Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
6
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 5 AL 6878/03
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 6 AL 93/05
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Berlin vom 03. Januar 2005 wird zurückgewiesen. Außergerichtlichen Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Der 1979 geborene, griechische Kläger begehrt von der Beklagten Insolvenzgeld.
Er stand vom 10. Januar bis jedenfalls zum 11. Februar 2001 in einem Beschäftigungsverhältnis mit der S-GmbH, Eisenflechtergewerbe sowie Abriss und Rohbau, mit Sitz in B (im Folgenden GmbH). Laut Arbeitsvertrag vom 10. Januar 2001 (Bl 3 der Arbeitsgerichtsakte 14 Ca 27242/01) betrugen die wöchentliche Arbeitszeit 40 Stunden und der Arbeitslohn 19,- DM/Stunde (brutto). Nach den Angaben des Klägers war außerdem eine monatliche Fahrtkostenpauschale von 300,- DM vereinbart. Er hat ferner angegeben, in der genannten Zeit für die GmbH insgesamt 178 Stunden als Bauarbeiter in K E bei der Firma S gearbeitet und dafür bis zu seinem letzten Arbeitstag Abschlagzahlungen in Höhe von insgesamt 1100,- DM erhalten zu haben. Eine Kündigung des Arbeitsverhältnisses ist nicht erfolgt.
Mit Schreiben vom 19. Februar 2001 forderte der Kläger die GmbH unter Fristsetzung zum 28. des Monats ua auf, das Arbeitsverhältnis ordnungsgemäß abzurechnen und ihn - wie ihm von Arbeitgeberseite versprochen und von ihm dort bereits mehrfach, bei verschiedenen Ansprechpartnern angemahnt - bei den Sozialversicherungsträgern anzumelden. Seine Befürchtungen, dass keine Sozialabgaben bezahlt worden seien, hätten sich bewahrheitet. Man habe ihn anscheinend auch nicht, wie gleichfalls zugesagt, polizeilich angemeldet (Bl 4 der Arbeitsgerichtsakte). Nachdem darauf keine Reaktion erfolgt war, beauftragte der Kläger Rechtsanwalt I G aus R jedenfalls mit der Durchsetzung seiner arbeitsrechtlichen Ansprüche gegen die GmbH, die nach späteren Ermittlungen der Beklagten ihre Betriebstätigkeit am 28. Februar 2001 eingestellt hatte.
Dieser erhob am 02. April 2001 namens des Klägers vor dem Arbeitsgericht (ArbG) K, das den Rechtsstreit an das wegen des Firmensitzes der GmbH örtlich zuständige ArbG B verwies (dortiges Az ), Klage gegen die GmbH auf Zahlung ausstehenden Lohnes für die Zeit vom 10. Januar bis zum 11. Februar 2001, auf Herausgabe der Arbeitspapiere, auf Erteilung einer ordnungsgemäßem Abrechnung für den genannten Zeitraum sowie auf Erbringung eines Nachweises für die Abführung der Sozialversicherungsabgaben. Im Termin am 29. Oktober 2001, zu dem für die GmbH niemand erschienen war – Klageschrift und Ladung waren unter der Privatanschrift des Geschäftsführers S-C-Straße , Quergebäude, Etage links, B, zugestellt worden, nachdem zuvor Zustellungen am im Arbeitsvertrag genannten Firmensitz sowie unter einer daraufhin von Klägerseite genannten früheren Privatanschrift des Geschäftsführers fehlgeschlagen waren -, erließ das ArbG B antragsgemäß Versäumnisurteil, gegen das kein Einspruch eingelegt wurde, woraufhin sich Rechtsanwalt G erfolglos um Zwangsvollstreckung bemühte. Am 22. Januar 2002 erhielt er mit Schreiben des beauftragten Gerichtsvollziehers vom Vortag die Vollstreckungsunterlagen mit dem Hinweis zurück, der Schuldner sei unter der angegebenen Anschrift nicht mehr wohnhaft bzw geschäftsansässig, vielmehr laut Auskunft des Nachbarn unbekannten Aufenthalts (Bl 27 der Gerichtsakten). Sodann fragte Rechtsanwalt G mit Schreiben vom 03. Juni 2002 bei dem Amtsgericht (AG) C (Insolvenzgericht) wegen eines Insolvenzverfahrens der GmbH an, worauf dieses unter dem 07. Juni 2002 (zutreffend) mitteilte, dass es bereits mit Beschluss vom 13. März 2002 die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens mangels Masse abgelehnt hatte. Daraufhin beantragte Rechtsanwalt G mit am 12. Juni 2002 bei der Beklagten eingegangenem Schreiben vom 10. des Monats namens des Klägers die Zahlung von Insolvenzgeld im Hinblick auf die noch ausstehenden Lohn- und Fahrtkostenzahlungen. Den entsprechenden Formantrag füllte der Kläger im Oktober 2002 in Griechenland aus.
Die Beklagte lehnte diesen Antrag mit Bescheid vom 25. Februar 2003 mit der Begründung ab, der Kläger habe die zweimonatige Ausschlussfrist des § 324 Abs 3 Satz 1 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) versäumt. Da die vollständige Beendigung der Betriebstätigkeit der GmbH am 28. Februar 2001 erfolgt sei, sei der 01. März 2001 der maßgebliche Insolvenztag. Die Ausschlussfrist habe demnach am 05. Mai 2001 geendet. Da der Kläger seinen Antrag erst danach gestellt und sich nicht mit der gebotenen Sorgfalt um die Durchsetzung seiner Ansprüche bemüht habe, habe er auf Insolvenzgeld keinen Anspruch. Der Widerspruch des wiederum von Rechtsanwalt G vertretenen Klägers blieb erfolglos (der Widerspruchsbescheid, Bl 18 des Insolvenzgeldvorgangs der Beklagten, ist undatiert).
Im Klageverfahren vor dem Sozialgericht (SG) Berlin (S 53 AL 6878/03) hat der (auch hier von Rechtsanwalt G vertretene) Kläger insbesondere geltend gemacht, dass er die verspätete Antragstellung nicht zu vertreten habe. Er habe sich in Griechenland aufgehalten und daher keine Kenntnis von der Insolvenz der GmbH gehabt. Die zweimonatige Nachfrist des § 324 Abs 3 Satz 2 SGB III, die mit der Kenntnis seines Bevollmächtigten von der Insolvenz der GmbH am 07. Juni 2002 zu laufen begonnen habe, habe er eingehalten.
Das SG hat die Klage mit Gerichtsbescheid vom 03. Januar 2005 unter Bezugnahme auf die Gründe des angefochtenen Bescheides abgewiesen und ergänzend ausgeführt: Der Kläger habe die zweimonatige Ausschlussfrist des § 324 Abs 3 Satz 1 SGB III selbst dann versäumt, wenn man vom 13. März 2002, dem Datum des Beschlusses des AG Charlottenburg als maßgeblichen Insolvenzereignisses ausgehe. Ihm könne die Nachfrist des § 324 Abs 3 Satz 2 SGB III nicht gewährt werden, da er die Versäumung der Frist des Satzes 1 der Vorschrift zu vertreten habe. Bei sorgfältiger Verfolgung seiner Interessen hätte er sich bedeutend früher um die Beantragung von Insolvenzgeld kümmern müssen. Bereits die Umstände seines Ausscheidens aus der GmbH hätten auf deren Insolvenz hingedeutet und ihn zu entsprechenden Nachforschungen oder zur vorsorglichen Beantragung von Insolvenzgeld veranlassen müssen. Insbesondere hätte ihn schon die Nichtzahlung von Lohn in Verbindung mit der nicht ordnungsgemäßen Herausgabe der Arbeitspapiere stutzig machen müssen. Zudem habe er frühzeitig angezweifelt, ob er überhaupt sozialversicherungsrechtlich angemeldet worden sei. Für eine Insolvenz habe ferner gesprochen, dass sich vonseiten der GmbH niemand für den arbeitsgerichtlichen Prozess interessiert habe und sie bei den Vollstreckungsversuchen nicht habe ausfindig gemacht werden können.
Mit seiner Berufung verfolgt der Kläger sein erstinstanzliches Begehren mit der Begründung weiter, ihm sei die Nachfrist einzuräumen, da er sich Schritt für Schritt und mit großer Sorgfalt um die Durchsetzung seiner Ansprüche bemüht habe bzw der von ihm beauftragte Rechtsanwalt G dies getan habe.
Der Kläger beantragt, den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Berlin vom 03. Januar 2005 und den Bescheid vom 25. Februar 2003 in der Fassung des (undatierten) Widerspruchsbescheides aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm wegen offener Lohn- und Fahrtkostenforderungen aus der Zeit seiner Beschäftigung bei der S-GmbH vom 10. Januar bis zum 11. Februar 2001 Insolvenzgeld in gesetzlicher Höhe zu gewähren.
Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die angefochtene Entscheidung des SG für zutreffend.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt (§ 124 Abs 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG)).
Hinsichtlich des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte, insbesondere die zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze, den den Kläger betreffenden Insolvenzgeldvorgang der Beklagten sowie die Akte des ArbG B , die vorgelegen haben und Gegenstand der Beratung gewesen sind, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung ist nicht begründet.
Dem Kläger steht der mit der erhobenen Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs 1 und 4 SGG) geltend gemachte Anspruch auf Insolvenzgeld für die Zeit vom 10. Januar bis zum 11. Februar 2001 nicht zu, weil er den entsprechenden Leistungsantrag verspätet gestellt hat.
Nach § 183 Abs 1 Satz 1 SGB III in der ab dem 01. Januar 2002 maßgeblichen Fassung (im Folgenden ohne diesen Zusatz zitiert) haben Arbeitnehmer Anspruch auf Insolvenzgeld, wenn sie im Inland beschäftigt waren und bei
1. Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen ihres Arbeitgebers, 2. Abweisung des Antrags auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens mangels Masse oder 3. vollständiger Beendigung der Betriebstätigkeit im Inland, wenn ein Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens nicht gestellt worden ist und ein Insolvenzverfahren offensichtlich mangels Masse nicht in Betracht kommt,
(Insolvenzereignis) für die vorausgehenden drei Monate des Arbeitsverhältnisses noch Ansprüche auf Arbeitsentgelt haben. Insolvenzgeld ist innerhalb einer Ausschlussfrist von zwei Monaten nach dem Insolvenzereignis zu beantragen (§ 324 Abs 3 Satz 1 SGB III). Hat der Arbeitnehmer die Frist aus Gründen versäumt, die er nicht zu vertreten hat, so wird Insolvenzgeld geleistet, wenn der Antrag innerhalb von zwei Monaten nach dem Wegfall des Hinderungsgrundes gestellt wird. Der Arbeitnehmer hat die Versäumung der Frist zu vertreten, wenn er sich nicht mit der erforderlichen Sorgfalt um die Durchsetzung seiner Ansprüche bemüht hat (§ 324 Abs 3 Satz 2 und Satz 3 SGB III).
Das Insolvenzereignis ist hier spätestens am 13. März 2002 eingetreten, dem Tag, an dem das AG C die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der GmbH abgelehnt hat (vgl § 183 Abs 1 Satz 1 Nr 2 SGB III). Maßgebend für den Zeitpunkt eines solchen Insolvenzereignisses ist das Datum der richterlichen Unterschrift. Denn der Beschluss ist seitdem rechtlich existent. Es kommt nicht darauf an, wann der Beschluss zugestellt worden ist oder wann die betroffenen Arbeitnehmer Kenntnis von ihm erlangt haben (Bundessozialgericht (BSG), Urteil vom 30. April 1996 – 10 RAr 8/94). Die zweimonatige Ausschlussfrist begann demnach spätestens am 14. März 2002 und endete entsprechend am 14. Mai 2002. Diese Frist hat der Kläger versäumt, denn sein Insolvenzgeldantrag ging erst am 12. Juni 2002 bei der Beklagten ein.
Die in § 324 Abs 3 Satz 2 SGB III vorgesehene Nachfrist kommt ihm nicht zugute, da er die Fristversäumung zu vertreten hat. Denn er hat sich nicht mit der erforderlichen Sorgfalt um die Durchsetzung seiner Ansprüche bemüht (§ 324 Abs 3 Satz 2 SGB III). Das hat das SG zutreffend dargelegt, so dass auf die diesbezüglichen Ausführungen im angefochtenen Gerichtsbescheid verwiesen werden kann (vgl § 153 Abs 2 SGG). Ergänzt sei nur Folgendes: Das in den im Berufungsverfahren beigezogenen Arbeitsgerichtsakten enthaltene Schreiben des Kläger an die GmbH vom 19. Februar 2001 belegt, dass ihm selbst (noch vor Einschaltung von Rechtsanwalt G) gravierende Versäumnisse der GmbH bewusst waren, die massive wirtschaftliche Schwierigkeiten der Gesellschaft nahe legten. Insbesondere war ihm die GmbH nicht nur in erheblichem Umfang Lohn schuldig geblieben, sondern hatte offenbar – trotz mehrfacher diesbezüglicher Mahnungen des Klägers an verschiedenen Stellen – auch keine Sozialversicherungsbeiträge für ihn entrichtet. Viel spricht dafür, dass eine Sorgfaltspflichtverletzung des Klägers im Sinne von § 324 Abs 3 Satz 2 SGB III schon insoweit vorliegt, als er sich auch angesichts der weiteren, vom SG aufgezeigten Hinweise für Zahlungsprobleme der GmbH nicht bereits nach fruchtlosem Verstreichen der ihr in seinem Schreiben vom 19. Februar 2001 gesetzten Frist (28. Februar 2001) an das Insolvenzgericht gewandt oder bei der Beklagten vorsorglich Insolvenzgeld beantragt bzw sich dort nach einem anhängigen Insolvenzverfahren erkundigt hat; dass er als Grieche von Insolvenzgeldansprüchen womöglich keine Kenntnis hatte, kann ihm nicht zugute gehalten werden. Jedenfalls aber hätte er sich zur Vermeidung von Fahrlässigkeit – auch von Griechenland aus, wohin er offenbar bald zurückgekehrt war - umgehend nach Abschluss des arbeitsgerichtlichen Verfahrens um die Verfolgung von Insolvenzgeldansprüchen kümmern müssen. Über das Versäumnisurteil dürfte ihn Rechtsanwalt G in Kenntnis gesetzt haben. Aber selbst wenn er vom Ausgang des Arbeitsgerichtsprozesses nicht erfahren haben sollte, müsste er sich Fahrlässigkeit entgegen halten lassen, die in diesem Fall darin läge, das Verfahren nicht hinreichend mitverfolgt bzw bei seinem Rechtsanwalt nicht rechtzeitig nach dessen Stand nachgefragt zu haben. Unerheblich wäre auch, wenn er Rechtsanwalt G zu diesem Zeitpunkt bereits auch mit der Verfolgung etwaiger Insolvenzgeldansprüche beauftragt hatte (zu deswegen ggfs zurechenbarem Anwaltsverschulden sogleich). Denn eine solche Mandatierung entbindet nicht von eigenen Sorgfaltspflichten im Hinblick auf die Verfolgung des Insolvenzgeldanspruchs, die unter den gegebenen Umständen beinhalteten, ggfs einen untätig bleibenden Rechtsanwalt zu entsprechenden Bemühungen anzuhalten und die erforderlichen Maßnahmen (etwa die vorsorgliche Stellung eines Insolvenzgeldantrags) selbst zu ergreifen.
Ist danach dem Kläger selbst eine Sorgfaltspflichtverletzung vorzuhalten, musste der Senat nicht mehr der Frage nachgehen, ob er sich auch entsprechend fahrlässiges Verhalten (in Form des Unterlassens) von Rechtsanwalt G als seinem Bevollmächtigten zurechnen lassen muss (vgl § 27 Abs 1 Satz 2 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch); denn damit würde nur die bereits getroffene Feststellung, dass die Zuerkennung eines Insolvenzgeldanspruchs wegen schuldhafter Versäumung der Antragsfrist ausscheidet – schuldhaft schon wegen fahrlässigen Verhaltens des Klägers selbst -, weiter untermauert. Dem Kläger zurechenbares Anwaltsverschulden im Sinne von § 324 Abs 3 Satz 3 SGB III liegt vor, wenn Rechtsanwalt G von vornherein (jedenfalls nicht erst kurz vor seiner Anfrage an das Insolvenzgericht Anfang Juni 2002) nicht nur mit der Durchsetzung arbeitsrechtlicher Ansprüche, sondern ggfs auch mit der Verfolgung von Insolvenzgeldansprüchen des Klägers betraut war. Das erscheint unter den gegebenen Umständen sehr nahe liegend (vgl etwa den Vortrag des Klägers in diesem Berufungsverfahren, Rechtsanwalt G sei "Schritt für Schritt" vorgegangen (Bl 24 der Gerichtsakten) sowie dessen Formulierung in seinem Schreiben an die Beklagte vom 04. November 2002: "Erst nachdem hier vollstreckungsfähige Urteile vorlagen und die Zwangsvollstreckungen erfolglos waren, hat der Unterzeichner am 03.06.2002 das zuständige Amtsgericht angeschrieben ..." (Bl 10 des Insolvenzgeldvorgangs)), kann aber mangels schriftlichen Nachweises über die damalige Mandatierung nicht ohne Weiteres mit der erforderlichen Gewissheit festgestellt werden. Dahin gehende weitere Ermittlungsbemühungen des Senats waren indes wegen eigenen fahrlässigen Verhaltens des Klägers entbehrlich.
Die in § 324 Abs 3 Satz 1 SGB III geregelte Ausschlussfrist ist europarechtskonform. Der Europäische Gerichtshof hat in seinem auf Vorlage des SG Leipzig ergangenen Urteil vom 18. September 2003 – C-125/01 (SozR 4-4300 § 324 Nr 1) die Vereinbarkeit einer Ausschlussfrist mit der Richtlinie des Rates zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedsstaaten über den Schutz der Arbeitnehmer bei Zahlungsunfähigkeit des Arbeitgebers (80/987/EWG) vom 20. Oktober 1980 bestätigt, wenn die Ausschlussfrist, binnen derer ein Arbeitnehmer nach nationalem Recht einen Antrag auf Zahlung von Insolvenzgeld nach Maßgabe dieser Richtlinie stellen muss, so ausgestaltet ist, dass die betreffende Frist nicht weniger günstig ist als bei gleichartigen innerstaatlichen Anträgen (Grundsatz der Gleichwertigkeit), und nicht so ausgestaltet ist, dass sie die Ausübung der von der Gemeinschaftsrechtsordnung eingeräumten Rechte praktisch unmöglich macht (Grundsatz der Effektivität). Wegen der in § 324 Abs 3 Satz 2 SGB III eingeräumten Nachfrist erfüllt § 324 Abs 3 Satz 1 SGB III die beiden europarechtlichen Vorgaben der Gleichwertigkeit und Effektivität (so bereits Senatsurteil vom 29. Oktober 2007 – L 6 AL 186/06; ebenso Landessozialgericht (LSG) Berlin-Brandenburg, Urteil vom 13. September 2005 – L 12 AL 30/01 - info also 2006, 256; Sächsisches LSG, Urteil vom 17. April 2007 – L 1 AL 282/04 - juris RdNr 50 ff; Leitherer in Eicher/Schlegel, SGB III, RdNr 46 zu § 324; Hünecke in Gagel, SGB III, RdNrn 21a f, 30a zu § 324).
Nach alledem konnte offen bleiben, inwieweit der Kläger für den in Rede stehenden Zeitraum tatsächlich noch offene Lohnansprüche gegen die GmbH hat.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs 2 Nrn 1 und 2 SGG) liegen nicht vor.
Tatbestand:
Der 1979 geborene, griechische Kläger begehrt von der Beklagten Insolvenzgeld.
Er stand vom 10. Januar bis jedenfalls zum 11. Februar 2001 in einem Beschäftigungsverhältnis mit der S-GmbH, Eisenflechtergewerbe sowie Abriss und Rohbau, mit Sitz in B (im Folgenden GmbH). Laut Arbeitsvertrag vom 10. Januar 2001 (Bl 3 der Arbeitsgerichtsakte 14 Ca 27242/01) betrugen die wöchentliche Arbeitszeit 40 Stunden und der Arbeitslohn 19,- DM/Stunde (brutto). Nach den Angaben des Klägers war außerdem eine monatliche Fahrtkostenpauschale von 300,- DM vereinbart. Er hat ferner angegeben, in der genannten Zeit für die GmbH insgesamt 178 Stunden als Bauarbeiter in K E bei der Firma S gearbeitet und dafür bis zu seinem letzten Arbeitstag Abschlagzahlungen in Höhe von insgesamt 1100,- DM erhalten zu haben. Eine Kündigung des Arbeitsverhältnisses ist nicht erfolgt.
Mit Schreiben vom 19. Februar 2001 forderte der Kläger die GmbH unter Fristsetzung zum 28. des Monats ua auf, das Arbeitsverhältnis ordnungsgemäß abzurechnen und ihn - wie ihm von Arbeitgeberseite versprochen und von ihm dort bereits mehrfach, bei verschiedenen Ansprechpartnern angemahnt - bei den Sozialversicherungsträgern anzumelden. Seine Befürchtungen, dass keine Sozialabgaben bezahlt worden seien, hätten sich bewahrheitet. Man habe ihn anscheinend auch nicht, wie gleichfalls zugesagt, polizeilich angemeldet (Bl 4 der Arbeitsgerichtsakte). Nachdem darauf keine Reaktion erfolgt war, beauftragte der Kläger Rechtsanwalt I G aus R jedenfalls mit der Durchsetzung seiner arbeitsrechtlichen Ansprüche gegen die GmbH, die nach späteren Ermittlungen der Beklagten ihre Betriebstätigkeit am 28. Februar 2001 eingestellt hatte.
Dieser erhob am 02. April 2001 namens des Klägers vor dem Arbeitsgericht (ArbG) K, das den Rechtsstreit an das wegen des Firmensitzes der GmbH örtlich zuständige ArbG B verwies (dortiges Az ), Klage gegen die GmbH auf Zahlung ausstehenden Lohnes für die Zeit vom 10. Januar bis zum 11. Februar 2001, auf Herausgabe der Arbeitspapiere, auf Erteilung einer ordnungsgemäßem Abrechnung für den genannten Zeitraum sowie auf Erbringung eines Nachweises für die Abführung der Sozialversicherungsabgaben. Im Termin am 29. Oktober 2001, zu dem für die GmbH niemand erschienen war – Klageschrift und Ladung waren unter der Privatanschrift des Geschäftsführers S-C-Straße , Quergebäude, Etage links, B, zugestellt worden, nachdem zuvor Zustellungen am im Arbeitsvertrag genannten Firmensitz sowie unter einer daraufhin von Klägerseite genannten früheren Privatanschrift des Geschäftsführers fehlgeschlagen waren -, erließ das ArbG B antragsgemäß Versäumnisurteil, gegen das kein Einspruch eingelegt wurde, woraufhin sich Rechtsanwalt G erfolglos um Zwangsvollstreckung bemühte. Am 22. Januar 2002 erhielt er mit Schreiben des beauftragten Gerichtsvollziehers vom Vortag die Vollstreckungsunterlagen mit dem Hinweis zurück, der Schuldner sei unter der angegebenen Anschrift nicht mehr wohnhaft bzw geschäftsansässig, vielmehr laut Auskunft des Nachbarn unbekannten Aufenthalts (Bl 27 der Gerichtsakten). Sodann fragte Rechtsanwalt G mit Schreiben vom 03. Juni 2002 bei dem Amtsgericht (AG) C (Insolvenzgericht) wegen eines Insolvenzverfahrens der GmbH an, worauf dieses unter dem 07. Juni 2002 (zutreffend) mitteilte, dass es bereits mit Beschluss vom 13. März 2002 die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens mangels Masse abgelehnt hatte. Daraufhin beantragte Rechtsanwalt G mit am 12. Juni 2002 bei der Beklagten eingegangenem Schreiben vom 10. des Monats namens des Klägers die Zahlung von Insolvenzgeld im Hinblick auf die noch ausstehenden Lohn- und Fahrtkostenzahlungen. Den entsprechenden Formantrag füllte der Kläger im Oktober 2002 in Griechenland aus.
Die Beklagte lehnte diesen Antrag mit Bescheid vom 25. Februar 2003 mit der Begründung ab, der Kläger habe die zweimonatige Ausschlussfrist des § 324 Abs 3 Satz 1 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) versäumt. Da die vollständige Beendigung der Betriebstätigkeit der GmbH am 28. Februar 2001 erfolgt sei, sei der 01. März 2001 der maßgebliche Insolvenztag. Die Ausschlussfrist habe demnach am 05. Mai 2001 geendet. Da der Kläger seinen Antrag erst danach gestellt und sich nicht mit der gebotenen Sorgfalt um die Durchsetzung seiner Ansprüche bemüht habe, habe er auf Insolvenzgeld keinen Anspruch. Der Widerspruch des wiederum von Rechtsanwalt G vertretenen Klägers blieb erfolglos (der Widerspruchsbescheid, Bl 18 des Insolvenzgeldvorgangs der Beklagten, ist undatiert).
Im Klageverfahren vor dem Sozialgericht (SG) Berlin (S 53 AL 6878/03) hat der (auch hier von Rechtsanwalt G vertretene) Kläger insbesondere geltend gemacht, dass er die verspätete Antragstellung nicht zu vertreten habe. Er habe sich in Griechenland aufgehalten und daher keine Kenntnis von der Insolvenz der GmbH gehabt. Die zweimonatige Nachfrist des § 324 Abs 3 Satz 2 SGB III, die mit der Kenntnis seines Bevollmächtigten von der Insolvenz der GmbH am 07. Juni 2002 zu laufen begonnen habe, habe er eingehalten.
Das SG hat die Klage mit Gerichtsbescheid vom 03. Januar 2005 unter Bezugnahme auf die Gründe des angefochtenen Bescheides abgewiesen und ergänzend ausgeführt: Der Kläger habe die zweimonatige Ausschlussfrist des § 324 Abs 3 Satz 1 SGB III selbst dann versäumt, wenn man vom 13. März 2002, dem Datum des Beschlusses des AG Charlottenburg als maßgeblichen Insolvenzereignisses ausgehe. Ihm könne die Nachfrist des § 324 Abs 3 Satz 2 SGB III nicht gewährt werden, da er die Versäumung der Frist des Satzes 1 der Vorschrift zu vertreten habe. Bei sorgfältiger Verfolgung seiner Interessen hätte er sich bedeutend früher um die Beantragung von Insolvenzgeld kümmern müssen. Bereits die Umstände seines Ausscheidens aus der GmbH hätten auf deren Insolvenz hingedeutet und ihn zu entsprechenden Nachforschungen oder zur vorsorglichen Beantragung von Insolvenzgeld veranlassen müssen. Insbesondere hätte ihn schon die Nichtzahlung von Lohn in Verbindung mit der nicht ordnungsgemäßen Herausgabe der Arbeitspapiere stutzig machen müssen. Zudem habe er frühzeitig angezweifelt, ob er überhaupt sozialversicherungsrechtlich angemeldet worden sei. Für eine Insolvenz habe ferner gesprochen, dass sich vonseiten der GmbH niemand für den arbeitsgerichtlichen Prozess interessiert habe und sie bei den Vollstreckungsversuchen nicht habe ausfindig gemacht werden können.
Mit seiner Berufung verfolgt der Kläger sein erstinstanzliches Begehren mit der Begründung weiter, ihm sei die Nachfrist einzuräumen, da er sich Schritt für Schritt und mit großer Sorgfalt um die Durchsetzung seiner Ansprüche bemüht habe bzw der von ihm beauftragte Rechtsanwalt G dies getan habe.
Der Kläger beantragt, den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Berlin vom 03. Januar 2005 und den Bescheid vom 25. Februar 2003 in der Fassung des (undatierten) Widerspruchsbescheides aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm wegen offener Lohn- und Fahrtkostenforderungen aus der Zeit seiner Beschäftigung bei der S-GmbH vom 10. Januar bis zum 11. Februar 2001 Insolvenzgeld in gesetzlicher Höhe zu gewähren.
Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die angefochtene Entscheidung des SG für zutreffend.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt (§ 124 Abs 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG)).
Hinsichtlich des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte, insbesondere die zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze, den den Kläger betreffenden Insolvenzgeldvorgang der Beklagten sowie die Akte des ArbG B , die vorgelegen haben und Gegenstand der Beratung gewesen sind, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung ist nicht begründet.
Dem Kläger steht der mit der erhobenen Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs 1 und 4 SGG) geltend gemachte Anspruch auf Insolvenzgeld für die Zeit vom 10. Januar bis zum 11. Februar 2001 nicht zu, weil er den entsprechenden Leistungsantrag verspätet gestellt hat.
Nach § 183 Abs 1 Satz 1 SGB III in der ab dem 01. Januar 2002 maßgeblichen Fassung (im Folgenden ohne diesen Zusatz zitiert) haben Arbeitnehmer Anspruch auf Insolvenzgeld, wenn sie im Inland beschäftigt waren und bei
1. Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen ihres Arbeitgebers, 2. Abweisung des Antrags auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens mangels Masse oder 3. vollständiger Beendigung der Betriebstätigkeit im Inland, wenn ein Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens nicht gestellt worden ist und ein Insolvenzverfahren offensichtlich mangels Masse nicht in Betracht kommt,
(Insolvenzereignis) für die vorausgehenden drei Monate des Arbeitsverhältnisses noch Ansprüche auf Arbeitsentgelt haben. Insolvenzgeld ist innerhalb einer Ausschlussfrist von zwei Monaten nach dem Insolvenzereignis zu beantragen (§ 324 Abs 3 Satz 1 SGB III). Hat der Arbeitnehmer die Frist aus Gründen versäumt, die er nicht zu vertreten hat, so wird Insolvenzgeld geleistet, wenn der Antrag innerhalb von zwei Monaten nach dem Wegfall des Hinderungsgrundes gestellt wird. Der Arbeitnehmer hat die Versäumung der Frist zu vertreten, wenn er sich nicht mit der erforderlichen Sorgfalt um die Durchsetzung seiner Ansprüche bemüht hat (§ 324 Abs 3 Satz 2 und Satz 3 SGB III).
Das Insolvenzereignis ist hier spätestens am 13. März 2002 eingetreten, dem Tag, an dem das AG C die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der GmbH abgelehnt hat (vgl § 183 Abs 1 Satz 1 Nr 2 SGB III). Maßgebend für den Zeitpunkt eines solchen Insolvenzereignisses ist das Datum der richterlichen Unterschrift. Denn der Beschluss ist seitdem rechtlich existent. Es kommt nicht darauf an, wann der Beschluss zugestellt worden ist oder wann die betroffenen Arbeitnehmer Kenntnis von ihm erlangt haben (Bundessozialgericht (BSG), Urteil vom 30. April 1996 – 10 RAr 8/94). Die zweimonatige Ausschlussfrist begann demnach spätestens am 14. März 2002 und endete entsprechend am 14. Mai 2002. Diese Frist hat der Kläger versäumt, denn sein Insolvenzgeldantrag ging erst am 12. Juni 2002 bei der Beklagten ein.
Die in § 324 Abs 3 Satz 2 SGB III vorgesehene Nachfrist kommt ihm nicht zugute, da er die Fristversäumung zu vertreten hat. Denn er hat sich nicht mit der erforderlichen Sorgfalt um die Durchsetzung seiner Ansprüche bemüht (§ 324 Abs 3 Satz 2 SGB III). Das hat das SG zutreffend dargelegt, so dass auf die diesbezüglichen Ausführungen im angefochtenen Gerichtsbescheid verwiesen werden kann (vgl § 153 Abs 2 SGG). Ergänzt sei nur Folgendes: Das in den im Berufungsverfahren beigezogenen Arbeitsgerichtsakten enthaltene Schreiben des Kläger an die GmbH vom 19. Februar 2001 belegt, dass ihm selbst (noch vor Einschaltung von Rechtsanwalt G) gravierende Versäumnisse der GmbH bewusst waren, die massive wirtschaftliche Schwierigkeiten der Gesellschaft nahe legten. Insbesondere war ihm die GmbH nicht nur in erheblichem Umfang Lohn schuldig geblieben, sondern hatte offenbar – trotz mehrfacher diesbezüglicher Mahnungen des Klägers an verschiedenen Stellen – auch keine Sozialversicherungsbeiträge für ihn entrichtet. Viel spricht dafür, dass eine Sorgfaltspflichtverletzung des Klägers im Sinne von § 324 Abs 3 Satz 2 SGB III schon insoweit vorliegt, als er sich auch angesichts der weiteren, vom SG aufgezeigten Hinweise für Zahlungsprobleme der GmbH nicht bereits nach fruchtlosem Verstreichen der ihr in seinem Schreiben vom 19. Februar 2001 gesetzten Frist (28. Februar 2001) an das Insolvenzgericht gewandt oder bei der Beklagten vorsorglich Insolvenzgeld beantragt bzw sich dort nach einem anhängigen Insolvenzverfahren erkundigt hat; dass er als Grieche von Insolvenzgeldansprüchen womöglich keine Kenntnis hatte, kann ihm nicht zugute gehalten werden. Jedenfalls aber hätte er sich zur Vermeidung von Fahrlässigkeit – auch von Griechenland aus, wohin er offenbar bald zurückgekehrt war - umgehend nach Abschluss des arbeitsgerichtlichen Verfahrens um die Verfolgung von Insolvenzgeldansprüchen kümmern müssen. Über das Versäumnisurteil dürfte ihn Rechtsanwalt G in Kenntnis gesetzt haben. Aber selbst wenn er vom Ausgang des Arbeitsgerichtsprozesses nicht erfahren haben sollte, müsste er sich Fahrlässigkeit entgegen halten lassen, die in diesem Fall darin läge, das Verfahren nicht hinreichend mitverfolgt bzw bei seinem Rechtsanwalt nicht rechtzeitig nach dessen Stand nachgefragt zu haben. Unerheblich wäre auch, wenn er Rechtsanwalt G zu diesem Zeitpunkt bereits auch mit der Verfolgung etwaiger Insolvenzgeldansprüche beauftragt hatte (zu deswegen ggfs zurechenbarem Anwaltsverschulden sogleich). Denn eine solche Mandatierung entbindet nicht von eigenen Sorgfaltspflichten im Hinblick auf die Verfolgung des Insolvenzgeldanspruchs, die unter den gegebenen Umständen beinhalteten, ggfs einen untätig bleibenden Rechtsanwalt zu entsprechenden Bemühungen anzuhalten und die erforderlichen Maßnahmen (etwa die vorsorgliche Stellung eines Insolvenzgeldantrags) selbst zu ergreifen.
Ist danach dem Kläger selbst eine Sorgfaltspflichtverletzung vorzuhalten, musste der Senat nicht mehr der Frage nachgehen, ob er sich auch entsprechend fahrlässiges Verhalten (in Form des Unterlassens) von Rechtsanwalt G als seinem Bevollmächtigten zurechnen lassen muss (vgl § 27 Abs 1 Satz 2 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch); denn damit würde nur die bereits getroffene Feststellung, dass die Zuerkennung eines Insolvenzgeldanspruchs wegen schuldhafter Versäumung der Antragsfrist ausscheidet – schuldhaft schon wegen fahrlässigen Verhaltens des Klägers selbst -, weiter untermauert. Dem Kläger zurechenbares Anwaltsverschulden im Sinne von § 324 Abs 3 Satz 3 SGB III liegt vor, wenn Rechtsanwalt G von vornherein (jedenfalls nicht erst kurz vor seiner Anfrage an das Insolvenzgericht Anfang Juni 2002) nicht nur mit der Durchsetzung arbeitsrechtlicher Ansprüche, sondern ggfs auch mit der Verfolgung von Insolvenzgeldansprüchen des Klägers betraut war. Das erscheint unter den gegebenen Umständen sehr nahe liegend (vgl etwa den Vortrag des Klägers in diesem Berufungsverfahren, Rechtsanwalt G sei "Schritt für Schritt" vorgegangen (Bl 24 der Gerichtsakten) sowie dessen Formulierung in seinem Schreiben an die Beklagte vom 04. November 2002: "Erst nachdem hier vollstreckungsfähige Urteile vorlagen und die Zwangsvollstreckungen erfolglos waren, hat der Unterzeichner am 03.06.2002 das zuständige Amtsgericht angeschrieben ..." (Bl 10 des Insolvenzgeldvorgangs)), kann aber mangels schriftlichen Nachweises über die damalige Mandatierung nicht ohne Weiteres mit der erforderlichen Gewissheit festgestellt werden. Dahin gehende weitere Ermittlungsbemühungen des Senats waren indes wegen eigenen fahrlässigen Verhaltens des Klägers entbehrlich.
Die in § 324 Abs 3 Satz 1 SGB III geregelte Ausschlussfrist ist europarechtskonform. Der Europäische Gerichtshof hat in seinem auf Vorlage des SG Leipzig ergangenen Urteil vom 18. September 2003 – C-125/01 (SozR 4-4300 § 324 Nr 1) die Vereinbarkeit einer Ausschlussfrist mit der Richtlinie des Rates zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedsstaaten über den Schutz der Arbeitnehmer bei Zahlungsunfähigkeit des Arbeitgebers (80/987/EWG) vom 20. Oktober 1980 bestätigt, wenn die Ausschlussfrist, binnen derer ein Arbeitnehmer nach nationalem Recht einen Antrag auf Zahlung von Insolvenzgeld nach Maßgabe dieser Richtlinie stellen muss, so ausgestaltet ist, dass die betreffende Frist nicht weniger günstig ist als bei gleichartigen innerstaatlichen Anträgen (Grundsatz der Gleichwertigkeit), und nicht so ausgestaltet ist, dass sie die Ausübung der von der Gemeinschaftsrechtsordnung eingeräumten Rechte praktisch unmöglich macht (Grundsatz der Effektivität). Wegen der in § 324 Abs 3 Satz 2 SGB III eingeräumten Nachfrist erfüllt § 324 Abs 3 Satz 1 SGB III die beiden europarechtlichen Vorgaben der Gleichwertigkeit und Effektivität (so bereits Senatsurteil vom 29. Oktober 2007 – L 6 AL 186/06; ebenso Landessozialgericht (LSG) Berlin-Brandenburg, Urteil vom 13. September 2005 – L 12 AL 30/01 - info also 2006, 256; Sächsisches LSG, Urteil vom 17. April 2007 – L 1 AL 282/04 - juris RdNr 50 ff; Leitherer in Eicher/Schlegel, SGB III, RdNr 46 zu § 324; Hünecke in Gagel, SGB III, RdNrn 21a f, 30a zu § 324).
Nach alledem konnte offen bleiben, inwieweit der Kläger für den in Rede stehenden Zeitraum tatsächlich noch offene Lohnansprüche gegen die GmbH hat.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs 2 Nrn 1 und 2 SGG) liegen nicht vor.
Rechtskraft
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