L 8 AS 5912/06

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
8
1. Instanz
SG Reutlingen (BWB)
Aktenzeichen
S 12 AS 4496/05
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 8 AS 5912/06
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Verträge zwischen Angehörigen sind der Gewährung von Leistungen zur Grundsicherung nur dann zugrunde zu legen, wenn sie zum einen bürgerlich-rechtlich wirksam geschlossen sind und darüber hinaus sowohl die Gestaltung als auch die Durchführung des Vereinbarten dem zwischen Fremden Üblichen (sog Fremdvergleich)
entspricht (siehe bereits Urteil des Senats vom 15.09.2006 - L 8 AS 5071/05 -).
Daran fehlt es, wenn zwar ein schriftlicher Mietvertrag zwischen Mutter und Sohn
vorliegt, der Sohn (Antragsteller) aber allenfalls den Betrag als Miete an seine Mutter
gezahlt hat, der ihm von dritter Seite z.B. als Wohngeld zuerkannt worden ist.
(Die Revision wurde vom Senat zugelassen).
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 23. Oktober 2006 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind im Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob der Kläger Anspruch auf Übernahme von Mietkosten im Rahmen der Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Sozialgesetzbuch - Zweites Buch - (SGB II) hat.

Der 1953 geborene Kläger bewohnt alleine eine 120 m2 große Dreieinhalb-Zimmer-Wohnung, die seiner Mutter gehört. Ein auf den 15.01.1985 datierender Mietvertrag mit seiner Mutter weist einen Mietzins von monatlich 680,- DM aus. Von der Stadt T. erhielt der Kläger in der Zeit von Juli bis Dezember 2004 Wohngeld (Mietzuschuss) in Höhe von monatlich 136,- EUR (Bescheid vom 09.11.2004). Außerdem bezog er bis Dezember 2004 Arbeitslosenhilfe von der Bundesagentur für Arbeit. Der Kläger ist geschieden und Vater einer 1988 geborenen Tochter. Die Erwerbsfähigkeit des Klägers ist zwar durch gesundheitliche Beeinträchtigungen eingeschränkt. Er ist aber noch in der Lage, zumindest für drei Stunden täglich leichte bis mittelschwere Arbeiten ohne ständig erhöhten Zeitdruck auszuüben. Im Jahr 2005 hatte der Kläger weder Einkommen noch besaß er Vermögen.

Am 10.12.2004 beantragte der Kläger erstmals die Gewährung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II). Auf dem Antragsformular gab er als Bankverbindung das Konto seiner Mutter bei der P.bank an. Daraufhin bewilligte ihm die Stadt T. mit Bescheid vom 13.01.2005 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts in Höhe von monatlich 345,- EUR für den Zeitraum vom 01.01. bis 30.06.2005. Die Gewährung von Leistungen für Kosten Unterkunft und Heizung (KdU) wurde abgelehnt mit der Begründung, entsprechend der bisherigen Leistungsgewährung nach dem Bundessozialhilfegesetz (BSHG) sei weiter davon auszugehen, dass der Kläger mietfrei in der Wohnung seiner Mutter wohnen könne. Anderweitige Nachweise lägen nicht vor. Den hiergegen eingelegten Widerspruch des Klägers wies die Widerspruchsstelle des Jobcenters Landkreis T. mit Widerspruchsbescheid vom 18.07.2005 als unbegründet zurück.

Im September 2005 stellte der Kläger einen Antrag auf Fortzahlung der Leistungen nach dem SGB II. Dabei gab er an, dass sich der Überweisungsweg geändert habe und die Leistung nunmehr auf ein auf ihn lautendes Konto bei der B.-Bank T. überwiesen werden solle. Der Beklagte bewilligte dem Kläger zunächst mit Bescheid vom 24.10.2005 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts für die Zeit vom 01.10. bis 31.12.2005 in Höhe von monatlich 345,- EUR. Mit Bescheid vom 25.10.2005 wurden dann Leistungen in dieser Höhe bereits ab 01.07.2005 und wiederum bis 31.12.2005 bewilligt. Leistungen für KdU wurden in beiden Bescheiden nicht anerkannt.

Am 21.10.2005 stellte der Kläger einen ersten Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung (S 12 AS 3556/05 ER) beim Sozialgericht Reutlingen (SG). Er machte einen Anspruch auf ihm zustehende Leistungen ab 01.10.2005 geltend und forderte den Beklagten ferner auf, die ihm - dem Kläger - von den Stadtwerken T. in Rechnung gestellten Kosten zu begleichen.

Am 10.11.2005 legte der Kläger außerdem Widerspruch gegen den Bescheid des Beklagten vom 25.10.2005 ein. Auch mit seinem Widerspruch machte er KdU geltend.

Der Beklagte erklärte sich im Verfahren vor dem SG bereit, die dem Kläger von den Stadtwerken T. in Rechnung gestellten Kosten abzüglich eines Anteils für Stromkosten, die bereits in der Regelleistung enthalten seien, rückwirkend zu zahlen (Schreiben vom 22.11.2005). Mit Teilabhilfebescheid vom 24.11.2005 und Widerspruchsbescheid vom 24.11.2005 änderte der Beklagte den Bescheid vom 24.10.2005 ab und übernahm Heizkosten (Gas) für die Zeit vom 01.01. bis 31.12.2005 in Höhe von insgesamt 1.557,24 EUR. Von den monatlichen Kosten für Gas in Höhe von 136,- EUR zog der Beklagte für bereits in der Regelleistung enthaltene Warmwasserkosten monatlich 6,23 EUR ab, so dass ein zu übernehmender Monatsbetrag von 129,77 EUR verblieb. Im Verfahren S 12 AS 3556/05 ER stellte sich ferner heraus, dass die dem Kläger bewilligten Leistungen für den Zeitraum vom 21.10. bis 31.12.2005 versehentlich auf das Konto seiner Mutter bei der P.bank überwiesen wurden. Mit Beschluss vom 05.12.2005 verpflichtete das SG den Beklagten, an den Kläger die diesem bereits bewilligte Regelleistung in Höhe von 345,- EUR monatlich für die Zeit vom 21.10.2005 bis zum 31.12.2005 auf das Konto des Klägers bei der B.-Bank T. zu zahlen. Im Übrigen lehnte es den Erlass einer einstweiligen Anordnung ab. Soweit mit dem Antrag die Zahlung von Rückständen bei den Stadtwerken T. begehrt worden sei, bedürfe es keiner Entscheidung mehr. Unzulässig sei der Antrag auch, soweit damit eine Bewilligung von Leistungen über den aktuellen Bewilligungszeitraum hinaus, d.h. über den 31.12.2005 hinaus geltend gemacht werde. Insoweit fehle es an einem Rechtsschutzbedürfnis. Der Beklagte habe über Leistungen ab 01.01.2006 noch gar nicht entschieden. Es sei derzeit noch nicht einmal bekannt, ob der Antragsteller überhaupt einen Verlängerungsantrag gestellt habe.

Mit einem am 12.12.2005 beim Beklagten eingegangenen Telefax führte der Kläger aus: "Gegen den mir nicht vorliegenden und unbekannten Widerspruchsbescheid der/s Job-Center, Arbeitsamt, Bundesagentur ... vom 18/07/05 lege ich hiermit Widerspruch ein, hilfsweise beantrage ich die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand."

Am 27.12.2005 hat der Kläger gegen den Widerspruchsbescheid vom 24.11.2005 Klage zum Sozialgericht Reutlingen (SG) erhoben, mit der er einen Anspruch auf Arbeitslosengeld II (Alg II) in Höhe von 345,00 EUR (soweit noch nicht auf das von ihm angegebene Konto überwiesen) sowie auf KdU (Miete 236,00 EUR, Nebenkosten 136,00 EUR jeweils monatlich) für die Zeit vom 01.01.2005 bis 30.09.2006 geltend gemacht hat. Ferner hat der Kläger die Erstattung von Anwaltskosten in Höhe von 743,90 EUR verlangt. Der Kläger hat außerdem ausgeführt, er habe den Widerspruchsbescheid vom 18.07.2005 nie erhalten.

Am 16.01.2006 beantragte der Kläger erneut den Erlass einer einstweiligen Anordnung (S 12 AS 160/06 ER) und machte Kosten der Unterkunft (Miete) geltend. Im Rahmen dieses einstweiligen Rechtsschutzverfahrens legte er eine am 26.12.2005 in Maschinenschrift abgefasste und von seiner Mutter unterzeichnete Erklärung vor. Darin heißt es, dass der Kläger nicht mietfrei, sondern aus privaten Gründen lediglich sehr günstig wohne. Seit 01.01.2005 müsse er eine reduzierte Miete von 236,00 EUR bezahlen. Weiter trug der Kläger in diesem Verfahren vor, er habe am 06.02.2006 - in Vertretung seiner Mutter - einen Rechtsanwalt beauftragt, den Mietzinsanspruch (gegen ihn) geltend zu machen. Das SG lehnte den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung mit Beschluss vom 13.02.2006 ab. Mit der Beschwerde (L 8 AS 815/06 ER-B) gegen diesen Beschluss legte der Kläger das Schreiben der Anwaltskanzlei S. und Kollegen vom 07.02.2006 vor, mit dem der Kläger aufgefordert wurde, Miete in Höhe von 236,00 EUR monatlich ab Januar 2005 zu zahlen. Das Mietverhältnis wurde gekündigt und der Kläger aufgefordert, die Wohnung bis 20.02.2006 zu räumen. Hierzu trug er ergänzend vor, es sei ihm persönlich in der Kanzlei S. gelungen, eine letzte Frist zur Räumung der Wohnung bis zum 01.03.2006 zu erwirken. Mit Beschluss vom 06.03.2006 wies der Senat die Beschwerde zurück. Der Kläger habe nach Überzeugung des Senats seit 1986 nur den Betrag als Miete an seine Mutter gezahlt, der ihm von dritter Seite z.B. als Wohngeld zuerkannt wurde.

Die Beklagte hat geltend gemacht, dass der Kläger auch seit 01.01.2005 - wie schon in der Vergangenheit - keine Miete an seine Mutter bezahlen müsse. Dies sei auch von der geschiedenen Ehefrau des Klägers in einem Schreiben vom 15.03.2002 an die Stadt Reutlingen angegeben worden. Es sei ihr bekannt, dass der Kläger - so seine frühere Ehefrau - die ihm gewährten Leistungen für sich selbst verwendet und seine Mutter die Miete nie erhalten habe.

Mit Urteil vom 23.10.2006 verurteilte das SG die Beklagte, die dem Kläger für die Zeit vom 01.10.2005 bis 20.10.2005 bewilligte Regelleistung in Höhe von 345,00 EUR monatlich anteilig auf das Konto des Klägers zu überweisen. Im Übrigen wies es die Klage ab. Es hielt (auch) die Klage gegen den Bescheid vom 13.01.2005 (Widerspruchsbescheid vom 18.07.2005) für fristgerecht und damit zulässig. Ferner ging es von der Prozessfähigkeit des Klägers aus. Begründet sei das Begehren des Klägers insoweit, als die ihm von der Beklagten bewilligte Regelleistung in Höhe von 345,00 EUR monatlich für die Zeit vom 01.10.2005 bis 20.10.2005 noch nicht auf dessen Konto gezahlt worden sei. Im Übrigen sei die Klage unbegründet. Der Kläger habe keinen Anspruch auf Leistungen für Miete, da nicht nachgewiesen sei, dass dem Kläger tatsächlich Mietkosten entstanden seien. Auch sei nicht belegt, dass er das zuletzt erhaltene Wohngeld in Höhe von 136,00 EUR monatlich an seine Mutter weitergeleitet habe. Die Erstattung der geltend gemachten Anwaltskosten in Höhe von 743,09 EUR könne der Kläger ebenfalls nicht von der Beklagten verlangen.

Dagegen hat der Kläger am 15.11.2006 Berufung eingelegt, mit der er geltend macht, er habe gegen die Beklagte für die Zeit vom 01.01.2005 bis 31.12.2006 einen Anspruch auf Zahlung der Miete in Höhe von 236,00 EUR monatlich. Die in erster Instanz noch geltend gemachten Ansprüche auf Zahlung verauslagter Anwaltskosten bzw. wegen fehlgeleiteter Grundsicherungsleistungen verfolge er im Berufungsverfahren nicht mehr. Zur Begründung des geltend gemachten Anspruchs bringt der Kläger vor, zwischen ihm und seiner Mutter bestehe seit 1986 ein gültiger Mietvertrag. Der - inzwischen reduzierte - Mietzins betrage 236,00 EUR monatlich. Der Kläger verweist auf die bereits aktenkundige Bestätigung seiner Mutter vom 26.12.2005, wonach er nicht mietfrei, sondern aus privaten Gründen lediglich sehr günstig wohne. Schließlich habe sie erhebliche Unterhaltskosten für das Haus zu bezahlen. Dass er die verlangte Miete im streitigen Zeitraum nicht bezahlt habe, ändere nichts daran, dass er dazu verpflichtet sei. Er verweist insoweit auf das bereits vorgelegte Schreiben der Anwaltskanzlei S. und Kollegen vom 07.02.2006, mit dem namens seiner Mutter das Mietverhältnis wegen Zahlungsverzug gekündigt und er aufgefordert worden sei, die Wohnung bis zum 20.02.2006 zu räumen. Ferner legt er das Schreiben dieser Anwaltskanzlei vom 20.02.2006 vor, wonach seine Mutter bereit sei, die mit Schreiben vom 07.02.2006 bezifferte Forderung in Höhe von 4.012,00 EUR bis 03.03.2006 zu stunden, falls u.a. die dann fällig gewordene Miete für März 2006 bezahlt werde. Zudem verweist der Kläger auf das im Rahmen eines Verfahrens zur Abgabe der eidesstattlichen Versicherung von ihm am 10.05.2006 erstellte Vermögensverzeichnis, in dem er angegeben habe, er wohne voll möbliert und eingerichtet im Hause seiner Mutter zur Miete. Außerdem weist er darauf hin, dass die Wohngeldstelle bis 31.12.2004 monatlich 236,00 EUR auf das Konto seiner Mutter überwiesen habe. Was die Frage des sogenannten Fremdvergleiches anbetreffe, gebe es durchaus Fälle, in denen Vermieter aus sozialen bzw. menschlichen Erwägungen von der Durchsetzung eines Räumungsanspruchs für längere Zeit Abstand hielten, jedenfalls wenn sie durch das Ausbleiben der Miete nicht in finanzielle Bedrängnis gerieten und der Mietschuldner - wie hier - belegen könne, dass er alle möglichen prozessualen Anstrengungen unternehme, um für eine Deckung der Mietzahlungen zu sorgen. Der Kläger legt die Erklärung seiner Mutter vom 14.02.2007 und deren Bestätigung (zur Vorlage bei Gericht) vom 27.07.2007 vor. In der Erklärung vom 14.02.2007 heißt es, da der Kläger ihr Sohn sei, dürfe er für derzeit nur 236,00 EUR in der Wohnung als Mieter wohnen bleiben. Ihre Enkelin und ihr Enkel, die ebenfalls im Haus wohnten, hätten unmöbliert jeweils höhere Mieten als ihr Sohn zu zahlen, obwohl sie für sie einkauften und Besorgungen machten. Auch ihre beiden verstorbenen Kinder hätten Miete zahlen müssen. Sie sei auf ihre Mieteinnahmen angewiesen, um nicht an ihre Rücklagen gehen zu müssen. In der Bestätigung vom 27.07.2007 führt die Mutter des Klägers aus, sie bestehe auf Zahlung und Nachzahlung der Miete, zumal sie gezwungen sei, auch noch 300,00 EUR monatlich für Unterhalt an das nicht eheliche Kind ihres Sohnes zu bezahlen. Von einer Räumungsklage habe sie bislang nur deshalb abgesehen, weil ihr einerseits die finanzielle Situation ihres Sohnes bekannt sei und sie andererseits sehe, dass er durch die Klage ernsthaft alles ihm Mögliche unternehme, damit er seinen Zahlungspflichten nachkomme. Deshalb und nachdem ihm Prozesskostenhilfe bewilligt worden sei, wolle sie noch etwas Geduld üben und ihm diese Chance noch geben. Das ändere aber nichts daran, dass sie unbedingt auf der Bezahlung der ihr zustehenden Miete bestehe.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 23. Oktober 2006 und die Bescheide des Beklagten vom 13. Januar 2005, 24. Oktober 2005 und 25. Oktober 2005 in der Gestalt der jeweiligen Widerspruchsbescheide vom 18. Juli 2005 und 24. November 2005 abzuändern und den Beklagten zu verurteilen, ihm für die Zeit vom 1. Januar 2005 bis 31. Dezember 2006 Leistungen für die Kosten der Unterkunft in Höhe von 236,00 EUR monatlich zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend. Der Kläger habe keinen Anspruch auf Übernahme der geltend gemachten Mietkosten. Solche Kosten würden nur dann übernommen, wenn diese auch tatsächlich anfielen. Eine Verpflichtung zu einer Mietzahlung sei auch unter Berücksichtigung der angedrohten "Räumungsklage" nicht nachgewiesen. Es sei bis heute nicht zu einer Räumung gekommen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Akten erster und zweiter Instanz, die Akten S 12 AS 3556/05 ER, L 8 AS 816/06 PKH-B und die Akten der Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die gemäß§§ 143ff Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte und zulässige Berufung des Klägers ist nicht begründet. Das SG hat die Klage (im Übrigen) zu Recht abgewiesen.

Streitgegenstand sind die Bescheide des Beklagten vom 13.01.2005, 24.10.2005, 25.10.2005 und 24.11.2005 in der Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 18.07.2005 und 24.11.2005, soweit damit die Bewilligung von Leistungen für KdU (Miete) in der geltend gemachten Höhe von 236,00 EUR monatlich abgelehnt worden ist. Der Kläger macht darüber hinaus im Berufungsverfahren entsprechende Leistungen auch für die Zeit vom 01.01.2006 bis 31.12.2006 geltend. Dies ist nicht (zulässiger) Streitgegenstand des Verfahrens. Die Bescheide vom 21.12.2005 und 23.06.2006, mit denen der Beklagte über einen Anspruch des Klägers auf Leistungen für den Zeitraum vom 01.01. bis 31.12.2006 entschieden hat, sind nicht gemäß § 96 SGG Gegenstand des Klageverfahrens geworden (ständige Rechtsprechung des BSG seit dem Urteil vom 07.11.2006, B 7b AS 14/06 R, SozR 4-4200 § 22 Nr. 1). Über die Zeit ab 01.01.2006 hat das SG auch ausdrücklich - und zu Recht - nicht entschieden. Gegenstand des Verfahrens sind ferner nur noch die vom Kläger geltend gemachten Mietkosten in Höhe von 236 EUR monatlich.

Ein Anspruch des Klägers gegen den Beklagten auf Übernahme der Mietkosten besteht nicht. Erwerbsfähige Hilfebedürftige erhalten als Arbeitslosengeld II u.a. Leistungen für angemessene KdU (§ 19 Satz 1 Nr. 1 SGB II in der bis 31.07.2006 geltenden Fassung). Leistungen für KdU werden in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen erbracht, soweit diese angemessen sind (§ 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II). Soweit die Aufwendungen für Unterkunft den der Besonderheit des Einzelfalles angemessenen Umfang übersteigen, sind sie als Bedarf des allein stehenden Hilfebedürftigen oder der Bedarfsgemeinschaft so lange zu berücksichtigen, wie es dem allein stehenden Hilfebedürftigen oder der Bedarfsgemeinschaft nicht möglich oder nicht zuzumuten ist, durch einen Wohnungswechsel, durch Vermieten oder auf andere Weise die Aufwendungen zu senken, in der Regel jedoch längstens für sechs Monate (§ 22 Abs. 1 Satz 2 SGB II in der bis 31.03.2006 geltenden Fassung).

Für die Bewertung der Frage, ob Wohnungskosten vorliegen, ist grundsätzlich der tatsächlich abgeschlossene Mietvertrag entscheidend (vgl. Berlit in LPK-SGB II, 2. Auflage, § 22 Rdnr. 19 m.w.N.). Allerdings sind nach der Rechtsprechung des Senats (Urteil vom 15.09.2006 - L 8 AS 5071/05 -) in Anlehnung an die ständige Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) Verträge zwischen Angehörigen einer Leistungsgewährung nur dann zugrunde zu legen, wenn sie zum einen bürgerlich-rechtlich wirksam geschlossen sind und darüber hinaus sowohl die Gestaltung als auch die Durchführung des Vereinbarten dem zwischen Fremden Üblichen entspricht (sog Fremdvergleich). Dies setzt zumindest voraus, dass die Hauptpflichten der Vertragsparteien, wie das Überlassen einer bestimmten Mietsache zur Nutzung und die Höhe der zu entrichteten Miete klar und eindeutig vereinbart worden sind und entsprechend dem Vereinbarten durchgeführt werden (BFH 19.10.1999 - IX R 39/99 - NJW 2000, 758 m.w.N.). Diese für das Steuerrecht aufgestellten Kriterien zur Abgrenzung des Spielraums an zulässigen rechtlichen Gestaltungsmöglichkeiten und deren Missbrauch können auf das Recht des SGB II, bei dem es um die Bewilligung öffentlicher Leistungen geht, übertragen werden (so zum Gesetz über eine bedarfsorientierte Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung VG Augsburg - Au 3 K 04.1474 - in Juris).

Dem Kläger ist zwar von seiner Mutter Wohnraum zum persönlichen Gebrauch überlassen worden. Eine den oben aufgezeigten Anforderungen an einen Fremdvergleich entsprechende entgeltliche Wohnraumüberlassung in Form eines wirksamen Mietvertrages ist aber nicht nachgewiesen. Zur Überzeugung des Senats steht vielmehr fest, dass der Kläger seit 1986 allenfalls den Betrag als Miete an seine Mutter gezahlt hat, der ihm von dritter Seite z.B. als Wohngeld zuerkannt worden ist. Dies folgt aus seinen eigenen Angaben. So hat er auf den Einwand des Beklagten im Klageverfahren, er habe doch seit 1986 keine Miete mehr an seine Mutter bezahlt, ausdrücklich erklärt, es stimme, dass er an Eides Statt versichert habe, keine Miete direkt an seine Vermieterin bezahlt zu haben, jedoch hätten das Sozialamt und die Wohngeldstelle "Miete" bzw. besser gesagt Kosten für Unterkunft bezahlt. Bereits diese Angaben belegen, dass ein auf ernstlichen Willenserklärungen der Vertragsparteien beruhender Mietvertrag gar nicht besteht. Zudem entspricht ein Mietrechtsverhältnis über eine 120 m2 große Wohnung in T., dazu in guter Lage, in dem der Mieter für die Gebrauchsüberlassung nur das bezahlen muss, was er von öffentlichen Stellen in Form von Wohngeld oder anderen Sozialleistungen erhält, nicht dem zwischen Fremden Üblichen. Dies ist offenkundig und bedarf deshalb keines Beweises. Vor diesem Hintergrund sind die vielfältigen Bemühungen des Klägers, die Verwaltung und die Gerichte durch Vorlage von Erklärungen seiner Mutter und angeblich drohende Räumungsklagen der "Vermieterin" doch noch vom Vorliegen eines wirksamen Mietvertrages zu überzeugen, vergeblich.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Die Revision wird wegen grundsätzlicher Bedeutung der entschiedenen Rechtsfrage zu den Anforderungen an die Berücksichtigung von Mietverträgen unter Familienangehörigen (Fremdvergleich) zugelassen.
Rechtskraft
Aus
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