L 16 R 1939/08

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
16
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 19 R 1956/07
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 16 R 1939/08
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 31. Oktober 2008 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe:

I.

Der Kläger begehrt höhere Altersrente (AR) unter Berücksichtigung einer weiteren Beitragszeit vom 13. November 1984 bis 03. Oktober 1985.

Der 1945 geborene Kläger übersiedelte am 19. September 1988 aus P nach B (W), wo er seither lebt. Er ist Inhaber des Vertriebenenausweises B. In P war der Kläger von 1971 bis 1986 als Seemann beschäftigt. In der Zeit vom 13. November 1984 bis 26. Juni 1986 war er durch Vermittlung des Außenhandelsunternehmens "P" bei dem Schifffahrtsunternehmen A B als 3. Offizier tätig, wobei er im hier streitigen Zeitraum vom 13. November 1984 bis 03. Oktober 1985 auf einem Schiff unter g Flagge fuhr; am 26. Juni 1986 kehrte er nach P zurück. Ausweislich einer Bescheinigung des "P" vom 28. Dezember 2006 gilt die Beschäftigungszeit bis 31. Dezember 1985 im Ausland als Beitragszeit nach Artikel 6 Absatz 2 Nr. 1c des p Gesetzes vom 17. Dezember 1998 über Altersrenten und Renten aus dem Sozialversicherungsfonds; ab 01. Januar 1986 wurden Beiträge zur p Sozialversicherung gezahlt. Mit Bescheid vom 11. November 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13. Juli 2006 stellte die Beklagte die in dem beigefügten Versicherungsverlauf enthaltenen Daten, die länger als sechs Kalenderjahre zurückliegen, also die Zeiten bis 31. Dezember 1998, als für die Beteiligten verbindlich fest. Darin berücksichtigte sie keine Tatbestände gleichgestellter Pflichtbeitragszeiten im Zeitraum vom 13. November 1984 bis 27. April 1986.

Während des sich anschließenden Klageverfahrens erkannte die Beklagte dem Kläger mit Bescheid vom 23. November 2006 das Recht auf eine AR für schwerbehinderte Menschen für die Zeit ab 01. Januar 2007 zu. Die Rentenwertfeststellung erfolgte ohne Berücksichtigung von Tatbeständen gleichgestellter Beitragszeiten in der Zeit vom 13. November 1984 bis 27. April 1986. Mit Bescheid vom 26. September 2007 stellte die Beklagte die AR rückwirkend neu fest und berücksichtigte nunmehr noch eine Beitragszeit für die seemännische Beschäftigung vom 09. Januar 1986 bis 14. März 1986.

Das Sozialgericht (SG) Berlin hat die auf Berücksichtigung weiterer gleichgestellter Beitragszeiten vom 13. November 1984 bis 03. Oktober 1985 bei der AR-Berechnung gerichtete Klage abgewiesen (Urteil vom 31. Oktober 2008). Zur Begründung ist ausgeführt: Die Klage sei nicht begründet. Der Kläger habe keinen Anspruch auf höhere AR unter Berücksichtigung einer weiteren gleichgestellten Beitragszeit vom 13. November 1984 bis 03. Oktober 1985. Gemäß den vorliegend weiterhin anzuwendenden Vorschriften des Abkommens zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Volksrepublik P über Renten- und Unfallversicherung vom 9. Oktober 1975 (DPSVA 1975; BGBl. 1976 II, S. 396) habe der Träger der deutschen gesetzlichen Rentenversicherung bei der Feststellung der Rente nach den deutschen Rechtsvorschriften in P zurückgelegte Versicherungszeiten, Beschäftigungszeiten und diesen gleichgestellte Zeiten so zu berücksichtigen, als ob sie auf dem Gebiet der Bundesrepublik Deutschland zurückgelegt worden wären. Zeiten, die nach dem p Recht der Rentenversicherung zu berücksichtigen seien, seien bei der Feststellung einer Rente aus der deutschen gesetzlichen Rentenversicherung in Anwendung des Fremdrentengesetzes (FRG) und des Fremdrenten- und Auslandsrenten-Neuregelungsgesetzes zu berücksichtigen, solange der Berechtigte – wie der Kläger - im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland nach dem Stand vom 02. Oktober 1990 wohne (Artikel 2 Absatz 1 Satz 1 des Gesetzes vom 12. März 1976 zum DPSVA 1975 – ZustG-DPSVA 1975 - nebst der Vereinbarung hierzu vom 09. Oktober 1975 – BGBl. 1976 II, S. 393 - idF von Artikel 22 des Gesetzes zur Einführung einer kapitalgedeckten H Zusatzversicherung und zur Änderung anderer Gesetze vom 21. Juni 2002 – BGBl. 2002 I, S. 2167 ff. –). Eine in P abkommensrelevante Zeit sei daher nur dann bei der deutschen Rente zu berücksichtigen, wenn sie ihrer Art nach auch im Rahmen des FRG anrechenbar sei. Eine Berücksichtigung als Beitragszeit nach § 15 Abs. 1 Satz 1 FRG komme nicht in Betracht, weil nach der Bestätigung des "P" feststehe, dass in dem hier noch streitigen Zeitraum keine Beiträge zur Sozialversicherung entrichtet worden seien. Eine Beitragsentrichtung zur p Sozialversicherung sei erst ab 01. Januar 1986 erfolgt. Eine in der p Sozialversicherung als fiktive Beitragszeit zu berücksichtigende Beitragszeit könne aber nach § 15 Abs. 1 Satz 1 FRG nicht berücksichtigt werden, und zwar auch nicht nach Maßgabe von § 15 Abs. 3 FRG. Denn es handele sich vorliegend um Beitragszeiten im Sinne von § 15 Abs. 3 Satz 3a FRG, die ohne Beitragsleistung rückwirkend in ein System der gesetzlichen Rentenversicherung einbezogen worden seien. Auch die Berücksichtigung als Beschäftigungszeit gemäß § 16 Abs. 1 FRG komme nicht in Betracht, weil die fragliche Beschäftigung nicht in P, sondern außerhalb der Vertreibungsgebiete ausgeübt worden sei.

Mit der Berufung verfolgt der Kläger sein Begehren weiter; auf seine Schriftsätze vom 11. Dezember 2008 und 14. März 2009 nebst Anlagen wird Bezug genommen.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 31. Oktober 2008 aufzuheben und die Beklagte unter Änderung des Bescheides vom 26. September 2007 zu verurteilen, seine Altersrente für schwerbehinderte Menschen für die Zeit ab 01. Januar 2007 unter Berücksichtigung einer weiteren gleichgestellten Beitragszeit vom 13. November 1984 bis 03. Oktober 1985 neu festzustellen und entsprechend höhere Rentenbeträge nachzuzahlen bzw. zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.

Wegen des Vorbringens der Beteiligten im Übrigen wird auf deren vorbereitende Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Die Rentenakten der Beklagten und die Gerichtsakte haben vorgelegen und sind Gegenstand der Beratung gewesen.

II.

Der Senat hat gemäß § 153 Abs. 4 Sozialgerichtsgesetz (SGG) die Berufung durch Beschluss zurückweisen können, weil er dieses Rechtsmittel einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich gehalten hat. Die Beteiligten sind hierzu vorher gehört worden (§ 153 Abs. 4 Satz 2 SGG).

Die Berufung des Klägers, mit der dieser bei verständiger Würdigung seines Begehrens (vgl. § 123 SGG) die nach Erlass der Rentenbescheide vom 23. November 2006 und 26. September 2007 auf eine kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage im Sinne von § 54 Abs. 4 SGG umgestellte Klage auf Neufeststellung seiner AR unter Berücksichtigung einer weiteren gleichgestellten Beitragszeit vom 13. November 1984 bis 03. Oktober 1985 weiter verfolgt, ist nicht begründet. Das SG ist dabei zurecht davon ausgegangen, dass der ursprünglich mit der Klage angefochtene Vormerkungsbescheid vom 11. November 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13. Juli 2006 durch den Rentenbescheid vom 23. November 2006 und dieser wiederum durch den Neufeststellungsbescheid vom 26. September 2007 gemäß § 96 SGG in vollem Umfang ersetzt worden sind und damit die Bescheide vom 11. November 2005, 13. Juli 2006 und 23. November 2006 nicht mehr Klagegegenstand gewesen sein können (vgl. hierzu BSG, Urteil vom 14. Mai 2003 – B 4 RA 26/02 R = SozR 4-2600 § 256b Nr. 1).

Dem Kläger steht kein höherer Wert seines Rechts auf AR unter Berücksichtigung einer weiteren gleichgestellten Beitragszeit vom 13. November 1984 bis 03. Oktober 1985 zu. Eine Beitragsentrichtung zur g Sozialversicherung ist insoweit nicht erfolgt (vgl. Bescheinigungen der g Seemanns-Rentenkasse vom 26. Februar 2007 und 09. März 2007). Der streitige Zeitraum ist gemäß den §§ 15 Abs. 1, 16 Abs. 1 FRG auch nicht als gleichgestellte Beitragszeit bzw. Beschäftigungszeit bei der Feststellung einer Rente aus der deutschen gesetzlichen Rentenversicherung zu berücksichtigen.

Auf den Kläger finden insoweit noch die Vorschriften des DPSVA 1975 Anwendung, und zwar nach Maßgabe von Anhang III Nr. 19a der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 des Rates vom 14. Juni 1971 über Anwendung der Systeme der sozialen Sicherheit auf Arbeitnehmer und Selbstständige sowie deren Familien, die innerhalb der Gemeinschaft zu- und abwandern (VO 1408/71). Danach ist das DPSVA 1975 unter den in Artikel 27 Absätze 2 bis 4 des Abkommens vom 08. Dezember 1990 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik P über soziale Sicherheit (DPSVA 1990) festgelegten Bedingungen ungeachtet des Artikels 6 der VO 1408/71 weiterhin anzuwenden. Artikel 27 Abs. 2 Satz 1 und Satz 2 DPSVA 1990 bestimmen, dass die vor dem 01. Januar 1991 aufgrund des DPSVA 1975 von Personen in einem Vertragsstaat erworbenen Ansprüche und Anwartschaften durch das DPSVA 1990 nicht berührt werden, solange diese Personen – wie der Kläger – auch nach dem 31. Dezember 1990 ihren Wohnort im H dieses Vertragsstaats beibehalten. Für die Ansprüche dieser Personen in der Rentenversicherung gelten die Bestimmungen des DPSVA 1975; hierbei sind für Anspruchsvoraussetzungen und Höhe der Leistungen die Rechtsvorschriften maßgebend, die am jeweiligen Wohnort für Versicherungszeiten gelten, die dort zurückgelegt worden oder eingetreten sind. Mithin gilt auch Artikel 2 Abs. 1 Satz 1 ZustG-DPSVA 1975, wonach Zeiten, die – wie vorliegend – nach dem polnischen Recht der Rentenversicherung zu berücksichtigen sind, bei der Feststellung einer Rente aus der deutschen gesetzlichen Rentenversicherung in Anwendung des FRG und des FANG zu berücksichtigen sind, solange der Berechtigte im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland nach dem Stand vom 02. Oktober 1990 wohnt. Da letzteres bei dem Kläger der Fall war und ist, kommt eine Berücksichtigung der streitigen Zeit bei der Rentenberechnung nach den deutschen Rechtsvorschriften nur nach Maßgabe der §§ 15, 16 FRG in Betracht. Die Voraussetzungen dieser Vorschriften sind indes tatbestandlich nicht erfüllt.

Gemäß § 15 Abs. 1 Satz 1 FRG stehen Beitragszeiten, die bei einem nichtdeutschen Träger der gesetzlichen Rentenversicherungen zurückgelegt sind, den nach Bundesrecht zurückgelegten Beitragszeiten gleich. Sind die Beträge aufgrund einer abhängigen Beschäftigung oder einer selbstständigen Tätigkeit entrichtet, so steht die ihnen zugrunde liegende Beschäftigung oder Tätigkeit einer rentenversicherungspflichtigen Beschäftigung oder Tätigkeit im Geltungsbereich der FRG gleich (§ 15 Abs. 1 Satz 2 FRG). Nach der vorliegenden Bescheinigung des "P" vom 28. Dezember 2006 steht fest, dass für die hier noch streitige seemännische Beschäftigung im Ausland auf einem unter g Flagge fahrenden Schiff vom 13. November 1984 bis 03. Oktober 1985 Beiträge zur p Sozialversicherung nicht gezahlt worden sind. Eine Beitragsentrichtung erfolgte erst für die Zeit ab 01. Januar 1986. Für die vorliegend in Rede stehende Beschäftigungszeit, die vor dem 01. Januar 1986 geendet hatte, sind fiktive Beitragszeiten nach den p Rechtsvorschriften berücksichtigt worden, die unter der Bedingung eines ständigen Wohnortes im Gebiet des p Staates bei der Berechnung der Rente auch berücksichtigt würden, und zwar, worauf die Bescheinigung von "P" vom 28. Dezember 2006 ausdrücklich hinweist, nach Maßgabe von Artikel 6 Abs. 2 Nr. 1c des p Gesetzes vom 17. Dezember 1998 über Altersrenten und Renten aus dem Sozialversicherungsfonds (abgedruckt in Poletzky/Pflaum, Sozialversicherungsabkommen zwischen Deutschland und Polen vom 09. Oktober 1975, Nachtrag zur 2. Auflage der Polenbroschüre, Teil G, Anlage 1). Nach dieser Vorschrift gelten als Beitragszeiten ebenfalls vor dem 15. November 1991 angefallene Zeiten, für die keine Pflicht bestand, Beiträge zur Sozialversicherung zu entrichten, und zwar namentlich für Zeiten pStaatsangehöriger in ausländischen Institutionen und in Betrieben, in die sie im Rahmen internationaler Zusammenarbeit entsandt worden sind oder in denen sie mit Zustimmung der zuständigen p Behörden beschäftigt waren. Auf die zutreffenden Ausführungen des SG in dem angefochtenen Urteil wird insoweit gemäß § 153 Abs. 2 SGG ausdrücklich Bezug genommen und von einer weiteren Begründung abgesehen (Seite 4 Abs. 3 Zeile 1 bis Seite 5 letzte Zeile des Urteils). Eine Berücksichtigung fiktiver p Beitragszeiten, d. h. von Beitragszeiten ohne Beitragsleistung an den Träger im Herkunftsgebiet oder in einem System nach § 15 Abs. 2 Satz 3 FRG, ist jedoch nach § 15 Abs. 3b FRG vom Bundesgesetzgeber ausdrücklich ausgeschlossen worden. Nach § 15 Abs. 3a FRG gelten überdies auch solche Zeiten nicht als Beitragszeiten im Sinne von § 15 FRG, die - wie vorliegend durch den p Gesetzgeber - ohne Beitragsleistung rückwirkend in ein System der gesetzlichen Rentenversicherung einbezogen worden sind.

Auch eine Anrechnung als Beschäftigungszeit im Sinne von § 16 Abs. 1 FRG kommt nicht in Betracht, und zwar schon deshalb nicht, weil diese Vorschrift nur Beschäftigungen in Polen, Ungarn, Rumänien, Bulgarien, Jugoslawien, Albanien, China, der Tschechoslowakei oder der Sowjetunion umfasst. Bei der hier streitigen Zeit handelt es sich jedoch nach den vorgelegten p Bescheinigungen um eine Auslandsbeschäftigung mit Zustimmung der zuständigen p Behörde ("P"). Die Nichtberücksichtigung einer gleichgestellten Beitragszeit in dem streitigen Zeitraum verstößt auch nicht gegen Verfassungsrecht. Denn der Kläger wurde und wird letztlich wie jeder nach dem FRG Berechtigte behandelt.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für eine Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 Nrn. 1 oder 2 SGG liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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