Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
8
1. Instanz
SG Mannheim (BWB)
Aktenzeichen
S 9 AL 1546/06
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 8 AL 4601/07
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 7. August 2007 wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass dem Kläger ab dem 30. Dezember 2005 Arbeitslosengeld in gesetzlicher Höhe zu zahlen ist.
Die Beklagte hat dem Kläger seine außergerichtlichen Kosten des Berufungsverfahrens zu erstatten.
Gründe:
I.
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob beim Kläger eine Sperrzeit von 12 Wochen eingetreten ist.
Der am 1961 geborene Kläger war von 19.10.1992 bis 17.11.2005 als Lagerarbeiter bei der Firma M. M. GmbH in K. versicherungspflichtig beschäftigt. Das Arbeitsverhältnis wurde durch einen Aufhebungsvertrag vom 17.11.2005 zum 17.11.2005 beendet. Als Ausgleich für den Verlust des Arbeitsplatzes wurde in dem Aufhebungsvertrag eine Abfindung in Höhe von brutto 5.000 EUR vereinbart. Der Kläger verzichtete darauf, den Fortbestand seines Arbeitsverhältnisses geltend zu machen. Im einjährigen Bemessungsrahmen erzielte der Kläger ein tägliches Entgelt in Höhe von 59,42 EUR (20.145,00 EUR an 339 Tagen).
Am 25.11.2005 meldete sich der Kläger bei der Agentur für Arbeit Mannheim (AA) arbeitslos und beantragte Arbeitslosengeld (Alg). Mit Bescheid vom 20.02.2006 stellte die AA den Eintritt einer Sperrzeit vom 18.11.2005 bis 09.02.2006 sowie ein Minderung des Anspruchs auf Arbeitslosengeld (Alg) um 90 Tage - ein Viertel der Anspruchsdauer - fest.
Gegen den Bescheid vom 20.02.2006 legte der Kläger am 23.02.2006 Widerspruch ein. Er machte zur Begründung geltend, hätte er den Aufhebungsvertrag nicht geschlossen, wäre er wegen einer Übernahme seines Arbeitgebers durch eine andere Firma gekündigt worden. Wegen der Firmenübernahme sei ein Drittel der Belegschaft entlassen worden. Die vereinbarte Abfindung sei bis heute nicht an ihn bezahlt worden, da der Betrag wegen Lohnsteuer, Sachpfändungen und Pfändungsgebühr sowie Sozialabgaben u.a. abgeführt worden sei. Wegen seiner Arbeitslosigkeit befinde er sich derzeit in einer sehr großen finanziellen Notlage. Er sei nicht mehr in der Lage, seine Verpflichtungen zu begleichen. Die Initiative zum Abschluss des Aufhebungsvertrages sei von seinem ehemaligen Arbeitgeber ausgegangen. Ihm sei gesagt worden, er werde die Kündigung bekommen und dass er deswegen besser dem Aufhebungsvertrag zustimmen solle. Er sei nicht verpflichtet, sich gegen eine offensichtlich rechtswidrige Kündigung zur Wehr zu setzen. Er sei eine halbe Stunde vor Dienstschluss in die Personalabteilung gerufen worden. Man habe ihm eröffnet, dass er ohne wenn und aber gekündigt werde. Ihm sei gesagt worden, er werde besser fahren, wenn er sich durch Unterschrift unter einen vorgefertigten Vertrag schon jetzt mit der Auflösung des Arbeitsverhältnisses einverstanden erkläre. Er habe seinem bisherigen Vorgesetzten vertraut und unterschrieben. Nach dem objektiven Geschehensablauf sei vorliegend also eine Kündigung für das Lösen des Beschäftigungsverhältnisses kausal. Die ihm drohende Kündigung gebe Anlass zur Prüfung eines wichtigen Grundes für die Lösung vom Beschäftigungsverhältnis. Er sei unerfahren und habe sich auf die Worte seitens der Geschäftsleitung verlassen, weshalb er zugestimmt habe. Ihm sei gesagt worden, ihm gingen beim Arbeitsamt keinerlei Rechte verloren. Deshalb habe er den Vertrag unterschrieben und sich bei der AA arbeitslos gemeldet. Er habe weder vorsätzlich noch grob fahrlässig im Hinblick auf seine Arbeitslosigkeit gehandelt. Ihm seien im Rahmen des Personalgespräches klare Vorgaben gegeben worden, was alles zu tun sei, damit angeblich keine Rechte verloren gingen. Er habe sich darauf verlassen.
Mit Bescheid vom 23.02.2006 bewilligte die AA dem Kläger ab 24.02.2006 bis 11.11.2006 Alg in Höhe von täglich 23,89 EUR.
Mit weiterem, vorliegend nicht streitgegenständlichen Bescheid vom 23.02.2006 stellte die AA beim Kläger außerdem den Eintritt einer Sperrzeit vom 01.02.2006 bis 14.02.2006 fest, da der Kläger der Aufforderung zum Nachweis von Eigenbemühungen bis zum 31.01.2006 trotz Belehrung über die Rechtsfolgen nicht nachgekommen sei, ohne für sein Verhalten einen wichtigen Grund mitzuteilen. Außerdem forderte die AA vom Kläger unter Aufhebung der Bewilligung von Alg zu Unrecht erbrachte Leistungen in Höhe von insgesamt 459,95 EUR zurück. Die Sperrzeit mindere seinen Anspruch auf Alg um 14 Tage. Gegen diesen Bescheid legte der Kläger am 06.03.2006 Widerspruch ein. Daraufhin hob die AA mit Abhilfebescheid vom 27.04.2006 den Bescheid vom 23.02.2006 auf.
Mit Widerspruchsbescheid vom 11.04.2006 wies die AA den Widerspruch des Klägers gegen den Bescheid vom 20.02.2006 zurück. Zur Begründung wurde ausgeführt, bei Einhaltung der Kündigungsfrist hätte die Kündigung frühestens zum 31.12.2005 erfolgen können. Der Kläger habe Anlass für die Feststellung einer Sperrzeit gegeben. Gründe, die es rechtfertigten, die Sperrzeit zu reduzieren, seien nicht zu erkennen. Im Falle des Klägers mindere sich die Anspruchsdauer auf Alg um 90 Tage.
Hiergegen erhob der Kläger am 12.05.2006 Klage beim Sozialgericht Mannheim (SG). Er wiederholte zur Begründung sein bisheriges Vorbringen.
Das SG hörte den vormaligen Arbeitgeber des Klägers schriftlich als Zeuge an, der mit Schreiben vom 19.12.2006 Stellung nahm. Der Kläger erhob gegen diese Stellungnahme Einwendungen und schilderte den Ablauf des Personalgespräches am 17.11.2005 aus seiner Sicht.
Das SG hörte in nichtöffentlicher Sitzung am 09.05.2007 den Kläger an und vernahm die Zeugen M. , K. und Sch. zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses des Klägers. Auf die Niederschrift vom 09.05.2007 wird verwiesen. Die Beteiligten haben zum Ergebnis der Beweisaufnahme und zur Frage eines Härtefalles schriftlich Stellung genommen.
Mit Urteil vom 07.08.2007 verkürzte das SG unter Abänderung des Bescheides vom 20.02.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11.04.2006 die Sperrzeit wegen eines Härtefalles auf sechs Wochen (18.11.2005 bis 29.12.2005; Kürzung der Anspruchsdauer um 42 Tage) und verurteilte die Beklagte, dem Kläger bereits ab "30.12.2006" (gemeint ist 2005) Alg in gesetzlicher Höhe zu zahlen. Im Übrigen wies es die Klage ab. Zur Begründung führte das SG aus, die Grundvoraussetzungen des Sperrzeittatbestandes des § 144 SGB III seien beim Kläger erfüllt. Der Kläger habe durch die Zustimmung zu dem Aufhebungsvertrag seine sofortige Arbeitslosigkeit verschuldet herbeigeführt. Er könne sich nicht auf einen wichtigen Grund berufen. Das Gericht gehe aber zugunsten des Klägers davon aus, dass die Regeldauer der Sperrzeit von zwölf Wochen unverhältnismäßig ist, so dass ein Härtefall vorliege. Nach § 143a SGB III ergebe sich eine Ruhenszeit von 40,2 Tage, die der Zahlung von Alg ab dem 30.12.2005 nicht entgegen stehe.
Gegen das der Beklagten am 21.08.2007 zugestellte Urteil hat sie am 20.09.2007 Berufung eingelegt. Sie hat zur Begründung vorgetragen, das SG habe zutreffend festgestellt, dass beim Kläger die Voraussetzungen für den Eintritt einer Sperrzeit gemäß § 144 SGB III erfüllt seien. Das Vorliegen einer besonderen Härte könne jedoch nicht bejaht werden. Die Argumentation des SG, der Arbeitgeber sei entschlossen und willens gewesen, das Arbeitsverhältnis mit dem Kläger auf jeden Fall zu beenden, sei nicht ausreichend fundiert. Sie stelle eine bloße Vermutung und keine Tatsache dar. Aufgrund der Dauer der Betriebszugehörigkeit des Klägers von 13 Jahren wäre ein betriebsbedingte Kündigung nur mit einer Kündigungsfrist von 4 Monaten und gemäß § 1a KSchG gegen eine Abfindung in Höhe von 10.911,88 EUR möglich gewesen. Insofern habe der Kläger fahrlässig auf seinen erweiterten Kündigungsschutz als auch auf eine höhere Abfindung verzichtet. Im Übrigen wäre bei einer Kündigung wegen Unzuverlässigkeit sowie arbeitsvertragswidrigem Verhaltens eine Sperrzeit von 12 Wochen ebenfalls gerechtfertigt gewesen. Es lägen keine Tatsachen vor, welche den Eintritt einer Regelsperrzeit als unverhältnismäßig erscheinen ließen. Der Kläger könne sich auch nicht darauf berufen, sich unverschuldet im Irrtum über das Vorliegen eines wichtigen Grundes befunden zu haben. Die Voraussetzungen für eine besondere Härte lägen deshalb nicht vor.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 7. August 2007 abzuändern und die Klage des Klägers insgesamt abzuweisen.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
die Berufung zurückzuweisen.
Er hat zur Begründung auf sein bisheriges Vorbringen verwiesen.
Die Beteiligten sind mit Senatsschreiben vom 08.02.2008 darauf hingewiesen worden, dass der Senat beabsichtigt, über die Berufung ohne mündliche Verhandlung ohne ehrenamtliche Richter gemäß § 153 Abs. 4 Sozialgerichtsgesetz (SGG) durch Beschluss zu entscheiden und hat ihnen Gelegenheit gegeben, sich hierzu und zur Sache bis 01.03.2008 zu äußern.
Wegen Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz sowie ein Band Akten der Beklagten verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Der Senat entscheidet gemäß § 153 Abs. 4 SGG durch Beschluss, da er die Berufung einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Die Beteiligten sind hierzu gehört worden.
Die formgerecht eingelegte Berufung der Beklagten ist gemäß den §§ 143, 144, 151 SGG zulässig, jedoch nicht begründet.
Streitgegenstand des vorliegenden Rechtsstreites ist der Bescheid der Beklagten vom 20.02.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11.04.2006 über den Eintritt einer Sperrzeit vom 18.11.2005 bis 09.02.2006. Nachdem das SG mit dem angefochtenen Urteil die Sperrzeit auf den Zeitraum vom 18.11.2005 bis 29.12.2005 verkürzt hat, kommt eine Verpflichtung der Beklagten, Alg zu bezahlen, nur ab dem 30.12.2005 - und nicht wie vom SG im Tenor seines Urteils ausgesprochen ab dem 30.12.2006 - in Betracht. Dies hat das SG in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils auch zu Grunde gelegt (Seite 7 Abs. 1). Dem entspricht die vom Senat im Tenor ausgesprochene Maßgabe. Mit dieser Maßgabe ist die Berufung der Beklagten unbegründet.
Das SG hat die für die Entscheidung des vorliegenden Rechtsstreites maßgeblichen Rechtsvorschriften und Grundsätze im angefochtenen Urteil vollständig und zutreffend dargestellt. Hierauf nimmt der Senat Bezug.
Der Senat gelangt nach eigener Überprüfung ebenfalls zu der Überzeugung, dass beim Kläger (jedenfalls) der Eintritt der Regeldauer der Sperrzeit von zwölf Wochen unverhältnismäßig ist und dass eine Härtefall i.S.d. § 144 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2b SGB III vorliegt, der es rechtfertigt, die Sperrzeit auf 6 Wochen (vom 18.11.2005 bis 29.12.2005) zu kürzen und dass ein Ruhen des Alg-Anspruches wegen der Abfindung gemäß § 143a SGB III einem Zahlungsanspruch des Klägers ab dem 30.12.2005 nicht entgegen steht. Der Senat schließt sich den hierzu vom SG in den Entscheidungsgründen gemachten Ausführung voll umfänglich an, auf die er zur Begründung seiner eigenen Entscheidung verweist (§ 153 Abs. 2 SGG).
Ergänzend bleibt im Hinblick auf das Berufungsvorbringen der Beklagten auszuführen:
Nach den Angaben der vom SG vernommenen Zeugen M. (" , dass vorgesehen war, dass sich das Unternehmen vom Kläger trennen sollte. der Kläger wäre sonst gekündigt worden."), K. ("Es ist richtig, wenn der Kläger den Aufhebungsvertrag nicht unterschrieben hätte, wäre er gekündigt worden.") und Sch. ("Ich gehe davon aus, wenn der Kläger den Aufhebungsvertrag nicht unterschrieben hätte, wäre eine Kündigung erfolgt, man kann sagen, dass er ein Kündigungskandidat war."), kann die Beklagte die Argumentation des SG, der Arbeitgeber sei entschlossen und willens gewesen, das Arbeitsverhältnis mit dem Kläger auf jeden Fall zu beenden, nicht mit Erfolg als nicht ausreichend fundiert bzw. als bloße Vermutung angreifen. Die Beklagte nimmt entweder diese klaren Angaben der Zeugen nicht zur Kenntnis oder nimmt eine unrichtige Würdigung der Aussagen vor. Vielmehr bestätigen die Aussagen der vernommen Zeugen, an deren Richtigkeit der Senat kein Zweifel hat und die von der Beklagten auch nicht in Zweifel gezogen werden, auch die Schlussfolgerung des SG, dass das Arbeitsverhältnis des Klägers aufgrund der Personalplanung des Arbeitgebers massiv gefährdet war und dass der Arbeitgeber den Kläger nach dem Verlauf des Personalgespräches am 17.11.2005 vor vollendete Tatsachen stellen wollte. Dem entsprechen auch die vom Kläger im Verlaufe des Verfahrens im Wesentlichen gleichbleibend gemachten Angaben zum Verlauf des Gespräches am 17.11.2005. Damit stand der Kläger bei der Beendigung seines Arbeitsverhältnisses am 17.11.2005 in einer besonderen Ausnahmesituation, die es auch nach Ansicht des Senates rechtfertigt, beim Kläger vom Vorliegen einer besonderen Härte auszugehen. Soweit die Beklagte weiter einwendet, aufgrund der Dauer der Betriebszugehörigkeit des Klägers von 13 Jahren wäre ein betriebsbedingte Kündigung nur mit einer Kündigungsfrist von 4 Monaten und gemäß § 1a KSchG gegen eine Abfindung in Höhe von 10.911 EUR möglich gewesen, spricht dies eher für die Annahme eines besonderen Härtefalles als dagegen. Ob eine verhaltensbedingte Kündigung des Klägers eine Sperrzeit von zwölf Wochen gerechtfertigt hätte, ist unerheblich, da eine solche Kündigung nicht kausal für die Arbeitslosigkeit des Klägers ist. Schließlich kommt es nicht darauf an, ob sich der Kläger unverschuldet im Irrtum über das Vorliegen eines wichtigen Grundes befunden hat. Hierauf hat das SG im Übrigen zur Begründung seiner Entscheidung auch nicht abgestellt.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Die Beklagte hat dem Kläger seine außergerichtlichen Kosten des Berufungsverfahrens zu erstatten.
Gründe:
I.
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob beim Kläger eine Sperrzeit von 12 Wochen eingetreten ist.
Der am 1961 geborene Kläger war von 19.10.1992 bis 17.11.2005 als Lagerarbeiter bei der Firma M. M. GmbH in K. versicherungspflichtig beschäftigt. Das Arbeitsverhältnis wurde durch einen Aufhebungsvertrag vom 17.11.2005 zum 17.11.2005 beendet. Als Ausgleich für den Verlust des Arbeitsplatzes wurde in dem Aufhebungsvertrag eine Abfindung in Höhe von brutto 5.000 EUR vereinbart. Der Kläger verzichtete darauf, den Fortbestand seines Arbeitsverhältnisses geltend zu machen. Im einjährigen Bemessungsrahmen erzielte der Kläger ein tägliches Entgelt in Höhe von 59,42 EUR (20.145,00 EUR an 339 Tagen).
Am 25.11.2005 meldete sich der Kläger bei der Agentur für Arbeit Mannheim (AA) arbeitslos und beantragte Arbeitslosengeld (Alg). Mit Bescheid vom 20.02.2006 stellte die AA den Eintritt einer Sperrzeit vom 18.11.2005 bis 09.02.2006 sowie ein Minderung des Anspruchs auf Arbeitslosengeld (Alg) um 90 Tage - ein Viertel der Anspruchsdauer - fest.
Gegen den Bescheid vom 20.02.2006 legte der Kläger am 23.02.2006 Widerspruch ein. Er machte zur Begründung geltend, hätte er den Aufhebungsvertrag nicht geschlossen, wäre er wegen einer Übernahme seines Arbeitgebers durch eine andere Firma gekündigt worden. Wegen der Firmenübernahme sei ein Drittel der Belegschaft entlassen worden. Die vereinbarte Abfindung sei bis heute nicht an ihn bezahlt worden, da der Betrag wegen Lohnsteuer, Sachpfändungen und Pfändungsgebühr sowie Sozialabgaben u.a. abgeführt worden sei. Wegen seiner Arbeitslosigkeit befinde er sich derzeit in einer sehr großen finanziellen Notlage. Er sei nicht mehr in der Lage, seine Verpflichtungen zu begleichen. Die Initiative zum Abschluss des Aufhebungsvertrages sei von seinem ehemaligen Arbeitgeber ausgegangen. Ihm sei gesagt worden, er werde die Kündigung bekommen und dass er deswegen besser dem Aufhebungsvertrag zustimmen solle. Er sei nicht verpflichtet, sich gegen eine offensichtlich rechtswidrige Kündigung zur Wehr zu setzen. Er sei eine halbe Stunde vor Dienstschluss in die Personalabteilung gerufen worden. Man habe ihm eröffnet, dass er ohne wenn und aber gekündigt werde. Ihm sei gesagt worden, er werde besser fahren, wenn er sich durch Unterschrift unter einen vorgefertigten Vertrag schon jetzt mit der Auflösung des Arbeitsverhältnisses einverstanden erkläre. Er habe seinem bisherigen Vorgesetzten vertraut und unterschrieben. Nach dem objektiven Geschehensablauf sei vorliegend also eine Kündigung für das Lösen des Beschäftigungsverhältnisses kausal. Die ihm drohende Kündigung gebe Anlass zur Prüfung eines wichtigen Grundes für die Lösung vom Beschäftigungsverhältnis. Er sei unerfahren und habe sich auf die Worte seitens der Geschäftsleitung verlassen, weshalb er zugestimmt habe. Ihm sei gesagt worden, ihm gingen beim Arbeitsamt keinerlei Rechte verloren. Deshalb habe er den Vertrag unterschrieben und sich bei der AA arbeitslos gemeldet. Er habe weder vorsätzlich noch grob fahrlässig im Hinblick auf seine Arbeitslosigkeit gehandelt. Ihm seien im Rahmen des Personalgespräches klare Vorgaben gegeben worden, was alles zu tun sei, damit angeblich keine Rechte verloren gingen. Er habe sich darauf verlassen.
Mit Bescheid vom 23.02.2006 bewilligte die AA dem Kläger ab 24.02.2006 bis 11.11.2006 Alg in Höhe von täglich 23,89 EUR.
Mit weiterem, vorliegend nicht streitgegenständlichen Bescheid vom 23.02.2006 stellte die AA beim Kläger außerdem den Eintritt einer Sperrzeit vom 01.02.2006 bis 14.02.2006 fest, da der Kläger der Aufforderung zum Nachweis von Eigenbemühungen bis zum 31.01.2006 trotz Belehrung über die Rechtsfolgen nicht nachgekommen sei, ohne für sein Verhalten einen wichtigen Grund mitzuteilen. Außerdem forderte die AA vom Kläger unter Aufhebung der Bewilligung von Alg zu Unrecht erbrachte Leistungen in Höhe von insgesamt 459,95 EUR zurück. Die Sperrzeit mindere seinen Anspruch auf Alg um 14 Tage. Gegen diesen Bescheid legte der Kläger am 06.03.2006 Widerspruch ein. Daraufhin hob die AA mit Abhilfebescheid vom 27.04.2006 den Bescheid vom 23.02.2006 auf.
Mit Widerspruchsbescheid vom 11.04.2006 wies die AA den Widerspruch des Klägers gegen den Bescheid vom 20.02.2006 zurück. Zur Begründung wurde ausgeführt, bei Einhaltung der Kündigungsfrist hätte die Kündigung frühestens zum 31.12.2005 erfolgen können. Der Kläger habe Anlass für die Feststellung einer Sperrzeit gegeben. Gründe, die es rechtfertigten, die Sperrzeit zu reduzieren, seien nicht zu erkennen. Im Falle des Klägers mindere sich die Anspruchsdauer auf Alg um 90 Tage.
Hiergegen erhob der Kläger am 12.05.2006 Klage beim Sozialgericht Mannheim (SG). Er wiederholte zur Begründung sein bisheriges Vorbringen.
Das SG hörte den vormaligen Arbeitgeber des Klägers schriftlich als Zeuge an, der mit Schreiben vom 19.12.2006 Stellung nahm. Der Kläger erhob gegen diese Stellungnahme Einwendungen und schilderte den Ablauf des Personalgespräches am 17.11.2005 aus seiner Sicht.
Das SG hörte in nichtöffentlicher Sitzung am 09.05.2007 den Kläger an und vernahm die Zeugen M. , K. und Sch. zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses des Klägers. Auf die Niederschrift vom 09.05.2007 wird verwiesen. Die Beteiligten haben zum Ergebnis der Beweisaufnahme und zur Frage eines Härtefalles schriftlich Stellung genommen.
Mit Urteil vom 07.08.2007 verkürzte das SG unter Abänderung des Bescheides vom 20.02.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11.04.2006 die Sperrzeit wegen eines Härtefalles auf sechs Wochen (18.11.2005 bis 29.12.2005; Kürzung der Anspruchsdauer um 42 Tage) und verurteilte die Beklagte, dem Kläger bereits ab "30.12.2006" (gemeint ist 2005) Alg in gesetzlicher Höhe zu zahlen. Im Übrigen wies es die Klage ab. Zur Begründung führte das SG aus, die Grundvoraussetzungen des Sperrzeittatbestandes des § 144 SGB III seien beim Kläger erfüllt. Der Kläger habe durch die Zustimmung zu dem Aufhebungsvertrag seine sofortige Arbeitslosigkeit verschuldet herbeigeführt. Er könne sich nicht auf einen wichtigen Grund berufen. Das Gericht gehe aber zugunsten des Klägers davon aus, dass die Regeldauer der Sperrzeit von zwölf Wochen unverhältnismäßig ist, so dass ein Härtefall vorliege. Nach § 143a SGB III ergebe sich eine Ruhenszeit von 40,2 Tage, die der Zahlung von Alg ab dem 30.12.2005 nicht entgegen stehe.
Gegen das der Beklagten am 21.08.2007 zugestellte Urteil hat sie am 20.09.2007 Berufung eingelegt. Sie hat zur Begründung vorgetragen, das SG habe zutreffend festgestellt, dass beim Kläger die Voraussetzungen für den Eintritt einer Sperrzeit gemäß § 144 SGB III erfüllt seien. Das Vorliegen einer besonderen Härte könne jedoch nicht bejaht werden. Die Argumentation des SG, der Arbeitgeber sei entschlossen und willens gewesen, das Arbeitsverhältnis mit dem Kläger auf jeden Fall zu beenden, sei nicht ausreichend fundiert. Sie stelle eine bloße Vermutung und keine Tatsache dar. Aufgrund der Dauer der Betriebszugehörigkeit des Klägers von 13 Jahren wäre ein betriebsbedingte Kündigung nur mit einer Kündigungsfrist von 4 Monaten und gemäß § 1a KSchG gegen eine Abfindung in Höhe von 10.911,88 EUR möglich gewesen. Insofern habe der Kläger fahrlässig auf seinen erweiterten Kündigungsschutz als auch auf eine höhere Abfindung verzichtet. Im Übrigen wäre bei einer Kündigung wegen Unzuverlässigkeit sowie arbeitsvertragswidrigem Verhaltens eine Sperrzeit von 12 Wochen ebenfalls gerechtfertigt gewesen. Es lägen keine Tatsachen vor, welche den Eintritt einer Regelsperrzeit als unverhältnismäßig erscheinen ließen. Der Kläger könne sich auch nicht darauf berufen, sich unverschuldet im Irrtum über das Vorliegen eines wichtigen Grundes befunden zu haben. Die Voraussetzungen für eine besondere Härte lägen deshalb nicht vor.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 7. August 2007 abzuändern und die Klage des Klägers insgesamt abzuweisen.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
die Berufung zurückzuweisen.
Er hat zur Begründung auf sein bisheriges Vorbringen verwiesen.
Die Beteiligten sind mit Senatsschreiben vom 08.02.2008 darauf hingewiesen worden, dass der Senat beabsichtigt, über die Berufung ohne mündliche Verhandlung ohne ehrenamtliche Richter gemäß § 153 Abs. 4 Sozialgerichtsgesetz (SGG) durch Beschluss zu entscheiden und hat ihnen Gelegenheit gegeben, sich hierzu und zur Sache bis 01.03.2008 zu äußern.
Wegen Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz sowie ein Band Akten der Beklagten verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Der Senat entscheidet gemäß § 153 Abs. 4 SGG durch Beschluss, da er die Berufung einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Die Beteiligten sind hierzu gehört worden.
Die formgerecht eingelegte Berufung der Beklagten ist gemäß den §§ 143, 144, 151 SGG zulässig, jedoch nicht begründet.
Streitgegenstand des vorliegenden Rechtsstreites ist der Bescheid der Beklagten vom 20.02.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11.04.2006 über den Eintritt einer Sperrzeit vom 18.11.2005 bis 09.02.2006. Nachdem das SG mit dem angefochtenen Urteil die Sperrzeit auf den Zeitraum vom 18.11.2005 bis 29.12.2005 verkürzt hat, kommt eine Verpflichtung der Beklagten, Alg zu bezahlen, nur ab dem 30.12.2005 - und nicht wie vom SG im Tenor seines Urteils ausgesprochen ab dem 30.12.2006 - in Betracht. Dies hat das SG in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils auch zu Grunde gelegt (Seite 7 Abs. 1). Dem entspricht die vom Senat im Tenor ausgesprochene Maßgabe. Mit dieser Maßgabe ist die Berufung der Beklagten unbegründet.
Das SG hat die für die Entscheidung des vorliegenden Rechtsstreites maßgeblichen Rechtsvorschriften und Grundsätze im angefochtenen Urteil vollständig und zutreffend dargestellt. Hierauf nimmt der Senat Bezug.
Der Senat gelangt nach eigener Überprüfung ebenfalls zu der Überzeugung, dass beim Kläger (jedenfalls) der Eintritt der Regeldauer der Sperrzeit von zwölf Wochen unverhältnismäßig ist und dass eine Härtefall i.S.d. § 144 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2b SGB III vorliegt, der es rechtfertigt, die Sperrzeit auf 6 Wochen (vom 18.11.2005 bis 29.12.2005) zu kürzen und dass ein Ruhen des Alg-Anspruches wegen der Abfindung gemäß § 143a SGB III einem Zahlungsanspruch des Klägers ab dem 30.12.2005 nicht entgegen steht. Der Senat schließt sich den hierzu vom SG in den Entscheidungsgründen gemachten Ausführung voll umfänglich an, auf die er zur Begründung seiner eigenen Entscheidung verweist (§ 153 Abs. 2 SGG).
Ergänzend bleibt im Hinblick auf das Berufungsvorbringen der Beklagten auszuführen:
Nach den Angaben der vom SG vernommenen Zeugen M. (" , dass vorgesehen war, dass sich das Unternehmen vom Kläger trennen sollte. der Kläger wäre sonst gekündigt worden."), K. ("Es ist richtig, wenn der Kläger den Aufhebungsvertrag nicht unterschrieben hätte, wäre er gekündigt worden.") und Sch. ("Ich gehe davon aus, wenn der Kläger den Aufhebungsvertrag nicht unterschrieben hätte, wäre eine Kündigung erfolgt, man kann sagen, dass er ein Kündigungskandidat war."), kann die Beklagte die Argumentation des SG, der Arbeitgeber sei entschlossen und willens gewesen, das Arbeitsverhältnis mit dem Kläger auf jeden Fall zu beenden, nicht mit Erfolg als nicht ausreichend fundiert bzw. als bloße Vermutung angreifen. Die Beklagte nimmt entweder diese klaren Angaben der Zeugen nicht zur Kenntnis oder nimmt eine unrichtige Würdigung der Aussagen vor. Vielmehr bestätigen die Aussagen der vernommen Zeugen, an deren Richtigkeit der Senat kein Zweifel hat und die von der Beklagten auch nicht in Zweifel gezogen werden, auch die Schlussfolgerung des SG, dass das Arbeitsverhältnis des Klägers aufgrund der Personalplanung des Arbeitgebers massiv gefährdet war und dass der Arbeitgeber den Kläger nach dem Verlauf des Personalgespräches am 17.11.2005 vor vollendete Tatsachen stellen wollte. Dem entsprechen auch die vom Kläger im Verlaufe des Verfahrens im Wesentlichen gleichbleibend gemachten Angaben zum Verlauf des Gespräches am 17.11.2005. Damit stand der Kläger bei der Beendigung seines Arbeitsverhältnisses am 17.11.2005 in einer besonderen Ausnahmesituation, die es auch nach Ansicht des Senates rechtfertigt, beim Kläger vom Vorliegen einer besonderen Härte auszugehen. Soweit die Beklagte weiter einwendet, aufgrund der Dauer der Betriebszugehörigkeit des Klägers von 13 Jahren wäre ein betriebsbedingte Kündigung nur mit einer Kündigungsfrist von 4 Monaten und gemäß § 1a KSchG gegen eine Abfindung in Höhe von 10.911 EUR möglich gewesen, spricht dies eher für die Annahme eines besonderen Härtefalles als dagegen. Ob eine verhaltensbedingte Kündigung des Klägers eine Sperrzeit von zwölf Wochen gerechtfertigt hätte, ist unerheblich, da eine solche Kündigung nicht kausal für die Arbeitslosigkeit des Klägers ist. Schließlich kommt es nicht darauf an, ob sich der Kläger unverschuldet im Irrtum über das Vorliegen eines wichtigen Grundes befunden hat. Hierauf hat das SG im Übrigen zur Begründung seiner Entscheidung auch nicht abgestellt.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
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