Land
Hessen
Sozialgericht
Hessisches LSG
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
8
1. Instanz
SG Frankfurt (HES)
Aktenzeichen
S 9 Kr 142/78
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 8 Kr 1042/80
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Für die Beitragsberechnung freiwillig versicherter Unternehmer sind die Privatentnahmen zugrunde zu legen, sofern diese höher sind, als der nach den allgemeinen Gewinnermittlungsvorschriften des Einkommensteuerrechts ermittelte Gewinn (Bilanzgewinn)
I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 20. Juni 1980 wird zurückgewiesen.
II. Die Beteiligten haben einander keine außergerichtlichen Kosten zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um die Höhe des vom Kläger zur Krankenversicherung zu entrichtenden Beitrags ab 1. Juli 1977.
Der Kläger ist Inhaber einer Bäckerei und seit 22. Juni 1966 freiwilliges Mitglied der Beklagten. Bis 30. Juni 1977 entrichtete er Beiträge nach der Lohnstufe 85 (Bemessungsgrundlage bis 2565,– DM monatlich), zuletzt in Höhe von 293,25 DM monatlich. Mit am 11. November 1977 bei der Beklagten eingegangenen Schreiben beantragte er die Rückstufung seines Beitrages ab 1. Juli 1977, weil seine Ehefrau seit dieser Zeit selbst freiwilliges Mitglied der Beklagten sei. Unter Zugrundelegung der in der Bilanz für das Jahr 1976 ausgewiesenen Privatentnahmen von 26.250,– DM setzte die Beklagte rückwirkend ab 1. Juli 1977 den Beitrag nach der Lohnstufe 73 mit monatlich 251,85 DM neu fest (formloser Bescheid vom 2. März 1978; förmlicher Bescheid vom 9. Mai 1978). Den Widerspruch des Klägers, mit dem er eine Beitragseinstufung nach dem Bilanzgewinn begehrte, wies sie durch Widerspruchsbescheid vom 4. August 1978 als unbegründet zurück, weil die Privatentnahmen höher als der Gewinn und deshalb als Einnahmen zum Lebensunterhalt maßgebend für die Ermittlung des Grundlohns (Lohnstufe) gemäß § 180 Abs. 4 Satz 1 Reichsversicherungsordnung (RVO) seien.
Die am 30. August 1978 erhobene Klage hat das Sozialgericht (SG) Frankfurt am Main durch Urteil vom 20. Juni 1980 aus den Gründen des angefochtenen Bescheides abgewiesen. Um Manipulationen vorzubeugen seien den Gewinn übersteigende Privatentnahmen in jedem Fall für die Bestimmung des Grundlohns heranzuziehen.
Gegen das ihm am 18. Juli 1980 zugestellte Urteil hat der Kläger am 18. August 1980 Berufung eingelegt. Er trägt vor: Richtige Bemessungsgrundlage sei der erzielte Gewerbeertrag, weil dieser dem Bruttoentgelt aus nichtselbständiger Tätigkeit entspreche. Die vom SG befürchteten Manipulationen seien gar nicht möglich, weil Privatentnahmen über den Gewerbegewinn hinaus auf Kosten des Kapitals gingen. Wenn der Grundlohn in einem Jahr nach dem Gewinn und im anderen Jahr nach den Privatentnahmen bemessen werde, würden zwangsläufig die gleichen Beträge teilweise doppelt erfaßt. Für ein statt der Entnahmen aufgenommenes Darlehen in Höhe des den Reingewinn übersteigenden Betrages müsse er auch keine Beiträge zahlen.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 20. Juni 1980 sowie die Bescheide der Beklagten vom 2. März 1978 und 9. Mai 1978 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 4. August 1978 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, die Beiträge ab 1. Juli 1977 unter Zugrundelegung der Bilanzgewinne neu festzustellen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den übrigen Akteninhalt, insbesondere auf den der Kassenakte und der Akten des Finanzamtes betreffend den Kläger, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die statthafte, form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig (§§ 143 ff., 151 Abs. 1 und 2 Sozialgerichtsgesetz – SGG –).
Sie ist jedoch unbegründet. Das SG und die Beklagte haben zutreffend entschieden, daß die Beiträge des Klägers ab 1. Juli 1977 nach den Privatentnahmen und nicht nach den Bilanzgewinnen zu berechnen waren.
Ausgangswert für die Beitragsberechnung ist der Grundlohn (§ 385 Abs. 1 Satz 1 1. Halbsatz RVO). Nach § 180 Abs. 4 Satz 1 RVO in der ab 1. Juli 1977 geltenden und daher anzuwendenden Fassung (Art. 1 § 1 Nr. 5 des Krankenversicherungs-Kostendämpfungsgesetzes – KVKG – vom 27. Juni 1977, BGBl. I 1069) gilt bei freiwillig Versicherten als Grundlohn der auf den Kalendertag entfallende Teil des Arbeitsentgelts und sonstiger Einnahmen zum Lebensunterhalt innerhalb eines Mindest- und eines Höchstwertes. Was unter dem Begriff der "sonstigen Einnahmen zum Lebensunterhalt” zu verstehen ist, ist im Gesetz selbst nicht näher bestimmt. Nach der Beschlussempfehlung des Bundestagsausschusses für Arbeit und Sozialordnung (BT-Drucks. 8/338 S. 60) umfaßt er alle wiederkehrende Bezüge und geldwerten Zuwendungen – unvermindert um gesetzliche Abzüge – die dem Versicherten zufließen. Sinn der Regelung ist es, alle die Einnahmen bei der Grundlohnermittlung zu berücksichtigen, die dem Versicherten zur Bestreitung seines allgemeinen Lebensunterhalts und des Unterhalts seiner Angehörigen zur Verfügung stehen, wobei es keine Rolle spielt, ob sie Steuer- und sozialversicherungspflichtig sind oder nicht (vgl. auch Urteile des Bundessozialgerichts vom 21. Oktober 1980 – 3 Rk 53/79 = SozR 2200 § 150 Nr. 5 und 3 Rk 13/80). Der Begriff der "Einnahmen zum Lebensunterhalt” ist folglich sehr viel weitgehender als der des Gesamteinkommens (§ 16 Sozialgesetzbuch – Gemeinsame Vorschriften – SGB IV –) oder des Arbeitseinkommens (§ 15 SGB IV), bei denen durch eine teilweise Angleichung an steuerrechtliche Vorschriften verschiedene Beträge außer Betracht bleiben können. Gesamteinkommen und Arbeitseinkommen sind (nur) Bestandteile der Einnahmen zum Lebensunterhalt. Insoweit ist die Auffassung des Klägers unzutreffend, daß allein das Arbeitseinkommen, d.h. der nach den allgemeinen Gewinnermittlungsvorschriften des Einkommenssteuerrechts ermittelte Gewinn im Sinne von § 4 Abs. 1 Einkommenssteuergesetz (EStG), Anknüpfungspunkt der Beitragsberechnung sein könne bzw. bei sachgerechter Behandlung sein müsse. In der Beschlussempfehlung des Bundestagsausschusses für Arbeit und Sozialordnung (a.a.O.) ist dazu besonders ausgeführt, daß zu den persönlichen Einnahmen z.B. die Einkünfte gehören, die der Unternehmer aus seinem Geschäftsbetrieb zur Bestreitung des Lebensunterhalts für sich und seine Familie erzielt oder entnimmt. Daraus ergibt sich, daß den steuerlich nachgewiesenen Einnahmen in jedem Fall die Entnahmen gegenüberzustellen sind und der jeweils höhere Betrag der Beitragsmessung zugrunde zulegen ist. Denn sind die Einnahmen höher als die tatsächlichen Entnahmen, so stehen sie dem Versicherten dennoch für seinen Lebensunterhalt zur Verfügung. Ist die Entnahme hingegen höher als die nachgewiesenen Einnahmen, so ändert dies nichts daran, daß der Versicherte davon seinen Lebensunterhalt bestritten hat. Allein dieses Verfahren gewährleistet, daß die Beiträge der freiwillig versicherten Selbständigen im wesentlichen nach denselben Kriterien berechnet werden, wie bei pflichtversicherten Arbeitnehmern und das Bruttoprinzip auch insoweit zum Tragen kommt. Zu Recht hat das SG in diesem Zusammenhang auf die den Selbständigen grundsätzlich zur Verfügung stehenden Möglichkeiten hingewiesen, durch Vermögensumschichtung etc. Einfluß auf die Höhe ihrer Einnahmen zu nehmen, während das für die Beitragsberechnung maßgebende Bruttoentgelt eines abhängig Beschäftigten eine kaum veränderliche Größe ist. Dem unterschiedlichen Spielraum der Versicherten bei der Gestaltung ihrer wirtschaftlichen und finanziellen Verhältnisse entspricht die vorgesehene Erfassung von Einnahmen und Einkünften. Daß die Berücksichtigung der Gesamtheit der Einnahmen zu keiner übermäßigen Belastung und Härte führt, wird außerdem durch die bestehende Beitragsbemessungsgrenze verhindert.
Nach alledem ist die Beklagte zu Recht bei der Berechnung der Beiträge ab 1. Juli 1977 nicht von dem Bilanzgewinn des Jahres 1976 in Höhe von 15.542,51 DM, sondern von den Privatentnahmen in Höhe von 26.250,52 DM ausgegangen, da diese – ebenso wie in den nachfolgenden Jahren – höher waren (1977: Entnahmen 29.588,17 DM/Gewinn: 20.140,10 DM; 1978: Entnahmen 30.963,47 DM/Gewinn 22.005,55 DM; 1979: Entnahmen 30.941,94 DM/Gewinn 24.966,81 DM). Dabei ist es auch nicht zu beanstanden, wenn für die Berechnung ein aus den Gesamtentnahmen des Vorjahres errechneter monatlicher Durchschnittsbetrag zugrunde gelegt wurde. Denn eine auf monatlichen, aktuellen Einnahmen basierende Grundlohnermittlung, wie sie in § 180 Abs. 4 Satz 1 RVO grundsätzlich verlangt wird, ist bei Selbständigen angesichts schwankender und kurzfristig nicht überschaubarer Einkünfte weder möglich noch im Sinne einer gewissen Beitragsstabilität sinnvoll. Unter derartigen Umständen kann der Grundlohn deshalb ohne Gesetzesverstoß durch Schätzung des zu erwartenden Einkommens anhand von Einkommenssteuerbescheiden und Betriebsunterlagen sowie der für die Vergangenheit nachgewiesenen Einnahmen bestimmt werden (vgl. § 180 Abs. 4 Satz 2 und 3; vgl. auch Beschlussempfehlung des Bundestagsausschusses für Arbeit- und Sozialordnung, a.a.O., S. 61 sowie Urteil des BSG vom 4. Juni 1981 – 3 Rk 5/80).
Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 193 SGG, diejenige über die Nichtzulassung der Revision auf § 160 Abs. 2 SGG.
II. Die Beteiligten haben einander keine außergerichtlichen Kosten zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um die Höhe des vom Kläger zur Krankenversicherung zu entrichtenden Beitrags ab 1. Juli 1977.
Der Kläger ist Inhaber einer Bäckerei und seit 22. Juni 1966 freiwilliges Mitglied der Beklagten. Bis 30. Juni 1977 entrichtete er Beiträge nach der Lohnstufe 85 (Bemessungsgrundlage bis 2565,– DM monatlich), zuletzt in Höhe von 293,25 DM monatlich. Mit am 11. November 1977 bei der Beklagten eingegangenen Schreiben beantragte er die Rückstufung seines Beitrages ab 1. Juli 1977, weil seine Ehefrau seit dieser Zeit selbst freiwilliges Mitglied der Beklagten sei. Unter Zugrundelegung der in der Bilanz für das Jahr 1976 ausgewiesenen Privatentnahmen von 26.250,– DM setzte die Beklagte rückwirkend ab 1. Juli 1977 den Beitrag nach der Lohnstufe 73 mit monatlich 251,85 DM neu fest (formloser Bescheid vom 2. März 1978; förmlicher Bescheid vom 9. Mai 1978). Den Widerspruch des Klägers, mit dem er eine Beitragseinstufung nach dem Bilanzgewinn begehrte, wies sie durch Widerspruchsbescheid vom 4. August 1978 als unbegründet zurück, weil die Privatentnahmen höher als der Gewinn und deshalb als Einnahmen zum Lebensunterhalt maßgebend für die Ermittlung des Grundlohns (Lohnstufe) gemäß § 180 Abs. 4 Satz 1 Reichsversicherungsordnung (RVO) seien.
Die am 30. August 1978 erhobene Klage hat das Sozialgericht (SG) Frankfurt am Main durch Urteil vom 20. Juni 1980 aus den Gründen des angefochtenen Bescheides abgewiesen. Um Manipulationen vorzubeugen seien den Gewinn übersteigende Privatentnahmen in jedem Fall für die Bestimmung des Grundlohns heranzuziehen.
Gegen das ihm am 18. Juli 1980 zugestellte Urteil hat der Kläger am 18. August 1980 Berufung eingelegt. Er trägt vor: Richtige Bemessungsgrundlage sei der erzielte Gewerbeertrag, weil dieser dem Bruttoentgelt aus nichtselbständiger Tätigkeit entspreche. Die vom SG befürchteten Manipulationen seien gar nicht möglich, weil Privatentnahmen über den Gewerbegewinn hinaus auf Kosten des Kapitals gingen. Wenn der Grundlohn in einem Jahr nach dem Gewinn und im anderen Jahr nach den Privatentnahmen bemessen werde, würden zwangsläufig die gleichen Beträge teilweise doppelt erfaßt. Für ein statt der Entnahmen aufgenommenes Darlehen in Höhe des den Reingewinn übersteigenden Betrages müsse er auch keine Beiträge zahlen.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 20. Juni 1980 sowie die Bescheide der Beklagten vom 2. März 1978 und 9. Mai 1978 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 4. August 1978 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, die Beiträge ab 1. Juli 1977 unter Zugrundelegung der Bilanzgewinne neu festzustellen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den übrigen Akteninhalt, insbesondere auf den der Kassenakte und der Akten des Finanzamtes betreffend den Kläger, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die statthafte, form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig (§§ 143 ff., 151 Abs. 1 und 2 Sozialgerichtsgesetz – SGG –).
Sie ist jedoch unbegründet. Das SG und die Beklagte haben zutreffend entschieden, daß die Beiträge des Klägers ab 1. Juli 1977 nach den Privatentnahmen und nicht nach den Bilanzgewinnen zu berechnen waren.
Ausgangswert für die Beitragsberechnung ist der Grundlohn (§ 385 Abs. 1 Satz 1 1. Halbsatz RVO). Nach § 180 Abs. 4 Satz 1 RVO in der ab 1. Juli 1977 geltenden und daher anzuwendenden Fassung (Art. 1 § 1 Nr. 5 des Krankenversicherungs-Kostendämpfungsgesetzes – KVKG – vom 27. Juni 1977, BGBl. I 1069) gilt bei freiwillig Versicherten als Grundlohn der auf den Kalendertag entfallende Teil des Arbeitsentgelts und sonstiger Einnahmen zum Lebensunterhalt innerhalb eines Mindest- und eines Höchstwertes. Was unter dem Begriff der "sonstigen Einnahmen zum Lebensunterhalt” zu verstehen ist, ist im Gesetz selbst nicht näher bestimmt. Nach der Beschlussempfehlung des Bundestagsausschusses für Arbeit und Sozialordnung (BT-Drucks. 8/338 S. 60) umfaßt er alle wiederkehrende Bezüge und geldwerten Zuwendungen – unvermindert um gesetzliche Abzüge – die dem Versicherten zufließen. Sinn der Regelung ist es, alle die Einnahmen bei der Grundlohnermittlung zu berücksichtigen, die dem Versicherten zur Bestreitung seines allgemeinen Lebensunterhalts und des Unterhalts seiner Angehörigen zur Verfügung stehen, wobei es keine Rolle spielt, ob sie Steuer- und sozialversicherungspflichtig sind oder nicht (vgl. auch Urteile des Bundessozialgerichts vom 21. Oktober 1980 – 3 Rk 53/79 = SozR 2200 § 150 Nr. 5 und 3 Rk 13/80). Der Begriff der "Einnahmen zum Lebensunterhalt” ist folglich sehr viel weitgehender als der des Gesamteinkommens (§ 16 Sozialgesetzbuch – Gemeinsame Vorschriften – SGB IV –) oder des Arbeitseinkommens (§ 15 SGB IV), bei denen durch eine teilweise Angleichung an steuerrechtliche Vorschriften verschiedene Beträge außer Betracht bleiben können. Gesamteinkommen und Arbeitseinkommen sind (nur) Bestandteile der Einnahmen zum Lebensunterhalt. Insoweit ist die Auffassung des Klägers unzutreffend, daß allein das Arbeitseinkommen, d.h. der nach den allgemeinen Gewinnermittlungsvorschriften des Einkommenssteuerrechts ermittelte Gewinn im Sinne von § 4 Abs. 1 Einkommenssteuergesetz (EStG), Anknüpfungspunkt der Beitragsberechnung sein könne bzw. bei sachgerechter Behandlung sein müsse. In der Beschlussempfehlung des Bundestagsausschusses für Arbeit und Sozialordnung (a.a.O.) ist dazu besonders ausgeführt, daß zu den persönlichen Einnahmen z.B. die Einkünfte gehören, die der Unternehmer aus seinem Geschäftsbetrieb zur Bestreitung des Lebensunterhalts für sich und seine Familie erzielt oder entnimmt. Daraus ergibt sich, daß den steuerlich nachgewiesenen Einnahmen in jedem Fall die Entnahmen gegenüberzustellen sind und der jeweils höhere Betrag der Beitragsmessung zugrunde zulegen ist. Denn sind die Einnahmen höher als die tatsächlichen Entnahmen, so stehen sie dem Versicherten dennoch für seinen Lebensunterhalt zur Verfügung. Ist die Entnahme hingegen höher als die nachgewiesenen Einnahmen, so ändert dies nichts daran, daß der Versicherte davon seinen Lebensunterhalt bestritten hat. Allein dieses Verfahren gewährleistet, daß die Beiträge der freiwillig versicherten Selbständigen im wesentlichen nach denselben Kriterien berechnet werden, wie bei pflichtversicherten Arbeitnehmern und das Bruttoprinzip auch insoweit zum Tragen kommt. Zu Recht hat das SG in diesem Zusammenhang auf die den Selbständigen grundsätzlich zur Verfügung stehenden Möglichkeiten hingewiesen, durch Vermögensumschichtung etc. Einfluß auf die Höhe ihrer Einnahmen zu nehmen, während das für die Beitragsberechnung maßgebende Bruttoentgelt eines abhängig Beschäftigten eine kaum veränderliche Größe ist. Dem unterschiedlichen Spielraum der Versicherten bei der Gestaltung ihrer wirtschaftlichen und finanziellen Verhältnisse entspricht die vorgesehene Erfassung von Einnahmen und Einkünften. Daß die Berücksichtigung der Gesamtheit der Einnahmen zu keiner übermäßigen Belastung und Härte führt, wird außerdem durch die bestehende Beitragsbemessungsgrenze verhindert.
Nach alledem ist die Beklagte zu Recht bei der Berechnung der Beiträge ab 1. Juli 1977 nicht von dem Bilanzgewinn des Jahres 1976 in Höhe von 15.542,51 DM, sondern von den Privatentnahmen in Höhe von 26.250,52 DM ausgegangen, da diese – ebenso wie in den nachfolgenden Jahren – höher waren (1977: Entnahmen 29.588,17 DM/Gewinn: 20.140,10 DM; 1978: Entnahmen 30.963,47 DM/Gewinn 22.005,55 DM; 1979: Entnahmen 30.941,94 DM/Gewinn 24.966,81 DM). Dabei ist es auch nicht zu beanstanden, wenn für die Berechnung ein aus den Gesamtentnahmen des Vorjahres errechneter monatlicher Durchschnittsbetrag zugrunde gelegt wurde. Denn eine auf monatlichen, aktuellen Einnahmen basierende Grundlohnermittlung, wie sie in § 180 Abs. 4 Satz 1 RVO grundsätzlich verlangt wird, ist bei Selbständigen angesichts schwankender und kurzfristig nicht überschaubarer Einkünfte weder möglich noch im Sinne einer gewissen Beitragsstabilität sinnvoll. Unter derartigen Umständen kann der Grundlohn deshalb ohne Gesetzesverstoß durch Schätzung des zu erwartenden Einkommens anhand von Einkommenssteuerbescheiden und Betriebsunterlagen sowie der für die Vergangenheit nachgewiesenen Einnahmen bestimmt werden (vgl. § 180 Abs. 4 Satz 2 und 3; vgl. auch Beschlussempfehlung des Bundestagsausschusses für Arbeit- und Sozialordnung, a.a.O., S. 61 sowie Urteil des BSG vom 4. Juni 1981 – 3 Rk 5/80).
Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 193 SGG, diejenige über die Nichtzulassung der Revision auf § 160 Abs. 2 SGG.
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