L 12 AS 5622/08

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
12
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 9 AS 2253/08
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 12 AS 5622/08
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 30. September 2008 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten über die Ersetzung einer Eingliederungsvereinbarung durch Verwaltungsakt.

Der 1963 geborene Kläger bezieht seit Januar 2005 von der Beklagten Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II). Nachdem er mehrfach Sanktionen wegen Meldeversäumnissen erhalten hatte, forderte ihn die Beklage mit Schreiben vom 31. Januar 2008 auf, zu einem Meldetermin am Donnerstag, 21. Februar 2008 zur Klärung seiner Erreichbarkeit zu erscheinen.

Bei der persönlichen Vorsprache des Klägers am 21. Februar 2008 erstellte dessen persönlicher Ansprechpartner Herr K. (K.) den Entwurf einer Eingliederungsvereinbarung. Im Entwurf war als Zwischenziel die "Festigung der aktuellen Situation" genannt und als Leistung der Beklagten die Unterstützung des Klägers bei der Arbeits- und Ausbildungssuche bzw. - aufnahme durch Unterbreitung von Vermittlungsvorschlägen, Aufnahme des Bewerberprofils des Klägers in die Internet-Plattform der Beklagten sowie durch Unterstützung der Bewerbungsbemühungen durch finanzielle Leistungen nach Maßgabe des § 46 Sozialgesetzbuch Drittes Buch (SGB III) vorgesehen. Auf Seiten des Klägers war die Verpflichtung vorgesehen, einen Aufenthalt außerhalb des zeit- und ortsnahen Bereiches zuvor mit der Beklagten abzustimmen, alle Möglichkeiten zu nutzen, den eigenen Lebensunterhalt aus eigenen Kräften und Mitteln zu bestreiten und an allen Maßnahmen zur Eingliederung mitzuwirken, insbesondere mindestens fünf Bewerbungen pro Monat in den folgenden sechs Monaten zu erstellen, ferner zur Stellensuche des Internet, die Gelben Seiten sowie aktuelle Presse- und Stellenanzeiger zu nutzen und Eigenbemühungen durch Führen einer Nachweisliste zu belegen.

Zum Abschluss der Eingliederungsvereinbarung kam es nicht. In einem Aktenvermerk vom 22. Februar 2008 hielt K. fest, er habe die Eingliederungsvereinbarung erstellt und ausführlich erläutert. Der Kläger habe die Meinung geäußert, Dinge, die man durch einen Verwaltungsakt festlegen könne, bedürften nicht seiner Zustimmung. Er sehe sich nicht in der Lage, die Eingliederungsvereinbarung ohne Prüfung zu unterschreiben. K. habe eine Zeit zur Prüfung eingeräumt, worauf der Kläger erwidert habe, dies gehe so nicht, die Prüfung seinerseits nähme einige Zeit in Anspruch, er könne nicht sagen, wie lange genau. Er wolle sich nicht zu mehr als unbedingt gesetzlich vorgeschrieben verpflichten und könne daher auch die Eingliederungsvereinbarung nicht unterschreiben. K. habe auf die möglichen Sanktionsfolgen bei Weigerung des Abschlusses einer Eingliederungsvereinbarung hingewiesen und angeboten, diese bis Montag, den 25. Februar 2008 zurückzubringen. Dies habe der Kläger abgelehnt und eine Frist bis zum 25. Februar 2008 nicht annehmen wollen.

Mit Bescheid vom 22. Februar 2008 erließ die Beklagte einen Verwaltungsakt zur Ersetzung der vorgeschlagenen Eingliederungsvereinbarung. Um die beruflichen Integrationschancen des Klägers möglichst kurzfristig zu verbessern, erlasse die Beklagte nach § 15 Abs. 1 SGB II die Eingliederungsvereinbarung als Verwaltungsakt.

Mit seinem Widerspruch vom 11. März 2008 machte der Kläger geltend, ein derartiger Verwaltungsakt dürfe erst erlassen werden, wenn nach einer hinreichenden Verhandlungsphase keine Einigung über Abschluss oder Inhalt einer Eingliederungsvereinbarung zustande gekommen sei. Zudem sei die ihm vorgelegte Vereinbarung rechtswidrig. Als Zwischenziel sei die Festigung der aktuellen Situation angegeben, diese sei durch Arbeitslosigkeit geprägt. Zum anderen dürfe ein öffentlich-rechtlicher Vertrag über Sozialleistungen nur abgeschlossen werden, soweit die Erbringung der Leistungen im Ermessen des Leistungsträgers stehe. Die Beklagte sei aber zur Erbringung der Leistungen verpflichtet, zu denen sie sich in der Eingliederungsvereinbarung habe verpflichten wollen.

Mit Widerspruchsbescheid vom 22. April 2008 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Das Verhalten des Klägers habe darauf gezielt, den Abschluss der Eingliederungsvereinbarung gänzlich zu verhindern. Konkrete Inhalte hätten infolge der grundsätzlichen Verweigerung des Klägers nicht verhandelt und ggf. angepasst werden können. Die Voraussetzungen für die Festsetzung der Regelungen der Eingliederungsvereinbarung durch Verwaltungsakt hätten deshalb vorgelegen.

Mit seiner am 21. Mai 2008 zum Sozialgericht Karlsruhe (SG) erhobenen Klage verfolgt der Kläger sein Begehren weiter. Hierzu hat er den Ablauf des Gesprächs am 21. Februar 2008 aus seiner Sicht nochmals dargelegt und ausgeführt, er habe die Prüfung der Vereinbarung innerhalb der Frist bis zum 25. Februar 2008 nicht grundsätzlich verweigert, sondern lediglich darauf hingewiesen, keinen Termin nennen zu können. Vorliegend habe sich die Verhandlungsphase auf die Besprechung im Termin vom 21. Februar 2008 beschränkt, im wesentlichen sei es um seine Einwände gegen die von der Beklagten eingeschlagene Verfahrensweise gegangen. Schon deshalb habe der Verwaltungsakt vom 22. Februar 2008 nicht erlassen werden dürfen. Zudem weiche der Verwaltungsakt von dem Entwurf der Vereinbarung ab und ersetze deshalb die beabsichtigte Regelung nicht.

Das SG hat in der mündlichen Verhandlung am 30. September 2008 K. als Zeugen vernommen und sodann die Klage mit Urteil vom gleichen Tag abgewiesen. Zur Begründung hat das SG im wesentlichen ausgeführt, Rechtsgrundlage für die Entscheidung der Beklagten sei § 15 Abs. 1 Satz 6 SGB II. Die Beklagte sei zutreffend davon ausgegangen, dass die Verhandlungen über den Abschluss einer Eingliederungsvereinbarung noch am 21. Februar 2008 gescheitert seien. Die Beklage habe dem Kläger eine Bedenkzeit nicht verwehrt. Es sei dem Hilfebedürftigen abzuverlangen, seinerseits einen Termin zu benennen, an dem er Auskunft über seine Bereitschaft zum Abschluss der Eingliederungsvereinbarung oder zumindest zum Sachstand seiner Überprüfungen mitteilen werde. Da es zu einem dahingehenden Gegenangebot des Klägers nicht gekommen sei und der Beklagten ein Abwarten auf unbestimmte Zeit nicht zumutbar gewesen sei, habe sie die Vertragsverhandlungen vorliegend als gescheitert ansehen dürfen. Die Beklagte sei daher im Sinne einer Soll-Regelung dazu angehalten, die Regelungen durch Verwaltungsakt festzulegen.

Bedenken gegen die Rechtmäßigkeit der angebotenen Eingliederungsvereinbarung ergäben sich nicht daraus, dass diejenigen Leistungen, zu denen sich die Beklagte in der Vereinbarung verpflichten wolle, teilweise nicht in deren Ermessen gestanden hätten. Zwar bestimme § 53 Abs. 2 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X), dass ein öffentlich rechtlicher Vertrag über Sozialleistungen nur geschlossen werden könne, soweit die Erbringung der Leistungen im Ermessen des Leistungsträgers stehe. Gerade diese Vorschrift gelte aber nach § 55 Abs. 3 SGB X im Falle eines Austauschvertrags im Sinne des § 55 Abs. 1, Abs. 2 SGB X nicht, da die Eingliederungsvereinbarung einen sog. unechten Austauschvertrag im Sinne des § 55 SGB X darstelle. Keine Bedenken seien daraus abzuleiten, dass als zu erreichendes Zwischenziel die "Festigung der aktuellen Situation" genannt worden sei. Es sei abwegig zu unterstellen, die Beklagte habe damit ihre Bemühungen darauf richten wollen, den Kläger in Arbeitslosigkeit zu halten. Ein Ansatz, diesen in Form einer Präambel gehaltenen Text als Grundlage einer Rechtswidrigkeit der nachfolgenden Inhalte der vorgeschlagenen Eingliederungsvereinbarungen zu sehen, bestehe nicht. Der auf § 15 Abs. 1 Satz 6 SGB II gestützte ersetzende Verwaltungsakt habe denselben Inhalt aufzuweisen, wie die Eingliederungsvereinbarung. Die vom Kläger aufgezeigten Abweichungen rechtfertigten nicht die Annahme, die Beklagte sei in wesentlicher Hinsicht abgewichen. Soweit die Beklagte im Bescheid vom 22. Februar 2008 als Zwischenziel nicht mehr die "Festigung der aktuellen Situation", sondern die kurzfristige Verbesserung der beruflichen Integrationschancen des Klägers genannt habe, liege darin keine wesentliche Abweichung. Dies nicht nur, weil es sich bei den fraglichen Zielen nicht um eine Regelung selbst, sondern lediglich eine erläuternde Präambel handele, sondern auch deshalb, weil die Beklagte insoweit nur eine klarere Formulierung des inhaltlich selben Zieles gewählt habe. Soweit in der Eingliederungsvereinbarung unter I der enthaltende Absatz zum Angebot "folgender Ersatzmaßnahmen" in den Verwaltungsakt nicht übernommen worden sei, sei dies unschädlich. Da nach dem einleitenden Halbsatz keine konkreten Ersatzmaßnahmen benannt worden seien, wäre auch in der angebotenen Eingliederungsvereinbarung der Sache nach keine Regelung getroffen worden. Soweit der Kläger beanstande, die Beklagte habe den Umfang der von ihm verlangten Eigenbemühungen in dem Bescheid gegenüber der Eingliederungsvereinbarung erweitert, vermöge die Kammer dem nicht zu folgen. Zwar beziehe sich die Verpflichtung des Klägers zum "Führen einer Nachweisliste" ausweislich der textlichen Gestaltung im angefochtenen Bescheid auf alle vom Kläger geforderten Eingliederungsbemühungen. In der Eingliederungsvereinbarung sei nicht exakt dieselbe Textformatierung gewählt worden und deshalb bei isolierter Betrachtung der grafischen Gestaltung des Textes möglicherweise der Schluss möglich, die Pflicht zur Führung einer Nachweisliste habe sich allein auf die "Nutzung der aktuelle Presse/Stellenanzeiger" bezogen. Gegen diese Auslegung habe aber der Text der Eingliederungsvereinbarung gesprochen. Soweit der Kläger beanstande, die Beklagte habe den Rechtscharakter ihrer Ausführungen zu einem Aufenthalt außerhalb des zeit- und ortsnahen Bereiches in dem angefochtenen Bescheid verändert, vermöge die Kammer auch dem nicht zu folgen.

Gegen das ihm am 6. November 2008 zugestellte Urteil richtet sich die am 3. Dezember 2008 eingelegte Berufung des Klägers. Der Kläger vertritt die Auffassung, dass nicht einmal die Voraussetzungen für den Abschluss einer Eingliederungsvereinbarung vorgelegen hätten. Das Konzept eines Einzelfall bezogenen und passgenauen Eingliederungsplans erfordere notwendig eine fundierte Grundlage. Wenn schon eine Standortbestimmung als zwingende Voraussetzung für den Abschluss einer Eingliederungsvereinbarung nicht vorgenommen worden sei, habe die Beklagte die vorgesehene Vereinbarung auch nicht durch Verwaltungsakt ersetzen können. Darüber hinaus sei das zur Unterschrift vorgelegte Papier lediglich der Überschrift nach eine Eingliederungsvereinbarung. Die angebotenen Leistungen seien allesamt Standardleistungen. Erschöpfe sich der Inhalt einer Eingliederungsvereinbarung in einer Kette von Textbausteinen, sei sie jedenfalls keine Grundlage für eine Sanktion, denn dem Hilfebedürftigen würden keine auf sein Vermittlungsproblem abgestimmten Pflichten auferlegt (unter Hinweis auf Beschlüsse des Landessozialgerichts (LSG) Baden-Württemberg vom 22. Januar 2007 - L 13 AS 4160/06 ER-B - und LSG Berlin-Brandenburg vom 23. Februar 2007 - L 28 B 166/07 AS-ER - (beide juris)). Wenn die vorgelegte Vereinbarung schon keine Eingliederungsvereinbarung gewesen sei, habe sie auch nicht durch Verwaltungsakt ersetzt werden können.

Jedenfalls hätten die Voraussetzungen für eine Ersetzung durch Verwaltungsakt nicht vorgelegen. Hier sei nicht zumindest versucht worden, eine Vereinbarung zustande kommen zu lassen. Der Kläger habe am 21. Februar 2008 darauf hingewiesen, dass sich ihm die Sinnhaftigkeit der Eingliederungsvereinbarung nicht erschließe; wenn die Beklagte die Verpflichtungen einseitig durch Verwaltungsakt festsetzen könne, brauche er die Vereinbarung nicht zu unterschreiben. Wenn sie dies nicht könne, bräuchte er erst Recht nicht zu unterschreiben. Dies habe nicht bedeutet, dass er die Unterschrift endgültig ablehne.

Der vereinbarungsersetzende Verwaltungsakt weiche zudem vom Entwurf ab und ersetze die beabsichtigte Regelung somit nicht. "Festigung der aktuellen Situation" stelle ein anderes Ziel dar als "kurzfristige Verbesserungen der beruflichen Integrationschancen". Dem Vereinbarungsentwurf habe zwar die Benennung einer Ersatzmaßnahme gefehlt, im vereinbarungsersetzenden Verwaltungsakt fehle der entsprechende Passus ganz. Das SG habe übersehen, dass im Entwurf innerhalb einer Frist von drei Wochen das Recht der Nacherfüllung eingeräumt gewesen sei. Somit sei im Entwurf eine ihn begünstigende Regelung vorgesehen gewesen, die im Verwaltungsakt fehle. Laut Vereinbarungsentwurf habe er lediglich Eigenbemühungen in Form einer Nachweisliste zu belegen. Die Nachweisliste sehe Angaben über Bewerbungen bei näher zu bezeichnenden Arbeitgebern vor. Dem gegenüber sehe der Verwaltungsakt zum Nachteil des Klägers vor, dass sämtliche dort enthaltenen Verpflichtungen zu erfüllen und entsprechend zu dokumentieren seien. Der vorletzte Absatz enthalte ein detailliertes Aufenthaltsregime nach der Rechtsfolgenbelehrung, während im vereinbarungsersetzenden Verwaltungsakt ein inhaltsgleiches Aufenthaltsregime im eigenständigen Abschnitt "IV Sonstiges" vor der Rechtsfolgenbelehrung enthalten sei. Insgesamt vier inhaltliche Abweichungen belegten, dass selbst die Beklagte den vorgelegten Entwurf so nicht habe gelten lassen wollen. Für eine vom SG vorgenommene Unterscheidung zwischen zulässiger unwesentlicher und unzulässiger wesentlicher Abweichung gebe es im Gesetz keine überzeugende Stütze. Jedenfalls seien mehrere Klauseln im Verwaltungsakt entgegen § 33 Abs. 1 SGB X inhaltlich nicht hinreichend bestimmt. Es sei vollkommen unklar, wann der Kläger die genannten Medien (Internet, Gelbe Seiten, aktuelle Presse/Stellenanzeiger) genug genutzt habe, damit die Anordnung der Behörde erfüllt sei. Entsprechendes gelte für die Verpflichtung und Erstellung von Bewerbungsunterlagen. Unbestimmte Verwaltungsakte seien rechtswidrig.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 30. September 2008 aufzuheben und festzustellen, dass der Bescheid der Beklagten vom 22. Februar 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 22. April 2008 rechtswidrig war.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge und die Verwaltungsakten der Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung hat keinen Erfolg.

Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung (§ 151 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG)) ist statthaft (§ 143 SGG), Berufungsausschließungsgründe im Sinne des § 144 Abs. 1 SGG liegen nicht vor. Die Berufung hat jedoch in der Sache keinen Erfolg, sie ist unbegründet.

Gegenstand des Verfahrens ist der Bescheid der Beklagten vom 22. Februar 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22. April 2008, mit welchem eine Eingliederungsvereinbarung ersetzt wurde. Grundsätzlich kann ein derartiger Verwaltungsakt sowohl hinsichtlich des Ob als auch des Wie seines regelnden Charakters im Wege der isolierten Anfechtungsklage einer gerichtlichen Kontrolle unterzogen werden (vgl. Spellbrink in Eicher/Spellbrink, SGB II, 2. Aufl., § 15 Rdnr. 39). Da der Gültigkeitszeitraum der hier streitigen Regelung auf die Zeit vom 22. Februar bis 22. August 2008 beschränkt war, hat sich der Verwaltungsakt nach Klageerhebung erledigt, er entfaltet keine Rechtswirkungen mehr. Der Kläger kann indes im Wege der Fortsetzungsfeststellungsklage die Rechtmäßigkeit des Verwaltungsaktes noch überprüfen lassen, denn der Kläger hat ein berechtigtes Interesse im Sinne des § 131 Abs. 1 Satz 3 SGG an der begehrten Feststellung. Der Anspruch auf eine tatsächlich wirksame gerichtliche Kontrolle des eine Eingliederungsvereinbarung ersetzenden Verwaltungsaktes darf nicht von dem ungewissenen Eintritt eines zukünftigen Ereignisses - hier potentieller Sanktionen - abhängen. Ob wegen der Subsidiarität der Feststellungsklage anderes gilt, wenn eine Sanktion bereits erfolgt ist und der Verwaltungsakt inzident überprüft werden kann (so S. in Estelmann, SGB II, § 15 Rdnr. 150), kann hier offen bleiben. Nach den von der Beklagten vorgelegten Verwaltungsakten hat diese den Kläger mit Schreiben vom 6. Mai 2008 zwar hinsichtlich einer Sanktion betreffend Nichterfüllung der Pflichten aus dem Eingliederungsverwaltungsakt angehört, jedoch keinen Sanktionsbescheid erlassen. Darüber hinaus sind die getroffenen Regelungen auch für folgende Eingliederungsvereinbarungen von Bedeutung, da insoweit die gewonnen Erfahrungen zu berücksichtigen sind (§ 15 Abs. 1 Satz 5 SGB II). Der Senat legt das Begehren des Klägers daher sinngemäß dahingehend aus (§ 123 SGG), dass es ihm um die Feststellung geht, dass der die Eingliederungsvereinbarung ersetzende Bescheid rechtswidrig war.

Der Bescheid vom 22. Februar 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22. April 2008 ist indes rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Die Beklagte durfte den angegriffenen Verwaltungsakt sowohl dem Grunde nach wie auch mit dem hier streitigen Inhalt erlassen. Voraussetzung für den Erlass des Verwaltungsakts ist nach § 15 Abs. 1 Satz 6 SGB II, dass eine Eingliederungsvereinbarung nicht zustande kommt. Dies war hier der Fall. Wie das SG mit ausführlicher und zutreffender Begründung festgestellt hat, durfte die Beklagte die Vertragsverhandlungen über den Abschluss einer Eingliederungsvereinbarung am 21. Februar 2008 als gescheitert ansehen. Zur Vermeidung von Wiederholungen nimmt der Senat insoweit auf die Ausführungen des SG auf Seiten 7 bis 9 des angefochtenen Urteils Bezug und weist die Berufung insoweit aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung zurück (§ 153 Abs. 2 SGG). Die rein fiktiven Darlegungen des Klägers, dass er bei einem erneuten, abgeänderten Angebot vielleicht doch noch zugestimmt hätte, sind angesichts des tatsächlichen Ablaufs kein Grund, die Verhandlungen nicht als gescheitert anzusehen. Bestätigt wird dies auch durch die bisherigen, aus den Akten ersichtlichen Erfahrungen der Beklagten mit dem Kläger, der sich bereits seit 2005 im Leistungsbezug befindet und erst unter dem Druck einer Absenkung des Arbeitslosengelds II um 100 v.H. nach § 31 Abs. 3 Satz 2 SGB II überhaupt zur Wahrnehmung des Meldetermins am 21. Februar 2008 bewegt werden konnte und die Versäumung der vorherigen Meldetermine mit "verschlafen" kommentiert hatte. Da die Voraussetzungen des § 15 Abs. 1 Satz 6 vorliegen, sollen die entsprechenden Regelungen durch Verwaltungsakt erfolgen. Durch die Formulierung "soll" verdeutlicht der Gesetzgeber, dass für den Fall, dass eine Eingliederungsvereinbarung nicht zustande kommt, der Erlass eines Eingliederungsverwaltungsaktes den Regelfall darstellt. Die Beklagte hat insoweit nicht ermessenfehlerhaft gehandelt. Die Beklage hat zur Begründung des Erlasses eines Verwaltungsakts auf die möglichst kurzfristige Verbesserung der beruflichen Integrationschancen des Klägers hingewiesen und damit hinreichend verdeutlicht, dass aus ihrer Sicht im vorliegenden Fall ein Regelfall gegeben ist. Insoweit sind auch keine Gründe ersichtlich, von dem Erlass eines entsprechenden Verwaltungsakts ausnahmsweise abzusehen.

Wie das SG zutreffend ausgeführt hat, hat der vereinbarungsersetzende Verwaltungsakt denselben Inhalt aufzuweisen wie die Eingliederungsvereinbarung, muss also die in Satz 2 vorgesehenen leistungsgewährenden oder zusichernden Bestandteile mit einer Konkretisierung der Mitwirkungsobliegenheiten zusammenfassen (vgl. Berlit in LPK-SGB II, 2. Aufl., § 15 Rdnr. 39). Vorliegend stimmen der Vorschlag der Eingliederungsvereinbarung und der erlassene Verwaltungsakt hinsichtlich der maßgeblichen Regelungen nach § 15 Abs. 1 Satz 2 SGB II überein. Diesbezüglich wird auf Seiten 10 bis 12 des angefochtenen Urteils Bezug genommen und die Berufung insoweit aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung zurückgewiesen (§ 153 Abs. 2 SGG). Ergänzend ist im Hinblick auf die Ausführungen des Klägers im Berufungsverfahren hinzuzufügen, dass es allein auf die maßgeblichen Bestandteile der Eingliederungsvereinbarung, nämlich die Bestimmung, welche Leistungen der Erwerbsfähige zur Eingliederung in Arbeit erhält und welche Bemühungen er in welcher Häufigkeit zur Eingliederung in Arbeit mindestens unternehmen muss und in welcher Form er die Bemühungen nachzuweisen hat, ankommt. Nicht maßgeblich sind insoweit Vorbemerkungen oder Präambeln ebenso wie allgemeine Hinweise auf die Rechtslage. Letzteres betrifft die Punkte, die in dem angefochtenen Verwaltungsakt unter Punkt IV Sonstiges aufgeführt sind. Es handelt sich dabei insbesondere um Hinweise zum Aufenthalt im zeit- und ortsnahen Bereich, welcher gemäß § 7 Abs. 4 a SGB II als Anspruchsvoraussetzung ausgestaltet ist. Eine eigenständige Verpflichtung des Klägers wird insoweit durch den Verwaltungsakt nicht begründet. Dies ergibt sich schon aus der Formulierung ("Bitte beachten Sie, dass Sie für einen Aufenthalt außerhalb des zeit- und ortsnahen Bereichs "). Im Gegensatz dazu war noch in der vorgeschlagenen Eingliederungsvereinbarung der entsprechende Hinweis auf die Rechtslage nicht nur nach der Rechtsfolgenbelehrung enthalten, sondern unter Punkt 2 "Bemühungen Herr H. N." nochmals als eigenständige Verpflichtung aufgeführt. Ob die Begründung einer derartigen eigenständigen Verpflichtung mit der Möglichkeit einer Sanktion bei Verletzung dieser Pflicht neben der gesetzlichen Regelung als anspruchsbegründende Voraussetzung zulässig ist (vgl. Spellbrink in Eicher/Spellbrink, a.a.O., § 15 Rdnr. 28; LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 28. Februar 2008 - L 25 AS 522/06 -; SG Leipzig, Urteil vom 19. Februar 2007 - S 19 AS 392/06 - (beide juris)), kann vorliegend dahin stehen. Denn eine derartige Verpflichtung wurde im angefochtenen Bescheid gerade nicht begründet. Dass eine in der vorgeschlagenen Eingliederungsvereinbarung vorgesehene Verpflichtung des Klägers im ersetzenden Bescheid nicht enthalten ist, verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten und kann daher von diesem nicht angegriffen werden; insoweit fällt lediglich eine den Kläger belastende Regelung weg.

Schließlich ist der die Eingliederungsvereinbarung ersetzende Bescheid auch inhaltlich nicht zu beanstanden. Zu prüfen ist insoweit allein, ob die dem Kläger auferlegten Verpflichtungen zumutbar waren, die "Vertragsparität" spielt an dieser Stelle keine Rolle (vgl. Spellbrink in Eicher/Spellbrink, a.a.O., § 15 Rdnr. 23; ebenso in der Sache LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 28. Februar 2008, a.a.O.). Die insoweit bei der Sanktionierung des Vertragsabschlusses (§ 31 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 a SGB II) maßgeblichen Gesichtspunkte, inwieweit die Leistungen des Trägers hinreichend konkretisiert sind (vgl. hierzu LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 22. Januar 2007, a.a.O.), sind hier daher nicht entscheidend. Die dem Kläger auferlegten Pflichten sind in keiner Weise zu beanstanden. Die geforderten mindestens fünf Bewerbungen pro Monat in den nächsten sechs Monaten sind im Hinblick auf die seit 2002 bestehende Arbeitslosigkeit des Klägers nicht unzumutbar (vgl. Hessisches LSG, Beschluss vom 29. September 2006 - L 9 AS 179/06 ER - (juris), LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 28. Februar 2008, a.a.O). Rechtsgrundlage für die geforderten Bewerbungen ist § 2 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 Satz 1 SGB II, die geforderte Anzahl der Bewerbungen ist keineswegs unverhältnismäßig. Insbesondere korrespondiert hiermit auch die Verpflichtung der Beklagten, die Bewerbungsbemühungen durch finanzielle Leistungen nach Maßgabe des § 46 SGB III nach vorherigem gesonderten Antrag zu unterstützen. Nichts anderes gilt für die grundsätzliche Verpflichtung des Klägers, zur Stellensuche des Internet, die Gelben Seiten und die aktuelle Presse/Stellenanzeiger zu nutzen. Die entsprechenden Ausführungen sind insoweit eher programmatischer Natur, insbesondere ist dem Kläger nicht vorgeschrieben, wie häufig er die entsprechenden Medien nutzen muss. Bedenken gegen die inhaltliche Bestimmtheit der Regelungen im Sinne von § 33 SGB X ergeben sich hieraus nicht. Auch die Form der Dokumentation ist hinreichend vorgegeben; dem Kläger wurde ein entsprechender Formularvordruck mitgegeben. Danach ist in tabellarischer Form anzugeben: Datum, Betrieb/Arbeitgeber, Ansprechpartner, Telefonnummer, Bewerbung als, Quelle und Ergebnis (vgl. Bl. 49 LSG-Akte). Die insoweit gestellten Anforderungen sind keineswegs als überzogen anzusehen.

Der Kläger wird auch nicht dadurch durch den Verwaltungsakt belastet, dass eine in der vorgeschlagenen Eingliederungsvereinbarung enthaltene, ihn begünstigende Regelung im Bescheid weggefallen wäre. Insoweit war in der vorgeschlagenen Eingliederungsvereinbarung enthalten: "Kommt der zuständige Träger seinen in der Eingliederungsvereinbarung festgelegten Pflichten nicht nach, ist ihm innerhalb einer Frist von drei Wochen das Recht der Nacherfüllung einzuräumen. Ist eine Nachbesserung tatsächlich nicht möglich, muss er folgende Ersatzmaßnahmen anbieten:" Diese Passage fehlt im Bescheid. Indes ist hiermit, wie das SG zu Recht anmerkt, keine inhaltliche Änderung verbunden, welche den Kläger benachteiligen würde. Der Kläger kann direkt aus den die Vereinbarung ersetzenden Regelungen im Bescheid die zugesagten Leistungen beanspruchen. Es handelt sich insoweit um die Beklagte bindende Zusicherungen im Sinne von § 34 SGB X. Ein vom Kläger postuliertes "Recht auf Nachbesserung" gibt es insoweit nicht, dies ist jedoch auch nicht erforderlich, da ihm aus dem Verwaltungsakt selbst originäre Leistungsansprüche erwachsen.

Darüber hinaus gehende Bedenken gegen die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheids sind nicht ersichtlich.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG) liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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