Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
25
1. Instanz
SG Frankfurt (Oder) (BRB)
Aktenzeichen
S 17 AS 85/08 ER
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 25 B 446/08 AS ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts Frankfurt/Oder vom 11. Februar 2008 wird zurückgewiesen. Kosten des Verfahrens sind nicht zu erstatten.
Gründe:
Die Beschwerde ist zulässig gemäß §§ 172, 173 Sozialgerichtsgesetz (SGG), sie ist jedoch nicht begründet, denn die aufschiebende Wirkung der Klage der Antragstellerin gegen die angefochtenen Bescheide ist nicht anzuordnen.
1. Rechtsgrundlage der Entscheidung des Senats ist § 86 b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG. Hiernach kann das Gericht in den Fällen, in denen – wie vorliegend – die Anfechtungsklage keine aufschiebende Wirkung hat, die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anordnen. Die sofortige Vollziehbarkeit der Anfechtungsklage entfällt vorliegend zunächst kraft Gesetzes gemäß § 39 Nr. 1 Sozialgesetzbuch/Zweites Buch (SGB II), weil vorliegend ein Sanktionsbescheid gegeben ist, der als belastender Verwaltungsakt über Leistungen der Grundsicherung für Arbeitssuchende entscheidet. In diesem Falle gebietet es grundsätzlich die gesetzgeberische Wertung, den Bescheid zu vollziehen. Nur dann, wenn entweder sich der Bescheid als offensichtlich rechtwidrig oder zumindest als mit ernstlichen Zweifel behaftet darstellt oder aber andere gewichtige Gründe in der Abwägung des privaten Suspensivinteresses mit dem öffentlichen Vollzugsinteresse einer sofortigen Vollziehung entgegenstehen, ist eine Anordnung der aufschiebenden Wirkung geboten. Diese Voraussetzungen sind indessen im vorliegenden Fall nicht erfüllt:
a) Zunächst sind die angefochtenen Bescheide der Antragsgegnerin nach der im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes allein möglichen summarischen Prüfung weder offensichtlich rechtswidrig noch mit gravierenden Zweifeln behaftet, sie stellen sich andererseits aber auch nicht als offensichtlich rechtmäßig dar. Vielmehr muss in einem Verfahren der Hauptsache eine eingehende Prüfung erfolgen, ob das der Antragstellerin unterbreitete Arbeitsangebot tatsächlich zumutbar war oder ob eine Verweigerung einer Arbeitsaufnahme in zulässiger Weise erfolgte. Dies setzt jedoch eine eingehende Sachaufklärung mit voraussichtlicher Beweisaufnahme voraus, die im Rahmen des einstweiligen Rechtsschutzes nicht stattfinden kann. Vor diesem Hintergrund erscheint das Verfahren in der Hauptsache als allenfalls offen, was nach den vorgenannten Grundsätzen im Regelfalle nicht dazu führen kann, die aufschiebende Wirkung anzuordnen.
b) Im vorliegenden Falle besteht auch nicht ausnahmsweise ein besonderes Suspensivinteresse der Antragstellerin. Wie die Antragsgegnerin auf Anforderung des Gerichts im Einzelnen aufgeschlüsselt und mitgeteilt hat, haben sowohl die Antragstellerin als auch ihr Ehemann in der Zeit ab dem 14. Februar 2008 keinerlei Geldleistungen durch den Antragsgegner mehr erhalten, sondern nur noch Wertgutscheine, die jeweils wöchentlich ausgegeben wurden und im Nennbetrag zwischen 9,00 Euro und 28,00 Euro schwankten. Die vollständige Einstellung von Geldzahlungen durch die Antragsgegnerin ab dem 14. Februar 2008 wurde jedoch nicht durch die hier streitbefangenen Bescheide unmittelbar ausgelöst, sondern erst durch das Hinzutreten weiterer Sanktionsbescheide, die nicht Gegenstand des vorliegenden Verfahrens sind. Gegen diese weiteren Sanktionsbescheide sind gesonderte Rechtsschutzmöglichkeiten eröffnet. Erst in diesen gesonderten Verfahren, gegebenenfalls auch solchen des einstweiligen Rechtsschutzes, ist zu prüfen, ob die weiteren Bescheide und die auf ihnen beruhende vollständige Zahlungseinstellung durch die Antragsgegnerin eine gesonderte Interessenabwägung des Inhalts auslösen müssen, dass ausnahmsweise das private Suspensivinteresse der Antragstellerin das öffentliche Vollzugsinteresse überwiegt. Diese Interessenabwägung ist jedoch nicht im vorliegenden Verfahren anzustellen, weil hier allein eine deutlich geringere Kürzung als Verfahrensgegenstand vorliegt. So wurde etwa im Monat Dezember 2007 der Gesamtbedarf der Antragstellerin und ihres Ehemannes von 931,42 EUR auf 650,42 EUR und im Monat Januar 2008 von 941,05 EUR auf 660,05 EUR gekürzt, was dazu führte, dass der Antragstellerin und ihrem Ehemann für diese beiden Monate sowie knapp die erste Februarhälfte immer noch mehr als 2/3 ihrer Gesamteinkünfte verblieben. Hierin sieht der Senat für sich genommen noch keine so weit reichende soziale Härte, dass ausnahmsweise vom Vorrang des öffentlichen Vollzugsinteresse abzuweichen ist.
c) Hinzu kommt, dass die vorliegend streitbefangenen Sanktionsbescheide einen inzwischen abgelaufenen Zeitraum vom 1. Dezember 2007 bis zum 29. Februar 2008 betreffen. So ist im Grundsatz davon auszugehen, dass bei belastenden Verwaltungsakten, die ausschließlich vergangene Zeiträume zum Gegenstand haben, in aller Regel das Suspensivinteresse des Antragstellers deutlich niedriger wiegt als das öffentlich Vollzugsinteresse des Antragsgegners. Davon ist vorliegend auch nicht deswegen abzuweichen, weil durch das Hinzutreten weiterer, vorliegend nicht streitbefangener Sanktionen ein massiver finanzieller Einschnitt ausgelöst ist, der bis in die Gegenwart fortwirkt. Zwar bilden die vorliegend streitbefangenen Bescheide sowohl in tatsächlicher als auch in rechtlicher Hinsicht die Grundlage für weitere Sanktionsbescheide, die gemäß § 31 Abs. 3 SGB II zur vollständigen Leistungsabsenkung führen können. Jedoch ist die Antragstellerin insoweit auf den Rechtsschutz gegen die folgenden Sanktionsbescheide zu verweisen. Erst gegebenenfalls in diesen Rechtsschutzverfahren wird zu prüfen sein, ob sich eine andere Gewichtung der Interessen ergibt, die gegebenenfalls zu einem Vorrang des Suspensivinteresses der Antragstellerin führen kann. Hierbei wird auch zu berücksichtigen sein, dass der Senat die Erfolgsaussichten der Klage der Antragstellerin gegen die vorliegend streitbefangenen Bescheide bereits als offen beurteilt und insoweit Zweifel begründet sein können, ob gegebenenfalls weitere Sanktionsbescheide überhaupt auf den vorliegend streitbefangenen Bescheiden fußen können. Zudem kann sich dann die soziale Härte, durch die die Antragstellerin seit dem 14. Februar 2008 betroffen ist und die erst durch die neuen Sanktionsbescheide ausgelöst wurde, als so schwerwiegend darstellen, dass dann – in Verfahren gegen die weiteren Sanktionsbescheide – möglicherweise die aufschiebende Wirkung von Rechtsbehelfen der Antragstellerin anzuordnen ist. Das vorliegende Verfahren bleibt hiervon indessen unberührt.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG analog und entspricht dem Ausgang des Verfahrens in der Sache selbst.
Dieser Beschluss ist gemäß § 177 SGG nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht anfechtbar.
Gründe:
Die Beschwerde ist zulässig gemäß §§ 172, 173 Sozialgerichtsgesetz (SGG), sie ist jedoch nicht begründet, denn die aufschiebende Wirkung der Klage der Antragstellerin gegen die angefochtenen Bescheide ist nicht anzuordnen.
1. Rechtsgrundlage der Entscheidung des Senats ist § 86 b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG. Hiernach kann das Gericht in den Fällen, in denen – wie vorliegend – die Anfechtungsklage keine aufschiebende Wirkung hat, die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anordnen. Die sofortige Vollziehbarkeit der Anfechtungsklage entfällt vorliegend zunächst kraft Gesetzes gemäß § 39 Nr. 1 Sozialgesetzbuch/Zweites Buch (SGB II), weil vorliegend ein Sanktionsbescheid gegeben ist, der als belastender Verwaltungsakt über Leistungen der Grundsicherung für Arbeitssuchende entscheidet. In diesem Falle gebietet es grundsätzlich die gesetzgeberische Wertung, den Bescheid zu vollziehen. Nur dann, wenn entweder sich der Bescheid als offensichtlich rechtwidrig oder zumindest als mit ernstlichen Zweifel behaftet darstellt oder aber andere gewichtige Gründe in der Abwägung des privaten Suspensivinteresses mit dem öffentlichen Vollzugsinteresse einer sofortigen Vollziehung entgegenstehen, ist eine Anordnung der aufschiebenden Wirkung geboten. Diese Voraussetzungen sind indessen im vorliegenden Fall nicht erfüllt:
a) Zunächst sind die angefochtenen Bescheide der Antragsgegnerin nach der im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes allein möglichen summarischen Prüfung weder offensichtlich rechtswidrig noch mit gravierenden Zweifeln behaftet, sie stellen sich andererseits aber auch nicht als offensichtlich rechtmäßig dar. Vielmehr muss in einem Verfahren der Hauptsache eine eingehende Prüfung erfolgen, ob das der Antragstellerin unterbreitete Arbeitsangebot tatsächlich zumutbar war oder ob eine Verweigerung einer Arbeitsaufnahme in zulässiger Weise erfolgte. Dies setzt jedoch eine eingehende Sachaufklärung mit voraussichtlicher Beweisaufnahme voraus, die im Rahmen des einstweiligen Rechtsschutzes nicht stattfinden kann. Vor diesem Hintergrund erscheint das Verfahren in der Hauptsache als allenfalls offen, was nach den vorgenannten Grundsätzen im Regelfalle nicht dazu führen kann, die aufschiebende Wirkung anzuordnen.
b) Im vorliegenden Falle besteht auch nicht ausnahmsweise ein besonderes Suspensivinteresse der Antragstellerin. Wie die Antragsgegnerin auf Anforderung des Gerichts im Einzelnen aufgeschlüsselt und mitgeteilt hat, haben sowohl die Antragstellerin als auch ihr Ehemann in der Zeit ab dem 14. Februar 2008 keinerlei Geldleistungen durch den Antragsgegner mehr erhalten, sondern nur noch Wertgutscheine, die jeweils wöchentlich ausgegeben wurden und im Nennbetrag zwischen 9,00 Euro und 28,00 Euro schwankten. Die vollständige Einstellung von Geldzahlungen durch die Antragsgegnerin ab dem 14. Februar 2008 wurde jedoch nicht durch die hier streitbefangenen Bescheide unmittelbar ausgelöst, sondern erst durch das Hinzutreten weiterer Sanktionsbescheide, die nicht Gegenstand des vorliegenden Verfahrens sind. Gegen diese weiteren Sanktionsbescheide sind gesonderte Rechtsschutzmöglichkeiten eröffnet. Erst in diesen gesonderten Verfahren, gegebenenfalls auch solchen des einstweiligen Rechtsschutzes, ist zu prüfen, ob die weiteren Bescheide und die auf ihnen beruhende vollständige Zahlungseinstellung durch die Antragsgegnerin eine gesonderte Interessenabwägung des Inhalts auslösen müssen, dass ausnahmsweise das private Suspensivinteresse der Antragstellerin das öffentliche Vollzugsinteresse überwiegt. Diese Interessenabwägung ist jedoch nicht im vorliegenden Verfahren anzustellen, weil hier allein eine deutlich geringere Kürzung als Verfahrensgegenstand vorliegt. So wurde etwa im Monat Dezember 2007 der Gesamtbedarf der Antragstellerin und ihres Ehemannes von 931,42 EUR auf 650,42 EUR und im Monat Januar 2008 von 941,05 EUR auf 660,05 EUR gekürzt, was dazu führte, dass der Antragstellerin und ihrem Ehemann für diese beiden Monate sowie knapp die erste Februarhälfte immer noch mehr als 2/3 ihrer Gesamteinkünfte verblieben. Hierin sieht der Senat für sich genommen noch keine so weit reichende soziale Härte, dass ausnahmsweise vom Vorrang des öffentlichen Vollzugsinteresse abzuweichen ist.
c) Hinzu kommt, dass die vorliegend streitbefangenen Sanktionsbescheide einen inzwischen abgelaufenen Zeitraum vom 1. Dezember 2007 bis zum 29. Februar 2008 betreffen. So ist im Grundsatz davon auszugehen, dass bei belastenden Verwaltungsakten, die ausschließlich vergangene Zeiträume zum Gegenstand haben, in aller Regel das Suspensivinteresse des Antragstellers deutlich niedriger wiegt als das öffentlich Vollzugsinteresse des Antragsgegners. Davon ist vorliegend auch nicht deswegen abzuweichen, weil durch das Hinzutreten weiterer, vorliegend nicht streitbefangener Sanktionen ein massiver finanzieller Einschnitt ausgelöst ist, der bis in die Gegenwart fortwirkt. Zwar bilden die vorliegend streitbefangenen Bescheide sowohl in tatsächlicher als auch in rechtlicher Hinsicht die Grundlage für weitere Sanktionsbescheide, die gemäß § 31 Abs. 3 SGB II zur vollständigen Leistungsabsenkung führen können. Jedoch ist die Antragstellerin insoweit auf den Rechtsschutz gegen die folgenden Sanktionsbescheide zu verweisen. Erst gegebenenfalls in diesen Rechtsschutzverfahren wird zu prüfen sein, ob sich eine andere Gewichtung der Interessen ergibt, die gegebenenfalls zu einem Vorrang des Suspensivinteresses der Antragstellerin führen kann. Hierbei wird auch zu berücksichtigen sein, dass der Senat die Erfolgsaussichten der Klage der Antragstellerin gegen die vorliegend streitbefangenen Bescheide bereits als offen beurteilt und insoweit Zweifel begründet sein können, ob gegebenenfalls weitere Sanktionsbescheide überhaupt auf den vorliegend streitbefangenen Bescheiden fußen können. Zudem kann sich dann die soziale Härte, durch die die Antragstellerin seit dem 14. Februar 2008 betroffen ist und die erst durch die neuen Sanktionsbescheide ausgelöst wurde, als so schwerwiegend darstellen, dass dann – in Verfahren gegen die weiteren Sanktionsbescheide – möglicherweise die aufschiebende Wirkung von Rechtsbehelfen der Antragstellerin anzuordnen ist. Das vorliegende Verfahren bleibt hiervon indessen unberührt.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG analog und entspricht dem Ausgang des Verfahrens in der Sache selbst.
Dieser Beschluss ist gemäß § 177 SGG nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht anfechtbar.
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