L 3 R 125/23

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
3
1. Instanz
SG Dortmund (NRW)
Aktenzeichen
S 6 R 79/22
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 3 R 125/23
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 5 R 10/25 C fr. B 5 R 1/25 BH
Datum
-
Kategorie
Urteil

Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Dortmund vom 20.12.2022 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Der 00.00.0000 in Marokko geborene Kläger begehrt die Gewährung einer Rente wegen Alters von der Beklagten.

 

Der Kläger ist marokkanischer Staatsangehöriger. Er beantragte erstmals 2006 die Gewährung von Altersrente von der Beigeladenen und gab an, er habe von August 1965 an bis zum 00.00.1967 bei dem Unternehmen „D.“ in N. und ab dem 00.00.1968 bis 1974 bei dem Unternehmen „W.“ in O. gearbeitet, wo auch sämtliche Unterlagen vorliegen würden. Er legte ein Bestätigungsschreiben des Forstunternehmens V. & B.. vom 00.00.1973 vor, nach dem er als Forstarbeiter benötigt werde. Die seinerzeit zuständige Deutsche Rentenversicherung (DRV) Schwaben, die Beigeladene, der keine Versicherungsdaten des Klägers vorlagen, vergab die Versicherungsnummer (VSNR) N01, nahm Ermittlungen zu seinen Versicherungszeiten auf und forderte den Kläger auf, alle bei ihm noch vorhandenen (weiteren) Unterlagen zu deutschen Versicherungszeiten zu überreichen – im Ergebnis ohne Erfolg.

 

Mit Bescheid vom 28.03.2007 lehnte die Beigeladene den Antrag auf Altersrente ab. Deutsche Versicherungszeiten seien weder nachgewiesen noch glaubhaft gemacht. Die Ermittlungen seien ergebnislos verlaufen.

 

Der Kläger beantragte im Jahr 2007 erneut die Gewährung einer Altersrente und legte eine Bescheinigung des marokkanischen Standesamtes der Gemeinde I. vor, nach dem es sich bei den Personen mit den Nachnamen bzw. Namensschreibweisen C., J. und S., Vornamen: U./X. jeweils um den Kläger handele. Die E.-T./K. fand unter Prüfung der Namensvarianten eine dem Kläger zuzuordnende „Mitglieds- und Leistungskarte“ für eine sozialversicherungspflichtige Tätigkeit bei dem Arbeitgeber „A.“ vom 00.00.1969 bis 00.00.1972 als Tiefbauhelfer. Die Beigeladene wies den Kläger zunächst darauf hin, dass damit die notwendige Wartezeit für die Leistung einer Altersrente nicht erfüllt sei und anzurechnende rentenversicherungsrechtlich relevante Zeiten in Marokko ebenfalls nicht ersichtlich seien, jedoch eine Erstattung der Versicherungsbeiträge in Betracht komme. Der Kläger hielt an seinem Begehren unter dem Hinweis fest, es seien nicht alle von 1965 bis 1974 in Deutschland zurückgelegten Zeiten berücksichtigt. Nach weiteren erfolglosen Ermittlungen der Beigeladenen u.a. bei den E. in N., O. und Y. lehnte die Beigeladene den Antrag mit Bescheid in deutscher und französischer Sprache vom 22.01.2008 ab.

 

Mit Bescheid in deutscher und französischer Sprache vom 04.09.2009 lehnte die Beklagte einen weiteren Antrag des Klägers vom 05.07.2009 erneut unter Hinweis auf die nicht erfüllte Wartezeit ab und verwies auf die Möglichkeit der Beitragserstattung.

 

Einen weiteren in 2011 unter Verweis auf Tätigkeiten bei den Unternehmen “F.“ von August 1965 bis 1967 und „L. (gemeint: R.) für L.“ von 1968 bis Januar 1974, dem Erhalt eines Versicherungsnachweises 1966 und dem Fehlen von Versicherungszeiten in Marokko gestellten Antrag lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 04.03.2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 26.07.2011 ab. Im Klageverfahren vor dem Sozialgericht (SG) Dortmund (Az.: S 6 KN 445/11) legte der Kläger einen Nachweis über erstattete Lohnsteuer des Jahres 1969 und einen Arbeitsvertrag mit der R. GmbH & Co. KG vom 07.06.1971 als Facharbeiter im Gleisoberbau, befristet bis Juli 1972, vor. Das Forstunternehmen Z. & B.. teilte mit, der Kläger habe die Arbeit dort nie angetreten. Weitere gerichtliche Ermittlungen u.a. unter Erweiterung der Namensschreibweisen blieben erfolglos. Das SG wies die Klage mit Gerichtsbescheid vom 08.03.2013 ab. Im Berufungsverfahren (Az.: L 18 KN 56/13) schlug der 18. Senat unter ausführlichem Hinweis auf die Rechtslage vergleichsweise vor, dass die Beklagte die nachgewiesenen eingezahlten Arbeitnehmerbeiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung (GRV) erstatte und der Kläger das Verfahren für erledigt erkläre. Den Vorschlag lehnte der Kläger ab. Weitere umfassende Ermittlungen des 18. Senates u.a. bei der R. GmbH & Co KG, O. und dem ehemaligen Konkursverwalter der Straßen- und Tiefbau KR. GmbH, dem Finanzamt Leverkusen, dem Ordnungsamt der Stadt N., der E. T./K., den Städten Y. und N., der H. in Q. und der P., XL., blieben ohne Erfolg. Mit Urteil vom 13.12.2016 wies der 18. Senat die Berufung zurück. Die Revision des Klägers verwarf das Bundessozialgericht mit Beschluss vom 25.07.2017 (Az.: B 13 R 15/17 R).

 

Mit Bescheid vom 21.02.2022 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 05.07.2022 hat die Beklagte erneut die Gewährung von Rente wegen Alters an den Kläger abgelehnt.

 

Bereits am 12.05.2021 hat der Kläger Klage vor dem LSG Berlin-Brandenburg (Az. L 17 R 298/21) erhoben und zur Begründung ausgeführt, er begehre weiterhin Altersrente. Das „Sozialgericht Essen“ habe ihm nicht geholfen.

 

Sinngemäß hat der Kläger beantragt,

 

die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 21.02.2022 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 05.07.2022 zu verurteilen, ihm Rente wegen Alters nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen zu gewähren.

 

Die Beklagte hat beantragt,

 

die Klage abzuweisen.

 

Der Antrag auf Rente wegen Alters sei zu Recht abgelehnt worden. Der Kläger habe die allgemeine Wartezeit nicht erfüllt.

 

Mit Beschluss vom 09.11.2021 hat das LSG Berlin-Brandenburg den Rechtsstreit an das SG Dortmund verwiesen.

 

Das SG hat die Klage nach Anhörung mit Gerichtsbescheid vom 20.12.2022 abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, ein Anspruch auf Regelaltersrente bestehe mangels Erfüllung der allgemeinen Wartezeit nach § 35 SGB Sechstes Buch Sozialgesetzbuch – Gesetzliche Rentenversicherung – (SGB VI) nicht. Der Kläger habe nur 37 Kalendermonate mit Beitragszeiten glaubhaft gemacht.

 

Gegen den Gerichtsbescheid hat der Kläger am 03.02.2023 Berufung eingelegt. Er wiederholt im Wesentlichen seinen Vortrag aus dem Verwaltungs- und Klageverfahren.

 

Der Kläger beantragt schriftsätzlich sinngemäß,

 

den Gerichtbescheid des SG Dortmund vom 20.12.2022 abzuändern und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 21.02.2022 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 05.07.2022 zu verurteilen, ihm Altersrente nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen zu gewähren.

 

Die Beklagte beantragt,

 

                        die Berufung zurückzuweisen.

 

Sie ist der Ansicht, die Entscheidung des SG sei zutreffend und verweist auf die Begründung des Urteils vom 13.12.2016 (Az. L 18 KN 56/13).

 

Mit Beschluss vom 05.06.2023 hat der Senat die Deutsche Rentenversicherung Schwaben beigeladen.

 

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Inhalte der Gerichtsakte, der beigezogenen Verwaltungsakten der Beklagten und der beigezogenen Akten des Verfahrens S 6 KN 445/11/ L 18 KN 56/13/ B 13 R 15/17 R Bezug genommen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.

 

 

Entscheidungsgründe

 

Der Senat kann in Abwesenheit des Klägers entscheiden. Ihm ist die Terminsmitteilung mit Einschreiben/Rückschein am 07.05.2024 ordnungsgemäß nach §§ 63 Abs. 1 und 2 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG), 175 der Zivilprozessordnung i.V.m. Art. 31 Abs. 1 Satz 3 des Deutsch-Marokkanischen Sozialversicherungsabkommens (DMSVA) vom 25.03.1981, in Kraft seit dem 01.08.1986 (BGBl II 1986, S. 550ff., 562, 572) zugestellt worden. Er ist auch gem. § 110 Abs. 1 S. 2 i.V.m. § 62 SGG darauf hingewiesen worden, dass im Falle seines Ausbleibens verhandelt und entschieden werden oder eine Entscheidung nach Aktenlage ergehen kann. Die Möglichkeit der Entscheidung nach Aktenlage gem. §§ 110, 126 Sozialgerichtsgesetz (SGG) umfasst auch die Möglichkeit einer einseitigen mündlichen Verhandlung. (BSG, Urteil vom 12.02.2003 – B 9 SB 5/02 R –, Rn. 11, Stäbler in: Ory/Weth, jurisPK-ERV Band 3, 2. Aufl., § 126 SGG (Stand: 15.12.2022), Rn. 9). Am 24.05.2024 hat der Kläger mitgeteilt, an dem Termin wegen Krankheit nicht teilnehmen zu können, mit dem Termin jedoch einverstanden zu sein.

 

Die Berufung vom 03.02.2023 gegen den Gerichtsbescheid vom 20.12.2022 ist statthaft und auch im Übrigen zulässig. Sie ist fristgerecht eingelegt worden. Die Frist zur Einlegung der Berufung beträgt bei Bekanntgabe im Ausland drei Monate seit Zustellung gemäß §§ 151 Abs. 1, 153 Abs. 1. i.V.m. § 87 Abs. 1. S 2 SGG (St. Rspr., vgl. z.B. BSG, Urteil vom 06.10.1977, 9 RV 22/77, Rn. 11; BSG, Urteil vom 30.01.2002, B 5 RJ 10/01 R, Rn. 14). Diese Frist ist unabhängig vom nicht bekannten Zustellungszeitpunkt gewahrt.

 

Die Berufung ist unbegründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der Bescheid der Beklagten vom 21.02.2022 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 05.07.2022 beschwert den Kläger nicht i.S.d. § 54 Abs. 2 S. 1 SGG, da er rechtmäßig ist. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Gewährung einer Altersrente aus der GRV, weder gegen die Beklagte, noch gegen die Beigeladene.

 

Gegenstand der Klage ist das Begehren des Klägers, Altersrente aus der GRV zu erhalten. Das Verfahren erstreckt sich bei lebensnaher Auslegung des klägerischen Vortrags auch nicht hilfsweise auf die Erstattung der Rentenversicherungsbeiträge an den Kläger. Dies wird aus dem Gesamtvortrag des Klägers deutlich. Er hat zwar die Erstattung der Rentenversicherungsbeiträge verschiedentlich in Bezug genommen, jedoch ebenso ausgeführt, er wolle keine Erstattung, sondern eine Rentenleistung. Eine auf die Erstattung gerichtete Klage wäre auch mangels abgeschlossenen Vorverfahrens gem. § 78 Abs. 1 SGG unzulässig.

 

Die erhobene Anfechtungs- und Leistungsklage ist gem. § 54 Abs. 1, Abs. 4 SGG statthaft. Zwar hatte die Beklagte bei Klageerhebung den Antrag des Klägers vom 14.05.2021 noch nicht beschieden. Das Verwaltungsverfahren ist aber durch Erlass des Bescheids vom 21.02.2022 in der Fassung des Widerspruchsbescheids vom 05.07.2022 und damit vor der Entscheidung des SG am 20.23.2022 durchgeführt worden..

 

Die Klage ist unbegründet. Der Kläger hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Gewährung von Regelaltersrente. Der Senat verweist zur Vermeidung von Wiederholungen insoweit auf die zutreffenden Entscheidungsgründe des Gerichtsbescheides vom 20.12.2022. (§ 153 Abs. 2 SGG), die ihrerseits auf die ausführlichen und detailliert begründeten Entscheidungsgründe des Urteils des 18. Senates vom 13.12.2016 (Az. L 18 KN 56/13) Bezug nehmen. Der Kläger hat die allgemeine Wartezeit von 60 Monaten – wie bereits im Vorprozess ausführlich dargestellt - nicht erfüllt. Weitere Zeiten als die bereits berücksichtigte Zeit für eine Tätigkeit bei der R. GmbH & Co KG vom 00.00.1969 bis 00.00.1972 hat der Kläger nicht nachgewiesen oder i.S.d. §§ 203 Abs. 1, 286 Abs. 5 SGB VI glaubhaft gemacht. Dies gilt insbesondere für die behaupteten Beschäftigungen bei den Unternehmen Geibel bzw. Z. & B... Auch längere Zeiten einer versicherungspflichtigen Beschäftigung gegen Arbeitsentgelt und Abführung von Beiträgen bei der R. GmbH & Co KG“, hat der Kläger nicht bewiesen oder glaubhaft gemacht.

 

Der 18. Senat hat in dem Verfahren L 18 KB 56/13 umfassende und weitreichende Ermittlungen in alle denkbaren Richtungen erfolglos durchgeführt. Weitere Ermittlungsansätze sind im hiesigen Verfahren weder ersichtlich geworden, noch hat der Kläger neue Tatsachen vorgetragen oder bislang nicht bekannte Unterlagen bezüglich der behaupteten Erwerbstätigkeiten in Deutschland vorgelegt.

 

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 S. 1 SGG.

 

Gründe, die Revision zuzulassen, bestehen nicht (§ 160 Abs. 2 SGG).

 

Rechtskraft
Aus
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