L 9 R 5919/06

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
9
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 3 R 931/05
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 9 R 5919/06
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 24. Oktober 2006 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Streitig ist zwischen den Beteiligten, ob der Kläger rückwirkend freiwillige Beiträge zur Erfüllung der Wartezeit von 35 Jahren (420 Monaten) für eine Altersrente für schwer behinderte Menschen nachzahlen kann.

Der 945 geborene Kläger war vom 4.9.1972 bis 22.9.1989 als Arzt in der ehemaligen DDR beschäftigt. Am 25.9.1989 kam er nach Berlin West bzw. in die alten Bundesländer. Ab 1.12.1989 war der Kläger als Arzt in E. beschäftigt und seitdem kraft Gesetzes Pflichtmitglied bei der Baden-Württembergischen Versorgungsanstalt für Ärzte, Zahnärzte und Tierärzte (VA).

Mit Schreiben vom 4.5.1990 unterrichtete die VA den Kläger über die gesetzlichen Voraussetzungen der Pflichtteilnahme und teilte mit, die Mitgliedschaft bei der Beklagten berechtige nicht zur Freistellung von der Teilnahmepflicht in der landesgesetzlichen Versorgungsanstalt. Um eine Doppelversicherung zu vermeiden, müsste er die Befreiung von der Versicherungspflicht in der Rentenversicherung der Angestellten nach § 7 Abs. 2 Angestelltenversicherungsgesetz beantragen. Wenn er von der Mitgliedschaft bei der Beklagten befreit sei, zahle er als Versorgungsabgaben an die VA mindestens denselben Beitrag, den er sonst verpflichtet wäre, zur Rentenversicherung der Angestellten zu zahlen. Falls er sich nicht von der Versicherungspflicht in der Rentenversicherung der Angestellten befreien lasse, zahle er monatlich den vollen Beitrag zur Bundesversicherungsanstalt für Angestellte und daneben die satzungsmäßige Abgabe an die VA.

Am 6.6.1990 sprach der Kläger bei der Beklagten (Auskunfts- und Beratungsstelle Stuttgart) persönlich vor, teilte mit, dass er in Kürze einen Bescheid über seine Pflichtmitgliedschaft in der VA vom 1.12.1989 bis 31.5.1990 erhalten werde und dass seine Anmeldung bei der VA vom 19.10.1989 als Antrag auf Befreiung von der Versicherungspflicht in der Angestelltenversicherung zu sehen sei.

Mit Schreiben vom 11.7.1990 bat die Beklagte den Kläger, seinen Antrag auf Befreiung an das für ihn zuständige berufsständische Versorgungswerk zu richten. Dort halte man entsprechende Formblätter bereit und leite diese nach Bestätigung der Pflichtmitgliedschaft an sie weiter.

Ein Antrag des Klägers auf Befreiung von der Versicherungspflicht in der Angestelltenversicherung vom 31.5.1990, der am 11.6.1990 bei der Versorgungsanstalt eingegangen war, wurde mit der Bestätigung der Pflichtmitgliedschaft in der VA ab 1.12.1989 unter dem Datum vom 21.6.1990 an die Beklagte weitergeleitet (Eingang 25.6. oder 27.6.1990).

Mit Bescheid vom 30.7.1990 wurde der Kläger ab 6.6.1990 von der Versicherungspflicht zur Angestelltenversicherung befreit. Vom 1.6. bis zum 31.8.1990 entrichtete der Kläger drei freiwillige Beiträge in Mindesthöhe (103,- DM pro Monat). Ein Kontenklärungsverfahren wurde zunächst wegen anstehender Rechtsänderungen nicht durchgeführt (Schreiben an den Kläger vom 2.8.1990).

Im Rahmen des am 17.5.1993 (rechtskräftig ab 26.6.1993) vor dem Familiengericht Nürtingen durchgeführten Versorgungsausgleichs wurde dem Kläger nach Kontenklärung der Bescheid über die Anerkennung von rentenrechtlichen Zeiten vom 5.4.1993 zusammen mit einem Versicherungsverlauf erteilt.

Mit Schreiben vom 27.4.2004 beantragte der Kläger bei der Beklagten eine Auskunft über seine voraussichtliche Rente mit Erreichen des 60., 62. und 65. Lebensjahres und teilte gleichzeitig mit, seit dem 12.7.2000 sei er im Besitz eines Schwerbehindertenausweises (GdB 50).

Im Rahmen der daraufhin am 14.9.2004 erteilten Rentenauskunft führte die Beklagte aus, die Wartezeit für die Altersrente für schwer behinderte Menschen sowie für die Altersrente für langjährig Versicherte betrage 35 Jahre. Diese Wartezeit sei derzeit mit 318 Monaten nicht erfüllt; es fehlten noch 102 Monate.

Daraufhin teilte der Kläger mit Schreiben vom 8.11.2004 mit, es sei nicht sein Verschulden, dass die Wartezeit von 35 Jahren nicht erfüllt sei. Bis Juni 1990 habe er Beiträge an die Bundesversicherungsanstalt für Angestellte abgeführt. Dann habe sich das Versorgungswerk für Ärzte bei ihm gemeldet und ihm mitgeteilt, dass er gesetzlich verpflichtet sei, in das Versorgungswerk einzuzahlen. Er habe zu jenem Zeitpunkt nicht geahnt, dass ihm aus diesem staatlich verordneten Zwangswechsel später derart gravierende Nachteile drohten, indem er seine Anwartschaft auf vorzeitige Rente verliere. Er sei auch nicht über die Folgen der Befreiung aufgeklärt worden. Da er auf Grund seines angegriffenen Gesundheitszustandes seine Praxistätigkeit nicht mehr bis zum 65. Lebensjahr fortführen könnte, beantrage er, die noch fehlenden 102 Monate der Wartezeit für die Altersrente für schwer behinderte Menschen durch Anrechnung des Schuljahres zwischen dem 16. und 17. Lebensjahr, der Studienjahre, die auf Grund der Überschreitung der Höchstdauer nicht berücksichtigt worden seien, sowie durch Nachzahlung der noch fehlenden Monate zu ergänzen.

Mit Bescheid vom 11.1.2005 teilte die Beklagte dem Kläger mit, seinem Antrag freiwillige Beiträge zur Erfüllung der Wartezeit von 35 Jahren (420 Monaten) für eine Altersrente für schwer behinderte Menschen nachzuzahlen, könne nicht entsprochen werden. Für ihn seien gegenwärtig 318 Wartezeitmonate nachgewiesen. Für die Zeit vom 1.1.2004 bis 31.7.2005 (bei einem Rentenbeginn 1.8.2005) könnten noch 19 freiwillige Beiträge entrichtet werden. Auch sei nach § 207 SGB VI eine Nachzahlung von 32 freiwilligen Beiträgen für die Zeit vom 23.7.1961 bis 30.6.1962 und vom 1.1.1971 bis 31.8.1972 für zurückgelegte Ausbildungszeiten möglich. Hierdurch würde sich die Anzahl der Monate für die Wartezeit auf 369 erhöhen. Somit würden noch 51 Monate an der Wartezeit von 35 Jahren fehlen. Eine Nachentrichtung für zurückliegende Zeiten sei nicht möglich, weil der Kläger nicht ohne Verschulden an der rechtzeitigen Beitragsentrichtung gehindert gewesen sei. Auf Grund seines Antrags sei er durch Bescheid vom 30.7.1990 ab 6.6.1990 von der Versicherungspflicht befreit worden. Für die Zeit vom 1.6. bis 31.8.1990 habe er noch freiwillige Beiträge entrichtet. Danach habe er die freiwillige Beitragszahlung ohne Angabe von Gründen eingestellt. Er habe sich seinerzeit bei der Beklagten nicht darüber informiert, wie er seinen Versicherungsschutz aufrechterhalten könne und ob ihm durch die Beendigung der freiwilligen Versicherung rentenrechtliche Nachteile entstünden. Den hiergegen erhobenen Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 11.2.2005 zurück.

Hiergegen erhob der Kläger am 22.2.2005 Klage zum Sozialgericht (SG) Stuttgart, mit der er die Zulassung zur rückwirkenden Zahlung von freiwilligen Beiträgen für 51 Monate zur Erfüllung der Wartezeit von 35 Jahren für die Altersrente für schwer behinderte Menschen begehrte. Zur Begründung trug er vor, wegen schwerer Gesundheitsstörungen habe er seine ununterbrochen ausgeübte Tätigkeit als Arzt mit der Abgabe der kassenärztlichen Zulassung zum 30.6.2005 unwiderruflich beendet. Der drohende Verlust der Anwartschaft auf die Altersrente für schwer behinderte Menschen habe gravierende Auswirkungen für ihn, da er von der Altersversorgung von 563,24 EUR, die er von der Versorgungsanstalt für Ärzte erhalte, seine laufenden Ausgaben nicht bestreiten könne. Er sei der Auffassung, dass bei einem staatlich erzwungenen Wechsel des Versorgungsträgers zumindest eine der beiden Versicherungsanstalten verpflichtet gewesen wäre, ihn auf möglicherweise entstehende Probleme hinzuweisen.

Mit Urteil vom 24.10.2006 wies das SG die Klage ab. Zur Begründung führte es aus, die Beklagte sei nicht verpflichtet, den Kläger nachträglich zur rückwirkenden Zahlung von freiwilligen Beiträgen zuzulassen. Für eine Wartezeit von 35 Jahren fehlten dem Kläger 8 ½ Jahre, so dass nicht von einem knappen Verfehlen der Wartezeit die Rede sein könne. Der Kläger sei auch nicht ohne eigenes Verschulden an der rechtzeitigen Beitragszahlung gehindert gewesen. Ein Anlass für die Beklagte, den Kläger im Jahr 1990 darauf hinzuweisen, dass er bei Einstellung der Beitragszahlungen in die gesetzliche Rentenversicherung keinen Anspruch auf einzelne vorzeitige Altersrenten erwerben könne, habe zur Überzeugung des SG nicht bestanden. Auf die Entscheidungsgründe im Übrigen wird Bezug genommen.

Gegen das am 11.11.2006 zugestellte Urteil hat der Kläger am 24.11.2006 Berufung eingelegt und vorgetragen, in seiner speziellen Situation habe sehr wohl eine Pflicht der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte zur allumfassenden und vorausschauenden Aufklärung hinsichtlich auch späterer möglicher rentenrechtlicher Nachteile bei Zahlungsbefreiung bestanden. Diese Beratung sei nicht erfolgt. Schon damals hätte man an die Möglichkeit einer frühzeitigen Berufsaufgabe wegen Schwerbehinderung bzw. Invalidität denken müssen.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 24. Oktober 2006 sowie den Bescheid der Beklagten vom 11. Januar 2005 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11. Februar 2005 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihn zur rückwirkenden Nachentrichtung von freiwilligen Beiträgen für 51 Monate zur Erfüllung der Wartezeit von 35 Jahren für die Altersrente für schwerbehinderte Menschen zuzulassen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie erwidert, die Berufungsbegründung enthalte keine neuen entscheidungserheblichen Gesichtspunkte. Sie beziehe sich deswegen auf ihr bisheriges Vorbringen und die Urteilsbegründung.

Zur weiteren Darstellung des Tatbestandes wird auf die Akten der Beklagten, des SG sowie des Senats Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die form- und fristgemäß eingelegte Berufung des Klägers ist zulässig. Berufungsausschließungsgründe nach § 144 Sozialgerichtsgesetz (SGG) liegen nicht vor.

Die Berufung des Klägers ist jedoch nicht begründet. Das angefochtene Urteil des SG sowie die angefochtenen Bescheide der Beklagten sind nicht zu beanstanden, da der Kläger keinen Anspruch auf Zulassung zur rückwirkenden Entrichtung von freiwilligen Beiträgen hat.

Im November 2004, als der Kläger die Zulassung zur Beitragszahlung beantragte, konnte er - wie die Beklagte im angefochtenen Bescheid zu Recht ausgeführt hat - lediglich noch 19 freiwillige Beiträge für die Zeit vom 1.1.2004 bis 31.7.2005 (bei einem Rentenbeginn 1.8.2005) entrichten, denn gemäß § 197 Abs. 2 SGB VII sind freiwillige Beiträge nur wirksam, wenn sie bis zum 31. März des Jahres, das dem Jahr folgt, für das sie gelten sollen, gezahlt werden. Ferner kann er gem. § 207 Abs. 1 SGB VI für Zeiten einer schulischen Ausbildung nach dem vollendeten 16. Lebensjahr, die nicht als Anrechnungszeiten berücksichtigt werden, freiwillige Beiträge nachzahlen, sofern diese Zeiten nicht bereits mit Beiträgen belegt sind. Dies ist für die Zeiten vom 23.7.1961 ist 30.6.1962 und vom 1.1.1971 bis 31.8.1972 (32 Kalendermonate) möglich.

Trotz Leistung der noch möglichen Beiträge für 51 Kalendermonate erreicht der Kläger mit den von der Beklagten errechneten 318 Monaten an rentenrechtlichen Zeiten nicht die Wartezeit von 420 Monaten, sondern lediglich eine Zeit von 369 Kalendermonaten.

Die Beklagte hat es zu Recht abgelehnt, den Kläger gem. § 197 Abs. 3 SGB VI zur nachträglichen Beitragszahlung für die fehlenden 51 Monate vor dem 1.1.2004 zuzulassen. Nach der genannten Vorschrift ist in Fällen besonderer Härte, insbesondere bei drohendem Verlust der Anwartschaft auf eine Rente, auf Antrag des Versicherten die Zahlung von Beiträgen auch nach Ablauf der in den Absätzen 1 und 2 genannten Fristen zuzulassen, wenn die Versicherten an der rechtzeitigen Beitragszahlung ohne Verschulden gehindert waren.

Selbst wenn man beim Fehlen von immerhin noch 51 Monaten (vier Jahren und drei Monaten) eine besondere Härte bejahen könnte, ist die nachträgliche Beitragszahlung nicht zuzulassen, weil der Kläger an der rechtzeitigen Beitragszahlung nicht ohne Verschulden verhindert war.

Für das Verschulden gilt in § 197 Abs. 3 Satz 1 SGB VI die Regelung des § 276 Abs. 1 Satz 1 und 2 BGB entsprechend. Danach hat der Schuldner (hier der Versicherte, der Beiträge entrichten will), sofern nichts anderes bestimmt ist, Vorsatz und Fahrlässigkeit zu vertreten (Satz 1). Fahrlässig handelt, wer die im Verkehr erforderliche Sorgfalt außer Acht lässt (Satz 2; BSG SozR 3-2600 § 197 Nr. 3).

Der Kläger war nicht ohne Verschulden an der rechtzeitigen Beitragszahlung gehindert.

Der Senat entnimmt den vorliegenden Akten, dass der Kläger im Anschluss an die Befreiung von der Versicherungspflicht von Juni bis August 1990 drei freiwillige Beiträge in Mindesthöhe an die Beklagte entrichtet hat. Damit war dem Kläger die Möglichkeit, freiwillige Beiträge zu entrichten, bekannt. Diese freiwillige Beitragsentrichtung war auch zum Zeitpunkt der Befreiung des Klägers von der Versicherungspflicht wegen der Zugehörigkeit zu einem Versorgungswerk sinnvoll zur Aufrechterhaltung der Anwartschaft auf eine Rente wegen Berufs- bzw. Erwerbsunfähigkeit. Die zum 1. 1.1984 eingeführten besonderen versicherungsrechtlichen Voraussetzungen (36 Pflichtbeitragsmonate in den letzten 60 Kalendermonaten vor Eintritt des Versicherungsfalles - § 23 Abs. 2a Nr. 1 des bis zum 31.12.1991 geltenden Angestelltenversicherungsgesetzes -AVG -) für den Anspruch auf Rente wegen Berufs- bzw. Erwerbsunfähigkeit fanden nämlich keine Anwendung, wenn der Versicherte vor dem 1.1.1984 eine Versicherungszeit von 60 Monaten zurückgelegt und jeden Monat in der Zeit vom 1. 1. 1984 bis zum Ende des Kalenderjahres vor Eintritt der Versicherungsfalles mit Beiträgen oder sonstigen Anwartschaftserhaltungszeiten belegt hatte (Übergangsvorschrift des Art 2 § 6 Abs. 2 Angestelltenversicherungs-Neuregelungsgesetz). Durch die fortwährende Beitragsentrichtung in Mindesthöhe hätte der Kläger auch zur Erfüllung der Wartezeit von 35 Versicherungsjahren, die auch seinerzeit schon Voraussetzung für die Inanspruchnahme von vorgezogenem Altersruhegeld war (§ 25 Abs. 1 i.V.m. Abs. 7 AVG) beigetragen. Der Kläger hat die Entrichtung der freiwilligen Beiträge in Mindesthöhe aber nach drei Monaten eingestellt, ohne dass nach Aktenlage ein Grund dafür erkennbar ist.

Des weiteren hat der Kläger trotz eines im Jahre 1993 durchgeführten Versorgungsausgleichs, in dessen Rahmen ihm nach Kontenklärung der Bescheid über die Anerkennung von rentenrechtlichen Zeiten vom 5.4.1993 zusammen mit einem Versicherungsverlauf erteilt wurde, sich jahrelang nicht danach erkundigt, unter welchen Voraussetzungen welche Altersrente gewährt werden kann und welche Beiträge dafür zu leisten sind. Nicht einmal nach Erlangung der Schwerbehinderteneigenschaft im Jahre 2000 sah sich der Kläger veranlasst, an die Beklagte heranzutreten und sich nach seinen Rentenansprüchen zu erkundigen.

Angesichts dieses Verhaltens kann der Senat nicht feststellen, dass der Kläger ohne Verschulden verhindert war, rechtzeitig die fehlenden Beiträge zu entrichten. Selbst bei mangelndem Verschulden kann sich ein Versicherter nicht zeitlich unbegrenzt darauf berufen. Liegt der Ablauf der Beitragsentrichtungsfrist - wie hier - über ein Jahr zurück, so ist die Nachzahlung allenfalls dann zuzulassen, wenn diese - anders als im vorliegenden Fall - zuvor infolge höherer Gewalt unmöglich war (BSG, Urt. vom 1.2.2001 - B 13 RJ 1/00 R in JURIS).

Soweit ein sozialrechtlicher Herstellungsanspruch neben diesen besonderen Nachentrichtungsregelungen überhaupt Platz greifen kann, liegen jedenfalls seine Voraussetzungen nicht vor. Dieses vom BSG entwickelten Rechtsinstitut ist darauf gerichtet, den versicherungsrechtlichen Zustand herzustellen, der ohne ein fehlerhaftes Verwaltungshandeln bestehen würde. Im Einzelnen setzt ein sozialrechtlicher Herstellungsanspruch eine (Informations-)Pflichtverletzung des auf Herstellung in Anspruch genommenen Leistungsträgers selbst oder einer insoweit für diesen handelnden Stelle gegenüber dem Betroffenen voraus. Diese Pflichtverletzung muss bei letzterem einen sozialrechtlichen (dem Schutzzweck der betreffenden Pflicht zuzuordnenden) Nachteil bewirkt haben (BSG, Urt. vom 1.2.2001, a. a. O.).

Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor, denn die Tatsache der Entrichtung von drei freiwilligen Beiträgen in Mindesthöhe von Juni bis August 1990 belegt, dass der Kläger sich einschlägige Informationen (nach seiner Angabe in der mündlichen Verhandlung von einer Familienangehörigen) verschafft hat. An die Beklagte ist er nach Aktenlage und nach eigenem Vorbringen mit einem entsprechenden Informationsverlangen nicht herangetreten. Im Übrigen hätte, bezogen auf eine Altersrente wegen Schwerbehinderung, im Jahr 1990 auch kein konkreter Anlass zu einer entsprechenden Beratung des Klägers bestanden. Der Kläger war im Juni 1990 knapp 45 Jahre alt und es war nicht erkennbar, dass er im Jahr 2000 die Schwerbehinderteneigenschaft zuerkannt bekommen würde, die es bei Erreichen der Wartezeit von 35 Jahren erlaubt hätte, mit 60 Jahren aus dem Erwerbsleben ohne Rentenabschläge auszuscheiden. Darüber hinaus weist die Tatsache, dass der Kläger die Entrichtung der freiwilligen Beiträge nach 3 Monaten wieder eingestellt hat, darauf hin, dass er - auch bei entsprechender Information - finanziell nicht bereit oder in der Lage gewesen war, zu den Beiträgen an die Versorgungsanstalt für Ärzte noch die Beiträge an die Beklagte in Mindesthöhe zu leisten.

Nach alledem war das angefochtene Urteil des SG nicht zu beanstanden. Die Berufung des Klägers musste deswegen zurückgewiesen werden.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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