Land
Freistaat Sachsen
Sozialgericht
Sächsisches LSG
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
3
1. Instanz
SG Chemnitz (FSS)
Aktenzeichen
S 43 AS 877/09 ER
Datum
2. Instanz
Sächsisches LSG
Aktenzeichen
L 3 AS 230/09 B ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Leitsätze
Für die Frage, ob die Beschwerde gemessen an § 172 Abs. 3 Nr. 1 SGG statthaft ist, ist nicht darauf abzustellen, was im noch nicht abgeschlossenen Klageverfahren begehrt wird, sondern was das Rechtssschutzziel im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes ist.
I Die Beschwerde der Antragsteller gegen den Beschluss des Sozialgerichts Chemnitz vom 6. März 2009 wird verworfen.
II. Außergerichtliche Kosten sind auch im Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Die Antragstellerin wendet sich gegen den Beschluss des Sozialgerichts Chemnitz vom 6. März 2009, mit dem der Antrag auf vorläufige Zahlung eines Zuschusses zu den ungedeckten Kosten für Unterkunft und Heizung abgelehnt wurde.
Der Antragstellerin war vom zuständigen Amt für Ausbildungsförderung mit Bescheid vom 29. September 2008 Leistungen nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz bewilligt worden.
Den Antrag der Antragstellerin auf Bewilligung eines Zuschusses zu den ungedeckten Kosten für Unterkunft und Heizung gemäß § 22 Abs. 7 des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch – Grundsicherung für Arbeitsuchende – (SGB II) lehnte die Antragsgegnerin mit Bescheid vom 18. September 2008 ab. Den hiergegen gerichteten Widerspruch wies die Antragsgegnerin mit Widerspruchsbescheid vom 20. Januar 2009 zurück.
Die Antragstellerin hat am 20. Februar 2009 Klage erhoben. Am 24. Februar 2009 hat sie ferner einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gestellt, mit dem sie begehrt hat, der Antragsgegnerin im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes aufzugeben, ihr für die Zeit vom 20. Februar 2009 bis 31. August 2009 vorläufig einen Zuschuss zu den ungedeckten Kosten für Unterkunft und Heizung in Höhe von monatlich 56,00 EUR zu zahlen.
Das Sozialgericht hat den Antrag mit Beschluss vom 6. März 2009 abgelehnt. In der dem Beschluss beigefügten Rechtsmittelbelehrung ist ausgeführt, dass die Beschwerde statthaft sei.
Die Antragstellerin hat gegen den ihr am 9. März 2009 zugestellten Beschluss am 8. April 2009 Beschwerde eingelegt. Auf den Hinweis des Gerichtes, dass die Beschwerde nicht statthaft sei, trägt die Antragstellerin mit Schriftsatz vom 12. Juni 2009 vor, dass sie sich in der Hauptsache gegen die Anrechnung des Kindergeldes wende. Sie verfolge einen Anspruch auf Gewährung eines um 154,00 EUR höheren monatlichen Zuschusses. Da sich zudem das Hauptsacheverfahren auf einen Zeitraum von 12 Monaten erstrecke, übersteige der Wert des Beschwerdegegenstandes den Betrag von 750,00 EUR bei weitem.
Die Antragstellerin beantragt,
den Beschluss des Sozialgerichtes Chemnitz vom 8. März 2009 aufzuheben und der Antragsgegnerin aufzugeben, an sie für die Zeit vom 20. Februar 2009 bis 31. August 2009 vorläufig einen Zuschuss zu den ungedeckten Kosten für Unterkunft und Heizung nach § 22 Abs. 7 SGB II in Höhe von 56,00 EUR zu zahlen.
Die Antragsgegnerin beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Sie hält den angegriffenen Beschluss für zutreffend.
Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakten aus beiden Verfahrenszügen sowie die beigezogene Verwaltungsakte der Antragsgegnerin Bezug genommen.
II.
1. Die Beschwerde ist nicht statthaft und damit gemäß § 202 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) i. V. m. § 572 Abs. 2 Satz 2 der Zivilprozessordnung (ZPO) zu verwerfen.
Seit dem In-Kraft-Treten des Gesetzes zur Änderung des Sozialgerichtsgesetzes und des Arbeitsgerichtsgesetzes vom 26. März 2008 (BGBl. I S. 444 ff) zum 1. April 2008 ist eine Beschwerde gemäß § 172 Abs. 3 Nr. 2 SGG in Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes ausgeschlossen, wenn in der Hauptsache die Berufung nicht zulässig wäre. Hingegen ist unerheblich, ob die Berufung zuzulassen wäre (vgl. Beschluss des Senates vom 20. Oktober 2008 – L 3 B 450/08 AS-ER – JURIS-Dokument Rdnr. 2, m. w. N.).
Gemäß § 143 SGG findet gegen Urteile der Sozialgerichte die Berufung an das Landessozialgericht statt, soweit sich aus den Vorschriften des Ersten Unterabschnitts zum Zweiten Abschnitt des Zweiten Teils des Sozialgerichtsgesetzes (§§ 143 bis 159 SGG) nichts anderes ergibt. Nach § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG bedarf die Berufung der Zulassung in dem Urteil des Sozialgerichts oder auf Beschwerde durch Beschluss des Landessozialgerichts, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes bei einer Klage, die eine Geld-, Dienst- oder Sachleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt betrifft, 750 EUR nicht übersteigt.
Hiervon ausgehend ist die Beschwerde nicht statthaft. Im Beschwerdeverfahren wird weiterhin der – bislang versagte – Erlass einer einstweiligen Anordnung begehrt, der Antragstellerin für die Zeit vom 20. Februar 2009 bis zum 31. August 2009 vorläufig einen Zuschuss gemäß § 22 Abs. 7 SGB II in Höhe von monatlich 56,00 EUR zu zahlen. Bezogen auf die vom Antrag betroffenen sieben Monate ergibt dies einen streitigen Gesamtbetrag in Höhe von 392,00 EUR. Die Voraussetzungen des § 144 Abs. 1 Satz 2 SGG, wonach die Zulassungsregelung des § 144 Abs. 1 Satz 1 SGG nicht gilt, wenn die Berufung wiederkehrende oder laufende Leistungen für mehr als ein Jahr betrifft, sind unstreitig nicht erfüllt. Damit wäre in der Hauptsache die Berufung nicht zulässig.
Entgegen der Auffassung der Antragstellerin ist für die Frage, ob die Beschwerde gemessen an § 172 Abs. 3 Nr. 2 SGG statthaft ist, nicht darauf abzustellen, was im noch nicht abgeschlossenen Klageverfahren begehrt wird, sondern was ihr Rechtsschutzziel im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes ist. Denn maßgebend für die Bestimmung des Wertes des Beschwerdegegenstandes ist, was das Sozialgericht dem Rechtsmittelführer versagt hat und was dieser mit seinem Rechtsmittel weiter verfolgen wird (vgl. BVerwG, Urteil vom 20. August 1986 – 8 B 26/86 – NVwZ 1987, 219 = JURIS-Dokument Rdnr. 4, m. w. N.; Leitherer, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, Sozialgerichtsgesetz, [9. Aufl., 2008], § 144 Rdnr. 14, m. w. N.). Das Hauptsacheverfahren und das es flankierende Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes sind aber prozessrechtlich eigenständige Verfahren mit eigenständigen Streitgegenständen. Das Rechtsschutzziel kann deshalb in beiden Verfahren unterschiedlich sein. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn – wie vorliegend – mit dem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung hinsichtlich des zeitlichen Umfanges und/oder der Höhe der streitigen Leistung weniger begehrt wird als das, was im Hauptsacheverfahren begehrt wird oder begehrt werden könnte.
Die Beschwerde ist auch nicht deshalb statthaft, weil sie in der dem Beschluss vom 6. März 2009 beigefügten Rechtsmittelbelehrung unzutreffend als zulässig angesprochen wurde. Denn eine fehlerhafte Rechtsmittelbelehrung begründet nicht die Statthaftigkeit eines ansonsten kraft Gesetzes unstatthaften Rechstmittels.
2. Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung von § 193 SGG.
3. Dieser Beschluss ist unanfechtbar (177 SGG).
II. Außergerichtliche Kosten sind auch im Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Die Antragstellerin wendet sich gegen den Beschluss des Sozialgerichts Chemnitz vom 6. März 2009, mit dem der Antrag auf vorläufige Zahlung eines Zuschusses zu den ungedeckten Kosten für Unterkunft und Heizung abgelehnt wurde.
Der Antragstellerin war vom zuständigen Amt für Ausbildungsförderung mit Bescheid vom 29. September 2008 Leistungen nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz bewilligt worden.
Den Antrag der Antragstellerin auf Bewilligung eines Zuschusses zu den ungedeckten Kosten für Unterkunft und Heizung gemäß § 22 Abs. 7 des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch – Grundsicherung für Arbeitsuchende – (SGB II) lehnte die Antragsgegnerin mit Bescheid vom 18. September 2008 ab. Den hiergegen gerichteten Widerspruch wies die Antragsgegnerin mit Widerspruchsbescheid vom 20. Januar 2009 zurück.
Die Antragstellerin hat am 20. Februar 2009 Klage erhoben. Am 24. Februar 2009 hat sie ferner einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gestellt, mit dem sie begehrt hat, der Antragsgegnerin im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes aufzugeben, ihr für die Zeit vom 20. Februar 2009 bis 31. August 2009 vorläufig einen Zuschuss zu den ungedeckten Kosten für Unterkunft und Heizung in Höhe von monatlich 56,00 EUR zu zahlen.
Das Sozialgericht hat den Antrag mit Beschluss vom 6. März 2009 abgelehnt. In der dem Beschluss beigefügten Rechtsmittelbelehrung ist ausgeführt, dass die Beschwerde statthaft sei.
Die Antragstellerin hat gegen den ihr am 9. März 2009 zugestellten Beschluss am 8. April 2009 Beschwerde eingelegt. Auf den Hinweis des Gerichtes, dass die Beschwerde nicht statthaft sei, trägt die Antragstellerin mit Schriftsatz vom 12. Juni 2009 vor, dass sie sich in der Hauptsache gegen die Anrechnung des Kindergeldes wende. Sie verfolge einen Anspruch auf Gewährung eines um 154,00 EUR höheren monatlichen Zuschusses. Da sich zudem das Hauptsacheverfahren auf einen Zeitraum von 12 Monaten erstrecke, übersteige der Wert des Beschwerdegegenstandes den Betrag von 750,00 EUR bei weitem.
Die Antragstellerin beantragt,
den Beschluss des Sozialgerichtes Chemnitz vom 8. März 2009 aufzuheben und der Antragsgegnerin aufzugeben, an sie für die Zeit vom 20. Februar 2009 bis 31. August 2009 vorläufig einen Zuschuss zu den ungedeckten Kosten für Unterkunft und Heizung nach § 22 Abs. 7 SGB II in Höhe von 56,00 EUR zu zahlen.
Die Antragsgegnerin beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Sie hält den angegriffenen Beschluss für zutreffend.
Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakten aus beiden Verfahrenszügen sowie die beigezogene Verwaltungsakte der Antragsgegnerin Bezug genommen.
II.
1. Die Beschwerde ist nicht statthaft und damit gemäß § 202 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) i. V. m. § 572 Abs. 2 Satz 2 der Zivilprozessordnung (ZPO) zu verwerfen.
Seit dem In-Kraft-Treten des Gesetzes zur Änderung des Sozialgerichtsgesetzes und des Arbeitsgerichtsgesetzes vom 26. März 2008 (BGBl. I S. 444 ff) zum 1. April 2008 ist eine Beschwerde gemäß § 172 Abs. 3 Nr. 2 SGG in Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes ausgeschlossen, wenn in der Hauptsache die Berufung nicht zulässig wäre. Hingegen ist unerheblich, ob die Berufung zuzulassen wäre (vgl. Beschluss des Senates vom 20. Oktober 2008 – L 3 B 450/08 AS-ER – JURIS-Dokument Rdnr. 2, m. w. N.).
Gemäß § 143 SGG findet gegen Urteile der Sozialgerichte die Berufung an das Landessozialgericht statt, soweit sich aus den Vorschriften des Ersten Unterabschnitts zum Zweiten Abschnitt des Zweiten Teils des Sozialgerichtsgesetzes (§§ 143 bis 159 SGG) nichts anderes ergibt. Nach § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG bedarf die Berufung der Zulassung in dem Urteil des Sozialgerichts oder auf Beschwerde durch Beschluss des Landessozialgerichts, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes bei einer Klage, die eine Geld-, Dienst- oder Sachleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt betrifft, 750 EUR nicht übersteigt.
Hiervon ausgehend ist die Beschwerde nicht statthaft. Im Beschwerdeverfahren wird weiterhin der – bislang versagte – Erlass einer einstweiligen Anordnung begehrt, der Antragstellerin für die Zeit vom 20. Februar 2009 bis zum 31. August 2009 vorläufig einen Zuschuss gemäß § 22 Abs. 7 SGB II in Höhe von monatlich 56,00 EUR zu zahlen. Bezogen auf die vom Antrag betroffenen sieben Monate ergibt dies einen streitigen Gesamtbetrag in Höhe von 392,00 EUR. Die Voraussetzungen des § 144 Abs. 1 Satz 2 SGG, wonach die Zulassungsregelung des § 144 Abs. 1 Satz 1 SGG nicht gilt, wenn die Berufung wiederkehrende oder laufende Leistungen für mehr als ein Jahr betrifft, sind unstreitig nicht erfüllt. Damit wäre in der Hauptsache die Berufung nicht zulässig.
Entgegen der Auffassung der Antragstellerin ist für die Frage, ob die Beschwerde gemessen an § 172 Abs. 3 Nr. 2 SGG statthaft ist, nicht darauf abzustellen, was im noch nicht abgeschlossenen Klageverfahren begehrt wird, sondern was ihr Rechtsschutzziel im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes ist. Denn maßgebend für die Bestimmung des Wertes des Beschwerdegegenstandes ist, was das Sozialgericht dem Rechtsmittelführer versagt hat und was dieser mit seinem Rechtsmittel weiter verfolgen wird (vgl. BVerwG, Urteil vom 20. August 1986 – 8 B 26/86 – NVwZ 1987, 219 = JURIS-Dokument Rdnr. 4, m. w. N.; Leitherer, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, Sozialgerichtsgesetz, [9. Aufl., 2008], § 144 Rdnr. 14, m. w. N.). Das Hauptsacheverfahren und das es flankierende Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes sind aber prozessrechtlich eigenständige Verfahren mit eigenständigen Streitgegenständen. Das Rechtsschutzziel kann deshalb in beiden Verfahren unterschiedlich sein. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn – wie vorliegend – mit dem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung hinsichtlich des zeitlichen Umfanges und/oder der Höhe der streitigen Leistung weniger begehrt wird als das, was im Hauptsacheverfahren begehrt wird oder begehrt werden könnte.
Die Beschwerde ist auch nicht deshalb statthaft, weil sie in der dem Beschluss vom 6. März 2009 beigefügten Rechtsmittelbelehrung unzutreffend als zulässig angesprochen wurde. Denn eine fehlerhafte Rechtsmittelbelehrung begründet nicht die Statthaftigkeit eines ansonsten kraft Gesetzes unstatthaften Rechstmittels.
2. Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung von § 193 SGG.
3. Dieser Beschluss ist unanfechtbar (177 SGG).
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