Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
11
1. Instanz
SG Mannheim (BWB)
Aktenzeichen
S 5 KR 2084/07
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 11 KR 5249/07
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 26. September 2007 aufgehoben und die Klage abgewiesen.
Außergerichtliche Kosten beider Instanzen sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Beitragspflicht zur freiwilligen gesetzlichen Krankenversicherung während des Bezuges von Krankengeld (Krg) streitig.
Der 1955 geborene Kläger ist als selbständiger Handelsvertreter bei der Beklagten mit Anspruch auf Krankengeld freiwillig gesetzlich krankenversichert. Sein Einkommen aus Gewerbebetrieb betrug im Jahr 2003 5.756,- EUR (Einkommensteuerbescheid vom 04.02.2005).
Vom 02.08.2006 bis 11.02.2007 bezog der Kläger kalendertägliches Krg in Höhe von 11,19 EUR brutto, das auf der Grundlage des tatsächlichen Monatsdurchschnittseinkommens von 479,67 EUR berechnet worden war.
Mit Bescheid vom 26.02.2007 stellte die Beklagte für den Bezugszeitraum des Krg eine Beitragsforderung zur freiwilligen Kranken- und Pflegeversicherung in Höhe von insgesamt 1.459,17 EUR fest. Diese Beitragsforderung wurde aus dem Unterschiedsbetrag von 1.357,83 EUR des tatsächlichen Monatseinkommens von monatlich 479,67 EUR und der Mindestbeitragsbemessungsgrenze von monatlich 1.837,50 EUR (Bezugsgröße 29.400,-: 12: 40 x 30) bemessen.
Mit seinem dagegen eingelegten Widerspruch machte der Kläger geltend, aufgrund des geringen Krg und der geforderten Beiträge würden ihm nur 26,- EUR im Monat zum Leben verbleiben. Deswegen werde er die Beiträge nicht entrichten können. Mit Widerspruchsbescheid vom 16.05.2007, dem Kläger zugestellt am 31.05.2007, wies die Beklagte den Widerspruch mit der Begründung zurück, während des Bezugs von Krg sei nur der Teil des Arbeitseinkommens beitragsfrei, den das Krg ersetze. Aus den weiterhin erzielten Einnahmen seien jedoch Beiträge abzuführen. Während des Bezugs von Krg bestehe Beitragsfreiheit daher nur in Höhe des gezahlten Krg, Beiträge bis zur Mindestbemessungsgrundlage wären weiter zu entrichten. Vor Beginn der Arbeitsunfähigkeit sei der Steuerbescheid für das Jahr 2003 für die Beitragsberechnung maßgebend gewesen, wonach seine Einkünfte aus Gewerbebetrieb 5.756,- EUR jährlich betragen hätten. Dies ergebe einen monatlichen Betrag von 479,67 EUR. Die Differenz bis zur Mindestbemessungsgrundlage betrage demnach 1.357,83 EUR. Dieser Betrag habe auch der Beitragsberechnung für die Zeit des Bezugs von Krg vom 02.08.2006 bis 11.02.2007 zugrunde gelegen. Zwar sei vor dem Beitragsbescheid vom 26.02.2007 keine vorherige Anhörung erfolgt. Diese werde aber durch das Widerspruchsverfahren nachgeholt.
Mit seiner dagegen am 13.06.2007 beim Sozialgericht Mannheim (SG) erhobenen Klage machte der Kläger geltend, er sei während des Zeitraums seiner Arbeitsunfähigkeit einkommenslos gewesen. Für seinen Lebensunterhalt habe ausschließlich seine Ehefrau gesorgt. Die Begleichung unaufschiebbarer Kosten und den Abbau von Altschulden habe er allein durch Aufnahme von Privatdarlehen bewerkstelligen können. Deswegen sei es ihm auch nicht möglich, für fiktive Einkünfte Beiträge zu zahlen.
Mit Urteil vom 26.09.2007, der Beklagten zugestellt am 12.10.2007, hob das SG den Beitragsbescheid mit der Begründung auf, der Kläger sei während des Krg-Bezugs in der freiwilligen gesetzlichen Krankenversicherung beitragsfrei gewesen. Zwar würden Einnahmen beitragspflichtig, wenn während des Bezugs einer beitragsfreien Leistung Einnahmen entfielen, die jedoch von anderen Einnahmen ersetzt würden. Bei dem Kläger liege aber ein anderer Sachverhalt vor. Mit Eintritt seiner Arbeitsunfähigkeit sei bei ihm nicht nur das tatsächlich erzielte Arbeitsentgelt weggefallen, sondern es bestehe auch keine Rechtfertigung mehr, das fiktive Mindesteinkommen zur Beitragsbemessung heranzuziehen. Bei einem hauptberuflich Selbständigen gebe es keinen Ansatzpunkt mehr, ihm ein fiktives Einkommen zuzurechnen, denn in Fortsetzung der Fiktion eines Erwerbseinkommens stehe auch dieses unter der Bedingung fortbestehender Arbeitsfähigkeit. Wenn schon dem Versicherten aus dem ihm fiktiv zugerechneten Mindesteinkommen kein Anspruch auf Krg zustehe, so müsse zumindest aus dem vom Versicherten gezahlten erhöhten Beitragssatz einer freiwilligen Versicherung mit Krg-Anspruch folgen, dass das fiktive Einkommen zumindest auf der Beitragsseite in die Risikoabdeckung der Arbeitsunfähigkeit mit Krg-Anspruch einbezogen werde und nicht selbst beitragspflichtig bleibe.
Mit ihrer dagegen am 05.11.2007 eingelegten Berufung macht die Beklagte geltend, der Kläger habe Versicherungsschutz mit Anspruch auf Krg ab Beginn der 7. Woche der Arbeitsunfähigkeit gewählt und Krg vom 21.06.2006 bis 11.02.2007 bezogen. Der Kläger sei auch beitragspflichtig, denn die gesetzliche Regelung beinhalte lediglich, dass die Lohnersatzleistungen nicht noch mit Beiträgen belegt werden sollten. Gestützt werde die Auffassung durch die Entscheidung des BSG vom 26.05.2004 (B 12 P 6/03 R). Dieses Urteil sei zwar im Hinblick auf den Erziehungsgeldbezug ergangen, betreffe aber den gleichen Personenkreis, nämlich freiwillig Versicherte. Sachliche Gründe, dies nur auf den Erziehungsgeld- bzw. Elterngeldbezug zu beschränken und den Anspruch auf Krg außen vor zu lassen, seien nicht zu erkennen.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 26. September 2007 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er hält das sozialgerichtliche Urteil für zutreffend. Denn Tatsache sei, dass durch seine Krankheit sein Arbeitseinkommen ganz weggefallen wäre.
Die Beklagte hat dem Senat einen Auszug aus ihrer Satzung vorgelegt.
Die Beteiligten haben einer Entscheidung des Senats ohne mündliche Verhandlung zugestimmt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz sowie die von der Beklagten vorgelegte Verwaltungsakte verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die nach den §§ 143, 151 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Beklagten, über die der Senat im Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entschieden hat (§ 124 Abs. 2 SGG), ist statthaft im Sinne des § 144 Abs. 1 Satz 1 SGG, da die erforderliche Berufungssumme von 500,- EUR überschritten wird.
Die damit insgesamt zulässige Berufung der Beklagten ist auch begründet. Das SG hat zu Unrecht die Beitragsbescheide der Beklagten aufgehoben; diese sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten, weil er der Beklagten für die streitige Zeit Beiträge in Höhe der ihm nach § 240 Abs. 4 Satz 2 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) zuzurechnenden Mindestbemessungsgrundlage schuldet.
Beiträge sind nach § 223 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V ) für jeden Tag der Mitgliedschaft zu zahlen, soweit nicht das SGB V Abweichendes bestimmt. Eine abweichende Bestimmung in diesem Sinne nimmt das Gesetz nicht durch Ausgestaltung eines besonderen rechtlichen Status der Beitragsfreiheit vor. Vielmehr ergibt sich Beitragsfreiheit im Einzelfall nur, wenn und solange beitragspflichtige Einnahmen nicht vorhanden sind oder nur solche Einnahmen erzielt werden, die kraft ausdrücklicher Regelung nicht zur Beitragsbemessung herangezogen werden dürfen (BSG, Urteil vom 26.05.2004, B 12 P 6/03 R, SozR 4 - 2500 § 224 Nr. 1). Hiernach war bei dem Kläger Beitragsfreiheit nicht gegeben.
Bei dem freiwillig versicherten Kläger richtet sich die Beitragsbemessung nach § 240 SGB V i.V.m. der Satzung der Beklagten. Gemäß § 240 Abs. 4 Satz 2 SGB V gelten für freiwillige Mitglieder, die hauptberuflich selbständig erwerbstätig sind, als beitragspflichtige Einnahmen für den Kalendertag der 30. Teil der monatlichen Beitragsbemessungsgrenze (§ 223), bei Nachweis niedrigerer Einnahmen jedoch mindestens der 40. Teil der monatlichen Bezugsgröße. Für die Beitragsberechnung in der Pflegeversicherung sind die Grundsätze der Krankenversicherung entsprechend anzuwenden (§ 57 Abs. 4 Elftes Buch Sozialgesetzbuch - SGB XI); vgl. zu Regelungsgehalt und Verfassungsmäßigkeit der Vorschrift BSG SozR 3 - 2500 § 240 Nr. 6). Jedenfalls eine wirtschaftliche Leistungsfähigkeit im Umfang des sich hiernach fiktiv ergebenden Betrags von 1.357,83 EUR für 2006/2007 ist damit unabhängig von den Satzungsregelungen der einzelnen Kasse bei allen freiwillig Versicherten bzw. freiwillig versicherten hauptberuflich Selbständigen anzunehmen und der Beitragsbemessung zugrunde zu legen (BSG SozR 4 - 2500 § 224 Nr. 1), wie dies die Beklagte rechtsfehlerfrei getan hat.
An der Rechtspflicht des Klägers, sich auch während des Bezugs von Krg an den Aufwendungen der Versichertengemeinschaft durch Beiträge zu beteiligen, ändert § 224 Abs. 1 SGB V nichts. Diese Vorschrift erfasst alle Mitglieder der gesetzlichen Krankenversicherung und ist daher auch auf freiwillig Versicherte anzuwenden (vgl. BSG SozR 3 - 2500 § 224 Nr. 7). Denn die Beitragsfreiheit während des Leistungsbezugs beschränkt sich nach § 224 Abs. 1 SGB V allein auf diese Leistung (BSG SozR 3 - 2200 § 383 Nr. 1 und SozR 4 - 2500 § 224 Nr. 1). Beitragsfreiheit in dem umfassenden Sinne, dass im Einzelfall trotz fortbestehender freiwilliger Mitgliedschaft Beiträge ausnahmsweise überhaupt nicht zu entrichten sind, ergibt sich danach nicht. Die Verpflichtung aus § 240 Abs. 4 Satz 2 SGB V, Beiträge nach dem Mindesteinkommen zu entrichten, bleibt unberührt. § 224 Abs. 1 SGB V ist selbst dann keine abschließende Sonderregelung gegenüber § 240 Abs. 4 Satz 2 SGB V, wenn tatsächliche Einnahmen vollständig fehlen (BSG SozR 3 - 2500 § 224 Nr. 3). Umgekehrt ist nur dieses eingeschränkte Verständnis des § 224 Abs. 1 SGB V mit den in § 240 SGB V normierten Grundsätzen der Beitragsbemessung bei freiwilligen Mitgliedern vereinbar. Denn das Krg bestimmt die gesamte wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des freiwilligen Mitglieds. Dies folgt bereits aus § 240 Abs. 1 Satz 2 SGB V, wonach die Beitragbemessung grundsätzlich nach der Gesamtheit der Einnahmen zu bestimmen ist, die in Zeiten des Entstehens des Beitragsanspruchs die Leistungsfähigkeit des freiwilligen Mitglieds bestimmen. Schließlich ist es auch die Zielsetzung des § 240 Abs. 4 Satz 1 und 2 SGB V, eine angemessene Leistungs- und Beitragsäquivalenz in der freiwilligen Versicherung herzustellen. Damit ist unvereinbar, Mitglieder, die über grundsätzlich beitragspflichtige Einnahmen verfügen, nur deshalb insgesamt beitragsfrei zu lassen, weil die bisher maßgebende Bemessungsgrundlage durch eine beitragsfreie Sozialleistung ersetzt worden ist.
Die Darlegungen des BSG zur Beitragspflicht freiwillig Versicherter Bezieher von Erziehungsgeld beruhen auch zur Überzeugung des erkennenden Senats nicht auf Besonderheiten des Erziehungsgeldes, sondern ergeben sich aus dem Verhältnis von § 240 SGB V zu § 224 SGB V und sind deshalb auch auf die anderen in § 224 Abs. 1 Satz 1 SGB V genannten Leistungen zu beziehen (so auch Landessozialgericht Berlin-Brandenburg, Urteil vom 26.09.2007, L 9 KR 45/03). Eine Beitragsfreiheit freiwillig versicherter Bezieher von Krg wäre auch kaum mit Artikel 3 Abs. 1 Grundgesetz (GG) zu rechtfertigen. Ansonsten stünde diese Gruppe beitragsrechtlich besser da als die freiwillig Versicherten, die überhaupt keine Einnahmen erzielten, obwohl die erstgenannte Gruppe wirtschaftlich leistungsfähiger ist als der letztgenannte Personenkreis ist; völlige Beitragsfreiheit freiwilliger Mitglieder der GKV aufgrund des Bezugs von Krg müsste sich auch auf die Personen erstrecken, die außer dem Krg noch andere Einnahmen erzielen, die an sich nach § 240 Abs. 1 SGB V i.V.m. der Satzung der Beitragsbemessung zugrunde zu legen wären, so dass diese Gruppe ebenfalls besser stünde als die vergleichbare Versicherter, die gleiche Einnahmen ohne den Bezug von Krg aufweisen, ohne dass hierfür ein rechtfertigender Grund erkennbar wäre.
Auf die Berufung der Beklagten ist deswegen das Urteil des SG aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Gründe, die Revision zuzulassen, liegen angesichts der Rechtsprechung des BSG vom 26.05.2004 nicht vor.
Außergerichtliche Kosten beider Instanzen sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Beitragspflicht zur freiwilligen gesetzlichen Krankenversicherung während des Bezuges von Krankengeld (Krg) streitig.
Der 1955 geborene Kläger ist als selbständiger Handelsvertreter bei der Beklagten mit Anspruch auf Krankengeld freiwillig gesetzlich krankenversichert. Sein Einkommen aus Gewerbebetrieb betrug im Jahr 2003 5.756,- EUR (Einkommensteuerbescheid vom 04.02.2005).
Vom 02.08.2006 bis 11.02.2007 bezog der Kläger kalendertägliches Krg in Höhe von 11,19 EUR brutto, das auf der Grundlage des tatsächlichen Monatsdurchschnittseinkommens von 479,67 EUR berechnet worden war.
Mit Bescheid vom 26.02.2007 stellte die Beklagte für den Bezugszeitraum des Krg eine Beitragsforderung zur freiwilligen Kranken- und Pflegeversicherung in Höhe von insgesamt 1.459,17 EUR fest. Diese Beitragsforderung wurde aus dem Unterschiedsbetrag von 1.357,83 EUR des tatsächlichen Monatseinkommens von monatlich 479,67 EUR und der Mindestbeitragsbemessungsgrenze von monatlich 1.837,50 EUR (Bezugsgröße 29.400,-: 12: 40 x 30) bemessen.
Mit seinem dagegen eingelegten Widerspruch machte der Kläger geltend, aufgrund des geringen Krg und der geforderten Beiträge würden ihm nur 26,- EUR im Monat zum Leben verbleiben. Deswegen werde er die Beiträge nicht entrichten können. Mit Widerspruchsbescheid vom 16.05.2007, dem Kläger zugestellt am 31.05.2007, wies die Beklagte den Widerspruch mit der Begründung zurück, während des Bezugs von Krg sei nur der Teil des Arbeitseinkommens beitragsfrei, den das Krg ersetze. Aus den weiterhin erzielten Einnahmen seien jedoch Beiträge abzuführen. Während des Bezugs von Krg bestehe Beitragsfreiheit daher nur in Höhe des gezahlten Krg, Beiträge bis zur Mindestbemessungsgrundlage wären weiter zu entrichten. Vor Beginn der Arbeitsunfähigkeit sei der Steuerbescheid für das Jahr 2003 für die Beitragsberechnung maßgebend gewesen, wonach seine Einkünfte aus Gewerbebetrieb 5.756,- EUR jährlich betragen hätten. Dies ergebe einen monatlichen Betrag von 479,67 EUR. Die Differenz bis zur Mindestbemessungsgrundlage betrage demnach 1.357,83 EUR. Dieser Betrag habe auch der Beitragsberechnung für die Zeit des Bezugs von Krg vom 02.08.2006 bis 11.02.2007 zugrunde gelegen. Zwar sei vor dem Beitragsbescheid vom 26.02.2007 keine vorherige Anhörung erfolgt. Diese werde aber durch das Widerspruchsverfahren nachgeholt.
Mit seiner dagegen am 13.06.2007 beim Sozialgericht Mannheim (SG) erhobenen Klage machte der Kläger geltend, er sei während des Zeitraums seiner Arbeitsunfähigkeit einkommenslos gewesen. Für seinen Lebensunterhalt habe ausschließlich seine Ehefrau gesorgt. Die Begleichung unaufschiebbarer Kosten und den Abbau von Altschulden habe er allein durch Aufnahme von Privatdarlehen bewerkstelligen können. Deswegen sei es ihm auch nicht möglich, für fiktive Einkünfte Beiträge zu zahlen.
Mit Urteil vom 26.09.2007, der Beklagten zugestellt am 12.10.2007, hob das SG den Beitragsbescheid mit der Begründung auf, der Kläger sei während des Krg-Bezugs in der freiwilligen gesetzlichen Krankenversicherung beitragsfrei gewesen. Zwar würden Einnahmen beitragspflichtig, wenn während des Bezugs einer beitragsfreien Leistung Einnahmen entfielen, die jedoch von anderen Einnahmen ersetzt würden. Bei dem Kläger liege aber ein anderer Sachverhalt vor. Mit Eintritt seiner Arbeitsunfähigkeit sei bei ihm nicht nur das tatsächlich erzielte Arbeitsentgelt weggefallen, sondern es bestehe auch keine Rechtfertigung mehr, das fiktive Mindesteinkommen zur Beitragsbemessung heranzuziehen. Bei einem hauptberuflich Selbständigen gebe es keinen Ansatzpunkt mehr, ihm ein fiktives Einkommen zuzurechnen, denn in Fortsetzung der Fiktion eines Erwerbseinkommens stehe auch dieses unter der Bedingung fortbestehender Arbeitsfähigkeit. Wenn schon dem Versicherten aus dem ihm fiktiv zugerechneten Mindesteinkommen kein Anspruch auf Krg zustehe, so müsse zumindest aus dem vom Versicherten gezahlten erhöhten Beitragssatz einer freiwilligen Versicherung mit Krg-Anspruch folgen, dass das fiktive Einkommen zumindest auf der Beitragsseite in die Risikoabdeckung der Arbeitsunfähigkeit mit Krg-Anspruch einbezogen werde und nicht selbst beitragspflichtig bleibe.
Mit ihrer dagegen am 05.11.2007 eingelegten Berufung macht die Beklagte geltend, der Kläger habe Versicherungsschutz mit Anspruch auf Krg ab Beginn der 7. Woche der Arbeitsunfähigkeit gewählt und Krg vom 21.06.2006 bis 11.02.2007 bezogen. Der Kläger sei auch beitragspflichtig, denn die gesetzliche Regelung beinhalte lediglich, dass die Lohnersatzleistungen nicht noch mit Beiträgen belegt werden sollten. Gestützt werde die Auffassung durch die Entscheidung des BSG vom 26.05.2004 (B 12 P 6/03 R). Dieses Urteil sei zwar im Hinblick auf den Erziehungsgeldbezug ergangen, betreffe aber den gleichen Personenkreis, nämlich freiwillig Versicherte. Sachliche Gründe, dies nur auf den Erziehungsgeld- bzw. Elterngeldbezug zu beschränken und den Anspruch auf Krg außen vor zu lassen, seien nicht zu erkennen.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 26. September 2007 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er hält das sozialgerichtliche Urteil für zutreffend. Denn Tatsache sei, dass durch seine Krankheit sein Arbeitseinkommen ganz weggefallen wäre.
Die Beklagte hat dem Senat einen Auszug aus ihrer Satzung vorgelegt.
Die Beteiligten haben einer Entscheidung des Senats ohne mündliche Verhandlung zugestimmt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz sowie die von der Beklagten vorgelegte Verwaltungsakte verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die nach den §§ 143, 151 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Beklagten, über die der Senat im Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entschieden hat (§ 124 Abs. 2 SGG), ist statthaft im Sinne des § 144 Abs. 1 Satz 1 SGG, da die erforderliche Berufungssumme von 500,- EUR überschritten wird.
Die damit insgesamt zulässige Berufung der Beklagten ist auch begründet. Das SG hat zu Unrecht die Beitragsbescheide der Beklagten aufgehoben; diese sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten, weil er der Beklagten für die streitige Zeit Beiträge in Höhe der ihm nach § 240 Abs. 4 Satz 2 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) zuzurechnenden Mindestbemessungsgrundlage schuldet.
Beiträge sind nach § 223 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V ) für jeden Tag der Mitgliedschaft zu zahlen, soweit nicht das SGB V Abweichendes bestimmt. Eine abweichende Bestimmung in diesem Sinne nimmt das Gesetz nicht durch Ausgestaltung eines besonderen rechtlichen Status der Beitragsfreiheit vor. Vielmehr ergibt sich Beitragsfreiheit im Einzelfall nur, wenn und solange beitragspflichtige Einnahmen nicht vorhanden sind oder nur solche Einnahmen erzielt werden, die kraft ausdrücklicher Regelung nicht zur Beitragsbemessung herangezogen werden dürfen (BSG, Urteil vom 26.05.2004, B 12 P 6/03 R, SozR 4 - 2500 § 224 Nr. 1). Hiernach war bei dem Kläger Beitragsfreiheit nicht gegeben.
Bei dem freiwillig versicherten Kläger richtet sich die Beitragsbemessung nach § 240 SGB V i.V.m. der Satzung der Beklagten. Gemäß § 240 Abs. 4 Satz 2 SGB V gelten für freiwillige Mitglieder, die hauptberuflich selbständig erwerbstätig sind, als beitragspflichtige Einnahmen für den Kalendertag der 30. Teil der monatlichen Beitragsbemessungsgrenze (§ 223), bei Nachweis niedrigerer Einnahmen jedoch mindestens der 40. Teil der monatlichen Bezugsgröße. Für die Beitragsberechnung in der Pflegeversicherung sind die Grundsätze der Krankenversicherung entsprechend anzuwenden (§ 57 Abs. 4 Elftes Buch Sozialgesetzbuch - SGB XI); vgl. zu Regelungsgehalt und Verfassungsmäßigkeit der Vorschrift BSG SozR 3 - 2500 § 240 Nr. 6). Jedenfalls eine wirtschaftliche Leistungsfähigkeit im Umfang des sich hiernach fiktiv ergebenden Betrags von 1.357,83 EUR für 2006/2007 ist damit unabhängig von den Satzungsregelungen der einzelnen Kasse bei allen freiwillig Versicherten bzw. freiwillig versicherten hauptberuflich Selbständigen anzunehmen und der Beitragsbemessung zugrunde zu legen (BSG SozR 4 - 2500 § 224 Nr. 1), wie dies die Beklagte rechtsfehlerfrei getan hat.
An der Rechtspflicht des Klägers, sich auch während des Bezugs von Krg an den Aufwendungen der Versichertengemeinschaft durch Beiträge zu beteiligen, ändert § 224 Abs. 1 SGB V nichts. Diese Vorschrift erfasst alle Mitglieder der gesetzlichen Krankenversicherung und ist daher auch auf freiwillig Versicherte anzuwenden (vgl. BSG SozR 3 - 2500 § 224 Nr. 7). Denn die Beitragsfreiheit während des Leistungsbezugs beschränkt sich nach § 224 Abs. 1 SGB V allein auf diese Leistung (BSG SozR 3 - 2200 § 383 Nr. 1 und SozR 4 - 2500 § 224 Nr. 1). Beitragsfreiheit in dem umfassenden Sinne, dass im Einzelfall trotz fortbestehender freiwilliger Mitgliedschaft Beiträge ausnahmsweise überhaupt nicht zu entrichten sind, ergibt sich danach nicht. Die Verpflichtung aus § 240 Abs. 4 Satz 2 SGB V, Beiträge nach dem Mindesteinkommen zu entrichten, bleibt unberührt. § 224 Abs. 1 SGB V ist selbst dann keine abschließende Sonderregelung gegenüber § 240 Abs. 4 Satz 2 SGB V, wenn tatsächliche Einnahmen vollständig fehlen (BSG SozR 3 - 2500 § 224 Nr. 3). Umgekehrt ist nur dieses eingeschränkte Verständnis des § 224 Abs. 1 SGB V mit den in § 240 SGB V normierten Grundsätzen der Beitragsbemessung bei freiwilligen Mitgliedern vereinbar. Denn das Krg bestimmt die gesamte wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des freiwilligen Mitglieds. Dies folgt bereits aus § 240 Abs. 1 Satz 2 SGB V, wonach die Beitragbemessung grundsätzlich nach der Gesamtheit der Einnahmen zu bestimmen ist, die in Zeiten des Entstehens des Beitragsanspruchs die Leistungsfähigkeit des freiwilligen Mitglieds bestimmen. Schließlich ist es auch die Zielsetzung des § 240 Abs. 4 Satz 1 und 2 SGB V, eine angemessene Leistungs- und Beitragsäquivalenz in der freiwilligen Versicherung herzustellen. Damit ist unvereinbar, Mitglieder, die über grundsätzlich beitragspflichtige Einnahmen verfügen, nur deshalb insgesamt beitragsfrei zu lassen, weil die bisher maßgebende Bemessungsgrundlage durch eine beitragsfreie Sozialleistung ersetzt worden ist.
Die Darlegungen des BSG zur Beitragspflicht freiwillig Versicherter Bezieher von Erziehungsgeld beruhen auch zur Überzeugung des erkennenden Senats nicht auf Besonderheiten des Erziehungsgeldes, sondern ergeben sich aus dem Verhältnis von § 240 SGB V zu § 224 SGB V und sind deshalb auch auf die anderen in § 224 Abs. 1 Satz 1 SGB V genannten Leistungen zu beziehen (so auch Landessozialgericht Berlin-Brandenburg, Urteil vom 26.09.2007, L 9 KR 45/03). Eine Beitragsfreiheit freiwillig versicherter Bezieher von Krg wäre auch kaum mit Artikel 3 Abs. 1 Grundgesetz (GG) zu rechtfertigen. Ansonsten stünde diese Gruppe beitragsrechtlich besser da als die freiwillig Versicherten, die überhaupt keine Einnahmen erzielten, obwohl die erstgenannte Gruppe wirtschaftlich leistungsfähiger ist als der letztgenannte Personenkreis ist; völlige Beitragsfreiheit freiwilliger Mitglieder der GKV aufgrund des Bezugs von Krg müsste sich auch auf die Personen erstrecken, die außer dem Krg noch andere Einnahmen erzielen, die an sich nach § 240 Abs. 1 SGB V i.V.m. der Satzung der Beitragsbemessung zugrunde zu legen wären, so dass diese Gruppe ebenfalls besser stünde als die vergleichbare Versicherter, die gleiche Einnahmen ohne den Bezug von Krg aufweisen, ohne dass hierfür ein rechtfertigender Grund erkennbar wäre.
Auf die Berufung der Beklagten ist deswegen das Urteil des SG aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Gründe, die Revision zuzulassen, liegen angesichts der Rechtsprechung des BSG vom 26.05.2004 nicht vor.
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