Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
2
1. Instanz
SG Aachen (NRW)
Aktenzeichen
S 9 (5) KN 73/05 U
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 2 KN 139/07 U
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Aachen vom 26.04.2007 wird zurückgewiesen. Kosten haben die Beteiligten einander nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt die Gewährung einer höheren Verletztentrente.
Der 1951 in Polen geborene Kläger war seit Dezember 1970 als Schießbergmann im polnischen Bergbau beschäftigt. Zuletzt arbeitete er vom 30.01.1980 bis 31.05.1982 für eine polnische Firma als entsandter Arbeitnehmer in Deutschland.
Seit dem 30.01.1980 hält sich der Kläger ständig in Deutschland auf. Seit dem 21.09.1982 ist er als Vertriebener (Vertriebenenausweis A) anerkannt.
Die Beklagte bewilligte dem Kläger mit Bescheid vom. 19.11.2004 wegen einer Berufskrankheit (BK) nach Nr. 4111 der Anlage zur Berufskrankheitenverordnung (BKV) eine Rente nach dem Siebten Buch des Sozialgesetzbuches (SGB VII) in Verbindung mit dem Fremdrentengesetz (FRG), und zwar nach einer MdE um 20 v.H. vom 28.02.2003 bis 20.04.2004 und ab 21.04.2004 nach einer MdE um 30 v. H ... Zur Berechnung ermittelte sie den Jahresarbeitsverdienst des Klägers gemäß § 8 FRG in Höhe von 8.942,80 EUR.
Mit seinem Widerspruch beanstandete der Kläger die Höhe des der Rentenberechnung zugrunde liegenden Jahresarbeitsverdienstes. Dieser sei zu niedrig angesetzt, weil die Beklagte fälschlich anstelle des Deutsch-Polnischen Sozialversicherungsabkommens (DPSVA) vom 09.10.1975 das DPSVA von 1990 angewandt habe. Die von der Beklagten vorgenommene Kürzung nach § 8 Abs. 3 des FRG sei zu Unrecht erfolgt. Denn er sei vor 1991 in die Bundesrepublik eingereist. Auch dürfe die Anwendung des § 8 Abs. 3 FRG nicht zur Unterschreitung des Mindest-Jahresarbeitsverdienstes führen.
Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 27.04.2005 zurück. Die Einstufung des Klägers in der 4. Qualifikationsgruppe des Wirtschaftsbereiches "Energie- und Brennstoffindustrie" entspreche der Tätigkeit des Klägers als Schießbergmann unter Tage. Das DPSVA 1990 lasse Leistungen für nach dem Fremdrentenrecht zu entschädigende Berufskrankheiten unberührt. Die Rentenberechnung bestimme sich ausschließlich nach dem FRG, insbesondere nach § 8 FRG. Maßgeblicher Zeitpunkt für die Berechnung des Jahresarbeitsverdienst sei der 31.05.1982, weil dies für den Kläger günstiger sei.
Mit seiner Klage vom 19.05.2005 hat der Kläger die Auffassung vertreten, nach dem Übergangsrecht gelte für ihn noch das alte DPSVA 1975. Jedenfalls dürfe bei Anwendung des § 8 Abs. 3 FRG der Mindest-Jahresarbeitsverdienst nicht unterschritten werden.
Der Kläger hat beantragt,
die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 19.11.2004 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 27.04.2005 zu verurteilen, der durch Bescheid vom 19.11.2004 zuerkannten Rente einen Jahresarbeitsverdienst von mindestens 18.540,67 Euro bezogen auf das Jahr 1981/82 zugrunde zu legen, mindestens aber 17.137,00 Euro bezogen auf das Jahr 2003.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte hat eine Vergleichsberechnung des Jahresarbeitsverdienstes unter Zugrundelegung der Rechtsauffassung des Klägers vorgelegt. Jedoch sei die neue FRG-Fassung anzuwenden gewesen, da ein Rentenanspruch erst ab dem 28.02.2003 bestanden habe. Die Beklagte hat Nachweise vorgelegt, wonach der Kläger bis zum 31.05.1982 polnischem Sozialversicherungsrecht unterlag, da er zuletzt als entsandter Arbeitnehmer in der Bundesrepublik tätig war.
Mit Urteil vom 26.04.2007 hat das Sozialgericht Aachen die Klage abgewiesen. Zur Begründung ist im Wesentlichen ausgeführt worden, die von der Beklagten bei der Ermittlung des Jahresarbeitsverdienst angewandte Berechnungsmethode sei nicht zu beanstanden. Weder nach dem FRG noch nach einem der beiden DPSVA ergebe sich ein höherer Anspruch.
Die bei Minderung der Erwerbsfähigkeit zu leistende Teilrente bemesse sich nach dem Jahresarbeitsverdienst (§ 56 Abs. 3 SGB VII). Die Berechnung des Jahresarbeitsverdienstes erfolge gemäß § 81 SGB VII nach den Berechnungsvorschriften der §§ 82 ff SGB VII. Diese Vorschriften seien im Falle des Klägers durch § 8 FRG in der seit 01.01.1997 geltenden Fassung zu modifizieren.
Das FRG gelte im Falle des Klägers unmittelbar, da er als Inhaber des Vertriebenenausweises A nach § 1 Buchst. A FRG zum berechtigten Personenkreis zähle. Die letzte im Sinne der anerkannten Berufskrankheit gefährdende Schicht habe der Kläger am 31.05.1982 seinerzeit noch nach polnischem Sozialversicherungsrecht verfahren. Er unterfalle deshalb dem sachlichen Geltungsbereich des FRG. Denn nach § 5 Abs. 1 und Abs. 3 FRG werde ein Arbeitsunfall oder eine Berufskrankheit auch entschädigt, wenn der Verletzte im Zeitpunkt des Unfalls bei einem nichtdeutschen Träger der gesetzlichen Unfallversicherung versichert gewesen sei, wobei bei Berufskrankheiten an die Stelle des Unfallzeitpunkts der letzte Tag trete an dem der Versicherte in einem Unternehmen Arbeiten verrichtet habe, die ihrer Art nach geeignet gewesen seien die Berufskrankheit zu verursachen. Bei seiner letzten gefährdenden Schicht am 31.05.1982 habe der Kläger polnischem Unfallversicherungsrecht unterlegen, weshalb sich sein Anspruch nach dem FRG beurteile. Deshalb sei § 8 FRG die maßgebliche Berechnungsgrundlage.
Die auf die DPSVA 1975 und 1990 bezogene Argumentation des Klägers lasse sich ohne weiteres auf das FRG übertragen. Denn die Berechnung des Jahresarbeitsverdienst AV sei für den Kläger nur deshalb ungünstig, weil zu seinen Lasten § 8 Abs. 3 FRG in der seit 07.05.1996 geltenden Fassung angewandt werde. § 8 Abs. 3 FRG sehe vor, dass der nach § 8 Abs. 1 und 2 FRG ermittelte Jahresarbeitsverdienst mit dem Faktor 0,5 zu vervielfältigen, also zu halbieren sei. Eine vergleichbare Vorschrift fehle in § 8 FRG in der bis zum 31.07.1991 geltenden Fassung. Danach sei als Jahresarbeitsverdienst der Jahresarbeitsverdienst in deutscher Währung oder - wenn er in fremder Währung ausgedrückt oder nicht nachgewiesen gewesen sei - der Betrag, der für einen vergleichbaren Beschäftigten im Zeitpunkt des Unfalls an dem für das anzuwendende Recht maßgeblichen Ort festzusetzen gewesen sei. Die später eingeführte Halbierung des Jahresarbeitsverdienstes war nicht vorgesehen. Das Übergangsrecht sehe aber keine Fortgeltung der alten Norm für den Kläger vor, auch wenn dieser bereits spätestens mit dem Ende seiner Entsendung am 31.05.1982 seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Gebiet der Bundesrepublik genommen habe.
Zwar heiße es in Artikel 6 § 2 Abs. 1 Buchst. A des Fremdrenten- und Auslandsrenten-Neuregelungsgesetzes (FANG), dass § 8 FRG in der vor dem 01.08.1991 geltenden Fassung weiter auf Berechtigte Anwendung finde, die vor dem 01.01.1991 ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland genommen haben. Diese Vorschrift begünstige den Kläger aber nicht. Sie sei am 01.08.1999 in Kraft getreten und betreffe nach ihrem Wortlaut nur Personen, die zu diesem Zeitpunkt "Berechtigte" gewesen seien; also Personen, die zu diesem Zeitpunkt bereits Ansprüche oder wenigstens Anwartschaften erworben hätten. Dies sei beim Kläger nicht der Fall, denn der Versicherungsfall (der tatsächliche Versicherungsfall, nicht der nach § 84 SGB VII fingierte) sei erst 2003 eingetreten.
Nichts anderes ergebe sich bei der vom Kläger geforderten Anwendung des DPSVA 1975. Dort sei das Übergangsrecht in gleicher Weise geregelt. Artikel 27 Abs. 3 des DPSVA 1990 sehe nämlich vor, dass unter bestimmten Voraussetzungen Ansprüche und Anwartschaften in der Renten- und Unfallversicherung nach dem DPSVA 1975 für die bis zur Einreise zurückgelegten Versicherungszeiten auch von Personen erworben werden könnten, die vor dem 01.01.1990 in den anderen Vertragsstaat eingereist seien. Es gehe demnach nur um Ansprüche und Anwartschaften aus bis zur Einreise zurückgelegten Versicherungszeiten. Wiederum gelte, dass bloße Beschäftigungszeiten in einer gefährdenden Tätigkeit solche Anwartschaften und Ansprüche nicht begründeten.
§ 85 Abs. 1 SGB VII stehe der vorgenommenen Berechnung ebenfalls nicht entgegen. Wenn der vor der Anwendung des § 8 Abs. 3 FRG ermittelte Jahresarbeitsverdienst den Mindest-Jahrsarbeitsverdienst nach § 85 Abs. 1 SGB VII überschreite, könne die in einem weiteren Schritt nach § 8 Abs. 3 FRG durchzuführende Absenkung der Berechnungsgrundlage auf die Hälfte des errechneten Jahresarbeitsverdienst auch zu einer Unterschreitung des Mindest-Jahresarbeitsverdienst führen. Dies ergebe sich aus einer systematischen Gegenüberstellung von § 8 Abs. 2 und Abs. 3 FRG. Denn § 8 Abs. 2 FRG sehe für Versicherte, die im Unfallzeitpunkt in Schul- oder Berufsausbildung gewesen seien, die Anwendung des Mindest-Jahresarbeitsverdienst vor. § 8 Abs. 3 FRG schreibe die Halbierung des so ermittelten Jahresarbeitsverdienst vor, woraus deutlich werde, dass der Mindest-Jahresarbeitsverdienst unterschritten werden müsse. Soweit der Kläger aus § 8 a Abs. 2 Satz 3 FRG folgere, dass eine Unterschreitung des Mindest-Jahresarbeitsverdienst nur für Mitarbeiter des Staatssicherheitsdienstes und anderer systemnaher Berufe gestattet sei, treffe dies nicht zu. Denn die in § 8 a Abs. 2 FRG enthaltenen Berechnungsvorschriften beträfen die Berechnung des Jahresarbeitsverdienst entsprechend § 8 Abs. 1 und 2 FRG, also vor der Absenkung um die Hälfte, wie sie in § 8 Abs. 3 FRG vorgesehen sei. Sie ermögliche also eine noch weitergehende Absenkung und ließen nicht den Schluss zu, dass § 8 Abs. 3 FRG keine Unterschreitung des Mindest-Jahresarbeitsverdienst erlaube.
Gegen das am 23.05.2007 zugestellte Urteil hat der Kläger am 06.06.2007 Berufung eingelegt. Zur Begründung hat er an seinem bisherigen Vortrag festgehalten und hat zudem ausgeführt, aus der Übergangsvorschrift des Art. 27 Abs. 3 DPSVA folge, dass das alte Deutsch-Polnische Abkommen anzuwenden sein. Denn Art. 27 DPSVA formuliere, dass das neue Abkommen für alle Versicherungszeiten und Arbeitsunfälle gelte, die nach dem 31.12.1990 im Hoheitsgebiet eines Vertragsstaats zurückgelegt worden oder eingetreten seien. Umgekehrt seien zuvor eingetretene Versicherungsfälle nach dem alten Abkommen zu entschädigen.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgericht Aachen vom 26.04.2007 zu ändern und die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 19.11.2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27.04.2005 zu verurteilen, der durch Bescheid vom 19.11.2004 zuerkannten Verletztenrente einen Jahresarbeitsverdienst von mindestens 18.540,67 Euro bezogen auf das Jahr 1981/82, hilfsweise 17.137,00 Euro bezogen auf das Jahr 2003 zugrunde zu legen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält an ihrer Rechtsauffassung fest.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsakte der Beklagten, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung ist unbegründet. Zurecht hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Der Bescheid der Beklagten vom 19.11.2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27.04.2005 beschwert den Kläger nicht in seinen Rechten gemäß § 54 Abs. 2 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG). Diese Bescheide sind rechtmäßig. Denn die Beklagte hat die Höhe des der Berechnung der Verletztenrente zugrundliegenden Jahresarbeitsverdienst zutreffend bestimmt. Insoweit bezieht sich der Senat zunächst auf die Gründe der erstinstanzlichen Entscheidung (§ 153 SGG).
Ergänzend weist der Senat darauf hin, dass die Feststellung des Jahresarbeitsverdienstes nach § 8 neue Fassung FRG (in der Fassung vom 25.09.1996, gültig ab dem 01.01.1997, BGBl. I 1461) und nicht nach § 8 FRG alte Fassung (gültig vom 01.08.1991 bis zum 06.05.1996 in der Fassung des Rentenüberleitungsgesetzes vom 25.07.1991, BGBl. I 1606) zu erfolgen hatte. Die Frage, welche Fassung des § 8 FRG gilt, ist in Art. 6 § 2 Abs. 1 FANG (in der Fassung vom 01.01.1997 bis 30.04.2004, eingeführt durch Rentenüberleitungsgesetz vom 25.07.1991, BGBl. I 1606) geregelt. Hinsichtlich der Anwendung des § 8 FRG im Verhältnis zu Polen enthält Art. 6 § 2 Abs. 1 Satz 1 lit. b eine Spezialregelung. Danach findet § 8 FRG a.F. nur Anwendung für die Abkommensfälle des DPSVA 1975. In allen anderen Fällen gilt § 8 n.F. FRG.
Art. 27 Abs. 3 DPSVA 1990 bestimmt für eine Übersiedlung nach Deutschland vor dem 01.01.1990 nicht pauschal die Weiteranwendung des Abkommens aus 1975, sondern nur hinsichtlich der Ansprüche und Anwartschaften aus bis zur Einreise zurückgelegten Versicherungszeiten. Bei lediglich vorliegender Exposition in Polen und erst später in Deutschland eingetretenem Versicherungsfall kann von einer Anwartschaft auf die spätere Berufskrankheit nicht ausgegangen werden. Der Versicherungsfall wurde bei dem Kläger rechtskräftig erst zum 27.02.2003 festgestellt. Dies verbietet mithin eine Anwendung des alten Rechts.
Insofern kann der Senat auch den Ausführungen des Klägers zum Übergangsrecht nach § 27 Abs. 3 DPSVA nicht beitreten. Denn dieser setzt gerade das Vorliegen eines Anspruchs voraus, den der Kläger erst mit der Festsetzung des Leistungsfalls und Auszahlungsanspruchs der Verletztenrente erfüllt (vgl. auch Urteil des BSG vom 28.01.1993, 2 RU 15/92).
Der Senat hat auch keine Bedenken, dass die angewandte Berechungsmethode die Zielvorstellung des Gesetzgebers, zugewanderte Personen rentenrechtlich so zustellen, als ob sie im Bundesgebiet beschäftigt gewesen wären (vgl. amtliche Begründung zum Regierungsentwurf des FANG, BT- Drucks 3/1109, allgemeiner Teil S. 36 und auch BT-Drucks. 7/4310 vom 14. November 1975) beachtet. Der Jahresarbeitsverdienst wurde anhand der Einstufung des Klägers in der 4. Qualifikationsgruppe des Wirtschaftsbereiches "Energie- und Brennstoffindustrie" entsprechend der Tätigkeit des Klägers als Schießbergmann unter Tage festgesetzt. Zudem wurde nach § 84 SGB VII entsprechend dem Günstigkeitsprinzip als Zeitpunkt des Versicherungsfalls der letzte Tag der Verrichtung der versicherten Tätigkeit als maßgeblich angesehen. Dadurch wird der Kläger inländischen Versicherten gleichgestellt.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Anlass, die Revision zu zulassen, hat nicht bestanden (§ 160 Abs. 2 SGG).
Tatbestand:
Der Kläger begehrt die Gewährung einer höheren Verletztentrente.
Der 1951 in Polen geborene Kläger war seit Dezember 1970 als Schießbergmann im polnischen Bergbau beschäftigt. Zuletzt arbeitete er vom 30.01.1980 bis 31.05.1982 für eine polnische Firma als entsandter Arbeitnehmer in Deutschland.
Seit dem 30.01.1980 hält sich der Kläger ständig in Deutschland auf. Seit dem 21.09.1982 ist er als Vertriebener (Vertriebenenausweis A) anerkannt.
Die Beklagte bewilligte dem Kläger mit Bescheid vom. 19.11.2004 wegen einer Berufskrankheit (BK) nach Nr. 4111 der Anlage zur Berufskrankheitenverordnung (BKV) eine Rente nach dem Siebten Buch des Sozialgesetzbuches (SGB VII) in Verbindung mit dem Fremdrentengesetz (FRG), und zwar nach einer MdE um 20 v.H. vom 28.02.2003 bis 20.04.2004 und ab 21.04.2004 nach einer MdE um 30 v. H ... Zur Berechnung ermittelte sie den Jahresarbeitsverdienst des Klägers gemäß § 8 FRG in Höhe von 8.942,80 EUR.
Mit seinem Widerspruch beanstandete der Kläger die Höhe des der Rentenberechnung zugrunde liegenden Jahresarbeitsverdienstes. Dieser sei zu niedrig angesetzt, weil die Beklagte fälschlich anstelle des Deutsch-Polnischen Sozialversicherungsabkommens (DPSVA) vom 09.10.1975 das DPSVA von 1990 angewandt habe. Die von der Beklagten vorgenommene Kürzung nach § 8 Abs. 3 des FRG sei zu Unrecht erfolgt. Denn er sei vor 1991 in die Bundesrepublik eingereist. Auch dürfe die Anwendung des § 8 Abs. 3 FRG nicht zur Unterschreitung des Mindest-Jahresarbeitsverdienstes führen.
Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 27.04.2005 zurück. Die Einstufung des Klägers in der 4. Qualifikationsgruppe des Wirtschaftsbereiches "Energie- und Brennstoffindustrie" entspreche der Tätigkeit des Klägers als Schießbergmann unter Tage. Das DPSVA 1990 lasse Leistungen für nach dem Fremdrentenrecht zu entschädigende Berufskrankheiten unberührt. Die Rentenberechnung bestimme sich ausschließlich nach dem FRG, insbesondere nach § 8 FRG. Maßgeblicher Zeitpunkt für die Berechnung des Jahresarbeitsverdienst sei der 31.05.1982, weil dies für den Kläger günstiger sei.
Mit seiner Klage vom 19.05.2005 hat der Kläger die Auffassung vertreten, nach dem Übergangsrecht gelte für ihn noch das alte DPSVA 1975. Jedenfalls dürfe bei Anwendung des § 8 Abs. 3 FRG der Mindest-Jahresarbeitsverdienst nicht unterschritten werden.
Der Kläger hat beantragt,
die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 19.11.2004 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 27.04.2005 zu verurteilen, der durch Bescheid vom 19.11.2004 zuerkannten Rente einen Jahresarbeitsverdienst von mindestens 18.540,67 Euro bezogen auf das Jahr 1981/82 zugrunde zu legen, mindestens aber 17.137,00 Euro bezogen auf das Jahr 2003.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte hat eine Vergleichsberechnung des Jahresarbeitsverdienstes unter Zugrundelegung der Rechtsauffassung des Klägers vorgelegt. Jedoch sei die neue FRG-Fassung anzuwenden gewesen, da ein Rentenanspruch erst ab dem 28.02.2003 bestanden habe. Die Beklagte hat Nachweise vorgelegt, wonach der Kläger bis zum 31.05.1982 polnischem Sozialversicherungsrecht unterlag, da er zuletzt als entsandter Arbeitnehmer in der Bundesrepublik tätig war.
Mit Urteil vom 26.04.2007 hat das Sozialgericht Aachen die Klage abgewiesen. Zur Begründung ist im Wesentlichen ausgeführt worden, die von der Beklagten bei der Ermittlung des Jahresarbeitsverdienst angewandte Berechnungsmethode sei nicht zu beanstanden. Weder nach dem FRG noch nach einem der beiden DPSVA ergebe sich ein höherer Anspruch.
Die bei Minderung der Erwerbsfähigkeit zu leistende Teilrente bemesse sich nach dem Jahresarbeitsverdienst (§ 56 Abs. 3 SGB VII). Die Berechnung des Jahresarbeitsverdienstes erfolge gemäß § 81 SGB VII nach den Berechnungsvorschriften der §§ 82 ff SGB VII. Diese Vorschriften seien im Falle des Klägers durch § 8 FRG in der seit 01.01.1997 geltenden Fassung zu modifizieren.
Das FRG gelte im Falle des Klägers unmittelbar, da er als Inhaber des Vertriebenenausweises A nach § 1 Buchst. A FRG zum berechtigten Personenkreis zähle. Die letzte im Sinne der anerkannten Berufskrankheit gefährdende Schicht habe der Kläger am 31.05.1982 seinerzeit noch nach polnischem Sozialversicherungsrecht verfahren. Er unterfalle deshalb dem sachlichen Geltungsbereich des FRG. Denn nach § 5 Abs. 1 und Abs. 3 FRG werde ein Arbeitsunfall oder eine Berufskrankheit auch entschädigt, wenn der Verletzte im Zeitpunkt des Unfalls bei einem nichtdeutschen Träger der gesetzlichen Unfallversicherung versichert gewesen sei, wobei bei Berufskrankheiten an die Stelle des Unfallzeitpunkts der letzte Tag trete an dem der Versicherte in einem Unternehmen Arbeiten verrichtet habe, die ihrer Art nach geeignet gewesen seien die Berufskrankheit zu verursachen. Bei seiner letzten gefährdenden Schicht am 31.05.1982 habe der Kläger polnischem Unfallversicherungsrecht unterlegen, weshalb sich sein Anspruch nach dem FRG beurteile. Deshalb sei § 8 FRG die maßgebliche Berechnungsgrundlage.
Die auf die DPSVA 1975 und 1990 bezogene Argumentation des Klägers lasse sich ohne weiteres auf das FRG übertragen. Denn die Berechnung des Jahresarbeitsverdienst AV sei für den Kläger nur deshalb ungünstig, weil zu seinen Lasten § 8 Abs. 3 FRG in der seit 07.05.1996 geltenden Fassung angewandt werde. § 8 Abs. 3 FRG sehe vor, dass der nach § 8 Abs. 1 und 2 FRG ermittelte Jahresarbeitsverdienst mit dem Faktor 0,5 zu vervielfältigen, also zu halbieren sei. Eine vergleichbare Vorschrift fehle in § 8 FRG in der bis zum 31.07.1991 geltenden Fassung. Danach sei als Jahresarbeitsverdienst der Jahresarbeitsverdienst in deutscher Währung oder - wenn er in fremder Währung ausgedrückt oder nicht nachgewiesen gewesen sei - der Betrag, der für einen vergleichbaren Beschäftigten im Zeitpunkt des Unfalls an dem für das anzuwendende Recht maßgeblichen Ort festzusetzen gewesen sei. Die später eingeführte Halbierung des Jahresarbeitsverdienstes war nicht vorgesehen. Das Übergangsrecht sehe aber keine Fortgeltung der alten Norm für den Kläger vor, auch wenn dieser bereits spätestens mit dem Ende seiner Entsendung am 31.05.1982 seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Gebiet der Bundesrepublik genommen habe.
Zwar heiße es in Artikel 6 § 2 Abs. 1 Buchst. A des Fremdrenten- und Auslandsrenten-Neuregelungsgesetzes (FANG), dass § 8 FRG in der vor dem 01.08.1991 geltenden Fassung weiter auf Berechtigte Anwendung finde, die vor dem 01.01.1991 ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland genommen haben. Diese Vorschrift begünstige den Kläger aber nicht. Sie sei am 01.08.1999 in Kraft getreten und betreffe nach ihrem Wortlaut nur Personen, die zu diesem Zeitpunkt "Berechtigte" gewesen seien; also Personen, die zu diesem Zeitpunkt bereits Ansprüche oder wenigstens Anwartschaften erworben hätten. Dies sei beim Kläger nicht der Fall, denn der Versicherungsfall (der tatsächliche Versicherungsfall, nicht der nach § 84 SGB VII fingierte) sei erst 2003 eingetreten.
Nichts anderes ergebe sich bei der vom Kläger geforderten Anwendung des DPSVA 1975. Dort sei das Übergangsrecht in gleicher Weise geregelt. Artikel 27 Abs. 3 des DPSVA 1990 sehe nämlich vor, dass unter bestimmten Voraussetzungen Ansprüche und Anwartschaften in der Renten- und Unfallversicherung nach dem DPSVA 1975 für die bis zur Einreise zurückgelegten Versicherungszeiten auch von Personen erworben werden könnten, die vor dem 01.01.1990 in den anderen Vertragsstaat eingereist seien. Es gehe demnach nur um Ansprüche und Anwartschaften aus bis zur Einreise zurückgelegten Versicherungszeiten. Wiederum gelte, dass bloße Beschäftigungszeiten in einer gefährdenden Tätigkeit solche Anwartschaften und Ansprüche nicht begründeten.
§ 85 Abs. 1 SGB VII stehe der vorgenommenen Berechnung ebenfalls nicht entgegen. Wenn der vor der Anwendung des § 8 Abs. 3 FRG ermittelte Jahresarbeitsverdienst den Mindest-Jahrsarbeitsverdienst nach § 85 Abs. 1 SGB VII überschreite, könne die in einem weiteren Schritt nach § 8 Abs. 3 FRG durchzuführende Absenkung der Berechnungsgrundlage auf die Hälfte des errechneten Jahresarbeitsverdienst auch zu einer Unterschreitung des Mindest-Jahresarbeitsverdienst führen. Dies ergebe sich aus einer systematischen Gegenüberstellung von § 8 Abs. 2 und Abs. 3 FRG. Denn § 8 Abs. 2 FRG sehe für Versicherte, die im Unfallzeitpunkt in Schul- oder Berufsausbildung gewesen seien, die Anwendung des Mindest-Jahresarbeitsverdienst vor. § 8 Abs. 3 FRG schreibe die Halbierung des so ermittelten Jahresarbeitsverdienst vor, woraus deutlich werde, dass der Mindest-Jahresarbeitsverdienst unterschritten werden müsse. Soweit der Kläger aus § 8 a Abs. 2 Satz 3 FRG folgere, dass eine Unterschreitung des Mindest-Jahresarbeitsverdienst nur für Mitarbeiter des Staatssicherheitsdienstes und anderer systemnaher Berufe gestattet sei, treffe dies nicht zu. Denn die in § 8 a Abs. 2 FRG enthaltenen Berechnungsvorschriften beträfen die Berechnung des Jahresarbeitsverdienst entsprechend § 8 Abs. 1 und 2 FRG, also vor der Absenkung um die Hälfte, wie sie in § 8 Abs. 3 FRG vorgesehen sei. Sie ermögliche also eine noch weitergehende Absenkung und ließen nicht den Schluss zu, dass § 8 Abs. 3 FRG keine Unterschreitung des Mindest-Jahresarbeitsverdienst erlaube.
Gegen das am 23.05.2007 zugestellte Urteil hat der Kläger am 06.06.2007 Berufung eingelegt. Zur Begründung hat er an seinem bisherigen Vortrag festgehalten und hat zudem ausgeführt, aus der Übergangsvorschrift des Art. 27 Abs. 3 DPSVA folge, dass das alte Deutsch-Polnische Abkommen anzuwenden sein. Denn Art. 27 DPSVA formuliere, dass das neue Abkommen für alle Versicherungszeiten und Arbeitsunfälle gelte, die nach dem 31.12.1990 im Hoheitsgebiet eines Vertragsstaats zurückgelegt worden oder eingetreten seien. Umgekehrt seien zuvor eingetretene Versicherungsfälle nach dem alten Abkommen zu entschädigen.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgericht Aachen vom 26.04.2007 zu ändern und die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 19.11.2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27.04.2005 zu verurteilen, der durch Bescheid vom 19.11.2004 zuerkannten Verletztenrente einen Jahresarbeitsverdienst von mindestens 18.540,67 Euro bezogen auf das Jahr 1981/82, hilfsweise 17.137,00 Euro bezogen auf das Jahr 2003 zugrunde zu legen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält an ihrer Rechtsauffassung fest.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsakte der Beklagten, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung ist unbegründet. Zurecht hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Der Bescheid der Beklagten vom 19.11.2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27.04.2005 beschwert den Kläger nicht in seinen Rechten gemäß § 54 Abs. 2 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG). Diese Bescheide sind rechtmäßig. Denn die Beklagte hat die Höhe des der Berechnung der Verletztenrente zugrundliegenden Jahresarbeitsverdienst zutreffend bestimmt. Insoweit bezieht sich der Senat zunächst auf die Gründe der erstinstanzlichen Entscheidung (§ 153 SGG).
Ergänzend weist der Senat darauf hin, dass die Feststellung des Jahresarbeitsverdienstes nach § 8 neue Fassung FRG (in der Fassung vom 25.09.1996, gültig ab dem 01.01.1997, BGBl. I 1461) und nicht nach § 8 FRG alte Fassung (gültig vom 01.08.1991 bis zum 06.05.1996 in der Fassung des Rentenüberleitungsgesetzes vom 25.07.1991, BGBl. I 1606) zu erfolgen hatte. Die Frage, welche Fassung des § 8 FRG gilt, ist in Art. 6 § 2 Abs. 1 FANG (in der Fassung vom 01.01.1997 bis 30.04.2004, eingeführt durch Rentenüberleitungsgesetz vom 25.07.1991, BGBl. I 1606) geregelt. Hinsichtlich der Anwendung des § 8 FRG im Verhältnis zu Polen enthält Art. 6 § 2 Abs. 1 Satz 1 lit. b eine Spezialregelung. Danach findet § 8 FRG a.F. nur Anwendung für die Abkommensfälle des DPSVA 1975. In allen anderen Fällen gilt § 8 n.F. FRG.
Art. 27 Abs. 3 DPSVA 1990 bestimmt für eine Übersiedlung nach Deutschland vor dem 01.01.1990 nicht pauschal die Weiteranwendung des Abkommens aus 1975, sondern nur hinsichtlich der Ansprüche und Anwartschaften aus bis zur Einreise zurückgelegten Versicherungszeiten. Bei lediglich vorliegender Exposition in Polen und erst später in Deutschland eingetretenem Versicherungsfall kann von einer Anwartschaft auf die spätere Berufskrankheit nicht ausgegangen werden. Der Versicherungsfall wurde bei dem Kläger rechtskräftig erst zum 27.02.2003 festgestellt. Dies verbietet mithin eine Anwendung des alten Rechts.
Insofern kann der Senat auch den Ausführungen des Klägers zum Übergangsrecht nach § 27 Abs. 3 DPSVA nicht beitreten. Denn dieser setzt gerade das Vorliegen eines Anspruchs voraus, den der Kläger erst mit der Festsetzung des Leistungsfalls und Auszahlungsanspruchs der Verletztenrente erfüllt (vgl. auch Urteil des BSG vom 28.01.1993, 2 RU 15/92).
Der Senat hat auch keine Bedenken, dass die angewandte Berechungsmethode die Zielvorstellung des Gesetzgebers, zugewanderte Personen rentenrechtlich so zustellen, als ob sie im Bundesgebiet beschäftigt gewesen wären (vgl. amtliche Begründung zum Regierungsentwurf des FANG, BT- Drucks 3/1109, allgemeiner Teil S. 36 und auch BT-Drucks. 7/4310 vom 14. November 1975) beachtet. Der Jahresarbeitsverdienst wurde anhand der Einstufung des Klägers in der 4. Qualifikationsgruppe des Wirtschaftsbereiches "Energie- und Brennstoffindustrie" entsprechend der Tätigkeit des Klägers als Schießbergmann unter Tage festgesetzt. Zudem wurde nach § 84 SGB VII entsprechend dem Günstigkeitsprinzip als Zeitpunkt des Versicherungsfalls der letzte Tag der Verrichtung der versicherten Tätigkeit als maßgeblich angesehen. Dadurch wird der Kläger inländischen Versicherten gleichgestellt.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Anlass, die Revision zu zulassen, hat nicht bestanden (§ 160 Abs. 2 SGG).
Rechtskraft
Aus
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