L 20 B 7/08 AS

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
20
1. Instanz
SG Köln (NRW)
Aktenzeichen
S 11 AS 8/07
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 20 B 7/08 AS
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde der Antragsteller gegen den Beschluss des Sozialgerichts Köln vom 02.01.2008 wird zurückgewiesen.

Gründe:

I. Streitig ist die Gebührenfestsetzung für die Tätigkeit einer Rechtsanwältin in einem Eilverfahren, in dem sie sechs Auftraggeber zu vertreten hatte.

Unter dem 26.11.2007 hat der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle des Sozialgerichts die Gebühren nach erfolgter Bewilligung der Prozesskostenhilfe wie folgt festgesetzt:

Verfahrensgebühr nach Nr. 3102 VV i.V.m. 1008 VV RVG = 340,00 EUR Einigungsgebühr nach Nr. 1002, 1006 VV RVG = 190,00 EUR Terminsgebühr nach Nr. 3106 VV RVG = 200,00 EUR Pauschale nach Nr. 7002 VV RVG für Post und Telekommunikationsleistungen in Höhe = 20,00 EUR Umsatzsteuer nach Nr. 7008 VV RVG = 142,50 EUR

Gesamtbetrag 892,50 EUR

Hiergegen haben die Antragsteller Erinnerung eingelegt, zu deren Begründung sie vorgetragen haben, im Hinblick auf die Vielzahl der Auftraggeber sei der Gebührenrahmen nach Nr. 1008 VV RVG auf 120,00 EUR bis 1380,00 EUR festzulegen.

Mit dem angefochtenen Beschluss vom 02.01.2008 hat das Sozialgericht die Erinnerung zurückgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass die Auslegung der Nr. 1008 VV RVG durch die Antragsteller mit dem Wortlaut der Regelung nicht vereinbar sei.

Hiergegen haben die Antragsteller Beschwerde eingelegt, zu deren Begründung sie ihr Vorbringen im Rahmen der Erinnerung im Wesentlichen wiederholen.

Das Sozialgericht hat der Beschwerde mit Beschluss vom 09.01.2008 nicht abgeholfen.

II. Das Landessozialgericht entscheidet über die Beschwerde gemäß §§ 56 Abs. 2, 33 Abs. 8 S. 2 Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG) durch den Senat, weil der Senat der hier zu entscheidenden Rechtsfrage ebenso wie das Sozialgericht, das die Beschwerde unter Hinweis auf die grundsätzliche Bedeutung der zu entscheidenden Rechtsfrage zugelassen hat (§ 56 Abs. 2 i.V.m. § 33 Abs. 3 S. 2 RVG), nunmehr eine Bedeutung beimisst, die über das vorliegende Verfahren hinausgeht (anders noch der Beschluss des Berichterstatters des Senates vom 03.12.2007, L 20 B 66/07 AY). Denn es hat sich zwischenzeitlich durch Einleitung mehrerer Beschwerdeverfahren gezeigt, dass die hier streitentscheidende Rechtsfrage für eine Vielzahl von Rechtsstreitigkeiten Bedeutung entfaltet. Insofern konnte dahingestellt bleiben, ob grundsätzlich der Berichterstatter zur Entscheidung zuständig ist (§§ 56 Abs. 2 S. 1, 33 Abs. 8 S. 1 RVG).

Die Beschwerde der Antragsteller ist zulässig. Etwas anderes ist auch aus §§ 178, 197 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) nicht abzuleiten, wonach gegen Entscheidungen des ersuchten oder beauftragten Richters oder des Urkundsbeamten binnen eines Monats nach Bekanntgabe das Gericht angerufen werden kann, das endgültig entscheidet. Denn hinsichtlich des Prozesskostenhilfeverfahrens verweist § 73a SGG auf die für bürgerliche Rechtsstreitigkeiten einschlägigen Vorschriften der Zivilprozessordnung (ZPO). Von diesem Verweis werden nicht allein die Bestimmungen der §§ 114 f. ZPO erfasst, sondern auch die Regelungen über die Festsetzung der aus der Staatskasse zu zahlenden Vergütungen und Vorschüsse gemäß §§ 45 f. RVG (Beschluss des Senats vom 09.08.2007, L 20 B 91/07 AS).

Die Beschwerde ist jedoch nicht begründet. Das Sozialgericht hat die Erinnerung gegen die Entscheidung des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle vom 30.11.2007 mit dem angefochtenen Beschluss vom 02.01.2008 zu Recht zurückgewiesen.

Gegenstand der Beschwerde ist allein die Frage, wie die Deckelungsvorschrift der VV 1008 RVG zu verstehen ist. Entgegen der Auffassung der Bevollmächtigten der Antragsteller kann diese Bestimmung nicht so verstanden werden, dass die Mittelgebühr aus einer Rahmengebühr bestimmt wird, die unter Berücksichtigung einer Verdreifachung der Mindest- und Höchstgebühren errechnet wird. Nach der VV 1008 findet vielmehr eine Begrenzung auf eine Verdoppelung der o.g. Rahmenbeträge statt.

Die VV 1008 regelt den auch hier gegebenen Fall, dass Auftraggeber in derselben Angelegenheit mehrere Personen sind. Hierbei erhöht sich die Verfahrens- oder Geschäftsgebühr für jede weitere Person um 0,3 oder 30 % bei Festgebühren, bei Beitragsrahmengebühren erhöhen sich der Mindest- und Höchstbetrag um 30 %.

Unter (3) der amtlichen Anmerkungen hierzu heißt es jedoch: "Mehrere Erhöhungen dürfen einen Gebührensatz von 2,0 nicht übersteigen, bei Festgebühren dürfen die Erhöhungen das Doppelte der Festgebühr und bei Beitragsrahmengebühren das Doppelte der Mindest- und Höchstgebühr nicht übersteigen".

Der sich aus Nr. 3103 VV RVG ergebende Gebührenrahmen beträgt grundsätzlich 20,00 EUR bis 320,00 EUR. Aufgrund der Tatsache, dass sechs Auftraggeber zu vertreten waren, verdoppeln sich der Mindest- und der Höchstbetrag für die Rahmengebühr gem. Nr. 1008 VV RVG auf 40,00 EUR bis 640,00 EUR. Der von den Antragstellern in Ansatz gebrachte Rahmen von 120,00 EUR bis 1380,00 EUR kann hingegen nicht der Entscheidung zugrundegelegt werden, weil die amtliche Begründung zu Nr. 1008 VV unter III HS. 2 Fall 2 eine Deckelung dahingehend vorsieht, dass bei Beitragsrahmengebühren das Doppelte des Mindest- und Höchstbetrages nicht überstiegen werden darf. Eine pauschale Erhöhung der Mindest- und Höchstbeträge um jeweils 30 % für jeden einzelnen Auftraggeber ist daher jenseits dieser Grenze nicht mehr möglich (so wohl auch Hartmann, Kostengesetze, 37. Auflage 2007, Nr 1008 VV Rn 14, Beschluss des Senates vom 03.12.2007, L 20 B 66/07 AY).

Ist aber ein Gebührenrahmen von 40,00 EUR bis 640,00 EUR zugrundezulegen, dann beträgt die Mittelgebühr 340,00 EUR. Diese Gebühr ist vom Sozialgericht auch festgesetzt worden.

Soweit sich die Antragsteller auf das Berechnungsbeispiel bei Gerold/Schmidt, RVG, 17. Auflage 2006, Teil C, 1008 VV, Rn. 240 berufen, so vermag der Senat darin keine Grundlage für eine abweichende Entscheidung zu sehen. Denn es ist nicht ersichtlich, auf welche konkreten Überlegungen sich dieses kommentarlos dargestellte Berechnungsbeispiel stützt und inwiefern es mit dem oben zitierten klaren Wortlaut der amtlichen Anmerkungen zur VV 1008 vereinbar sein soll. Auch die von den Antragstellern angeführte Entscheidung des KG Berlin (Beschluss vom 03.05.2007, 1 W 407/06) enthält hierzu keine Ausführungen. Die von den Antragstellern ebenfalls zitierte Entscheidung des LG Frankfurt (Beschluss vom 26.10.2004, 2-09 T 507/04 = NJW 2004, S. 3642) betrifft eine Festgebühr und legt eine Grenze in Gestalt der Verdoppelung der Gebühr zugrunde. Es ist daher nicht ersichtlich, inwiefern diese Entscheidung etwas für die Rechtsauffassung der Antragsteller hergeben könnte.

Die Festsetzungen der weiteren Gebühren sind von den Antragstellern nicht beanstandet worden und lassen ebenfalls keine Rechtsfehler erkennen.

Kosten werden nicht erstattet (§ 56 Abs. 2 S. 2 RVG).

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 56 Abs. 2 S. 1 i.V.m. § 33 Abs. 4 S. 3 RVG, 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
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