L 10 AL 57/07

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
10
1. Instanz
SG Nürnberg (FSB)
Aktenzeichen
S 13 AL 707/05
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 10 AL 57/07
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Nürnberg vom 17.01.2007 aufgehoben und die Klage abgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist die Gewährung von Überbrückungsgeld (ÜG) streitig.

Der 1980 geborene Kläger war vom 01.06.2004 bis 31.07.2005 als Immobilienmakler beschäftigt. Am 09.05.2005 kündigte er sein Arbeitsverhältnis zum 31.07.2005. Am 10.06.2005 meldete er sich arbeitslos und beantragte die Gewährung von Arbeitslosengeld (Alg) mit Wirkung zum 01.08.2005. Dabei gab er an, dass er sich am 01.08.2005 selbstständig machen wolle.

Am 20.06.2005 beantragte der Kläger die Gewährung von ÜG zur Aufnahme einer selbstständigen Tätigkeit als Immobilienmakler in L ... Dem formularmäßigen Antrag auf ÜG vom 15.08.2005 fügte er in der Anlage 1 das Kurzkonzept seines Existenzgründungsvorhabens, die Gewerbeanmeldung vom 19.07.2005 (zum 01.08.2005 angemeldete Tätigkeit: Immobilienmakler nach § 34c Gewerbeordnung -Gewo-), die Stellungnahme einer fachkundigen Stelle zur Tragfähigkeit der Existenzgründung sowie diverse Unterlagen für eine fachliche Stellungnahme zur Tragfähigkeit der Existenzgründung bei. Im Fragebogen zur Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses bei Kündigung durch den Arbeitnehmer gab er am 01.07.2005 an, dass er trotz intensiver Bemühungen in seiner jetzigen Anstellung keinerlei Karrierechancen mehr gesehen habe, weshalb er sich für die Selbstständigkeit entschieden habe. Er habe zur Beseitigung der Gründe für die Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses mehrfach intensive Gehaltsverhandlungen geführt, bei denen immer wieder Versprechungen gemacht, aber nicht eingehalten worden seien.

Mit Bescheid vom 14.09.2005 lehnte die Beklagte den Antrag des Klägers auf ÜG ab. Eine eigenständige Kündigung zum Zweck der Gründung einer selbstständigen Existenz führe das Risiko der Arbeitslosigkeit selbst herbei. Mit Widerspruch vom 11.10.2005 hiergegen trug der Kläger vor, dass er auch bei seinem ersten Besuch bei der Beklagten (Ende Mai 2005) erwähnt habe, ÜG beantragen zu wollen. Von einer Mitarbeiterin der Beklagten sei ihm mitgeteilt worden, dass dies bei einem Termin bei seiner "Jobberaterin" beantragt werden müsse. Dieser Termin sei ihrerseits erst am 20.06. des Jahres möglich. Ebenfalls genau an diesem Tag sei die Neuregelung in Bezug auf das ÜG in Kraft getreten. Der von der Beklagten erwähnte § 57 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) habe sich erst nach seiner Kündigung und auch nach seinem ersten Besuch bei der Beklagten geändert. Seine Jobberaterin, Fr. B. , habe diese Neuregelung bei seinem Termin am 20.06. nur zufällig entdeckt, andere Mitarbeiterinnen hätten hier gar nicht Bescheid gewusst. Auch auf den Informationsseiten der Beklagten (www.überbrückungsgeld.de) sei nichts hiervon erwähnt worden. Mit Widerspruchsbescheid vom 10.11.2005 wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers als unbegründet zurück.

Hiergegen hat der Kläger am 09.12.2005 Klage zum Sozialgericht Nürnberg (SG) erhoben. Mit Urteil vom 17.01.2007 hat das SG den Bescheid der Beklagten vom 14.09.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10.11.2005 aufgehoben und die Beklagte verurteilt, dem Kläger ÜG zu gewähren. Der Kläger beende durch die Aufnahme der selbstständigen Tätigkeit die zumindest für eine logische Sekunde eingetretene Arbeitslosigkeit. Der Umstand, dass der Kläger die Arbeitslosigkeit selbst durch eigene Kündigung seines Arbeitsverhältnisses herbeigeführt habe, könne nicht zur Ablehnung der Gewährung von ÜG führen. Dieser Sachverhalt habe lediglich hinsichtlich der Frage der Festsetzung einer Sperrfrist nach § 144 SGB III Bedeutung, da die eigene Lösung des Arbeitsverhältnisses ohne Anschlussarbeitsverhältnis zum Eintritt einer Sperrzeit führe. Gemäß § 57 Abs 3 Satz 4 SGB III verkürze sich die Dauer der Förderung entsprechend der Dauer der Sperrzeit, sodass die Beendigung des Arbeitsverhältnisses aufgrund eigener Kündigung lediglich insoweit Berücksichtigung finden könne, als sich der grundsätzlich gegebene Anspruch auf ÜG durch das Vorliegen der Voraussetzungen für den Eintritt einer Sperrzeit ggf. bis zu 12 Wochen verkürze. Auch die weitere Voraussetzung für den Anspruch auf ÜG in § 57 Abs 2 Nr 1 SGB III, nämlich der zeitliche Zusammenhang in Bezug bzw. zum Anspruch auf Entgeltersatzleistung sei erfüllt, da nach dem Inkrafttreten des Job-Aktiv-Gesetzes die weitere Förderungsvoraussetzung eines vierwöchigen Mindestumfangs des Entgeltersatzbezuges weggefallen sei. Dabei habe gerade der unmittelbare Zugang von einer versicherungspflichtigen Beschäftigung in eine selbstständige Tätigkeit unterstützt werden sollen (BT-Drucks 14/6944 S.33). Der Wortlaut in Nr 1a sei durch das Job-Aktiv-Gesetz insoweit modifiziert worden, als nicht mehr auf den Bezug der Entgeltersatzleistung nach dem SGB III abgestellt werde, sondern der Anspruch auf eine entsprechende Leistung ausreiche. Inwieweit eine Kürzung des Anspruchs vorzunehmen sei, habe die Beklagte in eigener Zuständigkeit zu prüfen. Aufgrund des Grundsatzes der Gewaltenteilung sei das Gericht gehindert, hierzu bereits eine Entscheidung zu treffen.

Hiergegen richtet sich die beim BayLSG am 19.02.2007 eingegangene Berufung der Beklagten. Das Erfordernis iS des § 57 Abs 1 SGB III, dass die Arbeitslosigkeit beendet werde, liege im vorliegenden Fall nicht vor, da der Kläger zwischen dem Ende des Beschäftigungsverhältnisses am 31.07.2005 nahtlos die selbstständige Tätigkeit am 01.08.2005 aufgenommen habe. Eine logische Sekunde der Arbeitslosigkeit, wie sie das Erstgericht zur Entscheidungsbegründung heranziehe, gebe es nicht. Arbeitslosigkeit werde entsprechend der §§ 16, 118 SGB III nach Tagen beurteilt. Auch werde eine mögliche Arbeitslosigkeit nicht vermieden, denn die Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses habe nicht gedroht. Arbeitslosigkeit habe erst durch die Eigenkündigung des Klägers gedroht und wäre selbst verursacht worden, sofern die selbstständige Tätigkeit nicht - wie geplant - zum 01.08.2005 aufgenommen worden wäre. An der Kausalität zwischen Aufnahme der Tätigkeit und Beendigung/Vermeidung von Arbeitslosigkeit fehle es dann, wenn ein bestehendes Arbeitsverhältnis mit dem Ziel der Aufnahme einer selbstständigen Tätigkeit beendet werde.

Die Beklagte beantragt, das Urteil des Sozialgerichts Nürnberg vom 17.01.2007 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Die Argumentation der Beklagten laufe im Ergebnis darauf hinaus, dass man durch die Zwischenschaltung eines einzigen Tages zwischen Aufgabe der Beschäftigung einerseits und Aufnahme der selbstständigen Tätigkeit andererseits den streitgegenständlichen Anspruch begründen könne. Auf diesem Wege wäre jeglicher Manipulation Tür und Tor geöffnet. § 57 SGB III enthalte keinerlei Sanktion dafür, dass der in die Selbstständigkeit wechselnde Arbeitnehmer sein Arbeitsverhältnis durch eigene Kündigung beende. Dies hätte nur Auswirkungen im Falle der Beantragung von Alg. Schon die Anwendung des § 57 Abs 3 Satz 4 SGB III führe dazu, dass in jedem Fall ÜG zu leisten sei, wenn auch über einen verkürzten Zeitraum hinweg. Die Voraussetzungen des § 57 Abs 2 Nr 1 SGB III seien in der Weise gegeben, dass ein zeitlicher Zusammenhang zum Bezug bzw. zum Anspruch auf Entgeltersatzleistung vorliege. Zu Recht vertrete das SG die Auffassung, dass aufgrund des Wegfalls des vierwöchigen Mindestumfangs des Entgeltersatzbezuges seitens des Gesetzgebers klar und deutlich zum Ausdruck gebracht worden sei, dass dadurch der unmittelbare Zugang von einem ursprünglich versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnis in die selbstständige Tätigkeit unterstützt werden solle.

Das Gericht hat die Akte der Beklagten und des SG beigezogen. Zur Ergänzung des Sachverhalts wird auf den gesamten Akteninhalt verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung der Beklagten ist zulässig, insbesondere fristgerecht eingelegt (§§ 143, 144, 151 Sozialgerichtsgesetz -SGG-). Die Berufung erweist sich auch als begründet.

Zu Unrecht hat das SG mit Urteil vom 17.01.2007 den Bescheid der Beklagten vom 14.09.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10.11.2005 aufgehoben und die Beklagte verurteilt, dem Kläger ÜG zu gewähren. Denn dem Kläger steht kein Anspruch auf ÜG gemäß § 57 SGB III in der Fassung vom 19.11.2004 (gültig vom 01.01.2005 bis 30.12.2005) zu.

Nach § 57 Abs 1 SGB III haben Arbeitnehmer, die durch Aufnahme einer selbstständigen, hauptberuflichen Tätigkeit die Arbeitslosigkeit beenden oder vermeiden, zur Sicherung des Lebensunterhalts und zur sozialen Sicherung in der Zeit nach der Existenzgründung Anspruch auf Überbrückungsgeld.

Nach Abs 2 des § 57 SGB III wird ÜG geleistet, wenn der Arbeitnehmer 1. in engem zeitlichen Zusammenhang mit der Aufnahme der selbstständigen Tätigkeit oder der vorgeschalteten Teilnahme an einer Maßnahme zu deren Vorbereitung a) Entgeltersatzleistungen nach diesem Buch bezogen hat oder einen Anspruch darauf hätte oder ... und 2. eine Stellungnahme einer fachkundigen Stelle über die Tragfähigkeit der Existenzgründung vorgelegt hat; fachkundige Stellen sind insbesondere die Industrie- und Handelskammern, Handwerkskammern, berufsständischen Kammern, Fachverbände und Kreditinstitute.

Soweit der Kläger vorträgt, am 20.06.2005 sei eine Neuregelung in Bezug auf das ÜG in Kraft getreten, § 57 SGB III habe sich erst nach seiner Kündigung und auch nach seinem ersten Besuch bei der Beklagten geändert, findet diese Auffassung keine Entsprechung in der gesetzgeberischen Entwicklung des § 57 SGB III. Zum 20.06. des Jahres 2005 ist entgegen der klägerischen Auffassung keine gesetzliche Neuregelung des § 57 SGB III in Kraft getreten.

Ein Anspruch des Klägers auf ÜG ist gemäß § 57 Abs 1 SGB III (aaO) schon deshalb nicht gegeben, weil der Kläger durch die Aufnahme der Tätigkeit als selbstständiger Immobilienmakler/ Hausverwalter nicht im Sinne des Absatz 1 des § 57 SGB III Arbeitslosigkeit beendet oder vermieden hat. Der Kläger hat nämlich nach dem Ende des Beschäftigungsverhältnisses am 31.07.2005 nahtlos die selbstständige Tätigkeit am 01.08.2005 aufgenommen. Zu Unrecht bejaht das SG diese Voraussetzung mit der Begründung, die Aufnahme der selbstständigen Tätigkeit habe die zumindest für eine logische Sekunde eingetretene Arbeitslosigkeit beendet. Arbeitslosigkeit tritt nicht für eine logische Sekunde ein, sondern wird nach Tagen beurteilt, was sich aus den §§ 16, 118, 119 SGB III ergibt.

Auch wurde Arbeitslosigkeit nicht im Sinne des § 57 Abs 1 SGB III vermieden, denn die Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses drohte nach den eigenen Angaben des Klägers nicht. Im Fragebogen zur Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses bei Kündigung durch den Arbeitnehmer vom 01.07.2005 hat der Kläger angegeben, gekündigt zu haben, weil er trotz intensiver Bemühungen in seiner damaligen Anstellung keinerlei Karrierechancen in persönlicher und finanzieller Hinsicht mehr gesehen habe. In mehrfachen und intensiven Gehaltsverhandlungen seien ihm immer wieder Versprechungen vom Arbeitgeber gemacht worden, die jedoch trotz des größer werdenden Arbeitsumfangs und Verantwortungsbereichs nicht eingehalten worden seien. Angesichts seiner fachspezifischen Ausbildung sei er in dieser Firma gehaltlich von Anfang an zu niedrig eingestuft gewesen. Die Zusatzfrage im Vordruck "Haben Sie den Aufhebungsvertrag geschlossen, um einer arbeitgeberseitigen Kündigung zuvorzukommen?" hat der Kläger mit "nein" beantwortet. Auch während des Klage- und Berufungsverfahrens hat der Kläger nicht vorgetragen, dass er mit seiner Kündigung einer arbeitgeberseitigen Kündigung zuvorkommen wollte. Somit ging es dem Kläger darum, durch Aufnahme der selbstständigen Tätigkeit seine Karrierechancen in persönlicher und finanzieller Hinsicht zu erhöhen. Bis zu seiner Eigenkündigung stand der Kläger in einem unbefristeten und ungekündigten Beschäftigungsverhältnis. Arbeitslosigkeit drohte erst durch die Eigenkündigung des Klägers und wäre - sofern die selbstständige Tätigkeit nicht wie geplant zum 01.08.2005 aufgenommen worden wäre - von ihm selbst verursacht worden.

Schon nach dem Wortlaut und Sinn und Zweck des § 57 Abs 1 SGB III (aaO) verlangt die gesetzliche Regelung eine kausale Verknüpfung zwischen Aufnahme der Tätigkeit und Beendigung/Vermeidung von Arbeitslosigkeit. Das ÜG sollte nämlich ein Mittel zur Beendigung von Arbeitslosigkeit sein, was sich aus dem Bericht der Bundesregierung 2005 zur Wirksamkeit moderner Dienstleistungen am Arbeitsmarkt ergibt. In Übereinstimmung mit der in der Literatur und Rechtsprechung vorherrschenden Auffassung fehlt es an der Kausalität dann, wenn ein bestehendes Arbeitsverhältnis mit dem Ziel der Aufnahme einer selbstständigen Tätigkeit beendet wird (Estelmann in Hennig, SGB III, § 57 Rdnr 45, Stand 4/2000). Die Aufnahme der selbstständigen Tätigkeit beendet dann nicht die Arbeitslosigkeit, sondern ist selbst Ursache der Arbeitslosigkeit (s. auch Nomos-Kommentar, Sozialgesetzbuch III, 2.Aufl, § 57 SGB III S 492). Entsprechendes muss gelten, wenn Arbeitslosigkeit gar nicht erst eingetreten ist.

Soweit der Kläger in diesem Zusammenhang darauf verweist, dass sich ein Anspruch auf ÜG aufgrund einer teleologischen Reduktion des § 57 Abs 1 SGB III (aaO) ergibt, vermag der Senat dieser Argumentation nicht zu folgen. Nachdem beim Kläger zwischen der Aufgabe der abhängigen Beschäftigung und der selbstständigen Tätigkeit Arbeitslosigkeit nicht eingetreten ist und eine solche nicht vermieden werden musste, käme insoweit lediglich eine erweiternde Auslegung aufgrund einer sog. "planwidrigen Regelungslücke" in Betracht. Dass die Voraussetzungen hierfür nicht vorliegen, ergibt sich schon aus der dargelegten teleologischen Auslegung. Das ÜG soll vielmehr für eine Übergangs- und Anfangszeit, in der aus der neu aufgenommenen selbstständigen Tätigkeit keine vollen Einnahmen zu erwarten sind, den Lebensunterhalt des vorher Arbeitslosen sichern (Stratmann in Niesel, SGB III, 3.Aufl, § 57 Rdnr 1). Die Aufnahme einer selbstständigen Erwerbstätigkeit durch einen Arbeitslosen trägt nämlich ebenso zur Entlastung des Arbeitsmarktes bei wie die Vermittlung in eine abhängige Beschäftigung. Hingegen ist das ÜG kein Instrument der allgemeinen Wirtschaftsförderung.

Die Argumentation des Klägers, die Voraussetzungen des § 57 SGB III seien schon deshalb zu bejahen, weil man sonst durch die Zwischenschaltung eines einzigen Tages zwischen der Aufgabe der Beschäftigung einerseits und Aufnahme der selbstständigen Tätigkeit andererseits den streitgegenständlichen Anspruch begründen könne, ist unbehelflich. Denn in diesem Fall, d.h. wenn Arbeitslosigkeit - ohne dass diese gedroht hätte - selbst herbeigeführt wird, um eine selbstständige Tätigkeit aufzunehmen und zwischenzeitlich Arbeitslosigkeit tatsächlich eingetreten ist, wäre eine Förderung durch ÜG aufgrund einer teleologischen Reduktion des Abs 1 des § 57 SGB III ausgeschlossen, weil insoweit ein bloßes Redaktionsversehen des Gesetzgebers anzunehmen ist (BSG, Urteil vom 24.11.1993, 6 RK a 36/92 = SozR 3-2500 § 98 Nr 5).

Entgegen der Auffassung des SG ergibt sich auch nicht aus Satz 4 des § 57 Abs 3 SGB III im Umkehrschluss, dass in den Fällen, in denen der Arbeitnehmer selbst - ohne eine drohende Arbeitslosigkeit zu vermeiden - kündigt, um eine selbstständige Tätigkeit aufzunehmen, ÜG zu gewähren ist. Nach dieser Vorschrift verkürzt sich die Dauer der Förderung entsprechend der Dauer der Sperrzeit unter Berücksichtigung der bereits verstrichenen Dauer der Sperrzeiten, wenn die Voraussetzungen für ein Ruhen des Anspruchs bei Sperrzeit nach § 144 SGB III vorliegen. Daraus folgert das SG, dass eine eigene Kündigung des Arbeitsverhältnisses lediglich hinsichtlich der Frage des Eintritts einer Sperrzeit nach § 144 SGB III Bedeutung habe, da die eigene Lösung des Arbeitsverhältnisses ohne Anschlussarbeitsverhältnis zum Eintritt einer Sperrzeit führe. Satz 4 des § 57 Abs 3 SGB III rechtfertigt jedoch nicht, die in Abs 1 des § 57 SGB III normierte Zielsetzung " ... Arbeitslosigkeit beenden oder vermeiden ..." zu verneinen. Nach Sinn und Zweck des § 57 SGB III soll das ÜG dazu beitragen, den Lebensunterhalt zuvor arbeitsloser Leistungsbezieher in der Gründungsphase der selbstständigen Existenz zu sichern (Götze in: GK-SGB III, Gemeinschaftskommentar zum Arbeitsförderungsrecht, § 57 Rdnr 5a, Stand: Dezember 2006). Dieses gesetzgeberische Ziel würde ad absurdum geführt, wenn der Anwendungsbereich dieser Vorschrift auch für die Fälle eröffnet wäre, in denen eine abhängige Beschäftigung aufgegeben wird, um sich selbstständig zu machen, ohne dass Arbeitslosigkeit droht. Auch bei der hier vorgenommenen Auslegung des § 57 Abs 1 SGB III (aaO) läuft der Anwendungsbereich des § 57 Abs 3 Satz 4 SGB III nämlich nicht ins Leere. In den hiervon zu unterscheidenden Fallkonstellationen, d.h. soweit die Herbeiführung der Arbeitslosigkeit - wenn auch durch versicherungswidriges Verhalten - nicht erfolgt ist, um eine selbstständige Tätigkeit aufzunehmen, sondern zunächst Arbeitslosigkeit eingetreten ist und der Arbeitslose anschließend in engem zeitlichen Zusammenhang eine selbstständige Tätigkeit aufgenommen hat, bleibt der Anwendungsbereich des § 57 Abs 3 Satz 4 SGB III eröffnet.

Aus den dargelegten Gründen war das Urteil des SG vom 17.01.2007 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe, die Revision zuzulassen, bestehen nicht, § 160 Abs 2 Nrn 1 und 2 SGG.
Rechtskraft
Aus
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