L 13 B 316/07 SB

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Entschädigungs-/Schwerbehindertenrecht
Abteilung
13
1. Instanz
SG Neuruppin (BRB)
Aktenzeichen
S 3 SB 51/04
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 13 B 316/07 SB
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde des Beklagten gegen den Beschluss des Sozialgerichts Neuruppin vom 21. November 2007 wird zurückgewiesen. Der Beklagte trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Gründe:

I.

Dem Kläger war durch Bescheid des Beklagten vom 13. Oktober 2003 ein Grad der Behinderung (GdB) von 30 zuerkannt worden. Die Voraussetzungen für die beantragten Merkzeichen "B" (Notwendigkeit ständiger Begleitung) und "RF" (Befreiung von der Rundfunkgebühren-pflicht) lägen nicht vor. Hiergegen erhob der Kläger Widerspruch. Ferner stellte er im Januar 2004 unter Bezugnahme auf eine im November 2003 erstmalig diagnostizierte Colitis ulcerosa einen Verschlimmerungsantrag. Der Beklagte teilte zunächst mit, dass der Antrag in das laufende Widerspruchsverfahren einbezogen würde, wies den Kläger durch Schreiben vom 04. Februar 2004 jedoch darauf hin, dass das Ausmaß der Beeinträchtigung aufgrund der Colitis ulcerosa erst nach einem Zeitraum von sechs Monaten beurteilt werden könne. Hiergegen wandte der Kläger mit Schreiben vom 22. Februar 2004 ein, dass zwar die Colitis ulcerosa nicht heilbar und eine Besserung nach Ablauf von sechs Monaten nicht zu erwarten sei, dass jedoch bereits die Beeinträchtigungen aufgrund des Prostataleidens bzw. seiner Herzerkrankung zu einem höheren GdB führen müssten. Mit Widerspruchsbescheid vom 19. April 2004 wies der Beklagte den Widerspruch zurück.

Während des Klageverfahrens veranlasste der Beklagte eine Begutachtung des Klägers durch die Ärzte S/Dr. N, die am 07. Oktober 2005 ausführten, dass der Gesamt-GdB 60 betrage, wo-bei eine chronische Herzinsuffizienz bei koronarer Herzkrankheit mit einem Einzel-GdB von 20 bis 40, ein Zustand nach Implantation einer Aortenklappenprothese mit einem Einzel-GdB von nicht weniger als 30, die chronische Colitis mittelschwerer Auswirkung mit einem Einzel-GdB von 30 bis 40 und eine Harninkontinenz mit 20 bis 40 zu bewerten seien. Durch Bescheid vom 23. November 2005 stellte der Beklagte daraufhin den Gesamt-GdB mit 60 unter Zugrun-delegung eines Einzel-GdB von 50 für die Herzerkrankung und von 30 für die Colitis ulcerosa fest. Dies gelte für die Zeit ab 15. Januar 2004.

Der Kläger hat daraufhin den Rechtsstreit, der zunächst auch auf die Zuerkennung der Merkzeichen "B" und "RF" gerichtet gewesen war, für erledigt erklärt und beantragt, über die Kos-ten zu entscheiden.

Das Sozialgericht Neuruppin hat durch Beschluss vom 21. November 2007 entschieden, dass der Beklagte dem Kläger ein Drittel der Kosten zu erstatten habe, weil er die aufgrund der Colitis ulcerosa eingetretene Änderung in das laufende Widerspruchsverfahren hätte einbeziehen wollen und einen GdB von 60 für die Zeit vor Erteilung des Widerspruchsbescheides vom 19. April 2004 letztlich festgestellt habe.

Gegen diesen am 03. Dezember 2007 zugegangenen Beschluss richtet sich die am 14. Dezem-ber 2007 eingegangene Beschwerde des Beklagten, der das Sozialgericht nicht abgeholfen hat. Der Beklagte trägt vor, dass der Kläger durch sein Schreiben vom 04. Februar 2004 auf die Berücksichtigung seiner Dickdarmerkrankung verzichtet und um Entscheidung vor Ablauf des Sechsmonatszeitraums für die Einschätzung der Darmerkrankung gebeten habe.

II.

Die Beschwerde ist zulässig, jedoch nicht begründet. Im Ergebnis zu Recht hat das Sozialgericht dem Beklagten ein Drittel der notwendigen außergerichtlichen Kosten des Klägers auferlegt.

Nach § 193 Abs. 1 Satz 3 Sozialgerichtsgesetz (SGG) entscheidet das Gericht über die Kosten nach billigem Ermessen. Dabei ist nicht nur der tatsächliche oder mutmaßliche Verfahrensausgang von Bedeutung, heranzuziehen sind vielmehr auch sonstige Umstände wie beispielsweise, ob der Beklagte Veranlassung für den Rechtsstreit gegeben hat oder ob er auf Veränderungen im Laufe des Rechtsstreits sachgerecht reagiert hat. Dabei entfällt zwar grundsätzlich eine Verpflichtung des Beklagten zur Erstattung von Kosten, wenn der vom Kläger geltend ge-machte Anspruch erst aufgrund einer nach Klageerhebung eingetretenen Änderung der tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse begründet ist oder wenn diese Änderung erst nach Klageerhebung feststellbar war. Vorliegend konnte das Ausmaß der Beeinträchtigungen aufgrund der erst im November 2003 diagnostizierten Colitis ulcerosa in der Tat nicht vor Erlass des Wider-spruchsbescheides vom 10. April 2004 festgestellt werden. Es kam damit nicht darauf an, ob – was zweifelhaft ist - der Kläger mit seinem Schreiben vom 22. Februar 2004 tatsächlich auf die Bewertung der Colitis ulcerosa verzichtet hatte. Jedenfalls aber haben die Ärzte S/Dr. N in deren Gutachten vom 07. Oktober 2005, dem der Beklagte mit Erlass seines Bescheides vom 23. November 2005 im Wesentlichen gefolgt ist, einen Gesamt-GdB von 60 u. a. aufgrund einer Herzkrankheit festgestellt, die aufgrund des Gutachtens mit versorgungsärztlicher Stellungnahme des Dipl.-Med. S vom 18. November 2005 mit einem Einzel-GdB von 50 zu bewerten ist. Damit war dem auf einen Gesamt-GdB von 50 gerichteten Klageantrag bereits aufgrund der Herzkrankheit und ohne Berücksichtigung der Colitis ulcerosa stattzugeben gewesen. Die Verschlimmerung der Herzkrankheit ist dem Beklagten auch nicht erst während des Klageverfahrens bekannt geworden. Der Kläger hatte hierauf im Widerspruchsverfahren wiederholt hingewiesen, die Gutachter hatten insoweit auf eine im März 2003 erfolgte Operation abgestellt, die dem Beklagten aufgrund von Entlassungsberichten auch bekannt war. Die Anhebung des GdB erfolgte daher zu Recht zu einem Zeitpunkt vor Erlass des Widerspruchsbescheides.

Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 Abs. 1 SGG.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
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