Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Sozialhilfe
Abteilung
7
1. Instanz
SG Heilbronn (BWB)
Aktenzeichen
S 5 SO 2686/05
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 7 SO 4117/07
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Heilbronn vom 23. Juli 2007 wird zurückgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits in erster und zweiter Instanz.
Tatbestand:
Streitig ist die Verpflichtung des Trägers der Sozialhilfe, der Klägerin die Aufwendungen zu erstatten, die durch den Aufenthalt und die Behandlung zweier Sozialhilfeempfänger im klagenden Klinikum in der Zeit vom 21. bis 23. Juli 2003 sowie vom 27. bis 28. Oktober 2003 entstanden sind.
Der am 1977 geborene W. L. (im Folgenden WL) und die am 1956 geborene L. N. (im Folgenden LN) bezogen in 2003 vom Beklagten Leistungen nach dem Bundessozialhilfegesetz (BSHG). Krankenversicherungsschutz bestand in beiden Fällen nicht.
Am 17. Juli 2003 bescheinigte der Allgemeinmediziner Dr. S. dem WL die Notwendigkeit einer Krankenhausbehandlung wegen einer Psychose. Auf dem verwendeten Verordnungsformular war als Kostenträger "KSA Schwäb.-Hall", also der Beklagte eingetragen. Am 18. Juli 2003 (Freitag) um 09.48 Uhr wurde WL stationär bei der Klägerin aufgenommen. Am 24. Juli 2003 ging beim Beklagte die Aufnahmeanzeige der Klägerin nebst Verordnung vom 17. Juli 2003 ein, am 25. Juli 2003 folgte der Formularantrag auf Kostenerstattung gem. "§ 121 BSHG, § 37 BSHG". Die Entlassung des WL erfolgte am 12. August 2003. Die Kosten für die stationäre Behandlung in der Zeit vom 21. bis 23. Juli 2003 beliefen sich auf EUR 559,62.
Mit Bescheid vom 29. August 2003 erstattete der Beklagte der Klägerin die Kosten für die stationäre Behandlung für die Zeit vom 18. bis 20. Juli 2003 gem. § 121 BSHG. Eine weitere Erstattung bis zum 23. Juli 2003 lehnte er ab. Ab dem 24. Juli 2003 gewährte der Beklagte Krankenhilfe nach § 37 BSHG, die in Höhe der Kosten des stationären Aufenthaltes an die Klägerin ausgezahlt wurde (Kostenübernahmeerklärung vom 28. Juli 2003).
Den dagegen eingelegten Widerspruch der Klägerin wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 2. August 2005 als unbegründet zurück. Unstreitig habe bei Einlieferung am 18. Juli 2003 ein Eilfall i.S.d. § 121 BSHG vorgelegen. Die Hilfeleistung verliere jedoch mit zunehmenden Zeitablauf den Charakter einer Nothilfe; dieser Charakter entfalle, sobald der Sozialhilfeträger Kenntnis von der Notlage habe oder vom Hilfebedürftigen oder dem Nothelfer in Kenntnis gesetzt werden könne. Letzteres sei am auf die Einlieferung folgenden Montag der Fall gewesen, so dass ein Erstattungsanspruch ab diesem Tag nicht mehr bestehe. Hiergegen hat die Klägerin am 29. August 2005 Klage beim Sozialgericht (SG) Heilbronn erhoben (S 5 SO 2748/05).
Die betroffene LN wurde am 24. Oktober 2003 (Freitag) um 20.36 Uhr zunächst im Diakonie-Krankenhaus Schwäbisch-Hall stationär aufgenommen und von dort am folgenden Tag mit der Aufnahmediagnose psychische und Verhaltensstörungen durch Alkohol, Entzugssyndrom mit Delirium in das klagende Klinikum verlegt. Am 29. Oktober 2003 teilte die Klägerin dies dem Beklagten zunächst telefonisch mit, am 30. Oktober 2003 ging dort die Aufnahmeanzeige nebst Antrag auf Kostenerstattung ein. Ab dem 29. Oktober 2003 übernahm der Beklagte die Kosten des stationären Aufenthalts im Wege der Krankenhilfe, die an die Klägerin ausgezahlt wurde (Kostenübernahmeerklärung vom 30. Oktober 2003). Mit Schreiben vom 19. November 2003 forderte die Klägerin auch die Übernahme der Kosten für die ersten vier Tage des stationären Aufenthaltes. Durch einfaches Schreiben vom 12. Januar 2004 teilte der Beklagte der Klägerin mit, dass er die Kosten für die Zeit vom 25. bis 26. Oktober 2003 im Rahmen eines Nothelferanspruches übernehme. Am 12. Februar 2004 legte die Klägerin mit einem auf den 19. November 2003 datierten Schreiben Widerspruch ein. Diesen wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 2. August 2005 als unbegründet zurück. Der Anspruch auf Erstattung als Nothelfer nach § 121 BSHG bestehe ab dem auf den Einlieferungstag folgenden Montag nicht mehr. Hiergegen ist am 23. August 2005 Klage beim SG erhoben worden (S 5 SO 2686/05). Die Kosten für die stationäre Behandlung der LN in der Zeit vom 27. bis 28. Oktober 2003 hat die Klägerin auf EUR 373,38 beziffert.
Mit Beschluss vom 29. Mai 2006 hat das SG die Klagen zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung unter dem Aktenzeichen S 5 SO 2686/05 verbunden.
Die Klägerin hat vorgetragen, es sei unstreitig, dass in beiden Fällen jeweils ein Eilfall vorgelegen habe. Die Klägerin habe den Erstattungsantrag auch jeweils in angemessener Frist gestellt; eine Verzögerung von wenigen Tagen sei hinzunehmen. Eine frühere Unterrichtung des Beklagten sei nicht möglich gewesen. Diesbezüglich verwies sie auf Nr. 9 der "Empfehlung zur Umsetzung von § 121 BSHG (Krankenhausaufnahme im Eilfall)" des Landkreistages Baden-Württemberg, des Städtetages Baden-Württemberg sowie der Baden-Württembergischen Krankenhausgesellschaft vom 1. Januar 1997 (im Folgenden "Empfehlung"; Bl. 12/18 der SG-Akten S 5 SO 2686/05). Danach sei für die Antragstellung eine Frist bis zu zwei Monaten seit Eintritt des Eilfalles angemessen. Bei rechtzeitiger Kenntnis hätte der Beklagte die Kosten in gleicher Höhe gem. § 37 BSHG übernehmen müssen, so dass die Ablehnung rechtsmissbräuchlich sei. Die Kosten für den Aufenthalt des WL in der streitigen Zeit beliefen sich auf EUR 559,62, für den der LN auf EUR 373,38. Die Erstattungsansprüche seien ab Rechtshängigkeit mit 4% zu verzinsen.
Mit Urteil vom 23. Juli 2007 hat das SG "die Klage" abgewiesen. Ein Eilfall setze nicht nur eine ein sofortiges Eingreifen erfordernde Notlage voraus, sondern darüber hinaus auch ein Unvermögen, den Sozialhilfeträger von der Notlage in Kenntnis zu setzen. Dieses habe in beiden Fällen ab dem auf den jeweiligen Einlieferungstag folgenden Montag nicht mehr vorgelegen. Das Verfahren sei gerichtskostenfrei, da die Klägerin als Leistungsempfängerin nach § 183 SGG zum Kosten privilegierten Personenkreis gehöre.
Gegen das ihr am 8. August 2007 zugestellte Urteil richtet sich die am 22. August 2007 beim Landessozialgericht (LSG) eingelegte Berufung der Klägerin. Zu deren Begründung führt sie ergänzend zu ihrem Vorbringen in erster Instanz aus, ihr sei es nicht möglich gewesen, den Beklagten zeitnah zu informieren. Aufgabe eines Klinikums sei es in erster Linie, die Patienten fachgerecht zu versorgen. Unmittelbar nach der Aufnahme sei überhaupt nicht absehbar, ob die Sicherung der Kosten auf andere Weise erfolgen könne, z.B. über Krankenversicherungsschutz. Es sei, insbesondere im Hinblick auf Nr. 9 der "Empfehlung zur Umsetzung von § 121 BSHG" widersprüchlich, wenn man dem behandelnden Krankenhaus hinsichtlich der Antragstellung eine Frist von zwei Monaten einräume, andererseits bei Einhaltung dieser Frist einen Eilfall verneine, weil kein Unvermögen der Unterrichtung des Sozialhilfeträgers vorgelegen habe. Ergänzend hat sie zur Stützung ihrer Rechtsauffassung ein Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart (VG) vom 21. April 2005 (8 K 404/03) vorgelegt.
Die Klägerin beantragt (teilweise sinngemäß),
das Urteil des Sozialgerichts Heilbronn vom 23. Juli 2007 aufzuheben und den Beklagten unter Abänderung des Bescheides vom 12. Januar 2004 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 2. August 2005 zu verpflichten, an die Klägerin EUR 373,38 zzgl. 4% Zinsen seit Rechtshängigkeit sowie unter Abänderung de Bescheides vom 29. August 2003 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 2. August 2005 EUR 559,62 zzgl. 4% Zinsen seit Rechtshängigkeit zu erstatten.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er hält das angefochtene Urteil für zutreffend und wiederholt sein Vorbringen in den angefochtenen Bescheiden.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Verwaltungsakten, der Verfahrensakten des SG und des Senats Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Der Senat konnte gem. §§ 153 Abs. 1, 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ohne mündliche Verhandlung entscheiden, da die Beteiligten sich hiermit einverstanden erklärt hatten.
Die Berufung ist zulässig. Sie ist gemäß § 151 Abs. 1 SGG form- und fristgerecht eingelegt worden sowie statthaft, weil der Wert des Beschwerdegegenstandes EUR 500.- übersteigt (§ 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG in der bis 31. März 2008 geltenden Fassung). § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG, der für Erstattungsstreitigkeiten zwischen juristischen Personen des öffentlichen Rechts oder Behörden einen Wert des Beschwerdegegenstandes auf EUR 5.000.- als maßgeblich bestimmt, findet auf den vorliegend geltend gemachten Anspruch ungeachtet der Rechtsform der Klägerin als Anstalt öffentlichen Rechts keine Anwendung.
Erstattungsstreitigkeiten i.S.d. § 144 Abs 1 Satz 1 Nr. 2 SGG sind in erster Linie Streitigkeiten um eigenständige Erstattungsansprüche zwischen juristischen Personen des öffentlichen Rechts oder deren Behörden, soweit diese fähig sind, Beteiligte eines sozialgerichtlichen Verfahrens zu sein. Wesentliches Merkmal solcher Erstattungsstreitigkeiten ist es, dass hieran ausschließlich Träger öffentlicher Verwaltung beteiligt sind; denn nur unter dieser Voraussetzung ist die hohe Beschwerdewertgrenze zu rechtfertigen. Erstattungen zwischen Leistungsträgern dienen meist dem Zweck, Leistungsvorgänge wirtschaftlich rückgängig zu machen und den erstattungsberechtigten Leistungsträger so zu stellen, wie er stünde, wenn er nicht geleistet hätte. Dies kann geboten sein, weil ein Leistungsträger ohne Rechtsgrund geleistet hat oder der Rechtsgrund nachträglich weggefallen ist, während ein anderer Leistungsträger hätte leisten müssen. Erstattungsstreitigkeiten i.S.d. § 144 Abs 1 Satz 1 Nr. 2 SGG müssen auf eigenständigen ("originären") Erstattungsansprüchen öffentlicher Verwaltungsträger beruhen. Der Begriff der Erstattungsstreitigkeit im Sinne dieser Vorschrift hat sich auf Streitigkeiten zu beschränken, die ihrer Art nach typischerweise zwischen juristischen Personen des öffentlichen Rechts oder Behörden entstehen. Hingegen dürfen keine Bereiche der Daseinsvorsorge erfasst werden, in denen die öffentliche Hand auch in privatrechtlichen Formen oder sogar gänzlich privatwirtschaftliche Unternehmen tätig sind; denn es wäre schwerlich zu rechtfertigen, die Berufungsfähigkeit gleichartiger Streitigkeiten nur deshalb unterschiedlich zu beurteilen, weil daran in dem einen Fall zufälligerweise nur juristische Personen des öffentlichen Rechts oder Behörden beteiligt sind und in dem anderen Fall nicht (Bundessozialgericht (BSG) SozR 3-1500 § 144 Nr. 14). Die Klägerin macht vorliegend einen Aufwendungsersatzanspruch aus § 121 BSHG geltend, der jedem "Nothelfer" zusteht, gleich, ob es sich um eine natürliche Person oder eine juristische des öffentlichen oder privaten Rechts handelt. Es handelt sich somit nicht um einen "typischen" Anspruch zwischen juristischen Personen des öffentlichen Rechts.
Die Berufung ist jedoch nicht begründet. Das SG hat die Klagen zurecht abgewiesen. Die Klägerin hat gegen den Beklagten keinen Anspruch auf Erstattung der Aufwendungen in Höhe von EUR 559,62 für den Klinikaufenthalt des WL in der Zeit vom 21. bis 23. Juli 2003 sowie in Höhe von EUR 373,38 für den Klinikaufenthalt der LN in der Zeit vom 27. bis 28. Oktober 2003. Die Voraussetzungen des allein als Anspruchsgrundlage in Betracht kommenden § 121 BSHG sind nicht erfüllt.
Dass das Regelungswerk des BSHG zum 31. Dezember 2004 außer Kraft getreten und durch das Zweite und Zwölfte Buch Sozialgesetzbuch (SGB II und XII) ersetzt worden ist und auch die abschließenden Widerspruchsbescheide erst nach dem 31. Dezember 2004 ergangen sind, steht der Anwendung des § 121 BSHG nicht entgegen. Die Ansprüche auf Erstattung der Aufwendungen sind im Jahr 2003 entstanden und geltend gemacht worden. Damit lagen am 31. Dezember 2004 abgeschlossene Sachverhalte vor. Weder dem SGB II noch dem SGB XII ist ein Geltungswille zu entnehmen, dass deren Regelungen auch solche bereits vor ihrem Inkrafttreten abgeschlossenen Sachverhalte erfassen sollen; entsprechende Übergangsvorschriften fehlen (vgl. zur Maßgeblichkeit des BSHG für einmalige, vor dem 31. Dezember 2004 entstandene Bedarfe Senatsurteil vom 21. Februar 2008 - L 7 SO 827/07 - (juris)).
§ 121 BSHG in der vom 1. Januar 1994 bis 31. Dezember 2004 geltenden Fassung vom 23. März 1994 trifft folgende Bestimmung: Hat jemand in einem Eilfall einem anderen Hilfe geleistet, die der Träger der Sozialhilfe bei rechtzeitiger Kenntnis nach diesem Gesetz gewährt haben würde, sind ihm auf Antrag die Aufwendungen in gebotenem Umfange zu erstatten, wenn er sie nicht aufgrund rechtlicher oder sittlicher Pflicht selbst zu tragen hat. Dies gilt nur, wenn er den Antrag innerhalb angemessener Frist stellt.
Das Tatbestandsmerkmal eines "Eilfalles" ist im Gesetz nicht weiter definiert und daher nach dem Zweck der Regelung zu bestimmen. Sinn der Regelung ist es, die spontane Hilfsbereitschaft Dritter im Interesse in Not geratener Menschen zu erhalten und zu stärken (BT-Drucks. III/1799 S. 61). Auf diese Weise soll Hilfe in Fällen sichergestellt werden, in denen Leistungen des Sozialhilfeträgers zu spät kämen oder wegen Zeitablaufs in Leere gingen. § 121 BSHG erfasst somit eine spezielle sozialhilferechtliche Geschäftsführung ohne Auftrag, in deren Rahmen der Nothelfer ein Geschäft des Sozialhilfeträgers führt, der bei rechtzeitiger Kenntnis die Hilfen zu erbringen hätte (Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) NDV 1971, 141). Ist jedoch die Einschaltung des Sozialhilfeträgers objektiv möglich, entfällt die Rechtfertigung für eine solche Geschäftsführung ohne Auftrag; der Sozialhilfeträger wird in die Lage versetzt, die Hilfe selbst - ggf. durch den anderenfalls als Nothelfer handelnden Arzt - zu erbringen. Ein Eilfall im Sinne des § 121 BSHG setzt daher voraus, dass nach den Umständen des Einzelfalles sofort geholfen werden muss und eine rechtzeitige Einschaltung des Sozialhilfeträgers objektiv nicht möglich ist. Dass heißt, die Notwendigkeit sofortiger Hilfe lässt in der Regel keine Zeit, den zuständigen Soziahilfeträger zu unterrichten und zunächst dessen Entschließung über die Gewährung der erforderlichen Hilfe als Sozialhilfe abzuwarten. Wie das BVerwG bereits entschieden hatte (BVerwGE 114, 298), reicht daher eine Notfallsituation im medizinischen Sinne nicht aus, um das Vorliegen eines sozialhilferechtlichen Eilfalles anzunehmen. Nötig ist vielmehr weiter, dass nach Lage der Dinge eine rechtzeitige Hilfe des Sozialhilfeträgers objektiv nicht zu erlangen gewesen wäre. Die Überprüfung der für die Kostenfreiheit wesentlichen Umstände gehört dabei, soweit nach den Umständen möglich und zumutbar, auch bei der Aufnahme von Notfallpatienten zu den Obliegenheiten eines ordnungsgemäßen Krankenhausbetriebes; das Irrtums- und Fehleinschätzungsrisiko insoweit wird dem Nothelfer durch § 121 BSHG nicht abgenommen. Der Senat schließt sich dieser Rechtsprechung des BVerwG an. Ein Eilfall ist somit ausgeschlossen, wenn es dem Nothelfer oder dem in Notlage Befindlichen möglich ist, den Sozialhilfeträger von der Notlage zu unterrichten, so dass dieser selbst rechtzeitig helfen oder jedenfalls eine Hilfemöglichkeit prüfen kann. Dies folgt auch aus dem weiteren Inhalt der Vorschrift, dass eine Erstattung nur von Leistungen vorgesehen ist, die bei rechtzeitigem Einsetzen nicht zu erbringen gewesen wären. Darüber hinaus wird es dem Sozialhilfeträger auf diese Weise ermöglicht, den Hilfefall ständig unter Kontrolle zu halten. Denn mit Kenntnis des Sozialhilfeträgers von der Notlage entsteht ein eigener Anspruch des Hilfebedürftigen, neben dem ein Erstattungsanspruch des Nothelfers nicht mehr bestehen kann. Bei stationärer Krankenbehandlung liegt daher nur so lange ein Eilfall vor, wie es der hilfebedürftigen Person oder dem Krankenhausträger nicht möglich oder zumutbar ist, den zuständigen Sozialhilfeträger über den Hilfefall zu unterrichten (zur Nachfolgevorschrift des § 25 SGB XII vgl. Senatsurteil vom 21. Februar 2008 - L 7 SO 2688/07; Schoenfeld in Grube/Wahrendorf, SGB XII, 2. Aufl., § 25 Rdnr. 7, wonach bei Einlieferung am Wochenende der Eilfall in der Regel mit dem nächsten Werktag endet, an dem die Unterrichtung des Sozialhilfeträgers durch den Hilfebedürftigen oder den Krankenhausträger möglich ist; s.a. Schoch in LPK-SGB XII, 7. Aufl., § 25 Rdnr. 9).
Weder dem Vorbringen der Klägerin noch dem Inhalt der Verwaltungs- und Gerichtsakten sind Hinderungsgründe ersichtlich, die es der Klägerin objektiv unmöglich gemacht hätten, den Beklagten bereits an dem jeweiligen auf den Einlieferungstag folgenden Montag als Tag der Dienstbereitschaft des Sozialhilfeträgers über den Hilfefall zu unterrichten. Auch auf entsprechenden Hinweis im vorliegenden Verfahren hat die Klägerin hierzu nicht substantiiert vorgetragen. Es ist nicht ersichtlich, dass ein Krankenhaus bei einer notfallmäßigen Aufnahme eines Patienten am Freitag oder Samstag objektiv nicht in der Lage wäre, den Sozialhilfeträger hiervon am folgenden Montag in Kenntnis zu setzen. Das Tatbestandsmerkmal des Eilfalles in § 121 S. 1 BSHG ist zu trennen von der angemessenen Frist für die Geltendmachung des entstandenen Erstattungsanspruches. Die objektive Möglichkeit, den Sozialhilfeträger in Kenntnis zu setzen, die den Eilfall i.S.d. S. 1 beendet, grenzt den Anspruch des Nothelfers nach § 121 BSHG von dem eigenen Sozialhilfeanspruch des Hilfebedürftigen (hier nach § 37 BSHG) ab; die Verantwortung für die Hilfegewährung soll auf den zuständigen Sozialhilfeträger übergehen, dem Nothelfer wird sein Kostenrisiko abgenommen. Die angemessene Frist nach § 121 S. 2 BSHG soll es dem Nothelfer ermöglichen, seinen Anspruch festzustellen und zu beziffern. Es genügt daher der Darlegung eines Eilfalles gerade nicht, wenn die Klägerin lediglich darauf verweist, es seien bis zur Stellung des Erstattungsantrages nur wenige Tage vergangen. Unabhängig davon war der Klägerin zumindest bei WL ohnehin durch die ärztliche Verordnung der stationären Behandlung die Kostenträgerschaft des Beklagten bekannt. Die Aufwendungen der Klägerin für die Zeit ab Einlieferung bis einschließlich folgendem Sonntag hatte der Beklagte bereits in den angefochtenen Bescheiden anerkannt.
Die Klägerin kann sich nicht mit Erfolg auf die "Empfehlung" vom 1. Januar 1997 stützen. Die von der Klägerin zur Stützung ihrer Auffassung herangezogene Nr. 9 der Empfehlung bezieht sich allein auf die angemessene Frist i.S.d. § 121 S. 2 BSHG, also die Geltendmachung eines bereits entstandenen Erstattungsanspruches nach § 121 S. 1 BSHG. Diese Frist für die Geltendmachung nach S. 2 ist zu trennen vom Tatbestandsmerkmal des Eilfalles nach S. 1. Zu letzterem bietet die Empfehlung eine Auslegungshilfe in ihrer Nr. 2. Soweit dort nicht darauf abgestellt wird, dass ein Eilfall endet, wenn die Einschaltung des Sozialhilfeträger möglich ist, war die spätere Rechtsprechung des BVerwG (z.B. vom 31. Mai 2001, BVerwGE 114, 298) noch nicht eingeflossen. Ohnehin ist die Empfehlung als Umsetzungs- und Auslegungshilfe der genannten Organisationen nicht geeignet, gesetzlich nicht vorgesehene Ansprüche zu begründen. Sie ist für die Gerichte auch hinsichtlich der Auslegung nicht bindend. Inhaltlich ist ihr in der Fassung vom 1. Januar 1997 hinsichtlich der Definition des Tatbestandsmerkmals "Eilfall" aus den genannten Gründen nicht vollständig zu folgen.
Aus denselben Gründen folgt der Senat auch nicht dem von der Klägerin vorgelegten Urteil des VG Stuttgart vom 21. April 2005. Dort wird im Übrigen auf die Frage des Eilfalles nicht näher eingegangen, vielmehr davon ausgegangen, dass ein solcher - anders als hier - unstreitig vorliege. Die Entscheidung setzt sich in der Folge nur noch mit der Frist des § 121 S. 2 BSHG auseinander, auf die es vorliegend aber nicht mehr ankommt. Auch wenn dem Urteil des VG die Rechtsauffassung entnommen werden kann, dass ein Eilfall über den Zeitpunkt hinaus bestehen könne, zu dem die Information des Sozialhilfeträgers möglich wäre, teilt der Senat diese Auffassung aus den dargelegten Gründen nicht.
Da die Klägerin somit keinen Anspruch auf Erstattung der Behandlungskosten in den streitigen Zeiträumen hat, kann auch der davon abhängige Zinsanspruch nicht bestehen.
Die Berufung war daher zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197 a SGG in Verbindung mit §§ 154 Abs. 1, 161 Abs. 1 und 162 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO). Der Senat kann insoweit auch die Kostenentscheidung zu Ungunsten der Klägerin ändern, denn das Verbot der reformatio in peius gilt hier nicht (vgl. BSGE 62, 131, 136). Vorliegend handelt es sich um ein kostenpflichtiges Verfahren nach § 197 a SGG, denn weder dir Klägerin noch der Beklagte gehören zu den im § 183 Satz 1 SGG genannten Personenkreis, für den das Verfahren vor den Sozialgerichten kostenfrei ist. Dort sind enumerativ aufgezählt Versicherte, Leistungsempfänger einschließlich Hinterbliebenenleistungsempfänger, Behinderte oder deren Sonderrechtsnachfolger nach § 56 Erstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB I), soweit sie in dieser Eigenschaft als Kläger oder Beklagter beteiligt sind. Die Klägerin ist insbesondere nicht als Leistungsempfänger beteiligt, vielmehr macht sie einen Anspruch auf Erstattungen von Aufwendungen geltend. Es handelt sich insoweit um einen Sozialhilfeanspruch eigener Art, auf den gerade ein anderer als der Leistungsberechtigte Anspruch hat (vgl. Schoch in LPK - SGB XII, a.a.O., § 25 Rdnr. 3). Eine Bereichsausnahme wie in § 188 Satz 2 VwGO für sämtliche Angelegenheiten der Sozialhilfe sieht § 183 SGG nicht vor. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus § 197 a Abs. 3 SGG. Diese Regelung soll lediglich klarstellen, dass die Träger der Sozialhilfe grundsätzlich weiter gemäß § 64 Abs. 3 Satz 2 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) von Gerichtskosten freigestellt sind, dies aber ausnahmsweise nicht in Erstattungsstreitigkeiten zwischen Sozialleistungsträgern gilt (Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, a.a.O. § 197 a Rdnr 2 a). Keineswegs ist der Umkehrschluss gerechtfertigt, dass Verfahren, in denen Sozialhilfeträger als Kläger oder Beklagte beteiligt sind, und die nicht Erstattungsstreitigkeiten mit anderen Sozialhilfeträgern zum Gegenstand haben, gerichtskostenfreie Verfahren sind, für die die Kostenentscheidung nach § 193 SGG und nicht nach § 197 a SGG zu erfolgen hat (vgl. LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 9.Januar 2007 - L 20 B 137/06 SO - (juris) m.w.N.; Senatsurteil vom 18. Oktober 2007 - L 7 SO 2737/06 und vom 21. Februar 2008 - L 7 SO 2688/07).
Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 und 2 SGG) liegen nicht vor.
Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits in erster und zweiter Instanz.
Tatbestand:
Streitig ist die Verpflichtung des Trägers der Sozialhilfe, der Klägerin die Aufwendungen zu erstatten, die durch den Aufenthalt und die Behandlung zweier Sozialhilfeempfänger im klagenden Klinikum in der Zeit vom 21. bis 23. Juli 2003 sowie vom 27. bis 28. Oktober 2003 entstanden sind.
Der am 1977 geborene W. L. (im Folgenden WL) und die am 1956 geborene L. N. (im Folgenden LN) bezogen in 2003 vom Beklagten Leistungen nach dem Bundessozialhilfegesetz (BSHG). Krankenversicherungsschutz bestand in beiden Fällen nicht.
Am 17. Juli 2003 bescheinigte der Allgemeinmediziner Dr. S. dem WL die Notwendigkeit einer Krankenhausbehandlung wegen einer Psychose. Auf dem verwendeten Verordnungsformular war als Kostenträger "KSA Schwäb.-Hall", also der Beklagte eingetragen. Am 18. Juli 2003 (Freitag) um 09.48 Uhr wurde WL stationär bei der Klägerin aufgenommen. Am 24. Juli 2003 ging beim Beklagte die Aufnahmeanzeige der Klägerin nebst Verordnung vom 17. Juli 2003 ein, am 25. Juli 2003 folgte der Formularantrag auf Kostenerstattung gem. "§ 121 BSHG, § 37 BSHG". Die Entlassung des WL erfolgte am 12. August 2003. Die Kosten für die stationäre Behandlung in der Zeit vom 21. bis 23. Juli 2003 beliefen sich auf EUR 559,62.
Mit Bescheid vom 29. August 2003 erstattete der Beklagte der Klägerin die Kosten für die stationäre Behandlung für die Zeit vom 18. bis 20. Juli 2003 gem. § 121 BSHG. Eine weitere Erstattung bis zum 23. Juli 2003 lehnte er ab. Ab dem 24. Juli 2003 gewährte der Beklagte Krankenhilfe nach § 37 BSHG, die in Höhe der Kosten des stationären Aufenthaltes an die Klägerin ausgezahlt wurde (Kostenübernahmeerklärung vom 28. Juli 2003).
Den dagegen eingelegten Widerspruch der Klägerin wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 2. August 2005 als unbegründet zurück. Unstreitig habe bei Einlieferung am 18. Juli 2003 ein Eilfall i.S.d. § 121 BSHG vorgelegen. Die Hilfeleistung verliere jedoch mit zunehmenden Zeitablauf den Charakter einer Nothilfe; dieser Charakter entfalle, sobald der Sozialhilfeträger Kenntnis von der Notlage habe oder vom Hilfebedürftigen oder dem Nothelfer in Kenntnis gesetzt werden könne. Letzteres sei am auf die Einlieferung folgenden Montag der Fall gewesen, so dass ein Erstattungsanspruch ab diesem Tag nicht mehr bestehe. Hiergegen hat die Klägerin am 29. August 2005 Klage beim Sozialgericht (SG) Heilbronn erhoben (S 5 SO 2748/05).
Die betroffene LN wurde am 24. Oktober 2003 (Freitag) um 20.36 Uhr zunächst im Diakonie-Krankenhaus Schwäbisch-Hall stationär aufgenommen und von dort am folgenden Tag mit der Aufnahmediagnose psychische und Verhaltensstörungen durch Alkohol, Entzugssyndrom mit Delirium in das klagende Klinikum verlegt. Am 29. Oktober 2003 teilte die Klägerin dies dem Beklagten zunächst telefonisch mit, am 30. Oktober 2003 ging dort die Aufnahmeanzeige nebst Antrag auf Kostenerstattung ein. Ab dem 29. Oktober 2003 übernahm der Beklagte die Kosten des stationären Aufenthalts im Wege der Krankenhilfe, die an die Klägerin ausgezahlt wurde (Kostenübernahmeerklärung vom 30. Oktober 2003). Mit Schreiben vom 19. November 2003 forderte die Klägerin auch die Übernahme der Kosten für die ersten vier Tage des stationären Aufenthaltes. Durch einfaches Schreiben vom 12. Januar 2004 teilte der Beklagte der Klägerin mit, dass er die Kosten für die Zeit vom 25. bis 26. Oktober 2003 im Rahmen eines Nothelferanspruches übernehme. Am 12. Februar 2004 legte die Klägerin mit einem auf den 19. November 2003 datierten Schreiben Widerspruch ein. Diesen wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 2. August 2005 als unbegründet zurück. Der Anspruch auf Erstattung als Nothelfer nach § 121 BSHG bestehe ab dem auf den Einlieferungstag folgenden Montag nicht mehr. Hiergegen ist am 23. August 2005 Klage beim SG erhoben worden (S 5 SO 2686/05). Die Kosten für die stationäre Behandlung der LN in der Zeit vom 27. bis 28. Oktober 2003 hat die Klägerin auf EUR 373,38 beziffert.
Mit Beschluss vom 29. Mai 2006 hat das SG die Klagen zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung unter dem Aktenzeichen S 5 SO 2686/05 verbunden.
Die Klägerin hat vorgetragen, es sei unstreitig, dass in beiden Fällen jeweils ein Eilfall vorgelegen habe. Die Klägerin habe den Erstattungsantrag auch jeweils in angemessener Frist gestellt; eine Verzögerung von wenigen Tagen sei hinzunehmen. Eine frühere Unterrichtung des Beklagten sei nicht möglich gewesen. Diesbezüglich verwies sie auf Nr. 9 der "Empfehlung zur Umsetzung von § 121 BSHG (Krankenhausaufnahme im Eilfall)" des Landkreistages Baden-Württemberg, des Städtetages Baden-Württemberg sowie der Baden-Württembergischen Krankenhausgesellschaft vom 1. Januar 1997 (im Folgenden "Empfehlung"; Bl. 12/18 der SG-Akten S 5 SO 2686/05). Danach sei für die Antragstellung eine Frist bis zu zwei Monaten seit Eintritt des Eilfalles angemessen. Bei rechtzeitiger Kenntnis hätte der Beklagte die Kosten in gleicher Höhe gem. § 37 BSHG übernehmen müssen, so dass die Ablehnung rechtsmissbräuchlich sei. Die Kosten für den Aufenthalt des WL in der streitigen Zeit beliefen sich auf EUR 559,62, für den der LN auf EUR 373,38. Die Erstattungsansprüche seien ab Rechtshängigkeit mit 4% zu verzinsen.
Mit Urteil vom 23. Juli 2007 hat das SG "die Klage" abgewiesen. Ein Eilfall setze nicht nur eine ein sofortiges Eingreifen erfordernde Notlage voraus, sondern darüber hinaus auch ein Unvermögen, den Sozialhilfeträger von der Notlage in Kenntnis zu setzen. Dieses habe in beiden Fällen ab dem auf den jeweiligen Einlieferungstag folgenden Montag nicht mehr vorgelegen. Das Verfahren sei gerichtskostenfrei, da die Klägerin als Leistungsempfängerin nach § 183 SGG zum Kosten privilegierten Personenkreis gehöre.
Gegen das ihr am 8. August 2007 zugestellte Urteil richtet sich die am 22. August 2007 beim Landessozialgericht (LSG) eingelegte Berufung der Klägerin. Zu deren Begründung führt sie ergänzend zu ihrem Vorbringen in erster Instanz aus, ihr sei es nicht möglich gewesen, den Beklagten zeitnah zu informieren. Aufgabe eines Klinikums sei es in erster Linie, die Patienten fachgerecht zu versorgen. Unmittelbar nach der Aufnahme sei überhaupt nicht absehbar, ob die Sicherung der Kosten auf andere Weise erfolgen könne, z.B. über Krankenversicherungsschutz. Es sei, insbesondere im Hinblick auf Nr. 9 der "Empfehlung zur Umsetzung von § 121 BSHG" widersprüchlich, wenn man dem behandelnden Krankenhaus hinsichtlich der Antragstellung eine Frist von zwei Monaten einräume, andererseits bei Einhaltung dieser Frist einen Eilfall verneine, weil kein Unvermögen der Unterrichtung des Sozialhilfeträgers vorgelegen habe. Ergänzend hat sie zur Stützung ihrer Rechtsauffassung ein Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart (VG) vom 21. April 2005 (8 K 404/03) vorgelegt.
Die Klägerin beantragt (teilweise sinngemäß),
das Urteil des Sozialgerichts Heilbronn vom 23. Juli 2007 aufzuheben und den Beklagten unter Abänderung des Bescheides vom 12. Januar 2004 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 2. August 2005 zu verpflichten, an die Klägerin EUR 373,38 zzgl. 4% Zinsen seit Rechtshängigkeit sowie unter Abänderung de Bescheides vom 29. August 2003 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 2. August 2005 EUR 559,62 zzgl. 4% Zinsen seit Rechtshängigkeit zu erstatten.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er hält das angefochtene Urteil für zutreffend und wiederholt sein Vorbringen in den angefochtenen Bescheiden.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Verwaltungsakten, der Verfahrensakten des SG und des Senats Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Der Senat konnte gem. §§ 153 Abs. 1, 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ohne mündliche Verhandlung entscheiden, da die Beteiligten sich hiermit einverstanden erklärt hatten.
Die Berufung ist zulässig. Sie ist gemäß § 151 Abs. 1 SGG form- und fristgerecht eingelegt worden sowie statthaft, weil der Wert des Beschwerdegegenstandes EUR 500.- übersteigt (§ 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG in der bis 31. März 2008 geltenden Fassung). § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG, der für Erstattungsstreitigkeiten zwischen juristischen Personen des öffentlichen Rechts oder Behörden einen Wert des Beschwerdegegenstandes auf EUR 5.000.- als maßgeblich bestimmt, findet auf den vorliegend geltend gemachten Anspruch ungeachtet der Rechtsform der Klägerin als Anstalt öffentlichen Rechts keine Anwendung.
Erstattungsstreitigkeiten i.S.d. § 144 Abs 1 Satz 1 Nr. 2 SGG sind in erster Linie Streitigkeiten um eigenständige Erstattungsansprüche zwischen juristischen Personen des öffentlichen Rechts oder deren Behörden, soweit diese fähig sind, Beteiligte eines sozialgerichtlichen Verfahrens zu sein. Wesentliches Merkmal solcher Erstattungsstreitigkeiten ist es, dass hieran ausschließlich Träger öffentlicher Verwaltung beteiligt sind; denn nur unter dieser Voraussetzung ist die hohe Beschwerdewertgrenze zu rechtfertigen. Erstattungen zwischen Leistungsträgern dienen meist dem Zweck, Leistungsvorgänge wirtschaftlich rückgängig zu machen und den erstattungsberechtigten Leistungsträger so zu stellen, wie er stünde, wenn er nicht geleistet hätte. Dies kann geboten sein, weil ein Leistungsträger ohne Rechtsgrund geleistet hat oder der Rechtsgrund nachträglich weggefallen ist, während ein anderer Leistungsträger hätte leisten müssen. Erstattungsstreitigkeiten i.S.d. § 144 Abs 1 Satz 1 Nr. 2 SGG müssen auf eigenständigen ("originären") Erstattungsansprüchen öffentlicher Verwaltungsträger beruhen. Der Begriff der Erstattungsstreitigkeit im Sinne dieser Vorschrift hat sich auf Streitigkeiten zu beschränken, die ihrer Art nach typischerweise zwischen juristischen Personen des öffentlichen Rechts oder Behörden entstehen. Hingegen dürfen keine Bereiche der Daseinsvorsorge erfasst werden, in denen die öffentliche Hand auch in privatrechtlichen Formen oder sogar gänzlich privatwirtschaftliche Unternehmen tätig sind; denn es wäre schwerlich zu rechtfertigen, die Berufungsfähigkeit gleichartiger Streitigkeiten nur deshalb unterschiedlich zu beurteilen, weil daran in dem einen Fall zufälligerweise nur juristische Personen des öffentlichen Rechts oder Behörden beteiligt sind und in dem anderen Fall nicht (Bundessozialgericht (BSG) SozR 3-1500 § 144 Nr. 14). Die Klägerin macht vorliegend einen Aufwendungsersatzanspruch aus § 121 BSHG geltend, der jedem "Nothelfer" zusteht, gleich, ob es sich um eine natürliche Person oder eine juristische des öffentlichen oder privaten Rechts handelt. Es handelt sich somit nicht um einen "typischen" Anspruch zwischen juristischen Personen des öffentlichen Rechts.
Die Berufung ist jedoch nicht begründet. Das SG hat die Klagen zurecht abgewiesen. Die Klägerin hat gegen den Beklagten keinen Anspruch auf Erstattung der Aufwendungen in Höhe von EUR 559,62 für den Klinikaufenthalt des WL in der Zeit vom 21. bis 23. Juli 2003 sowie in Höhe von EUR 373,38 für den Klinikaufenthalt der LN in der Zeit vom 27. bis 28. Oktober 2003. Die Voraussetzungen des allein als Anspruchsgrundlage in Betracht kommenden § 121 BSHG sind nicht erfüllt.
Dass das Regelungswerk des BSHG zum 31. Dezember 2004 außer Kraft getreten und durch das Zweite und Zwölfte Buch Sozialgesetzbuch (SGB II und XII) ersetzt worden ist und auch die abschließenden Widerspruchsbescheide erst nach dem 31. Dezember 2004 ergangen sind, steht der Anwendung des § 121 BSHG nicht entgegen. Die Ansprüche auf Erstattung der Aufwendungen sind im Jahr 2003 entstanden und geltend gemacht worden. Damit lagen am 31. Dezember 2004 abgeschlossene Sachverhalte vor. Weder dem SGB II noch dem SGB XII ist ein Geltungswille zu entnehmen, dass deren Regelungen auch solche bereits vor ihrem Inkrafttreten abgeschlossenen Sachverhalte erfassen sollen; entsprechende Übergangsvorschriften fehlen (vgl. zur Maßgeblichkeit des BSHG für einmalige, vor dem 31. Dezember 2004 entstandene Bedarfe Senatsurteil vom 21. Februar 2008 - L 7 SO 827/07 - (juris)).
§ 121 BSHG in der vom 1. Januar 1994 bis 31. Dezember 2004 geltenden Fassung vom 23. März 1994 trifft folgende Bestimmung: Hat jemand in einem Eilfall einem anderen Hilfe geleistet, die der Träger der Sozialhilfe bei rechtzeitiger Kenntnis nach diesem Gesetz gewährt haben würde, sind ihm auf Antrag die Aufwendungen in gebotenem Umfange zu erstatten, wenn er sie nicht aufgrund rechtlicher oder sittlicher Pflicht selbst zu tragen hat. Dies gilt nur, wenn er den Antrag innerhalb angemessener Frist stellt.
Das Tatbestandsmerkmal eines "Eilfalles" ist im Gesetz nicht weiter definiert und daher nach dem Zweck der Regelung zu bestimmen. Sinn der Regelung ist es, die spontane Hilfsbereitschaft Dritter im Interesse in Not geratener Menschen zu erhalten und zu stärken (BT-Drucks. III/1799 S. 61). Auf diese Weise soll Hilfe in Fällen sichergestellt werden, in denen Leistungen des Sozialhilfeträgers zu spät kämen oder wegen Zeitablaufs in Leere gingen. § 121 BSHG erfasst somit eine spezielle sozialhilferechtliche Geschäftsführung ohne Auftrag, in deren Rahmen der Nothelfer ein Geschäft des Sozialhilfeträgers führt, der bei rechtzeitiger Kenntnis die Hilfen zu erbringen hätte (Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) NDV 1971, 141). Ist jedoch die Einschaltung des Sozialhilfeträgers objektiv möglich, entfällt die Rechtfertigung für eine solche Geschäftsführung ohne Auftrag; der Sozialhilfeträger wird in die Lage versetzt, die Hilfe selbst - ggf. durch den anderenfalls als Nothelfer handelnden Arzt - zu erbringen. Ein Eilfall im Sinne des § 121 BSHG setzt daher voraus, dass nach den Umständen des Einzelfalles sofort geholfen werden muss und eine rechtzeitige Einschaltung des Sozialhilfeträgers objektiv nicht möglich ist. Dass heißt, die Notwendigkeit sofortiger Hilfe lässt in der Regel keine Zeit, den zuständigen Soziahilfeträger zu unterrichten und zunächst dessen Entschließung über die Gewährung der erforderlichen Hilfe als Sozialhilfe abzuwarten. Wie das BVerwG bereits entschieden hatte (BVerwGE 114, 298), reicht daher eine Notfallsituation im medizinischen Sinne nicht aus, um das Vorliegen eines sozialhilferechtlichen Eilfalles anzunehmen. Nötig ist vielmehr weiter, dass nach Lage der Dinge eine rechtzeitige Hilfe des Sozialhilfeträgers objektiv nicht zu erlangen gewesen wäre. Die Überprüfung der für die Kostenfreiheit wesentlichen Umstände gehört dabei, soweit nach den Umständen möglich und zumutbar, auch bei der Aufnahme von Notfallpatienten zu den Obliegenheiten eines ordnungsgemäßen Krankenhausbetriebes; das Irrtums- und Fehleinschätzungsrisiko insoweit wird dem Nothelfer durch § 121 BSHG nicht abgenommen. Der Senat schließt sich dieser Rechtsprechung des BVerwG an. Ein Eilfall ist somit ausgeschlossen, wenn es dem Nothelfer oder dem in Notlage Befindlichen möglich ist, den Sozialhilfeträger von der Notlage zu unterrichten, so dass dieser selbst rechtzeitig helfen oder jedenfalls eine Hilfemöglichkeit prüfen kann. Dies folgt auch aus dem weiteren Inhalt der Vorschrift, dass eine Erstattung nur von Leistungen vorgesehen ist, die bei rechtzeitigem Einsetzen nicht zu erbringen gewesen wären. Darüber hinaus wird es dem Sozialhilfeträger auf diese Weise ermöglicht, den Hilfefall ständig unter Kontrolle zu halten. Denn mit Kenntnis des Sozialhilfeträgers von der Notlage entsteht ein eigener Anspruch des Hilfebedürftigen, neben dem ein Erstattungsanspruch des Nothelfers nicht mehr bestehen kann. Bei stationärer Krankenbehandlung liegt daher nur so lange ein Eilfall vor, wie es der hilfebedürftigen Person oder dem Krankenhausträger nicht möglich oder zumutbar ist, den zuständigen Sozialhilfeträger über den Hilfefall zu unterrichten (zur Nachfolgevorschrift des § 25 SGB XII vgl. Senatsurteil vom 21. Februar 2008 - L 7 SO 2688/07; Schoenfeld in Grube/Wahrendorf, SGB XII, 2. Aufl., § 25 Rdnr. 7, wonach bei Einlieferung am Wochenende der Eilfall in der Regel mit dem nächsten Werktag endet, an dem die Unterrichtung des Sozialhilfeträgers durch den Hilfebedürftigen oder den Krankenhausträger möglich ist; s.a. Schoch in LPK-SGB XII, 7. Aufl., § 25 Rdnr. 9).
Weder dem Vorbringen der Klägerin noch dem Inhalt der Verwaltungs- und Gerichtsakten sind Hinderungsgründe ersichtlich, die es der Klägerin objektiv unmöglich gemacht hätten, den Beklagten bereits an dem jeweiligen auf den Einlieferungstag folgenden Montag als Tag der Dienstbereitschaft des Sozialhilfeträgers über den Hilfefall zu unterrichten. Auch auf entsprechenden Hinweis im vorliegenden Verfahren hat die Klägerin hierzu nicht substantiiert vorgetragen. Es ist nicht ersichtlich, dass ein Krankenhaus bei einer notfallmäßigen Aufnahme eines Patienten am Freitag oder Samstag objektiv nicht in der Lage wäre, den Sozialhilfeträger hiervon am folgenden Montag in Kenntnis zu setzen. Das Tatbestandsmerkmal des Eilfalles in § 121 S. 1 BSHG ist zu trennen von der angemessenen Frist für die Geltendmachung des entstandenen Erstattungsanspruches. Die objektive Möglichkeit, den Sozialhilfeträger in Kenntnis zu setzen, die den Eilfall i.S.d. S. 1 beendet, grenzt den Anspruch des Nothelfers nach § 121 BSHG von dem eigenen Sozialhilfeanspruch des Hilfebedürftigen (hier nach § 37 BSHG) ab; die Verantwortung für die Hilfegewährung soll auf den zuständigen Sozialhilfeträger übergehen, dem Nothelfer wird sein Kostenrisiko abgenommen. Die angemessene Frist nach § 121 S. 2 BSHG soll es dem Nothelfer ermöglichen, seinen Anspruch festzustellen und zu beziffern. Es genügt daher der Darlegung eines Eilfalles gerade nicht, wenn die Klägerin lediglich darauf verweist, es seien bis zur Stellung des Erstattungsantrages nur wenige Tage vergangen. Unabhängig davon war der Klägerin zumindest bei WL ohnehin durch die ärztliche Verordnung der stationären Behandlung die Kostenträgerschaft des Beklagten bekannt. Die Aufwendungen der Klägerin für die Zeit ab Einlieferung bis einschließlich folgendem Sonntag hatte der Beklagte bereits in den angefochtenen Bescheiden anerkannt.
Die Klägerin kann sich nicht mit Erfolg auf die "Empfehlung" vom 1. Januar 1997 stützen. Die von der Klägerin zur Stützung ihrer Auffassung herangezogene Nr. 9 der Empfehlung bezieht sich allein auf die angemessene Frist i.S.d. § 121 S. 2 BSHG, also die Geltendmachung eines bereits entstandenen Erstattungsanspruches nach § 121 S. 1 BSHG. Diese Frist für die Geltendmachung nach S. 2 ist zu trennen vom Tatbestandsmerkmal des Eilfalles nach S. 1. Zu letzterem bietet die Empfehlung eine Auslegungshilfe in ihrer Nr. 2. Soweit dort nicht darauf abgestellt wird, dass ein Eilfall endet, wenn die Einschaltung des Sozialhilfeträger möglich ist, war die spätere Rechtsprechung des BVerwG (z.B. vom 31. Mai 2001, BVerwGE 114, 298) noch nicht eingeflossen. Ohnehin ist die Empfehlung als Umsetzungs- und Auslegungshilfe der genannten Organisationen nicht geeignet, gesetzlich nicht vorgesehene Ansprüche zu begründen. Sie ist für die Gerichte auch hinsichtlich der Auslegung nicht bindend. Inhaltlich ist ihr in der Fassung vom 1. Januar 1997 hinsichtlich der Definition des Tatbestandsmerkmals "Eilfall" aus den genannten Gründen nicht vollständig zu folgen.
Aus denselben Gründen folgt der Senat auch nicht dem von der Klägerin vorgelegten Urteil des VG Stuttgart vom 21. April 2005. Dort wird im Übrigen auf die Frage des Eilfalles nicht näher eingegangen, vielmehr davon ausgegangen, dass ein solcher - anders als hier - unstreitig vorliege. Die Entscheidung setzt sich in der Folge nur noch mit der Frist des § 121 S. 2 BSHG auseinander, auf die es vorliegend aber nicht mehr ankommt. Auch wenn dem Urteil des VG die Rechtsauffassung entnommen werden kann, dass ein Eilfall über den Zeitpunkt hinaus bestehen könne, zu dem die Information des Sozialhilfeträgers möglich wäre, teilt der Senat diese Auffassung aus den dargelegten Gründen nicht.
Da die Klägerin somit keinen Anspruch auf Erstattung der Behandlungskosten in den streitigen Zeiträumen hat, kann auch der davon abhängige Zinsanspruch nicht bestehen.
Die Berufung war daher zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197 a SGG in Verbindung mit §§ 154 Abs. 1, 161 Abs. 1 und 162 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO). Der Senat kann insoweit auch die Kostenentscheidung zu Ungunsten der Klägerin ändern, denn das Verbot der reformatio in peius gilt hier nicht (vgl. BSGE 62, 131, 136). Vorliegend handelt es sich um ein kostenpflichtiges Verfahren nach § 197 a SGG, denn weder dir Klägerin noch der Beklagte gehören zu den im § 183 Satz 1 SGG genannten Personenkreis, für den das Verfahren vor den Sozialgerichten kostenfrei ist. Dort sind enumerativ aufgezählt Versicherte, Leistungsempfänger einschließlich Hinterbliebenenleistungsempfänger, Behinderte oder deren Sonderrechtsnachfolger nach § 56 Erstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB I), soweit sie in dieser Eigenschaft als Kläger oder Beklagter beteiligt sind. Die Klägerin ist insbesondere nicht als Leistungsempfänger beteiligt, vielmehr macht sie einen Anspruch auf Erstattungen von Aufwendungen geltend. Es handelt sich insoweit um einen Sozialhilfeanspruch eigener Art, auf den gerade ein anderer als der Leistungsberechtigte Anspruch hat (vgl. Schoch in LPK - SGB XII, a.a.O., § 25 Rdnr. 3). Eine Bereichsausnahme wie in § 188 Satz 2 VwGO für sämtliche Angelegenheiten der Sozialhilfe sieht § 183 SGG nicht vor. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus § 197 a Abs. 3 SGG. Diese Regelung soll lediglich klarstellen, dass die Träger der Sozialhilfe grundsätzlich weiter gemäß § 64 Abs. 3 Satz 2 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) von Gerichtskosten freigestellt sind, dies aber ausnahmsweise nicht in Erstattungsstreitigkeiten zwischen Sozialleistungsträgern gilt (Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, a.a.O. § 197 a Rdnr 2 a). Keineswegs ist der Umkehrschluss gerechtfertigt, dass Verfahren, in denen Sozialhilfeträger als Kläger oder Beklagte beteiligt sind, und die nicht Erstattungsstreitigkeiten mit anderen Sozialhilfeträgern zum Gegenstand haben, gerichtskostenfreie Verfahren sind, für die die Kostenentscheidung nach § 193 SGG und nicht nach § 197 a SGG zu erfolgen hat (vgl. LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 9.Januar 2007 - L 20 B 137/06 SO - (juris) m.w.N.; Senatsurteil vom 18. Oktober 2007 - L 7 SO 2737/06 und vom 21. Februar 2008 - L 7 SO 2688/07).
Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 und 2 SGG) liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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