Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
4
1. Instanz
SG Heilbronn (BWB)
Aktenzeichen
S 12 KR 1351/06
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 4 KR 4791/08
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Heilbronn vom 28. August 2008 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Klägerin in der Zeit ab dem 01. Juli 1982 bei der Beigeladenen zu 1) bzw. deren Rechtsvorgänger sozialversicherungspflichtig beschäftigt ist.
Die Klägerin ist am 1954 geboren. Sie ist seit dem 01. September 1971 ununterbrochen Mitglied der beklagten Krankenkasse. Vom 01. September 1971 bis 30. Juni 1974 absolvierte sie eine Ausbildung zur Industriekauffrau. Anschließend war sie ein Jahr lang in ihrem Ausbildungsbetrieb als kaufmännische Angestellte tätig. Vom 01. Juli 1975 bis zum 30. Juni 1982 arbeitete sie als Sekretariatsleiterin bei einem S.- und G.-verband. Ab dem 01. Juli 1982 war sie in der Café-Konditorei M. in W. tätig. Inhaber dieses Unternehmens war ihr damaliger Ehemann. Am 1983 wurde die Tochter der Klägerin geboren. Die Klägerin unterbrach ihre Erwerbstätigkeit nicht. Im Jahr 1992 wurde die Betriebsstätte nach O. verlegt, das Unternehmen firmierte um zu Bäckerei-Konditorei W., Inhaber blieb weiterhin der Ehemann. Im Oktober 2004 wurden die Klägerin und ihr Ehemann geschieden. Zum 01. Oktober 2004 übernahm die Tochter der Klägerin die Bäckerei-Konditorei. Die Klägerin blieb weiterhin in dem Betrieb tätig.
Während der gesamten Zeit ab dem 01. Juli 1982 wurde für die Klägerin der Gesamtsozialversicherungsbeitrag an die Beklagte abgeführt. Dem Beitrag lag ab dem Jahre 1988 ein im Wesentlichen gleichbleibendes Einkommen zugrunde, das zunächst etwa DM 24.600,00 im Jahr und sodann ab 1993 unverändert DM 25.625,00 und entsprechend ab Januar 2002 EUR 13.102,00 betrug. Während dieser Zeit nahm sie nach ihren Angaben mindestens eine Leistung der Beklagten in Anspruch, nämlich im Sommer 2000 eine mehrwöchige medizinische Rehabilitationsmaßnahme. Auch in dieser Zeit wurde ihr Gehalt weitergezahlt.
Die Klägerin war von Anfang an, ab dem 02. Juli 1992, Alleineigentümerin des Grundstücks in O., auf dem sich das Gebäude mit der ehelichen Wohnung und den Betriebsräumen der Konditorei befindet. Diese Räume verpachtet sie an das Unternehmen. Zum Erwerb des Objekts nahm der geschiedene Ehemann der Klägerin im November 1991 mehrere Darlehen bei der V. Ob. S. auf. Zur Sicherung dieser Darlehen und zur Sicherung der Forderungen aus der laufenden Geschäftsverbindung (Kontokorrentkredit) traten sowohl die Klägerin als auch ihr geschiedener Ehemann Ansprüche gegen Versicherungsunternehmen und dergleichen an die V. ab. Weiterhin nahmen die Klägerin und ihr geschiedener Ehemann gemeinschaftlich ein Darlehen über DM 200.000,00 auf. Für dieses Darlehen und den Kredit der V. übernahm die Klägerin auf ihr Grundstück zwei Grundschulden über DM 200.000,00 und DM 800.000,00. Am 14. November 1997 nahm der geschiedene Ehemann allein einen Betriebsmittelkredit über DM 80.000,00 bei der V. auf, der am 05. September 2001 auf DM 110.000,00 erweitert wurde. Die Klägerin übernahm für diesen Kredit die persönliche Mitverpflichtung. Am 29. Juli 2002 nahmen die Klägerin und ihr geschiedener Ehemann gemeinsam drei Bauspardarlehen bei der Bausparkasse S. H. über zusammen EUR 314.700,00 auf. Weiterhin nahm der geschiedene Ehemann der Klägerin am 23. August 2002 einen weiteren Betriebsmittelkredit über EUR 50.000,00 auf, für den sich die Klägerin persönlich mitverpflichtete. Gegenüber der V. gab die Klägerin in ihren Kontoeröffnungsanträgen vom 12. September 1991 und 28. April 1992 an, sie sei Bäckereifachverkäuferin und bei ihrem Ehemann nicht selbstständig angestellt. Nach der Scheidung von ihrem Ehemann errichtete die Klägerin am 21. Januar 2005 ein weiteres eigenes Konto bei der V., in dem sie angab, sie handle als wirtschaftlich unselbstständige Privatperson.
Unter dem 15. September 2005, eingegangen bei der Beklagten am 04. November 2005, beantragte die Klägerin die Feststellung, dass sie seit Juni 1982 nicht sozialversicherungspflichtig beschäftigt sei. Sie fügte umfangreiche Bankunterlagen, einen Grundbuchauszug und die Gewerbeanmeldung ihrer Tochter ab dem 01. Oktober 2004 bei. In dem vorgelegten Feststellungsbogen zur versicherungsrechtlichen Beurteilung eines Beschäftigungsverhältnisses zwischen Angehörigen gab die Klägerin an, ihre Aufgaben seien die Leitung des Geschäfts der Bäckerei, Mitarbeiterführung, Einstellungen, Entlassungen, Buchhaltung, Rechnungswesen, Kundenbindung, Wareneinkauf, Erstellung von Mitarbeiterzeugnissen, eigenverantwortliche Repräsentanz der Bäckerei auf dem W.er Weihnachtsmarkt, Kassenführung, Inventur und weiteres. Sie erhalte ein regelmäßiges monatliches Arbeitsentgelt von durchschnittlich brutto EUR 1.100,00. Die Tätigkeit werde nicht aufgrund einer arbeitsvertraglichen Vereinbarung ausgeübt. Sie sei in den Betrieb ihres Mannes bzw. ihrer Tochter eingegliedert, hierbei strich sie jedoch den Zusatz "wie eine fremde Arbeitskraft" durch. An Weisungen des Inhabers sei sie nicht gebunden, sie könne ihre Tätigkeit frei bestimmen und gestalten, wirke aufgrund besonderer Fachkenntnisse bei der Führung des Betriebs mit und ihre Mitarbeit sei aufgrund familienhafter Rücksichtnahme durch ein gleichberechtigtes Nebeneinander zum Betriebsinhaber geprägt. Sie gab ferner an, es seien kein Urlaubsanspruch, keine Kündigungsfrist und keine Entgeltfortzahlung bei Arbeitsunfähigkeit vereinbart gewesen, das Entgelt sei stets an die betriebliche Ertragslage angepasst gewesen und sei regelmäßig gezahlt worden. Von dem Gehalt sei Lohnsteuer entrichtet worden, der Betriebsinhaber habe es auch als Betriebsausgabe verbucht. Sie habe dem Unternehmen ihres geschiedenen Ehemannes ein Darlehen über DM 50.000,00 und eine Bürgschaft über DM 200.000,00 erteilt und hafte für die Kontokorrentverbindung des Betriebs mit.
Mit Schreiben vom 08. Dezember 2005 teilte die Beklagte der Klägerin mit, bei ihrer Tätigkeit handle es sich um ein abhängiges sozialversicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis. Sie sei in die betriebliche Organisation eingegliedert. Soweit sie gegebenenfalls ihre Tätigkeit eigenverantwortlich gestalten könne, stehe dies einer sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung nicht entgegen. Die Weisungsgebundenheit sei bei Diensten höherer Art zu einer am Dienstprozess dienenden Teilhabe verfeinert. Ohne die Mitarbeit der Klägerin müsse eine andere Arbeitskraft eingestellt werden. Das Gehalt der Klägerin sei für ihre Tätigkeit ortsüblich bzw. tariflich, es werde monatlich gezahlt, als Betriebsausgabe verbucht und aus ihm werde Lohnsteuer entrichtet. Die Gewährung von Darlehen und die Übernahme von Bürgschaften für den Betrieb sei lediglich ein Indiz für eine versicherungsfreie Beschäftigung, das jedoch zur Verneinung der Versicherungspflicht nicht ausreiche. Hierbei sei vielmehr zu berücksichtigen, welchen finanziellen Einfluss der Darlehensgeber durch das gewährte Darlehen auf die Geschicke des Unternehmens ausüben könne und in welchem Verhältnis dieses Darlehen zum sonstigen Betriebsvermögen, zum Vermögen des Ehegatten und zur Betriebsgröße stehe. Unter Berücksichtigung der Gesamtumstände könne daher dem Antrag der Klägerin nicht nachgekommen werden. Die Klägerin nahm durch ihren Bevollmächtigten umfangreich Stellung. Sie trug ergänzend vor, sie entscheide eigenverantwortlich und allein nach den betrieblichen Belangen ausgerichtet über Zeit, Dauer und Art ihrer Arbeit. Es sei von einer familienhaften Rücksichtsnahme auszugehen. Dies schließe die tatsächliche Erteilung rechtlich grundsätzlich möglicher Weisungen aus. Dass bei ihrem Ausfall eine andere Arbeitskraft eingestellt werden müsse, sei als Indiz für eine Versicherungspflicht nicht herzuleiten. Dies gelte auch bei einem Ausfall des Inhabers selbst. Es sei auch kein schriftlicher Arbeitsvertrag abgefasst worden. Die Sicherheiten, die sie für das Unternehmen übernommen habe, entsprächen ihrem Nettoentgelt für zehn Jahre.
Mit Bescheid vom 23. Dezember 2005 lehnte die Beklagte den Antrag der Klägerin ab. Es sei bei ihrer Tätigkeit von einer sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung auszugehen. Der hiergegen erhobene Widerspruch der Klägerin wurde durch den bei der Beklagten gebildeten Widerspruchsausschuss am 10. März 2006 zurückgewiesen. Die Klägerin erhalte ein angemessenes Gehalt, das der Lohnsteuerpflicht unterliege und als Betriebsausgabe verbucht werde. Diese Gesichtspunkte seien als Indizien für eine Tätigkeit als Arbeitnehmer zu werten. Es sei nicht erkennbar, dass die Klägerin, obwohl sie (Mit-)Inhaberin des Betriebsgrundstücks sei, insoweit Einfluss auf die Beschäftigung bei ihrem geschiedenen Ehegatten habe nehmen können. Gleiches gelte im Ergebnis für die übernommenen Verpflichtungen aus der Bürgschaft und der Darlehensgewährung.
Am 07. April 2006 erhob die Klägerin Klage zum Sozialgericht Heilbronn (SG). Die Klägerin beantragte vor dem SG, den Bescheid der Beklagten vom 23. Dezember 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 10. März 2006 aufzuheben und festzustellen, dass ihre Tätigkeit in der Café-Konditorei M. in W. und der Bäckerei-Konditorei W. in O. seit dem 01. Juli 1982 nicht der Versicherungspflicht zur Kranken-, Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung unterliege. Sie verwies auf ihr bisheriges Vorbringen und führte ergänzend aus, fehlerhaft sei die Einschätzung der Beklagten, die stillschweigende Anerkennung eines Ehegattenarbeitsverhältnisses durch die Finanzbehörden lasse bereits den Schluss auch auf ein versicherungspflichtiges, weil abhängiges Beschäftigungsverhältnis zu. Neben bereits der Beklagten übersandten Unterlagen legte sie ihre Gehaltsabrechnung für Mai 2004 über insgesamt brutto EUR 1.091,82 (Ehegattengehalt EUR 1.051,94; Arbeitgeberanteil vermögenswirksame Leistungen EUR 39,88) und den Rentenversicherungsverlauf der Beigeladenen zu 3) vom 05. August 2004 vor, auf den Bezug genommen wird.
Die Beklagte trat der Klage entgegen.
Das SG lud mit Beschluss vom 25. Juni 2008 die Tochter der Klägerin als nunmehrige einzelkaufmännische Inhaberin der Bäckerei-Konditorei W., die bei der Beklagten errichtete Pflegekasse, die Deutsche Rentenversicherung Bund und die Bundesagentur für Arbeit zum Verfahren bei.
Das SG wies die Klage mit Urteil vom 28. August 2008 ab. Es führte aus, eine Beschäftigung setze voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig sei. Dies äußere sich regelmäßig in der Eingliederung in einen fremden Betrieb, sei es, dass der Arbeitnehmer einem Zeit-, Dauer- und Ort der Arbeitsleistung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliege, sei es, dass er, insbesondere bei Diensten höherer Art, funktionsgerecht dienend an dem Arbeitsprozess des Unternehmens teilhabe. Eine selbstständige Tätigkeit sei dagegen durch ein eigenes Unternehmerrisiko, die Verfügungsfreiheit über die eigene Arbeitskraft sowie die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Weise im Einzelfall eine Tätigkeit Merkmale der Abhängigkeit und der Selbstständigkeit auf, so komme es bei einer Beurteilung des Gesamtbildes darauf an, welche Merkmale überwögen. Auch bei der Beschäftigung von Angehörigen sei zu prüfen, ob nach den gesamten Umständen des Einzelfalls ein Beschäftigungsverhältnis mit Entgeltzahlung vorliege. Hier könnten sich jedoch aufgrund der verwandtschaftlichen Beziehungen Besonderheiten ergeben. So könne das Über- und Unterordnungsverhältnis in einer abgemilderten Form vorliegen. Beschäftigte Angehörige unterlägen im Vergleich zu familienfremden Arbeitnehmern häufig einerseits gewissen Privilegien, insbesondere hinsichtlich der Dauer und der Einhaltung der Arbeitszeit, andererseits müssten sie jedoch typischerweise ihren Arbeitgebern gegenüber gewisse Konzessionen machen, etwa bei der Höhe des Entgelts. Das SG führte weiter aus, nach diesen rechtlichen Vorgaben handle es sich bei der Tätigkeit der Klägerin im Betrieb ihres geschiedenen Ehemannes bzw. ihrer Tochter um ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis. Dem stehe nicht entgegen, dass ein schriftlicher Arbeitsvertrag nicht geschlossen worden sei. Die Klägerin erhalte für ihre Tätigkeit einen monatlichen Lohn, der als Betriebsausgabe verbucht und von dem Lohnsteuer abgeführt werde. Sie habe jährlich eine Einkommensteuererklärung erstellt, während der Betriebsinhaber getrennt hiervon seine Steuererklärung abgegeben habe. Der Urlaubsanspruch der Klägerin und die Kündigungsfrist hätten sich an den gesetzlichen Vorgaben für Arbeitsverträge orientiert. Während des Urlaubs sei der Lohn weiterbezahlt worden. Hinsichtlich einer Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall sei zwar keine Regelung getroffen worden. Auch hier sei jedoch darauf hinzuweisen, dass der Versicherungsverlauf der Klägerin keine Lücken aufweise, sodass davon ausgegangen werden müsse, dass das vereinbarte Gehalt auch im Krankheitsfalle weitergezahlt worden sei. Die Klägerin habe in der mündlichen Verhandlung auch angegeben, nie sechs Wochen am Stück oder länger krank gewesen zu sein sowie im Sommer 2000 die genannte Rehabilitationsmaßnahme zu Lasten der Beklagten in Anspruch genommen zu haben. Dies widerspreche ihrem Vortrag, als Selbstständige der Solidargemeinschaft der Sozialversicherung nicht angehört zu haben. Gegen die Annahme einer selbstständigen Tätigkeit spreche, dass sie zu keinem Zeitpunkt in rechtlicher Hinsicht die Betriebsinhaberin gewesen sei. Ihren Angaben im Feststellungsbogen zufolge sei ihr ein fest umrissenes Aufgabengebiet zugewiesen. Da es sich bei dem ihr gehörenden Gebäude auch um das Wohnhaus der Familie handle, habe sie auch ein erhebliches privates/familiäres Interesse an der Erhaltung und Instandhaltung des Gebäudes. Die Mithaftung der Ehegatten im Rahmen schuldrechtlicher Verpflichtungen des jeweiligen Betriebsinhabers sei nicht unüblich und werde von den Banken gefördert. Wegen der weiteren Einzelheiten der Begründung wird auf das Urteil des SG verwiesen. Dieses Urteil wurde den Bevollmächtigten der Klägerin am 12. September 2008 zugestellt.
Am 13. Oktober 2008 (Montag) hat die Klägerin Berufung zum Landessozialgericht Baden-Württemberg (LSG) eingelegt. Sie verweist auf ihren Vortrag aus erster Instanz. Ergänzend trägt sie vor, bei dem Erwerb der ersten Konditorei in W. im Jahr 1982 hätten sie und ihr geschiedener Ehemann zusammen rund DM 100.000,00 aufgewendet, wovon rund DM 60.000,00 aus ihren Mitteln bestritten worden seien. Ferner habe sie gegen Mitte oder Ende der 1980-er-Jahre unabhängig von ihrem Ehemann einen Versandhandel mit Weihnachtskuchen aufgebaut und ab 1999 jeweils sechs bis acht Wochen jährlich einen eigenen Weihnachtsmarktstand in W. betrieben. In diesen Zeiten sei sie in der Konditorei nicht anwesend gewesen, eine fremde Arbeitskraft sei gleichwohl nicht engagiert worden. Den Umbau des Betriebs in O. 1999/2000 habe sie allein veranlasst. Sie habe allein die notwendigen Verhandlungen mit der den Kredit gebenden V. geführt. Ihrem geschiedenen Ehemann habe lediglich noch oblegen, den Darlehensvertrag zu unterzeichnen. Nach der Scheidung habe sie weitere Fremdmittel aufgenommen, um die Ansprüche ihres geschiedenen Ehemannes zu befriedigen und ihrer Tochter einen schuldenfreien Betrieb zur Verfügung stellen zu können. Die Zuweisung eines bestimmten Aufgabenkreises habe es entgegen der Auffassung des SG nicht gegeben. Sie habe vielmehr, wenngleich zum Teil gemeinsam mit Ihrem geschiedenen Ehemann, sowohl die zeitliche wie räumliche Organisation des Betriebs als auch die jeweiligen Betriebsabläufe maßgeblich gestaltet und auch die jeweiligen Änderungen der betrieblichen Strukturen maßgebend mitbestimmt, wie den Erwerb, die Modernisierung, die Verlagerung und weitere Umgestaltung des Betriebs. Ihr fortlaufend dokumentiertes finanzielles Engagement zeige, dass sie ihre wirtschaftliche Zukunft uneingeschränkt an die des Betriebs der Beigeladenen zu 1) gebunden habe. Entgegen der Auffassung des SG habe sie mit der Übernahme finanzielle Risiken eine Erweiterung der maßgeblichen rechtlichen Einflussnahme im Betrieb der Beigeladenen zu 1) erreicht. Das Unternehmerrisiko sei nur einer von vielen Aspekten im Rahmen der sozialversicherungsrechtlichen Beurteilung.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Heilbronn vom 28. August 2008 aufzuheben und den Bescheid der Beklagten vom 23. Dezember 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 10. März 2006 aufzuheben sowie festzustellen, dass sie im Rahmen ihrer Tätigkeit im Betrieb der Cafe-Konditorei M. in W. und anschließend in der Bäckerei-Konditorei W. in O. (Beigeladene zu 1) seit dem 01. Juli 1982 nicht der Versicherungspflicht zur Kranken-, Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung unterlegen habe bzw. unterliege.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung der Klägerin zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.
Die Beigeladene zu 1) hat sich den Ausführungen der Klägerin in vollem Umfang angeschlossen. Die weiteren Beigeladenen haben sich am Verfahren nicht beteiligt und insbesondere keine konkreten Anträge gestellt.
Wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Senatsakte, die Akte des SG sowie die von der Beklagten vorgelegte Verwaltungsakte Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die nach den §§ 143, 151 Abs. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Klägerin ist zulässig. Insbesondere war sie nach § 144 Abs. 1 Satz 2 SGG nicht zulassungsbedürftig, denn die Klage betrifft die Versicherungspflicht der Klägerin über einen Zeitraum von mehr als einem Jahr. Die Berufung ist jedoch nicht begründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der Bescheid der Beklagten vom 23. Dezember 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 10. März 2006 ist rechtmäßig. Die Beklagte hat zutreffend festgestellt, dass die Klägerin ab dem 01. Juli 1982 bei der Beigeladenen zu 1) und deren Rechtsvorgänger eine abhängige Beschäftigung ausübt und deshalb in allen Zweigen der Sozialversicherungspflicht unterliegt.
Die Beklagte war für diese Feststellung zuständig. Nach § 28h Abs. 2 Satz 1 Halbsatz 1 des Vierten Buches des Sozialgesetzbuchs (SGB IV) entscheidet die Einzugsstelle über die Versicherungspflicht und die Beitragshöhe in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung. Die zuständige Einzugsstelle ist nach § 28i Satz 1 SGB IV die Krankenkasse, von der die Krankenversicherung des Betroffenen durchgeführt wird. Die Klägerin war während ihres gesamten hier streitigen Zeitraums seit Juli 1982 Mitglied der beklagten Krankenkasse. Der Gesamtsozialversicherungsbeitrag wurde auch an diese abgeführt. Für die streitige Feststellung ergibt sich auch nicht aus § 7a Absatz 1 Satz 3 SGB IV eine Zuständigkeit der Beigeladenen zu 3). Zwar hat nach § 7a Abs. 1 Satz 2 SGB IV die Einzugsstelle einen Antrag bei der Beigeladenen zu 3) zu stellen, wenn sich aus der Meldung des Arbeitgebers (§ 28a SGB IV) ergibt, dass der Beschäftigte Angehöriger des Arbeitgebers oder geschäftsführender Gesellschafter einer GmbH ist. Angaben über den Ehegattenstatus eines gemeldeten Beschäftigten müssen die Meldungen der Arbeitgeber nach § 28 h Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 Buchst. d SGB IV (eingefügt mit Wirkung vom 30. März 2005 durch das Gesetz zur Vereinfachung des Verwaltungsverfahrens im Sozialrecht vom 21. März 2005, BGBl. I, S. 818) enthalten. Sofern der Beschäftigte Abkömmling des Arbeitgebers ist, muss dies seit dem 01. Januar 2008 gemeldet werden. Das obligatorische Statusfeststellungsverfahren ist bei Ehegatten jedoch erst für solche Tätigkeiten durchzuführen, die erstmals nach dem 30. März 2005 aufgenommen worden sind (vgl. Marschner in Kreikebohm, Kommentar zum SGB IV, § 7a RdNr. 3; Lüdtke in LPK-SGB IV, § 7a RdNr. 11). In den Fällen, in denen die Tätigkeit bereits zuvor ausgeübt worden war, verbleibt es bei der Zuständigkeit der Einzugsstelle nach § 28h Abs. 2 SGB IV. Das gleiche gilt bezogen auf den Stichtag 01. Januar 2008 für mitarbeitende Abkömmlinge. Die Klägerin war jedoch bereits vor dem 30. März 2005 für ihren geschiedenen Ehemann tätig, nämlich seit dem 01. Juli 1982. Für Ihre Tätigkeit bei Ihrer Tochter seit dem 01. Oktober 2004 ist ein obligatorisches Statusfeststellungsverfahren deswegen nicht notwendig, weil sie nicht Abkömmling der Betriebsinhaberin ist und diese Tätigkeit schon vor dem 01. Januar 2008 ausgeübt hat.
Versicherungspflichtig sind Personen, die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt sind. Dies ergab bzw. ergibt sich in der Krankenversicherung bis 31. Dezember 1988 aus § 165 Abs. 1 Nrn. 1 und 2 der Reichsversicherungsordnung (RVO) und seit dem 01. Januar 1989 aus § 5 Abs. 1 Nr. 1 des Fünften Buches des Sozialgesetzbuchs (SGB V), in der Rentenversicherung bis 31. Dezember 1991 aus § 1227 Abs. 1 RVO bzw. § 2 Abs. 1 Nr. 1 des Angestelltenversicherungsgesetzes (AVG) und seit 01. Januar 1992 aus § 1 Satz 1 Nr. 1 des Sechsten Buches des Sozialgesetzbuchs (SGB VI), in der Arbeitslosenversicherung bis 31. Dezember 1997 aus § 168 Abs. 1 des Arbeitsförderungsgesetzes (AFG) und seit 01. Januar 1998 aus § 25 Abs. 1 Satz 1 des Dritten Buches des Sozialgesetzbuchs (SGB III) sowie in der gesetzlichen Pflegeversicherung aus § 20 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 Nr. 1 des Elften Buches des Sozialgesetzbuchs (SGB XI). Eine Beschäftigung ist nach § 7 Abs. 1 SGB IV die nichtselbstständige Tätigkeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis.
Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) setzt eine Beschäftigung voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte eingegliedert ist und dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Demgegenüber ist eine selbstständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft sowie die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob jemand abhängig beschäftigt oder selbstständig tätig ist, hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen (zur Verfassungsmäßigkeit der Abgrenzung zwischen abhängiger Beschäftigung und selbstständiger Tätigkeit vgl. Bundesverfassungsgericht (BverfG) SozR 3-2400 § 7 Nr. 11). Maßgebend ist stets das Gesamtbild der Arbeitsleistung (vgl. BSG SozR 4-2400 § 7 Nr. 7 RdNr. 16).
Das Gesamtbild bestimmt sich nach den tatsächlichen Verhältnissen. Tatsächliche Verhältnisse sind in diesem Sinne die rechtlich relevanten Umstände, die im Einzelfall eine wertende Zuordnung zum Typus der abhängigen Beschäftigung erlauben. Ob eine Beschäftigung vorliegt, ergibt sich aus dem Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es im Rahmen des rechtlich Zulässigen tatsächlich vollzogen worden ist. Ausgangspunkt ist daher zunächst das Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es sich aus den von ihnen getroffenen Vereinbarungen ergibt oder sich aus ihrer gelebten Beziehung erschließen lässt. Eine im Widerspruch zu ursprünglich getroffenen Vereinbarungen stehende tatsächliche Beziehung und die sich hieraus ergebende Schlussfolgerung auf die tatsächlich gewollte Natur der Rechtsbeziehung geht der nur formellen Vereinbarung vor, soweit eine - formlose - Abbedingung rechtlich möglich ist. Umgekehrt gilt, dass die Nichtausübung eines Rechts unbeachtlich ist, solange diese Rechtsposition nicht wirksam abbedungen ist. Zu den tatsächlichen Verhältnissen in diesem Sinne gehört daher unabhängig von ihrer Ausübung auch die einem Beteiligten zustehende Rechtsmacht (BSG SozR 3-2400 § 7 Nr. 4; SozR 3-4100 § 168 Nr. 18). In diesem Sinne gilt, dass die tatsächlichen Verhältnisse den Ausschlag geben, wenn sie von Vereinbarungen abweichen (BSGE 45, 199, 200 ff.; BSG SozR 3-2400 § 7 Nr. 13; BSGE 87, 53, 56; jeweils m.w.N.). Maßgeblich ist die Rechtsbeziehung so, wie sie praktiziert wird, und die praktizierte Beziehung so, wie sie rechtlich zulässig ist (vgl. hierzu insgesamt BSG SozR 4-2400 § 7 Nr. 7 RdNr. 17).
Hierbei hat das BSG in zahlreichen Entscheidungen in ständiger Rechtsprechung betont, dass es auch bei einer Familiengesellschaft wesentlich auf die Kapitalbeteiligung und die damit verbundene Einflussnahme auf die Gesellschaft und deren Betrieb ankommt. Die Grenze zwischen einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis mit Entgeltzahlung und einer nicht versicherungspflichtigen Mitarbeit aufgrund einer familienhaften Zusammengehörigkeit ist unter Berücksichtigung der gesamten Umstände des Einzelfalls zu ziehen (BSG, Urteile vom 10. Mai 2007 - B 7a AL 8/06 - und vom 17. Dezember 2002 - B 7 AL 34/02 R -; jeweils veröffentlicht in juris). Zwar führt das Fehlen einer (maßgeblichen) Unternehmensbeteiligung nicht zwingend zu einer abhängigen Beschäftigung, jedoch ist in diesen Fällen von einer abhängigen Beschäftigung nur in sehr eng begrenzten Einzelfällen abzugehen. Ein solcher Ausnahmefall kann beispielsweise bei Familienunternehmen vorliegen, wenn die familiäre Verbundenheit der beteiligten Familienmitglieder zwischen ihnen ein Gefühl erhöhter Verantwortung schafft, die beispielsweise dadurch zum Ausdruck kommt, dass die Höhe der Bezüge von der Ertragslage des Unternehmens abhängig gemacht wird oder wenn es aufgrund der familienhaften Rücksichtnahme an der Ausübung eines Direktionsrechts völlig mangelt. Hiervon ist insbesondere bei demjenigen auszugehen, der - obwohl nicht maßgeblich am Unternehmenskapital beteiligt - aufgrund der verwandtschaftlichen Beziehungen faktisch wie ein Alleininhaber die Geschäfte des Unternehmens nach eigenem Gutdünken führt (vgl. BSG, Urteil vom 08. Dezember 1987 - 7 RAr 25/86 -, veröffentlicht in juris). Dies bedeutet aber nicht, dass jede familiäre Verbundenheit zum Ausschluss eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses führt. Die Grenze zwischen einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis mit Entgeltfortzahlung und einer nicht versicherungspflichtigen Mitarbeit aufgrund einer familienhaften Zusammengehörigkeit ist vielmehr ebenfalls unter Berücksichtigung der gesamten Umstände des Einzelfalls zu ziehen (BSGE 3, 30, 39 f.; 17, 1, 7 f.; 74, 275, 278 f.; BSG SozR 2200 § 165 Nr. 90; SozR 3-4100 § 168 Nr. 11).
Bei der Beschäftigung eines Familienangehörigen ist zudem neben der Eingliederung des Beschäftigten in den Betrieb und dem gegebenenfalls abgeschwächten Weisungsrecht des Arbeitgebers von Bedeutung, ob der Beschäftigte ein Entgelt erhält, das einen angemessenen Gegenwert für die geleistete Arbeit darstellt, mithin über einen freien Unterhalt, Taschengeld oder eine Anerkennung für Gefälligkeiten hinausgeht. Dabei kommt der Höhe des Entgelts lediglich Indizwirkung zu. Es gilt nicht der Rechtssatz, dass eine untertarifliche oder eine erheblich übertarifliche Bezahlung die Annahme eines beitragspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses ausschließt (BSG, Urteil vom 17. Dezember 2002 - B 11 AL 34/02 R -, veröffentlicht in juris). Weitere Abgrenzungskriterien sind nach der Rechtsprechung, ob ein schriftlicher Arbeitsvertrag geschlossen ist, ob das gezahlte Entgelt der Lohnsteuerpflicht unterliegt, als Betriebsausgabe verbucht und dem Angehörigen zur freien Verfügung ausgezahlt wird, und schließlich, ob der Angehörige eine fremde Arbeitskraft ersetzt. Sind die genannten Voraussetzungen erfüllt, ist es für die Bejahung eines Beschäftigungsverhältnisses nicht erforderlich, dass der Beschäftigte wirtschaftlich auf das Entgelt angewiesen ist (BSG, SozR 3-2500 § 5 Nr. 17). Der Annahme eines Beschäftigungsverhältnisses steht grundsätzlich auch nicht entgegen, dass die Abhängigkeit in der Familie im Allgemeinen weniger stark ausgeprägt ist und deshalb das Weisungsrecht möglicherweise nur mit gewissen Einschränkungen ausgeübt wird (BSGE 34, 207, 210; BSG SozR 3-2400 § 7 Nr. 1; SozR 3-4100 § 168 Nr. 11).
Vor diesem Hintergrund bestimmen sich hier die rechtlich relevanten Beziehungen zwischen der Klägerin und zunächst ihrem geschiedenen Ehemann und sodann ihrer Tochter nach dem in der Praxis gelebten Ablauf der Tätigkeit der Klägerin. Hierbei ist es unerheblich, dass damals kein schriftlicher Arbeitsvertrag geschlossen wurde, denn Dienst- und Arbeitsverträge nach §§ 611 ff. des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) bedürfen zu ihrer Wirksamkeit nicht der Schriftform. Vor diesem Hintergrund überwiegen trotz der von der Klägerin schlüssig dargelegten Freiheiten in der Ausübung ihrer Tätigkeiten bei ihrem Ehemann und der jetzigen Beigeladenen zu 1) qualitativ diejenigen Merkmale, die für eine abhängige Beschäftigung sprechen.
Die Tätigkeit wurde von Beginn an, ab dem 01. Juli 1982, ebenso wie nach dem Wechsel des Betriebsinhabers zum 01. Oktober 2004, durchgängig wie ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis abgewickelt. Die Klägerin erhielt von Beginn an ein regelmäßiges monatliches Arbeitsentgelt auf ihr privates Girokonto. Dieses Gehalt war - wie sich aus dem Versicherungsverlauf vom 05. August 2004 ergibt - jedenfalls seit 1988 nahezu gleichbleibend mit rund DM 24.600,00 in den Jahren 1988 und 1989, rund DM 24.100,00 in den Jahren 1990 und 1991, rund DM 23.700,00 im Jahre 1992, DM 25.625,00 in den Jahren 1993 bis 2001 und EUR 13.102,00 in den Jahren 2002 und 2003. Auch im Jahre 2004 hat sich hieran nichts geändert. Das in der vorgelegten Gehaltsabrechnung für den Mai 2004 genannte Bruttoentgelt von EUR 1.091,82 ergibt für das gesamte Jahr 2004 einen Betrag von gerundet EUR 13.102,00. Die Angabe der Klägerin im Antragsverfahren, ihr Entgelt sei stets an die betriebliche Ertragslage angepasst gewesen, ist deshalb jedenfalls nicht so zu verstehen, dass sie mittelbar am Gewinn oder Verlust des Unternehmens beteiligt gewesen wäre. Zumindest hinsichtlich des Urlaubsanspruchs und der Kündigungsfrist lehnte sich das Rechtsverhältnis zwischen der Klägerin und ihrem geschiedenen Ehemann bzw. ihrer Tochter an die gesetzlichen Regelungen an. Das gleiche gilt im Ergebnis auch für die Fortzahlung des Arbeitsentgelts im Krankheitsfall. Wie das SG zutreffend festgestellt hat, war die Klägerin während ihrer Tätigkeit durchaus zeitweise arbeitsunfähig erkrankt, wenngleich nach ihren Angaben in der mündlichen Verhandlung vor dem SG niemals für mehr als sechs Wochen. Sie war z.B. während der Reha-Maßnahme im Jahre 2000 nicht bei ihrer Beschäftigung. Gleichwohl wurde ihr Arbeitsentgelt ausweislich des Rentenversicherungsverlaufs durchgängig fortgezahlt. Das regelmäßige Gehalt der Klägerin entspricht auch der typischen Vergütung abhängig Beschäftigter. Hierbei kann offenbleiben, ob das Gehalt - wie die Beklagte meint - dem tariflichen bzw. ortsüblichen Lohn für eine Tätigkeit wie die von der Klägerin ausgeübte entspricht. Jedenfalls geht ein Bruttogehalt von zuletzt DM 25.625,00 bzw. EUR 13.102,00 im Jahr über die Gewährung freien Unterhalts, eines Taschengeldes oder einer Anerkennung für Gefälligkeiten aufgrund einer familienhaften Mitarbeit hinaus. Das Arbeitsentgelt wurde der Klägerin auf ihr privates Konto überwiesen, für das sie verfügungsberechtigt war. Damit wurde auch nach außen deutlich gemacht, dass ein (sozialversicherungspflichtiges) Beschäftigungsverhältnis von Anfang an gewollt war. Hierfür spricht auch, dass der geschiedene Ehemann und später die Tochter der Klägerin die Aufwendungen für das Gehalt als Betriebsausgaben verbucht und regelmäßig Lohnsteuer darauf abgeführt haben. Eine solche Verbuchung als Betriebsausgabe und die tatsächliche zeitnahe Entrichtung von Lohnsteuer sind ein weiteres Indiz für eine abhängige Beschäftigung (BSG SozR § 165 RVO Nr. 22).
Zu Beginn der Beschäftigung hatte die Klägerin offenbar kein Interesse daran, sich der Versicherungspflicht und damit des Versicherungsschutzes, insbesondere auch in der Krankenversicherung, zu entledigen oder dies wenigstens durch den Versicherungsträger oder die Einzugsstelle prüfen zu lassen. Vor diesem Hintergrund hat das SG auch zu Recht darauf hingewiesen, dass die Klägerin im Laufe ihrer Beschäftigung für ihren geschiedenen Ehemann Leistungen der Krankenversicherung in Anspruch genommen hat, insbesondere die genannte Rehabilitationsmaßnahme im Sommer 2000.
Die Klägerin war auch nicht an dem Unternehmen ihres geschiedenen Ehemannes und später ihrer Tochter formal beteiligt. Dieser Umstand ist ein weiteres Indiz dafür, dass der Betriebsinhaber das Unternehmen wirtschaftlich nicht aus der Hand geben wollte. Andernfalls hätte es dem geschiedenen Ehemann bzw. später der Tochter der Klägerin frei gestanden, ihr eine wesentliche Beteiligung einzuräumen. Auch die Klägerin selbst hat, obwohl sie nach ihrem Vortrag erhebliche finanzielle Leistungen für das Unternehmen erbracht hat, während der gesamten Zeit seit 1982 nie den Wunsch geäußert, beteiligt zu werden, insbesondere auch nicht nach der Scheidung, in deren Rahmen auch die Frage der Fortführung des Betriebs der Beigeladenen zu 1) zu klären war. Dies deutet darauf hin, dass sie nicht dem wirtschaftlichen Risiko aus der Tätigkeit des Unternehmens ausgesetzt werden wollte. Dafür spricht auch, dass nach dem Vorbringen in der mündlichen Verhandlung des Senats eine Innengesellschaft bestanden haben soll. Diese tritt allerdings nicht nach außen auf (zur Versicherungspflicht eines stillen Gesellschafters vgl. BSG SozR 4-2400 § 7 Nr. 7). Damit war und ist die Klägerin nicht - im Sinne des vom Senat regelmäßig besonders gewichteten Kriteriums - am Unternehmerrisiko der Beigeladenen zu 1) bzw. ihres Rechtsvorgängers beteiligt. Maßgebliches Kriterium für ein solches Risiko eines Selbstständigen ist, ob eigenes Kapital oder die eigene Arbeitskraft auch mit der Gefahr des Verlusts eingesetzt werden, der Erfolg des Einsatzes der sächlichen oder personellen Mittel also ungewiss ist (vgl. zuletzt BSG, Urteil vom 28. Mai 2008, B 12 KR 13/07 R, Juris RdNr. 27).
Ein Beteiligung am Unternehmensrisiko ergibt sich auch nicht daraus, dass die Klägerin dem Unternehmen ihres geschiedenen Ehemannes bzw. ihrer Tochter die Betriebsräume verpachtet. Die Verpachtung von Gewerberäumen ist eine eigenständige unternehmerische Tätigkeit unabhängig von dem Unternehmen des Pächters. Vielmehr zeigt auch diese Verpachtung, dass die Klägerin nicht am Risiko beteiligt werden wollte, denn ansonsten hätte sie das Grundstück als Kapital bei einer Beteiligung am Unternehmen einbringen können.
Für eine selbstständige Tätigkeit der Klägerin im Unternehmen ihres geschiedenen Ehemannes und ihrer Tochter spricht auch nicht, dass die Klägerin nach ihrem Vortrag erhebliche finanzielle Leistungen erbracht hat. Ausweislich der Unterlagen, die sie im Antragsverfahren vorgelegt hat, bezogen sich die Darlehen bei der V. Ob. S. und bei der Bausparkasse S. H. ganz überwiegend auf den Erwerb und den Umbau des Gebäudes in O., in dem die Bäckerei-Konditorei untergebracht ist. In diesem Gebäude befinden sich jedoch auch die Wohnräume der Klägerin und ihres früheren Ehemannes. Außerdem bezog die Klägerin aus der Verpachtung eines Teils dieses Gebäudes an das Unternehmen eigene Einnahmen. Aus beiden Gründen hatte die Klägerin unabhängig von ihrer Tätigkeit im Betrieb ein eigenes Interesse an der Bereitstellung der finanziellen Mittel für das Haus. Dagegen ist ein solches eigenes Interesse nicht ohne weiteres zu erkennen, soweit die Klägerin die persönliche Mitverpflichtung für den Betriebsmittelkredit für das Unternehmen des geschiedenen Ehemannes bzw. der Tochter übernommen hat. Jedoch spricht auch diese finanzielle Verpflichtung der Klägerin nicht für eine selbstständige Tätigkeit: Das Darlehen war im Vergleich zu den Kosten des Erwerbs und Umbaus des Gebäudes eher geringfügig, es umfasste nämlich nach Aktenlage höchstens DM 110.000,00. Auch ist die Mithaftung eines Ehegatten im Rahmen schuldrechtlicher Verpflichtungen eines einzelkaufmännisch tätigen Betriebsinhabers nicht unüblich und wird von den Banken regelmäßig gefordert. Für eine selbstständige Tätigkeit spricht also solche Übernahme von Risiken nur dann, wenn mit ihr auch eine entsprechende Erweiterung der Entscheidungsbefugnis einhergeht. Dies gilt um so mehr, wenn ein Ehegatte für Schulden des Unternehmens seines Ehepartners lediglich bürgt oder die Schuld mit übernimmt, aber nicht von Anfang an als selbstständiger, gesamtschuldnerisch haftender Mitdarlehensnehmer aufgeführt wird (vgl. hierzu auch Urteil des Senats vom 15. August 2008 - L 4 K 4577/06 R -, veröffentlicht in juris). Bei der Klägerin ist eine solche Erweiterung ihres Einflusses im Sinne einer maßgeblichen rechtlichen Gestaltungsmacht nicht zu erkennen, sie hat auch für die fraglichen Schulden ihres geschiedenen Ehemannes lediglich gebürgt bzw. ist ihnen beigetreten. Außerdem diente auch der fragliche Betriebsmittelkredit zumindest teilweise den - unternehmensunabhängigen - eigenen Interessen der Klägerin: In dem Vertrag über die Aufstockung des Darlehens um EUR 8.000,00 vom 27. September 2002 ist verzeichnet, dass diese Geld für den Weihnachtsmarktstand gedacht war, den die Klägerin nach ihrem Vortrag selbstständig und auf eigene Rechnung regelmäßig auf dem Weihnachtsmarkt in W. betrieb.
Weiterhin ergibt sich ein sozialversicherungsrechtlich relevantes Unternehmerrisiko auch nicht daraus, dass die Klägerin nach ihren Angaben von Anfang an mit der Unternehmensführung (mit-)betraut war und u.a. für die Personaleinstellung, Buchhaltung, den Wareneinkauf, die Kassenführung und die Inventur verantwortlich war. Die Entscheidungen der Klägerin bei der Erfüllung dieser Aufgaben vollzogen sich im Rahmen der alleinigen Unternehmerschaft ihres geschiedenen Ehemanns und ab 01. Oktober 2004 ihrer Tochter, die auch jeweils alleiniger Träger des Insolvenzrisikos waren bzw. sind. Dass der langfristige Erfolg des Unternehmens auch von den Fähigkeiten der Klägerin und ihrem Engagement abhängt, unterscheidet ihre Position qualitativ nicht wesentlich von derjenigen des leitenden Angestellten, die sich unter dem Anreiz einer möglichen Steigerung auch der eigenen Bezüge für den Erfolg des Unternehmens einsetzen. Es ist nicht ersichtlich, dass die Klägerin das Unternehmen ihres geschiedenen Ehemannes in irgendeiner Weise nach außen vertreten hätte. Ihre diesbezügliche Angabe im Antragsverfahren, sie sei für die "eigenverantwortliche Repräsentanz der Bäckerei auf dem W.er Weihnachtsmarkt" verantwortlich gewesen, widerspricht ihren weiteren Angaben, sie habe den Stand auf dem W. Weihnachtsmarkt ab 1999 eigenverantwortlich und unabhängig von ihrer Tätigkeit für das Unternehmen ihres geschiedenen Ehemannes aufgebaut. Eine Prokura oder Handlungsvollmacht der Klägerin für ihren geschiedenen Ehemann und später ihrer Tochter ist nicht ersichtlich. Auch die größere Freiheit der Klägerin in der Gestaltung von Ort, Zeit und Art ihrer Tätigkeit spricht nicht gegen eine abhängige Beschäftigung. Wenn ein Arbeitgeber einem Mitarbeiter derartige Freiräume lässt, obwohl er rechtlich befugt wäre, auch engere Direktiven zu geben, spricht dies nicht für eine selbstständige Tätigkeit. Diese Situation unterscheidet sich nicht wesentlich von derjenigen eines Minderheitsgesellschafters, dem von der Mehrheit der Gesellschafter trotz bestehender Rechtsmacht wegen eines familiären Vertrauensverhältnisses freie Hand gelassen wird (vgl. hierzu etwa BSG SozR 3-2400 § 7 Nr. 4). Dabei ist zu berücksichtigen, dass gerade bei einem im Betrieb mitarbeitenden Familienangehörigen regelmäßig größere Freiheiten im Vergleich zu anderen Arbeitnehmern bestehen (BSG SozR 3-2400 § 7 Nr. 1; SozR 3-4100 § 168 Nr. 11). Solche größere Freiheiten sind für die Annahme eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses unschädlich (BSG SozR § 165 RVO Nr. 22). Weiterhin ist die inhaltliche oder fachliche Weisungsbefugnis bei allen qualifizierten Tätigkeiten auch abhängig Beschäftigter eingeschränkt. Selbst ein selbstständig tätiger Unternehmer (beispielsweise ein Handelsvertreter) steht in einem ständigen Vertragsverhältnis zu einem Auftraggeber, dessen Interessen er wahrzunehmen hat, obwohl keine Weisungsbefugnis wie bei einem Arbeitnehmer vorliegt.
Nach dem Gesamtbild ihrer Arbeitsleistung war und ist die Klägerin daher im Betrieb der Beigeladenen zu 1) und ihres Rechtsvorgängers eingegliedert und keinem Unternehmerrisiko ausgesetzt. Das Sozialversicherungsverhältnis war und ist mithin gewollt und wird auch gelebt.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe, die Revision nach § 160 Abs. 2 SGG zuzulassen, liegen nicht vor.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Klägerin in der Zeit ab dem 01. Juli 1982 bei der Beigeladenen zu 1) bzw. deren Rechtsvorgänger sozialversicherungspflichtig beschäftigt ist.
Die Klägerin ist am 1954 geboren. Sie ist seit dem 01. September 1971 ununterbrochen Mitglied der beklagten Krankenkasse. Vom 01. September 1971 bis 30. Juni 1974 absolvierte sie eine Ausbildung zur Industriekauffrau. Anschließend war sie ein Jahr lang in ihrem Ausbildungsbetrieb als kaufmännische Angestellte tätig. Vom 01. Juli 1975 bis zum 30. Juni 1982 arbeitete sie als Sekretariatsleiterin bei einem S.- und G.-verband. Ab dem 01. Juli 1982 war sie in der Café-Konditorei M. in W. tätig. Inhaber dieses Unternehmens war ihr damaliger Ehemann. Am 1983 wurde die Tochter der Klägerin geboren. Die Klägerin unterbrach ihre Erwerbstätigkeit nicht. Im Jahr 1992 wurde die Betriebsstätte nach O. verlegt, das Unternehmen firmierte um zu Bäckerei-Konditorei W., Inhaber blieb weiterhin der Ehemann. Im Oktober 2004 wurden die Klägerin und ihr Ehemann geschieden. Zum 01. Oktober 2004 übernahm die Tochter der Klägerin die Bäckerei-Konditorei. Die Klägerin blieb weiterhin in dem Betrieb tätig.
Während der gesamten Zeit ab dem 01. Juli 1982 wurde für die Klägerin der Gesamtsozialversicherungsbeitrag an die Beklagte abgeführt. Dem Beitrag lag ab dem Jahre 1988 ein im Wesentlichen gleichbleibendes Einkommen zugrunde, das zunächst etwa DM 24.600,00 im Jahr und sodann ab 1993 unverändert DM 25.625,00 und entsprechend ab Januar 2002 EUR 13.102,00 betrug. Während dieser Zeit nahm sie nach ihren Angaben mindestens eine Leistung der Beklagten in Anspruch, nämlich im Sommer 2000 eine mehrwöchige medizinische Rehabilitationsmaßnahme. Auch in dieser Zeit wurde ihr Gehalt weitergezahlt.
Die Klägerin war von Anfang an, ab dem 02. Juli 1992, Alleineigentümerin des Grundstücks in O., auf dem sich das Gebäude mit der ehelichen Wohnung und den Betriebsräumen der Konditorei befindet. Diese Räume verpachtet sie an das Unternehmen. Zum Erwerb des Objekts nahm der geschiedene Ehemann der Klägerin im November 1991 mehrere Darlehen bei der V. Ob. S. auf. Zur Sicherung dieser Darlehen und zur Sicherung der Forderungen aus der laufenden Geschäftsverbindung (Kontokorrentkredit) traten sowohl die Klägerin als auch ihr geschiedener Ehemann Ansprüche gegen Versicherungsunternehmen und dergleichen an die V. ab. Weiterhin nahmen die Klägerin und ihr geschiedener Ehemann gemeinschaftlich ein Darlehen über DM 200.000,00 auf. Für dieses Darlehen und den Kredit der V. übernahm die Klägerin auf ihr Grundstück zwei Grundschulden über DM 200.000,00 und DM 800.000,00. Am 14. November 1997 nahm der geschiedene Ehemann allein einen Betriebsmittelkredit über DM 80.000,00 bei der V. auf, der am 05. September 2001 auf DM 110.000,00 erweitert wurde. Die Klägerin übernahm für diesen Kredit die persönliche Mitverpflichtung. Am 29. Juli 2002 nahmen die Klägerin und ihr geschiedener Ehemann gemeinsam drei Bauspardarlehen bei der Bausparkasse S. H. über zusammen EUR 314.700,00 auf. Weiterhin nahm der geschiedene Ehemann der Klägerin am 23. August 2002 einen weiteren Betriebsmittelkredit über EUR 50.000,00 auf, für den sich die Klägerin persönlich mitverpflichtete. Gegenüber der V. gab die Klägerin in ihren Kontoeröffnungsanträgen vom 12. September 1991 und 28. April 1992 an, sie sei Bäckereifachverkäuferin und bei ihrem Ehemann nicht selbstständig angestellt. Nach der Scheidung von ihrem Ehemann errichtete die Klägerin am 21. Januar 2005 ein weiteres eigenes Konto bei der V., in dem sie angab, sie handle als wirtschaftlich unselbstständige Privatperson.
Unter dem 15. September 2005, eingegangen bei der Beklagten am 04. November 2005, beantragte die Klägerin die Feststellung, dass sie seit Juni 1982 nicht sozialversicherungspflichtig beschäftigt sei. Sie fügte umfangreiche Bankunterlagen, einen Grundbuchauszug und die Gewerbeanmeldung ihrer Tochter ab dem 01. Oktober 2004 bei. In dem vorgelegten Feststellungsbogen zur versicherungsrechtlichen Beurteilung eines Beschäftigungsverhältnisses zwischen Angehörigen gab die Klägerin an, ihre Aufgaben seien die Leitung des Geschäfts der Bäckerei, Mitarbeiterführung, Einstellungen, Entlassungen, Buchhaltung, Rechnungswesen, Kundenbindung, Wareneinkauf, Erstellung von Mitarbeiterzeugnissen, eigenverantwortliche Repräsentanz der Bäckerei auf dem W.er Weihnachtsmarkt, Kassenführung, Inventur und weiteres. Sie erhalte ein regelmäßiges monatliches Arbeitsentgelt von durchschnittlich brutto EUR 1.100,00. Die Tätigkeit werde nicht aufgrund einer arbeitsvertraglichen Vereinbarung ausgeübt. Sie sei in den Betrieb ihres Mannes bzw. ihrer Tochter eingegliedert, hierbei strich sie jedoch den Zusatz "wie eine fremde Arbeitskraft" durch. An Weisungen des Inhabers sei sie nicht gebunden, sie könne ihre Tätigkeit frei bestimmen und gestalten, wirke aufgrund besonderer Fachkenntnisse bei der Führung des Betriebs mit und ihre Mitarbeit sei aufgrund familienhafter Rücksichtnahme durch ein gleichberechtigtes Nebeneinander zum Betriebsinhaber geprägt. Sie gab ferner an, es seien kein Urlaubsanspruch, keine Kündigungsfrist und keine Entgeltfortzahlung bei Arbeitsunfähigkeit vereinbart gewesen, das Entgelt sei stets an die betriebliche Ertragslage angepasst gewesen und sei regelmäßig gezahlt worden. Von dem Gehalt sei Lohnsteuer entrichtet worden, der Betriebsinhaber habe es auch als Betriebsausgabe verbucht. Sie habe dem Unternehmen ihres geschiedenen Ehemannes ein Darlehen über DM 50.000,00 und eine Bürgschaft über DM 200.000,00 erteilt und hafte für die Kontokorrentverbindung des Betriebs mit.
Mit Schreiben vom 08. Dezember 2005 teilte die Beklagte der Klägerin mit, bei ihrer Tätigkeit handle es sich um ein abhängiges sozialversicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis. Sie sei in die betriebliche Organisation eingegliedert. Soweit sie gegebenenfalls ihre Tätigkeit eigenverantwortlich gestalten könne, stehe dies einer sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung nicht entgegen. Die Weisungsgebundenheit sei bei Diensten höherer Art zu einer am Dienstprozess dienenden Teilhabe verfeinert. Ohne die Mitarbeit der Klägerin müsse eine andere Arbeitskraft eingestellt werden. Das Gehalt der Klägerin sei für ihre Tätigkeit ortsüblich bzw. tariflich, es werde monatlich gezahlt, als Betriebsausgabe verbucht und aus ihm werde Lohnsteuer entrichtet. Die Gewährung von Darlehen und die Übernahme von Bürgschaften für den Betrieb sei lediglich ein Indiz für eine versicherungsfreie Beschäftigung, das jedoch zur Verneinung der Versicherungspflicht nicht ausreiche. Hierbei sei vielmehr zu berücksichtigen, welchen finanziellen Einfluss der Darlehensgeber durch das gewährte Darlehen auf die Geschicke des Unternehmens ausüben könne und in welchem Verhältnis dieses Darlehen zum sonstigen Betriebsvermögen, zum Vermögen des Ehegatten und zur Betriebsgröße stehe. Unter Berücksichtigung der Gesamtumstände könne daher dem Antrag der Klägerin nicht nachgekommen werden. Die Klägerin nahm durch ihren Bevollmächtigten umfangreich Stellung. Sie trug ergänzend vor, sie entscheide eigenverantwortlich und allein nach den betrieblichen Belangen ausgerichtet über Zeit, Dauer und Art ihrer Arbeit. Es sei von einer familienhaften Rücksichtsnahme auszugehen. Dies schließe die tatsächliche Erteilung rechtlich grundsätzlich möglicher Weisungen aus. Dass bei ihrem Ausfall eine andere Arbeitskraft eingestellt werden müsse, sei als Indiz für eine Versicherungspflicht nicht herzuleiten. Dies gelte auch bei einem Ausfall des Inhabers selbst. Es sei auch kein schriftlicher Arbeitsvertrag abgefasst worden. Die Sicherheiten, die sie für das Unternehmen übernommen habe, entsprächen ihrem Nettoentgelt für zehn Jahre.
Mit Bescheid vom 23. Dezember 2005 lehnte die Beklagte den Antrag der Klägerin ab. Es sei bei ihrer Tätigkeit von einer sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung auszugehen. Der hiergegen erhobene Widerspruch der Klägerin wurde durch den bei der Beklagten gebildeten Widerspruchsausschuss am 10. März 2006 zurückgewiesen. Die Klägerin erhalte ein angemessenes Gehalt, das der Lohnsteuerpflicht unterliege und als Betriebsausgabe verbucht werde. Diese Gesichtspunkte seien als Indizien für eine Tätigkeit als Arbeitnehmer zu werten. Es sei nicht erkennbar, dass die Klägerin, obwohl sie (Mit-)Inhaberin des Betriebsgrundstücks sei, insoweit Einfluss auf die Beschäftigung bei ihrem geschiedenen Ehegatten habe nehmen können. Gleiches gelte im Ergebnis für die übernommenen Verpflichtungen aus der Bürgschaft und der Darlehensgewährung.
Am 07. April 2006 erhob die Klägerin Klage zum Sozialgericht Heilbronn (SG). Die Klägerin beantragte vor dem SG, den Bescheid der Beklagten vom 23. Dezember 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 10. März 2006 aufzuheben und festzustellen, dass ihre Tätigkeit in der Café-Konditorei M. in W. und der Bäckerei-Konditorei W. in O. seit dem 01. Juli 1982 nicht der Versicherungspflicht zur Kranken-, Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung unterliege. Sie verwies auf ihr bisheriges Vorbringen und führte ergänzend aus, fehlerhaft sei die Einschätzung der Beklagten, die stillschweigende Anerkennung eines Ehegattenarbeitsverhältnisses durch die Finanzbehörden lasse bereits den Schluss auch auf ein versicherungspflichtiges, weil abhängiges Beschäftigungsverhältnis zu. Neben bereits der Beklagten übersandten Unterlagen legte sie ihre Gehaltsabrechnung für Mai 2004 über insgesamt brutto EUR 1.091,82 (Ehegattengehalt EUR 1.051,94; Arbeitgeberanteil vermögenswirksame Leistungen EUR 39,88) und den Rentenversicherungsverlauf der Beigeladenen zu 3) vom 05. August 2004 vor, auf den Bezug genommen wird.
Die Beklagte trat der Klage entgegen.
Das SG lud mit Beschluss vom 25. Juni 2008 die Tochter der Klägerin als nunmehrige einzelkaufmännische Inhaberin der Bäckerei-Konditorei W., die bei der Beklagten errichtete Pflegekasse, die Deutsche Rentenversicherung Bund und die Bundesagentur für Arbeit zum Verfahren bei.
Das SG wies die Klage mit Urteil vom 28. August 2008 ab. Es führte aus, eine Beschäftigung setze voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig sei. Dies äußere sich regelmäßig in der Eingliederung in einen fremden Betrieb, sei es, dass der Arbeitnehmer einem Zeit-, Dauer- und Ort der Arbeitsleistung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliege, sei es, dass er, insbesondere bei Diensten höherer Art, funktionsgerecht dienend an dem Arbeitsprozess des Unternehmens teilhabe. Eine selbstständige Tätigkeit sei dagegen durch ein eigenes Unternehmerrisiko, die Verfügungsfreiheit über die eigene Arbeitskraft sowie die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Weise im Einzelfall eine Tätigkeit Merkmale der Abhängigkeit und der Selbstständigkeit auf, so komme es bei einer Beurteilung des Gesamtbildes darauf an, welche Merkmale überwögen. Auch bei der Beschäftigung von Angehörigen sei zu prüfen, ob nach den gesamten Umständen des Einzelfalls ein Beschäftigungsverhältnis mit Entgeltzahlung vorliege. Hier könnten sich jedoch aufgrund der verwandtschaftlichen Beziehungen Besonderheiten ergeben. So könne das Über- und Unterordnungsverhältnis in einer abgemilderten Form vorliegen. Beschäftigte Angehörige unterlägen im Vergleich zu familienfremden Arbeitnehmern häufig einerseits gewissen Privilegien, insbesondere hinsichtlich der Dauer und der Einhaltung der Arbeitszeit, andererseits müssten sie jedoch typischerweise ihren Arbeitgebern gegenüber gewisse Konzessionen machen, etwa bei der Höhe des Entgelts. Das SG führte weiter aus, nach diesen rechtlichen Vorgaben handle es sich bei der Tätigkeit der Klägerin im Betrieb ihres geschiedenen Ehemannes bzw. ihrer Tochter um ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis. Dem stehe nicht entgegen, dass ein schriftlicher Arbeitsvertrag nicht geschlossen worden sei. Die Klägerin erhalte für ihre Tätigkeit einen monatlichen Lohn, der als Betriebsausgabe verbucht und von dem Lohnsteuer abgeführt werde. Sie habe jährlich eine Einkommensteuererklärung erstellt, während der Betriebsinhaber getrennt hiervon seine Steuererklärung abgegeben habe. Der Urlaubsanspruch der Klägerin und die Kündigungsfrist hätten sich an den gesetzlichen Vorgaben für Arbeitsverträge orientiert. Während des Urlaubs sei der Lohn weiterbezahlt worden. Hinsichtlich einer Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall sei zwar keine Regelung getroffen worden. Auch hier sei jedoch darauf hinzuweisen, dass der Versicherungsverlauf der Klägerin keine Lücken aufweise, sodass davon ausgegangen werden müsse, dass das vereinbarte Gehalt auch im Krankheitsfalle weitergezahlt worden sei. Die Klägerin habe in der mündlichen Verhandlung auch angegeben, nie sechs Wochen am Stück oder länger krank gewesen zu sein sowie im Sommer 2000 die genannte Rehabilitationsmaßnahme zu Lasten der Beklagten in Anspruch genommen zu haben. Dies widerspreche ihrem Vortrag, als Selbstständige der Solidargemeinschaft der Sozialversicherung nicht angehört zu haben. Gegen die Annahme einer selbstständigen Tätigkeit spreche, dass sie zu keinem Zeitpunkt in rechtlicher Hinsicht die Betriebsinhaberin gewesen sei. Ihren Angaben im Feststellungsbogen zufolge sei ihr ein fest umrissenes Aufgabengebiet zugewiesen. Da es sich bei dem ihr gehörenden Gebäude auch um das Wohnhaus der Familie handle, habe sie auch ein erhebliches privates/familiäres Interesse an der Erhaltung und Instandhaltung des Gebäudes. Die Mithaftung der Ehegatten im Rahmen schuldrechtlicher Verpflichtungen des jeweiligen Betriebsinhabers sei nicht unüblich und werde von den Banken gefördert. Wegen der weiteren Einzelheiten der Begründung wird auf das Urteil des SG verwiesen. Dieses Urteil wurde den Bevollmächtigten der Klägerin am 12. September 2008 zugestellt.
Am 13. Oktober 2008 (Montag) hat die Klägerin Berufung zum Landessozialgericht Baden-Württemberg (LSG) eingelegt. Sie verweist auf ihren Vortrag aus erster Instanz. Ergänzend trägt sie vor, bei dem Erwerb der ersten Konditorei in W. im Jahr 1982 hätten sie und ihr geschiedener Ehemann zusammen rund DM 100.000,00 aufgewendet, wovon rund DM 60.000,00 aus ihren Mitteln bestritten worden seien. Ferner habe sie gegen Mitte oder Ende der 1980-er-Jahre unabhängig von ihrem Ehemann einen Versandhandel mit Weihnachtskuchen aufgebaut und ab 1999 jeweils sechs bis acht Wochen jährlich einen eigenen Weihnachtsmarktstand in W. betrieben. In diesen Zeiten sei sie in der Konditorei nicht anwesend gewesen, eine fremde Arbeitskraft sei gleichwohl nicht engagiert worden. Den Umbau des Betriebs in O. 1999/2000 habe sie allein veranlasst. Sie habe allein die notwendigen Verhandlungen mit der den Kredit gebenden V. geführt. Ihrem geschiedenen Ehemann habe lediglich noch oblegen, den Darlehensvertrag zu unterzeichnen. Nach der Scheidung habe sie weitere Fremdmittel aufgenommen, um die Ansprüche ihres geschiedenen Ehemannes zu befriedigen und ihrer Tochter einen schuldenfreien Betrieb zur Verfügung stellen zu können. Die Zuweisung eines bestimmten Aufgabenkreises habe es entgegen der Auffassung des SG nicht gegeben. Sie habe vielmehr, wenngleich zum Teil gemeinsam mit Ihrem geschiedenen Ehemann, sowohl die zeitliche wie räumliche Organisation des Betriebs als auch die jeweiligen Betriebsabläufe maßgeblich gestaltet und auch die jeweiligen Änderungen der betrieblichen Strukturen maßgebend mitbestimmt, wie den Erwerb, die Modernisierung, die Verlagerung und weitere Umgestaltung des Betriebs. Ihr fortlaufend dokumentiertes finanzielles Engagement zeige, dass sie ihre wirtschaftliche Zukunft uneingeschränkt an die des Betriebs der Beigeladenen zu 1) gebunden habe. Entgegen der Auffassung des SG habe sie mit der Übernahme finanzielle Risiken eine Erweiterung der maßgeblichen rechtlichen Einflussnahme im Betrieb der Beigeladenen zu 1) erreicht. Das Unternehmerrisiko sei nur einer von vielen Aspekten im Rahmen der sozialversicherungsrechtlichen Beurteilung.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Heilbronn vom 28. August 2008 aufzuheben und den Bescheid der Beklagten vom 23. Dezember 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 10. März 2006 aufzuheben sowie festzustellen, dass sie im Rahmen ihrer Tätigkeit im Betrieb der Cafe-Konditorei M. in W. und anschließend in der Bäckerei-Konditorei W. in O. (Beigeladene zu 1) seit dem 01. Juli 1982 nicht der Versicherungspflicht zur Kranken-, Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung unterlegen habe bzw. unterliege.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung der Klägerin zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.
Die Beigeladene zu 1) hat sich den Ausführungen der Klägerin in vollem Umfang angeschlossen. Die weiteren Beigeladenen haben sich am Verfahren nicht beteiligt und insbesondere keine konkreten Anträge gestellt.
Wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Senatsakte, die Akte des SG sowie die von der Beklagten vorgelegte Verwaltungsakte Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die nach den §§ 143, 151 Abs. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Klägerin ist zulässig. Insbesondere war sie nach § 144 Abs. 1 Satz 2 SGG nicht zulassungsbedürftig, denn die Klage betrifft die Versicherungspflicht der Klägerin über einen Zeitraum von mehr als einem Jahr. Die Berufung ist jedoch nicht begründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der Bescheid der Beklagten vom 23. Dezember 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 10. März 2006 ist rechtmäßig. Die Beklagte hat zutreffend festgestellt, dass die Klägerin ab dem 01. Juli 1982 bei der Beigeladenen zu 1) und deren Rechtsvorgänger eine abhängige Beschäftigung ausübt und deshalb in allen Zweigen der Sozialversicherungspflicht unterliegt.
Die Beklagte war für diese Feststellung zuständig. Nach § 28h Abs. 2 Satz 1 Halbsatz 1 des Vierten Buches des Sozialgesetzbuchs (SGB IV) entscheidet die Einzugsstelle über die Versicherungspflicht und die Beitragshöhe in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung. Die zuständige Einzugsstelle ist nach § 28i Satz 1 SGB IV die Krankenkasse, von der die Krankenversicherung des Betroffenen durchgeführt wird. Die Klägerin war während ihres gesamten hier streitigen Zeitraums seit Juli 1982 Mitglied der beklagten Krankenkasse. Der Gesamtsozialversicherungsbeitrag wurde auch an diese abgeführt. Für die streitige Feststellung ergibt sich auch nicht aus § 7a Absatz 1 Satz 3 SGB IV eine Zuständigkeit der Beigeladenen zu 3). Zwar hat nach § 7a Abs. 1 Satz 2 SGB IV die Einzugsstelle einen Antrag bei der Beigeladenen zu 3) zu stellen, wenn sich aus der Meldung des Arbeitgebers (§ 28a SGB IV) ergibt, dass der Beschäftigte Angehöriger des Arbeitgebers oder geschäftsführender Gesellschafter einer GmbH ist. Angaben über den Ehegattenstatus eines gemeldeten Beschäftigten müssen die Meldungen der Arbeitgeber nach § 28 h Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 Buchst. d SGB IV (eingefügt mit Wirkung vom 30. März 2005 durch das Gesetz zur Vereinfachung des Verwaltungsverfahrens im Sozialrecht vom 21. März 2005, BGBl. I, S. 818) enthalten. Sofern der Beschäftigte Abkömmling des Arbeitgebers ist, muss dies seit dem 01. Januar 2008 gemeldet werden. Das obligatorische Statusfeststellungsverfahren ist bei Ehegatten jedoch erst für solche Tätigkeiten durchzuführen, die erstmals nach dem 30. März 2005 aufgenommen worden sind (vgl. Marschner in Kreikebohm, Kommentar zum SGB IV, § 7a RdNr. 3; Lüdtke in LPK-SGB IV, § 7a RdNr. 11). In den Fällen, in denen die Tätigkeit bereits zuvor ausgeübt worden war, verbleibt es bei der Zuständigkeit der Einzugsstelle nach § 28h Abs. 2 SGB IV. Das gleiche gilt bezogen auf den Stichtag 01. Januar 2008 für mitarbeitende Abkömmlinge. Die Klägerin war jedoch bereits vor dem 30. März 2005 für ihren geschiedenen Ehemann tätig, nämlich seit dem 01. Juli 1982. Für Ihre Tätigkeit bei Ihrer Tochter seit dem 01. Oktober 2004 ist ein obligatorisches Statusfeststellungsverfahren deswegen nicht notwendig, weil sie nicht Abkömmling der Betriebsinhaberin ist und diese Tätigkeit schon vor dem 01. Januar 2008 ausgeübt hat.
Versicherungspflichtig sind Personen, die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt sind. Dies ergab bzw. ergibt sich in der Krankenversicherung bis 31. Dezember 1988 aus § 165 Abs. 1 Nrn. 1 und 2 der Reichsversicherungsordnung (RVO) und seit dem 01. Januar 1989 aus § 5 Abs. 1 Nr. 1 des Fünften Buches des Sozialgesetzbuchs (SGB V), in der Rentenversicherung bis 31. Dezember 1991 aus § 1227 Abs. 1 RVO bzw. § 2 Abs. 1 Nr. 1 des Angestelltenversicherungsgesetzes (AVG) und seit 01. Januar 1992 aus § 1 Satz 1 Nr. 1 des Sechsten Buches des Sozialgesetzbuchs (SGB VI), in der Arbeitslosenversicherung bis 31. Dezember 1997 aus § 168 Abs. 1 des Arbeitsförderungsgesetzes (AFG) und seit 01. Januar 1998 aus § 25 Abs. 1 Satz 1 des Dritten Buches des Sozialgesetzbuchs (SGB III) sowie in der gesetzlichen Pflegeversicherung aus § 20 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 Nr. 1 des Elften Buches des Sozialgesetzbuchs (SGB XI). Eine Beschäftigung ist nach § 7 Abs. 1 SGB IV die nichtselbstständige Tätigkeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis.
Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) setzt eine Beschäftigung voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte eingegliedert ist und dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Demgegenüber ist eine selbstständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft sowie die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob jemand abhängig beschäftigt oder selbstständig tätig ist, hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen (zur Verfassungsmäßigkeit der Abgrenzung zwischen abhängiger Beschäftigung und selbstständiger Tätigkeit vgl. Bundesverfassungsgericht (BverfG) SozR 3-2400 § 7 Nr. 11). Maßgebend ist stets das Gesamtbild der Arbeitsleistung (vgl. BSG SozR 4-2400 § 7 Nr. 7 RdNr. 16).
Das Gesamtbild bestimmt sich nach den tatsächlichen Verhältnissen. Tatsächliche Verhältnisse sind in diesem Sinne die rechtlich relevanten Umstände, die im Einzelfall eine wertende Zuordnung zum Typus der abhängigen Beschäftigung erlauben. Ob eine Beschäftigung vorliegt, ergibt sich aus dem Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es im Rahmen des rechtlich Zulässigen tatsächlich vollzogen worden ist. Ausgangspunkt ist daher zunächst das Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es sich aus den von ihnen getroffenen Vereinbarungen ergibt oder sich aus ihrer gelebten Beziehung erschließen lässt. Eine im Widerspruch zu ursprünglich getroffenen Vereinbarungen stehende tatsächliche Beziehung und die sich hieraus ergebende Schlussfolgerung auf die tatsächlich gewollte Natur der Rechtsbeziehung geht der nur formellen Vereinbarung vor, soweit eine - formlose - Abbedingung rechtlich möglich ist. Umgekehrt gilt, dass die Nichtausübung eines Rechts unbeachtlich ist, solange diese Rechtsposition nicht wirksam abbedungen ist. Zu den tatsächlichen Verhältnissen in diesem Sinne gehört daher unabhängig von ihrer Ausübung auch die einem Beteiligten zustehende Rechtsmacht (BSG SozR 3-2400 § 7 Nr. 4; SozR 3-4100 § 168 Nr. 18). In diesem Sinne gilt, dass die tatsächlichen Verhältnisse den Ausschlag geben, wenn sie von Vereinbarungen abweichen (BSGE 45, 199, 200 ff.; BSG SozR 3-2400 § 7 Nr. 13; BSGE 87, 53, 56; jeweils m.w.N.). Maßgeblich ist die Rechtsbeziehung so, wie sie praktiziert wird, und die praktizierte Beziehung so, wie sie rechtlich zulässig ist (vgl. hierzu insgesamt BSG SozR 4-2400 § 7 Nr. 7 RdNr. 17).
Hierbei hat das BSG in zahlreichen Entscheidungen in ständiger Rechtsprechung betont, dass es auch bei einer Familiengesellschaft wesentlich auf die Kapitalbeteiligung und die damit verbundene Einflussnahme auf die Gesellschaft und deren Betrieb ankommt. Die Grenze zwischen einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis mit Entgeltzahlung und einer nicht versicherungspflichtigen Mitarbeit aufgrund einer familienhaften Zusammengehörigkeit ist unter Berücksichtigung der gesamten Umstände des Einzelfalls zu ziehen (BSG, Urteile vom 10. Mai 2007 - B 7a AL 8/06 - und vom 17. Dezember 2002 - B 7 AL 34/02 R -; jeweils veröffentlicht in juris). Zwar führt das Fehlen einer (maßgeblichen) Unternehmensbeteiligung nicht zwingend zu einer abhängigen Beschäftigung, jedoch ist in diesen Fällen von einer abhängigen Beschäftigung nur in sehr eng begrenzten Einzelfällen abzugehen. Ein solcher Ausnahmefall kann beispielsweise bei Familienunternehmen vorliegen, wenn die familiäre Verbundenheit der beteiligten Familienmitglieder zwischen ihnen ein Gefühl erhöhter Verantwortung schafft, die beispielsweise dadurch zum Ausdruck kommt, dass die Höhe der Bezüge von der Ertragslage des Unternehmens abhängig gemacht wird oder wenn es aufgrund der familienhaften Rücksichtnahme an der Ausübung eines Direktionsrechts völlig mangelt. Hiervon ist insbesondere bei demjenigen auszugehen, der - obwohl nicht maßgeblich am Unternehmenskapital beteiligt - aufgrund der verwandtschaftlichen Beziehungen faktisch wie ein Alleininhaber die Geschäfte des Unternehmens nach eigenem Gutdünken führt (vgl. BSG, Urteil vom 08. Dezember 1987 - 7 RAr 25/86 -, veröffentlicht in juris). Dies bedeutet aber nicht, dass jede familiäre Verbundenheit zum Ausschluss eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses führt. Die Grenze zwischen einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis mit Entgeltfortzahlung und einer nicht versicherungspflichtigen Mitarbeit aufgrund einer familienhaften Zusammengehörigkeit ist vielmehr ebenfalls unter Berücksichtigung der gesamten Umstände des Einzelfalls zu ziehen (BSGE 3, 30, 39 f.; 17, 1, 7 f.; 74, 275, 278 f.; BSG SozR 2200 § 165 Nr. 90; SozR 3-4100 § 168 Nr. 11).
Bei der Beschäftigung eines Familienangehörigen ist zudem neben der Eingliederung des Beschäftigten in den Betrieb und dem gegebenenfalls abgeschwächten Weisungsrecht des Arbeitgebers von Bedeutung, ob der Beschäftigte ein Entgelt erhält, das einen angemessenen Gegenwert für die geleistete Arbeit darstellt, mithin über einen freien Unterhalt, Taschengeld oder eine Anerkennung für Gefälligkeiten hinausgeht. Dabei kommt der Höhe des Entgelts lediglich Indizwirkung zu. Es gilt nicht der Rechtssatz, dass eine untertarifliche oder eine erheblich übertarifliche Bezahlung die Annahme eines beitragspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses ausschließt (BSG, Urteil vom 17. Dezember 2002 - B 11 AL 34/02 R -, veröffentlicht in juris). Weitere Abgrenzungskriterien sind nach der Rechtsprechung, ob ein schriftlicher Arbeitsvertrag geschlossen ist, ob das gezahlte Entgelt der Lohnsteuerpflicht unterliegt, als Betriebsausgabe verbucht und dem Angehörigen zur freien Verfügung ausgezahlt wird, und schließlich, ob der Angehörige eine fremde Arbeitskraft ersetzt. Sind die genannten Voraussetzungen erfüllt, ist es für die Bejahung eines Beschäftigungsverhältnisses nicht erforderlich, dass der Beschäftigte wirtschaftlich auf das Entgelt angewiesen ist (BSG, SozR 3-2500 § 5 Nr. 17). Der Annahme eines Beschäftigungsverhältnisses steht grundsätzlich auch nicht entgegen, dass die Abhängigkeit in der Familie im Allgemeinen weniger stark ausgeprägt ist und deshalb das Weisungsrecht möglicherweise nur mit gewissen Einschränkungen ausgeübt wird (BSGE 34, 207, 210; BSG SozR 3-2400 § 7 Nr. 1; SozR 3-4100 § 168 Nr. 11).
Vor diesem Hintergrund bestimmen sich hier die rechtlich relevanten Beziehungen zwischen der Klägerin und zunächst ihrem geschiedenen Ehemann und sodann ihrer Tochter nach dem in der Praxis gelebten Ablauf der Tätigkeit der Klägerin. Hierbei ist es unerheblich, dass damals kein schriftlicher Arbeitsvertrag geschlossen wurde, denn Dienst- und Arbeitsverträge nach §§ 611 ff. des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) bedürfen zu ihrer Wirksamkeit nicht der Schriftform. Vor diesem Hintergrund überwiegen trotz der von der Klägerin schlüssig dargelegten Freiheiten in der Ausübung ihrer Tätigkeiten bei ihrem Ehemann und der jetzigen Beigeladenen zu 1) qualitativ diejenigen Merkmale, die für eine abhängige Beschäftigung sprechen.
Die Tätigkeit wurde von Beginn an, ab dem 01. Juli 1982, ebenso wie nach dem Wechsel des Betriebsinhabers zum 01. Oktober 2004, durchgängig wie ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis abgewickelt. Die Klägerin erhielt von Beginn an ein regelmäßiges monatliches Arbeitsentgelt auf ihr privates Girokonto. Dieses Gehalt war - wie sich aus dem Versicherungsverlauf vom 05. August 2004 ergibt - jedenfalls seit 1988 nahezu gleichbleibend mit rund DM 24.600,00 in den Jahren 1988 und 1989, rund DM 24.100,00 in den Jahren 1990 und 1991, rund DM 23.700,00 im Jahre 1992, DM 25.625,00 in den Jahren 1993 bis 2001 und EUR 13.102,00 in den Jahren 2002 und 2003. Auch im Jahre 2004 hat sich hieran nichts geändert. Das in der vorgelegten Gehaltsabrechnung für den Mai 2004 genannte Bruttoentgelt von EUR 1.091,82 ergibt für das gesamte Jahr 2004 einen Betrag von gerundet EUR 13.102,00. Die Angabe der Klägerin im Antragsverfahren, ihr Entgelt sei stets an die betriebliche Ertragslage angepasst gewesen, ist deshalb jedenfalls nicht so zu verstehen, dass sie mittelbar am Gewinn oder Verlust des Unternehmens beteiligt gewesen wäre. Zumindest hinsichtlich des Urlaubsanspruchs und der Kündigungsfrist lehnte sich das Rechtsverhältnis zwischen der Klägerin und ihrem geschiedenen Ehemann bzw. ihrer Tochter an die gesetzlichen Regelungen an. Das gleiche gilt im Ergebnis auch für die Fortzahlung des Arbeitsentgelts im Krankheitsfall. Wie das SG zutreffend festgestellt hat, war die Klägerin während ihrer Tätigkeit durchaus zeitweise arbeitsunfähig erkrankt, wenngleich nach ihren Angaben in der mündlichen Verhandlung vor dem SG niemals für mehr als sechs Wochen. Sie war z.B. während der Reha-Maßnahme im Jahre 2000 nicht bei ihrer Beschäftigung. Gleichwohl wurde ihr Arbeitsentgelt ausweislich des Rentenversicherungsverlaufs durchgängig fortgezahlt. Das regelmäßige Gehalt der Klägerin entspricht auch der typischen Vergütung abhängig Beschäftigter. Hierbei kann offenbleiben, ob das Gehalt - wie die Beklagte meint - dem tariflichen bzw. ortsüblichen Lohn für eine Tätigkeit wie die von der Klägerin ausgeübte entspricht. Jedenfalls geht ein Bruttogehalt von zuletzt DM 25.625,00 bzw. EUR 13.102,00 im Jahr über die Gewährung freien Unterhalts, eines Taschengeldes oder einer Anerkennung für Gefälligkeiten aufgrund einer familienhaften Mitarbeit hinaus. Das Arbeitsentgelt wurde der Klägerin auf ihr privates Konto überwiesen, für das sie verfügungsberechtigt war. Damit wurde auch nach außen deutlich gemacht, dass ein (sozialversicherungspflichtiges) Beschäftigungsverhältnis von Anfang an gewollt war. Hierfür spricht auch, dass der geschiedene Ehemann und später die Tochter der Klägerin die Aufwendungen für das Gehalt als Betriebsausgaben verbucht und regelmäßig Lohnsteuer darauf abgeführt haben. Eine solche Verbuchung als Betriebsausgabe und die tatsächliche zeitnahe Entrichtung von Lohnsteuer sind ein weiteres Indiz für eine abhängige Beschäftigung (BSG SozR § 165 RVO Nr. 22).
Zu Beginn der Beschäftigung hatte die Klägerin offenbar kein Interesse daran, sich der Versicherungspflicht und damit des Versicherungsschutzes, insbesondere auch in der Krankenversicherung, zu entledigen oder dies wenigstens durch den Versicherungsträger oder die Einzugsstelle prüfen zu lassen. Vor diesem Hintergrund hat das SG auch zu Recht darauf hingewiesen, dass die Klägerin im Laufe ihrer Beschäftigung für ihren geschiedenen Ehemann Leistungen der Krankenversicherung in Anspruch genommen hat, insbesondere die genannte Rehabilitationsmaßnahme im Sommer 2000.
Die Klägerin war auch nicht an dem Unternehmen ihres geschiedenen Ehemannes und später ihrer Tochter formal beteiligt. Dieser Umstand ist ein weiteres Indiz dafür, dass der Betriebsinhaber das Unternehmen wirtschaftlich nicht aus der Hand geben wollte. Andernfalls hätte es dem geschiedenen Ehemann bzw. später der Tochter der Klägerin frei gestanden, ihr eine wesentliche Beteiligung einzuräumen. Auch die Klägerin selbst hat, obwohl sie nach ihrem Vortrag erhebliche finanzielle Leistungen für das Unternehmen erbracht hat, während der gesamten Zeit seit 1982 nie den Wunsch geäußert, beteiligt zu werden, insbesondere auch nicht nach der Scheidung, in deren Rahmen auch die Frage der Fortführung des Betriebs der Beigeladenen zu 1) zu klären war. Dies deutet darauf hin, dass sie nicht dem wirtschaftlichen Risiko aus der Tätigkeit des Unternehmens ausgesetzt werden wollte. Dafür spricht auch, dass nach dem Vorbringen in der mündlichen Verhandlung des Senats eine Innengesellschaft bestanden haben soll. Diese tritt allerdings nicht nach außen auf (zur Versicherungspflicht eines stillen Gesellschafters vgl. BSG SozR 4-2400 § 7 Nr. 7). Damit war und ist die Klägerin nicht - im Sinne des vom Senat regelmäßig besonders gewichteten Kriteriums - am Unternehmerrisiko der Beigeladenen zu 1) bzw. ihres Rechtsvorgängers beteiligt. Maßgebliches Kriterium für ein solches Risiko eines Selbstständigen ist, ob eigenes Kapital oder die eigene Arbeitskraft auch mit der Gefahr des Verlusts eingesetzt werden, der Erfolg des Einsatzes der sächlichen oder personellen Mittel also ungewiss ist (vgl. zuletzt BSG, Urteil vom 28. Mai 2008, B 12 KR 13/07 R, Juris RdNr. 27).
Ein Beteiligung am Unternehmensrisiko ergibt sich auch nicht daraus, dass die Klägerin dem Unternehmen ihres geschiedenen Ehemannes bzw. ihrer Tochter die Betriebsräume verpachtet. Die Verpachtung von Gewerberäumen ist eine eigenständige unternehmerische Tätigkeit unabhängig von dem Unternehmen des Pächters. Vielmehr zeigt auch diese Verpachtung, dass die Klägerin nicht am Risiko beteiligt werden wollte, denn ansonsten hätte sie das Grundstück als Kapital bei einer Beteiligung am Unternehmen einbringen können.
Für eine selbstständige Tätigkeit der Klägerin im Unternehmen ihres geschiedenen Ehemannes und ihrer Tochter spricht auch nicht, dass die Klägerin nach ihrem Vortrag erhebliche finanzielle Leistungen erbracht hat. Ausweislich der Unterlagen, die sie im Antragsverfahren vorgelegt hat, bezogen sich die Darlehen bei der V. Ob. S. und bei der Bausparkasse S. H. ganz überwiegend auf den Erwerb und den Umbau des Gebäudes in O., in dem die Bäckerei-Konditorei untergebracht ist. In diesem Gebäude befinden sich jedoch auch die Wohnräume der Klägerin und ihres früheren Ehemannes. Außerdem bezog die Klägerin aus der Verpachtung eines Teils dieses Gebäudes an das Unternehmen eigene Einnahmen. Aus beiden Gründen hatte die Klägerin unabhängig von ihrer Tätigkeit im Betrieb ein eigenes Interesse an der Bereitstellung der finanziellen Mittel für das Haus. Dagegen ist ein solches eigenes Interesse nicht ohne weiteres zu erkennen, soweit die Klägerin die persönliche Mitverpflichtung für den Betriebsmittelkredit für das Unternehmen des geschiedenen Ehemannes bzw. der Tochter übernommen hat. Jedoch spricht auch diese finanzielle Verpflichtung der Klägerin nicht für eine selbstständige Tätigkeit: Das Darlehen war im Vergleich zu den Kosten des Erwerbs und Umbaus des Gebäudes eher geringfügig, es umfasste nämlich nach Aktenlage höchstens DM 110.000,00. Auch ist die Mithaftung eines Ehegatten im Rahmen schuldrechtlicher Verpflichtungen eines einzelkaufmännisch tätigen Betriebsinhabers nicht unüblich und wird von den Banken regelmäßig gefordert. Für eine selbstständige Tätigkeit spricht also solche Übernahme von Risiken nur dann, wenn mit ihr auch eine entsprechende Erweiterung der Entscheidungsbefugnis einhergeht. Dies gilt um so mehr, wenn ein Ehegatte für Schulden des Unternehmens seines Ehepartners lediglich bürgt oder die Schuld mit übernimmt, aber nicht von Anfang an als selbstständiger, gesamtschuldnerisch haftender Mitdarlehensnehmer aufgeführt wird (vgl. hierzu auch Urteil des Senats vom 15. August 2008 - L 4 K 4577/06 R -, veröffentlicht in juris). Bei der Klägerin ist eine solche Erweiterung ihres Einflusses im Sinne einer maßgeblichen rechtlichen Gestaltungsmacht nicht zu erkennen, sie hat auch für die fraglichen Schulden ihres geschiedenen Ehemannes lediglich gebürgt bzw. ist ihnen beigetreten. Außerdem diente auch der fragliche Betriebsmittelkredit zumindest teilweise den - unternehmensunabhängigen - eigenen Interessen der Klägerin: In dem Vertrag über die Aufstockung des Darlehens um EUR 8.000,00 vom 27. September 2002 ist verzeichnet, dass diese Geld für den Weihnachtsmarktstand gedacht war, den die Klägerin nach ihrem Vortrag selbstständig und auf eigene Rechnung regelmäßig auf dem Weihnachtsmarkt in W. betrieb.
Weiterhin ergibt sich ein sozialversicherungsrechtlich relevantes Unternehmerrisiko auch nicht daraus, dass die Klägerin nach ihren Angaben von Anfang an mit der Unternehmensführung (mit-)betraut war und u.a. für die Personaleinstellung, Buchhaltung, den Wareneinkauf, die Kassenführung und die Inventur verantwortlich war. Die Entscheidungen der Klägerin bei der Erfüllung dieser Aufgaben vollzogen sich im Rahmen der alleinigen Unternehmerschaft ihres geschiedenen Ehemanns und ab 01. Oktober 2004 ihrer Tochter, die auch jeweils alleiniger Träger des Insolvenzrisikos waren bzw. sind. Dass der langfristige Erfolg des Unternehmens auch von den Fähigkeiten der Klägerin und ihrem Engagement abhängt, unterscheidet ihre Position qualitativ nicht wesentlich von derjenigen des leitenden Angestellten, die sich unter dem Anreiz einer möglichen Steigerung auch der eigenen Bezüge für den Erfolg des Unternehmens einsetzen. Es ist nicht ersichtlich, dass die Klägerin das Unternehmen ihres geschiedenen Ehemannes in irgendeiner Weise nach außen vertreten hätte. Ihre diesbezügliche Angabe im Antragsverfahren, sie sei für die "eigenverantwortliche Repräsentanz der Bäckerei auf dem W.er Weihnachtsmarkt" verantwortlich gewesen, widerspricht ihren weiteren Angaben, sie habe den Stand auf dem W. Weihnachtsmarkt ab 1999 eigenverantwortlich und unabhängig von ihrer Tätigkeit für das Unternehmen ihres geschiedenen Ehemannes aufgebaut. Eine Prokura oder Handlungsvollmacht der Klägerin für ihren geschiedenen Ehemann und später ihrer Tochter ist nicht ersichtlich. Auch die größere Freiheit der Klägerin in der Gestaltung von Ort, Zeit und Art ihrer Tätigkeit spricht nicht gegen eine abhängige Beschäftigung. Wenn ein Arbeitgeber einem Mitarbeiter derartige Freiräume lässt, obwohl er rechtlich befugt wäre, auch engere Direktiven zu geben, spricht dies nicht für eine selbstständige Tätigkeit. Diese Situation unterscheidet sich nicht wesentlich von derjenigen eines Minderheitsgesellschafters, dem von der Mehrheit der Gesellschafter trotz bestehender Rechtsmacht wegen eines familiären Vertrauensverhältnisses freie Hand gelassen wird (vgl. hierzu etwa BSG SozR 3-2400 § 7 Nr. 4). Dabei ist zu berücksichtigen, dass gerade bei einem im Betrieb mitarbeitenden Familienangehörigen regelmäßig größere Freiheiten im Vergleich zu anderen Arbeitnehmern bestehen (BSG SozR 3-2400 § 7 Nr. 1; SozR 3-4100 § 168 Nr. 11). Solche größere Freiheiten sind für die Annahme eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses unschädlich (BSG SozR § 165 RVO Nr. 22). Weiterhin ist die inhaltliche oder fachliche Weisungsbefugnis bei allen qualifizierten Tätigkeiten auch abhängig Beschäftigter eingeschränkt. Selbst ein selbstständig tätiger Unternehmer (beispielsweise ein Handelsvertreter) steht in einem ständigen Vertragsverhältnis zu einem Auftraggeber, dessen Interessen er wahrzunehmen hat, obwohl keine Weisungsbefugnis wie bei einem Arbeitnehmer vorliegt.
Nach dem Gesamtbild ihrer Arbeitsleistung war und ist die Klägerin daher im Betrieb der Beigeladenen zu 1) und ihres Rechtsvorgängers eingegliedert und keinem Unternehmerrisiko ausgesetzt. Das Sozialversicherungsverhältnis war und ist mithin gewollt und wird auch gelebt.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe, die Revision nach § 160 Abs. 2 SGG zuzulassen, liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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