Land
Hessen
Sozialgericht
Hessisches LSG
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
8
1. Instanz
SG Frankfurt (HES)
Aktenzeichen
S 9 Kr 62/78
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 8 Kr 806/79
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 27. April 1979 aufgehoben und die Klage abgewiesen.
II. Die Beteiligten haben einander keine außergerichtlichen Kosten zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um die Gewährung von Krankengeld für die Zeit vom 1. Mai bis zum 9. August 1977.
Die im Jahre 1946 geborene Klägerin ist jugoslawische Staatsangehörige. Ihr Beschäftigungsverhältnis bei der Firma N. (Kaufhaus S.) endete am 30. April 1977. Bereits am 29. März 1977 wurde sie in ihrer jugoslawischen Heimat, in die sie zurückgekehrt war, wegen Lumbal- und Cervikalsyndroms arbeitsunfähig krankgeschrieben. Wiederholt zeigte die kommunale Sozialversicherungsanstalt in Novi Sad (Jugoslawien) nach dem deutsch-jugoslawischen Abkommen über soziale Sicherheit eine bestehende Arbeitsunfähigkeit der Klägerin an, zuletzt am 1. August 1977 bis zum 9. August 1977. Auf die Aufforderung der Beklagten, welche Maßnahmen (fachärztliche Behandlung, stationäre Behandlung, Röntgenaufnahmen etc.) veranlaßt worden seien, übersandte der jugoslawische Versicherungsträger ärztliche Befundunterlagen einschließlich eines EKG-Streifens im Original. In Auswertung dieser Unterlagen kam Dr. C. (Sozialärztliche Dienststelle ) am 6. Dezember 1977 zu der Auffassung, daß die krankheitsbedingte Arbeitsunfähigkeit allenfalls bis zum 30. April 1977 gedauert habe.
Hierauf lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 19. Dezember 1977 die Gewährung von Krankengeld ab. Die Arbeitsunfähigkeit habe nur bis zum 30. April 1977 bestanden. Bis dahin sei aber der Lohn fortgezahlt worden.
Gegen diesen Bescheid legte die Klägerin bei der Beklagten am 20. Januar 1978 Widerspruch ein, Obwohl das Beschäftigung Verhältnis am 30. April 1977 geendet habe, habe sie mangels Unterbrechung Anspruch auf das Krankengeld. Das ergebe sich auch aus den vollständig vorgelegten Unterlagen des jugoslawischen Versicherungsträgers. Die Beklagte wies mit Bescheid vom 6. Februar 1978 den Widerspruch aus den Gründen des angefochtenen Bescheides zurück.
Auf die am 16. Februar 1978 erhobene Klage hat das Sozialgericht Frankfurt am Main – SG – am 27. April 1979 die angefochtenen Bescheide aufgehoben und die Beklagte verurteilt, der Klägerin vom 1. Mai bis zum 9. August 1977 Krankengeld in gesetzlicher Höhe zu zahlen und zur Begründung ausgeführt: Die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen jugoslawischer Ärzte gäben keinen Anlaß zur Annahme begründeter Zweifel an ihrer Richtigkeit, da sie unstreitig Befunde, Diagnosen und einschneidende Untersuchungsergebnisse enthielten. Die vertrauensärztliche Beurteilung des Dr. C. sei nicht geeignet, solche Zweifel zu begründen. Sie sei ohne eigene Untersuchung und nur aufgrund der jugoslawischen Untersuchungsergebnisse erstattet. Schließlich müsse der Beklagten deutlich gemacht werden, daß das Abkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und Jugoslawien über soziale Sicherheit keine Regelungen enthalte, die ihr das Recht einräume, die durch die jugoslawischen Ärzte festgestellte Arbeitsunfähigkeit zu überprüfen bzw. neu festzustellen. Vielmehr sei nach § 369 b Reichsversicherungsordnung – RVO – grundsätzlich von der Gültigkeit der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen auszugehen.
Gegen dieses ihr am 17. Juli 1979 zugestellte Urteil hat die Beklagte bei dem Hessischen Landessozialgericht schriftlich am 20. Juli 1979 Berufung eingelegt. Sie bringt zu ihrer Begründung vor: Die Auffassung des SG, daß sie nach dem Abkommen nicht befugt sei, das Vorliegen der Arbeitsunfähigkeit selbst zu überprüfen, sei rechtsirrig. Beginn und Dauer der Arbeitsunfähigkeit seien vom Versicherten zu beweisen. Dieser Beweis könne von der Klägerin für die Zeit ab dem 1. Mai 1977 aufgrund der vorgelegten jugoslawischen Unterlagen nicht geführt werden.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 27. April 1979 aufzuheben und die Klage abzuweisen,
hilfsweise,
die Revision zuzulassen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Verwaltungs- und Streitakten verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Der Senat konnte im Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entscheiden (§ 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz – SGG –).
Die mangels Vorliegens von Berufungsausschließungsgründen statthafte Berufung ist frist- und formgerecht eingelegt und daher zulässig (§§ 143, 144, 151 Abs. 1 SGG).
Sie ist auch begründet. Das auf die zulässige Klage ergangene sozialgerichtliche Urteil konnte nicht aufrecht erhalten bleiben, da das SG ihr zu Unrecht stattgegeben hat. Der Bescheid vom 19. Dezember 1977 in der Gestalt des Widerspruchbescheides vom 6. Februar 1978 (§ 95 SGG) ist nicht rechtswidrig. Die Klägerin hat für die Zeit vom 1. Mai bis zum 9. August 1977 keinen Anspruch auf die Gewährung von Krankengeld, da für diesen Zeitraum keine Arbeitsunfähigkeit bestand (§ 182 Abs. 1 Nr. 2 RVO).
Zutreffend ist allerdings das SG zunächst davon ausgegangen, daß für den geltend gemachten Krankengeldanspruch der Klägerin, die jugoslawische Staatsangehörige ist und nach ihrer Rückkehr in ihre Heimat erkrankte, deutsches Recht anzuwenden ist. Jugoslawische Staatsangehörige sind den Deutschen gleichgestellt (Art. 3, 4 Abs. 1 des Abkommens zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der sozialistischen föderativen Republik Jugoslawien über soziale Sicherheit vom 12. Oktober 1968 i.d.F. des dazu ergangenen Gesetzes vom 29. Juli 1969 (BGBl. II 1969 Nr. 50 S. 1437)). Die Einschränkungen, die Art. 14 Abs. 1 des Abkommens für den Bereich der Krankenversicherung machen, treffen auf die Klägerin nicht zu. Der Versicherungsfall ist nicht vor der Verlegung des Aufenthalts nach Jugoslawien eingetreten; die Klägerin hält sich dort auch nicht vorübergehend auf. Auch ist der Versicherungsfall nicht nach dem Ausscheiden aus der Versicherung eingetreten. Nach § 182 Abs. 1 Nr. 2 S. 1 RVO wird Krankengeld als Teil der Krankenhilfe gewährt, wenn die Krankheit den Versicherten arbeitsunfähig macht. Nach der Rechtsprechung des Senats und des Bundessozialgerichts ist Voraussetzung für die Zahlung von Krankengeld, daß Arbeitsunfähigkeit festgestellt wurde. Es ist dann nicht zu gewähren, wenn es für eine Zeit der Arbeitsunfähigkeit im Ausland geltend gemacht wird und ernsthafte Zweifel an der im Ausland ärztlich festgestellten Arbeitsunfähigkeit bestehen (vgl. BSG, Urt. v. 19.3.70 – 5 RKn 47/67 – in KVRS 2310/10; Hess. LSG, Urt. v. 26.12.1979 – L-8/Kr-1458/78 – u.v. 9.7.80 – L-8/Kr-1111/79 –). Die Arbeitsunfähigkeit ist ein Rechtsbegriff, dessen medizinische Voraussetzungen der Arzt lediglich festzustellen hat. Es ist Sache des Versicherungsträgers und der im Rechtsstreit damit befaßten Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit dazu Feststellungen zu treffen, ob die objektiven medizinischen Befunde den Rechtsbegriff der Arbeitsunfähigkeit ausfüllen. Das Attest mit der ärztlichen Feststellung der Arbeitsunfähigkeit hat daher lediglich die Bedeutung eines medizinischen Gutachtens, das die Grundlage für den über den Krankengeldbezug zu erteilenden Verwaltungsakt des Versicherungsträgers (Krankenkasse) bildet. Würde die ärztliche Feststellung eine uneingeschränkt bindende Wirkung auslösen, so wären bei der Anfechtung des Bescheides über das Krankengeld sowohl der Versicherungsträger als auch die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit unzulässig gebunden (vgl. BSG a.a.O. u. Urt. v. 24.2.1976 – 5 RKn 26/75 –; Hess. LSG a.a.O.; Peters, Handbuch der Krankenversicherung, Anm. 13b zu § 182 RVO). Dies gilt auch im Verhältnis zu Jugoslawien. Das Abkommen sieht keine abweichenden Regelungen zum geltenden innerstaatlichen Recht vor, insbesondere nicht eine Bindung des deutschen Krankenversicherungsträgers an Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen des jugoslawischen Versicherungsträgers.
Nach diesen Grundsätzen ergeben sich nach den von der Klägerin für die Zeit vom 1. Mai bis zum 9. August 1977 geltend gemachten Krankengeldanspruch keine objektiv erhobenen Befunde, die die Annahme der Arbeitsunfähigkeit rechtfertigen. Dem stehen die im Verwaltungsverfahren vorgelegten ärztlichen Bescheinigungen und die Mitteilungen des jugoslawischen Versicherungsträgers über die Arbeitsunfähigkeit ebenso wenig entgegen wie die Annahme des SG, daß diese Unterlagen unstreitig "Befunde und Diagnosen über die Krankheit der Klägerin so wie einschneidende Untersuchungsergebnisse” enthielten. Damit hat das SG keine ausreichenden Feststellungen dazu getroffen, ob die mitgeteilten Befunde die Annahme der Arbeitsunfähigkeit auch rechtfertigen. Die bloße Angabe von Diagnosen und von einzelnen Befunden besagt nichts darüber, ob Arbeitsunfähigkeit vorliegt. Vielmehr hat dazu die Feststellung der entscheidungserheblichen Tatsachen und die anschließende Würdigung derselben zu erfolgen. Beides hat das SG unterlassen. Weder hat es dargelegt, woraus auf "einschneidende Untersuchungsergebnisse” geschlossen werden kann noch sind von ihm solche gewürdigt worden. Nach dem Gesamtergebnis des Verfahrens sieht der Senat hingegen lediglich als erwiesen an, daß bei der Klägerin in der Zeit vom 29. März bis zum 9. August 1977 nur einmal ein krankhafter Befund erhoben worden ist, nämlich der Urinbefund am 5. April 1977. Daraus allein und aus den sonstigen Befunden ergeben sich aber keine Anhaltspunkte für das Vorliegen krankheitsbedingter Arbeitsunfähigkeit. Das folgt aus den vom jugoslawischen Versicherungsträger in Novi Sad vorgelegten ärztlichen Unterlagen. Zu dieser Auffassung ist auch der Vertrauensarzt bei der Sozialärztlichen Dienststelle in Dr. C. am 6. Dezember 1977 gelangt, den die Beklagte gemäß § 369 b Abs. 1 Nr. 2 RVO gutachtlich angehört hat. Diese gutachtliche Stellungnahme verliert nicht etwa deswegen an Beweiskraft, weil sie nicht aufgrund einer eigenen körperlichen Untersuchung erstattet worden ist. Dazu verpflichtet § 369 b Abs. 1 Nr. 2 RVO nicht. Vielmehr genügt auch die Einholung eines Gutachtens nach Aktenlage jedenfalls dann, wenn alle erreichbaren objektiv erhobenen Befunde ausgewertet werden sollen. Das ist hier der Fall. Zusätzliche, eine krankheitsbedingte Arbeitsunfähigkeit belegende Unterlagen kann die Klägerin nicht vorlegen. Sie können auch nicht von dem jugoslawischen Versicherungsträger erlangt werden, da dieser die dokumentierten Befunde vollständig übersandt hat. Das ist von ihm im Schreiben vom 11. Oktober 1977, aber auch von der Klägerin selbst sowohl im Verwaltungsverfahren wie auch im gerichtlichen Verfahren wiederholt, erklärt worden.
Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 193, 160 SGG.
II. Die Beteiligten haben einander keine außergerichtlichen Kosten zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um die Gewährung von Krankengeld für die Zeit vom 1. Mai bis zum 9. August 1977.
Die im Jahre 1946 geborene Klägerin ist jugoslawische Staatsangehörige. Ihr Beschäftigungsverhältnis bei der Firma N. (Kaufhaus S.) endete am 30. April 1977. Bereits am 29. März 1977 wurde sie in ihrer jugoslawischen Heimat, in die sie zurückgekehrt war, wegen Lumbal- und Cervikalsyndroms arbeitsunfähig krankgeschrieben. Wiederholt zeigte die kommunale Sozialversicherungsanstalt in Novi Sad (Jugoslawien) nach dem deutsch-jugoslawischen Abkommen über soziale Sicherheit eine bestehende Arbeitsunfähigkeit der Klägerin an, zuletzt am 1. August 1977 bis zum 9. August 1977. Auf die Aufforderung der Beklagten, welche Maßnahmen (fachärztliche Behandlung, stationäre Behandlung, Röntgenaufnahmen etc.) veranlaßt worden seien, übersandte der jugoslawische Versicherungsträger ärztliche Befundunterlagen einschließlich eines EKG-Streifens im Original. In Auswertung dieser Unterlagen kam Dr. C. (Sozialärztliche Dienststelle ) am 6. Dezember 1977 zu der Auffassung, daß die krankheitsbedingte Arbeitsunfähigkeit allenfalls bis zum 30. April 1977 gedauert habe.
Hierauf lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 19. Dezember 1977 die Gewährung von Krankengeld ab. Die Arbeitsunfähigkeit habe nur bis zum 30. April 1977 bestanden. Bis dahin sei aber der Lohn fortgezahlt worden.
Gegen diesen Bescheid legte die Klägerin bei der Beklagten am 20. Januar 1978 Widerspruch ein, Obwohl das Beschäftigung Verhältnis am 30. April 1977 geendet habe, habe sie mangels Unterbrechung Anspruch auf das Krankengeld. Das ergebe sich auch aus den vollständig vorgelegten Unterlagen des jugoslawischen Versicherungsträgers. Die Beklagte wies mit Bescheid vom 6. Februar 1978 den Widerspruch aus den Gründen des angefochtenen Bescheides zurück.
Auf die am 16. Februar 1978 erhobene Klage hat das Sozialgericht Frankfurt am Main – SG – am 27. April 1979 die angefochtenen Bescheide aufgehoben und die Beklagte verurteilt, der Klägerin vom 1. Mai bis zum 9. August 1977 Krankengeld in gesetzlicher Höhe zu zahlen und zur Begründung ausgeführt: Die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen jugoslawischer Ärzte gäben keinen Anlaß zur Annahme begründeter Zweifel an ihrer Richtigkeit, da sie unstreitig Befunde, Diagnosen und einschneidende Untersuchungsergebnisse enthielten. Die vertrauensärztliche Beurteilung des Dr. C. sei nicht geeignet, solche Zweifel zu begründen. Sie sei ohne eigene Untersuchung und nur aufgrund der jugoslawischen Untersuchungsergebnisse erstattet. Schließlich müsse der Beklagten deutlich gemacht werden, daß das Abkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und Jugoslawien über soziale Sicherheit keine Regelungen enthalte, die ihr das Recht einräume, die durch die jugoslawischen Ärzte festgestellte Arbeitsunfähigkeit zu überprüfen bzw. neu festzustellen. Vielmehr sei nach § 369 b Reichsversicherungsordnung – RVO – grundsätzlich von der Gültigkeit der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen auszugehen.
Gegen dieses ihr am 17. Juli 1979 zugestellte Urteil hat die Beklagte bei dem Hessischen Landessozialgericht schriftlich am 20. Juli 1979 Berufung eingelegt. Sie bringt zu ihrer Begründung vor: Die Auffassung des SG, daß sie nach dem Abkommen nicht befugt sei, das Vorliegen der Arbeitsunfähigkeit selbst zu überprüfen, sei rechtsirrig. Beginn und Dauer der Arbeitsunfähigkeit seien vom Versicherten zu beweisen. Dieser Beweis könne von der Klägerin für die Zeit ab dem 1. Mai 1977 aufgrund der vorgelegten jugoslawischen Unterlagen nicht geführt werden.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 27. April 1979 aufzuheben und die Klage abzuweisen,
hilfsweise,
die Revision zuzulassen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Verwaltungs- und Streitakten verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Der Senat konnte im Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entscheiden (§ 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz – SGG –).
Die mangels Vorliegens von Berufungsausschließungsgründen statthafte Berufung ist frist- und formgerecht eingelegt und daher zulässig (§§ 143, 144, 151 Abs. 1 SGG).
Sie ist auch begründet. Das auf die zulässige Klage ergangene sozialgerichtliche Urteil konnte nicht aufrecht erhalten bleiben, da das SG ihr zu Unrecht stattgegeben hat. Der Bescheid vom 19. Dezember 1977 in der Gestalt des Widerspruchbescheides vom 6. Februar 1978 (§ 95 SGG) ist nicht rechtswidrig. Die Klägerin hat für die Zeit vom 1. Mai bis zum 9. August 1977 keinen Anspruch auf die Gewährung von Krankengeld, da für diesen Zeitraum keine Arbeitsunfähigkeit bestand (§ 182 Abs. 1 Nr. 2 RVO).
Zutreffend ist allerdings das SG zunächst davon ausgegangen, daß für den geltend gemachten Krankengeldanspruch der Klägerin, die jugoslawische Staatsangehörige ist und nach ihrer Rückkehr in ihre Heimat erkrankte, deutsches Recht anzuwenden ist. Jugoslawische Staatsangehörige sind den Deutschen gleichgestellt (Art. 3, 4 Abs. 1 des Abkommens zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der sozialistischen föderativen Republik Jugoslawien über soziale Sicherheit vom 12. Oktober 1968 i.d.F. des dazu ergangenen Gesetzes vom 29. Juli 1969 (BGBl. II 1969 Nr. 50 S. 1437)). Die Einschränkungen, die Art. 14 Abs. 1 des Abkommens für den Bereich der Krankenversicherung machen, treffen auf die Klägerin nicht zu. Der Versicherungsfall ist nicht vor der Verlegung des Aufenthalts nach Jugoslawien eingetreten; die Klägerin hält sich dort auch nicht vorübergehend auf. Auch ist der Versicherungsfall nicht nach dem Ausscheiden aus der Versicherung eingetreten. Nach § 182 Abs. 1 Nr. 2 S. 1 RVO wird Krankengeld als Teil der Krankenhilfe gewährt, wenn die Krankheit den Versicherten arbeitsunfähig macht. Nach der Rechtsprechung des Senats und des Bundessozialgerichts ist Voraussetzung für die Zahlung von Krankengeld, daß Arbeitsunfähigkeit festgestellt wurde. Es ist dann nicht zu gewähren, wenn es für eine Zeit der Arbeitsunfähigkeit im Ausland geltend gemacht wird und ernsthafte Zweifel an der im Ausland ärztlich festgestellten Arbeitsunfähigkeit bestehen (vgl. BSG, Urt. v. 19.3.70 – 5 RKn 47/67 – in KVRS 2310/10; Hess. LSG, Urt. v. 26.12.1979 – L-8/Kr-1458/78 – u.v. 9.7.80 – L-8/Kr-1111/79 –). Die Arbeitsunfähigkeit ist ein Rechtsbegriff, dessen medizinische Voraussetzungen der Arzt lediglich festzustellen hat. Es ist Sache des Versicherungsträgers und der im Rechtsstreit damit befaßten Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit dazu Feststellungen zu treffen, ob die objektiven medizinischen Befunde den Rechtsbegriff der Arbeitsunfähigkeit ausfüllen. Das Attest mit der ärztlichen Feststellung der Arbeitsunfähigkeit hat daher lediglich die Bedeutung eines medizinischen Gutachtens, das die Grundlage für den über den Krankengeldbezug zu erteilenden Verwaltungsakt des Versicherungsträgers (Krankenkasse) bildet. Würde die ärztliche Feststellung eine uneingeschränkt bindende Wirkung auslösen, so wären bei der Anfechtung des Bescheides über das Krankengeld sowohl der Versicherungsträger als auch die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit unzulässig gebunden (vgl. BSG a.a.O. u. Urt. v. 24.2.1976 – 5 RKn 26/75 –; Hess. LSG a.a.O.; Peters, Handbuch der Krankenversicherung, Anm. 13b zu § 182 RVO). Dies gilt auch im Verhältnis zu Jugoslawien. Das Abkommen sieht keine abweichenden Regelungen zum geltenden innerstaatlichen Recht vor, insbesondere nicht eine Bindung des deutschen Krankenversicherungsträgers an Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen des jugoslawischen Versicherungsträgers.
Nach diesen Grundsätzen ergeben sich nach den von der Klägerin für die Zeit vom 1. Mai bis zum 9. August 1977 geltend gemachten Krankengeldanspruch keine objektiv erhobenen Befunde, die die Annahme der Arbeitsunfähigkeit rechtfertigen. Dem stehen die im Verwaltungsverfahren vorgelegten ärztlichen Bescheinigungen und die Mitteilungen des jugoslawischen Versicherungsträgers über die Arbeitsunfähigkeit ebenso wenig entgegen wie die Annahme des SG, daß diese Unterlagen unstreitig "Befunde und Diagnosen über die Krankheit der Klägerin so wie einschneidende Untersuchungsergebnisse” enthielten. Damit hat das SG keine ausreichenden Feststellungen dazu getroffen, ob die mitgeteilten Befunde die Annahme der Arbeitsunfähigkeit auch rechtfertigen. Die bloße Angabe von Diagnosen und von einzelnen Befunden besagt nichts darüber, ob Arbeitsunfähigkeit vorliegt. Vielmehr hat dazu die Feststellung der entscheidungserheblichen Tatsachen und die anschließende Würdigung derselben zu erfolgen. Beides hat das SG unterlassen. Weder hat es dargelegt, woraus auf "einschneidende Untersuchungsergebnisse” geschlossen werden kann noch sind von ihm solche gewürdigt worden. Nach dem Gesamtergebnis des Verfahrens sieht der Senat hingegen lediglich als erwiesen an, daß bei der Klägerin in der Zeit vom 29. März bis zum 9. August 1977 nur einmal ein krankhafter Befund erhoben worden ist, nämlich der Urinbefund am 5. April 1977. Daraus allein und aus den sonstigen Befunden ergeben sich aber keine Anhaltspunkte für das Vorliegen krankheitsbedingter Arbeitsunfähigkeit. Das folgt aus den vom jugoslawischen Versicherungsträger in Novi Sad vorgelegten ärztlichen Unterlagen. Zu dieser Auffassung ist auch der Vertrauensarzt bei der Sozialärztlichen Dienststelle in Dr. C. am 6. Dezember 1977 gelangt, den die Beklagte gemäß § 369 b Abs. 1 Nr. 2 RVO gutachtlich angehört hat. Diese gutachtliche Stellungnahme verliert nicht etwa deswegen an Beweiskraft, weil sie nicht aufgrund einer eigenen körperlichen Untersuchung erstattet worden ist. Dazu verpflichtet § 369 b Abs. 1 Nr. 2 RVO nicht. Vielmehr genügt auch die Einholung eines Gutachtens nach Aktenlage jedenfalls dann, wenn alle erreichbaren objektiv erhobenen Befunde ausgewertet werden sollen. Das ist hier der Fall. Zusätzliche, eine krankheitsbedingte Arbeitsunfähigkeit belegende Unterlagen kann die Klägerin nicht vorlegen. Sie können auch nicht von dem jugoslawischen Versicherungsträger erlangt werden, da dieser die dokumentierten Befunde vollständig übersandt hat. Das ist von ihm im Schreiben vom 11. Oktober 1977, aber auch von der Klägerin selbst sowohl im Verwaltungsverfahren wie auch im gerichtlichen Verfahren wiederholt, erklärt worden.
Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 193, 160 SGG.
Rechtskraft
Aus
Login
HES
Saved