Land
Hessen
Sozialgericht
Hessisches LSG
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
8
1. Instanz
SG Frankfurt (HES)
Aktenzeichen
S 1/9 Kr 101/75
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 8 Kr 882/83
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
1. Mit dem Erlöschen einer vermögenslosen GmbH geht diese zugleich als juristische Person unter. Die von dem früheren Geschäftsführer einer untergegangenen GmbH erteilten Verfahrens- und Prozeßvollmachten gelten nicht fort. Ein solcher Geschäftführer kann für die untergegangene GmbH keine Verfahrens- und Prozeßvollmachten erteilen.
2. Die Rechtsweggarantie aus Art. 19 Abs. 4 GG kann nur in Anspruch nehmen, wer Träger von Rechten sein kann.
2. Die Rechtsweggarantie aus Art. 19 Abs. 4 GG kann nur in Anspruch nehmen, wer Träger von Rechten sein kann.
I. Die Berufung der Rechtsanwälte und Kollegen gegen das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 15. Juni 1983 wird als unzulässig verworfen.
II. Die Berufung des Beigeladenen zu 3.) gegen das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 15. Juni 1983 wird zurückgewiesen.
III. Die Beteiligten, haben einander keine außergerichtlichen Kosten zu erstatten. IV. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um die Rechtmäßigkeit einer Nachforderung zu den Gesamtsozialversicherungsbeiträgen und die Umlage nach dem Lohnfortzahlungsgesetz (LFZG).
Die frühere Firma GmbH verlieh Arbeitnehmer und war im Handelsregister des Amtsgerichts Frankfurt am Main (XXXXX) unter der Rechtsform einer GmbH am 26. Januar 1971 eingetragen worden. Zum Geschäftsführer war der Beigeladene zu 3.) bestellt. Das Amtsgericht Frankfurt am Main lehnte mit rechtskräftigem Beschluss vom 18. April 1973 (Az.: YYYYY) die Eröffnung des Konkursverfahrens mangels Masse ab. Im Handelsregister wurde am 30. Mai 1973 die Auflösung der GmbH von Amts wegen vermerkt. Am 31. Oktober 1973 wurde die Löschung der GmbH gemäß § 2 des Gesetzes über die Auflösung und Löschung von Gesellschaften und Genossenschaften (LöschG) vom 9. Oktober 1934 (RGBl. I, S. 914) eingetragen. Abwickler bzw. Liquidatoren der erloschenen Gesellschaft wurden nicht bestellt.
Mit den Bescheiden vom 27. Februar sowie 11. April 1973 und 15. April 1975 forderte die Beklagte von der Firma GmbH an Gesamtsozialversicherungsbeiträgen einschließlich Umlagen nach den LFZG insgesamt 18.499,75 DM nach. Unter Vorlage einer von dem Beigeladenen zu 3.) als Geschäftsführer der Firma GmbH am 28. Februar 1973 ausgestellten Verfahrensvollmacht legten deren Prozeßbevollmächtigten, die Rechtsanwälte am 15. Mai 1983 Widerspruch ein, den die Beklagte mit den Widerspruchsbescheiden vom 16. Mai und 24. September 1975 zurückwies.
Die dagegen am 5. Juni 1975 (Az.: S-1/9/Kr – 56/75) und am 29. September 1975 (Az.: S-1/9/Kr – 101/75) erhobenen Klagen hat das Sozialgericht Frankfurt am Main (SG) gemäß § 113 Abs. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden und sodann durch Urteil vom 15. Juni 1983 abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt: Die Klagen seien unzulässig. Die Firma GmbH sei nach ihrer Löschung aus dem Handelsregister nicht mehr ordnungsgemäß vertreten gewesen, da die früher von dem Beigeladenen zu 3.) als Geschäftsführer erteilte Prozeßvollmacht auf die Rechtsanwälte und Kollegen erloschen sei. Sie befinde sich auch nicht mehr im Stadium der Abwicklung, da keine Liquidatoren bestellt worden seien. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf das sozialgerichtliche Urteil verwiesen.
Gegen das am 15. Juli 1983 zugestellte Urteil haben die Rechtsanwälte Kollegen für die frühere Firma GmbH und den Beigeladenen zu 3.) bei dem SG am 29. Juli 1983 Berufung eingelegt. Sie bringen zur Begründung der Berufung vor: Das SG habe die Beteiligtenfähigkeit nach § 70 SGG bejaht. Es hätte daher auch die Klagebefugnis der Firma GmbH annehmen müssen. Folge man dem nicht, so werde hier der nach Art. 19 Abs. 4 des Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland (GG) gewährte Rechtsweg unzulässig verkürzt. Da es um die Abwehr von Forderungen gehe, sei trotz Löschung aus dem Handelsregister, die keine konstitutive Wirkung habe, von ihrem Fortbestehen auszugehen. In der Sache selbst habe die Beklagte zu Unrecht angenommen, daß die Arbeitnehmer, für die sie Gesamtsozialversicherungsbeiträge einschließlich der Umlagen nach dem LFZG fordere, zum Unternehmen der Firma GmbH gehört hätten.
Die Rechtsanwälte und Kollegen beantragen für die frühere Firma GmbH – die Klägerin – und den Beigeladenen zu 3.),
das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 15. Juni 1983 sowie die Bescheide der Beklagten vom 21. Februar und 11. April 1973 und 15. April 1975 in der Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 16. Mai und 24. September 1975 aufzuheben.
Die Beklagte und die Beigeladene zu 1.) beantragen,
die Berufungen als unzulässig zu verwerfen,
hilfsweise,
die Berufungen zurückzuweisen.
Sie führen aus, daß die Berufungen wegen fehlender Prozeßvoraussetzungen nicht zulässig seien und verweisen im übrigen auf das ihrer Ansicht nach zutreffende sozialgerichtliche Urteil.
Die Beigeladene zu 2.) schließt sich dem Vorbringen der Beklagten und der Beigeladenen zu 1.) an, stellt aber keinen bestimmten Antrag.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Kassen- und Streitakten sowie die Akten des Landgerichts Frankfurt am Main (Az.: 2/4 O. 27/75), die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren, verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die von den Rechtsanwälte und Kollegen frist- und formgerecht eingelegte Berufung (§§ 143, 151 SGG) ist hinsichtlich der früheren Firma GmbH unzulässig.
Das sozialgerichtliche Urteil konnte wirksam weder von der früheren Firma GmbH selbst noch von den Rechtsanwälten und Kollegen angefochten werden, da die GmbH als juristische Person nicht mehr existiert und die Berufung von vollmachtlosen Prozeßbevollmächtigten eingelegt ist (vgl. Meyer-Ladewig, Sozialgerichtsgesetz, 2. Aufl., Anm. 18 zu § 73 SGG). Insoweit gelten die gleichen und zutreffenden Erwägungen des SG hinsichtlich der zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbundenen (§ 113 Abs. 1 SGG) zwar frist- und formgerecht (§§ 87, 90, 92, 63, 64, 66 SGG), aber unzulässig erhobenen Klagen. Zum Zeitpunkt der Klageerhebungen, nämlich am 5. Juni 1975 und am 29. September 1975 war die frühere Firma GmbH nicht ordnungsgemäß vertreten. Hieran hat sich bis zum Schluß der mündlichen Verhandlung weder im Klage- noch im Berufungsverfahren etwas geändert.
Die Vertretung einer GmbH erfolgt durch die Geschäftsführer (§ 35 Abs. 1 des Gesetzes betr. die Gesellschaften mit beschränkter Haftung – GmbHG –). Diese vertreten die GmbH auch im Falle ihrer Auflösung (§ 66 Abs. 1 GmbHG). Zwar war der Beigeladene zu 3.) Geschäftsführer der früheren Firma GmbH. Mit dem Erlöschen dieser vermögenslosen Firma gemäß § 2 LöschG war diese als juristische Person untergegangen. Zugleich erlosch aber auch die Vertretungsbefugnis des Geschäftsführers mit der Folge, daß weder seine früher erteilten Verfahrens- und Prozeßvollmachten fortgalten, noch er für die erloschene GmbH solche erteilen kann (vgl. OLG Düsseldorf, Urteil vom 6. Oktober 1978 – 22 U 138/78 – in MDR 1979, 318; LG Berlin, Beschluss vom 8. November 1979 – 81 T 426/79 – in Rpfleger 1981, 361). Der Senat braucht sich nicht mit der Frage zu befassen, ob in den Fällen der vorliegenden Art, in denen keine Liquidatoren bestellt sind, bei einem anhängigen Rechtsstreit dieser als erledigt gilt (vgl. BGH, Urteil vom 29. Februar 1981 – VI ZR 21/80 – in NJW 1982, 328 f.) bzw. eine anhängige Klage als unzulässig abzuweisen ist (vgl. BGH, Urteil vom 5. April 1979 – II ZR 73/78 – in NJW 1979, 1592 f.) oder eine geltend gemachte Forderung gerichtlich noch bestritten werden kann, weil es sich um einen Akt der Abwicklung handelt (vgl. OLG Düsseldorf, a.a.O.; BFH, Urteil vom 24. November 1977 – IV R 113/75 – in BB 1978, 1001; OVG Münster, Urteil vom 25. März 1981 – 4 B 1643/80 –) oder bei Vollbeendigung der Gesellschaft die Gesellschafter, die zuvor schon in ihrer Gesamtheit die unter der Gesellschaftsfirma klagende Partei darstellen, im Wege des Parteiwechsels einen begonnenen Rechtsstreit fortsetzen können (BVerwG, Beschluss vom 27. Februar 1970 – VIII B 101/67 – in Verw. Rspr. 21, 999). Die Klagen sind weder vor Ablehnung der Eröffnung des Konkurses durch das Amtsgericht Frankfurt am Main vom 18. April 1973 noch vor den Eintragungen im Handelsregister über die Auflösung und Löschung der GmbH am 30. Mai und 31. Oktober 1973, sondern erst im Jahre 1975 erhoben worden. Wegen der Vermögenslosigkeit sind auch keine Liquidatoren, die die abzuwickelnde GmbH wirksam hätten vertreten können, bestellt worden. Die Rechtsanwälte und Kollegen konnten und können daher auch keine wirksame Prozeßvollmacht vorlegen.
Soweit sie geltend machen, Art. 19 Abs. 4 GG gewähre den Anspruch auf materiell-rechtliche Überprüfung im Rechtswege, können sie keinen Erfolg haben. Die Rechtsweggarantie aus Art. 19 Abs. 4 GG kann nur in Anspruch nehmen, wer Träger von Rechten sein kann. Die untergegangene Firma ... GmbH gehört hierzu nicht, da sie nicht mehr existent ist.
Dagegen ist die Berufung des Beigeladenen zu 3.) zwar zulässig, da seine Prozeßbevollmächtigten eine wirksame Prozeßvollmacht vorgelegt haben, er durch den Urteilsausspruch beschwert ist (vgl. Peters-Sautter-Wolff, Kommentar zur Sozialgerichtsbarkeit, 4. Aufl., Anm. 7 a zu § 75 SGG) und keine sonstigen Ausschließungsgründe gegeben sind (§ 144 SGG).
Die zulässige Berufung des Beigeladenen zu 3.) ist aber unbegründet. Wie das SG nach den obigen Darlegungen zutreffend entschieden hat, sind die Klagen der vollmachtlosen Rechtsanwälte und Kollegen hinsichtlich der Firma GmbH unzulässig. Als nach § 75 Abs. 1 SGG einfach Beigeladener (vgl. HLSG, Beschluss vom 13. Februar 1980 – L-8/B – 59/77 –) konnte der Beigeladene zu 3.) selbständige Angriffs- und Verteidigungsmittel einschließlich aller Verfahrenshandlungen nur innerhalb der Anträge der anderen Beteiligten (§ 75 Abs. 4 SGG) geltend machen (vgl. Meyer-Ladewig, a.a.O., Anm. 17 zu § 75 SGG; Peters-Sautter-Wolff, a.a.O.). Sind aber die Klagen unzulässig, so war es dem Beigeladenen zu 3.) auch nicht mehr möglich, in der Sache selbst die materiell-rechtliche Überprüfung der angefochtenen Bescheide durchzusetzen.
Auch insoweit berufen sich die Prozeßbevollmächtigten des Beigeladenen zu 3.) zu Unrecht auf die Rechtsweggarantie aus Art. 19 Abs. 4 GG. Soweit die Beklagte den Beigeladenen zu 3.) wegen der Gesamtsozialversicherungsbeiträge und der Umlage nach dem LFZG privatrechtlich in Anspruch nehmen könnte, ist das Grundrecht aus Art. 19 Abs. 4 GG mangels Tätigwerdens öffentlicher Gewalt nicht berührt. Im übrigen war ihm durch die Beiladung zum Verfahren innerhalb des geltenden Verfahrensrechtes nach dem SGG ein Rechtsweg eröffnet. Außerdem steht ihm dieser durch die Inanspruchnahme der Beklagten mit der Klage vor dem Landgericht Frankfurt am Main (Az.: 2/4 O. 27/75) erneut offen. In diesem Rechtsstreit wird, sofern er fortgesetzt werden sollte, die Berechtigung der Beitragserhebung zu den Gesamtsozialversicherungsbeiträgen und zur Umlageforderung nach dem LFZG gegenüber dem Beigeladenen zu 3.) als Vorlage zu prüfen sein. Gemäß § 141 Abs. 1 SGG binden rechtskräftige Urteile die Beteiligten, auch den Beigeladenen zu 3.)(vgl. Meyer-Ladewig, a.a.O., Anm. 18 zu § 141 SGG), nur insoweit, als über den Streitgegenstand entschieden ist. Ist eine Klage durch Prozeßurteil, wie hier, abgewiesen, so steht bei Eintritt der Rechtskraft lediglich fest, daß die im Urteil geprüfte Prozeßvoraussetzung nicht vorgelegen hat und die Prozeßabweisung hierauf beruht. Eine Entscheidung in der Sache selbst liegt hingegen nicht vor (vgl. statt vieler: Meyer-Ladewig, a.a.O., Anm. 8 zu § 141 SGG).
Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 193, 160 SGG.
II. Die Berufung des Beigeladenen zu 3.) gegen das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 15. Juni 1983 wird zurückgewiesen.
III. Die Beteiligten, haben einander keine außergerichtlichen Kosten zu erstatten. IV. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um die Rechtmäßigkeit einer Nachforderung zu den Gesamtsozialversicherungsbeiträgen und die Umlage nach dem Lohnfortzahlungsgesetz (LFZG).
Die frühere Firma GmbH verlieh Arbeitnehmer und war im Handelsregister des Amtsgerichts Frankfurt am Main (XXXXX) unter der Rechtsform einer GmbH am 26. Januar 1971 eingetragen worden. Zum Geschäftsführer war der Beigeladene zu 3.) bestellt. Das Amtsgericht Frankfurt am Main lehnte mit rechtskräftigem Beschluss vom 18. April 1973 (Az.: YYYYY) die Eröffnung des Konkursverfahrens mangels Masse ab. Im Handelsregister wurde am 30. Mai 1973 die Auflösung der GmbH von Amts wegen vermerkt. Am 31. Oktober 1973 wurde die Löschung der GmbH gemäß § 2 des Gesetzes über die Auflösung und Löschung von Gesellschaften und Genossenschaften (LöschG) vom 9. Oktober 1934 (RGBl. I, S. 914) eingetragen. Abwickler bzw. Liquidatoren der erloschenen Gesellschaft wurden nicht bestellt.
Mit den Bescheiden vom 27. Februar sowie 11. April 1973 und 15. April 1975 forderte die Beklagte von der Firma GmbH an Gesamtsozialversicherungsbeiträgen einschließlich Umlagen nach den LFZG insgesamt 18.499,75 DM nach. Unter Vorlage einer von dem Beigeladenen zu 3.) als Geschäftsführer der Firma GmbH am 28. Februar 1973 ausgestellten Verfahrensvollmacht legten deren Prozeßbevollmächtigten, die Rechtsanwälte am 15. Mai 1983 Widerspruch ein, den die Beklagte mit den Widerspruchsbescheiden vom 16. Mai und 24. September 1975 zurückwies.
Die dagegen am 5. Juni 1975 (Az.: S-1/9/Kr – 56/75) und am 29. September 1975 (Az.: S-1/9/Kr – 101/75) erhobenen Klagen hat das Sozialgericht Frankfurt am Main (SG) gemäß § 113 Abs. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden und sodann durch Urteil vom 15. Juni 1983 abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt: Die Klagen seien unzulässig. Die Firma GmbH sei nach ihrer Löschung aus dem Handelsregister nicht mehr ordnungsgemäß vertreten gewesen, da die früher von dem Beigeladenen zu 3.) als Geschäftsführer erteilte Prozeßvollmacht auf die Rechtsanwälte und Kollegen erloschen sei. Sie befinde sich auch nicht mehr im Stadium der Abwicklung, da keine Liquidatoren bestellt worden seien. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf das sozialgerichtliche Urteil verwiesen.
Gegen das am 15. Juli 1983 zugestellte Urteil haben die Rechtsanwälte Kollegen für die frühere Firma GmbH und den Beigeladenen zu 3.) bei dem SG am 29. Juli 1983 Berufung eingelegt. Sie bringen zur Begründung der Berufung vor: Das SG habe die Beteiligtenfähigkeit nach § 70 SGG bejaht. Es hätte daher auch die Klagebefugnis der Firma GmbH annehmen müssen. Folge man dem nicht, so werde hier der nach Art. 19 Abs. 4 des Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland (GG) gewährte Rechtsweg unzulässig verkürzt. Da es um die Abwehr von Forderungen gehe, sei trotz Löschung aus dem Handelsregister, die keine konstitutive Wirkung habe, von ihrem Fortbestehen auszugehen. In der Sache selbst habe die Beklagte zu Unrecht angenommen, daß die Arbeitnehmer, für die sie Gesamtsozialversicherungsbeiträge einschließlich der Umlagen nach dem LFZG fordere, zum Unternehmen der Firma GmbH gehört hätten.
Die Rechtsanwälte und Kollegen beantragen für die frühere Firma GmbH – die Klägerin – und den Beigeladenen zu 3.),
das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 15. Juni 1983 sowie die Bescheide der Beklagten vom 21. Februar und 11. April 1973 und 15. April 1975 in der Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 16. Mai und 24. September 1975 aufzuheben.
Die Beklagte und die Beigeladene zu 1.) beantragen,
die Berufungen als unzulässig zu verwerfen,
hilfsweise,
die Berufungen zurückzuweisen.
Sie führen aus, daß die Berufungen wegen fehlender Prozeßvoraussetzungen nicht zulässig seien und verweisen im übrigen auf das ihrer Ansicht nach zutreffende sozialgerichtliche Urteil.
Die Beigeladene zu 2.) schließt sich dem Vorbringen der Beklagten und der Beigeladenen zu 1.) an, stellt aber keinen bestimmten Antrag.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Kassen- und Streitakten sowie die Akten des Landgerichts Frankfurt am Main (Az.: 2/4 O. 27/75), die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren, verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die von den Rechtsanwälte und Kollegen frist- und formgerecht eingelegte Berufung (§§ 143, 151 SGG) ist hinsichtlich der früheren Firma GmbH unzulässig.
Das sozialgerichtliche Urteil konnte wirksam weder von der früheren Firma GmbH selbst noch von den Rechtsanwälten und Kollegen angefochten werden, da die GmbH als juristische Person nicht mehr existiert und die Berufung von vollmachtlosen Prozeßbevollmächtigten eingelegt ist (vgl. Meyer-Ladewig, Sozialgerichtsgesetz, 2. Aufl., Anm. 18 zu § 73 SGG). Insoweit gelten die gleichen und zutreffenden Erwägungen des SG hinsichtlich der zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbundenen (§ 113 Abs. 1 SGG) zwar frist- und formgerecht (§§ 87, 90, 92, 63, 64, 66 SGG), aber unzulässig erhobenen Klagen. Zum Zeitpunkt der Klageerhebungen, nämlich am 5. Juni 1975 und am 29. September 1975 war die frühere Firma GmbH nicht ordnungsgemäß vertreten. Hieran hat sich bis zum Schluß der mündlichen Verhandlung weder im Klage- noch im Berufungsverfahren etwas geändert.
Die Vertretung einer GmbH erfolgt durch die Geschäftsführer (§ 35 Abs. 1 des Gesetzes betr. die Gesellschaften mit beschränkter Haftung – GmbHG –). Diese vertreten die GmbH auch im Falle ihrer Auflösung (§ 66 Abs. 1 GmbHG). Zwar war der Beigeladene zu 3.) Geschäftsführer der früheren Firma GmbH. Mit dem Erlöschen dieser vermögenslosen Firma gemäß § 2 LöschG war diese als juristische Person untergegangen. Zugleich erlosch aber auch die Vertretungsbefugnis des Geschäftsführers mit der Folge, daß weder seine früher erteilten Verfahrens- und Prozeßvollmachten fortgalten, noch er für die erloschene GmbH solche erteilen kann (vgl. OLG Düsseldorf, Urteil vom 6. Oktober 1978 – 22 U 138/78 – in MDR 1979, 318; LG Berlin, Beschluss vom 8. November 1979 – 81 T 426/79 – in Rpfleger 1981, 361). Der Senat braucht sich nicht mit der Frage zu befassen, ob in den Fällen der vorliegenden Art, in denen keine Liquidatoren bestellt sind, bei einem anhängigen Rechtsstreit dieser als erledigt gilt (vgl. BGH, Urteil vom 29. Februar 1981 – VI ZR 21/80 – in NJW 1982, 328 f.) bzw. eine anhängige Klage als unzulässig abzuweisen ist (vgl. BGH, Urteil vom 5. April 1979 – II ZR 73/78 – in NJW 1979, 1592 f.) oder eine geltend gemachte Forderung gerichtlich noch bestritten werden kann, weil es sich um einen Akt der Abwicklung handelt (vgl. OLG Düsseldorf, a.a.O.; BFH, Urteil vom 24. November 1977 – IV R 113/75 – in BB 1978, 1001; OVG Münster, Urteil vom 25. März 1981 – 4 B 1643/80 –) oder bei Vollbeendigung der Gesellschaft die Gesellschafter, die zuvor schon in ihrer Gesamtheit die unter der Gesellschaftsfirma klagende Partei darstellen, im Wege des Parteiwechsels einen begonnenen Rechtsstreit fortsetzen können (BVerwG, Beschluss vom 27. Februar 1970 – VIII B 101/67 – in Verw. Rspr. 21, 999). Die Klagen sind weder vor Ablehnung der Eröffnung des Konkurses durch das Amtsgericht Frankfurt am Main vom 18. April 1973 noch vor den Eintragungen im Handelsregister über die Auflösung und Löschung der GmbH am 30. Mai und 31. Oktober 1973, sondern erst im Jahre 1975 erhoben worden. Wegen der Vermögenslosigkeit sind auch keine Liquidatoren, die die abzuwickelnde GmbH wirksam hätten vertreten können, bestellt worden. Die Rechtsanwälte und Kollegen konnten und können daher auch keine wirksame Prozeßvollmacht vorlegen.
Soweit sie geltend machen, Art. 19 Abs. 4 GG gewähre den Anspruch auf materiell-rechtliche Überprüfung im Rechtswege, können sie keinen Erfolg haben. Die Rechtsweggarantie aus Art. 19 Abs. 4 GG kann nur in Anspruch nehmen, wer Träger von Rechten sein kann. Die untergegangene Firma ... GmbH gehört hierzu nicht, da sie nicht mehr existent ist.
Dagegen ist die Berufung des Beigeladenen zu 3.) zwar zulässig, da seine Prozeßbevollmächtigten eine wirksame Prozeßvollmacht vorgelegt haben, er durch den Urteilsausspruch beschwert ist (vgl. Peters-Sautter-Wolff, Kommentar zur Sozialgerichtsbarkeit, 4. Aufl., Anm. 7 a zu § 75 SGG) und keine sonstigen Ausschließungsgründe gegeben sind (§ 144 SGG).
Die zulässige Berufung des Beigeladenen zu 3.) ist aber unbegründet. Wie das SG nach den obigen Darlegungen zutreffend entschieden hat, sind die Klagen der vollmachtlosen Rechtsanwälte und Kollegen hinsichtlich der Firma GmbH unzulässig. Als nach § 75 Abs. 1 SGG einfach Beigeladener (vgl. HLSG, Beschluss vom 13. Februar 1980 – L-8/B – 59/77 –) konnte der Beigeladene zu 3.) selbständige Angriffs- und Verteidigungsmittel einschließlich aller Verfahrenshandlungen nur innerhalb der Anträge der anderen Beteiligten (§ 75 Abs. 4 SGG) geltend machen (vgl. Meyer-Ladewig, a.a.O., Anm. 17 zu § 75 SGG; Peters-Sautter-Wolff, a.a.O.). Sind aber die Klagen unzulässig, so war es dem Beigeladenen zu 3.) auch nicht mehr möglich, in der Sache selbst die materiell-rechtliche Überprüfung der angefochtenen Bescheide durchzusetzen.
Auch insoweit berufen sich die Prozeßbevollmächtigten des Beigeladenen zu 3.) zu Unrecht auf die Rechtsweggarantie aus Art. 19 Abs. 4 GG. Soweit die Beklagte den Beigeladenen zu 3.) wegen der Gesamtsozialversicherungsbeiträge und der Umlage nach dem LFZG privatrechtlich in Anspruch nehmen könnte, ist das Grundrecht aus Art. 19 Abs. 4 GG mangels Tätigwerdens öffentlicher Gewalt nicht berührt. Im übrigen war ihm durch die Beiladung zum Verfahren innerhalb des geltenden Verfahrensrechtes nach dem SGG ein Rechtsweg eröffnet. Außerdem steht ihm dieser durch die Inanspruchnahme der Beklagten mit der Klage vor dem Landgericht Frankfurt am Main (Az.: 2/4 O. 27/75) erneut offen. In diesem Rechtsstreit wird, sofern er fortgesetzt werden sollte, die Berechtigung der Beitragserhebung zu den Gesamtsozialversicherungsbeiträgen und zur Umlageforderung nach dem LFZG gegenüber dem Beigeladenen zu 3.) als Vorlage zu prüfen sein. Gemäß § 141 Abs. 1 SGG binden rechtskräftige Urteile die Beteiligten, auch den Beigeladenen zu 3.)(vgl. Meyer-Ladewig, a.a.O., Anm. 18 zu § 141 SGG), nur insoweit, als über den Streitgegenstand entschieden ist. Ist eine Klage durch Prozeßurteil, wie hier, abgewiesen, so steht bei Eintritt der Rechtskraft lediglich fest, daß die im Urteil geprüfte Prozeßvoraussetzung nicht vorgelegen hat und die Prozeßabweisung hierauf beruht. Eine Entscheidung in der Sache selbst liegt hingegen nicht vor (vgl. statt vieler: Meyer-Ladewig, a.a.O., Anm. 8 zu § 141 SGG).
Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 193, 160 SGG.
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