Land
Hessen
Sozialgericht
Hessisches LSG
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
8
1. Instanz
SG Gießen (HES)
Aktenzeichen
S 9 Kr 46/81
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 8 Kr 1430/84
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Satzungsbestimmungen einer Ersatzkasse, die für die Gruppe der freiwillig versicherten Mitglieder mit Anspruch auf Heil für sorge nach dienstrechtlichen Vorschriften eine nach dem Familienstand differenzierte Beitragshöhe vorsehen, sind ungültig (Fortführung von BSG, 1979-03-28, 3 RK 63/77 = SozR 5428 § 4 Nr. 6)
I. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Gießen vom 24. August 1984 abgeändert. Es wird festgestellt, daß der Bescheid der Beklagten vom 25. Juni 1981 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 6. November 1981 rechtswidrig gewesen ist. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen und die Berufung zurückgewiesen.
II. Die Beklagte hat dem Kläger die außergerichtlichen Kosten des Rechtsstreits zur Hälfte zu erstatten.
III. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten im wesentlichen um die Rechtmäßigkeit einer Beitragsneueinstufung des Klägers ab 1. Juli 1981.
Der Kläger ist seit 1960 Beamter (Berufssoldat) mit Anspruch auf Heilfürsorge nach dienstrechtlichen Vorschriften. Zum 1. Dezember 1972 wurde er als Versicherungsberechtigter freiwilliges Mitglied der beklagten Ersatzkasse mit einem Beitrag von 3,– DM im Monat. Nach den damals geltenden Versicherungsbedingungen (VB) der Beklagten vom 1. September 1952 i.d.F. des 49. Nachtrags konnten sich nichtversicherungspflichtige Mitglieder mit familienhilfeberechtigten Angehörigen auf Antrag auch ohne Anspruch auf Familienhilfe versichern (Abschnitt G – Allgemeine Bestimmungen – Ziff. 10). Der Beitrag von 3,– DM im Monat war nach den VB für nichtversicherungspflichtige Mitglieder vorgesehen, deren eigener Leistungsanspruch gegen die Kasse wegen des Anspruchs auf Heilfürsorge auf den Sterbegeldanspruch beschränkt war und die einen Familienhilfeanspruch nicht besaßen bzw. sich ohne Anspruch darauf versicherten, während entsprechende Mitglieder mit Familienhilfeanspruch in die Versicherungsklassen "ohne Angehörige” eingestuft wurden (vgl. Abschnitt E – Sonderbestimmungen für Berufssoldaten, Soldaten auf Zeit, Beamte des Bundesgrenzschutzes und der Polizei –). Der Kläger ist geschieden und hat zwei Söhne, geboren im August 1959 und Januar 1967, denen gegenüber er unterhaltspflichtig war und ist. Seine frühere Ehefrau ist als Universitätsangestellte tätig und ebenfalls Mitglied der Beklagten. Die monatlichen Gesamtbezüge des Klägers beliefen sich ab 1. Juni 1981 auf 2.433,10 DM brutto.
Nach Überprüfung des Versicherungsverhältnisses teilte die Beklagte dem Kläger durch Bescheid vom 25. Juni 1981 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 6. November 1981 mit, daß er auf Grund der Bestimmungen der VB vom 1. Juni 1973 i.d.F. des 18. Nachtrags vom Juli 1980 ab 1. Juli 1981 in die einkommensbezogene Versicherungsklasse 488 mit einer auf die Indexzahl 84,6 v.H. festgelegten Beitragsermäßigung versetzt werde und der monatliche Beitrag 257,– DM betrage. Ein monatlicher Beitrag von 3,– DM dürfe nach den VB nur noch freiwilligen Mitgliedern mit Anspruch auf Heilfürsorge eingeräumt werden, die keinen Anspruch auf Familienhilfe gem. § 205 Reichsversicherungsordnung (RVO) geltend machen könnten. Im Falle des Klägers bestehe jedoch ein Familienhilfeanspruch der Kinder gegenüber beiden Elternteilen, auf den der Kläger seit der durch das Gesetz über die Anpassung der Leistungen zur Rehabilitation (RehaAnglG) ab 1. Oktober 1974 geschaffenen Rechtslage auch nicht mehr verzichten könne, da § 205 RVO von diesem Zeitpunkt an auch für die Ersatzkassen zwingendes Recht sei.
Noch während des Widerspruchsverfahrens hatte der Kläger mit am 12. Oktober 1981 bei der Beklagten eingegangenen Schreiben vom 9. Oktober 1981 erklärt, daß er seine "Anwartschaftsversicherung” rückwirkend zum 30. Juni 1981 und – falls dem nicht zugestimmt werde – zum nächstmöglichen Termin kündige. Er begründete dies damit, daß er auf Grund der Beitragshöhe von 257,– DM in wirtschaftliche Schwierigkeiten geraten sei und die schon entstandenen Forderungen ohne Kreditaufnahme nicht begleichen könne. Durch den 25. Nachtrag zu den VB der Beklagten wurde die Indexzahl für die Beitragsbemessung ab 1. Mai 1982 dann von 84,6 auf 50,5 v.H. herabgesetzt, so daß der Beitrag in der Beitragsklasse 488 sich von 257,– DM auf 103,– DM ermäßigte. Seit 1. Januar 1983 beträgt der monatliche Beitrag für Mitglieder ohne Familienhilfeanspruch 6,– DM.
Auf die am 27. November 1981 erhobene Klage hat das Sozialgericht (SG) Gießen die Beklagte durch Urteil vom 24. August 1984 antragsgemäß verpflichtet, den Kläger ab 1. Juli 1981 für einen Monatsbeitrag von 3,– DM als Mitglied weiterzuführen. Zur Begründung hat es im wesentlichen ausgeführt: Die Beitragsneueinstufung durch die Beklagte sei rechtswidrig, weil keine Änderung in den tatsächlichen und insbesondere auch nicht in den rechtlichen Verhältnissen im Sinne von § 48 Sozialgesetzbuch – Verwaltungsverfahren (SGB 10) eingetreten sei. In den VB der Beklagten sei nach wie vor für Mitglieder ohne Familienhilfeanspruch ein Monatsbeitrag von 3,– DM vorgesehen. Ob der Kläger auf den Familienhilfeanspruch früher habe verzichten können und dies tatsächlich getan habe sei fraglich, so daß der Vortrag der Beklagten, eine entsprechende Versicherung sei nunmehr nicht mehr möglich, unerheblich sei. Voraussetzung für die Aufnahme des Klägers mit einem Beitrag von 3,– DM sei ersichtlich gewesen, daß die Familienhilfeleistung nach § 204 Abs. 4 RVO bei Ansprüchen gegen mehrere Krankenkassen nur einmal gewährt werde und die Kinder des Klägers bereits anderweitig krankenversichert gewesen seien. Daran habe sich nichts geändert, u.a. auch nicht durch die Neufassung dieser Vorschrift ab 1. Januar 1982. Die Kündigung der Mitgliedschaft stehe der Weiterversicherung des Klägers nicht entgegen, da sie nur für den Fall habe gelten sollen, daß sie für einen monatlichen Beitrag von 3,– DM unmöglich sei.
Gegen das ihr am 2. Oktober 1984 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 19. Oktober 1984 Berufung eingelegt. Sie ist der Auffassung, daß dem Kläger hinsichtlich der Klärung des Versicherungsverhältnisses das Rechtsschutzbedürfnis fehle, weil die Mitgliedschaft durch Kündigung zum 30. Juni 1981 beendet worden sei. Im übrigen könne dem SG in der Sache nicht gefolgt werden. Die Beklagte bezieht sich insoweit auf das Urteil des Landessozialgerichts (LSG) Niedersachsen vom 4. Januar 1984 – L-4/Kr-4/83 –.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Gießen vom 24. August 1984 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen,
hilfsweise,
festzustellen, daß der Bescheid vom 25. Juni 1981 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 6. November 1981 rechtswidrig gewesen und die Beklagte verpflichtet ist, ihn mit Wirkung vom 1. Juli 1981, hilfsweise
mit Rechtskraft des Urteils, für einen Beitrag von 3,– DM weiterzuversichern weiterhin
hilfsweise,
die Revision zuzulassen.
Er hält das angefochtene Urteil für zutreffend. Notfalls sei er ab rechtskräftigem Abschluß des vorliegenden Verfahrens zum alten Monatsbeitrag weiterzuversichern.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Gerichts- und Kassenakten Bezug genommen, die zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht wurden.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig (§§ 143 ff, 151 Sozialgerichtsgesetz – SGG –).
Sie ist auch begründet, soweit das SG die Beklagte verpflichtet hat, den Kläger ab 1. Juli 1981 weiter als Mitglied mit einem Beitrag von 3,– DM im Monat zu führen und den angefochtenen Bescheid vom 25. Juni 1981 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 6. November 1981 aufgehoben hat. Nach zutreffender Ansicht der Beklagten ist die vom Kläger erhobene Anfechtungsklage gegen diesen Bescheid unzulässig, weil der Kläger durch die darin vorgenommene Einstufung in die Beitragsklasse 488 ab 1. Juli 1981 mit einem monatlichen Beitrag von 257,– DM statt 3,– DM nicht mehr unmittelbar beschwert ist. Zwar hat die Beklagte den Bescheid nicht aufgehoben; die durch ihn getroffene Regelung hat sich jedoch auf andere Weise, nämlich durch die Beendigung der Mitgliedschaft mit Wirkung zum 30. Juni 1981 erledigt. Nach Erlaß des Bescheides hat der Kläger unstreitig mit am 12. Oktober 1981 bei der Beklagten eingegangenem Schreiben vom 9. Oktober 1981 erklärt, daß er die freiwillige Versicherung bei der Beklagten rückwirkend zum 30. Juni 1981 kündige. Die Beklagte hat durch Löschung der Mitgliedschaft ab 30. Juni 1981 den Austritt zu diesem Zeitpunkt und nicht erst zum Schluß des Kalendervierteljahres gestattet (vgl. Abschnitt C der VB vom 1. Juni 1973 i.d.F. des 18. Nachtrages, Unterabschnitt "Beendigung der Mitgliedschaft” Ziffer 1 und 2). Die Austrittserklärung des Klägers war unbedingt; die im Bescheid vom 25. Juni 1981 festgesetzte Beitragshöhe stellte nur den Grund bzw. das Motiv für den dem Wortlaut nach ohne jede Einschränkung erklärten Austritt dar. Die Beklagte weist insoweit zu Recht daraufhin, daß der Kläger nach dem Inhalt seines Kündigungsschreibens u.a. unter Berücksichtigung der darin dargelegten finanziellen Verhältnisse erkennbar nicht das Risiko des Fortbestehens seiner Mitgliedschaft für den Fall eingehen wollte, daß sich die Beitragsfestsetzung der Beklagten als rechtmäßig erweist. Dieses Risiko war aber nur durch die zu Beginn des Schreibens unbedingt erklärte Kündigung zu vermeiden, da jede Bedingung diese Erklärung überhaupt unwirksam gemacht hätte. Die durch wirksame Austrittserklärung beendete Mitgliedschaft hat zur Folge, daß schon deshalb vom Kläger ab 1. Juli 1981 Beiträge nicht mehr verlangt werden können und allein durch die Aufhebung des Bescheides vom 25. Juni 1981 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides auch nicht erreicht werden kann, daß die Mitgliedschaft zu den früheren Bedingungen u.a. mit einem Beitrag von 3,– DM im Monat, ohne weiteres wieder auflebt.
Der Kläger hat jedoch ein berechtigtes Interesse an der Feststellung der Rechtswidrigkeit des ihn insoweit nicht mehr unmittelbar beschwerenden Bescheides vom 25. Juni 1981, wie es von ihm hilfsweise im Berufungsverfahren ausdrücklich beantragt worden ist und unter Berücksichtigung seines Vorbringens und seiner Interessenlage auch schon im erstinstanzlichen Verfahren beantragt war (vgl. § 131 Abs. 1 Satz 3 SGG). Denn der Kläger könnte im Falle der Rechtswidrigkeit des Bescheides der Beklagten einen Anspruch gegen die Beklagte haben, ihn im Wege des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs so zu stellen, wie er ohne die Austrittserklärung stehen würde. Ein derartiger Anspruch ist von der Rechtsprechung bislang für den Fall anerkannt worden, daß ein Versicherter durch eine in der Satzung objektiv rechtswidrig festgelegte Beitragshöhe zum Austritt aus der freiwilligen Versicherung veranlaßt worden ist, wenn eine Klärung der Rechtmäßigkeit des festgesetzten Beitrags im Rechtswege zu erwarten war, dem Versicherungsträger, nicht aber dem Versicherten dies bekannt war und dieser bei Kenntnis der zu erwartenden rechtlichen Klärung seine Entscheidung über den Austritt zurückgestellt hätte (vgl. Bundessozialgericht – BSG SozR 2200 § 313 RVO Nrn. 6, 7, 8). Letzteres trifft beim Kläger zwar nicht zu, da er seinen Austritt vom Ausgang seines eigenen Verfahrens und auch anderer gleichgelagerter Verfahren, die ihm bekannt waren, gerade nicht abhängig gemacht hat. Das bedeutet jedoch nicht, daß ähnliche Erwägungen in seinem Fall von vornherein nicht eingreifen. Außerdem könnten die Voraussetzungen für eine Wiederaufnahme in die Kasse als "Versicherungsberechtigter” von einem späteren Zeitpunkt an vorliegen, woran der Kläger nach seinem Antrag und Vorbringen "notfalls” bzw. "hilfsweise” auch interessiert ist. Dafür ist die Frage, ob die Art und Weise der Beitragseinstufung im Bescheid vom 25. Juni 1981 bzw. die Beitragshöhe richtig war oder nicht, aber ebenfalls von Bedeutung.
Die Überprüfung des Bescheides vom 25. Juni 1981 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 6. November 1981 ergibt, daß die Neueinstufung des Klägers in die Versicherungsklasse 488 rechtswidrig war. Entgegen der Auffassung des SG folgt dies allerdings nicht daraus, daß seit Beginn der freiwilligen Mitgliedschaft des Klägers bei der Beklagten im Jahre 1972 keine Änderung in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen im Sinne von § 48 SGB 10 eingetreten ist, die die Beklagte zu einer Neueinstufung des Klägers für die Zukunft berechtigten. Nach zutreffender Ansicht der Beklagten ist vielmehr zwischenzeitlich in rechtlicher Hinsicht eine Änderung erfolgt. Denn infolge der Neufassung des § 507 Abs. 4 RVO durch § 21 Nr. 33 des RehaAnglG vom 7. August 1974 (BGBl. I S. 1881) gilt seit 1. Oktober 1974 für "Mitglieder der Ersatzkassen” u.a. § 205 RVO entsprechend. Da zu den "Mitgliedern” im Sinne von § 507 Abs. 4 RVO sowohl die Versicherungspflichtigen als auch die nichtversicherungspflichtigen Ersatzkassenmitglieder gehören (vgl. u.a. BSG SozR 2200 § 185 RVO Nr. 2; SozR 5428 § 4 12. Aufbau V Nr. 6), bedeutet dies, daß auch ihnen wie schon zuvor den versicherungspflichtigen Mitgliedern der Ersatzkassen seither ein gesetzlicher Anspruch auf Familienhilfe zusteht und die Familienhilfe hinsichtlich dieser Mitglieder damit von einer satzungsmäßigen freiwilligen Mehrleistung in eine pflichtgemäß zu erbringende Regelleistung umgewandelt wurde. Die Gestaltungsfreiheit der Ersatzkassen nach § 4 Abs. 2 der 12. V zum Aufbau der Sozialversicherung vom 24. Dezember 1935 – 12. Aufbau V – (RGBl. I S. 1537) in der Fassung der 15. V zum Aufbau der Sozialversicherung vom 1. April 1937 – 15. Aufbau V (RGBl. I S. 439) für freiwillig versicherte Mitglieder ist dadurch entfallen. Das hat das BSG bereits in seinem Urteil vom 28. März 1979 – 3 BK 63/77 (SozR 5428 § 4 12. Aufbau V Nr. 6) mit überzeugender Begründung entschieden und zugleich ausgeführt, daß das Verbot, zwischen der Gruppe der freiwilligen Mitglieder und der Pflichtmitglieder zu unterscheiden, sich nicht nur auf die Familienhilfeleistungen, sondern auch auf das Beitragsrecht erstreckt. Infolgedessen sind Satzungsbestimmungen einer Ersatzkasse, die für freiwillig versicherte Mitglieder eine nach dem Familienstand differenzierte Beitragshöhe vorsehen, seit der Neufassung des § 507 Abs. 4 durch das RehaAnglG, also seit dem 1. Oktober 1974 unwirksam (vgl. auch Urteil des BSG vom 15. Mai 1984 – 12 RK 59/81 –; so auch Brackmann, Handbuch der Sozialversicherung, 9. Aufl., S. 341 a und b; a.A. offenbar Peters, Handbuch der Krankenversicherung, Teil II/4 Anm. 8 zu § 507). Auch die Tatsache, daß ein Versicherter die Familienhilfe nicht in Anspruch nimmt oder nicht in Anspruch nehmen kann, weil er gar keine Angehörigen hat, rechtfertigt keine Beitragsdifferenzierung, da sowohl die Unabhängigkeit der sachlichen Leistungen von der Höhe der zu entrichtenden Beiträge als auch die Erstreckung der Versicherung auf Familienangehörige ohne Mehrbelastung des Versicherten zum Wesen des sozialen Ausgleichs in der gesetzlichen Krankenversicherung gehören, der der gesamten Solidargemeinschaft obliegt (BSG, a.a.O.).
Daraus folgt, daß die Beklagte berechtigt und verpflichtet war, in ihren VB u.a. alle Bestimmungen zu beseitigen, die die Übernahme des Versicherungsrisikos der Familienhilfe nur für bestimmte Mitgliedergruppen sowie eine Beitragsermäßigung für Versicherte ohne Familienangehörige oder mit Familienangehörigen aber ohne Familienhilfe ansprach vorsahen, und mit Wirkung ab 1. Oktober 1974 für ihre nichtversicherungspflichtigen Mitglieder, zu denen der Kläger gehört, einheitlich – neue – Beitragsklassen zu schaffen. Das hat sie in ihren dem Bescheid vom 25. Juni 1981 zugrunde gelegten VB in der Fassung des 18. Nachtrags zwar weitgehend getan und u.a. insbesondere auch die noch zur Zeit des Beitritts des Klägers zur Kasse bestehende Möglichkeit ausgeschlossen, trotz familienhilfeberechtigter Angehöriger eine Versicherung ohne Familienhilfeanspruch einzugehen. Speziell für die Gruppe der freiwillig versicherten Mitglieder, die Anspruch auf Heilfürsorge nach dienstrechtlichen Vorschriften haben oder als Entwicklungshelfer Entwicklungsdienst leisten, ist die auf den Familienstand bezogene Beitragsdifferenzierung jedoch nicht entfallen (vgl. die einschlägige Regelung in Abschnitt E der VB). Das SG hat zu Recht darauf hingewiesen, daß insoweit für Mitglieder ohne Familienhilfeanspruch der Beitrag monatlich 3,– DM beträgt und ab 1. Januar 1983 6,– DM, während für die Mitglieder dieser Versicherungsgruppe mit Anspruch auf Familienhilfe die Einstufung in bestimmte einkommensbezogene Versicherungsklassen vorgesehen ist. Diese Regelung verstößt damit aus den dargelegten Gründen gegen § 507 Abs. 4 und § 205 RVO bzw. gegen die in der RVO festgelegten leistungs- und beitragsrechtlichen Grundsätze und damit gegen höherrangiges Recht. Auch für die Gruppe der freiwillig versicherten Mitglieder mit Anspruch auf Heilfürsorge war die Beklagte nur berechtigt, beitragsrechtlich dem Umstand Rechnung zu tragen, daß der eigene Leistungsanspruch dieser Mitglieder bis auf den Anspruch auf Sterbegeld ruht (vgl. die mit § 313 Abs. 5 RVO übereinstimmende Regelung in den VB der Beklagten). Bei der allein im Verhältnis zu den übrigen freiwillig versicherten Mitgliedern vorzunehmenden Beitragsermäßigung kann das Vorhandensein von familienhilfeberechtigten Angehörigen und deren Anzahl sowie der Umstand, ob ein Familienhilfeanspruch geltend gemacht wird oder nicht, keine Berücksichtigung finden (vgl. auch Peters, a.a.O., Anm. 12 b zu § 313, S. 17/1142).
Da somit für die Beitragsneueinstufung des Klägers in die Versicherungsklasse 488 im Bescheid vom 25. Juni 1981 eine wirksame rechtliche Grundlage nicht vorhanden war, war der Bescheid allein aus diesem Grunde rechtswidrig. Mit welchem Beitrag der Kläger einzustufen gewesen wäre, konnte der Senat nicht entscheiden, da es dafür zunächst einer Neuregelung der Beiträge und der Schaffung einheitlicher Beitragsklassen auch für die Gruppe der freiwillig versicherten Mitglieder mit Anspruch auf Heilfürsorge durch die Beklagte bedarf, die dem Gesetz entspricht (vgl. Urteil des BSG vom 15. Mai 1984 – 12 RK 59/81 – und BSG SozR 5428 § 4 12. Aufbau V Nr. 6). Soweit das LSG Niedersachsen in dem von der Beklagten angeführten Urteil zu einem anderen Ergebnis kommt, kann dem nicht gefolgt werden, da hierbei dem Umstand nicht Rechnung getragen wurde, daß die VB der Beklagten in der Fassung des 18. Nachtrags und bis heute die Differenzierung nach dem Familienstand für die Gruppe der freiwillig versicherten Mitglieder mit Anspruch auf Heilfürsorge nicht aufgegeben, sondern allenfalls inhaltlich umgestaltet haben.
Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 193 SGG, diejenige über die Zulassung der Revision auf § 160 Abs. 2 SGG.
II. Die Beklagte hat dem Kläger die außergerichtlichen Kosten des Rechtsstreits zur Hälfte zu erstatten.
III. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten im wesentlichen um die Rechtmäßigkeit einer Beitragsneueinstufung des Klägers ab 1. Juli 1981.
Der Kläger ist seit 1960 Beamter (Berufssoldat) mit Anspruch auf Heilfürsorge nach dienstrechtlichen Vorschriften. Zum 1. Dezember 1972 wurde er als Versicherungsberechtigter freiwilliges Mitglied der beklagten Ersatzkasse mit einem Beitrag von 3,– DM im Monat. Nach den damals geltenden Versicherungsbedingungen (VB) der Beklagten vom 1. September 1952 i.d.F. des 49. Nachtrags konnten sich nichtversicherungspflichtige Mitglieder mit familienhilfeberechtigten Angehörigen auf Antrag auch ohne Anspruch auf Familienhilfe versichern (Abschnitt G – Allgemeine Bestimmungen – Ziff. 10). Der Beitrag von 3,– DM im Monat war nach den VB für nichtversicherungspflichtige Mitglieder vorgesehen, deren eigener Leistungsanspruch gegen die Kasse wegen des Anspruchs auf Heilfürsorge auf den Sterbegeldanspruch beschränkt war und die einen Familienhilfeanspruch nicht besaßen bzw. sich ohne Anspruch darauf versicherten, während entsprechende Mitglieder mit Familienhilfeanspruch in die Versicherungsklassen "ohne Angehörige” eingestuft wurden (vgl. Abschnitt E – Sonderbestimmungen für Berufssoldaten, Soldaten auf Zeit, Beamte des Bundesgrenzschutzes und der Polizei –). Der Kläger ist geschieden und hat zwei Söhne, geboren im August 1959 und Januar 1967, denen gegenüber er unterhaltspflichtig war und ist. Seine frühere Ehefrau ist als Universitätsangestellte tätig und ebenfalls Mitglied der Beklagten. Die monatlichen Gesamtbezüge des Klägers beliefen sich ab 1. Juni 1981 auf 2.433,10 DM brutto.
Nach Überprüfung des Versicherungsverhältnisses teilte die Beklagte dem Kläger durch Bescheid vom 25. Juni 1981 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 6. November 1981 mit, daß er auf Grund der Bestimmungen der VB vom 1. Juni 1973 i.d.F. des 18. Nachtrags vom Juli 1980 ab 1. Juli 1981 in die einkommensbezogene Versicherungsklasse 488 mit einer auf die Indexzahl 84,6 v.H. festgelegten Beitragsermäßigung versetzt werde und der monatliche Beitrag 257,– DM betrage. Ein monatlicher Beitrag von 3,– DM dürfe nach den VB nur noch freiwilligen Mitgliedern mit Anspruch auf Heilfürsorge eingeräumt werden, die keinen Anspruch auf Familienhilfe gem. § 205 Reichsversicherungsordnung (RVO) geltend machen könnten. Im Falle des Klägers bestehe jedoch ein Familienhilfeanspruch der Kinder gegenüber beiden Elternteilen, auf den der Kläger seit der durch das Gesetz über die Anpassung der Leistungen zur Rehabilitation (RehaAnglG) ab 1. Oktober 1974 geschaffenen Rechtslage auch nicht mehr verzichten könne, da § 205 RVO von diesem Zeitpunkt an auch für die Ersatzkassen zwingendes Recht sei.
Noch während des Widerspruchsverfahrens hatte der Kläger mit am 12. Oktober 1981 bei der Beklagten eingegangenen Schreiben vom 9. Oktober 1981 erklärt, daß er seine "Anwartschaftsversicherung” rückwirkend zum 30. Juni 1981 und – falls dem nicht zugestimmt werde – zum nächstmöglichen Termin kündige. Er begründete dies damit, daß er auf Grund der Beitragshöhe von 257,– DM in wirtschaftliche Schwierigkeiten geraten sei und die schon entstandenen Forderungen ohne Kreditaufnahme nicht begleichen könne. Durch den 25. Nachtrag zu den VB der Beklagten wurde die Indexzahl für die Beitragsbemessung ab 1. Mai 1982 dann von 84,6 auf 50,5 v.H. herabgesetzt, so daß der Beitrag in der Beitragsklasse 488 sich von 257,– DM auf 103,– DM ermäßigte. Seit 1. Januar 1983 beträgt der monatliche Beitrag für Mitglieder ohne Familienhilfeanspruch 6,– DM.
Auf die am 27. November 1981 erhobene Klage hat das Sozialgericht (SG) Gießen die Beklagte durch Urteil vom 24. August 1984 antragsgemäß verpflichtet, den Kläger ab 1. Juli 1981 für einen Monatsbeitrag von 3,– DM als Mitglied weiterzuführen. Zur Begründung hat es im wesentlichen ausgeführt: Die Beitragsneueinstufung durch die Beklagte sei rechtswidrig, weil keine Änderung in den tatsächlichen und insbesondere auch nicht in den rechtlichen Verhältnissen im Sinne von § 48 Sozialgesetzbuch – Verwaltungsverfahren (SGB 10) eingetreten sei. In den VB der Beklagten sei nach wie vor für Mitglieder ohne Familienhilfeanspruch ein Monatsbeitrag von 3,– DM vorgesehen. Ob der Kläger auf den Familienhilfeanspruch früher habe verzichten können und dies tatsächlich getan habe sei fraglich, so daß der Vortrag der Beklagten, eine entsprechende Versicherung sei nunmehr nicht mehr möglich, unerheblich sei. Voraussetzung für die Aufnahme des Klägers mit einem Beitrag von 3,– DM sei ersichtlich gewesen, daß die Familienhilfeleistung nach § 204 Abs. 4 RVO bei Ansprüchen gegen mehrere Krankenkassen nur einmal gewährt werde und die Kinder des Klägers bereits anderweitig krankenversichert gewesen seien. Daran habe sich nichts geändert, u.a. auch nicht durch die Neufassung dieser Vorschrift ab 1. Januar 1982. Die Kündigung der Mitgliedschaft stehe der Weiterversicherung des Klägers nicht entgegen, da sie nur für den Fall habe gelten sollen, daß sie für einen monatlichen Beitrag von 3,– DM unmöglich sei.
Gegen das ihr am 2. Oktober 1984 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 19. Oktober 1984 Berufung eingelegt. Sie ist der Auffassung, daß dem Kläger hinsichtlich der Klärung des Versicherungsverhältnisses das Rechtsschutzbedürfnis fehle, weil die Mitgliedschaft durch Kündigung zum 30. Juni 1981 beendet worden sei. Im übrigen könne dem SG in der Sache nicht gefolgt werden. Die Beklagte bezieht sich insoweit auf das Urteil des Landessozialgerichts (LSG) Niedersachsen vom 4. Januar 1984 – L-4/Kr-4/83 –.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Gießen vom 24. August 1984 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen,
hilfsweise,
festzustellen, daß der Bescheid vom 25. Juni 1981 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 6. November 1981 rechtswidrig gewesen und die Beklagte verpflichtet ist, ihn mit Wirkung vom 1. Juli 1981, hilfsweise
mit Rechtskraft des Urteils, für einen Beitrag von 3,– DM weiterzuversichern weiterhin
hilfsweise,
die Revision zuzulassen.
Er hält das angefochtene Urteil für zutreffend. Notfalls sei er ab rechtskräftigem Abschluß des vorliegenden Verfahrens zum alten Monatsbeitrag weiterzuversichern.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Gerichts- und Kassenakten Bezug genommen, die zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht wurden.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig (§§ 143 ff, 151 Sozialgerichtsgesetz – SGG –).
Sie ist auch begründet, soweit das SG die Beklagte verpflichtet hat, den Kläger ab 1. Juli 1981 weiter als Mitglied mit einem Beitrag von 3,– DM im Monat zu führen und den angefochtenen Bescheid vom 25. Juni 1981 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 6. November 1981 aufgehoben hat. Nach zutreffender Ansicht der Beklagten ist die vom Kläger erhobene Anfechtungsklage gegen diesen Bescheid unzulässig, weil der Kläger durch die darin vorgenommene Einstufung in die Beitragsklasse 488 ab 1. Juli 1981 mit einem monatlichen Beitrag von 257,– DM statt 3,– DM nicht mehr unmittelbar beschwert ist. Zwar hat die Beklagte den Bescheid nicht aufgehoben; die durch ihn getroffene Regelung hat sich jedoch auf andere Weise, nämlich durch die Beendigung der Mitgliedschaft mit Wirkung zum 30. Juni 1981 erledigt. Nach Erlaß des Bescheides hat der Kläger unstreitig mit am 12. Oktober 1981 bei der Beklagten eingegangenem Schreiben vom 9. Oktober 1981 erklärt, daß er die freiwillige Versicherung bei der Beklagten rückwirkend zum 30. Juni 1981 kündige. Die Beklagte hat durch Löschung der Mitgliedschaft ab 30. Juni 1981 den Austritt zu diesem Zeitpunkt und nicht erst zum Schluß des Kalendervierteljahres gestattet (vgl. Abschnitt C der VB vom 1. Juni 1973 i.d.F. des 18. Nachtrages, Unterabschnitt "Beendigung der Mitgliedschaft” Ziffer 1 und 2). Die Austrittserklärung des Klägers war unbedingt; die im Bescheid vom 25. Juni 1981 festgesetzte Beitragshöhe stellte nur den Grund bzw. das Motiv für den dem Wortlaut nach ohne jede Einschränkung erklärten Austritt dar. Die Beklagte weist insoweit zu Recht daraufhin, daß der Kläger nach dem Inhalt seines Kündigungsschreibens u.a. unter Berücksichtigung der darin dargelegten finanziellen Verhältnisse erkennbar nicht das Risiko des Fortbestehens seiner Mitgliedschaft für den Fall eingehen wollte, daß sich die Beitragsfestsetzung der Beklagten als rechtmäßig erweist. Dieses Risiko war aber nur durch die zu Beginn des Schreibens unbedingt erklärte Kündigung zu vermeiden, da jede Bedingung diese Erklärung überhaupt unwirksam gemacht hätte. Die durch wirksame Austrittserklärung beendete Mitgliedschaft hat zur Folge, daß schon deshalb vom Kläger ab 1. Juli 1981 Beiträge nicht mehr verlangt werden können und allein durch die Aufhebung des Bescheides vom 25. Juni 1981 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides auch nicht erreicht werden kann, daß die Mitgliedschaft zu den früheren Bedingungen u.a. mit einem Beitrag von 3,– DM im Monat, ohne weiteres wieder auflebt.
Der Kläger hat jedoch ein berechtigtes Interesse an der Feststellung der Rechtswidrigkeit des ihn insoweit nicht mehr unmittelbar beschwerenden Bescheides vom 25. Juni 1981, wie es von ihm hilfsweise im Berufungsverfahren ausdrücklich beantragt worden ist und unter Berücksichtigung seines Vorbringens und seiner Interessenlage auch schon im erstinstanzlichen Verfahren beantragt war (vgl. § 131 Abs. 1 Satz 3 SGG). Denn der Kläger könnte im Falle der Rechtswidrigkeit des Bescheides der Beklagten einen Anspruch gegen die Beklagte haben, ihn im Wege des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs so zu stellen, wie er ohne die Austrittserklärung stehen würde. Ein derartiger Anspruch ist von der Rechtsprechung bislang für den Fall anerkannt worden, daß ein Versicherter durch eine in der Satzung objektiv rechtswidrig festgelegte Beitragshöhe zum Austritt aus der freiwilligen Versicherung veranlaßt worden ist, wenn eine Klärung der Rechtmäßigkeit des festgesetzten Beitrags im Rechtswege zu erwarten war, dem Versicherungsträger, nicht aber dem Versicherten dies bekannt war und dieser bei Kenntnis der zu erwartenden rechtlichen Klärung seine Entscheidung über den Austritt zurückgestellt hätte (vgl. Bundessozialgericht – BSG SozR 2200 § 313 RVO Nrn. 6, 7, 8). Letzteres trifft beim Kläger zwar nicht zu, da er seinen Austritt vom Ausgang seines eigenen Verfahrens und auch anderer gleichgelagerter Verfahren, die ihm bekannt waren, gerade nicht abhängig gemacht hat. Das bedeutet jedoch nicht, daß ähnliche Erwägungen in seinem Fall von vornherein nicht eingreifen. Außerdem könnten die Voraussetzungen für eine Wiederaufnahme in die Kasse als "Versicherungsberechtigter” von einem späteren Zeitpunkt an vorliegen, woran der Kläger nach seinem Antrag und Vorbringen "notfalls” bzw. "hilfsweise” auch interessiert ist. Dafür ist die Frage, ob die Art und Weise der Beitragseinstufung im Bescheid vom 25. Juni 1981 bzw. die Beitragshöhe richtig war oder nicht, aber ebenfalls von Bedeutung.
Die Überprüfung des Bescheides vom 25. Juni 1981 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 6. November 1981 ergibt, daß die Neueinstufung des Klägers in die Versicherungsklasse 488 rechtswidrig war. Entgegen der Auffassung des SG folgt dies allerdings nicht daraus, daß seit Beginn der freiwilligen Mitgliedschaft des Klägers bei der Beklagten im Jahre 1972 keine Änderung in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen im Sinne von § 48 SGB 10 eingetreten ist, die die Beklagte zu einer Neueinstufung des Klägers für die Zukunft berechtigten. Nach zutreffender Ansicht der Beklagten ist vielmehr zwischenzeitlich in rechtlicher Hinsicht eine Änderung erfolgt. Denn infolge der Neufassung des § 507 Abs. 4 RVO durch § 21 Nr. 33 des RehaAnglG vom 7. August 1974 (BGBl. I S. 1881) gilt seit 1. Oktober 1974 für "Mitglieder der Ersatzkassen” u.a. § 205 RVO entsprechend. Da zu den "Mitgliedern” im Sinne von § 507 Abs. 4 RVO sowohl die Versicherungspflichtigen als auch die nichtversicherungspflichtigen Ersatzkassenmitglieder gehören (vgl. u.a. BSG SozR 2200 § 185 RVO Nr. 2; SozR 5428 § 4 12. Aufbau V Nr. 6), bedeutet dies, daß auch ihnen wie schon zuvor den versicherungspflichtigen Mitgliedern der Ersatzkassen seither ein gesetzlicher Anspruch auf Familienhilfe zusteht und die Familienhilfe hinsichtlich dieser Mitglieder damit von einer satzungsmäßigen freiwilligen Mehrleistung in eine pflichtgemäß zu erbringende Regelleistung umgewandelt wurde. Die Gestaltungsfreiheit der Ersatzkassen nach § 4 Abs. 2 der 12. V zum Aufbau der Sozialversicherung vom 24. Dezember 1935 – 12. Aufbau V – (RGBl. I S. 1537) in der Fassung der 15. V zum Aufbau der Sozialversicherung vom 1. April 1937 – 15. Aufbau V (RGBl. I S. 439) für freiwillig versicherte Mitglieder ist dadurch entfallen. Das hat das BSG bereits in seinem Urteil vom 28. März 1979 – 3 BK 63/77 (SozR 5428 § 4 12. Aufbau V Nr. 6) mit überzeugender Begründung entschieden und zugleich ausgeführt, daß das Verbot, zwischen der Gruppe der freiwilligen Mitglieder und der Pflichtmitglieder zu unterscheiden, sich nicht nur auf die Familienhilfeleistungen, sondern auch auf das Beitragsrecht erstreckt. Infolgedessen sind Satzungsbestimmungen einer Ersatzkasse, die für freiwillig versicherte Mitglieder eine nach dem Familienstand differenzierte Beitragshöhe vorsehen, seit der Neufassung des § 507 Abs. 4 durch das RehaAnglG, also seit dem 1. Oktober 1974 unwirksam (vgl. auch Urteil des BSG vom 15. Mai 1984 – 12 RK 59/81 –; so auch Brackmann, Handbuch der Sozialversicherung, 9. Aufl., S. 341 a und b; a.A. offenbar Peters, Handbuch der Krankenversicherung, Teil II/4 Anm. 8 zu § 507). Auch die Tatsache, daß ein Versicherter die Familienhilfe nicht in Anspruch nimmt oder nicht in Anspruch nehmen kann, weil er gar keine Angehörigen hat, rechtfertigt keine Beitragsdifferenzierung, da sowohl die Unabhängigkeit der sachlichen Leistungen von der Höhe der zu entrichtenden Beiträge als auch die Erstreckung der Versicherung auf Familienangehörige ohne Mehrbelastung des Versicherten zum Wesen des sozialen Ausgleichs in der gesetzlichen Krankenversicherung gehören, der der gesamten Solidargemeinschaft obliegt (BSG, a.a.O.).
Daraus folgt, daß die Beklagte berechtigt und verpflichtet war, in ihren VB u.a. alle Bestimmungen zu beseitigen, die die Übernahme des Versicherungsrisikos der Familienhilfe nur für bestimmte Mitgliedergruppen sowie eine Beitragsermäßigung für Versicherte ohne Familienangehörige oder mit Familienangehörigen aber ohne Familienhilfe ansprach vorsahen, und mit Wirkung ab 1. Oktober 1974 für ihre nichtversicherungspflichtigen Mitglieder, zu denen der Kläger gehört, einheitlich – neue – Beitragsklassen zu schaffen. Das hat sie in ihren dem Bescheid vom 25. Juni 1981 zugrunde gelegten VB in der Fassung des 18. Nachtrags zwar weitgehend getan und u.a. insbesondere auch die noch zur Zeit des Beitritts des Klägers zur Kasse bestehende Möglichkeit ausgeschlossen, trotz familienhilfeberechtigter Angehöriger eine Versicherung ohne Familienhilfeanspruch einzugehen. Speziell für die Gruppe der freiwillig versicherten Mitglieder, die Anspruch auf Heilfürsorge nach dienstrechtlichen Vorschriften haben oder als Entwicklungshelfer Entwicklungsdienst leisten, ist die auf den Familienstand bezogene Beitragsdifferenzierung jedoch nicht entfallen (vgl. die einschlägige Regelung in Abschnitt E der VB). Das SG hat zu Recht darauf hingewiesen, daß insoweit für Mitglieder ohne Familienhilfeanspruch der Beitrag monatlich 3,– DM beträgt und ab 1. Januar 1983 6,– DM, während für die Mitglieder dieser Versicherungsgruppe mit Anspruch auf Familienhilfe die Einstufung in bestimmte einkommensbezogene Versicherungsklassen vorgesehen ist. Diese Regelung verstößt damit aus den dargelegten Gründen gegen § 507 Abs. 4 und § 205 RVO bzw. gegen die in der RVO festgelegten leistungs- und beitragsrechtlichen Grundsätze und damit gegen höherrangiges Recht. Auch für die Gruppe der freiwillig versicherten Mitglieder mit Anspruch auf Heilfürsorge war die Beklagte nur berechtigt, beitragsrechtlich dem Umstand Rechnung zu tragen, daß der eigene Leistungsanspruch dieser Mitglieder bis auf den Anspruch auf Sterbegeld ruht (vgl. die mit § 313 Abs. 5 RVO übereinstimmende Regelung in den VB der Beklagten). Bei der allein im Verhältnis zu den übrigen freiwillig versicherten Mitgliedern vorzunehmenden Beitragsermäßigung kann das Vorhandensein von familienhilfeberechtigten Angehörigen und deren Anzahl sowie der Umstand, ob ein Familienhilfeanspruch geltend gemacht wird oder nicht, keine Berücksichtigung finden (vgl. auch Peters, a.a.O., Anm. 12 b zu § 313, S. 17/1142).
Da somit für die Beitragsneueinstufung des Klägers in die Versicherungsklasse 488 im Bescheid vom 25. Juni 1981 eine wirksame rechtliche Grundlage nicht vorhanden war, war der Bescheid allein aus diesem Grunde rechtswidrig. Mit welchem Beitrag der Kläger einzustufen gewesen wäre, konnte der Senat nicht entscheiden, da es dafür zunächst einer Neuregelung der Beiträge und der Schaffung einheitlicher Beitragsklassen auch für die Gruppe der freiwillig versicherten Mitglieder mit Anspruch auf Heilfürsorge durch die Beklagte bedarf, die dem Gesetz entspricht (vgl. Urteil des BSG vom 15. Mai 1984 – 12 RK 59/81 – und BSG SozR 5428 § 4 12. Aufbau V Nr. 6). Soweit das LSG Niedersachsen in dem von der Beklagten angeführten Urteil zu einem anderen Ergebnis kommt, kann dem nicht gefolgt werden, da hierbei dem Umstand nicht Rechnung getragen wurde, daß die VB der Beklagten in der Fassung des 18. Nachtrags und bis heute die Differenzierung nach dem Familienstand für die Gruppe der freiwillig versicherten Mitglieder mit Anspruch auf Heilfürsorge nicht aufgegeben, sondern allenfalls inhaltlich umgestaltet haben.
Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 193 SGG, diejenige über die Zulassung der Revision auf § 160 Abs. 2 SGG.
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