S 12 KA 394/07

Land
Hessen
Sozialgericht
SG Marburg (HES)
Sachgebiet
Vertragsarztangelegenheiten
Abteilung
12
1. Instanz
SG Marburg (HES)
Aktenzeichen
S 12 KA 394/07
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 4 KA 28/13
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Eine Kassenärztliche Vereinigung ist berechtigt, doppelt gezahlte Abschlagszahlungen mit dem Honoraranspruch einer Gemeinschaftspraxis aufzurechnen, auch wenn zwischenzeitlich ein Gesellschafterwechsel eingetreten ist.
1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Klägerin hat die notwendigen Verfahrenskosten zu tragen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten noch um eine Restzahlung für das Quartal IV/05 in Höhe von 5.656,05 EUR.

Die Klägerin ist eine Gemeinschaftspraxis. Sie besteht jetzt aus vier Fachärzten für Orthopädie. Herr Dr. med. E und Herr Dr. medic/IMF Bukarest F sind seit dem 01.07.1997 zur vertragsärztlichen Versorgung in einer Gemeinschaftspraxis zugelassen. Zu dieser Gemeinschaftspraxis kamen zum 01.04.2002 Frau G und Herr H hinzu, die dann zum 30.06.2005 ihre ärztliche Tätigkeit aufgaben. Herr Dr. med. I war zunächst ab 01.07.2005 als sog. Job-Sharing-Partner in der Gemeinschaftspraxis tätig und ist seit dem 01.10.2005 nach Übernahme des Vertragsarztsitzes von Herrn H voll zugelassener Partner in der Gemeinschaftspraxis. Zum 01.07.2006 Trat Herr Dr. med. J in die Gemeinschaftspraxis ein.

Die Beklagte setzte das Honorar für das Quartal IV/05 durch Honorarbescheid fest, gegen den die Klägerin am 19.02.2007 Widerspruch einlegte. Die Daten der Honorarabrechnung ergeben sich aus nachfolgender Übersicht:

Quartal IV/05
Honorarbescheid v. 28.11.2006
Widerspruch eingelegt am 19.02.2007
Bruttohonorar PK + EK in EUR 201.943,53
Fallzahl 3.906

Fallzahlabhängige Quotierung nach Ziff. 5.2.1 HVV -

Regelleistungsvolumen nach Ziff.6.3 HVM
Fallzahl 3.902
Fallwert 1.031,5
Regelleistungsvolumen 4.024.868,0
Abgerechnetes Honorarvolumen 4.869.909,5
Überschreitung 844.996,5
Überschreitung im Verhältnis zum Regelleistungsvolumen 21,0 %

Ausgleichsregelung nach Ziff. 7.5 HVV
Fallzahl Referenz-Quartal 3.651
Aktueller Fallzahl 3.906
Referenz-Fallwert in EUR 49,5927
Aktueller Fallwert in EUR 50,2829
Differenzbetrag in EUR 0,6993
Kürzungsbetrag in EUR 2.731,34
Aktueller Fallwert + Differenzbetrag in EUR im Verhältnis zum Referenz-Fallwert 49,5836 99,9 %

Zur Begründung ihres Widerspruchs trug die Klägerin vor, ihr Widerspruch richte sich gegen die gesamte Honorarfeststellung in allen sachlichen und rechtlichen Gesichtspunkten. Der zum 01.04.2005 eingeführte EBM 2005 sei rechtswidrig, da er den Inhalt der abrechnungsfähigen Leistungen und deren wertmäßiges Verhältnis untereinander für die Fachgruppe der Orthopäden und dort speziell im Bereich des ambulanten Operierens nicht zutreffend und nicht sachgerecht wiedergebe. Die Leistungsbewertung beruhe auf einem falschen Kostenansatz und führe dazu, dass sie trotz ausreichender Leistungsmenge keine angemessene Vergütung erzielen könne. Die Ermittlung der Punktzahlen des EBM 2005 sei nicht nachvollziehbar. Die Grunddaten zur Punktzahlermittlung und zur Nachprüfung der Leistungsbewertung seien weder bekannt noch öffentlich zugänglich. In einer Kostenstrukturanalyse des Gutachtens der KV Bayern und des statistischen Beratungslabors der PC.-Universität PC. zur Datengrundlage des EBM 2005 aus dem Jahre 2004 heiße es wörtlich:

" Die von der KBV ermittelte Schätzung der durchschnittlichen Kosten pro Arzt für die verschiedenen Fachgruppen weist unter statistisch – methodischen Gesichtspunkten gravierende Mängel auf. Dies betrifft:
1. Mangelnde Repräsentativität der Daten aufgrund eines stets hohen Anteils von Antwortverweigerungen, die zudem prozentual unterschiedlich in den verschiedenen Subgruppen ausfallen.
2. Damit verbundene methodische Fehler bei der Hochrechnung von Stichprobenergebnissen auf die Grundgesamtheit.
3. Teilweise sehr geringe Stichprobenumfänge in den Schichten und damit verbundene hohe Varianz der Schätzer.
4. Nicht nachvollziehbare Methoden bei der Aufdatierung bzw. Aktualisierung der Kosten. Zusammen ergeben diese Mängel höchst unzuverlässige Schätzungen der Kostenstruktur. Eine Honorarverteilung lässt sich damit nicht begründen und führt zu unplausiblen und inkorrekten Resultaten."

Auch der Honorarverteilungsvertrag sei fehlerhaft und rechtswidrig. Es sei zu einer Absenkung des Praxisfallwertes gegenüber dem Vorjahresquartal gekommen. Den sinkenden Einnahmen stünden steigende Praxiskosten gegenüber. Nach § 85 Abs. 4 Satz 7 SGB V seien arztgruppenspezifische Grenzwerte festzulegen, bis zu denen die Leistungen mit festen Punktwerten zu vergüten seien. Der Honorarverteilungsvertrag der Beklagten sehe aber im Ergebnis keine festen Punktwerte vor. Eine Rechtsgrundlage für die Aufrechterhaltung der vorherigen Honorarverteilungssystematik bis zum 31.12.2005 bestehe nicht. Schon gar nicht zulässig sei die Einführung neuer Steuerungsinstrumente einerseits unter Beibehaltung der floatenden Punktwerte andererseits. Der Beschluss des Bewertungsausschusses treffe eine Entweder-oder-Regelung, die eine Mischregelung zwischen alt und neu eindeutig ausschließe. Die Anwendung der praxisindividuellen Regelleistungsvolumina sei insoweit rechtswidrig, als keine Abstaffelung der Vergütung bei Überschreitung des Regelleistungsvolumens erfolge. Die Vergütung müsse in mehreren Stufen fortschreitend absinken. LSG Niedersachsen-Bremen vom 27.10.2004, Az: L 3 KA 62/04, juris, Rn. 116, 164, fordere die Herabsetzung in mindestens zwei Schritten. Die Ausgleichsregelung nach Ziffer 7.5 HVV könne die strukturelle Kalkulations- und Bewertungsfehler des EBM nicht beseitigen, da lediglich eine wirtschaftliche, nicht aber eine normative Korrektur vorgenommen werde. Eine Honorarkürzung müsse bei ihr unterbleiben. Sie habe eine Änderung in der Leistungsstruktur erfahren. Seit dem Quartal II/04 erbringe sie Leistungen des ambulanten Operierens. Nach Ziff. 7.5.2 HVV führe eine solche Änderung im Leistungsspektrum zu einem Entfall der Ausgleichsregelung. Die Änderung führe auch dazu, dass die Rechtssprechung des Bundessozialgerichts zu jungen Praxen zu beachten sei. Trotz der geringen Abweichung der Fallwerte im Bereich der Ziff. 7.5. HVV werde ein Kürzungsbetrag angesetzt. Eine Begründung hierfür fehle. Trotz ausreichender Leistungsmenge könne sie eine angemessene Vergütung nicht erreichen. Es würden die Grundsätze der gerechten Honorarverteilung und der leistungsgerechten Vergütung sowie die Grundrechte auf Gleichheit aus Art. 3 Abs. 1 GG und Berufsausübungsfreiheit aus Art. 12 Abs. 1 GG zu ihrem Nachteil verletzt werden.

Ihr Nettohonoraranspruch belaufe sich auf 199.083,49 EUR. Die Beklagte habe hierauf Zahlungen und geldwerte Leistungen in Höhe von 193.427,43 EUR gemäß der nachfolgenden Aufstellung erbracht:

Quartal Belegtext Belastungen Datum
4/05 Rate Oktober 62.000,00 EUR 25.10.2005
November Rate 62.000,00 EUR 27.10.2005
Rate Dezember 05 62.000,00 EUR 24.11.2005
Kassenarztstempel 47,43 EUR 22.05.2006
Honoraranteil aus Praxisgebühr 5.880,00 EUR 12.12.2006
ÄBD-Umlage IV.05 1.500,00 EUR 13.12.2006
Summe 193.427,43 EUR
Nettohonoraranspruch 199.083,49 EUR
Differenz 5.656,06 EUR

Ihr stehe deshalb noch ein Zahlungsanspruch in Höhe von 5.656,06 EUR zu. Sie weise ferner darauf hin, dass einige der im Kontoauszug 4044048 für das Quartal IV/05 ausgewiesenen Positionen nicht als geldwerte Leistungen in die Belastungen des Praxiskontos gebucht werden könnten. Die Buchung ÄBD Ffm in Höhe von 312,69 EUR (12/05) sowie SSB 3/04 und SSB 4/04 in Höhe von 160,10 EUR und 395,47 EUR könnten nicht in das Praxiskonto gebucht werden, da sie auf eine gänzlich andere Praxis in anderer Zusammensetzung zu beziehen sei. Gleiches gelte für den Kassenarztstempel 5/2006 (Abrechnungsnummer 4044046) in Höhe von 97,96 EUR. Sie beantrage daher die Aufhebung des Honorarbescheides und eine Neubescheidung unter Zuerkennung einer angemessenen Vergütung sowie die Auszahlung von 5.656,06 EUR.

Die Klägerin hat zunächst am 06.09.2007 Untätigkeitsklage zum Aktenzeichen S 12 KA 389/07 erhoben. Die mit dieser Klage erhobene Zahlungsklage hat die Kammer durch Beschluss vom 11.09.2007 unter dem neuen Aktenzeichen S 12 KA 394/07 abgetrennt. Die unter dem Aktenzeichen S 12 KA 389/07 fortgeführte Untätigkeitsklage haben die Beteiligten nach Erlass des Widerspruchsbescheides vom 23.11.2007 für erledigt erklärt.

Mit Widerspruchsbescheid vom 23.11.2007 gab die Beklagte dem Widerspruch insofern statt, als sie auf die Durchführung der Ausgleichsregelung verzichtete. Im Übrigen wies sie den Widerspruch als unbegründet zurück. In den Bescheidgründen führte sie aus, sie habe die Beschlüsse des Bewertungsausschusses zur Einführung der Regelleistungsvolumina in ihrem Honorarverteilungsvertrag zutreffend umgesetzt. Es liegt keine offensichtliche Rechtswidrigkeit des EBM 2005 vor, der eine Abweichung rechtfertigen könnte. Für die Fachgruppe der Orthopäden bei einer Gemeinschaftspraxis seien gemäß der Anlage zu Ziff. 6.3 HVV folgende arztgruppenspezifische Fallpunktzahlen festgelegt:

RLV Fallpunktzahl
Primärkassen Ersatzkassen
Altersgruppe der Patienten in Jahren 0 – 5 6-59 ) 60 0 - 5 6 – 59 ) 60
Fallpunktzahl Orthopäden + GP-Zuschlag 640 973 1184 610 915 1121

Anhaltspunkte, z. B. ein Sicherstellungsproblem, die eine Sonderregelung rechtfertigen würden, seien nicht ersichtlich. Maßgeblich für den Aspekt der Sicherstellung sei, ob im Umkreis von 50 km ausreichend Ärzte zur Verfügung stünden, die die vertragsärztliche Versorgung in diesem Bereich sicherstellten. Dies sei hier der Fall. Für die Anwendung der Ziff. 7.5 HVV seien die Vergleichsdaten aus dem Quartal IV/04 (damals 4er Gemeinschaftspraxis = 3 Orthopäden u. 1 Kinderärztin), reduziert um den EHV-Anteil von 25%, herangezogen worden. Die Leistungen des ambulanten Operierens seien wegen besonderer honorar- und strukturvertraglicher Regelungen herausgerechnet worden. Ein Leistungsvergleich zeige aber, dass der Praxisvorgänger lediglich die Genehmigung zur Erbringung physikalischer Leistungen in eingeschränktem Umfang gehabt habe, während der Praxisnachfolger über die Genehmigung zur Durchführung radiologischer Leistungen, von Sonographien, ambulanten Operationen, von Leistungen der Chirotherapie sowie umfangreicher physikalischer Leistungen etc. habe. Aus diesem Grund sei eine Ausnahmeregelung wegen der fehlenden Vergleichbarkeit der Fallwerte sachgerecht. Deshalb setze sie die Durchführung der Ausgleichsregelung aus. Soweit die Klägerin vortrage, keine angemessene Vergütung erzielen zu können, so fehle es an einer Anspruchsgrundlage. Nach der Rechtssprechung des Bundessozialgerichts sei es weder Aufgabe der KV, durch Umverteilung allen Kassenärzten eine auskömmliche Praxis zu sichern, noch habe sie eine Fürsorgepflicht, dem Vertragsarzt die Sorge um die Existenz abzunehmen. Der Bewertungsausschuss habe auch festgelegt, dass der feste Punktwert von 5,11 Cent nicht zum Ansatz komme. Sie habe diesen Punktwert nicht festsetzen können, da hierfür die Gesamtvergütung nicht ausgereicht habe. Aus diesem Grund habe eine Quotierung erfolgen müssen. Es sei hinzunehmen, dass im Rahmen dieser Art der Vergütung bei einem Mengenzuwachs der Auszahlungspunktwert absinke. Die Aufteilung der Gesamtvergütungsanteile auf die einzelnen Honorar(unter)Gruppen sei auf der Basis der in dem jeweiligen Quartal des Jahres 2004 erfolgten Honorarzahlungen (Prozentanteil bezogen auf die Gesamtvergütungszahlungen der Krankenkassen) erfolgt, wobei zusätzlich bezogen auf die allgemeinen Leistungen in der Honorargruppe 2 die Vorgaben des Trennungsfaktors für die Trennung der Gesamtvergütung in Anteile für die hausärztliche bzw. fachärztliche Versorgungsebene Grundlage der Aufteilung gewesen sei. Zwischen dem ausgewiesenen Nettohonoraranspruch und den Kostenbelastungen im Quartal IV/05 ergebe sich eine Differenz von 5.656,06 EUR. Aus dem Vorquartal gehe jedoch eine Überzahlung hervor, die aus der irrtümlich doppelt gezahlten Rate für Juli und August 2005 resultiere. Anstatt einer Auszahlung des Differenzbetrages (= Restzahlung) sei eine Verrechnung mit der besagten Überzahlung vorgenommen worden. Aufgrund der geänderten personellen Zusammensetzung werde auf die Durchführung der Ausgleichsregelung verzichtet.

Unter Wiederholung ihres Vorbringens im Verwaltungsverfahren zur Begründung des geltend gemachten Zahlungsbetrages trägt die Klägerin im Übrigen ergänzend vor, die Klagebefugnis bestehe trotz fehlender Bestandskräftigkeit des Honorarbescheides. Es handele sich um denjenigen Betrag, welcher ihr als "Nettobetrag" unstreitig zustehe. Ein Vorverfahren hinsichtlich des Zahlungsanspruchs sei nicht nur nicht erforderlich, sondern auch sinnlos, da sich ihr Anspruch auf Auszahlung des Vertragsarzthonorars auf einen bereits ergangenen Verwaltungsakt stütze. Es sei zwischen Fälligkeit der Honorarzahlung und der Bestandskraft des Honorarbescheides zu unterscheiden. Die Fälligkeit des Arzthonorars und damit Durchsetzbarkeit des Zahlungsanspruches trete gemäß Ziffer 8.3 HVV unmittelbar nach Fertigstellung der Arbeiten an der jeweiligen Quartalsabrechnung ein, mithin spätestens mit Erlass des Honorarbescheides. Vor Erhebung der Leistungsklage habe sie ihr Zahlungsbegehren mehrfach, u.a. auch im Rahmen des Widerspruchverfahrens gegen den Honorarbescheid für das Quartal IV/05 geltend gemacht. Im Übrigen könne, da eine Widerspruchsentscheidung ergangen sei, die Anhängigkeit des Widerspruchverfahrens den Zahlungsanspruch nicht mehr entgegengehalten werden. Eine wirksame Aufrechnung sei bisher nicht erfolgt. Eine Aufrechnung sei jedoch auch materiell-rechtlich unwirksam. Den im Honorarbescheid festgestellten Honoraranspruch habe die Beklagte bisher nicht abgeändert. Die im Widerspruchsverfahren getroffene Verrechnungsentscheidung betreffe ein anderes Quartal und somit einen anderen Lebenssachverhalt. Die Voraussetzungen des § 86 SGG lägen nicht vor. Wegen Veränderung in der Zusammensetzung der Gemeinschaftspraxis sei eine Verrechnung auch unzulässig. Der in eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts eintretende Neugesellschafter hafte nach dem Urteil des BGH vom 07.04.2003 /BGHZ 154, 370) für die vor seinem Eintritt begründeten Verbindlichkeiten persönlich und als Gesamtschuldner mit den Altgesellschaftern. Der neue Gesellschafter hafte jedoch nur für solche Altverbindlichkeiten, die er bei seinem Eintritt in die Gesellschaft gekannt habe oder hätte erkennen können (BGB vom 09.10.2006, Az. II ZR 193/05). Der Rückforderungsanspruch sei aber erstmals im Dezember 2007 bekannt gegeben worden, noch dazu im Rahmen einer erzwungenen Widerspruchsentscheidung. Auch wenn zwischenzeitlich durch die Rechtssprechung geklärt sei, dass Inhaber von Honoraransprüchen, ebenso wie Gegner von Verrechnungsansprüchen grundsätzlich die Gesellschaft mit ihrem jeweiligen Gesellschafter Bestand zum Zeitpunkt der betreffenden verwaltungsmäßigen Entscheidung sei, so stelle sich jedoch die Frage, warum die Beklagte ausgerechnet in ihrem Fall von ihrer ständigen und offenkundig über Jahre geübten Verwaltungspraxis, nach der sie auf den jeweiligen Bestand in der Vergangenheit abgestellt habe, abweiche. Da es sich um eine langjährige ständige Verwaltungspraxis der Beklagten gehandelt habe, sei ihr Vertrauen hierauf schutzwürdig. Zwischenzeitlich habe die Beklagte bezüglich der Korrektur des Honorarbescheides eine Gutschrift in Höhe von 2.650,30 EUR (Nettobetrag aus 2.731,34 EUR Brutto abzüglich Verwaltungskosten), an sie ausgezahlt.

Die Klägerin beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an sie 5.656,06 EUR zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.

Sie ist der Auffassung, der Klägerin fehle für die Klage das erforderliche Rechtsschutzbedürfnis. Sie habe gegen den Honorarbescheid für das Quartal IV/05 Widerspruch eingelegt. Es sei rechtsmissbräuchlich, wenn neben dem Widerspruchsverfahren von ihr gleichzeitig mit dieser Klage gerichtlicher Rechtsschutz in Gestalt einer Leistungsklage in Anspruch genommen werde. Sie sei daher auf die abschließende Durchführung des Widerspruchverfahrens zu verweisen. Aber auch wenn eine isolierte Leistungsklage über § 54 Abs. 5 SGG zulässig sein sollte, so sei die Klage aber abzuweisen, weil sie den von ihr geltend gemachten Anspruch auf Zahlung überhaupt noch nicht durchsetzen könne. Der Honorarbescheid sei noch nicht bestandskräftig geworden. Die Honorarforderungen stünden unter Vorbehalt und stellten aufrechnungsfähige bzw. zurückzuzahlende Vorschüsse dar. Folglich sei der Bescheid für die Beteiligten nicht bindend und die Kläger könnten hieraus gegen sie keine Klage auf Zahlung in Gestalt einer Leistungsklage erheben. Die Klägerin habe auch bereits vom Grunde her gegen sie keinen Anspruch. Wie sie im Widerspruchsbescheid dargelegt habe, habe sie eine Verrechnung aus einer Überzahlung aus dem Vorquartal vorgenommen.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den übrigen Inhalt der Gerichts- und der beigezogenen Verwaltungsakten, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist, Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Kammer hat in der Besetzung mit zwei ehrenamtlichen Richtern aus den Kreisen der Vertragsärzte und Vertragspsychotherapeuten verhandelt und entschieden, weil es sich um eine Angelegenheit der Vertragsärzte und Vertragspsychotherapeuten handelt (§ 12 Abs. 3 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz – SGG -).

Die Klage ist zulässig.

Der Klägerin fehlt es weder an einem Rechtsschutzbedürfnis noch ist die Klage als rechtsmissbräuchlich anzusehen.

Die Klägerin hatte zunächst aufgrund der Honorarfestsetzung für das Quartal IV/05 durch den Honorarbescheid vom 28.11.2006 einen Anspruch auf Auszahlung des festgesetzten Bruttobetrags in Höhe von 205.170,95 EUR bzw. des Nettobetrags in Höhe von 199.083,49 EUR. Dieser Auszahlungsanspruch ist unabhängig davon, ob seitens des Vertragsarztes Widerspruch eingelegt wird. Weder kommt dem Widerspruch aufschiebende Wirkung zu (§ 85 Abs. 4 Satz 9 SGB V), noch kann ein Widerspruch dahingehend verstanden werden, dass eine bereits erfolgte Honorarfestsetzung angegriffen wird. Sie wird nur insoweit angegriffen, als mit der Honorarfestsetzung ein darüber hinausgehender Honoraranspruch abgelehnt wird. Soweit eine Anrechnung bereits geleisteter Zahlungen oder eine Aufrechnung mit weiteren Forderungen besteht, muss ein Vertragsarzt die Möglichkeit haben, deren Richtigkeit gerichtlich überprüfen zu lassen. Ansonsten könnte die Beklagte Zahlungen ohne Rechtskontrolle willkürlich verweigern und wäre an ihren eigenen Verwaltungsakt "Honorarbescheid" nicht gebunden. Von daher hält die Kammer es für äußerst abwegig, ein Rechtsschutzbedürfnis zu verneinen oder eine Klage gar als rechtsmissbräuchlich anzusehen.

Die Klage ist aber unbegründet. Die Klägerin hat keinen weiteren Anspruch auf Zahlung von 5.656,06 EUR. Die Klage war daher abzuweisen.

Die Forderung der Klägerin in Höhe von 5.656,06 EUR als Restzahlung für das Quartal IV/05 ist durch Aufrechnung in der Arztrechnung erloschen.

Die Klägerin hatte zunächst aufgrund der Honorarfestsetzung für das Quartal IV/05 durch den Honorarbescheid vom 28.11.2006 einen Anspruch auf Restzahlung in Höhe des strittigen Betrages von 5.656,06 EUR. Diese Forderung der Klägerin ist aber durch Aufrechnung der Beklagten erloschen.

Eine Aufrechnung nach den §§ 51, 52 SGB I scheidet aus, da diese Vorschriften auf Honorarzahlungen an Vertragsärzte auf der Grundlage von § 85 Abs 4 Satz 1 SGB V schon deshalb nicht anwendbar sind, weil solche Zahlungen keine Sozialleistungen darstellen, die dem Vertragsarzt zur Verwirklichung seiner sozialen Rechte zukommen sollen (vgl. BSG, Urt. v. 07.02.2007 - B 6 KA 6/06 RSozR 4-2500 § 85 Nr. 31 = BSGE 98, 89 = ZMGR 2007, 92 = MedR 2007, 669 = USK 2007-18, juris Rdnr. 16). Entsprechend anwendbar sind aber allgemein für die öffentlich-rechtlichen Schuldverhältnisse des Vertragsarztrechts im Wege der Lückenfüllung die Vorschriften des Allgemeinen Schuldrechts über die Aufrechnung in §§ 387 ff. BGB (vgl. BSG, Urt. v. 07.02.2007 - B 6 KA 6/06 R – aaO., juris Rdnr. 18). Deren Voraussetzungen sind erfüllt, da es sich bei der hier allein noch strittigen Umbuchung in Höhe von 122.066,47 EUR um eine fällige Gegenforderung der Beklagten gegenüber der Honorarforderung der Klägerin handelt, so dass die erforderliche Gegenseitigkeit gegeben ist. Die Aufrechnung ist konkludent durch den dem Honorarbescheid beigefügten "Kontoauszug für das 4. Quartal 2005 – wichtige Unterlagen für die Steuererklärung "erfolgt.

Bei der strittigen Umbuchung in Höhe von 122.066,47 EUR handelt es sich um die im Kontoauszug unter Beleg Nr. 3643 aufgeführte Position "Übernahme Kto. 4044046". Sie beruht letztlich auf dem Umstand, dass die Beklagte trotz Ausscheidens der Frau G und des Herrn H aus der Gemeinschaftspraxis zum 30.06.2005 die monatliche Abschlagszahlung in Höhe von 62.300 EUR für die Monate Juli und August, verbucht unter der Abrechnungs- bzw. Kontonr. 4044002, weitergezahlt hat, zugleich aber der fortbestehenden Gemeinschaftspraxis, jetzt mit den Gesellschaftern Dr. med. E, Dr. medic/IMF Bukarest F und Dr. med. I ab dem Quartal III/05 die neue Abrechnungs- bzw. Kontonr. 4044046 – nach Wechsel des Dr. med. I vom Job-Sharing-Partner zum eigenständig zugelassenen Vertragsarzt erhielt die Gemeinschaftspraxis die weitere Abrechnungs- bzw. Kontonr. 4044048 - vergeben und ebf. ab Juli 2005 die monatliche Abschlagszahlung in Höhe von 62.300 EUR angewiesen hat. Im Ergebnis ist es daher in den Monaten Juli und August zu doppelt gezahlten Abschlägen und zu einer Überzahlung von 124.600 EUR gekommen. Die Gemeinschaftspraxis bestand aber in den Quartalen II bis IV/05 fort, wenn auch mit unterschiedlichen Gesellschaftern. Ihr flossen die Abschlagszahlungen zu, wobei es unerheblich ist, unter welchen Abrechnungs- bzw. Kontonr. die Zahlungen gebucht werden. Klägerseits ist nicht bestritten worden, dass die Abschlagszahlungen tatsächlich doppelt geleistet wurden. Insofern mag diese Verwaltungspraxis, bei jeder Veränderung der Gemeinschaftspraxis eine neue Abrechnungs- bzw. Kontonr. zu vergeben, noch der Auffassung geschuldet sein, dass ein Wechsel der Gesellschafter einer Gemeinschaftspraxis auch zum Wechsel der Gemeinschaftspraxis führt. Für die rechtliche Zuordnung von Zahlungen oder Zahlungsansprüchen kommt es aber nicht auf die verwaltungsinterne Vergabe der Abrechnungs- bzw. Kontonr. an, sondern allein auf den Bestand der Gemeinschaftspraxis, die insoweit unabhängig von ihren Gesellschaftern Rechtssubjektsqualität hat.

In einem Grundsatzurteil hat der Bundesgerichtshof (BGH) im Jahr 2001 entschieden, dass der Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) Rechtsfähigkeit zukommt, soweit sie durch Teilnahme am Rechtsverkehr eigene Rechte und Pflichten als Außen-GbR begründet (vgl. BGH, Urt. v. 29.01.2001 - II ZR 331/00 - BGHZ 146, 341 = NJW 2001, 1056, zitiert nach juris Rdnr. 5 ff.). Ein für die Praxis bedeutsamer Vorzug der nach außen bestehenden Rechtssubjektivität der Gesellschaft bürgerlichen Rechts besteht nach dem BGH darin, dass danach ein Wechsel im Mitgliederbestand keinen Einfluss auf den Fortbestand der mit der Gesellschaft bestehenden Rechtsverhältnisse hat. Bei strikter Anwendung der traditionellen Auffassung müssten Dauerschuldverhältnisse mit der "Gesellschaft" bei jedem Wechsel im Mitgliederbestand von den Vertragsparteien neu geschlossen bzw. bestätigt werden. Wenn die Gesellschaft im Außenverhältnis nur ein Schuldverhältnis darstellt, können zwei aus verschiedenen Mitgliedern bestehende Schuldverhältnisse nicht identisch sein. Das Erfordernis von Neuabschlüssen von Dauerschuldverhältnissen bei einem Gesellschafterwechsel ist aber ohne innere Rechtfertigung und würde die Handlungsfähigkeit der Gesellschaft im Rechtsverkehr erheblich beeinträchtigen. Die traditionelle Auffassung vermöge im Übrigen keine befriedigende Erklärung dafür zu liefern, warum auch ein neu in die Gesellschaft eintretender Gesellschafter mit dem Gesellschaftsvermögen für Altschulden haften sollte (BGH, ebd., Rdnr. 9). In Fortführung seiner Rechtsprechung zur Anerkennung der Teilrechtsfähigkeit der BGB-Gesellschaft geht der BGH ferner davon aus, dass der eintretende Neugesellschafter in die Haftung für Altverbindlichkeiten der Gesellschaft eintritt. Die persönliche Haftung aller Gesellschafter entspricht in ihrem jeweiligen personellen Bestand dem Wesen der Personengesellschaft und ihren Haftungsverhältnissen, weil die Gesellschaft kein eigenes, zu Gunsten ihrer Gläubiger gebundenes garantiertes Haftkapital besitzt. Ihr Gesellschaftsvermögen steht dem Zugriff der Gesellschafter jederzeit uneingeschränkt und sanktionslos offen. Bei dieser Sachlage ist die persönliche Haftung ihrer Gesellschafter für die Gesellschaftsverbindlichkeiten nicht nur die alleinige Grundlage für die Wertschätzung und Kreditwürdigkeit der Gesellschaft; sie ist vielmehr das notwendige Gegenstück zum Fehlen jeglicher Kapitalerhaltungsregeln. Dabei kann die Rechtsordnung konsequenterweise nicht bei einer Haftung nur der Altgesellschafter Halt machen. Denn mit dem Erwerb seiner Gesellschafterstellung erlangt auch ein neu eintretender Gesellschafter dieselben Zugriffsmöglichkeiten auf das Gesellschaftsvermögen wie die Altgesellschafter, was angesichts der Komplementarität von Entnahmefreiheit und persönlicher Haftung sinnvollerweise nur durch Einbeziehung der Neugesellschafter in dasselbe Haftungsregime, dem auch die Altgesellschafter unterliegen, kompensiert werden kann. Zudem erwirbt der neu Eintretende mit seinem Eintritt in die Gesellschaft auch Anteil an dem Vermögen, der Marktstellung sowie den Kunden- bzw. Mandantenbeziehungen, die die Gesellschaft durch ihre bisherige wirtschaftliche Tätigkeit begründet hat. Es ist deshalb nicht unangemessen, wenn er im Gegenzug auch in die Verbindlichkeiten eintritt, die die Gesellschaft im Zuge ihrer auf Erwerb und Vermehrung dieser Vermögenswerte gerichteten wirtschaftlichen Tätigkeit begründet hat. Nicht selten wird die Altverbindlichkeit, für die der neu eingetretene Gesellschafter mithaften soll, exakt einem Aktivum der Gesellschaft als Gegenleistung (aus der Sicht der Gesellschaft Gegenverpflichtung) zuzuordnen sein, an dem der Eintretende für sich eine Mitberechtigung reklamiert (vgl. BGH, Urteil v. 07.04.2003 - II ZR 56/02 - BGHZ 154, 370 = NJW 2003, 1803, zitiert nach juris Rdnr. 11 f.).

Unter Zugrundelegung dieser Rechtsprechung, der die Kammer folgt, wird Gläubiger der Forderung einer BGB-Gesellschaft jeweils die BGB-Gesellschaft selbst, unabhängig vom Bestand ihrer Mitglieder. Dies gilt auch für Honoraransprüche einer vertragsärztlichen Gemeinschaftspraxis in der Rechtsform einer BGB-Gesellschaft gegenüber der Beklagten als Kassenärztliche Vereinigung. Dies hat die Kammer bereits mit Urteil v. 07.03.2007 - S 12 KA 59/07 - www.sozialgerichtsbarkeit.de = juris = http://web2.justiz.hessen.de/migration/rechtsp.nsf/suche?Openform (rechtskräftig) entschieden (s. a. SG Marburg, Beschl. v. 23.08.2007 - S 12 KA 313/07 ER -, aaO., Beschwerde durch LSG Hessen, Beschl. v. 10.04.2008 - L 4 KA 63/07 ER – zurückgewiesen). Die Kammer hat darin weiter ausgeführt:

"Honoraransprüche sind vermögensrechtliche Ansprüche. Es sind keine zwingenden öffentlich-rechtlichen Vorschriften ersichtlich, die ein Abweichen von der genannten BGH-Rechtsprechung gebieten würden.

Die von der Beklagten angeführte "Sperrwirkung des Zulassungsrechts" gilt nur insofern, als es für den jeweiligen Bestand der Gemeinschaftspraxis ausschließlich auf den aktuellen Zulassungsstatus, nicht die diesem zugrunde liegenden vertraglichen Absprachen zwischen den Gesellschaftern ankommt. Insofern kommt es auch nicht auf eine Kenntnis der Gesellschaftsverträge an, wenn sich aus dem Zulassungsstatus ergibt, dass die Gemeinschaftspraxis, wenn auch in veränderter Zusammensetzung fortbesteht. Erst bei Ausscheiden aller Mitglieder einer Gemeinschaftspraxis bzw. bei Übrigbleiben eines Vertragsarztes ist die Gemeinschaftspraxis zulassungsrechtlich beendet. Solange zwei oder mehr Mitglieder in ihr verbleiben, wird sie fortgeführt, unabhängig vom Wechsel ihrer Mitglieder. Hat die Beklagte Zweifel am Fortbestand der Gemeinschaftspraxis, so kann sie Einsicht in die Zulassungsunterlagen nehmen. Anhand der Zulassungen kann im Regelfall nachverfolgt werden, ob eine Gemeinschaftspraxis aufgelöst wird oder nicht. Im Falle einer Auflösung haben die Beteiligten dies gegenüber dem Zulassungsausschuss zu erklären, der eine entsprechende Feststellung zu treffen hat. Insoweit übt der Zulassungsausschuss eine Notarfunktion aus. Wird eine Gemeinschaftspraxis fortgeführt, so kann man dies daran erkennen, dass ein Rest der Gemeinschaftspraxis bestehen bleibt. Insofern kann anhand der Zulassungen nachverfolgt werden, ob eine Gemeinschaftspraxis fortbesteht oder aufgelöst wird. Im Rechtsverkehr mit der Beklagten kommt es ausschließlich auf den Zulassungsstatus an. Insofern ist der Beklagten zuzugeben, dass hier eine öffentlich-rechtliche Überlagerung stattfindet, allerdings nicht mit den von der Beklagten genannten Folgerungen. Auf Grund des Zulassungsverfahrens und des Zulassungsregisters tritt insofern verbindlich die Gemeinschaftspraxis im Außenverkehr auf und muss sich daran festhalten lassen, wie sie zugelassen ist.

Den ausscheidenden Mitgliedern obliegt es mit den verbleibenden Mitgliedern im Rahmen der Auseinandersetzung über das Gesellschaftsvermögen zu regeln, wie die noch ausstehenden Honoraransprüche, die bereits erarbeitet wurden, aber noch nicht festgesetzt sind, verrechnet werden (§ 738 BGB). Dies ist im Übrigen keine Besonderheit des Vertragsarztrechts, sondern gilt für alle BGB-Gesellschaften bzgl. künftiger bzw. noch nicht fälliger Forderungen. Im Außenverhältnis zur Kassenärztlichen Vereinigung tritt aber nur die Gemeinschaftspraxis in ihrer aktuellen Zusammensetzung auf. Entsprechend wird sie mit Leistung an diese auch von ihrer Leistungspflicht vollständig befreit. Gegenüber den ausscheidenden Mitgliedern ist sie im Grunde genommen nie leistungspflichtig geworden, als nicht diese, sondern eben die Gemeinschaftspraxis an der Honorarverteilung nach § 85 Abs. 4 SGB V teilnimmt. Ändert sich deren Zusammensetzung, so nimmt sie eben in der geänderten Zusammensetzung an der Honorarverteilung teil.

Mit Ausscheiden eines Gesellschafters wird der bisherig praktizierten Ausübungsform vertragsärztlicher Tätigkeit nicht die reale Grundlage entzogen. Dies wird sinnbildlich, wenn die Gemeinschaftspraxis die bereits zuvor behandelten Patienten auch weiterhin behandelt. Die Vergabe einer neuen Abrechnungsnummer hat allenfalls eine honorartechnische, verwaltungsinterne Bedeutung. Der Grundsatz der persönlichen Leistungserbringung ist lediglich eine Voraussetzung für die Abrechenbarkeit einer Leistung. Folgerungen für den Vergütungsanspruch ergeben sich, soweit die vertragsärztliche Leistung durch ein Mitglied der Gemeinschaftspraxis erbracht wurde, nicht. Auch die Beklagte geht davon aus, dass trotz des Grundsatzes der persönlichen Leistungserbringung die Vergütung nicht dem einzelnen Arzt, sondern der Gemeinschaftspraxis zuzufließen hat. Im Übrigen besteht nach § 85 Abs. 4 SGB V kein Anspruch auf Vergütung einer einzelnen Leistung, sondern nur auf Teilnahme an der Honorarverteilung.

Soweit sich das Bundessozialgericht mit dieser spezifischen Fallgestaltung noch nicht befasst hat, hat es aber in verschiedenen Entscheidungen zu erkennen gegeben, dass es ebf. der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs folgt (vgl. z. B. BSG, Urteil v. 21.05.2003 – B 6 KA 33/02 RMedR 2004, 172, juris Rdnr. 17). Soweit das BSG betont hat, auch der Schutz des neuen Praxispartners spreche dafür, Einzel- und Gemeinschaftspraxis im Zeitablauf nicht als Einheit zu sehen, da bei einer einheitlichen Betrachtung sich nämlich möglicherweise die Folgerung ergäbe, dass der erst später eingetretene Praxispartner für eventuelle Regresse wegen früherer unzulässiger Verordnungen und für etwaige Honorarrückforderungen z. B. wegen nachträglicher sachlich-rechnerischer Richtigstellungen mitzuhaften hätte und werde hiervor der hinzutretende Partner bewahrt, wenn der Wechsel des Praxisstatus als Zäsur anerkannt werde (vgl. BSG, Urteil v. 21.05.2003 – B 6 KA 33/02 RMedR 2004, 172, juris Rdnr. 24), so betraf diese Entscheidung allein den Fall des Hinzutretens eines weiteren Vertrags(zahn)arztes in die Praxis eines bereits praktizierenden Vertrags(zahn)arztes, also der Neugründung einer Gemeinschaftspraxis. In der Entscheidung zur Genehmigung überörtlicher Gemeinschaftspraxen führt das BSG aus, die Gemeinschaftspraxis ist berechtigt, ihre Leistungen unter einer einzigen Abrechnungsnummer gegenüber der zuständigen KÄV abzurechnen, und tritt dieser entsprechend wie ein Einzelarzt als einheitliche Rechtspersönlichkeit gegenüber. Rechtlich gesehen ist eine Gemeinschaftspraxis eine Praxis (vgl. BSG, Urteil v. 16.07.2003 – B 6 KA 49/02 RSozR 4-5520 § 33 Nr. 1 = BSGE 91, 164 = GesR 2004, 47 = MedR 2004, 114 = NJW 2004, 1820, juris Rdnr. 31). Die BGB-Gesellschaft und nicht ihre einzelnen Mitglieder sind Gläubiger der Honorarforderung im Verhältnis zur Kassenärztlichen Vereinigung. Der Honoraranspruch aus den ärztlichen Leistungen ihrer Mitglieder steht nur der BGB-Gesellschaft selbst zu, denn diese ist nach der neuen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs selbst Träger aller Rechte und Pflichten im Rechtsverkehr. Umgekehrt richten sich Ansprüche der Kassenärztlichen Vereinigung im Zusammenhang mit Honorarberichtigungen oder Honorarrückforderungen gegen die Gemeinschaftspraxis selbst und nicht gegen nur einzelne ihr angehörenden Ärzte. Das gilt auch für Maßnahmen der Wirtschaftlichkeitsprüfung sowie für Regresse wegen unwirtschaftlicher oder unzulässiger Verordnungen von Arznei- bzw. Heil- und Hilfsmitteln. Nicht die Behandlungs- und Verordnungsweise des einzelnen Arztes, sondern der Gemeinschaftspraxis als Ganzes ist Gegenstand der Prüfung durch die Prüfgremien (vgl. BSG, Urteil v. 16.07.2003 – B 6 KA 49/02 R – aaO., juris Rdnr. 34). In einer weiteren Entscheidung hat es für den Regressanspruch, der sich aus unzulässigen Verordnungen eines Mitglieds einer Gemeinschaftspraxis ergibt, die Haftung auch der weiteren Mitglieder der Gemeinschaftspraxis bejaht. Nach dem BSG ist es aus Rechtsgründen ausgeschlossen, einer Gemeinschaftspraxis alle Vorteile der gemeinsamen Patientenbehandlung zu Gute kommen zu lassen, im Falle eines unwirtschaftlichen oder rechtswidrigen Behandlungs- bzw. Verordnungsverhaltens den Status der Gemeinschaftspraxis aber außer Betracht zu lassen. Die wirtschaftlichen Folgen von Falschabrechnungen bzw. rechtswidrigen Verordnungen treffen notwendig die Gemeinschaftspraxis. Auf die vertretungs- und gesellschaftsrechtlichen Fragen kommt es nicht an. Solange ein Vertragsarzt seine Tätigkeit im Status einer Gemeinschaftspraxis ausübt, sind seine Behandlungen, Abrechnungen und Verordnungen im Rechtssinne solche der Gemeinschaftspraxis. Lösen diese Abrechnungen oder Verordnungen Rückzahlungs- und Regressansprüche der Institutionen der vertragsärztlichen Versorgung aus, hat dafür die Gemeinschaftspraxis und damit jedes ihrer Mitglieder in gesamtschuldnerischer Haftung einzustehen. Diese Einstandspflicht kann durch vertragliche Vereinbarung zwischen den Gesellschaftern der Gemeinschaftspraxis nicht im Außenverhältnis zu den Institutionen der vertragsärztlichen Versorgung ausgeschlossen oder eingeschränkt werden (vgl. BSG, Urteil v. 20.2004 – B 6 KA 41/03 RSozR 4-2500 § 106 Nr. 6 = GesR 2005, 252 = MedR 2005, 421, juris Rdnr. 37 f.)."

An dieser Rechtsauffassung hält die Kammer nach nochmaliger Prüfung fest. Soweit das BSG, Urt. v. 07.02.2007 - B 6 KA 6/06 R – aaO., juris Rdnr. 15 ff., eine Kassenärztliche Vereinigung nicht als befugt ansieht, Honoraransprüche einer neu gegründeten Gemeinschaftspraxis mit Forderungen zu verrechnen, die ihr gegen einen der Praxispartner aus dessen vorangegangener Tätigkeit als Einzelvertragsarzt zustehen, so betrifft dieses Entscheidung gerade nicht das Fortbestehen einer Gemeinschaftspraxis.

Das bedeutet, dass Forderungsinhaberin eines Honoraranspruchs die Gemeinschaftspraxis in ihrer aktuellen Zusammensetzung ist, die sich aber umgekehrt auch alle erfolgten Zahlungen anrechnen lassen muss. Die Auffassung der Klägerin würde dazu führen, dass die Beklagte zwar an die Gemeinschaftspraxis in ihrer aktuellen Zusammensetzung das Honorar auch für vergangene Quartale ausschütten müsste, bereits erfolgte Zahlungen aber wegen eines Gesellschafterwechsels nicht anrechnen dürfte. Konsequenterweise würde dies nicht nur für "Überzahlungen", sondern für alle Abschlagszahlungen gelten. So hätte unter Berücksichtigung des Zeitfaktors, dass der Honorarbescheid in der Vergangenheit bei der Beklagten erst ca. 5 bis 12 Monate nach Quartalsende erging, die Gemeinschaftspraxis einen Anspruch auf den festgesetzten Honoraranspruch in voller Höhe, ohne dass die Kassenärztliche Vereinigung die bereits an die Gemeinschaftspraxis in ihrer früheren Zusammensetzung erfolgten Abschlagszahlungen anrechnen könnte. Dies ist nicht im Einklang mit der Stellung einer BGB-Gesellschaft im Rechtsverkehr nach der genannten neueren Rechtsprechung. Sinn dieser Rechtsprechung ist es gerade auch, dem Gläubiger, hier der Kassenärztlichen Vereinigung, einen Schuldner, hier der Klägerin, unabhängig vom Bestand ihrer Gesellschafter zu geben. Schon aus diesem Grund bestand eine Gegenseitigkeit zwischen dem Anspruch der Klägerin auf die Restzahlung und der Forderung der Beklagten auf Rückzahlung der zuviel gezahlten Abschläge.

Hinzu kommt im vorliegenden Fall, dass der "umgebuchte" Betrag aus dem Quartal III/05 übernommen wurde. Zwischen dem Quartal III und IV/05 fand aber kein Gesellschafterwechsel statt. Der Zulassungsstatus bleibt durch den Wechsel vom Job-Sharing zur eigenständigen Zulassung dem Grunde nach unberührt, ebenso der Bestand der Gemeinschaftspraxis. Mit dem Kontoauszug für das Quartal III/05 hat die Beklagte aber eine Überzahlung gegenüber der Klägerin in der Zusammensetzung Dr. med. E, Dr. medic/IMF Bukarest F und Dr. med. I festgestellt, so dass auch von daher Gegenseitigkeit gegeben ist. Dabei hält es die Kammer für unerheblich, dass dieser Betrag mit 162.755,30 EUR nicht identisch ist mit dem in das Quartal IV/05 umgebuchten Betrag, da dieser geringer ist und die Klägerin insofern nicht benachteiligt wird.

Die Beklagte hat die Aufrechung auch wirksam konkludent durch den dem Honorarbescheid beigefügten "Kontoauszug für das 4. Quartal 2005 – wichtige Unterlagen für die Steuererklärung "erklärt. Wenn auch zweifelhaft ist, ob es sich bei einem Kontoauszug um einen Verwaltungsakt handelt, da der Kontoauszug lediglich einen Hinweis über die Zahlungen und Ansprüche enthält und einer Regelung i. S. d. § 31 SGB X entbehrt (vgl. Urteil der Kammer v. 29.08.2007 - S 12 KA 575/06 verb. m. S 12 KA 575/05 -, aaO., rechtskräftig). Sachlich ist der Kontoauszug mit einem Kontokorrent nach § 355 HGB vergleichbar. Die Beklagte verrechnet in dem Kontoauszug die sich aus dem Vertragsarztverhältnis ergebenden wechselseitigen Zahlungsansprüche bzw. die Vorauszahlungen und Verwaltungskostenbeiträge mit den im Honorarbescheid festgesetzten Honoraransprüchen nach Art eines Kontokorrents (vgl. z. B. LSG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 22.08.2001 - L 3 KA 183/00 - juris Rdnr. 49; LSG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 06.09.2000 - L 3/5 KA 66/99 - juris Rdnr. 28). Forderungen und Gegenforderungen werden quartalsweise saldiert und in das nächste Quartal als dem nächsten Abrechnungszeitraum übertragen. Soweit im Saldo eine Forderung der Beklagten besteht, wird der Betrag zunächst gestundet. Der Kontoauszug kann eindeutig der Beklagten zugeordnet werden. Insofern ist es unerheblich, ob er maschinell erstellt wird. Mit diesem Kontoauszug kann die Aufrechnung erklärt werden (vgl. auch LSG Schleswig-Holstein, Urt. v. 04.11.2008 - L 4 KA 2/06 - juris Rdnr. 53).

Soweit als maßgebliche Handlungsform einer Aufrechnung in der Rechtsprechung die Form eines Verwaltungsakts angesehen wird, so betrifft dies die Aufrechnung bzw. Verrechnung nach §§ 51, 52 SGB I (vgl. BSG, Beschl. v. 05.02.2009 - B 13 R 31/08 R – juris Rdnr. 8 ff. m.w.N.), die hier nicht zu Anwendung kommen. Gleichfalls ist nur nach diesen Vorschriften eine Ermessensausübung notwendig.

Nach allem war die Klage daher abzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG i. V. m. § 154 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung. Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
Rechtskraft
Aus
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