähnliche Vorgänge bzw. Hinweise darauf sind, anders als in anderen Fällen, nicht vorhanden. Auch unter Berücksichtigung dessen, dass die Klägerin vor dem (erfolgreichen) Erstattungsantrag unmittelbar zuvor bereits zwei weitere Erstattungsanträge gestellt hatte und mit Schreiben vom 23. Mai 1975 - unabhängig davon, ob es bei der LVA Schleswig Holstein einging - die Auszahlung anmahnte und sich danach über Jahre nicht mehr meldete, beweist nicht, dass der Anspruch vor oder nach dieser Mahnung tatsächlich erfüllt wurde. So ist es für den Senat auch denkbar, dass die Klägerin - aus welchen Gründen auch immer, möglicherweise mangels fachkundiger Hilfe - ihren Anspruch damals nicht weiter verfolgt hat. Mit zu berücksichtigen ist auch, dass die Klägerin sich bei Einleitung des streitgegenständlichen Verfahrens nicht mit dem Ziel einer Beitragserstattung an die Beklagte wandte, sondern mit dem Ziel der Gewährung einer Rente, und ihre Unterlagen, einschließlich des Erstattungsbescheids vom 12. Dezember 1974, vorlegte. Erst auf den Hinweis, die Beiträge seien erstattet worden, was einem Rentenanspruch entgegen stehe, gab sie im Widerspruchsverfahren an, sie habe niemals irgend einen Betrag erhalten, und begehrte auch erst dann die Auszahlung des Erstattungsbetrags.
Die von der Beklagten dargelegten üblichen Abläufe vermögen im vorliegenden Fall nicht den Beweis zu erbringen, dass der Erstattungsbetrag tatsächlich der Klägerin zugegangen ist, zumal die LVA Schleswig-Holstein selbst angibt, sie könne nicht mehr nachvollziehen, ob dies der Fall gewesen sei. Es ist nicht ersichtlich, welche weiteren Ermittlungen noch durchgeführt werden könnten, zumal auch die Aufbewahrungsfrist für Bankunterlagen angesichts der verstrichenen Zeit abgelaufen ist.
Die Nichterweislichkeit der behaupteten Erfüllung geht somit zu Lasten der Beklagten. Für eine Beweislastumkehr besteht angesichts der Tatsache, dass die Unterlagen von Seiten der LVA Schleswig-Holstein vernichtet wurden, kein Anlass. Dies wäre allenfalls in Betracht zu ziehen, wenn die Klägerin den Beweisnotstand verschuldet hätte, wovon indessen keine Rede sein kann, wenn es allein der Versicherungsträger unterlässt, beweiskräftige Unterlagen für die behauptete Zahlung aufzubewahren oder sich den Empfang des Geldbetrages bestätigen zu lassen (BSG a.a.O.).
Im Übrigen kann die Beklagte der Klägerin auch nicht den Einwand der Verwirkung entgegen halten. Das im Bürgerlichen Recht zur Ausprägung des Grundsatzes von Treu und Glauben (§ 242 BGB) entwickelte Rechtsinstitut der Verwirkung ist zwar auch im Sozialrecht anerkannt, doch entfällt eine Leistungspflicht nur dann, wenn der Berechtigte die Ausübung seines Rechts während eines längeren Zeitraums unterlassen hat und weitere besondere Umstände hinzutreten, die nach den Besonderheiten des Einzelfalls und des in Betracht kommenden Rechtsgebietes das verspätete Geltendmachen des Rechts nach Treu und Glauben dem Verpflichteten gegenüber als illoyal erscheinen ließe (BSG a.a.O.). Entsprechende besondere Umstände liegen vor, wenn der Verpflichtete infolge eines bestimmten Verhaltens des Berechtigten darauf vertrauen durfte, dass dieser das Recht nicht mehr geltend machen werde und der Verpflichtete tatsächlich darauf vertraut hat, dass es nicht mehr ausgeübt wird und sich infolge dessen in seinen Vorkehrungen und Maßnahmen entsprechend eingerichtet hat, dass ihm durch die verspätete Durchsetzung des Rechts unzumutbare Nachteile entstünden (BSG a.a.O. n.w.N.). Diese Voraussetzungen sind schon deshalb nicht erfüllt, weil über ein schlichtes Untätigsein hinaus kein Verhalten der Klägerin vorlag, das ein entsprechendes Vertrauen der LVA Schleswig Holstein hätte auslösen können. Entsprechende Anhaltspunkte finden sich in den vorliegenden Akten nicht.
Soweit die Beklagte einwendet, die Aufbewahrung von Unterlagen (durch die LVA Schleswig Holstein) stelle eine Überspannung der Anforderungen dar, gilt diese Anforderung für jeden Schuldner, der von einem Gläubiger in Anspruch genommen wird. Auch die Vorschrift des § 35 SRVwV, wonach Kassenbelege nach sechs Jahren vernichtet werden können, hilft der Beklagten nicht weiter. Auch wenn das Fehlen der Unterlagen kein Indiz für eine fehlende Auszahlung ist, erbringt dies nicht den erforderlichen Nachweis, dass die Auszahlung an die Klägerin erfolgt ist.
Da der Erstattungsbetrag nicht nachgewiesen an die Klägerin ausbezahlt worden ist, ist die Beklagte als kontoführender Versicherungsträger zur Erstattung des Betrages von 2019,70 DM verpflichtet. Im Hinblick auf die zwischenzeitlich erfolgte Währungsumstellung ergibt sich entsprechend Art. 14 der Verordnung (EG) Nr. 974/98 des Rates (Amtsblatt der EG Nr. L 139, S.1) mit dem Kurs von 1 EUR = 1,95583 DM nach der Verordnung (EG) Nr. 1103/97 des Rates vom 17. Juni 1997 (Amtsblatt der EG Nr. L 162, S. 1) ein Betrag von 1032,66 EUR.
Da das SG die Beklagte zu Recht zur Zahlung dieses Betrags verurteilt hat, ist die Berufung zurückzuweisen. Hierauf und auf § 193 SGG beruht die Kostenentscheidung.
Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.
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