Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
7
1. Instanz
SG Mannheim (BWB)
Aktenzeichen
S 8 SO 557/08 ER
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 7 AS 1312/08 ER-B
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Mannheim vom 4. März 2008 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe:
Die unter Beachtung der Vorschriften des §§ 172, 173 Sozialgerichtsgesetz (SGG) am 10. März 2008 eingelegte Beschwerde des Antragstellers gegen den ihm am 7. März 2008 zugestellten Beschluss des Sozialgerichts Mannheim (SG) vom 4. März 2008 ist zulässig; insbesondere ist sie statthaft. Aus Gründen des prozessualen Vertrauensschutzes (Bundesverfassungsgericht (BVerfG) DVBl 1992, 1531) findet die ab 1. April 2008 geltende Beschränkung der Beschwerdemöglichkeit nach der Neufassung des § 172 Abs. 3 Nr. 1 SGG (BGBl. I S. 444) auf die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens bereits eingelegte Beschwerde keine Anwendung; auf die Höhe des Beschwerdewertes kommt es daher nicht an. Die Beschwerde ist in der Sache jedoch nicht begründet.
Ob die vom Antragsteller mit der Beschwerde in erster Linie begehrte Zurückverweisung an das SG überhaupt mit der Eilbedürftigkeit als dem Grundgedanken des einstweiligen Rechtsschutzes vereinbar ist, kann offenbleiben. Denn die Voraussetzungen des dies in der Hauptsache zulassenden § 159 Abs. 1 SGG liegen nicht vor. Der vom Antragsteller gerügte Verstoß gegen den Amtsermittlungsgrundsatz wird nicht relevant; Gleiches gilt für eine ggf. vorliegende Verletzung des rechtlichen Gehörs wegen der Möglichkeit des Vortrags in der Beschwerde. Die Sache ist zur Entscheidung reif. Das SG hat den Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz im Ergebnis zurecht abgelehnt.
Nach § 86b Abs. 2 Satz 1 SGG kann das Gericht der Hauptsache, soweit nicht ein Fall des Abs. 1 a.a.O. vorliegt, eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint (Satz 2 a.a.O.).
Vorliegend kommt ein Rechtsschutz nach § 86b Abs. 1 SGG nicht in Betracht. Dieser ist statthaft, wenn dem Hauptsacherechtsbehelf ein eingreifender Verwaltungsakt zugrunde liegt, in der Hauptsache also die isolierte Anfechtungsklage statthaft wäre. Der Antragsteller begehrt die Auszahlung der Kosten der Unterkunft und Heizung an sich selbst. Er wendet sich damit gegen die Entscheidung des Antragsgegners, diese Leistung gem. § 22 Abs. 4 Zweites Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) unmittelbar an die Stadt L. (im Folgenden: Stadt) auszuzahlen, die die Unterkunft des Antragstellers zur Verfügung stellt. Diese Entscheidung stellt zwar einen eingreifenden Verwaltungsakt dar (vgl. a. Berlit in LPK-SGB II, 2. Aufl., § 22 Rdnr. 109); diese war vom Antragsgegner jedoch bereits im Bescheid vom 12. November 2007 getroffen worden. Dieser enthält in seinem Verfügungssatz zwar zunächst nur die Bewilligung von Kosten der Unterkunft für die Zeit vom 1. November 2007 bis 30. April 2008; in der Anlage, die durch Bezugnahme zum Bestandteil des Bescheides geworden ist, hatte der Antragsgegner allerdings die Auszahlung der Leistung an die Stadt angeordnet. Gegen den Bescheid vom 12. November 2007 hatte der Antragsteller am 18. Dezember 2007 Widerspruch erhoben, der sich aber nur auf die Art der Leistung (Sozialhilfe statt Alg II) bezog und sich daher nicht gegen die eigenständige Regelung über die Auszahlung an die Stadt wandte. Diese Regelung ist mangels fristgerechter Anfechtung bestandskräftig geworden (§ 77 SGG). Das Begehren des Antragstellers richtet sich daher auf die Aufhebung dieser bestandskräftigen Regelung mit Wirkung für die Zukunft (ab seinem entsprechenden Antrag gegenüber dem Antragsgegner vom 11. Februar 2008). Dieses Aufhebungsbegehren, das seine Rechtsgrundlage in § 44 Abs. 2 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch (SGB X) findet, ist im einstweiligen Rechtsschutz nur im Wege einer einstweiligen Anordnung nach § 86b Abs. 2 S. 2 SGG (Regelungsanordnung) zu verfolgen.
Der Erlass einer einstweiligen Anordnung verlangt grundsätzlich die - summarische - Prüfung der Erfolgsaussichten in der Hauptsache sowie die Erforderlichkeit einer vorläufigen gerichtlichen Entscheidung (ständige Rechtsprechung des Senats; vgl. z.B. Beschlüsse vom 1. August 2005 - L 7 AS 2875/05 ER-B - FEVS 57, 72 und vom 17. August 2005 - L 7 SO 2117/05 ER-B - FEVS 57, 164). Die Erfolgsaussicht des Hauptsacherechtsbehelfs (Anordnungsanspruch) und die Eilbedürftigkeit der erstrebten einstweiligen Regelung (Anordnungsgrund) sind glaubhaft zu machen (§ 86b Abs. 2 Satz 4 SGG i.V.m. § 920 Abs. 2 der Zivilprozessordnung (ZPO)); dabei sind die insoweit zu stellenden Anforderungen umso niedriger, je schwerer die mit der Versagung vorläufigen Rechtsschutzes verbundenen Belastungen - insbesondere auch mit Blick auf ihre Grundrechtsrelevanz - wiegen (vgl. Bundesverfassungsgericht (BVerfG) NJW 1997, 479; NJW 2003, 1236; NVwZ 2005, 927). Die Erfolgsaussichten der Hauptsache sind daher in Ansehung des sich aus Art. 1 Abs. 1 des Grundgesetzes ergebenden Gebots der Sicherstellung einer menschenwürdigen Existenz sowie des grundrechtlich geschützten Anspruchs auf effektiven Rechtsschutz u.U. nicht nur summarisch, sondern abschließend zu prüfen; ist im Eilverfahren eine vollständige Aufklärung der Sach- und Rechtslage nicht möglich, so ist bei besonders folgenschweren Beeinträchtigungen eine Güter- und Folgenabwägung unter Berücksichtigung der grundrechtlichen Belange des Antragstellers vorzunehmen (ständige Senatsrechtsprechung; vgl. etwa Senatsbeschlüsse vom 13. Oktober 2005 - L 7 SO 3804/05 ER-B - und vom 6. September 2007 - L 7 AS 4008/07 ER-B - (beide juris) unter Verweis auf die Rechtsprechung des BVerfG). Die Höhe der existenzsichernden Leistung steht vorliegend allerdings nicht im Streit, sondern allein die Art ihrer Auszahlung. Eine Unterschreitung des Existenzminimums und damit eine schwere und unzumutbare Beeinträchtigung in diesem Sinne kommt daher nicht in Betracht. Maßgeblich für die Beurteilung der Anordnungsvoraussetzungen sind regelmäßig die Verhältnisse im Zeitpunkt der gerichtlichen Eilentscheidung (ständige Senatsrechtsprechung; vgl. z.B. Senatsbeschlüsse vom 1. August 2005 - a.a.O. und vom 17. August 2005 - ; Funke-Kaiser in Bader u.a., 4. Auflage, §123 Rdnr. 62; Finkelnburg/Jank, Vorläufiger Rechtsschutz im Verwaltungsstreitverfahren, 4. Auflage, Rdnr. 1245).
Die Voraussetzungen für den Erlass einer einstweiligen Anordnung liegen nicht vor. Dem Begehren des Antragstellers fehlt es bereits am Anordnungsanspruch. Nach der hier gebotenen summarischen Prüfung ist die Entscheidung des Antragsgegners, die Kosten der Unterkunft an die Stadt auszuzahlen, rechtmäßig, so dass die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 44 Abs. 2 SGB X nicht vorliegen. Nach § 22 Abs. 4 SGB II sollen die Kosten der Unterkunft und Heizung vom kommunalen Träger an den Vermieter oder andere Empfangsberechtigte gezahlt werden, wenn die zweckentsprechende Verwendung durch den Hilfebedürftigen nicht sichergestellt ist. Eine solche Direktauszahlung setzt konkrete Zweifel an einer zweckkonformen Verwendung der Leistungen durch den Hilfebedürftigen voraus; die können durch Mietrückstände, die in der Vergangenheit aufgelaufen sind, ein krankheits- oder suchbedingtes Unvermögen zur sachgerechten Mittelverwendung oder die erkennbare Verwendung der Mittel zur Bestreitung des laufenden Lebensunterhalts begründet werden (Berlit in LPK-SGB II, 2. Aufl., § 22 Rdnr. 108). Diese Aufzählung ist jedoch nicht abschließend; in Betracht kommen alle Umstände, die es nahelegen, dass der Hilfebedürftige mit den ihm ausgezahlten Leistungen nicht die Kosten der Unterkunft und Heizung decken wird.
Der Senat kann offen lassen, ob der Umstand, dass der Antragsteller seine frühere Wohnung wegen Mietrückständen verloren hatte, einen Rückschluss auf eine zweckwidrige Verwendung ihm ausgezahlter Leistungen erlaubt. Vorrangiges Ziel des Antragstellers ist es, die Auszahlung der Kosten der Unterkunft durch den Antragsgegner an die Stadt in Höhe der vollen tatsächlichen Kosten zu verhindern, um einer Mietminderung vergleichbar angegebene Mängel der Unterkunft zu sanktionieren. Ausdrücklich hatte er in seinem Antragsschreiben an den Antragsgegner vom 11. Februar 2008 ausgeführt, er mindere den Zins für die Unterkunft, um gegenüber der Stadt ein Druckmittel in der Hand zu haben, den Missstand - die Einquartierung eines als zu laut empfundenen Bewohners - abzustellen. Der Antragsteller hat somit selbst angekündigt, die Leistungen für die Unterkunft nicht in vollem Umfange für den vorgesehenen Bedarf einzusetzen. Der Zweck der Leistungen kann daher nur sichergestellt werden, wenn der für die Kosten der Unterkunft und Heizung vorgesehene Teil nicht an den Antragsteller, sondern unmittelbar an die empfangsberechtigte Stadt ausgezahlt wird.
Mit dem SG ist der Senat der Auffassung, dass der Antragsteller nicht unter Heranziehung der zivilrechtlichen Vorschriften über die Minderung des Mietzinses berechtigt ist, teilweise das geschuldete Nutzungsentgelt, das die Kosten der Unterkunft des Antragstellers ausmacht, nicht zu zahlen. Eine unmittelbare Anwendung der mietvertraglichen Regelungen des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) scheidet bereits wegen des Fehlens eines Mietverhältnisses aus. Der Antragsteller bewohnt die von ihm genutzte Unterkunft unstreitig nicht aufgrund eines zivilrechtlichen Mietvertrages mit der Stadt. Vielmehr war der Antragsteller zur Vermeidung von Obdachlosigkeit aufgrund polizeirechtlicher Verfügung in diese Notunterkunft eingewiesen worden. Auch der Antragsteller hat nicht behauptet, er habe einen Mietvertrag abgeschlossen. Eine entsprechende Anwendung der Minderungsvorschrift des § 536 BGB kommt nicht in Betracht. Eine solche setzt neben einer unbeabsichtigten Regelungslücke eine vergleichbare Interessenlage voraus. Zumindest an letzterer fehlt es jedoch. Bereits die rechtlichen Grundlagen für die Zahlungsverpflichtung des jeweiligen Nutzers unterscheiden sich maßgeblich. Die zivilrechtlichen Vorschriften des BGB beruhen auf dem Leitbild eines ausgehandelten Vertrages, in den beide Parteien ihre Ziele ein- und in gegenseitigen Ausgleich bringen. Die Erhebung eines Nutzungsentgeltes bei polizeirechtlicher Einweisungsverfügung ist hingegen bei einer städtischen Obdachlosenunterkunft nur aufgrund einer satzungsrechtlichen Vorschrift auf Grundlage des Kommunalabgabengesetzes möglich. Das Nutzungsentgelt wird als Gebühr für die Nutzung einer öffentlichen Sache erhoben; ein Rückgriff auf zivilrechtliche Anspruchsgrundlagen (z.B. auch die ungerechtfertigte Bereicherung nach §§ 812 BGB) kommt nicht in Betracht (VGH Baden-Württemberg NVwZ-RR 1997, 123). Damit folgt auch die Bestimmung der Höhe des Nutzungsentgeltes anderen Wertungen und Voraussetzungen als die des Mietzinses nach BGB. Bei der Bestimmung des Mietzinses steht auf Seiten des Vermieters typischerweise das Interesse an der Gewinnerwirtschaftung; der Mieter hingegen erwirbt typischerweise ein auf längeres Wohnen gerichtetes Nutzungsrecht. Bei der Gebührenbemessung steht die Gewinnerzielung gerade nicht im Vordergrund; vielmehr dürfen die Gebühren höchstens so bemessen werden, dass die nach betriebswirtschaftlichen Grundsätzen insgesamt ansatzfähigen Kosten der Einrichtung gedeckt werden (§ 14 Abs. 1 S. 1 Kommunalabgabengesetz Baden-Württemberg). Der hinter der Minderung nach § 536 BGB stehende Gedanke, dass die tatsächliche Nutzungsmöglichkeit, die der Vereinbarung der Miethöhe zugrunde lag, durch Mängel beeinträchtigt ist und daher nicht mehr dem vereinbarten Wert entspricht, findet somit in der Bestimmung der Nutzungsgebühr keinen Niederschlag. Eine Äquivalenzstörung wie im Mietrecht liegt daher bei Mängeln nicht vor. Des Weiteren ist, worauf bereits das SG zutreffend hingewiesen hatte, der Zweck der polizeirechtlichen Einweisungsverfügung zu beachten. Diese dient nicht der dauerhaften Beschaffung einer Unterkunft, sondern soll eine ansonsten drohende Obdachlosigkeit vorläufig vermeiden und damit zunächst lediglich eine akute Notlage abwenden. Schließlich besteht bei Mängeln der Notunterkunft die Möglichkeit, den Hilfebedürftigen in eine andere Unterkunft umzusetzen, wie dies im Mietverhältnis nicht möglich ist. Danach ist eine entsprechende Anwendung der Minderungsregeln des BGB auf das öffentlich-rechtliche Nutzungsentgelt mangels vergleichbarer Interessenlage nicht möglich. Die vom Antragsteller beabsichtigte Einbehaltung eines Teils der für die Kosten der Unterkunft erbrachten Grundsicherungsleistungen stellte daher eine zweckwidrige Verwendung der ausgezahlten Beträge dar.
Ist, wie vorliegend, die zweckentsprechende Verwendung nicht sichergestellt, sind die Kosten der Unterkunft und Heizung im Regelfall an den Empfangsberechtigten, hier die Stadt, zu zahlen. Nur in atypischen Einzelfällen ist dem Träger ein Ermessen für diese Entscheidung eingeräumt. Ein solch atypischer Einzelfall liegt hier aber nicht vor. Soweit der Antragsteller durch die teilweise Einbehaltung Druck auf die Stadt zur Beseitigung der behaupteten Mängel der Unterkunft ausüben will, ist er durch die unmittelbare Auszahlung des vollen Betrages an die Stadt nicht rechtlos gestellt. Er hat weiter die Möglichkeit, seine Ansprüche unmittelbar gegenüber der Stadt geltend zu machen und ggf. gerichtlich durchzusetzen. Dies berührt jedoch nicht das Leistungsverhältnis gegen den Träger der Grundsicherung.
Im Übrigen hätte der Antragsteller, seine Rechtsansicht unterstellt, ohnehin keinen Anspruch auf Auszahlung der Kosten der Unterkunft und Heizung in der tatsächlichen Höhe an sich. Wären die Voraussetzungen der Mietminderung nach § 536 BGB anwendbar und erfüllt, bestünde nur Anspruch auf die Übernahme der tatsächlichen Kosten der Unterkunft, also der geminderten. Eine Zahlung des Differenzbetrages käme dann nicht in Betracht. Die bloße Einbehaltung durch den Antragsgegner hat der Antragsteller jedoch nur für eine "Zwischenverfügung" beantragt, nicht als eigentliches Ziel seines Antrags auf einstweiligen Rechtsschutz.
Eine Interessenabwägung unter Außerachtlassen der Erfolgaussichten in der Hauptsache führt zu keinem anderen Ergebnis. Wie ausgeführt, ist der Antragsteller auch bei Auszahlung des vollen Betrages an die Stadt nicht gehindert, seine Ansprüche dieser gegenüber rechtlich geltend zu machen. Er trägt keine wesentlichen Nachteile bei einem Zuwarten bis zur Hauptsacheentscheidung; insbesondere ist sein Existenzminimum, dessen Sicherung die Leistungen des Antragsgegners dienen, nicht in Frage gestellt.
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.
Diese Entscheidung ist unanfechtbar (§ 177 SGG).
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe:
Die unter Beachtung der Vorschriften des §§ 172, 173 Sozialgerichtsgesetz (SGG) am 10. März 2008 eingelegte Beschwerde des Antragstellers gegen den ihm am 7. März 2008 zugestellten Beschluss des Sozialgerichts Mannheim (SG) vom 4. März 2008 ist zulässig; insbesondere ist sie statthaft. Aus Gründen des prozessualen Vertrauensschutzes (Bundesverfassungsgericht (BVerfG) DVBl 1992, 1531) findet die ab 1. April 2008 geltende Beschränkung der Beschwerdemöglichkeit nach der Neufassung des § 172 Abs. 3 Nr. 1 SGG (BGBl. I S. 444) auf die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens bereits eingelegte Beschwerde keine Anwendung; auf die Höhe des Beschwerdewertes kommt es daher nicht an. Die Beschwerde ist in der Sache jedoch nicht begründet.
Ob die vom Antragsteller mit der Beschwerde in erster Linie begehrte Zurückverweisung an das SG überhaupt mit der Eilbedürftigkeit als dem Grundgedanken des einstweiligen Rechtsschutzes vereinbar ist, kann offenbleiben. Denn die Voraussetzungen des dies in der Hauptsache zulassenden § 159 Abs. 1 SGG liegen nicht vor. Der vom Antragsteller gerügte Verstoß gegen den Amtsermittlungsgrundsatz wird nicht relevant; Gleiches gilt für eine ggf. vorliegende Verletzung des rechtlichen Gehörs wegen der Möglichkeit des Vortrags in der Beschwerde. Die Sache ist zur Entscheidung reif. Das SG hat den Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz im Ergebnis zurecht abgelehnt.
Nach § 86b Abs. 2 Satz 1 SGG kann das Gericht der Hauptsache, soweit nicht ein Fall des Abs. 1 a.a.O. vorliegt, eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint (Satz 2 a.a.O.).
Vorliegend kommt ein Rechtsschutz nach § 86b Abs. 1 SGG nicht in Betracht. Dieser ist statthaft, wenn dem Hauptsacherechtsbehelf ein eingreifender Verwaltungsakt zugrunde liegt, in der Hauptsache also die isolierte Anfechtungsklage statthaft wäre. Der Antragsteller begehrt die Auszahlung der Kosten der Unterkunft und Heizung an sich selbst. Er wendet sich damit gegen die Entscheidung des Antragsgegners, diese Leistung gem. § 22 Abs. 4 Zweites Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) unmittelbar an die Stadt L. (im Folgenden: Stadt) auszuzahlen, die die Unterkunft des Antragstellers zur Verfügung stellt. Diese Entscheidung stellt zwar einen eingreifenden Verwaltungsakt dar (vgl. a. Berlit in LPK-SGB II, 2. Aufl., § 22 Rdnr. 109); diese war vom Antragsgegner jedoch bereits im Bescheid vom 12. November 2007 getroffen worden. Dieser enthält in seinem Verfügungssatz zwar zunächst nur die Bewilligung von Kosten der Unterkunft für die Zeit vom 1. November 2007 bis 30. April 2008; in der Anlage, die durch Bezugnahme zum Bestandteil des Bescheides geworden ist, hatte der Antragsgegner allerdings die Auszahlung der Leistung an die Stadt angeordnet. Gegen den Bescheid vom 12. November 2007 hatte der Antragsteller am 18. Dezember 2007 Widerspruch erhoben, der sich aber nur auf die Art der Leistung (Sozialhilfe statt Alg II) bezog und sich daher nicht gegen die eigenständige Regelung über die Auszahlung an die Stadt wandte. Diese Regelung ist mangels fristgerechter Anfechtung bestandskräftig geworden (§ 77 SGG). Das Begehren des Antragstellers richtet sich daher auf die Aufhebung dieser bestandskräftigen Regelung mit Wirkung für die Zukunft (ab seinem entsprechenden Antrag gegenüber dem Antragsgegner vom 11. Februar 2008). Dieses Aufhebungsbegehren, das seine Rechtsgrundlage in § 44 Abs. 2 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch (SGB X) findet, ist im einstweiligen Rechtsschutz nur im Wege einer einstweiligen Anordnung nach § 86b Abs. 2 S. 2 SGG (Regelungsanordnung) zu verfolgen.
Der Erlass einer einstweiligen Anordnung verlangt grundsätzlich die - summarische - Prüfung der Erfolgsaussichten in der Hauptsache sowie die Erforderlichkeit einer vorläufigen gerichtlichen Entscheidung (ständige Rechtsprechung des Senats; vgl. z.B. Beschlüsse vom 1. August 2005 - L 7 AS 2875/05 ER-B - FEVS 57, 72 und vom 17. August 2005 - L 7 SO 2117/05 ER-B - FEVS 57, 164). Die Erfolgsaussicht des Hauptsacherechtsbehelfs (Anordnungsanspruch) und die Eilbedürftigkeit der erstrebten einstweiligen Regelung (Anordnungsgrund) sind glaubhaft zu machen (§ 86b Abs. 2 Satz 4 SGG i.V.m. § 920 Abs. 2 der Zivilprozessordnung (ZPO)); dabei sind die insoweit zu stellenden Anforderungen umso niedriger, je schwerer die mit der Versagung vorläufigen Rechtsschutzes verbundenen Belastungen - insbesondere auch mit Blick auf ihre Grundrechtsrelevanz - wiegen (vgl. Bundesverfassungsgericht (BVerfG) NJW 1997, 479; NJW 2003, 1236; NVwZ 2005, 927). Die Erfolgsaussichten der Hauptsache sind daher in Ansehung des sich aus Art. 1 Abs. 1 des Grundgesetzes ergebenden Gebots der Sicherstellung einer menschenwürdigen Existenz sowie des grundrechtlich geschützten Anspruchs auf effektiven Rechtsschutz u.U. nicht nur summarisch, sondern abschließend zu prüfen; ist im Eilverfahren eine vollständige Aufklärung der Sach- und Rechtslage nicht möglich, so ist bei besonders folgenschweren Beeinträchtigungen eine Güter- und Folgenabwägung unter Berücksichtigung der grundrechtlichen Belange des Antragstellers vorzunehmen (ständige Senatsrechtsprechung; vgl. etwa Senatsbeschlüsse vom 13. Oktober 2005 - L 7 SO 3804/05 ER-B - und vom 6. September 2007 - L 7 AS 4008/07 ER-B - (beide juris) unter Verweis auf die Rechtsprechung des BVerfG). Die Höhe der existenzsichernden Leistung steht vorliegend allerdings nicht im Streit, sondern allein die Art ihrer Auszahlung. Eine Unterschreitung des Existenzminimums und damit eine schwere und unzumutbare Beeinträchtigung in diesem Sinne kommt daher nicht in Betracht. Maßgeblich für die Beurteilung der Anordnungsvoraussetzungen sind regelmäßig die Verhältnisse im Zeitpunkt der gerichtlichen Eilentscheidung (ständige Senatsrechtsprechung; vgl. z.B. Senatsbeschlüsse vom 1. August 2005 - a.a.O. und vom 17. August 2005 - ; Funke-Kaiser in Bader u.a., 4. Auflage, §123 Rdnr. 62; Finkelnburg/Jank, Vorläufiger Rechtsschutz im Verwaltungsstreitverfahren, 4. Auflage, Rdnr. 1245).
Die Voraussetzungen für den Erlass einer einstweiligen Anordnung liegen nicht vor. Dem Begehren des Antragstellers fehlt es bereits am Anordnungsanspruch. Nach der hier gebotenen summarischen Prüfung ist die Entscheidung des Antragsgegners, die Kosten der Unterkunft an die Stadt auszuzahlen, rechtmäßig, so dass die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 44 Abs. 2 SGB X nicht vorliegen. Nach § 22 Abs. 4 SGB II sollen die Kosten der Unterkunft und Heizung vom kommunalen Träger an den Vermieter oder andere Empfangsberechtigte gezahlt werden, wenn die zweckentsprechende Verwendung durch den Hilfebedürftigen nicht sichergestellt ist. Eine solche Direktauszahlung setzt konkrete Zweifel an einer zweckkonformen Verwendung der Leistungen durch den Hilfebedürftigen voraus; die können durch Mietrückstände, die in der Vergangenheit aufgelaufen sind, ein krankheits- oder suchbedingtes Unvermögen zur sachgerechten Mittelverwendung oder die erkennbare Verwendung der Mittel zur Bestreitung des laufenden Lebensunterhalts begründet werden (Berlit in LPK-SGB II, 2. Aufl., § 22 Rdnr. 108). Diese Aufzählung ist jedoch nicht abschließend; in Betracht kommen alle Umstände, die es nahelegen, dass der Hilfebedürftige mit den ihm ausgezahlten Leistungen nicht die Kosten der Unterkunft und Heizung decken wird.
Der Senat kann offen lassen, ob der Umstand, dass der Antragsteller seine frühere Wohnung wegen Mietrückständen verloren hatte, einen Rückschluss auf eine zweckwidrige Verwendung ihm ausgezahlter Leistungen erlaubt. Vorrangiges Ziel des Antragstellers ist es, die Auszahlung der Kosten der Unterkunft durch den Antragsgegner an die Stadt in Höhe der vollen tatsächlichen Kosten zu verhindern, um einer Mietminderung vergleichbar angegebene Mängel der Unterkunft zu sanktionieren. Ausdrücklich hatte er in seinem Antragsschreiben an den Antragsgegner vom 11. Februar 2008 ausgeführt, er mindere den Zins für die Unterkunft, um gegenüber der Stadt ein Druckmittel in der Hand zu haben, den Missstand - die Einquartierung eines als zu laut empfundenen Bewohners - abzustellen. Der Antragsteller hat somit selbst angekündigt, die Leistungen für die Unterkunft nicht in vollem Umfange für den vorgesehenen Bedarf einzusetzen. Der Zweck der Leistungen kann daher nur sichergestellt werden, wenn der für die Kosten der Unterkunft und Heizung vorgesehene Teil nicht an den Antragsteller, sondern unmittelbar an die empfangsberechtigte Stadt ausgezahlt wird.
Mit dem SG ist der Senat der Auffassung, dass der Antragsteller nicht unter Heranziehung der zivilrechtlichen Vorschriften über die Minderung des Mietzinses berechtigt ist, teilweise das geschuldete Nutzungsentgelt, das die Kosten der Unterkunft des Antragstellers ausmacht, nicht zu zahlen. Eine unmittelbare Anwendung der mietvertraglichen Regelungen des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) scheidet bereits wegen des Fehlens eines Mietverhältnisses aus. Der Antragsteller bewohnt die von ihm genutzte Unterkunft unstreitig nicht aufgrund eines zivilrechtlichen Mietvertrages mit der Stadt. Vielmehr war der Antragsteller zur Vermeidung von Obdachlosigkeit aufgrund polizeirechtlicher Verfügung in diese Notunterkunft eingewiesen worden. Auch der Antragsteller hat nicht behauptet, er habe einen Mietvertrag abgeschlossen. Eine entsprechende Anwendung der Minderungsvorschrift des § 536 BGB kommt nicht in Betracht. Eine solche setzt neben einer unbeabsichtigten Regelungslücke eine vergleichbare Interessenlage voraus. Zumindest an letzterer fehlt es jedoch. Bereits die rechtlichen Grundlagen für die Zahlungsverpflichtung des jeweiligen Nutzers unterscheiden sich maßgeblich. Die zivilrechtlichen Vorschriften des BGB beruhen auf dem Leitbild eines ausgehandelten Vertrages, in den beide Parteien ihre Ziele ein- und in gegenseitigen Ausgleich bringen. Die Erhebung eines Nutzungsentgeltes bei polizeirechtlicher Einweisungsverfügung ist hingegen bei einer städtischen Obdachlosenunterkunft nur aufgrund einer satzungsrechtlichen Vorschrift auf Grundlage des Kommunalabgabengesetzes möglich. Das Nutzungsentgelt wird als Gebühr für die Nutzung einer öffentlichen Sache erhoben; ein Rückgriff auf zivilrechtliche Anspruchsgrundlagen (z.B. auch die ungerechtfertigte Bereicherung nach §§ 812 BGB) kommt nicht in Betracht (VGH Baden-Württemberg NVwZ-RR 1997, 123). Damit folgt auch die Bestimmung der Höhe des Nutzungsentgeltes anderen Wertungen und Voraussetzungen als die des Mietzinses nach BGB. Bei der Bestimmung des Mietzinses steht auf Seiten des Vermieters typischerweise das Interesse an der Gewinnerwirtschaftung; der Mieter hingegen erwirbt typischerweise ein auf längeres Wohnen gerichtetes Nutzungsrecht. Bei der Gebührenbemessung steht die Gewinnerzielung gerade nicht im Vordergrund; vielmehr dürfen die Gebühren höchstens so bemessen werden, dass die nach betriebswirtschaftlichen Grundsätzen insgesamt ansatzfähigen Kosten der Einrichtung gedeckt werden (§ 14 Abs. 1 S. 1 Kommunalabgabengesetz Baden-Württemberg). Der hinter der Minderung nach § 536 BGB stehende Gedanke, dass die tatsächliche Nutzungsmöglichkeit, die der Vereinbarung der Miethöhe zugrunde lag, durch Mängel beeinträchtigt ist und daher nicht mehr dem vereinbarten Wert entspricht, findet somit in der Bestimmung der Nutzungsgebühr keinen Niederschlag. Eine Äquivalenzstörung wie im Mietrecht liegt daher bei Mängeln nicht vor. Des Weiteren ist, worauf bereits das SG zutreffend hingewiesen hatte, der Zweck der polizeirechtlichen Einweisungsverfügung zu beachten. Diese dient nicht der dauerhaften Beschaffung einer Unterkunft, sondern soll eine ansonsten drohende Obdachlosigkeit vorläufig vermeiden und damit zunächst lediglich eine akute Notlage abwenden. Schließlich besteht bei Mängeln der Notunterkunft die Möglichkeit, den Hilfebedürftigen in eine andere Unterkunft umzusetzen, wie dies im Mietverhältnis nicht möglich ist. Danach ist eine entsprechende Anwendung der Minderungsregeln des BGB auf das öffentlich-rechtliche Nutzungsentgelt mangels vergleichbarer Interessenlage nicht möglich. Die vom Antragsteller beabsichtigte Einbehaltung eines Teils der für die Kosten der Unterkunft erbrachten Grundsicherungsleistungen stellte daher eine zweckwidrige Verwendung der ausgezahlten Beträge dar.
Ist, wie vorliegend, die zweckentsprechende Verwendung nicht sichergestellt, sind die Kosten der Unterkunft und Heizung im Regelfall an den Empfangsberechtigten, hier die Stadt, zu zahlen. Nur in atypischen Einzelfällen ist dem Träger ein Ermessen für diese Entscheidung eingeräumt. Ein solch atypischer Einzelfall liegt hier aber nicht vor. Soweit der Antragsteller durch die teilweise Einbehaltung Druck auf die Stadt zur Beseitigung der behaupteten Mängel der Unterkunft ausüben will, ist er durch die unmittelbare Auszahlung des vollen Betrages an die Stadt nicht rechtlos gestellt. Er hat weiter die Möglichkeit, seine Ansprüche unmittelbar gegenüber der Stadt geltend zu machen und ggf. gerichtlich durchzusetzen. Dies berührt jedoch nicht das Leistungsverhältnis gegen den Träger der Grundsicherung.
Im Übrigen hätte der Antragsteller, seine Rechtsansicht unterstellt, ohnehin keinen Anspruch auf Auszahlung der Kosten der Unterkunft und Heizung in der tatsächlichen Höhe an sich. Wären die Voraussetzungen der Mietminderung nach § 536 BGB anwendbar und erfüllt, bestünde nur Anspruch auf die Übernahme der tatsächlichen Kosten der Unterkunft, also der geminderten. Eine Zahlung des Differenzbetrages käme dann nicht in Betracht. Die bloße Einbehaltung durch den Antragsgegner hat der Antragsteller jedoch nur für eine "Zwischenverfügung" beantragt, nicht als eigentliches Ziel seines Antrags auf einstweiligen Rechtsschutz.
Eine Interessenabwägung unter Außerachtlassen der Erfolgaussichten in der Hauptsache führt zu keinem anderen Ergebnis. Wie ausgeführt, ist der Antragsteller auch bei Auszahlung des vollen Betrages an die Stadt nicht gehindert, seine Ansprüche dieser gegenüber rechtlich geltend zu machen. Er trägt keine wesentlichen Nachteile bei einem Zuwarten bis zur Hauptsacheentscheidung; insbesondere ist sein Existenzminimum, dessen Sicherung die Leistungen des Antragsgegners dienen, nicht in Frage gestellt.
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.
Diese Entscheidung ist unanfechtbar (§ 177 SGG).
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