Land
Hessen
Sozialgericht
Hessisches LSG
Sachgebiet
Vertragsarztangelegenheiten
Abteilung
4
1. Instanz
SG Marburg (HES)
Aktenzeichen
S 12 KA 120/08 ER
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 4 KA 57/08 B ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts Marburg vom 26. Mai 2008 wird zurückgewiesen.
Die Antragstellerin hat auch die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.
Der Streitwert wird auf 4 386,00 EUR festgesetzt.
Gründe:
Die Beteiligten streiten im Rahmen eines einstweiligen Anordnungsverfahrens über die Herstellung der aufschiebenden Wirkung einer Klage gegen einen Honorarrückforderungsbescheid in Höhe von 17.544,87 EUR.
Die Antragstellerin war als Ärztin für Allgemeinmedizin zur vertragsärztlichen Versorgung mit Praxissitz in A-Stadt zugelassen. Mit Bescheid des Zulassungsausschusses vom 15.08.2006, ausgefertigt am 07.09.2006, wurde ihr auf ihren Antrag vom 17.07.2006 hin die Beschäftigung des Herrn Dr/Univ. T., Allgemeinarzt, als ganztags angestellter Arzt gem. § 101 Abs. 1 Nr. 5 SGB V i. V. m. § 32b Ärzte-ZV genehmigt. Im Beschluss des Zulassungsausschusses wurde der Praxisumfang nach den Richtlinien über die Beschäftigung von angestellten Praxisärzten in der Vertragsarztpraxis festgelegt. Der Beschluss wurde bestandskräftig. Mit Bescheid des Zulassungsausschusses vom 28.11.2006 stellte dieser fest, dass die Tätigkeit des Herrn Dr/Univ T. zum 31.01.2007 ende. Ebenfalls zum 31.01.2007 verzichtete die Antragstellerin auf ihre Zulassung. Für das Quartal III/06 setzte die Antragsgegnerin das Nettohonorar auf insgesamt 55.472,98 EUR und für das Quartal IV/06 auf 65.520,75 EUR fest.
Die Antragstellerin hatte gegenüber der Antragsgegnerin unter dem 29.06.2006 angezeigt, dass in A-Stadt im März 2006 ein Kollege verstorben und sein Praxissitz verwaist sei. Einen Teil seiner Patienten habe sie deshalb versorgt, weshalb die Praxis ausgeweitet worden sei. Sie reichte unter dem 26.09.2006 eine entsprechende Patientenliste ein und bat um Erhöhung der Fallzahlbegrenzung.
Mit Bescheid vom 10.12.2007 nahm die Antragsgegnerin eine sachlich-rechnerische Honorarberichtigung für die Quartale III/06 und IV/06 wegen Überschreitung des Praxisumfangs vor und forderte Honorar in Höhe von 17.544,87 EUR zurück.
Den hiergegen von der Antragstellerin am 02.01.2008 eingelegten Widerspruch wies die Antragsgegnerin mit Widerspruchsbescheid vom 12.03.2008 als unbegründet zurück. Über die hiergegen am 11.04.2008 erhobene Klage (Az: S 12 KA 117/08) ist noch nicht entschieden.
Mit Ihrem am 11.04.2008 bei dem Sozialgericht Marburg eingegangenen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung begehrte die Antragstellerin die Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen den Honorarrückforderungsbescheid.
Mit Beschluss vom 26. Mai 2008 hat das Sozialgericht den Antrag vom 15.04 2008 auf Erlass einer einstweiligen Anordnung zurückgewiesen. Zur Begründung führte es im Wesentlichen aus, die im Hauptsacheverfahren anhängige Klage gegen die Honorarfestsetzung sei nach Aktenlage ohne Aussicht auf Erfolg. Die Kammer gehe dabei davon aus, dass zwischen den Beteiligten unstrittig ist, dass der Bescheid des Zulassungsausschusses bestandskräftig sei und dass das von der Antragstellerin abgerechnete Honorarvolumen das im Bescheid des Zulassungsausschusses genannte Leistungsvolumen überschritten habe, was die entsprechende Honorarrückforderung in Höhe von 17.544,87 EUR ergebe. Strittig sei zwischen den Beteiligten lediglich die Frage, ob die Leistungsausweitung aufgrund des vorübergehend verwaisten Vertragsarztsitzes in A-Stadt ganz oder teilweise bei der Berechnung des maßgeblichen Punktezahlvolumens auf der Grundlage des Bescheids des Zulassungsausschusses zu berücksichtigen ist. Der Zulassungsbescheid des Zulassungsausschusses binde nicht nur die Antragstellerin, sondern auch die Antragsgegnerin. Sie sei bei der Festsetzung des Honoraranspruchs an eine bestandskräftige Beschränkung des Leistungsumfangs aufgrund eines sog. Job-Sharings gebunden. Hierauf weise die Antragsgegnerin zutreffend in dem angefochtenen Widerspruchsbescheid und ihrer Antragserwiderung hin.
Die auf der Grundlage der §§ 95 Abs. 9, 101 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 SGB V ergangene und bis März 2007 noch geltende Angestellte – Ärzte - Richtlinie, die insofern inhaltlich unverändert in die Bedarfsplanungsrichtlinien - Ärzte aufgenommen worden sei, unterscheide nicht nach der Art der Leistung bei der Berechnung des Punktzahlvolumens. Die Begrenzung des Leistungsvolumens erfolge vor allem deshalb, weil die Anstellung eines Arztes gerade auch in wegen Überversorgung gesperrten Zulassungsbereichen ermöglicht werde. Der im Rahmen des Job-Sharing angestellte Arzt werde nicht mehr bei der Bedarfsplanung berücksichtigt, weshalb eine Leistungsausweitung nur in ganz engen Grenzen möglich sei. Diese Begrenzung des Leistungsumfangs sei unabhängig davon, wie und weshalb eine Vergütung gezahlt werde, sondern folge letztlich der Bedarfsplanung für die vertragsärztliche Versorgung.
Hinzu komme, dass Änderungen gegenüber dem Zulassungsausschuss geltend gemacht werden müssten. Nur auf Antrag des Vertragsarztes seien die Gesamtpunktzahlvolumina neu zu bestimmen, wenn Änderungen des EBM oder vertragliche Vereinbarungen, die für das Fachgebiet der Arztgruppe maßgeblich sind, spürbare Auswirkungen auf die Berechnungsgrundlagen hätten. Auch die Antragsgegnerin oder die Landesverbände der Krankenkassen und die Verbände der Ersatzkassen könnten eine Neuberechnung beantragen, wenn Änderungen der Berechnung der für die Obergrenzen maßgeblichen Faktoren eine spürbare Veränderung bewirkten und die Beibehaltung der durch den Zulassungsausschuss festgestellten Gesamtpunktzahlvolumina im Verhältnis zu den Ärzten der Fachgruppe eine nicht gerechtfertigte Bevorzugung/Benachteiligung darstellen würde (Nr. 3.3 der Angestellte – Ärzte - Richtlinien). Eine Entscheidung hierüber obliege aber weder der Antragsgegnerin noch dem Gericht. Insofern bestehe eine Bindung an die Entscheidung des Zulassungsausschusses, solange der Zulassungsausschuss das zulässige Gesamtpunktzahlvolumen nicht geändert habe.
Die Kammer folge insoweit auch der Rechtsprechung des Landessozialgerichts Hessen. Dieses habe mit Urteil vom 12.12.2007 - L 4 KA 62/06 - ausgeführt, dass sich der Gemeinsame Bundesausschuss innerhalb der gesetzlichen Vorgaben im Rahmen der Ermächtigung bei Erlass der Richtlinien gehalten hat. Auch binde der Zulassungsbescheid des Zulassungsausschusses nicht nur die Antragstellerin, sondern auch die Antragsgegnerin. Die Antragsgegnerin sei bei der Festsetzung des Honoraranspruchs an die bestandskräftige Beschränkung des Leistungsumfangs, die der Zulassungsausschuss einvernehmlich mit der Antragstellerin festgelegt hatte, gebunden.
Etwaigen Besonderheiten trügen die Angestellte-Ärzte-Richtlinien mit der Möglichkeit einer Erweiterung des Praxisumfanges auf Antrag hinreichend Rechnung. Die Antragsgegnerin weise aber zu Recht darauf hin, dass zum Zeitpunkt der Anstellung des Dr. T. der vorübergehende Vertragsarztsitz bereits wieder besetzt war. Vertrauensschutzgesichtspunkte stünden der Rückforderung nicht entgegen. Im Beschluss des Zulassungsausschusses vom 15.08.2006 werde das quartalsbezogene Gesamtpunktzahlvolumen festgestellt. Diese Leistungsbegrenzung habe die Antragstellerin zudem in einer gesonderten Erklärung anerkannt. Die Klägerin hätte bereits bei Beantragung der Genehmigung auf ein erhöhtes Leistungsvolumen hinweisen können. Im Übrigen trage sie selbst vor, die Antragsgegnerin habe ihr auch keine anderen Begrenzungszahlen genannt. Allein die Antragstellung könne ein schutzwürdiges Vertrauen nicht begründen. Ggf. könne eine einstweilige Anordnung zum Erlass einer vorläufigen Regelung bei Gericht beantragt werden.
Im Übrigen sei ein Anordnungsgrund nicht glaubhaft gemacht worden. Trotz entsprechender gerichtlicher Hinweise habe die Antragstellerin nicht ansatzweise dargelegt, weshalb ihr die Rückzahlung unzumutbar sein sollte.
Gegen diesen den Prozessbevollmächtigten der Antragstellerin am 28.05.2008 zugestellten Beschluss richtet sich deren am 25.06.2008 beim Sozialgericht Marburg eingegangene Beschwerde. Zur Begründung machte die Antragstellerin geltend, sie habe erst am 08.02.2008 Kenntnis von einem rechtsmittelfähigen Bescheid der Antragsgegnerin erhalten, in dem diese ihren Standpunkt zu einer Erweiterung der Leistungsbegrenzung mitgeteilt habe. Dieser Bescheid sei zwischenzeitlich Gegenstand eines gesonderten Widerspruchsverfahrens. Das Ergebnis dieses Widerspruchsverfahrens könne aber nicht dadurch vorweggenommen werden, dass die Antragstellerin verpflichtet werde, den im Streit stehenden Betrag zuerst einmal der Beklagten auszuhändigen, um ihn bei einem späteren günstigen Ausgang des Widerspruchsverfahrens ganz oder teilweise wieder zurück zu erhalten. Nicht die Beschäftigung des Herrn Dr. T. sei Anlass gewesen, gegen den Rückforderungsbescheid vorzugehen, sondern das Verhalten der Antragsgegnerin. Die Unentschlossenheit der Antragsgegnerin habe dazu geführt, dass bei der Antragstellerin der Eindruck habe entstehen müssen, man werde seitens der Antragsgegnerin die Ausweitung der Leistungsbegrenzung hinnehmen, wie es für die beiden vorausgegangenen Quartale I und II/2006 bereits geschehen sei. Die Antragsgegnerin habe sie nicht darüber informiert, dass inzwischen ein weiterer Vertragsarzt für A-Stadt zugelassen worden sei, ferner habe sie ihre Entscheidung vom 26.02.2007 ihr nicht rechtswirksam übermittelt. Sie habe unter diesen Umständen ärztliche Leistungen für eine Anzahl von Patienten erbracht, deren Vergütung ihr jetzt entzogen werden solle. Hätte die Beklagte ihre Entscheidung rechtzeitig getroffen und ihr mitgeteilt, so hätte sie die Behandlung der Neuzugänge nicht fortgesetzt und keinen wirtschaftlichen Schaden erlitten.
Es sei zwar zutreffend, dass die Entscheidung vom 15.08.2006 Bestandskraft erlangt habe und von ihr anerkannt worden sei, das im Beschluss festgestellte Gesamtpunktzahlvolumen hätte jedoch auf Erhebungen beruht, die einen früheren Zeitpunkt betrafen. Die Antragsgegnerin habe im Rahmen der parallel geführten Korrespondenz über eine Erweiterung der Leistungsbegrenzung ausdrücklich eine Entscheidung in Aussicht gestellt und damit bei der Antragstellerin ein schutzwürdiges Vertrauen begründet. Nachdem aus der Klageschrift bereits hervorgehe, dass der Klageanspruch in der Hauptsache auf die Verletzung rechtlichen Gehörs seitens der Antragsgegnerin gestützt werde und dies auch durch entsprechende Korrespondenz unter Beweis gestellt worden sei, müsse die Antragstellerin davon ausgehen, dass dies für die Begründung ihres Antrags und den Anordnungsgrund ausreichend sei. Im Übrigen sei davon auszugehen, dass der Rückzahlungsanspruch für die Antragstellerin eine erhebliche finanzielle Belastung darstelle, da sie inzwischen ihre ärztliche Tätigkeit aufgegeben habe und mit einer derartigen Zahlung aufgrund der inzwischen verstrichenen Zeit nicht mehr habe rechnen können.
Mit Schreiben vom 06.03.2009 teilte die Klägerin mit, aufgrund des jüngsten Schreibens der Beschwerdegegnerin vom 04.03.2009 sei mit einer ständigen Verrechnung von Beträgen mit ihren Bezügen aus der erweiterten Honorarverteilung zu rechnen.
Die Antragstellerin beantragt (sinngemäß),
den Beschluss des Sozialgerichts Marburg vom 26.05.2008 aufzuheben und die aufschiebende Wirkung der Klage vom 11. April 2008 gegen den Rückforderungsbescheid vom 10.12.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.03.2008 bis zu einer Entscheidung in dem Hauptsacheverfahren anzuordnen.
Die Antragsgegnerin beantragt,
die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts Marburg vom 26. Mai 2008 zurückzuweisen.
Zur Begründung nimmt sie Bezug auf die Gründe des Beschlusses des Sozialgerichts Marburg und weist darauf hin, dass die Antragstellerin keinen Anspruch auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage vom 07.04.2008 habe. Noch immer werde das Verfahren der Honorarrückforderung einerseits und das Verfahren über eine Abänderung der Punktzahlobergrenze andererseits, für welches der Zulassungsausschuss allein zuständig sei, vermengt. Für einen Antrag auf Änderung der Punktzahlobergrenze im Jobsharing gemäß § 23 e der Bedarfsplanungs-Richtlinien-Ärzte sei ausschließlich der Zulassungsausschuss für Ärzte zuständig. Bis zu einer anderen Entscheidung seien die Gerichte wie auch die Antragsgegnerin an die bestandskräftige Feststellung des Zulassungsausschusses Ärzte in dem Beschluss über die Genehmigung der Einstellung und die Festsetzung der Punktzahlobergrenze gebunden. Soweit davon losgelöst die Antragstellerin für die Quartale III/06 und IV/061 eine Änderung der Fallzahl von der Antragsgegnerin begehre, obwohl sich der Nachfolger des Herrn Dr. W., Herr Dr. N. zum 01.07.2007 niedergelassen habe und damit ab dem Beginn des 3. Quartals 2006 ein Sicherstellungsproblem entfallen sei, werde hierüber in dem Verfahren über die Ablehnung des Antrags auf Erhöhung der Fallzahl für die Quartale III/06 und IV/06 zu diskutieren sein.
II.
Die zulässige Beschwerde der Antragstellerin ist unbegründet.
Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung mit der die aufschiebende Wirkung eines Widerspruchs oder einer Anfechtungsklage ganz oder teilweise angeordnet wird, ist grundsätzlich in den Fällen (wie dem vorliegenden) zulässig, in denen Widerspruch und Anfechtungsklage keine aufschiebende Wirkung haben (§ 86 b Abs. 1 Nr. 2 SGG). Eine solche einstweilige Anordnung und damit eine Abweichung von den gesetzlichen Regelungen über den Suspensiveffekt von Rechtsmitteln kommt bei der hiernach gebotenen Interessenabwägung nur dann in Betracht, wenn nach den Umständen des Einzelfalles ein überwiegendes Interesse des durch den angegriffenen Verwaltungsakt Belasteten gegenüber dem öffentlichen Interesse an dem Vollzug des Verwaltungsaktes festgestellt werden kann. Wesentliche Gesichtspunkte hierbei sind die wirtschaftliche Betroffenheit des Antragstellers sowie die Erfolgsaussichten des Hauptsacheverfahrens (vgl. im Einzelnen Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, Kommentar, 9. Auflage, § 80b Rn 12a ff.).
Vorliegend besteht kein Anordnungsgrund für die beantragte einstweilige Anordnung; die Antragstellerin hat in keiner Weise dargetan, dass ihr die Rückzahlung eines Honoraranteiles in Höhe von 17.544,87 EUR beziehungsweise dessen Aufrechnung gegenüber ihren laufenden Ansprüchen aus der erweiterten Honorarverteilung wirtschaftlich nicht zumutbar sein könnte. Darüber hinaus ist die Klage gegen diese Honorarrückforderung in der Hauptsache - wie das Sozialgericht zutreffend ausgeführt hat - ohne Aussicht auf Erfolg. Dies folgt bereits daraus, dass die von der Antragstellerin beanspruchte Änderung des Gesamtpunktzahlvolumens nicht von der Antragsgegnerin (beziehungsweise im Hauptsacheverfahren von der Beklagten) sondern ausschließlich durch den Zulassungsausschusses vorgenommen werden kann. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird auf die zutreffenden Gründe der angefochtenen Entscheidung gemäß § 142 Abs. 2 Satz 3 Sozialgerichtsgesetz (SGG) Bezug genommen.
Nach allem war die Beschwerde zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG i.V.m. § 154 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).
Der Streitwert beträgt gemäß § 197a SGG i.V.m. §§ 63 Abs. 2 S. 1, 47, 52 Abs. 3 Gerichtskostengesetz (GKG) 4 386,00 EUR. Auch insoweit wird auf die Begründung des SG in dem angefochtenem Beschluss Bezug genommen.
Dieser Beschluss ist gemäß § 177 SGG unanfechtbar.
Die Antragstellerin hat auch die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.
Der Streitwert wird auf 4 386,00 EUR festgesetzt.
Gründe:
Die Beteiligten streiten im Rahmen eines einstweiligen Anordnungsverfahrens über die Herstellung der aufschiebenden Wirkung einer Klage gegen einen Honorarrückforderungsbescheid in Höhe von 17.544,87 EUR.
Die Antragstellerin war als Ärztin für Allgemeinmedizin zur vertragsärztlichen Versorgung mit Praxissitz in A-Stadt zugelassen. Mit Bescheid des Zulassungsausschusses vom 15.08.2006, ausgefertigt am 07.09.2006, wurde ihr auf ihren Antrag vom 17.07.2006 hin die Beschäftigung des Herrn Dr/Univ. T., Allgemeinarzt, als ganztags angestellter Arzt gem. § 101 Abs. 1 Nr. 5 SGB V i. V. m. § 32b Ärzte-ZV genehmigt. Im Beschluss des Zulassungsausschusses wurde der Praxisumfang nach den Richtlinien über die Beschäftigung von angestellten Praxisärzten in der Vertragsarztpraxis festgelegt. Der Beschluss wurde bestandskräftig. Mit Bescheid des Zulassungsausschusses vom 28.11.2006 stellte dieser fest, dass die Tätigkeit des Herrn Dr/Univ T. zum 31.01.2007 ende. Ebenfalls zum 31.01.2007 verzichtete die Antragstellerin auf ihre Zulassung. Für das Quartal III/06 setzte die Antragsgegnerin das Nettohonorar auf insgesamt 55.472,98 EUR und für das Quartal IV/06 auf 65.520,75 EUR fest.
Die Antragstellerin hatte gegenüber der Antragsgegnerin unter dem 29.06.2006 angezeigt, dass in A-Stadt im März 2006 ein Kollege verstorben und sein Praxissitz verwaist sei. Einen Teil seiner Patienten habe sie deshalb versorgt, weshalb die Praxis ausgeweitet worden sei. Sie reichte unter dem 26.09.2006 eine entsprechende Patientenliste ein und bat um Erhöhung der Fallzahlbegrenzung.
Mit Bescheid vom 10.12.2007 nahm die Antragsgegnerin eine sachlich-rechnerische Honorarberichtigung für die Quartale III/06 und IV/06 wegen Überschreitung des Praxisumfangs vor und forderte Honorar in Höhe von 17.544,87 EUR zurück.
Den hiergegen von der Antragstellerin am 02.01.2008 eingelegten Widerspruch wies die Antragsgegnerin mit Widerspruchsbescheid vom 12.03.2008 als unbegründet zurück. Über die hiergegen am 11.04.2008 erhobene Klage (Az: S 12 KA 117/08) ist noch nicht entschieden.
Mit Ihrem am 11.04.2008 bei dem Sozialgericht Marburg eingegangenen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung begehrte die Antragstellerin die Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen den Honorarrückforderungsbescheid.
Mit Beschluss vom 26. Mai 2008 hat das Sozialgericht den Antrag vom 15.04 2008 auf Erlass einer einstweiligen Anordnung zurückgewiesen. Zur Begründung führte es im Wesentlichen aus, die im Hauptsacheverfahren anhängige Klage gegen die Honorarfestsetzung sei nach Aktenlage ohne Aussicht auf Erfolg. Die Kammer gehe dabei davon aus, dass zwischen den Beteiligten unstrittig ist, dass der Bescheid des Zulassungsausschusses bestandskräftig sei und dass das von der Antragstellerin abgerechnete Honorarvolumen das im Bescheid des Zulassungsausschusses genannte Leistungsvolumen überschritten habe, was die entsprechende Honorarrückforderung in Höhe von 17.544,87 EUR ergebe. Strittig sei zwischen den Beteiligten lediglich die Frage, ob die Leistungsausweitung aufgrund des vorübergehend verwaisten Vertragsarztsitzes in A-Stadt ganz oder teilweise bei der Berechnung des maßgeblichen Punktezahlvolumens auf der Grundlage des Bescheids des Zulassungsausschusses zu berücksichtigen ist. Der Zulassungsbescheid des Zulassungsausschusses binde nicht nur die Antragstellerin, sondern auch die Antragsgegnerin. Sie sei bei der Festsetzung des Honoraranspruchs an eine bestandskräftige Beschränkung des Leistungsumfangs aufgrund eines sog. Job-Sharings gebunden. Hierauf weise die Antragsgegnerin zutreffend in dem angefochtenen Widerspruchsbescheid und ihrer Antragserwiderung hin.
Die auf der Grundlage der §§ 95 Abs. 9, 101 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 SGB V ergangene und bis März 2007 noch geltende Angestellte – Ärzte - Richtlinie, die insofern inhaltlich unverändert in die Bedarfsplanungsrichtlinien - Ärzte aufgenommen worden sei, unterscheide nicht nach der Art der Leistung bei der Berechnung des Punktzahlvolumens. Die Begrenzung des Leistungsvolumens erfolge vor allem deshalb, weil die Anstellung eines Arztes gerade auch in wegen Überversorgung gesperrten Zulassungsbereichen ermöglicht werde. Der im Rahmen des Job-Sharing angestellte Arzt werde nicht mehr bei der Bedarfsplanung berücksichtigt, weshalb eine Leistungsausweitung nur in ganz engen Grenzen möglich sei. Diese Begrenzung des Leistungsumfangs sei unabhängig davon, wie und weshalb eine Vergütung gezahlt werde, sondern folge letztlich der Bedarfsplanung für die vertragsärztliche Versorgung.
Hinzu komme, dass Änderungen gegenüber dem Zulassungsausschuss geltend gemacht werden müssten. Nur auf Antrag des Vertragsarztes seien die Gesamtpunktzahlvolumina neu zu bestimmen, wenn Änderungen des EBM oder vertragliche Vereinbarungen, die für das Fachgebiet der Arztgruppe maßgeblich sind, spürbare Auswirkungen auf die Berechnungsgrundlagen hätten. Auch die Antragsgegnerin oder die Landesverbände der Krankenkassen und die Verbände der Ersatzkassen könnten eine Neuberechnung beantragen, wenn Änderungen der Berechnung der für die Obergrenzen maßgeblichen Faktoren eine spürbare Veränderung bewirkten und die Beibehaltung der durch den Zulassungsausschuss festgestellten Gesamtpunktzahlvolumina im Verhältnis zu den Ärzten der Fachgruppe eine nicht gerechtfertigte Bevorzugung/Benachteiligung darstellen würde (Nr. 3.3 der Angestellte – Ärzte - Richtlinien). Eine Entscheidung hierüber obliege aber weder der Antragsgegnerin noch dem Gericht. Insofern bestehe eine Bindung an die Entscheidung des Zulassungsausschusses, solange der Zulassungsausschuss das zulässige Gesamtpunktzahlvolumen nicht geändert habe.
Die Kammer folge insoweit auch der Rechtsprechung des Landessozialgerichts Hessen. Dieses habe mit Urteil vom 12.12.2007 - L 4 KA 62/06 - ausgeführt, dass sich der Gemeinsame Bundesausschuss innerhalb der gesetzlichen Vorgaben im Rahmen der Ermächtigung bei Erlass der Richtlinien gehalten hat. Auch binde der Zulassungsbescheid des Zulassungsausschusses nicht nur die Antragstellerin, sondern auch die Antragsgegnerin. Die Antragsgegnerin sei bei der Festsetzung des Honoraranspruchs an die bestandskräftige Beschränkung des Leistungsumfangs, die der Zulassungsausschuss einvernehmlich mit der Antragstellerin festgelegt hatte, gebunden.
Etwaigen Besonderheiten trügen die Angestellte-Ärzte-Richtlinien mit der Möglichkeit einer Erweiterung des Praxisumfanges auf Antrag hinreichend Rechnung. Die Antragsgegnerin weise aber zu Recht darauf hin, dass zum Zeitpunkt der Anstellung des Dr. T. der vorübergehende Vertragsarztsitz bereits wieder besetzt war. Vertrauensschutzgesichtspunkte stünden der Rückforderung nicht entgegen. Im Beschluss des Zulassungsausschusses vom 15.08.2006 werde das quartalsbezogene Gesamtpunktzahlvolumen festgestellt. Diese Leistungsbegrenzung habe die Antragstellerin zudem in einer gesonderten Erklärung anerkannt. Die Klägerin hätte bereits bei Beantragung der Genehmigung auf ein erhöhtes Leistungsvolumen hinweisen können. Im Übrigen trage sie selbst vor, die Antragsgegnerin habe ihr auch keine anderen Begrenzungszahlen genannt. Allein die Antragstellung könne ein schutzwürdiges Vertrauen nicht begründen. Ggf. könne eine einstweilige Anordnung zum Erlass einer vorläufigen Regelung bei Gericht beantragt werden.
Im Übrigen sei ein Anordnungsgrund nicht glaubhaft gemacht worden. Trotz entsprechender gerichtlicher Hinweise habe die Antragstellerin nicht ansatzweise dargelegt, weshalb ihr die Rückzahlung unzumutbar sein sollte.
Gegen diesen den Prozessbevollmächtigten der Antragstellerin am 28.05.2008 zugestellten Beschluss richtet sich deren am 25.06.2008 beim Sozialgericht Marburg eingegangene Beschwerde. Zur Begründung machte die Antragstellerin geltend, sie habe erst am 08.02.2008 Kenntnis von einem rechtsmittelfähigen Bescheid der Antragsgegnerin erhalten, in dem diese ihren Standpunkt zu einer Erweiterung der Leistungsbegrenzung mitgeteilt habe. Dieser Bescheid sei zwischenzeitlich Gegenstand eines gesonderten Widerspruchsverfahrens. Das Ergebnis dieses Widerspruchsverfahrens könne aber nicht dadurch vorweggenommen werden, dass die Antragstellerin verpflichtet werde, den im Streit stehenden Betrag zuerst einmal der Beklagten auszuhändigen, um ihn bei einem späteren günstigen Ausgang des Widerspruchsverfahrens ganz oder teilweise wieder zurück zu erhalten. Nicht die Beschäftigung des Herrn Dr. T. sei Anlass gewesen, gegen den Rückforderungsbescheid vorzugehen, sondern das Verhalten der Antragsgegnerin. Die Unentschlossenheit der Antragsgegnerin habe dazu geführt, dass bei der Antragstellerin der Eindruck habe entstehen müssen, man werde seitens der Antragsgegnerin die Ausweitung der Leistungsbegrenzung hinnehmen, wie es für die beiden vorausgegangenen Quartale I und II/2006 bereits geschehen sei. Die Antragsgegnerin habe sie nicht darüber informiert, dass inzwischen ein weiterer Vertragsarzt für A-Stadt zugelassen worden sei, ferner habe sie ihre Entscheidung vom 26.02.2007 ihr nicht rechtswirksam übermittelt. Sie habe unter diesen Umständen ärztliche Leistungen für eine Anzahl von Patienten erbracht, deren Vergütung ihr jetzt entzogen werden solle. Hätte die Beklagte ihre Entscheidung rechtzeitig getroffen und ihr mitgeteilt, so hätte sie die Behandlung der Neuzugänge nicht fortgesetzt und keinen wirtschaftlichen Schaden erlitten.
Es sei zwar zutreffend, dass die Entscheidung vom 15.08.2006 Bestandskraft erlangt habe und von ihr anerkannt worden sei, das im Beschluss festgestellte Gesamtpunktzahlvolumen hätte jedoch auf Erhebungen beruht, die einen früheren Zeitpunkt betrafen. Die Antragsgegnerin habe im Rahmen der parallel geführten Korrespondenz über eine Erweiterung der Leistungsbegrenzung ausdrücklich eine Entscheidung in Aussicht gestellt und damit bei der Antragstellerin ein schutzwürdiges Vertrauen begründet. Nachdem aus der Klageschrift bereits hervorgehe, dass der Klageanspruch in der Hauptsache auf die Verletzung rechtlichen Gehörs seitens der Antragsgegnerin gestützt werde und dies auch durch entsprechende Korrespondenz unter Beweis gestellt worden sei, müsse die Antragstellerin davon ausgehen, dass dies für die Begründung ihres Antrags und den Anordnungsgrund ausreichend sei. Im Übrigen sei davon auszugehen, dass der Rückzahlungsanspruch für die Antragstellerin eine erhebliche finanzielle Belastung darstelle, da sie inzwischen ihre ärztliche Tätigkeit aufgegeben habe und mit einer derartigen Zahlung aufgrund der inzwischen verstrichenen Zeit nicht mehr habe rechnen können.
Mit Schreiben vom 06.03.2009 teilte die Klägerin mit, aufgrund des jüngsten Schreibens der Beschwerdegegnerin vom 04.03.2009 sei mit einer ständigen Verrechnung von Beträgen mit ihren Bezügen aus der erweiterten Honorarverteilung zu rechnen.
Die Antragstellerin beantragt (sinngemäß),
den Beschluss des Sozialgerichts Marburg vom 26.05.2008 aufzuheben und die aufschiebende Wirkung der Klage vom 11. April 2008 gegen den Rückforderungsbescheid vom 10.12.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.03.2008 bis zu einer Entscheidung in dem Hauptsacheverfahren anzuordnen.
Die Antragsgegnerin beantragt,
die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts Marburg vom 26. Mai 2008 zurückzuweisen.
Zur Begründung nimmt sie Bezug auf die Gründe des Beschlusses des Sozialgerichts Marburg und weist darauf hin, dass die Antragstellerin keinen Anspruch auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage vom 07.04.2008 habe. Noch immer werde das Verfahren der Honorarrückforderung einerseits und das Verfahren über eine Abänderung der Punktzahlobergrenze andererseits, für welches der Zulassungsausschuss allein zuständig sei, vermengt. Für einen Antrag auf Änderung der Punktzahlobergrenze im Jobsharing gemäß § 23 e der Bedarfsplanungs-Richtlinien-Ärzte sei ausschließlich der Zulassungsausschuss für Ärzte zuständig. Bis zu einer anderen Entscheidung seien die Gerichte wie auch die Antragsgegnerin an die bestandskräftige Feststellung des Zulassungsausschusses Ärzte in dem Beschluss über die Genehmigung der Einstellung und die Festsetzung der Punktzahlobergrenze gebunden. Soweit davon losgelöst die Antragstellerin für die Quartale III/06 und IV/061 eine Änderung der Fallzahl von der Antragsgegnerin begehre, obwohl sich der Nachfolger des Herrn Dr. W., Herr Dr. N. zum 01.07.2007 niedergelassen habe und damit ab dem Beginn des 3. Quartals 2006 ein Sicherstellungsproblem entfallen sei, werde hierüber in dem Verfahren über die Ablehnung des Antrags auf Erhöhung der Fallzahl für die Quartale III/06 und IV/06 zu diskutieren sein.
II.
Die zulässige Beschwerde der Antragstellerin ist unbegründet.
Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung mit der die aufschiebende Wirkung eines Widerspruchs oder einer Anfechtungsklage ganz oder teilweise angeordnet wird, ist grundsätzlich in den Fällen (wie dem vorliegenden) zulässig, in denen Widerspruch und Anfechtungsklage keine aufschiebende Wirkung haben (§ 86 b Abs. 1 Nr. 2 SGG). Eine solche einstweilige Anordnung und damit eine Abweichung von den gesetzlichen Regelungen über den Suspensiveffekt von Rechtsmitteln kommt bei der hiernach gebotenen Interessenabwägung nur dann in Betracht, wenn nach den Umständen des Einzelfalles ein überwiegendes Interesse des durch den angegriffenen Verwaltungsakt Belasteten gegenüber dem öffentlichen Interesse an dem Vollzug des Verwaltungsaktes festgestellt werden kann. Wesentliche Gesichtspunkte hierbei sind die wirtschaftliche Betroffenheit des Antragstellers sowie die Erfolgsaussichten des Hauptsacheverfahrens (vgl. im Einzelnen Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, Kommentar, 9. Auflage, § 80b Rn 12a ff.).
Vorliegend besteht kein Anordnungsgrund für die beantragte einstweilige Anordnung; die Antragstellerin hat in keiner Weise dargetan, dass ihr die Rückzahlung eines Honoraranteiles in Höhe von 17.544,87 EUR beziehungsweise dessen Aufrechnung gegenüber ihren laufenden Ansprüchen aus der erweiterten Honorarverteilung wirtschaftlich nicht zumutbar sein könnte. Darüber hinaus ist die Klage gegen diese Honorarrückforderung in der Hauptsache - wie das Sozialgericht zutreffend ausgeführt hat - ohne Aussicht auf Erfolg. Dies folgt bereits daraus, dass die von der Antragstellerin beanspruchte Änderung des Gesamtpunktzahlvolumens nicht von der Antragsgegnerin (beziehungsweise im Hauptsacheverfahren von der Beklagten) sondern ausschließlich durch den Zulassungsausschusses vorgenommen werden kann. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird auf die zutreffenden Gründe der angefochtenen Entscheidung gemäß § 142 Abs. 2 Satz 3 Sozialgerichtsgesetz (SGG) Bezug genommen.
Nach allem war die Beschwerde zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG i.V.m. § 154 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).
Der Streitwert beträgt gemäß § 197a SGG i.V.m. §§ 63 Abs. 2 S. 1, 47, 52 Abs. 3 Gerichtskostengesetz (GKG) 4 386,00 EUR. Auch insoweit wird auf die Begründung des SG in dem angefochtenem Beschluss Bezug genommen.
Dieser Beschluss ist gemäß § 177 SGG unanfechtbar.
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