L 11 BA 1883/21

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Betriebsprüfungen
Abteilung
11.
1. Instanz
SG Reutlingen (BWB)
Aktenzeichen
S 10 BA 1723/20
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 11 BA 1883/21
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze

Die Tätigkeit eines Palliativmediziners kann je nach vertraglicher Ausgestaltung im Rahmen eines Beschäftigungsverhältnisses oder als selbstständige Tätigkeit erfolgen. Eine fachlich weitgehende Weisungsfreiheit spricht nicht entscheidend für eine Selbstständigkeit, wenn - wie hier - eine überragende institutionelle Einbeziehung in das Versorgungskonzept des Trägers der Palliativversorgung vorliegt.

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 09.04.2021 aufgehoben und die Klage abgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten beider Instanzen mit Ausnahme der Kosten der Beigeladenen, die diese selbst trägt.

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 5.000,00 € festgesetzt.



Tatbestand

Streitig ist, ob die Tätigkeit der Beigeladenen als Palliativmedizinerin für die Klägerin in einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis ausgeübt wird und Versicherungspflicht in der gesetzlichen Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung besteht.

Die Klägerin betreibt ein in T1 ansässiges Krankenhaus. Sie ist Trägerin des
sog. „T2 Projekts“, eines ambulanten Palliativdiensts zur Betreuung schwerkranker Menschen. Hierbei handelt es sich um ein interdisziplinäres Palliativ-Care-Team (PCT) aus erfahrenen Pflegefachkräften und Palliativmedizinern. Das „T2 Projekt“ (im folgenden Vertrag PCT genannt), vertreten durch die (einstigen) Träger - das U1 T1 und das D1 -, hat am 30.03.2010 mit der AOK 1, der BKK Vertragsarbeitsgemeinschaft, der IKK, den Ersatzkassen, der Landwirtschaftlichen Krankenkasse B1 sowie der Knappschaft einen Vertrag gemäß § 132d Abs. 1 i.V.m. § 37b Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) über die spezialisierte ambulante Palliativversorgung (SAPV) geschlossen (Bl. 97 ff. Senatsakte, ergänzt durch die Protokollnotiz vom 30.03.2010 sowie die Anlagen 1 bis 5), übernommen durch die Klägerin (Eintritt in den Vertrag am 15.01.2014, vgl. Nachtrag Bl. 175 ff. Senatsakte). Der Vertrag enthält u. a. folgende Regelungen:

㤠1 Ziel und Gegenstand
(1) Ziel der Vereinbarung ist es, eine ambulante Versorgung unheilbar kranker Menschen in der letzten Phase ihres Lebens in häuslicher Umgebung zu sichern, ihre Lebensqualität unter Berücksichtigung des Krankheitsstadiums zu verbessern bzw. zu erhalten und ihnen ein menschenwürdiges Leben bis zum Tod in ihrer häuslichen Umgebung, in einer stationären Pflegeeinrichtung oder einem Hospiz zu ermöglichen. Weitere Ziele sind die Strukturierung der Behandlungsabläufe und deren Anpassung an den besonderen Bedarf der betroffenen Versicherten im ambulanten Bereich. Die Leistungserbringung soll ausreichend und wirtschaftlich sein und das Maß des Notwendigen nicht überschreiten. (…)

§ 4 Grundsätze der Leistungserbringung
(1) Spezialisierte ambulante Palliativversorgung wird dem Versicherten als Sachleistung zur Verfügung gestellt und wird vom PCT intermittierend oder durchgängig nach Bedarf erbracht als
• Beratungsleistung (…)
• Koordination der Versorgung (…)
• Additiv unterstützende Teilversorgung/vollständige Versorgung (…)
Sie ergänzt die allgemeine Palliativversorgung und das bestehende ambulante und stationäre Versorgungsangebot, insbesondere das der Vertragsärzte, Krankenhäuser, ambulanten und stationären Pflegeeinrichtungen und Hospize.
(2) Die Versorgung der Versicherten muss ausreichend und zweckmäßig sein, sie orientiert sich am individuellen Hilfebedarf des Versicherten, darf das Maß des Notwendigen nicht überschreiten und muss wirtschaftlich erbracht werden.
(3) Beratungsleistungen können nur in engem Zusammenhang mit dem die SAPV begründenden Krankheitsbild erbracht werden. Sie ergänzen die palliativpflegerische Beratung der ambulanten Hospizdienste sowie die Beratungspflichten des behandelnden Arztes bzw. Pflegedienstes und ersetzen diese nicht.
(4) Die Annahme von Aufträgen und deren Weitergabe durch Vermittlung an Dritte gegen Entgelt oder zur Erlangung geldwerter Vorteile ist unzulässig. Vermittlung im Sinne dieser Bestimmung ist auch die regelmäßige Weitergabe von in eigenem Namen angenommenen Aufträgen an Dritte gegen Kostenerstattung.
(5) Der Versicherte ist in der Wahl des PCT frei.

§ 6 Strukturanforderungen an das PCT
(1) Grundlage für den Vertragsabschluss bildet der Strukturerhebungsbogen nach Anlage 1 und ein verbindliches, strukturiertes, schriftliches Konzept, in dem der inhaltliche und organisatorische Rahmen der Leistungserbringung (inkl. den personellen und sächlichen Anforderungen), das Versorgungsgebiet sowie die Einbindung in die regionale Versorgungsstruktur beschrieben sind. Bestehende Strukturen sind zu berücksichtigen und einzubinden. Regionale Gebietsgrenzen sind ggf. zu überbrücken.
(2) Das Konzept ist den Krankenkassen vor Vertragsabschluss einzureichen.
(3) Das PCT stellt im Rahmen seiner Kapazitäten die Versorgung der Versicherten in seinem Versorgungsraum mit Leistungen der SAPV sicher.
(4) Die Festlegung des Einzugsbereiches schließt den Abschluss von Verträgen mit anderen Leistungserbringern zur Versorgung der Versicherten mit SAPV im selben Einzugsbereich nicht aus.
(5) Durch Kooperation aller am Versorgungsprozess Beteiligten ist auf eine effiziente Leistungserbringung und eine vertrauensvolle Zusammenarbeit mit dem Versicherten und seinen Bezugspersonen hinzuwirken.
(6) Für die Erfüllung der Leistungen ist in einem PCT eine Koordinationsstelle erforderlich, die im Sinne einer Leitstelle als Ansprechpartner für die verschiedenen Leistungserbringer und für alle Beteiligten als Schnittstelle tätig ist.

§ 7 Personelle Anforderungen
(1) Die Leistungen der SAPV werden durch Personen erbracht, die folgende Qualifikationsvoraussetzungen erfüllen:
a) Ärzte
• eine anerkannte Zusatzweiterbildung Palliativmedizin nach der aktuell gültigen Weiterbildungsordnung der Landesärztekammer
und
Erfahrung aus der ambulanten palliativen Behandlung von mindestens 75 Palliativpatienten, z.B. in der häuslichen Umgebung oder in einem stationären Hospiz, innerhalb der letzten drei Jahre oder aus einer mindestens einjährigen klinischen palliativmedizinischen Tätigkeit in einer Palliativabteilung in einem Krankenhaus innerhalb der letzten drei Jahre.
(…)
(2) Zur Sicherstellung der SAPV im Versorgungsraum T1 und Gemeinden W1, P1 und W2 können durch das PCT weitere Leistungserbringer vertraglich eingebunden werden.
• Ärztinnen/Ärzte, die die Voraussetzungen gemäß § 7 Abs. 1 Buchst. a erfüllen (…)

§ 8 Sächliche Anforderungen
(1) Das PCT hat als Mindestanforderung an die sächliche Ausstattung Folgendes vorzuhalten bzw. sicher zu stellen:
• eine geeignete, aktuell geführte und für die an der Versorgung Beteiligten jederzeit zugängliche Patientendokumentation
• eine ausreichende und geeignete Mobilität zur zeitnahen häuslichen Versorgung der Patienten
• Arzneimittel (inkl. Betäubungsmittelgesetz - BtM -) für den Notfall/Krisenintervention
• Arzt-/Pflegekoffer/Bereitschaftstasche (Berücksichtigung der Kompatibilität der Verbrauchsmaterialien zu Medizinprodukten unterschiedlicher Hersteller, z. B. bei Portsystemen oder Infusionspumpen)
• eine geeignete administrative Infrastruktur, z.B. Büro, Kommunikationstechnik
(2) Das PCT muss über eine eigenständige Adresse mit eigener Telefonnummer und geeignete Räumlichkeiten für
• die Beratung von Patienten und Angehörigen,
• Teamsitzungen und Besprechungen,
• die Lagerhaltung von eigenen Medikamenten für Notfall-/Krisenintervention und Hilfsmitteln verfügen.
(3) Sofern eine Aufbewahrung von Medikamenten erfolgt, die unter das BtM fallen, ist ein BtM-Schrank erforderlich.
(4) Das PCT hat ein geeignetes, dem aktuellen Standard entsprechendes Pflegedokumentationssystem anzuwenden, das die übersichtliche und jederzeit nachvollziehbare Dokumentation der Stammdaten und des Pflegeprozesses in all seinen Schritten sowie eine Evaluation ermöglicht. Alle Eintragungen sind nachvollziehbar und eindeutig mit Handzeichen abzuzeichnen. Die Pflegedokumentation ist, von begründeten Ausnahmefällen abgesehen, beim Versicherten aufzubewahren.

§ 9 Aufgaben des PCT
(1) Das PCT wird beratend, koordinierend und behandelnd tätig, wenn spezielle palliativmedizinische Kenntnisse bzw. spezielle palliativpflegerische Kenntnisse für die Versorgung erforderlich sind. Das PCT arbeitet eng mit den die betreffenden Versicherten im Rahmen der Regelversorgung betreuenden Vertragsärzten, den Pflegediensten und weiteren Kooperationspartnern zusammen.
(2) Das PCT erstellt für jeden zu versorgenden Versicherten einen individuellen Behandlungsplan, der mit den übrigen an der Versorgung beteiligten Leistungserbringern abzustimmen ist.
(3) Die ständige Verfügbarkeit mindestens einer Palliativärztin/eines Palliativarztes und einer Palliativpflegefachkraft ist zu gewährleisten. Die Verfügbarkeit umfasst erforderlichenfalls auch das umgehende Aufsuchen des Versicherten. Eine Hilfsfrist von maximal 120 Minuten ist anzustreben.
(4) Durch den hohen Grad der Erreichbarkeit und fachlicher Kompetenz muss das PCT in dem Versorgungsraum eine reibungslos funktionierende Schnittstelle zwischen stationärem und ambulantem Sektor darstellen.
(5) Die Koordinationsstelle übernimmt sowohl eine koordinierende als auch beratende Funktion. Sie ist erste Ansprechpartnerin. Es wird gewährleistet, dass die an der Versorgung beteiligten Leistungserbringer die erforderlichen Maßnahmen aufeinander abgestimmt und bedarfsgerecht erbringen und dass zwischen den an der Versorgung des Versicherten beteiligten Leistungserbringern zeitnah alle wichtigen Informationen über die vorhergehende Behandlung unter Berücksichtigung datenschutzrechtlicher Regelungen ausgetauscht werden.
(6) Die Dokumentation der versichertenbezogenen Leistungen durch die an der Versorgung beteiligten Leistungserbringer/Personen ist entsprechend der jeweiligen Berufsordnung sicherzustellen. Das PCT verfügt aufgrund eines einheitlichen Patientendokumentationssystems zu jeder Zeit über die notwendigen Informationen zum Versicherten.
(7) Die im PCT mitwirkenden Ärzte und Pflegefachkräfte nehmen an palliativmedizinischen bzw. palliativpflegerischen Fortbildungen in einem Umfang von 20 Zeitstunden (entsprechend 20 Punkten im Rahmen der ärztlichen Fortbildung) innerhalb von zwei Kalenderjahren teil.
(8) Das PCT stellt sicher, dass die notwendigen krankenpflegerischen Informationen auf der Grundlage der Pflegedokumentation (Pflegeüberleitungsbogen) bei Einweisung des Versicherten in ein Krankenhaus oder eine andere Einrichtung diesen sowie dem Vertragsarzt zur Verfügung gestellt werden.
(9) Das PCT berücksichtigt bei der Planung und Durchführung der spezialisierten Palliativversorgung den vom Krankenhaus bei der Entlassung des Versicherten erstellten Bericht oder Überleitungsbogen.
(10) Ist nach Auffassung des PCT der Versicherte erheblich pflegebedürftig, hat aber noch keinen Antrag auf Leistungen der Pflegeversicherung gestellt, wirkt das PCT auf die erforderliche Antragstellung hin.

§ 10 Qualitätssicherung
(1) Das PCT verpflichtet sich interne Qualitätssicherungsmaßnahmen durchzuführen. Das PCT ist für die Qualität seiner Leistungen verantwortlich.
(2) Das interne Qualitätsmanagement umfasst alle Managementprozesse (Verantwortung der Leitung, Ressourcenmanagement, Leistungserstellung, Analyse/Verbesserung), die Qualität entwickeln, festlegen und sichern. Es bezieht sich auf alle Handlungen und Leistungen, die einer zielorientierten, fachgerechten und effektiven Leistungserbringung dienen. Die Verantwortlichkeit für das PCT-interne Qualitätsmanagement liegt auf der Leitungsebene des PCT's, und zwar auch dann, wenn ein Qualitätsmanagementbeauftragter benannt ist.
(3) Das PCT ist bereit, das Dokumentationssystem daraufhin auszulegen, dass patientenbezogene Daten und - soweit vorhanden - allgemein anerkannte Indikatoren für eine externe Qualitätssicherung berücksichtigt werden.
(4) Maßnahmen des PCT zur internen Qualitätssicherung:
a) Das PCT ist dafür verantwortlich, dass Maßnahmen zur internen Sicherung der Struktur-, Prozess- und Ergebnisqualität festgelegt und durchgeführt werden.
b) Die Durchführung der Qualitätssicherung wird vom PCT dokumentiert und aufbewahrt.
c) Das PCT hat die Durchführung von und die Beteiligung an Qualitätssicherungsmaßnahmen auf Anforderung der Krankenkasse nachzuweisen.
d) Das PCT hat die Teilnahme an der Supervision zu ermöglichen und regelmäßige multiprofessionelle Fallbesprechungen durchzuführen.
(5) Das PCT soll sich an Maßnahmen der externen Qualitätssicherung beteiligen.
(6) Verfahren zur Durchführung von Qualitätsprüfungen:
Wird von der Krankenkasse die Notwendigkeit einer anlassbezogenen Qualitätsprüfung als gegeben angesehen ist sie berechtigt, die Qualität der Leistungserbringung des PCT durch den MDK oder andere Sachverständige überprüfen zu lassen.

§ 11 Vergütung und Abrechnung
(1) Die Vertragspartner vereinbaren für Leistungen der SAPV eine pauschalierte Vergütungsregelung. Für diese Leistungen kann daneben keine anderweitige Vergütung in Ansatz gebracht werden.
Näheres dazu wird in Anlage 2 bestimmt.
(2) Das PCT stellt den Krankenkassen versichertenbezogen die erbrachten Leistungen gemäß Anlage 3 in Rechnung. Leistungsbegründende Unterlagen sind nach Anlage 4 beizufügen. (…)

Zur Erfüllung der kassenärztlichen Leistungen der SAPV arbeiten im „T2 Projekt“ unter Leitung der Klägerin mehrere Palliativpfleger und Palliativmediziner. Die Beigeladene ist hauptberuflich als Anästhesistin an der U2 in T1 abhängig beschäftigt. Sie ist berechtigt zur Führung der Zusatzbezeichnung „Palliativmedizinerin“.

Die Klägerin und die Beigeladene haben am 30.10.2017 einen Kooperationsvertrag über ärztliche Tätigkeiten im Rahmen der spezialisierten ambulanten Palliativversorgung sowie konsiliarärztliche Aufgaben im Rahmen der allgemeinen ambulanten Palliativversorgung geschlossen. Der Vertrag enthält (auszugsweise) folgende Regelungen:

1. Vertragsgegenstand und -umfang
Der Kooperationspartner (Beigeladene) führt ärztliche Tätigkeiten im Rahmen der Arbeitsbereiche des T2 Projekts durch. Dies beinhaltet die ärztliche Tätigkeit im Rahmen der Spezialisierten Ambulanten Palliativversorgung sowie konsiliarärztliche Aufgaben im Rahmen der Allgemeinen Ambulanten Palliativversorgung.
Die Zuständigkeit des Kooperationspartners erstreckt sich grundsätzlich auf alle Patienten des T2 Projekts.
Die vertraglichen Leistungen werden insbesondere erbracht durch
die Teilnahme am ärztlichen „Hintergrunddienst“, d.h. der Rufbereitschaft des T2 Projekts
die Durchführung von Hausbesuchen
die - auch telefonische - Beratung des Pflegepersonals, von Patienten und Angehörige
die Teilnahme an Teambesprechungen; insbesondere derzeit die Freitagsbesprechungen vor einer Wochenend-Rufbereitschaft und die aktive Teilnahme an Teambesprechungen, bei denen aktuelle Patientenbetreuungen oder Themen von allgemeinem Interesse besprochen werden
die zentrale und vollständige Dokumentation der Tätigkeit gemäß den Vorgaben der ärztlichen Leiterin des T2 Projekts.
Dieser Vertrag gilt auch als Kooperationsvereinbarung im Sinne des § 7 Abs. 2 des Vertrages mit den Kostenträgern gemäß § 132d Abs. 1 i.V.m. § 37b SGB V über die spezialisierte ambulante Palliativversorgung (SAPV).
Der Kooperationspartner stellt die Erfüllung der Qualifikation- und Fortbildungsanforderung nach § 7 Abs. 1 und § 9 Abs. 7 des oben genannten Vertrages sicher.

2. Leistungsberechnung
Zur Berechnung des erbrachten Leistungsumfangs werden derzeit zugrunde gelegt:
Die dienstplanmäßige Teilnahme am ärztlichen „Hintergrunddienst“, d.h. der Rufbereitschaft:
Ein 12-Std.-Hintergrunddienst an einem Wochentag (i.d.R. 20 Uhr bis 8 Uhr) wird mit 2 Std. bewertet.
Ein 24-Std.-Hintergrunddienst an einem Samstag, Sonntag oder Feiertag (i.d.R. 8 Uhr bis 8 Uhr) wird mit 4 Std. bewertet.
(…)
Tätigkeiten außerhalb der Rufbereitschaft
Tätigkeiten außerhalb der Rufbereitschaft werden folgendermaßen bewertet:
Hausbesuche, Teilnahmen an Teambesprechungen u.ä.: nach dokumentiertem Aufwand.
Telefonische Beratung: Je Inanspruchnahme pauschal 10 min, in begründeten Ausnahmefällen auch mehr.
Fahrzeiten bei Hausbesuchen werden nach dokumentiertem zeitlichen Aufwand berücksichtigt.
Die vertraglich zu erbringende Leistung des Kooperationspartners beträgt derzeit 417 Std. im Jahr.

3. Honorar
Der Kooperationspartner erhält für die Erbringung der vertraglichen Leistungen eine pauschale von 44,00 € pro Zeitstunde. Für Fahrtkosten mit dem eigenen PKW werden 0,30 € pro gefahrenem Kilometer erstattet.

4. Weitere Abrechnungsmöglichkeiten des Kooperationspartners
Alle Tätigkeiten im Rahmen des Bereichs „T2 Projekt“ (SAPV und AAPV) werden ausschließlich über die T3 abgerechnet. Dies gilt sowohl für Kassen- als auch für Privatpatienten.

5. Haftung
Soweit die T3 im Außenverhältnis gegenüber den Patienten, den Krankenkassen und etwaigen Dritten haftet, gilt:
Im Innenverhältnis zwischen der T3 und dem Kooperationspartner stellt der Kooperationspartner die T3 von allen Erfüllung- und Haftungsansprüchen des Pflegebedürftigen/Klienten und der Pflege- sowie Krankenkassen bezüglich der Durchführung dieses Vertrages frei, soweit die Ansprüche aus einem Schaden herrühren, den der Kooperationspartner zu vertreten hat.
Der Kooperationspartner hat für die von ihm zu erbringenden Leistungen eine Haftpflichtversicherung abzuschließen. Er hat der T3 das Bestehen eines Haftpflichtversicherungsvertrages nachzuweisen.
(…)

7. Vertragsdauer und Kündigung
Der Vertrag beginnt am 1. Januar 2018. Er wird zunächst für die Dauer eines Jahres geschlossen. Er verlängert sich jeweils um ein Jahr, wenn er nicht von einem Vertragspartner mit einer Frist von drei Monaten zum Laufzeitende gekündigt wird.
(…)

8. Vertragsart
Der Kooperationspartner hat die volle Entscheidungsfreiheit bei der Verwertung seiner Arbeitskraft. Eine über den Umfang dieser Vereinbarung hinausgehende persönliche, wirtschaftliche oder soziale Abhängigkeit wird nicht begründet.“

Am 09.10.2019 beantragte die Beigeladene bei der Beklagten die Feststellung des sozialversicherungsrechtlichen Status als Palliativmedizinerin im Rahmen der SAPV durch die Klägerin. Im Rahmen des Antragsverfahrens gaben die Klägerin und die Beigeladene an, dass die Beigeladene ca. 32 Stunden im Monat für die Klägerin tätig sei. Die Einteilung und der Umfang seien hierbei flexibel. Eine Zuweisung der Patienten erfolge flexibel über Haus- und Fachärzte, Kliniken sowie über Patienten oder deren Angehörige. Weder bestehe eine Einbindung in die Patientenversorgung im Krankenhaus der Klägerin, noch bestehe eine Supervision über die Beigeladene. Es finde auch keine Zusammenarbeit mit sonstigen Mitarbeitern der Klägerin im Bereich der stationären Krankenhausversorgung statt. Die Beigeladene habe vor Übernahme einer Rufbereitschaft an Teambesprechungen teilzunehmen. Die Vergütung erfolge pauschal und ohne Arbeitszeitnachweis. Bei einer Verhinderung habe sich die Beigeladene selbst um Ersatz zu kümmern. Grundsätzlich bestehe keine Weisungs- und Kontrollmöglichkeit der Klägerin über die Beigeladene bei Verrichtung ihrer Tätigkeit. Die Beigeladene erhalte auch keinerlei Arbeitskleidung von der Klägerin gestellt und trete nicht im Namen der Klägerin, sondern als Teil des T2 Projekts nach außen auf.

Nach Anhörung mit Schreiben vom 10.02.2020 stellte die Beklagte mit zwei Bescheiden vom 25.03.2020 jeweils gegenüber der Klägerin und der Beigeladenen fest, die Prüfung des versicherungsrechtlichen Status habe ergeben, dass die Tätigkeit der Beigeladenen als Palliativmedizinerin für die Klägerin im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses ausgeübt werde und Versicherungspflicht in der gesetzlichen Kranken- und Rentenversicherung, in der sozialen Pflegeversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung bestehe. Zur Begründung wurde ausgeführt, dass die Beigeladene ärztliche Behandlungen von ambulanten Patienten im häuslichen Umfeld übernehme und damit in klassischer Weise den Betriebszweck der Klägerin erfülle. Die Tätigkeit werde in einer fremdbestimmten Arbeitsorganisation ausgeübt. Eine individuelle Gestaltung der Arbeitszeit nach eigenem Gutdünken nach Auftragsannahme durch die Beigeladene könne nicht erfolgen. Die Beigeladene habe fachliche und organisatorische Vorgaben der Klägerin zu beachten. Die Letztentscheidung liege bei P2, der ärztlichen Leiterin des „T2 Projekts“. Je nach Bedarf erfolge eine Zusammenarbeit mit den pflegerischen Mitarbeitern der ambulanten Patientenversorgung und ärztlichen Mitarbeitern der ambulanten Versorgung. Die Tätigkeit werde mit einem festen Stundenlohn vergütet. Von der Beigeladenen erfolge keine Abrechnung der tatsächlichen ärztlichen Leistungen. Unternehmerische Risiken oder Chancen bestünden in der Ausübung der Tätigkeit nicht. Nach Gesamtwürdigung aller zur Beurteilung der Tätigkeit relevanten Tatsachen überwögen die Merkmale eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses.

Die hiergegen erhobenen Widersprüche der Klägerin mit Schreiben vom 16.04.2020 und der Beigeladenen mit Schreiben vom 22.04.2020 wies die von der Vertreterversammlung der Beklagten nach § 85 Abs. 2 Nr. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) bestimmte Widerspruchsstelle mit Widerspruchsbescheiden vom 26.06.2020 als unbegründet zurück. Zur Begründung wurden im Wesentlichen die im Rahmen des Ausgangsbescheides aufgeführten Merkmale für eine abhängige Beschäftigung wiederholt und erneut dargestellt, dass diese Merkmale die Merkmale, die für eine selbständige Beschäftigung sprächen, deutlich überwögen, weshalb der Ausgangsbescheid nicht geändert werde.

Hiergegen hat die Klägerin unter dem 30.07.2020 Klage beim Sozialgericht Reutlingen (SG) erhoben und zur Begründung vorgetragen, die Beklagte habe die tatsächliche, von der Beigeladenen verrichtete Tätigkeit nur in unzureichendem Maße verstanden und sei dementsprechend zu der fehlerhaften Einschätzung gelangt, die Beigeladene übe die Tätigkeit im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses aus. Die Beigeladene werde ausschließlich für das „T2 Projekt“ tätig. Allein aus organisatorischen Gründen sei das „T2 Projekt“ bei ihr, der Klägerin, angegliedert, damit die hier erbrachten Leistungen gegenüber der Krankenkasse gebündelt abgerechnet werden könnten. Ansonsten bestehe keinerlei Einbindung in ihre Arbeitsorganisation. Die Beigeladene unterliege auch keinerlei Weisungen in Bezug auf Ausübung der Tätigkeit oder deren zeitlichen Umfang. Auch das Letztentscheidungsrecht liege allein bei der Beigeladenen.

Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten und hat zur Begründung im Wesentlichen auf die Ausführungen im Widerspruchsbescheid vom 26.06.2020 Bezug genommen.

Mit Beiladungsbeschluss vom 18.09.2020 hat das SG die Beigeladene zum vorliegenden Verfahren beigeladen. Die Beigeladene hat keinen eigenen Antrag gestellt.

Das SG hat der Klage mit Urteil vom 09.04.2021 stattgegeben, den Bescheid der Beklagten vom 25.03.2020 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26.06.2020 aufgehoben und festgestellt, dass die Beigeladene als Palliativmedizinerin seit dem 01.01.2018 nicht im Rahmen einer abhängigen Beschäftigung für die Klägerin tätig sei und nicht der Versicherungspflicht in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung unterliege. Zur Begründung hat es ausgeführt, Beurteilungsmaßstab für das Vorliegen einer abhängigen Beschäftigung sei § 7 Abs. 1 Viertes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IV). Danach sei Beschäftigung die nicht selbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Anhaltspunkte für eine Beschäftigung seien eine Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) setze eine Beschäftigung voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig sei. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb sei dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert sei und dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliege. Diese Weisungsgebundenheit könne - vornehmlich bei Diensten höherer Art - eingeschränkt und zur „funktionsgerecht dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess“ verfeinert sein. Demgegenüber sei eine selbständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob jemand abhängig beschäftigt oder selbständig tätig sei, hänge davon ab, welche Merkmale überwögen. Maßgebend sei stets das Gesamtbild der Arbeitsleistung. Dies bestimme sich nach den tatsächlichen Verhältnissen, zu denen die rechtlich relevanten Umstände gehörten, die im Einzelfall eine wertende Zuordnung zum Typus der abhängigen Beschäftigung erlaubten. Ob eine Beschäftigung vorliege, ergebe sich aus dem Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es im Rahmen des rechtlich Zulässigen tatsächlich vollzogen worden sei. Unter Anwendung dieser Grundsätze und ausgehend von den tatsächlichen Umständen des Einzelfalls überwögen vorliegend im Rahmen der vorzunehmenden Gesamtabwägung die Merkmale, die für eine selbständige Tätigkeit der Beigeladenen sprächen. Tätigkeiten, wie sie die Beigeladene als Palliativmedizinerin für die Klägerin ausübe, könnten sowohl als abhängige Beschäftigung als auch im Rahmen einer selbständigen Tätigkeit ausgeübt werden. Die Beigeladene habe - für die Kammer nachvollziehbar und überzeugend - angegeben, dass das Letztentscheidungsrecht stets bei ihr liege, da sie alleine die Verantwortung für die Patienten habe. P2 mische sich weder zeitlich, noch örtlich noch sonst wie in die Tätigkeit der Beigeladenen ein, sondern organisiere letztlich nur das Team im T2 Projekt. Es obliege alleine der Beigeladenen, ob und wann sie eine Rufbereitschaft im Rahmen des T2 Projekts annehme. Auch müsse sich die Beigeladene bei Ausfall eigenständig um eine Vertretung kümmern. Die Beigeladene sei in die Arbeitsorganisation der Klägerin nicht eingegliedert. Das T2 Projekt sei als ein eigenständiges Projekt zu sehen, was letztlich nichts mit sonstigen Tätigkeit der Klägerin zu tun habe. Die Klägerin sei hier nur als Ansprech- und Abrechnungspartner für die einzelnen Krankenkassen zwischengeschaltet. Die Beigeladene erfülle damit keine originäre Tätigkeit der Klägerin und arbeite nicht mit den übrigen, abhängig beschäftigten Arbeitnehmern der Klägerin zusammen. Auch sei für die Kammer nicht ersichtlich, dass die Klägerin einen wirtschaftlichen Vorteil von dem T2 Projekt habe, da sie die abgerechnete Vergütung von den jeweiligen Krankenkassen in vollem Umfang an die Mitarbeiter des T2 Projekts weiterleite. Weder die Verpflichtung zur Information über das Ergebnis der interdisziplinären Fallbesprechungen noch die Verpflichtung zur Dokumentation der durchgeführten Leistungen oder der Beachtung des Behandlungsplanes bedeuteten eine Eingliederung in eine fremdbestimmte Arbeitsorganisation im Rahmen einer funktionsgerecht dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess. Allein die organisatorische Einbindung von Aufgaben in einen Betrieb begründe noch nicht die Stellung als abhängig Beschäftigter, weil bestimmte Aufgaben eines Betriebs, vor allem wenn sie eine gehobene spezielle Fachkunde erforderten, auch an selbständig Tätige vergeben werden könnten. Ob sie abhängig oder selbständig erfüllt würden, hänge dann davon ab, ob die Gestaltung der gegenseitigen Beziehung noch einen für eine selbständige Tätigkeit der betreffenden Art typischen und nach der Eigenart des Betriebs möglichen Freiraum lasse. Die Eigenart der Kooperation belasse der Beigeladenen hinreichenden Freiraum zur Ausübung ihrer ärztlichen Tätigkeit. Soweit eine Verpflichtung zur Dokumentation bestehe, insbesondere, wenn sich ein Schichtwechsel anbahne, diene diese nicht der persönlichen Kontrolle und Überwachung der Beigeladenen, sondern solle zum einen sicherstellen, dass keine Informationen über den Patienten verlustig gingen, und dürfte zum anderen Ausfluss aus § 8 des Vertrages zwischen der Klägerin und den Kostenträgern gemäß § 132d Abs. 1 i.V.m. § 37b SGB V sein. Derartige Dokumentationspflichten stünden der Annahme einer selbständigen Tätigkeit nicht entgegen. Soweit sich die Beigeladene (oder andere Palliativmediziner des T2 Projekts) jeweils vor Beginn der Rufbereitschaft über die jeweiligen Patienten zu informieren hätten, sei dies nicht Ausdruck einer einseitigen Anweisung der Klägerin, sondern letztlich eine Selbstverständlichkeit. Denn eine Ärztin, die einen Patienten nicht kontinuierlich behandele, müsse sich zwangsläufig anhand der vorliegenden Dokumentation einen Überblick über die Situation des Patienten verschaffen, bevor sie die Behandlung beginne. Auch aus der fehlenden direkten Abrechnungsmöglichkeit mit den Krankenkassen könne nicht ohne weiteres auf eine Eingliederung in eine fremdbestimmte Arbeitsorganisation, mithin auf eine Beschäftigung geschlossen werden. Ein Unternehmerrisiko sei nicht schon deshalb zu verneinen, weil größere Investitionen vorliegend fehlten, da solche typischerweise mit der Erbringung reiner Dienstleistungen nicht verbunden seien. Ebenso spreche die Vereinbarung eines festen Stundenhonorars nicht zwingend für eine abhängige Beschäftigung. Bei reinen Dienstleistungen sei ein erfolgsabhängiges Entgelt nicht zu erwarten. Zu berücksichtigen sei auch, dass sich die Klägerin (gemeint wohl die Beigeladene) auf eigene Kosten fortbilde und auch die Zusatzbezeichnung „Palliativmedizinerin“ letztlich auf eigene Kosten und ohne Bezuschussung von der Klägerin erworben habe.

Gegen das ihr am 12.05.2021 zugestellte Urteil richtet sich die von der Beklagten am 31.05.2021 beim Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg erhobene Berufung. Zur Begründung hat sie ausgeführt, die Klägerin sei ein Krankenhaus und Träger des T2 Projekts (interdisziplinäres Palliativ-Care-Team), das mit den Krankenkassen einen Vertrag gemäß § 132d Abs. 1 i.V.m. § 37b SGB V über die spezialisierte ambulante Palliativversorgung geschlossen habe. Die Beigeladene übe ihre Tätigkeit auf der Grundlage eines Kooperationsvertrages aus. Sie betreue/versorge Patienten aus dem T2 Projekt. Ihre Rufbereitschaft werde in einen Dienstplan eingetragen. Bedarfsweise fänden Teambesprechungen statt. Nach Bedarf erfolge auch eine Zusammenarbeit mit pflegerischen und ärztlichen Mitarbeitern. Vertraglich erfolge die Vergütung nach Stunden, zusätzlich gebe es eine Fahrtkostenerstattung. Nach den vorliegenden Rechnungen sei die Vergütung monatlich gleichbleibend. Das SG sehe in der freien Entscheidung über die Annahme von Diensten und die Selbstorganisation einer Ersatzkraft Indizien für eine selbständige Tätigkeit. Darüber hinaus gehe das SG von einer fehlenden Eingliederung in den Betrieb des Auftraggebers aus und nehme ein unternehmerisches Risiko an. Das Urteil des SG sei nicht hinnehmbar. Mit Annahme der Dienste sei die Beigeladene an Ort und Zeit gebunden. Die Klägerin sei nicht nur als Ansprechpartner und Abrechnungspartner für die Krankenkassen dazwischengeschaltet. Sie sei Trägerin des T2 Projekts. Die ambulante Palliativversorgung sei somit Betriebszweck der Klägerin. Das SG sehe in der Fallbesprechung, Dokumentation und Beachtung des Behandlungsplans selbst eine Verpflichtung der Klägerin. Dass die Beigeladene diese Verpflichtung umsetze, spreche gerade für eine Eingliederung. Darüber hinaus bestehe kein unternehmerisches Risiko. Die regulatorischen Vorgaben erforderten einen sehr hohen Organisationsgrad. Diesen Vorgaben könne sich auch die Beigeladene nicht entziehen, selbst wenn sie etwas weniger eingebunden gewesen sein sollte als andere Mitarbeiter.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 09.04.2021 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Zur Begründung hat sie u.a. ausgeführt, die SAPV sei nicht ihre originäre Zuständigkeit. Ihr Betriebszweck sei nicht auf Versorgung mit SAPV ausgerichtet. Ihre Klinik sei eine A1 für Innere Medizin und Altersmedizin. Zwar habe sie auch ein palliativmedizinisches Team. Dieses betreue die Patienten allerdings nur stationär auf einer Palliativstation. Für die ambulante Palliativversorgung sei das T2 Projekt zuständig, welches als ein eigenständiges Projekt anzusehen sei, das mit ihren sonstigen Tätigkeiten letztlich nichts zu tun habe. Das T2 Projekt umfasse nicht nur die SAPV, sondern auch die Brückenpflege, die Tumorpatienten beim Übergang vom Krankenhaus in die häusliche Umgebung unterstütze. Dies sei ein Dienst des C1 C2 C3 T1 S1. Die für das T2 Projekt tätigen Pflegekräfte stammten nicht ausschließlich aus ihrer Klinik. Auch an der U3 T1 tätige Pflegekräfte würden im Rahmen des T2 Projekts eingesetzt. Das T2 Projekt werde wesentlich vom Förderverein T2 Projekt finanziert. Darüber hinaus sei es auf private Spenden angewiesen, da nur ein Teil der Tätigkeit durch direkte Abrechnung mit den Krankenkassen finanziert werde. Die im Rahmen der Tätigkeit behandelten Patienten seien zudem keine Patienten ihrer Klinik. Entsprechend würden sie auch nicht in dem dortigen Dokumentationssystem geführt. Es handele sich ausschließlich um die zusätzliche ärztliche Beratung von ambulanten Patienten im häuslichen Umfeld, die federführend von ihren jeweiligen Hausärzten versorgt würden und bei denen die Hausärzte um eine zusätzliche palliativmedizinische Beratung im Rahmen der spezialisierten ambulanten Palliativversorgung bäten. Letztlich werde das T2 Projekt lediglich von ihr organisiert. Zwischen ihr, handelnd für das Palliativ C4-Team „T2 Projekt - Häusliche Betreuung Schwerkranker“, und den Krankenkassen sei am 01.12.2015 ein Vertrag über SAPV nach § 37b SGB V i.V.m. § 132d SGB V geschlossen worden. Sie sei letztendlich nur als Ansprech- und Abrechnungspartner für die einzelnen Krankenkassen zwischengeschaltet. Die Beigeladene unterliege weder einem Weisungsrecht noch sei sie in ihren Betrieb eingegliedert. Diese bestimme selbst die Zeit, die Dauer und die Art der Ausführung ihrer Tätigkeit. Die Zeit und Dauer der Tätigkeit werde auch nach Auftragsannahme nicht von ihr, der Klägerin, vorgegeben. Die Beigeladene spreche den zeitlichen Rahmen ihres Einsatzes nicht mit ihr, sondern mit den Patienten und ihren Angehörigen ab. Dass der Einsatz in örtlicher Hinsicht in der häuslichen Umgebung der Patienten stattfinde, liege in der Natur der ambulanten palliativmedizinischen Versorgung und sei somit kein Ausdruck eines etwaigen Weisungsrechts. Die arbeitsteilige Behandlung werde nicht ihr vorgegeben. Zwar habe die Beigeladene bei der Ausführung ihrer Tätigkeit auch Kontakt zu Pflegepersonal. Dabei handle es sich aber nicht nur um bei ihr angestellte Pflegekräfte, sondern auch um Pflegekräfte, die am U1 T1 angestellt seien, sowie um Mitarbeiter von Sozialstationen und pflegende Angehörige. Sie gebe dabei nicht vor, wie die arbeitsteilige Behandlung durchgeführt werden müsse. Die Beigeladene sei nicht zur Mitorganisation der Teamarbeit zwischen den Palliativmedizinern und den Angestellten der Klägerin verpflichtet. Sie habe auch keine Weisungsbefugnis gegenüber den Pflegekräften, so dass keine Eingliederung in die Arbeitsorganisation vorliege. Die Beigeladene diene auch nicht ihren wirtschaftlichen Interessen. Sie, die Klägerin, erlange von dem T2 Projekt keinen wirtschaftlichen Vorteil. Sie sei bei der Finanzierung des Projekts maßgeblich auf den Förderverein und auf private Spenden angewiesen. Soweit die Beklagte die Auffassung vertrete, dass die regulatorischen Vorgaben und der damit verbundene hohe Organisationsgrad eine Eingliederung in die Betriebsorganisation der Klägerin bedingten, bleibe diese einer näheren Ausführung schuldig, welche regulatorischen Vorgaben genau vorliegend zu einer Eingliederung in die Betriebsorganisation führen sollten. Richtig sei, dass die personellen Anforderungen, die der SAPV-Vertrag in § 7 Abs. 1 (personelle Anforderungen) und § 9 Abs. 7 (Fortbildungspflicht) an sie, die Klägerin, stelle, unter Punkt 1 des Kooperationsvertrags an die Beigeladene weitergegeben würden. Hätte die Beigeladene jedoch selbst einen SAPV-Vertrag nach § 37b i.V.m. § 132d SGB V mit den Krankenkassen geschlossen, wäre sie auch in diesem Fall an die personellen Anforderungen, die der SAPV-Vertrag stelle, gebunden gewesen. Ob die Erfüllung gewisser Qualifikationsvoraussetzungen gesetzlich oder von dritter Seite vorgeschrieben werde, sei für die Ausgestaltung der Tätigkeit ohne Belang. Die Klägerin und die Krankenkassen gingen nach den getroffenen Regelungen innerhalb des SAPV-Vertrags selbst davon aus, dass die Übertragung der Tätigkeit auf selbständige Dritte zulässig sein solle. Trotz der regulatorischen Vorgaben, die der SAPV-Vertrag stelle, sei es daher aus Sicht der Krankenkassen nicht erforderlich, dass die Leistungen zwingend vom weisungsgebundenen Personal der Klägerin ausgeführt werden müssten. Die einzigen nennenswerten regulatorischen Vorgaben des SAPV-Vortrags, die Einfluss auf die Ausgestaltung der Tätigkeit der Beigeladenen für das T2 Projekt hätten, seien die Fortbildungspflicht nach § 9 Abs. 7 des SAPV-Vertrags sowie die Teilnahme an Teambesprechungen. Die Fortbildungspflicht könne - wenn überhaupt - nur ein geringes Indiz für das Vorliegen einer abhängigen Beschäftigung sein. Sie berühre den Kern der Tätigkeit der Beigeladenen nicht. Entscheidend sei vielmehr, dass die Beigeladene die ihr nach Punkt 8 des Kooperationsvertrags gewährte volle Entscheidungsfreiheit bei der Verwertung ihrer Arbeitskraft auch in der gelebten Ausführung des Vertragsverhältnisses tatsächlich besitze. Hinsichtlich des Unternehmerrisikos habe das SG richtigerweise erkannt, dass das Fehlen von Investitionen bei reinen Dienstleistungen nicht als ein für eine abhängige Beschäftigung sprechendes Indiz entscheidend ins Gewicht fallen könne. Sie stelle der Beigeladenen auch keine Arbeitsmittel zur Verfügung. Die für die Durchführung ihrer Tätigkeit benötigte Ausrüstung, ein Stethoskop, ein Telefon, ein Computer, und den häuslichen Arbeitsplatz besorge sich diese selbst. Sie zahle die Fortbildungen selbst und sei haftpflichtversichert.

Auf die Verfügung des Senats vom 05.12.2023 haben die Fremdversicherungsträger ihre Beiladung nicht beantragt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die vorgelegte Verwaltungsakte der Beklagten sowie auf die Gerichtsakten beider Instanzen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die Berufung der Beklagten hat Erfolg.


I. Die gemäß § 151 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Beklagten ist zulässig und statthaft. Ein Ausschlussgrund gemäß § 144 Abs. 1 SGG ist nicht gegeben.

II. Gegenstand des Rechtsstreits sind die Bescheide vom 25.03.2020 in Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 26.06.2020
, mit dem die Beklagte zum einen gegenüber der Klägerin und zum anderen gegenüber der Beigeladenen entschied, dass die Beigeladene ihre Tätigkeit als Palliativmedizinerin seit 01.01.2018 im Rahmen eines Beschäftigungsverhältnisses ausübt und dementsprechend Versicherungspflicht in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung besteht. Als Verwaltungsakt mit Doppelwirkung belastet die Klägerin als Dritte gleichermaßen auch der an die Beigeladene gerichtete Bescheid vom 25.03.2020. Der Senat legt das Begehren der Klägerin daher dahingehend aus (§ 123 SGG), dass sie die Bescheide der Beklagten vom 25.03.2020 in der Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 26.06.2020 einerseits originär und andererseits als Drittbetroffene angefochten hat (LSG Baden-Württemberg 20.07.2020, L 4 BA 3646/18, juris Rn. 64). Die Klage war als Anfechtungs- und Feststellungsklage, gerichtet auf die Feststellung, die Beigeladene unterliege in ihrer Tätigkeit als Palliativmedizinerin keiner Versicherungspflicht in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung zulässig.

III. Die Berufung der Beklagten ist begründet. Das SG hat der Klage zu Unrecht stattgegeben. Die Bescheide vom 25.03.2020 in der Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 26.06.2020 sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten. Entgegen der Ansicht des SG übte die Beigeladene ihre Tätigkeit als Palliativmedizinerin seit 01.01.2018 nicht als Selbstständige aus, sondern im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses, weshalb Versicherungspflicht in der Kranken- und Pflegeversicherung, in der Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung bestand.

1. Nach § 7a Abs. 1 Satz 1 SGB IV können die Beteiligten schriftlich eine Entscheidung der nach § 7a Abs. 1 Satz 3 SGB IV zuständigen Beklagten beantragen, ob eine Beschäftigung vorliegt, es sei denn, die Einzugsstelle oder ein anderer Versicherungsträger hat im Zeitpunkt der Antragstellung bereits ein Verfahren zur Feststellung einer Beschäftigung eingeleitet. Die Beklagte entscheidet aufgrund einer Gesamtwürdigung aller Umstände, ob eine Beschäftigung vorliegt (§ 7a Abs. 2 SGB IV). Das Verwaltungsverfahren ist in Absätzen 3 bis 5 der Vorschrift geregelt. § 7a Abs. 6 SGB IV regelt in Abweichung von den einschlägigen Vorschriften der einzelnen Versicherungszweige und des SGB IV den Eintritt der Versicherungspflicht (Satz 1) und die Fälligkeit des Gesamtsozialversicherungsbeitrags (Satz 2).

Die Beklagte war für die von der Beigeladenen beantragte Feststellung zuständig, weil für die streitige Zeit zum Zeitpunkt der Antragstellung am
09.10.2019 kein Verfahren zur Feststellung einer Beschäftigung eingeleitet war. Entsprechende Anhaltspunkte liegen nicht vor. Etwas Gegenteiliges wird von den Beteiligten auch nicht behauptet.

2. Versicherungspflichtig sind in der Rentenversicherung nach § 1 Satz 1 Nr. 1 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI), in der Krankenversicherung nach § 5 Abs. 1 Nr. 1 SGB V, in der Pflegeversicherung nach § 20 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 Elftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB XI) und in der Arbeitslosenversicherung nach § 25 Abs. 1 Satz 1 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) gegen Arbeitsentgelt beschäftigte Personen,
es sei denn, Versicherungspflicht scheidet aufgrund gesetzlicher Regelungen aus. Beurteilungsmaßstab für das Vorliegen einer abhängigen Beschäftigung ist § 7 Abs. 1 Satz 1 Viertes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IV). Hiernach ist Beschäftigung die nichtselbstständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG setzt eine Beschäftigung voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und er dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Diese Weisungsgebundenheit kann - vornehmlich bei Diensten höherer Art - eingeschränkt und zur „funktionsgerecht dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess“ verfeinert sein. Weisungsgebundenheit und Eingliederung in den Betrieb stehen aber weder in einem Rangverhältnis zueinander noch müssen sie stets kumulativ vorliegen. Eine Eingliederung geht nicht zwingend mit einem umfassenden Weisungsrecht einher. Die in § 7 Abs. 1 Satz 2 SGB IV genannten Merkmale sind schon nach dem Wortlaut der Vorschrift nur „Anhaltspunkte“ für eine persönliche Abhängigkeit, also im Regelfall typische Merkmale einer Beschäftigung und keine abschließenden Bewertungskriterien (BSG 07.06.2019, B 12 R 6/18 R, BSGE 128, 205 unter Hinweis auf BT-Drucks. 14/1855 S. 6). Demgegenüber ist eine selbstständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Maßgebendes Kriterium für das Vorliegen eines Unternehmerrisikos ist, ob eigenes Kapital oder die eigene Arbeitskraft auch mit der Gefahr des Verlustes eingesetzt wird, der Erfolg des Einsatzes der sächlichen oder persönlichen Mittel also ungewiss ist. Allein der Umstand, dass jemand von seinem Vertragspartner keinen für Beschäftigte typischen sozialen Schutz zur Verfügung gestellt erhält, führt jedoch noch nicht zur Annahme eines unternehmerischen Risikos; einem solchen Risiko müssen vielmehr - um sozialversicherungsrechtliche Folgen auslösen zu können - auch größere Freiheiten in der Gestaltung und der Bestimmung des Umfangs beim Einsatz der eigenen Arbeitskraft oder größere Verdienstchancen gegenüberstehen; auch aus dem (allgemeinen) Risiko, außerhalb der Erledigung einzelner Aufträge zeitweise die eigene Arbeitskraft ggf. nicht verwerten zu können, folgt kein Unternehmerrisiko (BSG 24.03.2016, B 12 KR 20/14 R, juris Rn. 21; vgl. auch BSG 18.11.2015, B 12 KR 16/13 R, BSGE 120, 99).

Ob jemand abhängig beschäftigt oder selbstständig tätig ist, richtet sich ausgehend von den genannten Umständen nach dem Gesamtbild der Arbeitsleistung und hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen. Zur Feststellung des Gesamtbilds kommt den tatsächlichen Verhältnissen nicht voraussetzungslos ein Vorrang gegenüber den vertraglichen Abreden zu. Ausgangspunkt für die Beurteilung ist demnach zunächst das Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es sich aus den von ihnen getroffenen Vereinbarungen ergibt oder sich aus ihrer gelebten Beziehung erschließen lässt (Senatsurteil vom 18.07.2013, L 11 R 1083/12). Maßgeblich ist die Rechtsbeziehung so, wie sie praktiziert wird, und die praktizierte Beziehung so, wie sie rechtlich zulässig ist (zum Ganzen BSG 29.08.2012, B 12 R 25/10 R, BSGE 111, 257 m.w.N.).

Für die hier zu beurteilende Tätigkeit einer Palliativmedizinerin gelten keine abweichenden Maßstäbe (vgl. für sog. Honorarärzte: BSG 04.06.2019, B 12 R 11/18 R; BSG 19.10.2021, B 12 R 10/20 R [Notarzt], jeweils bei juris). In seiner Entscheidung zu den Honorarärzten führte das BSG aus, dass die Bezeichnung als Honorararzt kein besonderes ärztliches Tätigkeitsbild im sozialversicherungsrechtlichen Sinne kennzeichnet und auch die Abgrenzung zwischen Beschäftigung und Selbstständigkeit nicht abstrakt für bestimmte Berufs- und Tätigkeitsbilder erfolgt. Es ist daher möglich, dass ein und derselbe Beruf - je nach konkreter Ausgestaltung der vertraglichen Grundlagen in ihrer gelebten Praxis - entweder in Form der Beschäftigung oder als selbstständige Tätigkeit ausgeübt wird. Maßgeblich sind stets die konkreten Umstände des individuellen Sachverhalts. Die sozialversicherungsrechtliche Beurteilung ist auch nicht dadurch vorgeprägt, dass sog. Honorararztverträge in der arbeitsgerichtlichen Rechtsprechung bisher überwiegend als freie Dienstverhältnisse qualifiziert werden. Denn es besteht kein vollständiger Gleichklang des arbeitsrechtlichen Arbeitnehmerbegriffs mit dem Beschäftigungsbegriff nach § 7 SGB IV.

Somit gilt auch für ärztliche Tätigkeiten, dass sie je nach konkreter Ausgestaltung der vertraglichen Grundlagen bzw. der jeweils gelebten Praxis sowohl in Form einer Beschäftigung als auch als selbständige Tätigkeit ausgeübt werden können. Maßgeblich sind stets die konkreten Umstände des individuellen Sachverhaltes (vgl. für Ärzte im Bereich der spezialisierten ambulanten Palliativversorgung: Bayerisches LSG 29.07.2020, L 6 R 5130/17; 11.04.2019, L 7 R 5050/17, jeweils bei juris).

3. Ausgehend von diesen Grundsätzen war die Beigeladene im Rahmen ihrer Einsätze für die Klägerin in der Zeit ab 01.01.2018 durchgehend abhängig beschäftigt, da ihre Tätigkeit entscheidend durch Aspekte geprägt ist, die für eine abhängige Beschäftigung sprechen. Demgegenüber treten die für eine selbständige Tätigkeit sprechenden Umstände im Rahmen der gebotenen Gesamtabwägung deutlich in den Hintergrund.

Ausgangspunkt für die rechtliche Bewertung sind die im Folgenden dargestellten Umstände, die der Senat aufgrund des Gesamtinhalts des Verfahrens, insbesondere der Maßgaben des Vertrages über die
SAPV, der Angaben der Klägerin und der Beigeladenen im Verwaltungsverfahren zum Fragebogen der Beklagten und des zwischen der Klägerin und der Beigeladenen abgeschlossenen Kooperationsvertrages vom 30.10.2017, feststellt.

Für eine selbständige Tätigkeit der Beigeladenen spricht zunächst, dass sie Freiheiten bei der Ausübung ihrer Tätigkeiten hat. In fachlicher Hinsicht wird sie grundsätzlich eigenverantwortlich und weisungsfrei tätig. Die Beigeladene kann nach Übernahme der Behandlung eines Patienten ihre Arbeitszeit selbst bestimmen und einteilen, d. h. insbesondere selbst entscheiden, wie häufig und zu welchen Zeitpunkten sie den Patienten zu einem Hausbesuch aufsucht, wobei diese Freiheit nur eingeschränkt wird durch medizinische Notwendigkeiten wie eine akute Verschlechterung des Gesundheitszustandes des Patienten. Eine Eigenverantwortlichkeit und Selbstbestimmtheit der Beigeladenen liegt auch insoweit vor, dass die Ausübung der Nachtdienste und der Wochenenddienste nicht angeordnet wird, sondern die Organisation der Rufbereitschaft im Rahmen der im T2 Projekt tätigen Palliativ-Ärzte einvernehmlich vereinbart wird. Dies gilt auch für die Vertretung der Beigeladenen im Falle urlaubsbedingter oder krankheitsbedingter Verhinderung, die sie selbst in Absprache mit anderen Palliativ-Ärzten des T2 Projekts regelt (vgl. hierzu die Angaben der Beigeladenen zu den Fragen der Beklagten, Bl. 43 Verwaltungsakte).

Bei der Gewichtung der weitgehenden Weisungsfreiheit hinsichtlich der Art und Weise der Arbeitsausführung der Beigeladenen ist jedoch zu berücksichtigen, dass die in § 7 Abs. 1 Satz 2 SGB IV genannten Kriterien der Weisungsgebundenheit und der Eingliederung weder in einem Rangverhältnis zueinander stehen noch stets kumulativ vorliegen müssen. Die in § 7 Abs. 1 Satz 2 SGB IV genannten Merkmale sind schon nach dem Wortlaut der Vorschrift nur „Anhaltspunkte“ für eine persönliche Abhängigkeit, also im Regelfall typische Merkmale einer Beschäftigung und keine abschließenden Bewertungskriterien (BSG 04.09.2019, B 12 R 11/18 R, BSGE 128, 191-205). Insbesondere bei Hochqualifizierten oder Spezialisten (sogenannte Dienste höherer Art) kann das Weisungsrecht aufs stärkste eingeschränkt sein (vgl. BSG 29.03.1962, 3 RK 74/57, BSGE 16, 289). Dies gilt insbesondere für ärztliche Tätigkeiten, da Ärzte bei medizinischen Heilbehandlungen grundsätzlich frei und eigenverantwortlich handeln. Dennoch kann die Dienstleistung in solchen Fällen fremdbestimmt sein und eine abhängige Beschäftigung vorliegen, wenn sie ihr Gepräge von der Ordnung des Betriebes erhält, in deren Dienst die Tätigkeit verrichtet wird. Die Weisungsgebundenheit des Arbeitnehmers verfeinert sich in solchen Fällen zur funktionsgerecht dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess (vgl. für ärztliche Tätigkeiten: BSG 04.06.2019, B 12 R 11/18 R, BSGE 128, 191-205; BSG 19.10.2021, B 12 KR 29/19 R, BSGE 133, 49-57). Den genannten Freiheiten im Rahmen der Ausübung der ärztlichen Tätigkeit der Beigeladenen kommt keine maßgebliche Indizwirkung für eine selbständige Tätigkeit zu, da sie dennoch im Rahmen einer funktionsgerechten, dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess für die Klägerin tätig wird.

Für eine abhängige Beschäftigung der Beigeladenen spricht ihre Einbindung in die Organisationsstrukturen der Klägerin im Rahmen einer dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess. Sie fügte sich bei der Erbringung ihrer Tätigkeit in das von der Klägerin organisierte T2 Projekt ein, auf dessen Ausgestaltung sie keinen unternehmerischen Einfluss hatte. Vielmehr erbrachte sie ihre Dienstleistung innerhalb eines von der Klägerin vorgegebenen äußeren Rahmens (vgl. hierzu BSG 24.10.2023, B 12 R 9/21 R, juris Rn. 18). Dabei ergibt sich die Einbindung der Beigeladenen aus der Bindung ihrer ärztlichen Tätigkeit an die vertraglich festgehaltenen Verpflichtungen der Klägerin aufgrund des mit den Krankenkassen geschlossenen Vertrages nach § 132d SGB V i.V.m § 37b SGB V.


Soweit sich die Beigeladene zur Übernahme der Behandlung eines Patienten entscheidet, hat sie ihre Tätigkeit im Rahmen der vorgegebenen organisatorischen Strukturen und Grundsätze durchzuführen, die ausschließlich von der Klägerin auf der Grundlage des mit den Krankenkassen abgeschlossenen Vertragswerkes geschaffen und damit von der Klägerin bestimmt worden sind. Der von der Klägerin abgeschlossene Vertrag über die Erbringung der SAPV beinhaltet nicht nur eine Vielzahl von Pflichten der Klägerin, sondern auch ganz konkrete Pflichten der für die Klägerin tätig werdenden Palliativ-Ärzte und Palliativ-Pflegefachkräfte sowie der weiteren in das Team eingebundenen Mitarbeiter, derer sich die Klägerin zur Erfüllung ihrer vertraglichen Verpflichtungen bedient. In diesem Sinne ist die Beigeladene an diese regulatorischen Vorgaben im Rahmen der Ausübung ihrer Tätigkeit gebunden und muss sich an diesen vertraglich festgehaltenen Verpflichtungen orientieren (ebenso für in der SAPV tätige Ärzte: SG Kassel 24.01.2018, S 12 KR 390/17, juris; Bayerisches LSG 29.07.2020, L 6 R 5130/17, juris). Insoweit liegt eine institutionelle Einbindung der Beigeladenen in das Versorgungskonzept der Klägerin vor, das Voraussetzung dafür ist, dass die Klägerin als Leistungserbringerin im Sinne des § 132d SGB V tätig werden kann (vgl. § 6 SAPV-Vertrag, vgl. auch Anlage 1). Nach der Rechtsprechung des BSG sind solche regulatorischen Vorgaben bei der Gewichtung der Indizien zur Statusbeurteilung zu berücksichtigen, ohne dass ihnen zwingende, übergeordnete oder determinierende Wirkung zukommt (vgl. BSG 04.06.2019, B 12 R 11/18 R, juris Rn. 26; BSG 24.03.2016, B 12 KR 20/14 R, juris Rn. 26 ff.).

Nach dieser Maßgabe ist vorliegend zu berücksichtigen, dass zwingend vorgeschrieben ist, dass das PCT der Klägerin für jeden zu versorgenden Versicherten einen individuellen Behandlungsplan zu erstellen hat, der mit den übrigen an der Versorgung beteiligten Leistungserbringern abzustimmen ist (§ 9 Abs. 2 SAPV-Vertrag).
Es hat ständige Verfügbarkeit mindestens einer Palliativärztin/eines Palliativarztes und einer Palliativpflegefachkraft zu gewährleisten (§ 9 Abs. 3 SAPV-Vertrag). Die Koordinationsstelle übernimmt sowohl eine koordinierende als auch beratende Funktion und ist erste Ansprechpartnerin. Das PCT muss gewährleisten, dass die an der Versorgung beteiligten Leistungserbringer die erforderlichen Maßnahmen aufeinander abgestimmt und bedarfsgerecht erbringen und dass zwischen den an der Versorgung des Versicherten beteiligten Leistungserbringern zeitnah alle wichtigen Informationen über die vorhergehende Behandlung unter Berücksichtigung datenschutzrechtlicher Regelungen ausgetauscht werden (§ 9 Abs. 5 SAPV-Vertrag). Auch die Dokumentation der versichertenbezogenen Leistungen durch die an der Versorgung beteiligten Leistungserbringer/Personen ist entsprechend der jeweiligen Berufsordnung sicherzustellen (§ 9 Abs. 6 SAPV-Vertrag). Für das PCT und damit auch für die Beigeladene besteht darüber hinaus die Verpflichtung, regelmäßige multiprofessionelle Fallbesprechungen durchzuführen (§ 10 Abs. 4d SAPV-Vertrag), an einem internen Qualitätsmanagement teilzunehmen (§ 10 Abs. 1 SAPV-Vertrag) und regelmäßig an palliativmedizinischen Fortbildungen in einem Umfang von 20 Zeitstunden innerhalb von zwei Kalenderjahren teilzunehmen (§ 9 Abs. 7 SAPV-Vertrag).

Zur Erfüllung dieser vertraglichen Verpflichtung hat die Klägerin die Beigeladene im Kooperationsvertrag (u.a.) dazu verpflichtet, am ärztlichen „Hintergrunddienst“, d.h. der Rufbereitschaft des T2 Projekts teilzunehmen, Hausbesuche durchzuführen, das Pflegepersonal, Patienten und Angehörige - auch telefonisch - zu beraten, an Teambesprechungen teilzunehmen (insbesondere derzeit die Freitagsbesprechungen vor einer Wochenend-Rufbereitschaft und die aktive Teilnahme an Teambesprechungen, bei denen aktuelle Patientenbetreuungen oder Themen von allgemeinem Interesse besprochen werden), die Tätigkeit gemäß den Vorgaben der ärztlichen Leiterin des T2 Projekts zu dokumentieren und die Erfüllung
der Qualifikation- und Fortbildungsanforderung nach § 7 Abs. 1 und § 9 Abs. 7 des SAPV-Vertrages sicherzustellen. Weiter ist zu berücksichtigen, dass die Beigeladene vorliegend nicht im Rahmen von Einzelaufträgen für die Klägerin tätig ist, sondern sich im Vertrag zu einer Leistungserbringung von 417 Stunden pro Jahr verpflichtet hat. Lediglich die Frage, zu welchen Zeiten sie die Rufbereitschaft übernimmt und welche Patienten sie betreut, wird einvernehmlich zwischen den Ärzten des T2 Projekts vereinbart. Auch wenn der Beigeladenen somit eine recht flexible Einteilung ihrer Hintergrunddienste und ihrer sonstigen Tätigkeiten (Hausbesuche/Beratung) - wenn auch nur in Absprache mit den anderen für das PCT tätigen Ärzte und Pflegekräfte - möglich ist, hat sie sich dennoch zu einer zeitlichen Leistungserbringung von 417 Stunden verpflichtet, so dass diese Flexibilität ihre Grenzen in dieser vertraglichen Bestimmung findet.

Insgesamt ergibt sich das Bild einer in erheblicher Weise durch vertragliche und gesetzliche Vorgaben regulierten ärztlichen Tätigkeit der Beigeladenen als Palliativ-Ärztin in der spezialisierten ambulanten Patientenversorgung. Auch wenn es sich um vertragliche Verpflichtungen der Klägerin als Leistungserbringerin gegenüber den jeweiligen Kostenträgern (Krankenkassen) handelt, hat sich die Tätigkeit der Beigeladenen notwendigerweise an diesen vertraglichen Verpflichtungen zu orientieren (vgl. Bayerisches LSG 29.07.2020, L 6 R 5130/17, juris). Somit wird ein organisatorischer Rahmen von der Klägerin als Leistungserbringerin vorgegeben und die Beigeladene wird zur Erfüllung der Verpflichtungen der Klägerin gegenüber deren Patienten im Sinne einer funktionsgerecht dienenden Teilhabe am therapeutischen Prozess eingesetzt, um die Aufgabe der Klägerin als Leistungserbringerin zu erfüllen (so auch SG Duisburg 19.01.2023, S 10 R 90/16, juris Rn. 108). Letztlich verbleibt auch die Verantwortung für die Behandlung der Versicherten gegenüber den Kostenträgern bei der Klägerin. Selbst unter Berücksichtigung der therapeutischen Freiheiten ist die Beigeladene durch diese überragende institutionelle Einbindung in das Versorgungskonzept der Klägerin deren „Weisungen“ unterlegen.

Für eine abhängige Beschäftigung spricht zudem, dass der Ort der Arbeitsausführung in dem Sinne vorgegeben ist, dass die palliativmedizinische Versorgung im häuslichen Bereich der Patienten zu erbringen ist und damit vorgegeben ist, dass die Beigeladene den Patienten zu Hause aufzusuchen hat, soweit sie eine Untersuchung bzw. eine Behandlungsmaßnahme für erforderlich hält. Auch der Umstand, dass die Beigeladene notwendigerweise mit weiteren Mitarbeitern des PCT zusammenarbeiten muss (vgl. ihre Angaben unter Punkt 6 zum Fragebogen der Beklagten), die für die Klägerin im Rahmen des Versorgungskonzeptes tätig werden, ist arbeitnehmertypisch. Insoweit bedarf es insbesondere Absprachen der Beigeladenen mit den in die Behandlung eingebundenen spezialisierten Pflegefachkräften und allgemein einer integrativen Abstimmung der notwendigen Maßnahmen und des Behandlungs- und Therapieplanes einschließlich gemeinsamer Fallbesprechungen (vgl. § 6 Abs. 5 und 6, § 8 Abs. 6, § 9 SAPV-Vertrag, zudem unter Nr. 1 Kooperationsvertrag). Dies reicht für die Einbindung der Beigeladenen in die Organisationsabläufe des T2 Projekts/PCT aus. Auch wenn es sich bei dem T2 Projekt nicht um eine „originäre Tätigkeit der Klägerin“ handelt, worauf diese mehrfach hinweist, ist sie doch dessen Trägerin und mit dessen Organisation betraut. Entscheidend ist somit nur eine Eingliederung im Rahmen dieses Projekts, nicht - worum es vorliegend auch überhaupt nicht geht - in die Klinik der Klägerin. Da die Klägerin die Beigeladene zur Erfüllung ihrer vertraglichen Pflichten gegenüber den Krankenkassen einsetzt, liegt eine Eingliederung der Beigeladenen vor.

Dem Kooperationsvertrag ist auch nicht zu entnehmen, dass die Beigeladene berechtigt wäre, die palliativ-medizinische Tätigkeit durch eigenes Personal erledigen zu lassen, was als Indiz für eine selbständige Tätigkeit zu werten wäre. Aufgrund der vertraglichen Verpflichtung der Klägerin im Rahmen der Erbringung der SAPV war es ausgeschlossen, dass die Beigeladene aufgrund eigener Entscheidungsbefugnis eigenes medizinisches Personal im Rahmen der von ihr durchzuführenden Behandlungen einsetzt. Nach § 7 Abs. 1 und Abs. 2 SAPV-Vertrag werden die Leistungen der SAPV nur durch Personen erbracht, die bestimmte Qualifikationsvoraussetzungen erfüllen, weitere Leistungserbringer können (nur) durch das PCT vertraglich eingebunden werden. Dementsprechend gibt die Beigeladene im Fragebogen an, die Arbeitszeiten und Einsätze erfolgten nach akutem Bedarf der ambulanten Palliativversorgung, weshalb konkrete Einsatzzeiten nicht planbar seien. Es erfolge lediglich eine Absprache unter den ärztlichen Kollegen der Rufbereitschaft über die Urlaubswünsche. Bei Verhinderungen müsse eine Vertretung selbst verantwortlich organisiert werden. Die Frage, ob sie Dritte mit der Übernahme der Betreuung beauftragen könne, verneinte die Beigeladene explizit. Die diesbezügliche Organisation erfolge ihren Angaben nach über die Leitung des T2 Projekts. Die Organisation einer Vertretung durch einen weiteren Mitarbeiter desselben Projekts ist jedoch nicht gleichzusetzen mit der Organisation einer Vertretung durch eigenes Personal oder einen Subunternehmer. Ein Indiz für eine selbstständige Tätigkeit stellt das gerade nicht dar (vgl. hierzu BSG 24.10.2023, B 12 R 9/21 R, juris Rn. 19, wonach die Möglichkeit, Schichten zu tauschen, nicht einer allgemeinen Delegationsbefugnis gleichzusetzen ist).

Zwar ist die Dichte der Eingliederung der Beigeladenen in die Organisation des T2 Projekts nicht mit der derjenigen von Honorarärzten im Krankenhaus (vgl. hierzu BSG 04.06.2019, B 12 R 11/18 R, BSGE 128, 191, B 12 R 10/18 R, juris, B 12 R 12/18 R, juris), insbesondere beim Operationsbetrieb, oder Notärzten im Rettungsdienst (vgl. hierzu BSG 19.10.2021, B 12 KR 29/19 R, BSGE 133, 49, B 12 R 10/20 R, juris) vergleichbar. Denn die hier zu beurteilenden konkreten organisatorischen Begleitumstände entsprechen nicht den vielfältigen und komplexen Abläufen eines Krankenhausbetriebs oder einer den notärztlichen Rettungsdienst kennzeichnenden Rettungskette. Das BSG hat aber bereits eine Eingliederung auch bei weniger komplexen und kooperationspflichtigen Abläufen im Fall eines Bereitschaftsdienstarztes angenommen (BSG 04.06.2019, B 12 R 2/18 R, juris). Die Eingliederung der Beigeladenen resultiert daraus, dass sie in die Organisation des T2 Projekts und die praktizierten Abläufe eingebunden ist, ohne darauf (unternehmerischen) Einfluss nehmen zu können (BSG 24.10.2023, B 12 R 9/21 R, juris Rn. 19 Rn. 20). Die Organisation des T2 Projekts obliegt auch nach eigenen Angaben der Klägerin selbst.

Die Tätigkeit der Beigeladenen ist nicht durch ein typisches Unternehmerrisiko gekennzeichnet, was ebenfalls für ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis spricht. Nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung ist maßgebliches Kriterium hierfür, ob eigenes Kapital oder die eigene Arbeitskraft auch mit der Gefahr des Verlustes eingesetzt wird, der Erfolg des Einsatzes der sachlichen und personellen Mittel also ungewiss ist (vgl. BSG 11.03.2009, B 12 KR 21/07 R; BSG 28.05.2008, B 12 KR 13/07 R). Ein gewichtiges Indiz für das Vorliegen einer selbständigen Tätigkeit ist die Übernahme eines Unternehmerrisikos nur dann, wenn damit auch tatsächlich Chancen und nicht nur Risiken bei der Einkommenserzielung verbunden sind, d. h. damit eine Erweiterung der unternehmerischen Möglichkeiten einhergeht. Allein das Risiko, mangels Aufträgen nicht durchgehend arbeiten zu können, spielt insoweit keine Rolle, denn es trifft jeden Arbeitnehmer, der nur Zeitverträge bekommt oder unständig Beschäftigter ist. Zum echten Unternehmerrisiko wird dieses erst, wenn bei Arbeitsmangel nicht nur kein Einkommen erzielt wird, sondern auch Kosten für betriebliche Investitionen oder Arbeitnehmer anfallen oder für getätigte Investitionen brachliegen. Solche sind vorliegend jedoch nicht ersichtlich und werden auch nicht behauptet.

Der Erfolg des Einsatzes der Arbeitskraft der Beigeladenen innerhalb des PCT der Klägerin ist nicht ungewiss, so dass auch insoweit ein unternehmerisches Risiko zu verneinen ist. Die Tätigkeit der Beigeladenen wird pauschal i.H.v. 1.529,00 € monatlich vergütet. Dieser monatliche Betrag ergibt sich aufgrund der vertraglich vereinbarten Arbeitszeit von 417 Stunden im Jahr bei einem vereinbarten Stundenhonorar von 44,00 € (417 Stunden x 44,00 € geteilt durch 12 Monate). Der Beigeladenen ist damit vertraglich ein Anspruch zur Leistungserbringung von 417 Stunden im Jahr zugesichert. Sie trägt somit noch nicht einmal das Risiko, zeitweise ihre Arbeitskraft mangels Aufträgen oder im Falle sonstiger Verhinderung nicht verwerten zu können. Für die Beigeladene gibt es damit weder ins Gewicht fallende Verlustrisiken noch besteht für sie die Chance, durch unternehmerisches Geschick die Arbeit so effizient zu gestalten, dass sie das Verhältnis von Aufwand und Ertrag zu ihren Gunsten entscheidend beeinflussen könnte. Auch wenn die Klägerin vorträgt, nur als Ansprech- und Abrechnungspartner der einzelnen Krankenkassen zwischengeschaltet zu sein, befreit dies die Beigeladene dennoch von jeglichem diesbezüglichen bürokratischen Aufwand, den sie hätte, wenn sie selbst einen Vertrag mit den Krankenkassen als Leistungserbringer geschlossen hätte. Vielmehr erhält sie ihre monatliche Pauschalvergütung, ohne sich darum kümmern zu müssen, in welcher Höhe die Krankenkassen die Kosten für die Palliativversorgung im Einzelfall tatsächlich übernehmen. Dieses Risiko wird gerade nicht an die Beigeladene weitergegeben, die Verantwortung gegenüber den Kostenträgern verbleibt bei der Klägerin. Vor diesem Hintergrund kann auch der weitere Vortrag der Klägerin, die mit den Krankenkassen abgerechneten Vergütungen würden vollumfänglich an die Mitarbeiter des T2 Projekts weitergeleitet werden, nicht gänzlich nachvollzogen werden. Zudem ist ein wirtschaftlicher Gewinn des Auftrag- bzw. Arbeitgebers ohnehin nicht von Belang.

Auch ist die Klägerin nach § 8 Abs. 1 des SAPV-Vertrages u.a. verpflichtet, eine ausreichende und geeignete Mobilität zur zeitnahen häuslichen Versorgung der Patienten sicherzustellen (weshalb im Kooperationsvertrag auch eine Fahrtkostenerstattung geregelt ist), Arzneimittel für den Notfall bzw. zur Krisenintervention, eine Arzt-/Pflegekoffer/Bereitschaftstasche sowie eine geeignete administrative Infrastruktur, z.B. Büro und Kommunikationstechnik vorzuhalten, weshalb die Klägerin und die Beigeladene bei der Beantwortung der ihnen im Rahmen des Statusfeststellungsverfahrens gestellten Fragen jeweils angaben, dass eigene Betriebsmittel nicht von der Beigeladenen eingesetzt werden.
Der Aufwand, den sie für ihre Fortbildungen hatte, und die Kosten für die Anschaffung von Dienstkleidung sind nicht so erheblich, dass sie die sich aus der Eingliederung in die Arbeitsorganisation der Klägerin ergebende Indizwirkung beseitigen könnten.

Ein Unternehmerrisiko ist auch nicht darin zu erblicken, dass die Beigeladene eine (eigene) Berufshaftpflichtversicherung abgeschlossen hat, da hierdurch nur der äußere Rahmen der Tätigkeit gestaltet wird, ohne dass dies auf die tatsächlichen Verhältnisse Einfluss hat. Es handelt sich im Übrigen bei der Berufshaftpflichtversicherung ohnehin nur um einen Aspekt, der für sich genommen die Tätigkeit nicht entscheidend prägt (BSG 19.10.2021, B 12 R 1/21 R, juris).

Für die Abgrenzung ist es auch nicht von Bedeutung, ob die honorarärztliche Tätigkeit als Haupterwerbsquelle oder im Nebenerwerb ausgeübt wird und ob es sich um kurzfristige und seltene Arbeitseinsätze oder um eine verstetigte Geschäftsbeziehung handelt. Eine versicherungspflichtige Beschäftigung setzt voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Dazu gehört nicht eine wirtschaftliche Abhängigkeit (vgl. BSG 04.06.2019, B 12 R 11/18 R, juris Rn. 34 m.w.N.; Bayerisches LSG 29.07.2020, L 6 R 5130/17, juris Rn. 39).

Dem Willen der Parteien, eine selbstständige Tätigkeit zu begründen, kommt nach der Rechtsprechung generell nur dann überhaupt eine Bedeutung zu, wenn dieser Wille den festgestellten sonstigen tatsächlichen Verhältnissen nicht offensichtlich widerspricht und er durch weitere Aspekte gestützt wird bzw. die übrigen Umstände gleichermaßen für Selbstständigkeit wie für eine Beschäftigung sprechen (vgl. BSG 04.06.2019, B 12 R 11/18 R, juris Rn. 36 m.w.N.). Nur unter diesen Voraussetzungen ist der in einem Vertrag dokumentierte Parteiwille überhaupt als ein auf Selbstständigkeit deutendes Indiz in die Gesamtabwägung einzustellen. Vorliegend kommt diesem Willen der Parteien unter Berücksichtigung der Gesamtumstände daher keine maßgebende Bedeutung zu, da die für eine abhängige Beschäftigung sprechenden Kriterien überwiegen (Bayerisches LSG 29.07.2020, L 6 R 5130/17, juris Rn. 40).


Vor dem Hintergrund der getroffenen Feststellungen ist der Senat unter Berücksichtigung der vorliegenden Umstände des Einzelfalles zu der Überzeugung gelangt, dass die Beigeladene im Rahmen ihrer Dienste als Palliativmedizinerin seit dem 01.01.2018 in einem Beschäftigungsverhältnis zur Klägerin steht.

4. Die Beigeladene ist versicherungspflichtig in der Kranken-, Rente-, Pflege- und Arbeitslosenversicherung. Eine geringfügige Beschäftigung, die nach § 27 Abs. 2 SGB III und § 7 Abs. 1 SGB V zur Versicherungsfreiheit des Beschäftigten führen kann, liegt bei der Beigeladenen in der für die Klägerin ausgeübten Tätigkeit nicht vor.

Nach § 8 Abs. 1 SGB IV in der bis 31.12.2018 geltenden Fassung und der ab 01.01.2019 geltenden Fassung liegt eine geringfügige Beschäftigung vor, wenn (1.) das Arbeitsentgelt aus dieser Beschäftigung regelmäßig im Monat 450,00 € nicht übersteigt, (2.) die Beschäftigung innerhalb eines Kalenderjahres auf längstens zwei Monate (ab 01.01.2019: drei Monate) oder 50 Arbeits-tage (ab 01.01.2019: 70 Arbeitstage) nach ihrer Eigenart begrenzt zu sein pflegt oder im Voraus vertraglich begrenzt ist, es sei denn, dass die Beschäftigung berufsmäßig ausgeübt wird und ihr Entgelt 450,00 € im Monat übersteigt.

Die Voraussetzungen des § 8 Abs. 1 Nr. 1 SGB IV sind nicht erfüllt. Das Arbeitsentgelt aus der Beschäftigung der Beigeladenen überstieg regelmäßig 450,00 € im Monat. Dies entnimmt der Senat den in der Verwaltungsakte vorliegenden Honorararztrechnungen, nach denen die Beigeladene monatlich eine Vergütung i.H.v. 1529,00 € erzielte. Anhaltspunkte dafür, dass seither diesbezüglich eine relevante Änderung eingetreten ist, sind nicht ersichtlich. Entsprechendes behauptet auch die Klägerin nicht.

Auch die Voraussetzungen des § 8 Abs. 1 Nr. 2 SGB IV sind nicht erfüllt. Der zwischen der Klägerin und der Beigeladenen geschlossene Vertrag enthält keinerlei Regelung, die den Einsatz der Beigeladenen für die Klägerin innerhalb eines Kalenderjahres auf längstens zwei bzw. drei Monate oder 50 bzw. 70 Arbeitstage begrenzte. Auch aus der Eigenart der Tätigkeit ergibt sich keine solche Begrenzung. Vielmehr verpflichtete sich die Beigeladene zu einer zu erbringenden Leistung von 417 Stunden pro Jahr.

Eine unständige, in der Arbeitslosenversicherung versicherungsfreie Tätigkeit nach § 27 Abs. 3 Nr. 1 SGB III lag ebenfalls nicht vor. Danach sind versicherungsfrei Personen in einer unständigen Beschäftigung, die sie berufsmäßig ausüben (Satz 1). Unständig ist eine Beschäftigung, die auf weniger als eine Woche der Natur der Sache nach beschränkt zu sein pflegt oder im Voraus durch Arbeitsvertrag beschränkt ist (Satz 2). Eine solche Beschränkung auf weniger als eine Woche ist nicht vereinbart. Der zwischen den Beteiligten geschlossene Vertrag enthält keine entsprechende Regelung. Auch aus der Natur der Sache ergab sich bei fehlender Absehbarkeit von Häufigkeit und Dauer der Einsätze eine zwingende Begrenzung auf unter eine Woche nicht.

IV. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 154 Abs. 1 und § 155 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO). Eine Erstattung von Kosten der Beigeladenen ist nicht veranlasst, weil sie sich am Verfahren nicht beteiligt, insbesondere keinen Antrag gestellt hat (vgl. § 162 Abs. 3 VwGO; BSG 31.05.2006, B 6 KA 62/04 R, BSGE 96, 257, juris Rn. 19).


V. Die Revision war nicht zuzulassen, da Gründe hierfür (vgl. § 160 Abs. 2 SGG) nicht vorliegen.

VI. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird gemäß § 197a Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 1 SGG i.V.m. § 63 Abs. 2 Satz 1, § 52 Abs. 2, § 47 GKG endgültig festgesetzt. Die Höhe des Streitwerts entspricht dem Auffangstreitwert von 5.000,00 €, da bislang lediglich über das Bestehen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses und die hieraus folgende Sozialversicherungspflicht entschieden wurde, aber noch keine Gesamtsozialversicherungsbeiträge festgesetzt wurden.



 

Rechtskraft
Aus
Saved