L 10 AL 210/08 NZB

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
10
1. Instanz
SG Nürnberg (FSB)
Aktenzeichen
S 6 AL 95/08
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 10 AL 210/08 NZB
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
I. Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Berufung im Urteil des Sozialgerichts Nürnberg vom 3.Juli 2008 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.



Gründe:

I.
Der Kläger wendet sich gegen die Feststellung einer Sperrzeit vom 10.09.2007 bis 16.09.2007.
Der Kläger, der vom 12.09.2005 bis 09.09.2007 als Realschullehrer beschäftigt war, meldete sich am 14.06.2007 arbeitslos. Mit Bescheid vom 27.11.2007/ Widerspruchsbescheid vom 30.01.2008 stellte die Beklagte den Eintritt einer einwöchigen Sperrzeit fest, da er sich ohne wichtigen Grund nicht spätestens 3 Monate vor Beendigung seines befristeten Arbeitsverhältnisses arbeitssuchend gemeldet habe. Für die Zeit danach bewilligte sie ihm Arbeitslosengeld in Höhe von täglich 44,65 EUR.
Gegen die Feststellung der Sperrzeit hat der Kläger Klage erhoben. Auf die mündliche Verhandlung am 03.07.2008, zu der der Kläger persönlich geladen worden war und in der er die Aufhebung der strittigen Bescheide beantragt hatte, hat das Sozialgericht Nürnberg die Klage abgewiesen. Zutreffend habe die Beklagte das Vorliegen eines wichtigen Grundes für die verspätete Meldung verneint.
Gegen das am 24.07.2008 zugestellte Urteil hat der Kläger mit Schriftsatz vom 18.08.2008 "Revision" eingelegt und am 09.09.2008 erläutert, er wolle Beschwerde bei der zuständigen höheren Stelle gegen das Urteil einlegen. Der am 20.08.2008 per Einschreiben abgesandte Schriftsatz vom 18.08.2008 ist am 29.08.2008 beim Sozialgericht Nürnberg eingegangen. Nach dem richterlichen Hinweis vom 30.09.2008 auf die Verfristung der Beschwerde hat der Kläger am 13.10.2008 mitgeteilt, der Einschreibebrief sei aus nicht nachvollziehbaren Gründen zunächst wieder zum Postamt A-Stadt zurückgesendet worden, bis er erst nach Tagen beim Sozialgericht eingetroffen sei. Dies gehe aus dem vorhandenen Briefkuvert hervor. Zur Begründung seiner Beschwerde hat der Kläger vorgetragen, die Klagesumme übersteige 750,00 EUR, wenn man die zu leistenden Zahlungen zur Renten- und Krankenversicherung dazuzähle. Der zuständige Richter habe in dem Verfahren Fehler gemacht (Übersehen der korrekten Berufungssumme) und sei ihm gegenüber voreingenommen gewesen. Er habe zu Unrecht nicht akzeptiert, dass er vor der Rückmeldung nachweislich in Urlaub gewesen sei.
Die Beklagte hat beantragt, die Beschwerde wegen Verfristung als unzulässig zu verwerfen.

II.
Die Nichtzulassungsbeschwerde ist zulässig, sachlich aber nicht begründet.
Zwar endete die Frist für die Einlegung der Beschwerde einen Monat nach Zustellung des angefochtenen Urteils mit Ablauf des 25.08.2008, sodass der Eingang der Beschwerde am 29.08.2008 verspätet erfolgt ist. Dem Kläger ist jedoch gemäß § 67 SGG Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. Der Kläger war ohne Verschulden verhindert, die gesetzliche Verfahrensfrist einzuhalten. Mit der Absendung der Beschwerde per Einschreiben am 20.08.2008 hat er alles getan, um die Frist zu wahren. Aus welchen Gründen das Einschreiben trotz der Adressierung an das "Sozialgericht Nürnberg, Leiter der Behörde", zurückgesandt worden ist, ist nicht nachvollziehbar. Nach der Kenntnisnahme von dem verspäteten Eingang hat der Kläger binnen eines Monats Antrag auf Wiedereinsetzung gestellt, sodass die Voraussetzungen des § 67 Abs 1 und 2 SGG erfüllt sind.
Es gibt allerdings keinen Grund, die gemäß § 144 Abs 1 Satz 1 Nr 1 SGG wegen des Wertes des Beschwerdegegenstandes ausgeschlossene Berufung zuzulassen.
Zutreffend hat das Sozialgericht festgestellt, dass die Berufungssumme nicht erreicht ist. Dass die Berufung erst ab einem Beschwerdewert in Höhe von 750,00 EUR zulässig ist, ergibt sich aus § 144 Abs 1 Nr 1 SGG in der ab 01.04.2008 geltenden Fassung. Der Wert des Beschwerdegegenstandes liegt hier unterhalb dieser Wertgrenze. Der geltend gemachte Anspruch auf Arbeitslosengeld hatte für die streitigen 7 Kalendertage insgesamt einen Wert von 312,55 EUR (7 x 44,65 EUR). Nicht zu berücksichtigen ist, dass die Bezieher von Arbeitslosengeld in der Renten-, Kranken- und Pflegeversicherung pflichtversichert sind (§§ 3 Satz 1 Nr 3 SGB VI, 5 Abs 1 Nr 2 SGB V, 20 Abs 1 Satz 2 Nr 2 SGB XI) und die Beklagte insofern zur Beitragszahlung für die Arbeitslosengeldempfänger verpflichtet ist (§§ 166 Abs 1 Nr 2, 170 Abs 1 Nr 2b SGB VI, §§ 251 Abs 4a, 252 SGB V, § 60 Abs 1 SGB XI). Wie das Bundessozialgericht in ständiger Rechtsprechung entschieden hat, ist bei einer Geldleistung der Wert des Beschwerdegegenstandes im Berufungsverfahren (§ 144 Abs 1 Satz 1 Nr 1 SGG) lediglich nach dem Geldbetrag zu berechnen, um den unmittelbar gestritten wird. Daher sind die von der Bundesagentur für Arbeit für den Arbeitslosengeldempfänger an andere Sozialversicherungsträger zu entrichtenden Beiträge bei der Ermittlung des Berufungsstreitwerts grundsätzlich nicht zu berücksichtigen (BSG, Urteil vom 27.07.2004, SozR 4-1500 § 144 Nr 2).
Nach § 144 Abs 2 SGG ist die Berufung zuzulassen, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (Nr 1), das Urteil von einer Entscheidung des Landessozialgerichts, des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der Obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht (Nr 2) oder ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann (Nr 3). Diese Voraussetzungen sind hier nicht gegeben.
Das Urteil des Sozialgerichts weicht nicht von einer Entscheidung des Bayer. Landessozialgerichts, des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der Obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts ab. Eine solche Abweichung wird vom Kläger ebenso wenig geltend gemacht wie die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache. Das Urteil des Sozialgerichts leidet auch nicht an dem vom Kläger gerügten Verfahrensmangel.
Ein Verfahrensmangel ist ein Verstoß gegen eine Vorschrift, die das sozialgerichtliche Verfahren regelt. Der Mangel bezieht sich nicht auf den sachlichen Inhalt des Urteils, sodass es nicht um die Richtigkeit der Entscheidung gehen kann, sondern lediglich um das prozessuale Vorgehen des Gerichts auf dem Weg zum Urteil oder die Zulässigkeit des Urteils. In der Rüge der falschen Beurteilung von Berufungssumme und Sachverhalt kann von vorneherein kein Verfahrensmangel liegen. Etwaige Fehler in der Beweiswürdigung sind nicht dem äußeren Verfahrensgang, sondern dem materiellen Recht zuzurechnen (BSG vom 25.04.2001, B 11 AL 27/01 B, SGB 01, 620). Schließlich kann nicht mit Erfolg gerügt werden, der zuständige Richter sei befangen gewesen. Ausweislich des Protokolls der mündlichen Verhandlung vom 03.07.2008 hat der Kläger dort keinen Befangenheitsantrag gestellt, vielmehr sich zur Sache eingelassen und einen Sachantrag gestellt. Gemäß § 60 Abs 1 SGG iVm § 43 ZPO ist die Ablehnung eines Richters nicht mehr zulässig, wenn der Beteiligte sich in eine Verhandlung eingelassen und einen Antrag gestellt hat, ohne den ihm bekannten Ablehnungsgrund geltend zu machen.
Aus diesen Gründen ist die Beschwerde als unbegründet zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 177 SGG). Nach § 145 Abs 4 Satz 5 SGG wird das Urteil des Sozialgerichts mit der Ablehnung der Beschwerde durch das Landessozialgericht rechtskräftig.
Rechtskraft
Aus
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