Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
3
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 5 AL 4743/06
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 3 AL 5182/07
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Beklagten wird zurückgewiesen.
Die Beklagte hat dem Kläger auch die außergerichtlichen Kosten des Berufungsverfahrens zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob der Kläger auch in der Zeit vom 01.09.2006 bis 31.01.2007 Anspruch auf Arbeitslosengeld hat.
Der 1950 geborene Kläger war ab 1990 bei der K. GmbH & Co KG als Bauarbeiter versicherungspflichtig beschäftigt. Vom 13.01.2005 bis 13.07.2006 war er arbeitsunfähig erkrankt. Im Anschluss an die Entgeltfortzahlung bezog er bis zum 13.07.2006 Krankengeld. Einen Antrag des Klägers vom 29.12.2005 auf Rente wegen Erwerbsminderung lehnte die Deutsche Rentenversicherung (DRV) Baden-Württemberg mit Bescheid vom 02.03.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 09.06.2006 ab mit der Begründung, Erwerbsminderung liege nicht vor. Mit Schreiben vom 24.07.2006 kündigte der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis des Klägers zum 31.08.2006; in einem nachfolgenden arbeitsgerichtlichen Verfahren einigten sich die Arbeitsvertragsparteien am 20.12.2006 auf ein Ende des Arbeitsverhältnisses zum 31.01.2007 unter Gewährung eines Abfindung von 2.100,00 EUR.
Am 26.07.2006 meldete sich der Kläger bei der Beklagten mit Wirkung zum 01.09.2006 arbeitslos und beantragte die Gewährung von Arbeitslosengeld.
In der gutachterlichen Äußerung vom 02.08.2006 führte Medizinalrätin Dr. B., Ärztlicher Dienst der Agentur für Arbeit Karlsruhe, unter Auswertung eines Rentengutachtens der DRV Baden-Württemberg vom 24.02.2006 und weiterer ärztlicher Unterlagen aus dem Jahr 2005 aus, der Kläger sei noch vollschichtig leistungsfähig für leichte Tätigkeiten in wechselnder Körperhaltung mit dauerhaft zu beachtenden qualitativen Einschränkungen.
Am 02.08.2006 traten beim Kläger weitere Erkrankungen auf, die stationäre Behandlungen erforderlich machten, und zwar wegen einer akut aufgetretenen Sehstörung vom 02.08.2006 bis 09.08.2006 in der Augenklinik des Klinikums Karlsruhe und wegen unklarer Anämie, Leukozytose und Verdacht auf Nebennierenadenom vom 18.08.2006 bis 11.09.2006 in der I. Medizinischen Klinik des Klinikums Karlsruhe.
Am 31.08.2006 bevollmächtigte er seine Ehefrau, den Antrag auf Arbeitslosengeld für ihn bei der Beklagten abzugeben, da er zur Zeit im Krankenhaus liege. Bis zum 31.08.2006 gewährte ihm der Arbeitgeber Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall. Die Krankenkasse lehnte die Gewährung von Krankengeld mit Bescheid vom 11.09.2006 ab, da der Anspruch des Klägers auf Krankengeld bereits am 13.07.2006 erschöpft gewesen sei.
Mit Bescheid vom 31.08.2006 lehnte die Beklagte die Gewährung von Arbeitslosengeld ab mit der Begründung, der Kläger sei wegen einer Augenerkrankung im Krankenhaus (neue Erkrankung). Die Zahlung von Arbeitslosengeld gemäß § 125 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) sei wegen Aussteuerung nicht möglich, da der Rentenversicherungsträger die EU-Rente bereits abgelehnt und das Vorliegen von Erwerbsminderung verneint habe. Da dem Kläger ein Anspruch auf Krankengeld zuerkannt worden sei, ruhe sein Leistungsanspruch. Den hiergegen mit der Begründung eingelegten Widerspruch, die Krankenkasse habe die Zahlung von Krankengeld verweigert, wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 04.10.2006 zurück. Der Kläger sei seit dem 01.09.2006 gesundheitlich nicht in der Lage, eine Beschäftigung auszuüben. Er habe sich vom 18.08. bis 11.09.2006 in stationärer Krankenhausbehandlung befunden und sei seither weiter krank geschrieben. Bis zum Ende der aktuellen Arbeitsunfähigkeit stehe er den Vermittlungsbemühungen nicht zur Verfügung. Eine Zahlung im Rahmen der Nahtlosigkeitsregelung des § 125 SGB III könne auch nicht erfolgen, da der Kläger nach den Feststellungen des Ärztlichen Dienstes der Agentur für Arbeit – abgesehen von seiner aktuellen Erkrankung – für leichte Tätigkeiten in wechselnder Körperhaltung grundsätzlich vollschichtig leistungsfähig und hierüber bereits eine Entscheidung des zuständigen Rentenversicherungsträgers erfolgt sei.
Dagegen hat der Kläger am 11.10.2006 Klage zum Sozialgericht Karlsruhe (SG) erhoben. Zur Begründung hat er vorgetragen, von September 2006 bis Januar 2007 durchgehend arbeitsunfähig gewesen zu sein. Ihm stehe deshalb ein Anspruch auf Arbeitslosengeld nach § 125 SGB III zu, weil der Rentenversicherungsträger bisher keine verminderte Erwerbsfähigkeit festgestellt habe. Die Begutachtung durch den Ärztlichen Dienst der DRV Baden-Württemberg habe vielmehr ergeben, dass er in der Lage sei, leichte bis gelegentlich mittelschwere Arbeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich auszuüben.
Am 16.01.2007 meldete sich der Kläger erneut arbeitslos und beantragte die Gewährung von Arbeitslosengeld mit Wirkung zum 01.02.2007. In der Arbeitsbescheinigung gab der Arbeitgeber an, der Kläger sei vom 01.09.2006 bis 31.01.2007 arbeitsunfähig erkrankt ohne Lohnfortzahlung gewesen. Die Beklagte bewilligte daraufhin Alg ab dem 01.02.2007 mit einer Anspruchsdauer von zunächst 540 Tagen und, nach Aufhebung des ursprünglichen Bewilligungsbescheides, mit einer Anspruchsdauer von 390 Tagen. In der Folgezeit bezog der Kläger Arbeitslosengeld bis zur Erschöpfung des Anspruchs am 29.02.2008.
Das SG hat die Akten des Rentenverfahrens (S 8 R 2893/06) beigezogen. Danach hat die Augenärztin Dr. R. in der schriftlichen Zeugenauskunft vom 19.09.2006 mitgeteilt, der Visus des Klägers sei bei der Vorstellung am 31.07.2006 auf 10 % eingeschränkt gewesen bei nicht intaktem Gesichtsfeld. Sie habe ihn deshalb in die Städtische Klinik zur Abklärung eingewiesen. Dem Kläger seien leichte Tätigkeiten, die kein gutes Sehvermögen erforderten, von augenärztlicher Seite her durchaus auch im Umfang von sechs Stunden pro Tag möglich gewesen. Er habe jedoch nicht die zuletzt ausgeübte Tätigkeit als Bauarbeiter verrichten können. Ausweislich des Berichts der Augenklinik bestand beim Kläger ein congenitaler Nystagmus sowie eine Sehminderung mit konzentrischer Gesichtsfeldeinengung unklarer Genese. Der Internist Dr. E. hat in der sachverständigen Zeugenaussage vom 11.01.2007 angegeben, der Kläger leide jetzt unter starken depressiven Stimmungsschwankungen und einer psychischen Instabilität, bedingt durch jahrzehntelangen Missbrauch von Alkohol, der seit einem Jahr gestoppt sei. Er sei den Belastungen des allgemeinen Arbeitsmarktes auch bei leichten beruflichen Tätigkeiten nicht mehr gewachsen, es bestehe die Gefahr eines Rückfalls in den Alkoholabusus bei erneuter sozialer Berufsbelastung. Das zeitliche Leistungsvermögen liege unter drei Stunden täglich.
Das SG hat weiter den Entlassungsbericht des Städtischen Klinikums Karlsruhe über die stationären Aufenthalte des Klägers vom 18.08.2006 bis 11.09.2006 beigezogen. Darin wird ausgeführt, die stationäre Aufnahme sei wegen Anämie, Leukozytose sowie zur Abklärung eines ambulant erhobenen Verdachtes auf ein Nebennierenadenom links erfolgt. Vorausgegangen sei ein Aufenthalt in der Augenklinik bei unklarer Visusminderung. Es sei eine ausgeprägte exokrine Pankreasinsuffizienz festgestellt worden. Der Kläger sei in gebessertem Allgemeinzustand in die weitere hausärztliche Betreuung entlassen worden.
Im Gutachten nach Aktenlage vom 19.04.2007 hat Medizinalrätin Dr. B. ausgeführt, nach der Rentenbegutachtung 2006 sei es beim Kläger zu einer ausgeprägten Störung der Bauchspeicheldrüse und einer ausgeprägten Sehminderung gekommen, die eine stationäre Behandlung erforderlich gemacht hätten. Über den weiteren Verlauf lägen keine Unterlagen vor. Der Gutachter der DRV Baden-Württemberg habe deshalb eine erneute medizinische Sachaufklärung empfohlen. Der Kläger könne nur noch täglich weniger als 3 Stunden tätig sein. Die verminderte Leistungsfähigkeit bestehe voraussichtlich länger als sechs Monate, aber nicht auf Dauer.
Mit Urteil vom 24.09.2007 hat das SG den Bescheid der Beklagten vom 31.08.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 04.10.2006 aufgehoben und die Beklagte verurteilt, dem Kläger für die Zeit vom 01.09.2006 bis 31.01.2007 Arbeitslosengeld zu gewähren. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Voraussetzungen für die Gewährung von Arbeitslosengeld hätten vorgelegen. Der Kläger sei seit dem 01.09.2006 beschäftigungslos gewesen und habe auch den Vermittlungsbemühungen der Beklagten zur Verfügung gestanden. Ein Anspruch des Klägers ergebe sich aus § 125 Abs. 1 Satz 1 SGB III. Die Beklagte dürfe nur dann eigenständig über die gesundheitliche Leistungsfähigkeit - als Voraussetzungen der Verfügbarkeit - entscheiden, wenn eine etwaige Leistungsminderung des Versicherten unzweifelhaft nicht länger als sechs Monate andauern werde; denn nur dann scheide eine Rente wegen Erwerbsminderung sicher aus, nur dann bestehe also keine Gefahr eines negativen Kompetenzkonfliktes mit dem Rentenversicherungsträger. Die Fiktion des § 125 SGB III ende erst, wenn der Rentenversicherungsträger eine Erwerbsminderung positiv festgestellt habe. Im vorliegenden Fall habe am 01.09.2006 - dem ersten Tag der Arbeitslosigkeit - nicht zweifelsfrei festgestanden, dass der Kläger innerhalb von sechs Monaten gesundheitlich wieder in der Lage sein werde, eine versicherungspflichtige, mindestens 15 Stunden wöchentlich umfassende Beschäftigung unter den üblichen Bedingungen des Arbeitsmarktes auszuüben. Für diese Prognose sei unbeachtlich, dass sich der Kläger bereits wieder ab dem 01.02.2007 der Arbeitsvermittlung zur Verfügung gestellt habe.
Gegen das am 09.10.2007 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 31.10.2007 Berufung eingelegt. Sie hat vorgetragen, der Kläger habe die Voraussetzungen des § 119 Abs. 5 Nr. 1 SGB III nicht erfüllt, da er nicht in der Lage gewesen sei, eine versicherungspflichtige, mindestens 15 Stunden wöchentlich umfassende zumutbare Beschäftigung unter den üblichen Bedingungen des für ihn in Betracht kommenden Arbeitsmarktes auszuüben, er habe deshalb den Vermittlungsbemühungen der Agentur für Arbeit nicht zur Verfügung gestanden. Auch eine Leistungsgewährung im Rahmen der Nahtlosregelung des § 125 SGB III habe nicht erfolgen können, da eine mehr als sechsmonatige Minderung der Leistungsfähigkeit auf unter 15 Stunden wöchentlich durch die vorliegenden ärztlichen Stellungnahmen nicht hinreichend dokumentiert sei.
Der Senat hat die Akten des Klageverfahrens S 8 R 2893/06 beigezogen. In diesem Verfahren hat das SG nach Einholung eines augenärztlichen Gutachtens vom 06.08.2007, eines orthopädischen Gutachtens vom 06.11.2007 und eines internistischen Gutachtens vom 19.12.2007 mit Gerichtsbescheid vom 06.03.2008 die auf die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung gerichtete Klage abgewiesen mit der Begründung, beim Kläger bestehe ein mindestens sechsstündiges Leistungsvermögen für leichte bis gelegentlich mittelschwere Arbeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 24. September 2007 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Beklagtenakten, der Akten des Verfahrens S 8 R 2893/06 sowie der Gerichtsakten beider Rechtszüge ergänzend Bezug genommen.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung gemäß § 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) einverstanden erklärt.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Beklagten ist zulässig. Berufungsausschließungsgründe nach § 144 Sozialgerichtsgesetz (SGG) liegen nicht vor.
Die Berufung ist jedoch nicht begründet. Der Kläger hat im streitigen Zeitraum wegen seiner Erkrankung den Vermittlungsbemühungen der Agentur für Arbeit zwar nicht zur Verfügung gestanden. Die fehlende Verfügbarkeit des Klägers kann jedoch in der Zeit vom 01.09.2006 bis 31.01.2007 über § 125 SGB III fingiert werden. Auch haben alle sonstigen Voraussetzungen für den Anspruch auf Arbeitslosengeld vorgelegen.
Nach § 118 SGB III haben Arbeitnehmer Anspruch auf Arbeitslosengeld, die arbeitslos sind, sich bei der Agentur für Arbeit arbeitslos gemeldet und die Anwartschaftszeit erfüllt haben. Der Kläger hat unstreitig die Anwartschaftszeit (§ 123 SGB III) erfüllt. Er hat sich auch bei der Agentur für Arbeit am 26.07.2006 persönlich arbeitslos gemeldet.
Arbeitslos ist gem. § 119 Abs. 1 SGB III ein Arbeitnehmer nur dann, wenn er nicht in einem Beschäftigungsverhältnis steht (Beschäftigungslosigkeit), sich bemüht, seine Beschäftigungslosigkeit zu beenden (Eigenbemühungen) und den Vermittlungsbemühungen der Agentur für Arbeit zur Verfügung steht (Verfügbarkeit).
Der Kläger hat den Vermittlungsbemühungen der Beklagten nicht zur Verfügung gestanden. Den Vermittlungsbemühungen der Agentur für Arbeit steht gem. § 119 Abs. 5 Nr. 1 SGB III zur Verfügung, wer eine versicherungspflichtige, mindestens 15 Stunden wöchentlich umfassende zumutbare Beschäftigung unter den üblichen Bedingungen des für ihn in Betracht kommenden Arbeitsmarktes ausüben kann und darf. Der Kläger ist aufgrund der ausgeprägten Störung der Bauchspeicheldrüse im streitigen Zeitraum nicht in der Lage gewesen, eine Beschäftigung in dem genannten zeitlichen Umfang auszuüben.
Allerdings konnte die mangelnde objektive Verfügbarkeit aufgrund der Arbeitsunfähigkeit zum Zeitpunkt des Leistungsbeginns am 01.09.2006 über § 125 Abs. 1 SGB III fingiert werden. Danach hat auch Anspruch auf Arbeitslosengeld, wer allein deshalb nicht arbeitslos ist, weil er wegen einer mehr als sechsmonatigen Minderung seiner Leistungsfähigkeit versicherungspflichtige, mindestens 15 Stunden wöchentlich umfassende Beschäftigungen nicht unter den Bedingungen ausüben kann, die auf dem für ihn in Betracht kommenden Arbeitsmarkt ohne Berücksichtigung der Minderung der Leistungsfähigkeit üblich sind, wenn verminderte Erwerbsfähigkeit im Sinne der gesetzlichen Rentenversicherung nicht festgestellt worden ist (§ 125 Abs. 1 Satz 1 SGB III).
Zwar gilt die Fiktion des § 125 SGB III gemäß § 125 Abs. 1 Satz 2 SGB III nur bis zur Entscheidung des zuständigen Trägers der gesetzlichen Rentenversicherung über das Vorliegen verminderter Erwerbsfähigkeit. Dieser hat mit Bescheid vom 02.03.2006 den Antrag des Klägers auf Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung abgelehnt mit der Begründung, beim Kläger liege Erwerbsminderung nicht vor, er könne noch mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein. Die Anwendung des § 125 SGB III ist damit grundsätzlich ausgeschlossen. Es ist jedoch, nachdem der Rentenversicherungsträger seine Leistungsbeurteilung getroffen hat, eine wesentliche Änderung in den tatsächlichen Verhältnissen dadurch eingetreten, dass sich der Gesundheitszustand des Klägers verschlechtert hat. Wegen einer im August 2007 neu aufgetretenen Visusminderung und wegen Anämie, Leukozytose und des Verdachts auf ein Nebennierenadenom sind stationäre Behandlungen des Klägers vom 02.08.2007 bis 08.08.2007 und vom 18.08.2007 bis 11.09.2007 erfolgt. Zum Zeitpunkt des Eintritts der Arbeitslosigkeit war deshalb nicht auszuschließen, dass die Leistungsfähigkeit des Klägers mehr als sechs Monate gemindert ist. Bei der prognostischen Betrachtung der Leistungsminderung ist auf den ersten Tag der Leistungsminderung abzustellen (Behrend in Eicher/Schlegel, SGB III, § 125 Rn. 30). Auch hat die Beklagte in eigener Verantwortung Ermittlungen zur prognostischen Betrachtung des gesundheitlichen Zustandes anzustellen (BSG, Urteil vom 10.05.2007 - B 7a AL 30/60 R - in juris). Dementsprechend hat auch die Prüfärztin der Beklagten im Gutachten nach Aktenlage vom 19.04.2007 ausgeführt, beim Kläger sei es im August/September zu einer ausgeprägten Störung der Bauchspeicheldrüse und einer ausgeprägten Sehminderung gekommen. Der Kläger sei bis zum Abschluss der weiteren medizinischen Sachverhaltsaufklärung als leistungsunfähig für alle Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt anzusehen. Es bestehe voraussichtlich länger als sechs Monate, aber nicht auf Dauer, ein unter dreistündiges Leistungsvermögen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt. Diese Leistungsbeurteilung hat sich ausdrücklich auf die Zeit ab August/September 2006 und damit auf den streitigen Zeitraum bezogen.
Der Kläger hat auch in keinem Beschäftigungsverhältnis mehr gestanden. Insoweit wird auf die Ausführungen im angefochtenen Urteil gem. § 153 Abs. 2 SGG Bezug genommen. Ergänzend ist auszuführen, dass einem Anspruch auf Arbeitslosengeld nicht entgegensteht, dass das Arbeitsverhältnis erst zum 31.01.2007 geendet hat. Der Anspruch auf Arbeitslosengeld setzt nämlich lediglich Beschäftigungslosigkeit voraus. Leistungsrechtlich steht ein Arbeitnehmer nicht in einem Beschäftigungsverhältnis, wenn der Arbeitgeber – trotz fortbestehenden Arbeitsverhältnisses - seine Verfügungsgewalt über den Arbeitnehmer nicht mehr beansprucht. Auch ein langfristig arbeitsunfähig erkrankter Versicherter, dessen Arbeitsverhältnis noch besteht, kann während der tatsächlichen Beschäftigungslosigkeit "beschäftigungslos" im Sinne von § 118 SGB III sein (Brand in Niesel, SGB III, § 118 Rn. 17). So verhält es sich hier. Der Arbeitgeber hat – über die Arbeitsunfähigkeit hinaus – die Dienste des Klägers spätestens nach der von ihm ausgesprochenen Kündigung nicht mehr in Anspruch genommen.
Unbeachtlich ist, dass der Kläger eine Abfindung wegen des Verlusts des Arbeitsplatzes erhalten hat. Gem. § 143a Abs. 1 SGB III beginnt das Ruhen des Anspruchs auf Arbeitslosengeld wegen einer Entlassungsentschädigung erst mit dem Ende des Arbeitsverhältnisses. Das Arbeitsverhältnis des Klägers hat erst zum 31.01.2007 geendet; hierbei ist zudem die für das Arbeitsverhältnis geltende Kündigungsfrist eingehalten worden.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Die Beklagte hat dem Kläger auch die außergerichtlichen Kosten des Berufungsverfahrens zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob der Kläger auch in der Zeit vom 01.09.2006 bis 31.01.2007 Anspruch auf Arbeitslosengeld hat.
Der 1950 geborene Kläger war ab 1990 bei der K. GmbH & Co KG als Bauarbeiter versicherungspflichtig beschäftigt. Vom 13.01.2005 bis 13.07.2006 war er arbeitsunfähig erkrankt. Im Anschluss an die Entgeltfortzahlung bezog er bis zum 13.07.2006 Krankengeld. Einen Antrag des Klägers vom 29.12.2005 auf Rente wegen Erwerbsminderung lehnte die Deutsche Rentenversicherung (DRV) Baden-Württemberg mit Bescheid vom 02.03.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 09.06.2006 ab mit der Begründung, Erwerbsminderung liege nicht vor. Mit Schreiben vom 24.07.2006 kündigte der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis des Klägers zum 31.08.2006; in einem nachfolgenden arbeitsgerichtlichen Verfahren einigten sich die Arbeitsvertragsparteien am 20.12.2006 auf ein Ende des Arbeitsverhältnisses zum 31.01.2007 unter Gewährung eines Abfindung von 2.100,00 EUR.
Am 26.07.2006 meldete sich der Kläger bei der Beklagten mit Wirkung zum 01.09.2006 arbeitslos und beantragte die Gewährung von Arbeitslosengeld.
In der gutachterlichen Äußerung vom 02.08.2006 führte Medizinalrätin Dr. B., Ärztlicher Dienst der Agentur für Arbeit Karlsruhe, unter Auswertung eines Rentengutachtens der DRV Baden-Württemberg vom 24.02.2006 und weiterer ärztlicher Unterlagen aus dem Jahr 2005 aus, der Kläger sei noch vollschichtig leistungsfähig für leichte Tätigkeiten in wechselnder Körperhaltung mit dauerhaft zu beachtenden qualitativen Einschränkungen.
Am 02.08.2006 traten beim Kläger weitere Erkrankungen auf, die stationäre Behandlungen erforderlich machten, und zwar wegen einer akut aufgetretenen Sehstörung vom 02.08.2006 bis 09.08.2006 in der Augenklinik des Klinikums Karlsruhe und wegen unklarer Anämie, Leukozytose und Verdacht auf Nebennierenadenom vom 18.08.2006 bis 11.09.2006 in der I. Medizinischen Klinik des Klinikums Karlsruhe.
Am 31.08.2006 bevollmächtigte er seine Ehefrau, den Antrag auf Arbeitslosengeld für ihn bei der Beklagten abzugeben, da er zur Zeit im Krankenhaus liege. Bis zum 31.08.2006 gewährte ihm der Arbeitgeber Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall. Die Krankenkasse lehnte die Gewährung von Krankengeld mit Bescheid vom 11.09.2006 ab, da der Anspruch des Klägers auf Krankengeld bereits am 13.07.2006 erschöpft gewesen sei.
Mit Bescheid vom 31.08.2006 lehnte die Beklagte die Gewährung von Arbeitslosengeld ab mit der Begründung, der Kläger sei wegen einer Augenerkrankung im Krankenhaus (neue Erkrankung). Die Zahlung von Arbeitslosengeld gemäß § 125 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) sei wegen Aussteuerung nicht möglich, da der Rentenversicherungsträger die EU-Rente bereits abgelehnt und das Vorliegen von Erwerbsminderung verneint habe. Da dem Kläger ein Anspruch auf Krankengeld zuerkannt worden sei, ruhe sein Leistungsanspruch. Den hiergegen mit der Begründung eingelegten Widerspruch, die Krankenkasse habe die Zahlung von Krankengeld verweigert, wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 04.10.2006 zurück. Der Kläger sei seit dem 01.09.2006 gesundheitlich nicht in der Lage, eine Beschäftigung auszuüben. Er habe sich vom 18.08. bis 11.09.2006 in stationärer Krankenhausbehandlung befunden und sei seither weiter krank geschrieben. Bis zum Ende der aktuellen Arbeitsunfähigkeit stehe er den Vermittlungsbemühungen nicht zur Verfügung. Eine Zahlung im Rahmen der Nahtlosigkeitsregelung des § 125 SGB III könne auch nicht erfolgen, da der Kläger nach den Feststellungen des Ärztlichen Dienstes der Agentur für Arbeit – abgesehen von seiner aktuellen Erkrankung – für leichte Tätigkeiten in wechselnder Körperhaltung grundsätzlich vollschichtig leistungsfähig und hierüber bereits eine Entscheidung des zuständigen Rentenversicherungsträgers erfolgt sei.
Dagegen hat der Kläger am 11.10.2006 Klage zum Sozialgericht Karlsruhe (SG) erhoben. Zur Begründung hat er vorgetragen, von September 2006 bis Januar 2007 durchgehend arbeitsunfähig gewesen zu sein. Ihm stehe deshalb ein Anspruch auf Arbeitslosengeld nach § 125 SGB III zu, weil der Rentenversicherungsträger bisher keine verminderte Erwerbsfähigkeit festgestellt habe. Die Begutachtung durch den Ärztlichen Dienst der DRV Baden-Württemberg habe vielmehr ergeben, dass er in der Lage sei, leichte bis gelegentlich mittelschwere Arbeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich auszuüben.
Am 16.01.2007 meldete sich der Kläger erneut arbeitslos und beantragte die Gewährung von Arbeitslosengeld mit Wirkung zum 01.02.2007. In der Arbeitsbescheinigung gab der Arbeitgeber an, der Kläger sei vom 01.09.2006 bis 31.01.2007 arbeitsunfähig erkrankt ohne Lohnfortzahlung gewesen. Die Beklagte bewilligte daraufhin Alg ab dem 01.02.2007 mit einer Anspruchsdauer von zunächst 540 Tagen und, nach Aufhebung des ursprünglichen Bewilligungsbescheides, mit einer Anspruchsdauer von 390 Tagen. In der Folgezeit bezog der Kläger Arbeitslosengeld bis zur Erschöpfung des Anspruchs am 29.02.2008.
Das SG hat die Akten des Rentenverfahrens (S 8 R 2893/06) beigezogen. Danach hat die Augenärztin Dr. R. in der schriftlichen Zeugenauskunft vom 19.09.2006 mitgeteilt, der Visus des Klägers sei bei der Vorstellung am 31.07.2006 auf 10 % eingeschränkt gewesen bei nicht intaktem Gesichtsfeld. Sie habe ihn deshalb in die Städtische Klinik zur Abklärung eingewiesen. Dem Kläger seien leichte Tätigkeiten, die kein gutes Sehvermögen erforderten, von augenärztlicher Seite her durchaus auch im Umfang von sechs Stunden pro Tag möglich gewesen. Er habe jedoch nicht die zuletzt ausgeübte Tätigkeit als Bauarbeiter verrichten können. Ausweislich des Berichts der Augenklinik bestand beim Kläger ein congenitaler Nystagmus sowie eine Sehminderung mit konzentrischer Gesichtsfeldeinengung unklarer Genese. Der Internist Dr. E. hat in der sachverständigen Zeugenaussage vom 11.01.2007 angegeben, der Kläger leide jetzt unter starken depressiven Stimmungsschwankungen und einer psychischen Instabilität, bedingt durch jahrzehntelangen Missbrauch von Alkohol, der seit einem Jahr gestoppt sei. Er sei den Belastungen des allgemeinen Arbeitsmarktes auch bei leichten beruflichen Tätigkeiten nicht mehr gewachsen, es bestehe die Gefahr eines Rückfalls in den Alkoholabusus bei erneuter sozialer Berufsbelastung. Das zeitliche Leistungsvermögen liege unter drei Stunden täglich.
Das SG hat weiter den Entlassungsbericht des Städtischen Klinikums Karlsruhe über die stationären Aufenthalte des Klägers vom 18.08.2006 bis 11.09.2006 beigezogen. Darin wird ausgeführt, die stationäre Aufnahme sei wegen Anämie, Leukozytose sowie zur Abklärung eines ambulant erhobenen Verdachtes auf ein Nebennierenadenom links erfolgt. Vorausgegangen sei ein Aufenthalt in der Augenklinik bei unklarer Visusminderung. Es sei eine ausgeprägte exokrine Pankreasinsuffizienz festgestellt worden. Der Kläger sei in gebessertem Allgemeinzustand in die weitere hausärztliche Betreuung entlassen worden.
Im Gutachten nach Aktenlage vom 19.04.2007 hat Medizinalrätin Dr. B. ausgeführt, nach der Rentenbegutachtung 2006 sei es beim Kläger zu einer ausgeprägten Störung der Bauchspeicheldrüse und einer ausgeprägten Sehminderung gekommen, die eine stationäre Behandlung erforderlich gemacht hätten. Über den weiteren Verlauf lägen keine Unterlagen vor. Der Gutachter der DRV Baden-Württemberg habe deshalb eine erneute medizinische Sachaufklärung empfohlen. Der Kläger könne nur noch täglich weniger als 3 Stunden tätig sein. Die verminderte Leistungsfähigkeit bestehe voraussichtlich länger als sechs Monate, aber nicht auf Dauer.
Mit Urteil vom 24.09.2007 hat das SG den Bescheid der Beklagten vom 31.08.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 04.10.2006 aufgehoben und die Beklagte verurteilt, dem Kläger für die Zeit vom 01.09.2006 bis 31.01.2007 Arbeitslosengeld zu gewähren. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Voraussetzungen für die Gewährung von Arbeitslosengeld hätten vorgelegen. Der Kläger sei seit dem 01.09.2006 beschäftigungslos gewesen und habe auch den Vermittlungsbemühungen der Beklagten zur Verfügung gestanden. Ein Anspruch des Klägers ergebe sich aus § 125 Abs. 1 Satz 1 SGB III. Die Beklagte dürfe nur dann eigenständig über die gesundheitliche Leistungsfähigkeit - als Voraussetzungen der Verfügbarkeit - entscheiden, wenn eine etwaige Leistungsminderung des Versicherten unzweifelhaft nicht länger als sechs Monate andauern werde; denn nur dann scheide eine Rente wegen Erwerbsminderung sicher aus, nur dann bestehe also keine Gefahr eines negativen Kompetenzkonfliktes mit dem Rentenversicherungsträger. Die Fiktion des § 125 SGB III ende erst, wenn der Rentenversicherungsträger eine Erwerbsminderung positiv festgestellt habe. Im vorliegenden Fall habe am 01.09.2006 - dem ersten Tag der Arbeitslosigkeit - nicht zweifelsfrei festgestanden, dass der Kläger innerhalb von sechs Monaten gesundheitlich wieder in der Lage sein werde, eine versicherungspflichtige, mindestens 15 Stunden wöchentlich umfassende Beschäftigung unter den üblichen Bedingungen des Arbeitsmarktes auszuüben. Für diese Prognose sei unbeachtlich, dass sich der Kläger bereits wieder ab dem 01.02.2007 der Arbeitsvermittlung zur Verfügung gestellt habe.
Gegen das am 09.10.2007 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 31.10.2007 Berufung eingelegt. Sie hat vorgetragen, der Kläger habe die Voraussetzungen des § 119 Abs. 5 Nr. 1 SGB III nicht erfüllt, da er nicht in der Lage gewesen sei, eine versicherungspflichtige, mindestens 15 Stunden wöchentlich umfassende zumutbare Beschäftigung unter den üblichen Bedingungen des für ihn in Betracht kommenden Arbeitsmarktes auszuüben, er habe deshalb den Vermittlungsbemühungen der Agentur für Arbeit nicht zur Verfügung gestanden. Auch eine Leistungsgewährung im Rahmen der Nahtlosregelung des § 125 SGB III habe nicht erfolgen können, da eine mehr als sechsmonatige Minderung der Leistungsfähigkeit auf unter 15 Stunden wöchentlich durch die vorliegenden ärztlichen Stellungnahmen nicht hinreichend dokumentiert sei.
Der Senat hat die Akten des Klageverfahrens S 8 R 2893/06 beigezogen. In diesem Verfahren hat das SG nach Einholung eines augenärztlichen Gutachtens vom 06.08.2007, eines orthopädischen Gutachtens vom 06.11.2007 und eines internistischen Gutachtens vom 19.12.2007 mit Gerichtsbescheid vom 06.03.2008 die auf die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung gerichtete Klage abgewiesen mit der Begründung, beim Kläger bestehe ein mindestens sechsstündiges Leistungsvermögen für leichte bis gelegentlich mittelschwere Arbeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 24. September 2007 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Beklagtenakten, der Akten des Verfahrens S 8 R 2893/06 sowie der Gerichtsakten beider Rechtszüge ergänzend Bezug genommen.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung gemäß § 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) einverstanden erklärt.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Beklagten ist zulässig. Berufungsausschließungsgründe nach § 144 Sozialgerichtsgesetz (SGG) liegen nicht vor.
Die Berufung ist jedoch nicht begründet. Der Kläger hat im streitigen Zeitraum wegen seiner Erkrankung den Vermittlungsbemühungen der Agentur für Arbeit zwar nicht zur Verfügung gestanden. Die fehlende Verfügbarkeit des Klägers kann jedoch in der Zeit vom 01.09.2006 bis 31.01.2007 über § 125 SGB III fingiert werden. Auch haben alle sonstigen Voraussetzungen für den Anspruch auf Arbeitslosengeld vorgelegen.
Nach § 118 SGB III haben Arbeitnehmer Anspruch auf Arbeitslosengeld, die arbeitslos sind, sich bei der Agentur für Arbeit arbeitslos gemeldet und die Anwartschaftszeit erfüllt haben. Der Kläger hat unstreitig die Anwartschaftszeit (§ 123 SGB III) erfüllt. Er hat sich auch bei der Agentur für Arbeit am 26.07.2006 persönlich arbeitslos gemeldet.
Arbeitslos ist gem. § 119 Abs. 1 SGB III ein Arbeitnehmer nur dann, wenn er nicht in einem Beschäftigungsverhältnis steht (Beschäftigungslosigkeit), sich bemüht, seine Beschäftigungslosigkeit zu beenden (Eigenbemühungen) und den Vermittlungsbemühungen der Agentur für Arbeit zur Verfügung steht (Verfügbarkeit).
Der Kläger hat den Vermittlungsbemühungen der Beklagten nicht zur Verfügung gestanden. Den Vermittlungsbemühungen der Agentur für Arbeit steht gem. § 119 Abs. 5 Nr. 1 SGB III zur Verfügung, wer eine versicherungspflichtige, mindestens 15 Stunden wöchentlich umfassende zumutbare Beschäftigung unter den üblichen Bedingungen des für ihn in Betracht kommenden Arbeitsmarktes ausüben kann und darf. Der Kläger ist aufgrund der ausgeprägten Störung der Bauchspeicheldrüse im streitigen Zeitraum nicht in der Lage gewesen, eine Beschäftigung in dem genannten zeitlichen Umfang auszuüben.
Allerdings konnte die mangelnde objektive Verfügbarkeit aufgrund der Arbeitsunfähigkeit zum Zeitpunkt des Leistungsbeginns am 01.09.2006 über § 125 Abs. 1 SGB III fingiert werden. Danach hat auch Anspruch auf Arbeitslosengeld, wer allein deshalb nicht arbeitslos ist, weil er wegen einer mehr als sechsmonatigen Minderung seiner Leistungsfähigkeit versicherungspflichtige, mindestens 15 Stunden wöchentlich umfassende Beschäftigungen nicht unter den Bedingungen ausüben kann, die auf dem für ihn in Betracht kommenden Arbeitsmarkt ohne Berücksichtigung der Minderung der Leistungsfähigkeit üblich sind, wenn verminderte Erwerbsfähigkeit im Sinne der gesetzlichen Rentenversicherung nicht festgestellt worden ist (§ 125 Abs. 1 Satz 1 SGB III).
Zwar gilt die Fiktion des § 125 SGB III gemäß § 125 Abs. 1 Satz 2 SGB III nur bis zur Entscheidung des zuständigen Trägers der gesetzlichen Rentenversicherung über das Vorliegen verminderter Erwerbsfähigkeit. Dieser hat mit Bescheid vom 02.03.2006 den Antrag des Klägers auf Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung abgelehnt mit der Begründung, beim Kläger liege Erwerbsminderung nicht vor, er könne noch mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein. Die Anwendung des § 125 SGB III ist damit grundsätzlich ausgeschlossen. Es ist jedoch, nachdem der Rentenversicherungsträger seine Leistungsbeurteilung getroffen hat, eine wesentliche Änderung in den tatsächlichen Verhältnissen dadurch eingetreten, dass sich der Gesundheitszustand des Klägers verschlechtert hat. Wegen einer im August 2007 neu aufgetretenen Visusminderung und wegen Anämie, Leukozytose und des Verdachts auf ein Nebennierenadenom sind stationäre Behandlungen des Klägers vom 02.08.2007 bis 08.08.2007 und vom 18.08.2007 bis 11.09.2007 erfolgt. Zum Zeitpunkt des Eintritts der Arbeitslosigkeit war deshalb nicht auszuschließen, dass die Leistungsfähigkeit des Klägers mehr als sechs Monate gemindert ist. Bei der prognostischen Betrachtung der Leistungsminderung ist auf den ersten Tag der Leistungsminderung abzustellen (Behrend in Eicher/Schlegel, SGB III, § 125 Rn. 30). Auch hat die Beklagte in eigener Verantwortung Ermittlungen zur prognostischen Betrachtung des gesundheitlichen Zustandes anzustellen (BSG, Urteil vom 10.05.2007 - B 7a AL 30/60 R - in juris). Dementsprechend hat auch die Prüfärztin der Beklagten im Gutachten nach Aktenlage vom 19.04.2007 ausgeführt, beim Kläger sei es im August/September zu einer ausgeprägten Störung der Bauchspeicheldrüse und einer ausgeprägten Sehminderung gekommen. Der Kläger sei bis zum Abschluss der weiteren medizinischen Sachverhaltsaufklärung als leistungsunfähig für alle Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt anzusehen. Es bestehe voraussichtlich länger als sechs Monate, aber nicht auf Dauer, ein unter dreistündiges Leistungsvermögen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt. Diese Leistungsbeurteilung hat sich ausdrücklich auf die Zeit ab August/September 2006 und damit auf den streitigen Zeitraum bezogen.
Der Kläger hat auch in keinem Beschäftigungsverhältnis mehr gestanden. Insoweit wird auf die Ausführungen im angefochtenen Urteil gem. § 153 Abs. 2 SGG Bezug genommen. Ergänzend ist auszuführen, dass einem Anspruch auf Arbeitslosengeld nicht entgegensteht, dass das Arbeitsverhältnis erst zum 31.01.2007 geendet hat. Der Anspruch auf Arbeitslosengeld setzt nämlich lediglich Beschäftigungslosigkeit voraus. Leistungsrechtlich steht ein Arbeitnehmer nicht in einem Beschäftigungsverhältnis, wenn der Arbeitgeber – trotz fortbestehenden Arbeitsverhältnisses - seine Verfügungsgewalt über den Arbeitnehmer nicht mehr beansprucht. Auch ein langfristig arbeitsunfähig erkrankter Versicherter, dessen Arbeitsverhältnis noch besteht, kann während der tatsächlichen Beschäftigungslosigkeit "beschäftigungslos" im Sinne von § 118 SGB III sein (Brand in Niesel, SGB III, § 118 Rn. 17). So verhält es sich hier. Der Arbeitgeber hat – über die Arbeitsunfähigkeit hinaus – die Dienste des Klägers spätestens nach der von ihm ausgesprochenen Kündigung nicht mehr in Anspruch genommen.
Unbeachtlich ist, dass der Kläger eine Abfindung wegen des Verlusts des Arbeitsplatzes erhalten hat. Gem. § 143a Abs. 1 SGB III beginnt das Ruhen des Anspruchs auf Arbeitslosengeld wegen einer Entlassungsentschädigung erst mit dem Ende des Arbeitsverhältnisses. Das Arbeitsverhältnis des Klägers hat erst zum 31.01.2007 geendet; hierbei ist zudem die für das Arbeitsverhältnis geltende Kündigungsfrist eingehalten worden.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
Login
BWB
Saved