S 16 U 113/06

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
SG Düsseldorf (NRW)
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
16
1. Instanz
SG Düsseldorf (NRW)
Aktenzeichen
S 16 U 113/06
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 17 U 67/08
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Klage wird abgewiesen. Kosten sind nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Umstritten ist zwischen den Beteiligten die Wiedergewährung von Rente.

Der 1930 geborene Kläger zog sich bei einem Arbeitsunfall am 28.05.1983 einen Bruch des zweiten Lendenwirbelkörpers sowie einen Kahnbeinbruch links zu. Wegen der Unfallfolgen erhielt der Kläger eine vorläufige Rente nach einer MdE von 20 vom Hundert. Die dagegen erhobene Klage, mit der er Rente nach einem höheren Grad der MdE begehrte, nahm der Kläger zurück, nachdem der Sachverständige N die MdE als nicht mehr messbar eingeschätzt hatte. Mit bindendem Bescheid vom 12.02.1985 entzog die Beklagte die vorläufige Rente mit Ablauf des Monats März 1985 und lehnte die Gewährung einer Dauerrente ab. Im Juli 2004 machte der Kläger eine Verschlimmerung der Unfallfolgen geltend. Der von der Beklagten daraufhin eingeschaltete Gutachter U1 stellte ein Schmerzsyndrom der Lendenwirbelsäule mit Funktionsdefizit aufgrund posttraumatischer Deformierung des zweiten Lendenwirbelkörpers mit Abweichung von 15 Grad in der Funktionsebene fest und bewertete die dadurch bedingte MdE mit 20 vom Hundert (Gutachten vom 13.05.2005). Demgegenüber führte der beratende Arzt der Beklagten U2 die Beschwerden des Klägers auf ein unfallunabhängigen Beckenschiefstand sowie eine anlagebedingte Rechtsverbiegung der Lendenwirbelsäule zurück. Die Beklagte lehnte daraufhin den Verschlimmerungsantrag des Klägers ab (Bescheid vom 25.01.2006). Der Widerspruch des Klägers war erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 02.06.2006).

Mit seiner am 06.06.2006 bei Gericht eingegangenen Klage bezieht sich der Kläger im Wesentlichen auf das Gutachten von U1.

Der Kläger beantragt,

den Bescheid der Beklagten vom 25.01.2006 in der Gestalt des Widerspruchs- bescheides vom 02.06.2006 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm aus Anlass des am 28.05.1983 erlittenen Arbeitsunfalls eine Rente nach einer MdE von mindestens 20 vom Hundert zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Das Gericht hat zur Klärung der Zusammenhangsfrage ein orthopädisches Gutachten von M eingeholt. Dieser hat die Auffassung vertreten, der Bruch des zweiten Lendenwirbelkörpers sei mit statisch unbedeutender Deformität verheilt. Die unfallbedingte MdE sei als nicht messbar einzuschätzen. Auch die Kahnbeifraktur sei ohne relevante funktionelle Beeinträchtigungen folgenlos ausgeheilt, so dass die daraus resultierende MdE ebenfalls als nicht messbar einzuschätzen sei.

Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme im Einzelnen sowie wegen des sonstigen Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte und die Akten der Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist unbegründet. Der Bescheid vom 25.01.2006 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 02.06.2006 ist rechtmäßig. Der Kläger kann die Bewilligung der Rente nicht beanspruchen, es fehlt an einer rentenberechtigenden MdE von mindestens 20 vom Hundert (vgl. § 56 SGB VII). Zwar ist U1 gegenteiliger Ansicht. Er hat vorgeschlagen, eine unfallbedingte MdE von 20 vom Hundert anzunehmen. Seinem Vorschlag kann jedoch nicht gefolgt werden. Davon hat sich die Kammer insbesondere aufgrund der Ausführungen von M überzeugt. Danach ist der Bruch des zweiten Lendenwirbelkörpers mit statisch unbedeutender Deformität knöchern ausgeheilt. Bereits die Röntgenaufnahmen belegen, dass es zu einer statisch relevanten Fehlstellung der Wirbelsäule als Folge der unfallbedingten Fraktur des zweiten Lendenwirbelkörpers nicht gekommen ist. Die seitlich erfolgten Röntgenaufnahmen vom 24.01.1984 zeigen eine diskrete Höhenminderung der Vorderkante des zweiten Lendenwirbels. Daraus kann sich zwar bei zunehmender Höhenminderung der Vorderkante eine Fehlstellung der Lendenwirbelsäule entwickeln. Eine solche Fehlstellung ist jedoch frühzeitig nach einem Wirbelkörperbruch zu erwarten, wohingegen die sieben Monate nach dem Unfall am 24.01.1984 erfolgte Röntgenaufnahme bereits eine wesentliche knöcherne Durchbannung des Bruchs zeigt, so dass eine zunehmende Höhenminderung der Wirbelvorderkante eher nicht zu erwarten gewesen ist. Dies bestätigt sich auch in den Röntgenaufnahmen vom 30.03.2005 die - aus seitlicher Perspektive - ein im wesentlichen regelrechtes Profil der Lendenwirbelsäule belegen. Auch aus den von vorne erfolgten Aufnahmen lässt sich keine unfallbedingte Ursache für die beim Kläger vorliegende Fehlstellung der Lendenwirbelsäule ableiten. Die frontal erfolgte Aufnahme vom 24.01.1984 zeigt, dass die Deckplatte des zweiten Lendenwirbelkörpers lediglich links eingesunken ist, wobei Bandscheibengewebe in die Deckplatte dieses Wirbelkörpers eingedrungen ist. Daraus lässt sich eine Fehlstellung im Sinne einer Seitverdrehung der Lendenwirbelsäule unter der Voraussetzung herleiten, dass es im zeitlichen Verlauf zu einer vermehrten Verkippung im Segment L 1/L 2 gekommen ist. Auch insoweit belegen jedoch die von vorne erfolgten Röntgenaufnahmen vom 30.03.2005 einen gegenüber den Voraufnahmen unveränderten Befund ohne deutliche Verkippung der Wirbel in diesem Segment. Damit scheidet ein Zusammenhang zwischen der unfallbedingten Segmentschädigung und der beim Kläger festgestellten Seitausbiegung der Lendenwirbelsäule aus: Sowohl aus den Seit- wie auch aus den Frontalaufnahmen lässt sich keine statisch relevante Fehlstellung als Ursache der beim Kläger beschriebenen Seitverbiegung der Lendenwirbelsäule feststellen. Die Ursache dieser Fehlstellung ist vielmehr in einer Verkippung - sichtbar auf den Röntgenaufnahmen vom 30.03.2005 - zu sehen, die insbesondere die unbeschädigten Segmente L 2/L 3 und L 4/L 5 betrifft. Die Lendenwirbelsäulenbeschwerden des Klägers haben ihre Ursache daher in unfallunabhängigen Veränderungen. Mit dem Sachverständigen ist deshalb davon auszugehen, dass die unfallbedingte MdE - soweit die Lendenwirbelsäule des Klägers betroffen ist - als nicht messbar eingestuft werden muss. Dies ergibt im Übrigen ein Vergleich mit den unfallmedizinischen Erfahrungswerten, an denen sich die Kammer wegen der verfassungsmäßig gebotenen Gleichbehandlung der Verletzten orientiert. Diese Erfahrungswerte sehen etwa bei einem stabil ausgeheilten Wirbelkörperbruch mit Bandscheibenbeteiligung ohne statisch wirksamen Achsenknick keine messbare MdE vor. Darüber hinaus bleibt festzuhalten, dass eine messbare MdE auch nicht mehr als Folge des unfallbedingten Kahnbeinbruchs festgestellt werden kann. Die Röntgenaufnahmen der linken Hand vom 30.03.2005 zeigen eine knöchern durchbaute Kahnbeinfraktur ohne Nachweis einer wesentlichen Fehlstellung bei morphologisch im Wesentlichen altersentsprechendem Befund. Bei der Untersuchung durch M haben sich auch Rötungen, Schwellungen oder Überwärmungen im Bereich des linken Handgelenks als Ausdruck eines akuten oder chronischen Reizzustandes dieses Gelenks nicht gefunden. Auch die Umfangsmessungen der Arme haben im Seitenvergleich keine Muskelminderung ergeben, so dass davon ausgegangen werden kann, dass die linke Extremität des Klägers im Alltagsgebrauch nicht geschont werden muss. Mit dem Sachverständigen ist deshalb davon auszugehen, dass unfallbedingte funktionelle Beeinträchtigungen der linken Hand nicht mehr bestehen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Sozialgerichtsgesetz (SGG).
Rechtskraft
Aus
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