Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
9
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 5 R 3913/05
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 9 R 5902/06
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 19. Oktober 2006 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Streitig ist zwischen den Beteiligten die Gewährung von Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung.
Die 1975 geborene Klägerin hat von April 1994 bis März 1995 eine Ausbildung als Krankenpflegehelferin absolviert und war bis zu ihrem Unfall im Mai 2003, bei dem sie sich eine instabile HWK-7-Fraktur zugezogen hatte, vollschichtig als Krankenpflegehelferin beschäftigt. Seit August 2004 arbeitet sie nur noch zu 60%, d. h. 4,62 Stunden täglich als Krankenpflegehelferin.
Vom 11.11. bis 9.12.2003 absolvierte die Klägerin ein Heilverfahren in der Rehaklinik Höhenblick in B.-B ... Die dortigen Ärzte entließen die Klägerin als arbeitsunfähig und führten im Entlassungsbericht vom 11.12.2003 aus, ihres Erachtens sei es vertretbar, dass die Klägerin einen Arbeitsversuch in ihrer bisherigen Tätigkeit unternehme. Die Klägerin wolle damit im Januar 2004 mit vier Stunden täglich beginnen. Mittelfristig könne eine vollschichtige Leistungsfähigkeit wieder möglich sein. In der sozialmedizinischen Leistungsbeurteilung vertreten sie die Ansicht, als Krankenpflegehelferin sei die Klägerin sechs Stunden und mehr einsetzbar und könne mittelschwere Tätigkeiten in wechselnder Körperhaltung ohne häufige Überkopfarbeiten und ohne Extrembewegungen der Halswirbelsäule (HWS) sechs Stunden und mehr verrichten.
Am 29.6.2004 beantragte die Klägerin unter Vorlage eines Attestes des Orthopäden Dr. H. vom 24.6.2004, der die Ansicht vertrat, die Klägerin sei vorerst nur fünf Stunden täglich arbeitsfähig, die Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung. Die Beklagte ließ die Klägerin vom Orthopäden Dr. R. gutachterlich untersuchen. Dieser stellte bei der Klägerin im Gutachten vom 18.8.2004 folgende Gesundheitsstörungen fest: • Cerviko-Cephalgien bei Zustand nach Spondylodese C 6/Th 1 nach instabiler HWK 7-Fraktur, leichte Wurzelreizzeichen, leichte Funktionseinschränkung • Wiederkehrende BWS-Beschwerden bei leichter Fehlhaltung und muskulären Verspannungen, keine Wurzelreizzeichen, keine Funktionseinschränkung. Als Krankenpflegehelferin sei die Klägerin am jetzigen Arbeitsplatz sechs Stunden und mehr einsetzbar. Leichte bis zeitweise mittelschwere Tätigkeiten ohne häufiges Heben und Tragen schwerer Lasten und ohne häufige Überkopfarbeiten könne die Klägerin sechs Stunden und mehr verrichten.
Mit Bescheid vom 23.8.2004 lehnte die Beklagte den Rentenantrag ab, weil weder eine teilweise noch eine volle Erwerbsminderung vorliege.
Hiergegen legte die Klägerin am 7.9.2004 Widerspruch ein und begehrte die Gewährung von Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung, da sie nicht in der Lage sei, mindestens sechs Stunden täglich auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt zu arbeiten. Der Neurologe und Psychiater Dr. G. habe bei ihr Kopfschmerzen zervikogener Ursache mit psychischer Überlagerung sowie eine reaktive Depression mit deutlichen somatischen Beschwerden diagnostiziert. Die Beklagte ließ die Klägerin daraufhin von der Neurologin und Psychiaterin Dr. K.-M. gutachterlich untersuchen. Diese stellte bei der Klägerin im Gutachten vom 12.1.2005 folgende Gesundheitsstörungen fest: • Chronifizierte Kopfschmerzen vom Spannungstyp und zervikogen ausgelöst • Verdacht auf Analgetika-Abusus und Analgetika-Kopfschmerz • Anpassungsstörung mit reaktiver Depression • Zustand nach Spondylodese HWK 6 bis BWK 1 und instabiler HWK 7-Fraktur 5/03 ohne neurologische Ausfälle. Ein Heilverfahren in einer psychosomatischen Klinik mit intensiver Psychotherapie sei dringend zu empfehlen. Nach Abschluss des Heilverfahrens könne die Klägerin voraussichtlich wieder vollschichtig als Krankenpflegehelferin arbeiten. Derzeit sei sie in ihrem Beruf drei bis unter sechs Stunden täglich einsetzbar. Leichte bis mittelschwere Tätigkeiten ohne Zeitdruck, ohne Schichtarbeiten, ohne größere Konzentrationsleistungen, ohne Heben und Tragen schwerer Lasten, ohne häufige Überkopfarbeiten könne die Klägerin sechs Stunden und mehr ausüben.
Vom 22.2. bis 5.4.2005 befand sich die Klägerin zu einem Heilverfahren im Rehabilitationskrankenhaus K ... Die dortigen Ärzte stellten im Entlassungsbericht vom 5.4.2005 folgende Diagnosen: • Chronisch rezidivierendes Cervikal-Syndrom mit Cervikocephalgien und Cervikobrachialgien bei Zustand nach HWK 7-Fraktur 5/03 • Verdacht auf chronisches Schmerzsyndrom bei Anpassungsstörung • Kombinationskopfschmerz: cervikogen, Migräne, Spannungskopfschmerz, Analgetika-Kopfschmerz • Adipositas • Zustand nach Abszessspaltung der rechten Leiste am 31.3.2005. Als Krankenpflegehelferin in einem Behindertenheim könne die Klägerin drei bis unter sechs Stunden täglich tätig sein. Leichte bis mittelschwere Tätigkeiten im Wechsel von Sitzen und Bewegung könne die Klägerin sechs Stunden und mehr verrichten. Zu vermeiden seien Arbeiten mit Heben und Tragen von Lasten über 10 kg, mit Zwangshaltungen der Wirbelsäule, mit Überkopfarbeiten, mit übermäßigem Zeitdruck, mit Nachtschicht, mit vermehrter psychischer Belastung und größere Konzentrationsleistungen.
Mit Widerspruchsbescheid vom 2.6.2005 wies die Beklagte daraufhin den Widerspruch der Klägerin zurück.
Hiergegen erhob die Klägerin am 29.6.2005 Klage um Sozialgericht (SG) Stuttgart, mit der sie die Gewährung von Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung weiter verfolgte.
Das SG hörte die behandelnden Ärzte der Klägerin, den Internisten Dr. L. den Orthopäden Dr. H. und Dr. G. (Auskünfte vom 10. und 24.8.2005 sowie 11.09. 2005) schriftlich als sachverständige Zeugen und holte Gutachten auf orthopädischem und neurologisch-psychiatrischem Gebiet ein.
Der Orthopäde Dr. A. stellte bei der Klägerin im Gutachten vom 28.11.2005 folgende Gesundheitsstörungen fest: • Operativ versorgte, instabile HWK 7-Fraktur, Spondylodese HWK 6 bis BWK 1 im Mai 2003 mit immer wiederkehrender Nervenwurzelreizung ausstrahlend in den rechten Arm • Chronisches Lendenwirbelsäulenschmerzsyndrom ohne neurologische Symptomatik • Hüftdysplasie beidseits ohne Bewegungseinschränkung, ohne Arthrosezeichen • Knöchern konsolidierte Sprunggelenksfraktur rechts mit geringgradiger Bewegungseinschränkung. Die Klägerin sei noch in der Lage leichte körperliche Tätigkeiten mehr als sechs Stunden täglich auszuüben. Vermeiden müsse sie schwere und mittelschwere körperliche Arbeiten, Heben und Tragen von Lasten über 10 kg, Zwangshaltungen der Halswirbelsäule, gleichförmige Körperhaltungen, häufiges Treppensteigen, häufiges Bücken, Steigen und Arbeiten auf Leitern und Gerüsten, Arbeiten im Hocken, in Kälte, Zugluft und Nässe an gefährdenden Maschinen, mit Nachtschicht sowie Akkord- und Fließbandarbeiten.
Der Neurologe und Diplom-Psychologe Dr. H. nannte im Gutachten vom 30.1.2006 folgende Diagnosen: • Operative Spondylodese mit Knocheninterponat HWK 6 bis BWK 1 nach traumatischer HWK 7-Fraktur • Chronisches Schmerzsyndrom mit täglichen Kopfschmerzen und Schmerzen im Bereich der HWS und BWS • Chronisch rezidivierende Zervikobrachialgien rechts mit sensiblen Missempfindungen im rechten Arm nach HWK 7-Fraktur • Chronifizierte Anpassungsstörung mit Angst und depressiver Reaktion gemischt • Migräne ohne Aura. Leichte bis mittelschwere Tätigkeiten im Wechsel von Sitzen und Stehen ohne schweres Heben und Tragen über 10 kg, ohne Überkopfarbeiten, ohne Arbeiten mit einseitiger Belastung der HWS, ohne übermäßigen Zeitdruck und ohne Schichtarbeit könne die Klägerin drei bis sechs Stunden täglich verrichten.
Die Beklagte legte hierzu eine Stellungnahme von Dr. G.vom 9.3.2006 vor, der ausführte, wenn in der Tagesablaufschilderung ein Tagesbeginn um 5:30 Uhr, eine Arbeitszeit von 9:00 Uhr bis 14:00 Uhr oder 15:00 Uhr und anschließend zuhause die komplette Haushaltsversorgung möglich sei, werde hieraus nicht mit der nötigen Überzeugung erkennbar, warum die Klägerin einem sechsstündigen Arbeitsalltag nicht gewachsen wäre.
Nachdem es noch eine Auskunft des Arbeitgebers der Klägerin vom 8.6.2006 eingeholt hatte, wies das SG mit Urteil vom 19.10.2006 die Klage ab. Zur Begründung führte es aus, die Klägerin habe keinen Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung. Sie sei nicht gehindert, mindestens sechs Stunden oder mehr auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt zu arbeiten. Dies stehe zur Überzeugung des SG insbesondere auf Grund der Entlassungsberichte der Rehaklinik H. und der Rehabilitationsklinik K. sowie der Gutachten von Dr. Reutter, Dr. K.-M. und von Dr. A. fest. Der Beurteilung von Dr. H., dass die Klägerin lediglich drei bis sechs Stunden täglich leichte bis mittelschwere Tätigkeiten verrichten könne, vermöge sich das SG nicht anzuschließen. Auf die Entscheidungsgründe im Übrigen wird Bezug genommen.
Gegen das am 25.10.2006 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 23.11.2006 Berufung eingelegt und vorgetragen, Dr. Herbst habe festgestellt, dass sie die immer wieder auftretenden Angstattacken auch bei einer zumutbaren Willensanstrengung aus eigener Kraft nicht überwinden oder kontrollieren könne. Auch führe er aus, dass das Schmerzsyndrom chronifiziert und einer wesentlichen therapeutischen Beeinflussung nicht zugänglich sei. Das Schmerzsyndrom führe zusammen mit den Beschwerden der Wirbelsäule dazu, dass sie nicht mehr in der Lage sei Arbeitsleistungen von mindestens sechs Stunden täglich zu erbringen.
Die Klägerin beantragt sinngemäß,
das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 19. Oktober 2006 sowie den Bescheid der Beklagten vom 23. August 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 2. Juni 2005 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung ab Antragstellung zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie erwidert, aus der Berufungsbegründung ergäben sich keinen neuen Gesichtspunkte, die eine Änderung ihres bisherigen Standpunkt zuließen. Sie verweise deshalb auf ihren Vortrag im erstinstanzlichen Verfahren sowie auf die Ausführungen im angefochtenen Urteil.
Auf Antrag der Klägerin gemäß § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) hat der Senat Dr. R., Ärztin für Neurologie und Psychiatrie, mit der Begutachtung der Klägerin beauftragt. Diese hat im Gutachten vom 5.9.2007 bei der Klägerin folgende Gesundheitsstörungen fesgestelltt: • Panikstörung • Migräne ohne Aura • Chronifizierter posttraumatischer Kopfschmerz nach Halswirbelsäulenbeschleunigungsverletzung. Die Klägerin sei in der Lage, leichte bis mittelschwere Tätigkeiten ohne Zwangshaltungen, ohne häufiges Bücken, ohne schweres Heben und Tragen von Lasten über 5 kg, ohne einseitige Belastungen, ohne Steigen und Arbeiten auf Leitern und Gerüsten, ohne Akkord- und Fließbandarbeiten, ohne Nachtschicht, ohne psychische Stressfaktoren wie Leistungsdruck in ihrem derzeitigen Rahmen durchzuführen. Die Klägerin arbeite derzeit 60% einer vollschichtigen Tätigkeit (4,62 Stunden täglich). Diese Arbeit absolviere sie seit Juni 2004 weitgehend ohne Einschränkungen neben ihrer eigenen Haushaltstätigkeit. Eine stufenweise Steigerung in Form einer Wiedereingliederung bis zur Vollschichtigkeit wäre ihr durchaus möglich, so dass innerhalb eines halben Jahres eine vollschichtige Leistungsfähigkeit erreichen könne. Hilfreich wäre eine psychiatrische/psychotherapeutische ambulante Behandlung und die Klärung einer Migräneprophylaxe. Der bei der Klägerin festgestellte Zustand bestehe seit Juli 2004; ihres Erachtens hätte die Klägerin unter fachärztlicher Behandlung die Wiedereingliederung an ihrem Arbeitsplatz fortsetzen können. Bei adäquater Behandlung sei eine Besserung des Gesundheitszustandes zu erwarten.
Mit Verfügung vom 17.10.2007 hat der Senat die Beteiligten auf die Möglichkeit einer Entscheidung durch Beschluss gem. § 153 Abs. 4 SGG hingewiesen.
Zur weiteren Darstellung des Tatbestandes wird auf die Akten der Beklagten, des SG sowie des Senats Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgemäß eingelegte Berufung der Klägerin ist zulässig. Berufungsausschließungsgründe nach § 144 Sozialgerichtsgesetz (SGG) liegen nicht vor.
Die Berufung der Klägerin ist jedoch nicht begründet. Das angefochtene Urteil des SG sowie die angefochtenen Bescheide der Beklagten sind nicht zu beanstanden, da die Klägerin keinen Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung hat.
Gemäß § 153 Abs. 4 SGG kann das LSG - nach vorheriger Anhörung der Beteiligten - die Berufung durch Beschluss zurückweisen, wenn es sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Diese Voraussetzungen sind hier gegeben. Im vorliegenden Fall sind die Berufsrichter des Senats einstimmig zum Ergebnis gekommen, dass die Berufung unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht erforderlich ist. Mit Schreiben vom 17.10.2007 hat der Senat die Beteiligten auch auf die Möglichkeit einer Entscheidung nach § 153 Abs. 4 SGG hingewiesen und ihnen Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben. Eine Zustimmung der Beteiligten ist nicht erforderlich.
Das SG hat den rechtserheblichen Sachverhalt umfassend dargestellt, die an eine Rentengewährung geknüpften Voraussetzungen zutreffend benannt und das Beweisergebnis frei von Rechtsfehlern gewürdigt. Hierbei ist es ausführlich auf die bei der Klägerin bestehenden Gesundheitsstörungen eingegangen; auch hat es überzeugend begründet, weshalb es, den Beurteilungen der Rehakliniken H. und K., von Dr. Reutter, Dr. K.-M. und Dr. A. folgend, eine sechsstündige Leistungsfähigkeit der Klägerin auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt festgestellt und eine teilweise Erwerbsminderung bei der Klägerin verneint hat. Der Senat schließt sich der Beweiswürdigung des SG uneingeschränkt an und sieht deshalb von einer Darstellung der Entscheidungsgründe gemäß § 153 Abs. 2 SGG weitgehend ab. Ergänzend ist auszuführen, dass sich auch unter Berücksichtigung des gem. § 109 SGG auf Antrag der Klägerin eingeholten Gutachtens von Dr. R. eine teilweise Erwerbsminderung der Klägerin, d. h. ein Absinken ihrer beruflichen und körperlichen Leistungsfähigkeit auf ein Leistungsvermögen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt von weniger als sechs Stunden täglich i.S.d. § 43 Abs. 1 Satz 2 SGB VI , zur Überzeugung des Senats nicht belegen lässt. Zwar empfiehlt Dr. R. - worauf die Klägerin im Schriftsatz vom 9.11.2007 zutreffend hinweist - eine stufenweise Steigerung der derzeitigen Arbeitszeit der Klägerin von 4,62 Stunden täglich (60% der vollen Arbeitszeit) in Form einer Wiedereingliederung bis zur Vollschichtigkeit, so dass innerhalb eines halben Jahres wieder eine vollschichtiges Leistungsfähigkeit erreicht werden könne, wobei sie als hilfreich für die Behandlung der Panikstörung eine Verhaltenstherapie und der Migräne eine Migräneprophylaxe ansieht. Für die Beurteilung der Frage, ob die Klägerin teilweise erwerbsgemindert ist, ist jedoch nicht entscheidend, ob die Klägerin in einem halben Jahr wieder in der Lage sein wird, vollschichtig, d. h. 100% bzw. 7,7 Stunden täglich an Stelle von 60% bzw. 4,62 Stunden täglich an ihrem derzeitigen Arbeitsplatz zu arbeiten, sondern ob die Klägerin derzeit bzw. ab Rentenantragstellung in der Lage ist bzw. war, sechs Stunden täglich unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes zu arbeiten. Dies ist auch nach den von Dr. R. erhobenen Befunden zur Überzeugung des Senats der Fall, weswegen - entgegen der klägerischen Ansicht - keine teilweise Erwerbsminderung vorliegt. Dr. R. weist zutreffend daraufhin, dass die Klägerin neben ihrer täglichen Arbeitszeit von 4,62 Stunden, die sie an ihrem derzeitigen Arbeitsplatz nahezu ohne Fehlzeiten absolviert, umfangreiche Tätigkeiten im Haushalt verrichtet. So putzt und pflegt überwiegend die Klägerin das große Haus mit acht Zimmern auf drei Stockwerken mit Garten, kocht öfters mittags für ihren Stiefsohn eine Kleinigkeit und abends für die ganze Familie ein warmes Essen, erledigt die Einkäufe und kümmert sich um ihre Mutter und ihren Stiefvater. Angesichts dieser umfassenden Tätigkeiten im privaten Bereich ist für den Senat - ebenso wie für Dr. G. (Stellungnahme vom 9.3.2006) - nicht ersichtlich, warum die Klägerin einem sechsstündigen Arbeitsalltag nicht gewachsen sein sollte. Der erhobene psychiatrische Befund, das Interessespektrum der Klägerin, ihre sozialen Kontakte und die erhaltenen Tagesstruktur lassen eine Einschränkung des Leistungsvermögens auf unter sechs Stunden ebenfalls nicht erkennen. Während des dreieinhalbstündigen gutachterlichen Gesprächs waren bei der Klägerin keine Auffassungs-, Merkfähigkeits- und- und Konzentrationsstörungen vorhanden; sie zeigte vielmehr eine rasche und attente Informationsaufnahme und Informationsverarbeitung. Energie, Initiative und Anteilnahme waren ausreichend vorhanden. Die affektive Schwingungsfähigkeit war nicht eingeschränkt. Mit ihrer derzeitigen Lebenssituation war die Klägerin zufrieden und hatte Vertrauen in ihre eigene Leistungsfähigkeit. Eine Verlangsamung des Denkens war nicht feststellbar. Die Klägerin hat zahlreiche Kontakte. Ihre Mutter sieht sie fast täglich, ihre Schwester einmal pro Woche; sie trifft alle zwei bis drei Tage eine sehr gute Freundin und hat noch weitere Freundinnen. Ferner kümmert sie sich um den Sohn ihres Mannes, der inzwischen mit ihnen zusammenlebt und spielt gelegentlich Klavier. Angesichts dessen vermag auch der Senat nicht zu erkennen, dass die bei der Klägerin vorliegenden Schmerzen und die Panikstörung körperlich leichte Tätigkeiten mit qualitativen Einschränkungen sechs Stunden täglich nicht mehr zu lassen, zumal Dr. R. die von Dr. K.-M. bei der Klägerin diagnostizierte Anpassungsstörung mit reaktiver Depression nicht mehr feststellen konnte.
Zusammenfassend ist die Klägerin unter Berücksichtigung sämtlicher bei ihr diagnostizierter Gesundheitsstörungen nach alledem noch in der Lage, jedenfalls körperlich leichte Tätigkeiten mit den genannten qualitativen Einschränkungen mindestens sechs Stunden täglich auszuüben. Die Klägerin ist somit nicht teilweise erwerbsgemindert, zumal auch die Zusammenschau der einzelnen Gesundheitsstörungen kein Leistungsvermögen von täglich weniger als sechs Stunden begründet. Insbesondere muss für die Verneinung von - teilweiser - Erwerbsminderung bei mindestens sechs Stunden täglich leistungsfähigen Versicherten weder eine konkrete Tätigkeit benannt werden, die noch verrichtet werden kann, noch ist die Frage zu prüfen, ob es genügend Arbeitsplätze gibt. Vielmehr ist nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts davon auszugehen, dass auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt für in diesem Umfang Leistungsfähige geeignete Arbeitsplätze in ausreichender Anzahl vorhanden sind (Beschlüsse des Großen Senats des BSG vom 19. Dezember 1996, u.a. SozR 3-2600 § 44 Nr. 8). Dies stimmt mit dem erklärten Willen des Gesetzgebers überein, der durch § 43 Abs. 3 SGB VI klargestellt hat, dass nicht erwerbsgemindert ist, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann, wobei die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen ist.
Der Klägerin hat somit keinen Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung und zwar unabhängig davon, ob die für sie zuständige Arbeitsagentur ihr einen ihrem Leistungsvermögen entsprechenden Arbeitsplatz auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt anbieten könnte. Denn das Risiko, keinen offenen Arbeitsplatz zu finden, ist nicht von der Renten-, sondern grundsätzlich von der Arbeitslosenversicherung zu tragen (BSG SozR 2200 § 1246 Nr. 137 m.w.N.).
Ein Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit nach § 240 SGB VI kommt schon deswegen nicht in Betracht, weil die Klägerin nach dem 1.1.1961 geboren ist. Nach alledem war das Urteil des SG nicht zu beanstanden. Die Berufung der Klägerin musste deswegen zurückgewiesen werden. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Gründe für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Streitig ist zwischen den Beteiligten die Gewährung von Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung.
Die 1975 geborene Klägerin hat von April 1994 bis März 1995 eine Ausbildung als Krankenpflegehelferin absolviert und war bis zu ihrem Unfall im Mai 2003, bei dem sie sich eine instabile HWK-7-Fraktur zugezogen hatte, vollschichtig als Krankenpflegehelferin beschäftigt. Seit August 2004 arbeitet sie nur noch zu 60%, d. h. 4,62 Stunden täglich als Krankenpflegehelferin.
Vom 11.11. bis 9.12.2003 absolvierte die Klägerin ein Heilverfahren in der Rehaklinik Höhenblick in B.-B ... Die dortigen Ärzte entließen die Klägerin als arbeitsunfähig und führten im Entlassungsbericht vom 11.12.2003 aus, ihres Erachtens sei es vertretbar, dass die Klägerin einen Arbeitsversuch in ihrer bisherigen Tätigkeit unternehme. Die Klägerin wolle damit im Januar 2004 mit vier Stunden täglich beginnen. Mittelfristig könne eine vollschichtige Leistungsfähigkeit wieder möglich sein. In der sozialmedizinischen Leistungsbeurteilung vertreten sie die Ansicht, als Krankenpflegehelferin sei die Klägerin sechs Stunden und mehr einsetzbar und könne mittelschwere Tätigkeiten in wechselnder Körperhaltung ohne häufige Überkopfarbeiten und ohne Extrembewegungen der Halswirbelsäule (HWS) sechs Stunden und mehr verrichten.
Am 29.6.2004 beantragte die Klägerin unter Vorlage eines Attestes des Orthopäden Dr. H. vom 24.6.2004, der die Ansicht vertrat, die Klägerin sei vorerst nur fünf Stunden täglich arbeitsfähig, die Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung. Die Beklagte ließ die Klägerin vom Orthopäden Dr. R. gutachterlich untersuchen. Dieser stellte bei der Klägerin im Gutachten vom 18.8.2004 folgende Gesundheitsstörungen fest: • Cerviko-Cephalgien bei Zustand nach Spondylodese C 6/Th 1 nach instabiler HWK 7-Fraktur, leichte Wurzelreizzeichen, leichte Funktionseinschränkung • Wiederkehrende BWS-Beschwerden bei leichter Fehlhaltung und muskulären Verspannungen, keine Wurzelreizzeichen, keine Funktionseinschränkung. Als Krankenpflegehelferin sei die Klägerin am jetzigen Arbeitsplatz sechs Stunden und mehr einsetzbar. Leichte bis zeitweise mittelschwere Tätigkeiten ohne häufiges Heben und Tragen schwerer Lasten und ohne häufige Überkopfarbeiten könne die Klägerin sechs Stunden und mehr verrichten.
Mit Bescheid vom 23.8.2004 lehnte die Beklagte den Rentenantrag ab, weil weder eine teilweise noch eine volle Erwerbsminderung vorliege.
Hiergegen legte die Klägerin am 7.9.2004 Widerspruch ein und begehrte die Gewährung von Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung, da sie nicht in der Lage sei, mindestens sechs Stunden täglich auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt zu arbeiten. Der Neurologe und Psychiater Dr. G. habe bei ihr Kopfschmerzen zervikogener Ursache mit psychischer Überlagerung sowie eine reaktive Depression mit deutlichen somatischen Beschwerden diagnostiziert. Die Beklagte ließ die Klägerin daraufhin von der Neurologin und Psychiaterin Dr. K.-M. gutachterlich untersuchen. Diese stellte bei der Klägerin im Gutachten vom 12.1.2005 folgende Gesundheitsstörungen fest: • Chronifizierte Kopfschmerzen vom Spannungstyp und zervikogen ausgelöst • Verdacht auf Analgetika-Abusus und Analgetika-Kopfschmerz • Anpassungsstörung mit reaktiver Depression • Zustand nach Spondylodese HWK 6 bis BWK 1 und instabiler HWK 7-Fraktur 5/03 ohne neurologische Ausfälle. Ein Heilverfahren in einer psychosomatischen Klinik mit intensiver Psychotherapie sei dringend zu empfehlen. Nach Abschluss des Heilverfahrens könne die Klägerin voraussichtlich wieder vollschichtig als Krankenpflegehelferin arbeiten. Derzeit sei sie in ihrem Beruf drei bis unter sechs Stunden täglich einsetzbar. Leichte bis mittelschwere Tätigkeiten ohne Zeitdruck, ohne Schichtarbeiten, ohne größere Konzentrationsleistungen, ohne Heben und Tragen schwerer Lasten, ohne häufige Überkopfarbeiten könne die Klägerin sechs Stunden und mehr ausüben.
Vom 22.2. bis 5.4.2005 befand sich die Klägerin zu einem Heilverfahren im Rehabilitationskrankenhaus K ... Die dortigen Ärzte stellten im Entlassungsbericht vom 5.4.2005 folgende Diagnosen: • Chronisch rezidivierendes Cervikal-Syndrom mit Cervikocephalgien und Cervikobrachialgien bei Zustand nach HWK 7-Fraktur 5/03 • Verdacht auf chronisches Schmerzsyndrom bei Anpassungsstörung • Kombinationskopfschmerz: cervikogen, Migräne, Spannungskopfschmerz, Analgetika-Kopfschmerz • Adipositas • Zustand nach Abszessspaltung der rechten Leiste am 31.3.2005. Als Krankenpflegehelferin in einem Behindertenheim könne die Klägerin drei bis unter sechs Stunden täglich tätig sein. Leichte bis mittelschwere Tätigkeiten im Wechsel von Sitzen und Bewegung könne die Klägerin sechs Stunden und mehr verrichten. Zu vermeiden seien Arbeiten mit Heben und Tragen von Lasten über 10 kg, mit Zwangshaltungen der Wirbelsäule, mit Überkopfarbeiten, mit übermäßigem Zeitdruck, mit Nachtschicht, mit vermehrter psychischer Belastung und größere Konzentrationsleistungen.
Mit Widerspruchsbescheid vom 2.6.2005 wies die Beklagte daraufhin den Widerspruch der Klägerin zurück.
Hiergegen erhob die Klägerin am 29.6.2005 Klage um Sozialgericht (SG) Stuttgart, mit der sie die Gewährung von Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung weiter verfolgte.
Das SG hörte die behandelnden Ärzte der Klägerin, den Internisten Dr. L. den Orthopäden Dr. H. und Dr. G. (Auskünfte vom 10. und 24.8.2005 sowie 11.09. 2005) schriftlich als sachverständige Zeugen und holte Gutachten auf orthopädischem und neurologisch-psychiatrischem Gebiet ein.
Der Orthopäde Dr. A. stellte bei der Klägerin im Gutachten vom 28.11.2005 folgende Gesundheitsstörungen fest: • Operativ versorgte, instabile HWK 7-Fraktur, Spondylodese HWK 6 bis BWK 1 im Mai 2003 mit immer wiederkehrender Nervenwurzelreizung ausstrahlend in den rechten Arm • Chronisches Lendenwirbelsäulenschmerzsyndrom ohne neurologische Symptomatik • Hüftdysplasie beidseits ohne Bewegungseinschränkung, ohne Arthrosezeichen • Knöchern konsolidierte Sprunggelenksfraktur rechts mit geringgradiger Bewegungseinschränkung. Die Klägerin sei noch in der Lage leichte körperliche Tätigkeiten mehr als sechs Stunden täglich auszuüben. Vermeiden müsse sie schwere und mittelschwere körperliche Arbeiten, Heben und Tragen von Lasten über 10 kg, Zwangshaltungen der Halswirbelsäule, gleichförmige Körperhaltungen, häufiges Treppensteigen, häufiges Bücken, Steigen und Arbeiten auf Leitern und Gerüsten, Arbeiten im Hocken, in Kälte, Zugluft und Nässe an gefährdenden Maschinen, mit Nachtschicht sowie Akkord- und Fließbandarbeiten.
Der Neurologe und Diplom-Psychologe Dr. H. nannte im Gutachten vom 30.1.2006 folgende Diagnosen: • Operative Spondylodese mit Knocheninterponat HWK 6 bis BWK 1 nach traumatischer HWK 7-Fraktur • Chronisches Schmerzsyndrom mit täglichen Kopfschmerzen und Schmerzen im Bereich der HWS und BWS • Chronisch rezidivierende Zervikobrachialgien rechts mit sensiblen Missempfindungen im rechten Arm nach HWK 7-Fraktur • Chronifizierte Anpassungsstörung mit Angst und depressiver Reaktion gemischt • Migräne ohne Aura. Leichte bis mittelschwere Tätigkeiten im Wechsel von Sitzen und Stehen ohne schweres Heben und Tragen über 10 kg, ohne Überkopfarbeiten, ohne Arbeiten mit einseitiger Belastung der HWS, ohne übermäßigen Zeitdruck und ohne Schichtarbeit könne die Klägerin drei bis sechs Stunden täglich verrichten.
Die Beklagte legte hierzu eine Stellungnahme von Dr. G.vom 9.3.2006 vor, der ausführte, wenn in der Tagesablaufschilderung ein Tagesbeginn um 5:30 Uhr, eine Arbeitszeit von 9:00 Uhr bis 14:00 Uhr oder 15:00 Uhr und anschließend zuhause die komplette Haushaltsversorgung möglich sei, werde hieraus nicht mit der nötigen Überzeugung erkennbar, warum die Klägerin einem sechsstündigen Arbeitsalltag nicht gewachsen wäre.
Nachdem es noch eine Auskunft des Arbeitgebers der Klägerin vom 8.6.2006 eingeholt hatte, wies das SG mit Urteil vom 19.10.2006 die Klage ab. Zur Begründung führte es aus, die Klägerin habe keinen Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung. Sie sei nicht gehindert, mindestens sechs Stunden oder mehr auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt zu arbeiten. Dies stehe zur Überzeugung des SG insbesondere auf Grund der Entlassungsberichte der Rehaklinik H. und der Rehabilitationsklinik K. sowie der Gutachten von Dr. Reutter, Dr. K.-M. und von Dr. A. fest. Der Beurteilung von Dr. H., dass die Klägerin lediglich drei bis sechs Stunden täglich leichte bis mittelschwere Tätigkeiten verrichten könne, vermöge sich das SG nicht anzuschließen. Auf die Entscheidungsgründe im Übrigen wird Bezug genommen.
Gegen das am 25.10.2006 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 23.11.2006 Berufung eingelegt und vorgetragen, Dr. Herbst habe festgestellt, dass sie die immer wieder auftretenden Angstattacken auch bei einer zumutbaren Willensanstrengung aus eigener Kraft nicht überwinden oder kontrollieren könne. Auch führe er aus, dass das Schmerzsyndrom chronifiziert und einer wesentlichen therapeutischen Beeinflussung nicht zugänglich sei. Das Schmerzsyndrom führe zusammen mit den Beschwerden der Wirbelsäule dazu, dass sie nicht mehr in der Lage sei Arbeitsleistungen von mindestens sechs Stunden täglich zu erbringen.
Die Klägerin beantragt sinngemäß,
das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 19. Oktober 2006 sowie den Bescheid der Beklagten vom 23. August 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 2. Juni 2005 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung ab Antragstellung zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie erwidert, aus der Berufungsbegründung ergäben sich keinen neuen Gesichtspunkte, die eine Änderung ihres bisherigen Standpunkt zuließen. Sie verweise deshalb auf ihren Vortrag im erstinstanzlichen Verfahren sowie auf die Ausführungen im angefochtenen Urteil.
Auf Antrag der Klägerin gemäß § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) hat der Senat Dr. R., Ärztin für Neurologie und Psychiatrie, mit der Begutachtung der Klägerin beauftragt. Diese hat im Gutachten vom 5.9.2007 bei der Klägerin folgende Gesundheitsstörungen fesgestelltt: • Panikstörung • Migräne ohne Aura • Chronifizierter posttraumatischer Kopfschmerz nach Halswirbelsäulenbeschleunigungsverletzung. Die Klägerin sei in der Lage, leichte bis mittelschwere Tätigkeiten ohne Zwangshaltungen, ohne häufiges Bücken, ohne schweres Heben und Tragen von Lasten über 5 kg, ohne einseitige Belastungen, ohne Steigen und Arbeiten auf Leitern und Gerüsten, ohne Akkord- und Fließbandarbeiten, ohne Nachtschicht, ohne psychische Stressfaktoren wie Leistungsdruck in ihrem derzeitigen Rahmen durchzuführen. Die Klägerin arbeite derzeit 60% einer vollschichtigen Tätigkeit (4,62 Stunden täglich). Diese Arbeit absolviere sie seit Juni 2004 weitgehend ohne Einschränkungen neben ihrer eigenen Haushaltstätigkeit. Eine stufenweise Steigerung in Form einer Wiedereingliederung bis zur Vollschichtigkeit wäre ihr durchaus möglich, so dass innerhalb eines halben Jahres eine vollschichtige Leistungsfähigkeit erreichen könne. Hilfreich wäre eine psychiatrische/psychotherapeutische ambulante Behandlung und die Klärung einer Migräneprophylaxe. Der bei der Klägerin festgestellte Zustand bestehe seit Juli 2004; ihres Erachtens hätte die Klägerin unter fachärztlicher Behandlung die Wiedereingliederung an ihrem Arbeitsplatz fortsetzen können. Bei adäquater Behandlung sei eine Besserung des Gesundheitszustandes zu erwarten.
Mit Verfügung vom 17.10.2007 hat der Senat die Beteiligten auf die Möglichkeit einer Entscheidung durch Beschluss gem. § 153 Abs. 4 SGG hingewiesen.
Zur weiteren Darstellung des Tatbestandes wird auf die Akten der Beklagten, des SG sowie des Senats Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgemäß eingelegte Berufung der Klägerin ist zulässig. Berufungsausschließungsgründe nach § 144 Sozialgerichtsgesetz (SGG) liegen nicht vor.
Die Berufung der Klägerin ist jedoch nicht begründet. Das angefochtene Urteil des SG sowie die angefochtenen Bescheide der Beklagten sind nicht zu beanstanden, da die Klägerin keinen Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung hat.
Gemäß § 153 Abs. 4 SGG kann das LSG - nach vorheriger Anhörung der Beteiligten - die Berufung durch Beschluss zurückweisen, wenn es sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Diese Voraussetzungen sind hier gegeben. Im vorliegenden Fall sind die Berufsrichter des Senats einstimmig zum Ergebnis gekommen, dass die Berufung unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht erforderlich ist. Mit Schreiben vom 17.10.2007 hat der Senat die Beteiligten auch auf die Möglichkeit einer Entscheidung nach § 153 Abs. 4 SGG hingewiesen und ihnen Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben. Eine Zustimmung der Beteiligten ist nicht erforderlich.
Das SG hat den rechtserheblichen Sachverhalt umfassend dargestellt, die an eine Rentengewährung geknüpften Voraussetzungen zutreffend benannt und das Beweisergebnis frei von Rechtsfehlern gewürdigt. Hierbei ist es ausführlich auf die bei der Klägerin bestehenden Gesundheitsstörungen eingegangen; auch hat es überzeugend begründet, weshalb es, den Beurteilungen der Rehakliniken H. und K., von Dr. Reutter, Dr. K.-M. und Dr. A. folgend, eine sechsstündige Leistungsfähigkeit der Klägerin auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt festgestellt und eine teilweise Erwerbsminderung bei der Klägerin verneint hat. Der Senat schließt sich der Beweiswürdigung des SG uneingeschränkt an und sieht deshalb von einer Darstellung der Entscheidungsgründe gemäß § 153 Abs. 2 SGG weitgehend ab. Ergänzend ist auszuführen, dass sich auch unter Berücksichtigung des gem. § 109 SGG auf Antrag der Klägerin eingeholten Gutachtens von Dr. R. eine teilweise Erwerbsminderung der Klägerin, d. h. ein Absinken ihrer beruflichen und körperlichen Leistungsfähigkeit auf ein Leistungsvermögen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt von weniger als sechs Stunden täglich i.S.d. § 43 Abs. 1 Satz 2 SGB VI , zur Überzeugung des Senats nicht belegen lässt. Zwar empfiehlt Dr. R. - worauf die Klägerin im Schriftsatz vom 9.11.2007 zutreffend hinweist - eine stufenweise Steigerung der derzeitigen Arbeitszeit der Klägerin von 4,62 Stunden täglich (60% der vollen Arbeitszeit) in Form einer Wiedereingliederung bis zur Vollschichtigkeit, so dass innerhalb eines halben Jahres wieder eine vollschichtiges Leistungsfähigkeit erreicht werden könne, wobei sie als hilfreich für die Behandlung der Panikstörung eine Verhaltenstherapie und der Migräne eine Migräneprophylaxe ansieht. Für die Beurteilung der Frage, ob die Klägerin teilweise erwerbsgemindert ist, ist jedoch nicht entscheidend, ob die Klägerin in einem halben Jahr wieder in der Lage sein wird, vollschichtig, d. h. 100% bzw. 7,7 Stunden täglich an Stelle von 60% bzw. 4,62 Stunden täglich an ihrem derzeitigen Arbeitsplatz zu arbeiten, sondern ob die Klägerin derzeit bzw. ab Rentenantragstellung in der Lage ist bzw. war, sechs Stunden täglich unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes zu arbeiten. Dies ist auch nach den von Dr. R. erhobenen Befunden zur Überzeugung des Senats der Fall, weswegen - entgegen der klägerischen Ansicht - keine teilweise Erwerbsminderung vorliegt. Dr. R. weist zutreffend daraufhin, dass die Klägerin neben ihrer täglichen Arbeitszeit von 4,62 Stunden, die sie an ihrem derzeitigen Arbeitsplatz nahezu ohne Fehlzeiten absolviert, umfangreiche Tätigkeiten im Haushalt verrichtet. So putzt und pflegt überwiegend die Klägerin das große Haus mit acht Zimmern auf drei Stockwerken mit Garten, kocht öfters mittags für ihren Stiefsohn eine Kleinigkeit und abends für die ganze Familie ein warmes Essen, erledigt die Einkäufe und kümmert sich um ihre Mutter und ihren Stiefvater. Angesichts dieser umfassenden Tätigkeiten im privaten Bereich ist für den Senat - ebenso wie für Dr. G. (Stellungnahme vom 9.3.2006) - nicht ersichtlich, warum die Klägerin einem sechsstündigen Arbeitsalltag nicht gewachsen sein sollte. Der erhobene psychiatrische Befund, das Interessespektrum der Klägerin, ihre sozialen Kontakte und die erhaltenen Tagesstruktur lassen eine Einschränkung des Leistungsvermögens auf unter sechs Stunden ebenfalls nicht erkennen. Während des dreieinhalbstündigen gutachterlichen Gesprächs waren bei der Klägerin keine Auffassungs-, Merkfähigkeits- und- und Konzentrationsstörungen vorhanden; sie zeigte vielmehr eine rasche und attente Informationsaufnahme und Informationsverarbeitung. Energie, Initiative und Anteilnahme waren ausreichend vorhanden. Die affektive Schwingungsfähigkeit war nicht eingeschränkt. Mit ihrer derzeitigen Lebenssituation war die Klägerin zufrieden und hatte Vertrauen in ihre eigene Leistungsfähigkeit. Eine Verlangsamung des Denkens war nicht feststellbar. Die Klägerin hat zahlreiche Kontakte. Ihre Mutter sieht sie fast täglich, ihre Schwester einmal pro Woche; sie trifft alle zwei bis drei Tage eine sehr gute Freundin und hat noch weitere Freundinnen. Ferner kümmert sie sich um den Sohn ihres Mannes, der inzwischen mit ihnen zusammenlebt und spielt gelegentlich Klavier. Angesichts dessen vermag auch der Senat nicht zu erkennen, dass die bei der Klägerin vorliegenden Schmerzen und die Panikstörung körperlich leichte Tätigkeiten mit qualitativen Einschränkungen sechs Stunden täglich nicht mehr zu lassen, zumal Dr. R. die von Dr. K.-M. bei der Klägerin diagnostizierte Anpassungsstörung mit reaktiver Depression nicht mehr feststellen konnte.
Zusammenfassend ist die Klägerin unter Berücksichtigung sämtlicher bei ihr diagnostizierter Gesundheitsstörungen nach alledem noch in der Lage, jedenfalls körperlich leichte Tätigkeiten mit den genannten qualitativen Einschränkungen mindestens sechs Stunden täglich auszuüben. Die Klägerin ist somit nicht teilweise erwerbsgemindert, zumal auch die Zusammenschau der einzelnen Gesundheitsstörungen kein Leistungsvermögen von täglich weniger als sechs Stunden begründet. Insbesondere muss für die Verneinung von - teilweiser - Erwerbsminderung bei mindestens sechs Stunden täglich leistungsfähigen Versicherten weder eine konkrete Tätigkeit benannt werden, die noch verrichtet werden kann, noch ist die Frage zu prüfen, ob es genügend Arbeitsplätze gibt. Vielmehr ist nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts davon auszugehen, dass auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt für in diesem Umfang Leistungsfähige geeignete Arbeitsplätze in ausreichender Anzahl vorhanden sind (Beschlüsse des Großen Senats des BSG vom 19. Dezember 1996, u.a. SozR 3-2600 § 44 Nr. 8). Dies stimmt mit dem erklärten Willen des Gesetzgebers überein, der durch § 43 Abs. 3 SGB VI klargestellt hat, dass nicht erwerbsgemindert ist, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann, wobei die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen ist.
Der Klägerin hat somit keinen Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung und zwar unabhängig davon, ob die für sie zuständige Arbeitsagentur ihr einen ihrem Leistungsvermögen entsprechenden Arbeitsplatz auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt anbieten könnte. Denn das Risiko, keinen offenen Arbeitsplatz zu finden, ist nicht von der Renten-, sondern grundsätzlich von der Arbeitslosenversicherung zu tragen (BSG SozR 2200 § 1246 Nr. 137 m.w.N.).
Ein Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit nach § 240 SGB VI kommt schon deswegen nicht in Betracht, weil die Klägerin nach dem 1.1.1961 geboren ist. Nach alledem war das Urteil des SG nicht zu beanstanden. Die Berufung der Klägerin musste deswegen zurückgewiesen werden. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Gründe für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.
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