1. Gem. § 37c Abs. 1, Abs. 4 SGB V ist es primär Aufgabe der gesetzlichen Krankenkasse (KK), die Versorgung der/s Versicherten mit Leistungen der Außerklinischen Intensivpflege (AKI) sicherzustellen. Der gesetzlichen Konzeption ist keine Verpflichtung eines Dritten zu entnehmen, auch nicht eines Gerichts, eine geeignete Einrichtung zu suchen und zu benennen.
2. Ist die KK dazu nicht in der Lage, gibt § 37c Abs. 4 SGB V ausdrücklich der/m Versicherten eine über § 13 Abs. 3 und Abs. 3a Satz 7 SGB V und § 29 Neuntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IX) hinausgehende Möglichkeit, die Versorgung selbst zu beschaffen und hierfür von der KK eine angemessene Kostenerstattung zu verlangen. Dies kann etwa dann der Fall sein, wenn der KK die entsprechenden Kapazitäten fehlen, sie also nicht ausreichend Pflegekräfte zur Verfügung hat, die ihr gegenüber vertraglich gebunden sind.
3. Ist danach zwar grundsätzlich nicht vorrangig das Gericht (als Dritter ) dazu berufen, die Versorgung der/s Versicherten durch einen Pflegedienst sicherzustellen, kann dennoch ausnahmsweise das Gericht hier: im Wege einstweiligen Rechtsschutzes - mit einer vorläufigen Regelung im Sinne der Verpflichtung der gesetzlichen KK zu einer Kostenübernahme betreffend eines bestimmten Pflegedienstes entscheiden, wenn sich die KK zu Unrecht weigert, einen bzw. einen bestimmten Pflegedienst zu beauftragen, und dadurch ein Anordnungsgrund in der Leistungssituation der/s Versicherten entsteht, etwa wegen fehlender Liquidität zur Vor-Finanzierung des Pflegedienstes (vorliegend nicht glaubhaft gemacht).
Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Hannover vom 1. April 2025 wird zurückgewiesen.
Kosten sind auch im Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten.
Gründe
I.
Der Antragsteller begehrt im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes die Kostenübernahme/Kostenerstattung für Leistungen der außerklinischen Intensivpflege (AKI) durch den Intensivpflegedienst G. GmbH & Co.KG, H. zu einem Stundensatz von 51,49 Euro je Leistungsstunde für eine 1:1,3 Bruttopersonalschlüssel-Versorgung.
Der am 24. Juli 2011 geborene Antragsteller ist bei der Antragsgegnerin gesetzlich krankenversichert. Der Antragsteller bewohnt seit dem 28. Dezember 2024 eine betreute Wohnanlage „I.“ in der J. in K.. Der zur Leistungserbringung zugelassene Pflegedienst G. GmbH & Co.KG erbringt dort intensivpflegerische Leistungen für den Antragsteller.
Der Antragsteller leidet an einer schweren genetisch bedingten Dystonie durch GNAO1-Mutation mit globaler Entwicklungsstörung, Tetraparese und respiratorischer Insuffizienz. Der Versicherte ist mit einem Hirnstimulator, einer Baclofen-Pumpe und einer Ernährungssonde versorgt. Es erfolgt eine kontinuierliche Sauerstoffgabe rund um die Uhr. Die Flüssigkeits- und Nahrungszufuhr erfolgt über die Ernährungssonde. Es kommt mehrfach täglich zu lebensbedrohlichen dystonen Krisen, die durch eine Notfallmedikation versorgt werden müssen. Im Bericht des Kinder- und Jugendkrankenhauses „L.“, K., vom 19. Februar 2025 heißt es, dass eine Intensivpflege im häuslichen Setting zwingend erforderlich sei, auch wenn keine Beatmungspflichtigkeit bestehe. Die Krisen seien insbesondere durch psychischen oder emotionalen Stress getriggert. Ein Herausreißen aus etablierten Lebensstrukturen könne zu schweren dystonen Krisen führen, welche einen stationären intensivmedizinischen Aufenthalt zur Folge hätten oder im schlimmsten Fall lebensbedrohlich seien. Bei etablierten Versorgungsstrukturen mit für den Antragsteller adäquater intensivpflegerischer Betreuung sei ein Umzug aus medizinischer Sicht als gefährlich und zu vermeiden zu bewerten.
Die Versorgung durch den Pflegedienst erfolgt auf der Grundlage eines Pflegevertrages vom 10. Dezember 2024. Gemäß § 8 Abs. 3 des Pflegevertrages werden intensivpflegerische Leistungen nach Zeit berechnet. Es gilt ein Stundensatz in Höhe von 49,30 Euro. § 10 des Pflegevertrages enthält Regelungen zur Erhöhung des Entgelts. In § 11 wird geregelt, dass der Vertrag auf bestimmte Zeit geschlossen wird und im beiderseitigen Einvernehmen aufgehoben werden kann. Nach Abs. 3 der Vorschrift ist der Pflegedienst berechtigt, den Vertrag ordentlich ohne Begründung mit einer Frist von 14 Tagen schriftlich zu kündigen. Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die Regelungen des Pflegevertrages Bezug genommen.
Mit (Folge-)Verordnung vom 30. Dezember 2024 verordnete der Kinderarzt Dr. med. M. AKI im Leistungsumfang von 24 Stunden täglich für den Zeitraum vom 3. Januar 2025 bis zum 30. Juni 2025.
Mit Bescheiden vom 5. Februar 2025 und 10. März 2025 bewilligte die Antragsgegnerin dem Antragsteller AKI vom 27. Dezember 2024 bzw. 4. Januar 2025 bis zum 30. Juni 2025 im Umfang von 21,65 Stunden täglich, 7mal wöchentlich mit der Stundenpauschale für Intensivpflege Kinder durch den Leistungserbringer G. GmbH & Co.KG. Diese Entscheidung wurde u.a. auf der Grundlage eines Gutachtens des Medizinischen Dienstes Niedersachsen (MD) vom 9. Januar 2025 getroffen. In den o.a. Bescheiden wurde lediglich der Zeitanteil, für den die Pflegeversicherung die Kosten zu tragen habe, vom bewilligten Stundenumfang der AKI in Abzug gebracht, weil durch dieselbe Pflegekraft gleichzeitig körperbezogene Pflegemaßnahmen im Sinne von § 36 Elftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB XI) erbracht werden. Gegen diese Bescheide liegen keine Widersprüche vor.
Ausweislich einer Vereinbarung über die vorläufige Vergütung von Leistungen der AKI zwischen dem Pflegedienst G. GmbH & Co.KG und der Antragsgegnerin vom 22. August 2024 wurde der Stundensatz für AKI (Kinder) von Versicherten im eigenen Haushalt (Einzelversorgung) auf 60,45 Euro festgelegt. Für die Erbringung von AKI (Kinder) in einer Wohneinheit im Sinne des § 132l Abs. 5 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V - Mehrfachversorgung) wurde kein vorläufiger Stundensatz festgelegt. Die Vereinbarung war bis zum 31. Januar 2025 befristet.
Mit Schiedsspruch vom 16. Januar 2025 setzte die bestellte Schiedsperson für die von der G. GmbH & Co.KG im Zeitraum vom 1. Januar 2024 bis zum 30. Juni 2024 erbrachte Intensivpflege in der 1:1,3 Versorgung einen Stundensatz in Höhe von 51,39 Euro fest. Für den Zeitraum ab dem 1. Juli 2024 setzte die Schiedsperson für die von der G. GmbH & Co.KG erbrachte AKI in der 1:1 Versorgung einen Pflegesatz in Höhe von 60,45 Euro fest, bei zeitgleicher Versorgung von 2 Patienten (1:2 Versorgung) sollte ein Pflegesatz 34,22 Euro, bei 3 Patienten (1:3 Versorgung) von 25,47 Euro bzw. 4 Patienten (1:4 Versorgung) von 21,10 Euro gelten. Bezüglich der 1:1,3 Versorgung enthält der Schiedsspruch für den Zeitraum ab dem 1. Juli 2024 keine Regelung. Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf die Begründung des Schiedsspruchs verwiesen.
Gegen den Schiedsspruch hat die G. GmbH & Co.KG am 12. März 2025 Klage bei dem Sozialgericht (SG) Hannover erhoben. Das Klageverfahren ist derzeit noch anhängig.
Mit Schreiben vom 11. März 2025 drohte die G. GmbH & Co.KG gegenüber dem Antragsteller an, den Pflegevertrag zum 31. März 2025 zu kündigen. Zur Begründung führte der Pflegedienst aus, es liege kein ausreichendes Kostenanerkenntnis der Antragsgegnerin vor. Sie habe am 23. Januar 2025 einen Schiedsspruch für eine Neuregelung der Versorgung und Vergütung ihrer Leistungen nach § 132l SGB V rückwirkend für das Jahr 2024 erhalten. Dieser Schiedsspruch greife massiv in ihre Leistungskalkulationen sowie in den seit 2012 gelebten Personalschlüssel ein. Dadurch würden die intensivpflegerischen Bereiche in eine massive wirtschaftliche Schieflage geraten. Zum einen solle der seit 2011 praktizierte Personalschlüssel von 1:1,3 brutto nicht mehr eingehalten werden können. Zum zweiten werde durch den Schiedsspruch die Vergütung um mehr als 30% gekürzt, trotz zeitgleich höherer Personal- und Sachkosten. Ferner führe die Negierung des Bruttoschlüssels zu massiven Verwerfungen in den Dienstplänen. Es solle nunmehr die sog. Nettobesetzung je Schicht geprüft werden. Damit sei die Fortsetzung des bisherigen Konzeptes aus wirtschaftlichen Gründen nicht mehr möglich. Gegen den Schiedsspruch solle zwar geklagt werden, eine gerichtliche Entscheidung könne jedoch nicht abgewartet werden. Da die G. GmbH & Co.KG alleiniger Träger der Betriebserlaubnis gemäß § 45 SGB Achtes Buch Sozialgesetzbuch (VIII) i.V.m. § 48a SGB VIII sei, könne aufgrund fehlender Weisungsbefugnisse keine Verantwortung für die Tätigkeiten anderer Pflegedienste in der betreuten Wohnanlage übernommen werden.
Am 17. März 2025 hat der Antragsteller einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung vor dem Sozialgericht (SG) Hannover gestellt. Er ist der Ansicht, dass ihm ein Anspruch auf Erstattung der ihm verordneten intensivpflegerischen Leistungen im Zeitraum ab dem 1. April 2025 bis zum Ablauf des Verordnungszeitraums am 30. Juni 2025 in Höhe eines Stundensatzes von 49,30 Euro je Leistungsstunde für eine 1:1,3 Versorgung (brutto) zustehe. Der Anspruch ergebe sich aus § 37c Abs. 4 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V), wonach dem Versicherten die Kosten für eine selbstbeschaffte Pflegefachkraft in angemessener Höhe zu erstatten seien, wenn die Krankenkasse (KK) keine qualifizierte Pflegefachkraft für die AKI stellen könne. Die Voraussetzungen für den Kostenerstattungsanspruch seien gegeben, weil die Voraussetzungen der AKI nach § 37c Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 SGB V unstreitig erfüllt seien und der Antragsgegnerin die Stellung einer qualifizierten Pflegekraft unmöglich im Sinne von § 37c Abs. 4 Satz 1 SGB V sei. Letzteres sei gegeben, weil es in K. neben der von der G. GmbH & Co.KG intensivpflegerisch versorgten betreuten Wohnanlage in der N. keinen Pflegedienst gebe, der die notwendige intensivpflegerische Versorgung des Antragstellers sicherstellen könne. Die G. GmbH & Co.KG verfüge über eine Genehmigung des Landesjugendamtes gemäß §§ 45, 48a SGB VIII, nach der sie die Gesamtverantwortung für die von den Minderjährigen bewohnten betreuten Wohnungen in der N. übernehme und die Kindeswohlsicherung gewährleiste. Der Einsatz externen Personals in der Einrichtung sei nur nach Prüfung durch das Landesjugendamt denkbar. Der Antragsteller sei auf die Weiterbetreuung durch die G. GmbH & Co.KG in der N. angewiesen, ein Umzug hätte gesundheits- bzw. lebensgefährdende Folgen für ihn. Die G. GmbH & Co. KG habe dem Antragsteller mitgeteilt, dass der seit dem Jahr 2011 praktizierte Personalschlüssel von 1:1,3 (brutto) infolge des Schiedsspruchs nicht mehr aufrechterhalten werden könne. Der Schiedsspruch habe zu einer Vergütungskürzung um 30% geführt und bringe das Unternehmen im intensivpflegerischen Bereich in eine extreme wirtschaftliche Schieflage. Der beantragte Stundensatz von 49,30 Euro je Leistungsstunde für eine 1:1,3 Versorgung (brutto) sei angemessen, da sich die Antragsgegnerin und die G. GmbH & Co.KG mit der Entgeltvereinbarung nach § 132a Abs. 4 SGB V über die Versorgung mit AKI im Rahmen der Häuslichen Krankenpflege vom 31. März 2023/24. April 2023 bereits im Zeitraum bis zum 31. Dezember 2023 auf diesen Stundensatz bilateral geeinigt hätten. Der vorliegende Antrag habe lediglich die Übernahme der dem Antragsteller verordneten Intensivpflege zu dem bislang unstreitigen Stundensatz zum Gegenstand. An der zwischen den Beteiligten bis zum 31. Dezember 2023 konsentierten Angemessenheit des von 49,30 Euro je Leistungsstunde für eine 1:1,3 Versorgung (brutto) habe sich nichts geändert. Die Sache sei auch besonders eilbedürftig, da ab dem 1. April 2025 keine intensivpflegerischen Leistungen mehr erbracht würden. Die Ausführungen im Ankündigungsschreiben der G. GmbH & Co.KG verdeutlichten, dass dies nur abgewendet werden könne, wenn die Antragsgegnerin die AKI des Antragstellers weiterhin zu dem bislang geltenden Stundensatz von 49,30 Euro je Leistungsstunde für eine 1:1,3 Versorgung (brutto) übernehme.
Die Antragsgegnerin hat im erstinstanzlichen Verfahren die Auffassung vertreten, dass der Antragsteller im Wege des vorläufigen Rechtsschutzes nunmehr für den Zeitraum vom 1. April 2025 bis einschließlich dem 30. Juni 2025 die Erstattung eines von dem Schiedsspruch abweichenden Stundensatzes für die erbrachte Leistung begehre. Die Vergütung solle im Rahmen der Versorgung mit einem Personalschlüssel zu 1:1,3 zu einem Stundensatz in Höhe von 49,30 Euro erfolgen. Es bestehe bereits kein Anspruch auf Kostenerstattung nach § 37c Abs. 4 Satz 1 SGB V, da sie die beantragten Leistungen der AKI bis einschließlich 30. Juni 2025 bewilligt habe und diese im Wege des Sachleistungsprinzips vom Leistungserbringer erbracht und mit ihr abgerechnet würden. Der vom Antragsteller - und von der G. GmbH & Co.KG - begehrte Personalschlüssel von 1:1,3 sei ausweislich des Schiedsspruchs nicht mehr vorgesehen. Konkrete Personalschlüssel würden von Seiten der KKen jedoch in der Regel nicht genehmigt. Die Prüfung, ob eine Pflegekraft zeitgleich mehr als einen Versicherten versorge und – falls ja – welcher anteilige Vergütungssatz abgerechnet werden könnte, obliege dem Leistungserbringer. Dies müsse jedoch im Rahmen der geltenden Vergütungsvereinbarung erfolgen. Es sei auf den Schiedsspruch zu verweisen. Die gegen den Schiedsspruch erhobene Klage entfalte keine aufschiebende Wirkung. Der Leistungserbringer G. GmbH & Co.KG versuche, auf dem Rücken des Antragstellers und auch der übrigen von ihm versorgten intensivpflichtigen pädiatrischen Versicherten Druck auf die KKen auszuüben, den Schiedsspruch vom 16. Januar 2025 nicht umzusetzen. Hierdurch versuche der Leistungserbringer offensichtlich, die Vorschrift des § 132l Abs. 6 Satz 4 SGB V zu umgehen. Ein solches Ansinnen des Leistungserbringers könne aber vorliegend einen Anordnungsanspruch des Antragstellers nicht begründen. Das Begehren des Leistungserbringers sei im Rahmen der Klage gegen den Schiedsspruch zu prüfen und zu entscheiden. Außerdem könnte die Versorgung des Antragstellers ab dem 11. April 2025 auch mit dem Pflegedienst „O. Pflegedienst GmbH“ sichergestellt werden, sowohl in der Häuslichkeit, als auch in einer Wohngemeinschaft. Dies sei der Mutter des Antragstellers angeboten worden.
Mit Schreiben vom 25. März 2024 hat die G. GmbH & Co. KG den Pflegevertrag mit dem Antragsteller zum 10. April 2025 gekündigt.
Mit Beschluss vom 1. April 2025 hat das SG den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung abgelehnt. Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung sei zulässig, aber unbegründet. Nach § 86b Abs. 2 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) könne das Gericht auf Antrag eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr bestehe, dass durch die Veränderung des bestehenden Zustandes die Verwirklichung eines Rechts der Antragssteller vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte (Sicherungsanordnung). Gemäß § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG seien einstweilige Anordnungen auch bei der Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile notwendig erscheine (Regelungsanordnung). Die Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes setze in diesem Zusammenhang einen Anordnungsanspruch, also die hinreichende Wahrscheinlichkeit des Vorliegens eines materiell-rechtlichen Anspruchs auf die Leistung, zu der der Antragsgegner im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes verpflichtet werden solle, sowie einen Anordnungsgrund, nämlich einen Sachverhalt, der die Eilbedürftigkeit der Anordnung zur Abwendung wesentlicher Nachteile begründe, voraus. Sowohl der Anordnungsanspruch als auch der Anordnungsgrund seien gemäß § 86b Abs. 2 Satz 4 SGG i.V.m. § 920 Abs. 2 Zivilprozessordnung (ZPO) glaubhaft zu machen. Dabei dürfe die einstweilige Anordnung wegen des summarischen Charakters des Verfahrens im einstweiligen Rechtsschutz grundsätzlich nicht die Entscheidung in der Hauptsache vorwegnehmen. Im Hinblick darauf, dass einstweilige Anordnungen den Zweck verfolgten, zu verhindern, dass Rechte des Betroffenen durch Zeitablauf vereitelt würden, sei eine Anordnung mit Rücksicht auf die eintretenden wesentlichen Nachteile nur dann erforderlich, wenn es nach den Umständen des Einzelfalls für den Antragssteller unzumutbar sei, ihn auf eine Entscheidung in einem Hauptsacheverfahren zu verweisen. Dagegen diene eine einstweilige Anordnung nicht dazu, zu Lasten anderer Beteiligter der Hauptsacheverfahren eine schnellere Entscheidung zu erlangen (LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 28. August 2006, L 6 B 200/06 AS). Nach Maßgabe dieser Grundsätze habe der Antragsteller bereits keinen Anordnungsanspruch ausreichend glaubhaft gemacht. Ein Anspruch auf die geltend gemachte Kostenerstattung für die intensivpflegerische Versorgung könne sich weder aus § 37c Abs. 4 SGB V noch aus § 13 Abs. 3 SGB V ergeben. Gemäß § 37c Abs. 4 SGB V seien Versicherten die Kosten für eine selbstbeschaffte Pflegefachkraft in angemessener Höhe zu erstatten, wenn die KK keine qualifizierte Pflegefachkraft für die AKI stellen könnte. Unstreitig sei, dass der Antragsteller bei der Antragsgegnerin gesetzlich krankenversichert sei und der erforderliche Sachleistungsanspruch auf Leistungen der AKI im verordneten Umfang bestehe. Voraussetzung der Vorschrift sei jedoch zusätzlich, dass die KK keine qualifizierte Pflegefachkraft für die AKI stellen könnte. Diese Voraussetzung liege im Fall des Antragstellers nicht vor. Die Antragsgegnerin habe den Sachleistungsanspruch des Antragstellers auf AKI mit Bescheiden vom 5. Februar 2025 und 10. März 2025 mit Leistungserbringung durch die G. GmbH & Co.KG im beantragten Umfang bewilligt. Damit habe die Antragsgegnerin dem Antragsteller eine qualifizierte, den Anforderungen insbesondere des § 132l Abs. 2 Nr. 1 SGB V genügende Pflegekraft aus ihrem durch Leistungserbringungsvertrag im Sinne des § 132l Abs. 5 SGB V eingebundenen Anbieterpool gestellt. Der Antragsteller begehre auch Kostenerstattung für genau diesen ihm zur Verfügung gestellten Leistungserbringer - dessen ausreichende Qualifikation nicht in Abrede gestellt werde - und nicht für eine andere von ihm gewählte Pflegekraft. Der Anspruch des § 37c Abs. 4 SGB V würde nur dann greifen, wenn sich der Antragssteller aufgrund der Kündigung des Pflegevertrages eine andere Pflegekraft selbst beschaffe, weil ihm die Antragsgegnerin keine ausreichend qualifizierte Pflegekraft für die AKI zur Verfügung stelle. Zudem habe die Antragsgegnerin dem Antragsteller einen weiteren Leistungserbringer (O. Pflegedienst GmbH) angeboten, der die AKI ab dem 11. April 2025 sowohl in der Häuslichkeit der Eltern als auch in einer Wohngemeinschaft sicherstellen könnte. Die Voraussetzungen für einen Anordnungsanspruch des Antragstellers auf zukünftige Kostenerstattung in der begehrten Höhe für den Leistungserbringer G. GmbH & Co.KG seien nicht glaubhaft gemacht. Der Antragsteller könne im Übrigen über den Weg des einstweiligen Rechtsschutzes nicht die Erbringung der Leistung seitens der G. GmbH & Co.KG zu anderen als den im Schiedsverfahren festgesetzten Vergütungssätzen geltend machen. Die Prüfung des Schiedsspruches und die Entscheidung über dessen Unbilligkeit bleibe dem Klageverfahren gegen den Schiedsspruch vorbehalten und könne im vorliegenden Verfahren nicht vorweggenommen werden. Ggf. sei es bei Versorgungsengpässen geboten, die Intensivpflege an einem anderen Leistungsort als dem gewünschten durchzuführen, auch wenn dies vermeintlich „berechtigten“ Wünschen des Versicherten widersprechen möge. Berechtigt im Sinne des Gesetzes könnten nämlich nur Wünsche sein, die zur Herbeiführung eines Behandlungserfolges auch geeignet seien. Dass das Fehlen einer gewünschten AKI-Pflegekraft oder die Nichtgewährung eines gewünschten Leistungsorts in einer solchen Situation von dem Versicherten hingenommen werden müsse, ergebe sich aus dem Regelungskonzept des § 37c SGB V, nicht zuletzt in Ansehung des Abs. 4 und des Sicherstellungsgebotes in Abs. 2 Satz 3. Dass die Versorgung des Antragstellers an einem anderen Ort, ggf. durch einen anderen Pflegedienst – wie sie auch bis zum Ende des Jahres 2024 erfolgt sei – nicht möglich sein solle, sei nicht glaubhaft gemacht worden.
Gegen den erstinstanzlichen Beschluss hat der Antragsteller am 4. April 2025 Beschwerde bei dem Landessozialgericht (LSG) Niedersachsen-Bremen eingelegt. Um die erforderliche intensivpflegerische Betreuung des Antragstellers gewährleisten zu können, werde er wie die anderen minderjährigen Bewohner, die in der betreuten Wohnanlage in der N. leben, mit einem Personalschlüssel von 1:1,3 (brutto) versorgt. Dabei handele es sich um einen Brutto-Personalschlüssel, der das Verhältnis zwischen der Anwesenheitszeit der Patienten und den von dem Pflegedienst für die Intensivpflege in der N. beschäftigten Mitarbeitern im Umfang der geschuldeten und arbeitsvertraglich vereinbarten Arbeitszeit angebe. Für den Zeitraum bis zum 30. Juni 2024 habe ein nach vorangegangenem Schiedsverfahren ergangener Schiedsspruch für die von der G. GmbH & Co.KG erbrachte Intensivpflege in der 1:1,3 Versorgung einen Stundensatz von 51,39 Euro festgesetzt. Für den Zeitraum ab dem 1. Juli 2024 habe der Schiedsspruch für die von der G. GmbH & Co.KG zugunsten des Antragstellers erbrachte Intensivpflege in der 1:1,3 Versorgung keinen Pflegesatz mehr festgesetzt. Festgesetzt worden seien nur noch Pflegesätze für einen Personalschlüssel von 1:1, 1:2, 1:3 und 1:4, (Netto). Die von der Schiedsperson festgesetzten Stundensätze und die erstmalige Nettoauslegung würden zu einer Stundensatzkürzung von 49,30 Euro/Stunde auf 34,22 Euro/Stunde bei einer Netto 1:2 Versorgung und damit zu einer Vergütungskürzung von 30% führen. Die Antragsgegnerin sei in dem vorangegangenen Schiedsverfahren durch die AOK Niedersachsen vertreten worden. Gegenstand des im Beschwerdeverfahren weiterverfolgten Antrags sei ein Stundensatz von 49,30 Euro/Stunde für eine 1:1,3 Versorgung (Brutto). Die Antragsgegnerin habe die dem Antragsteller verordnete Intensivpflege bis zum 31. Dezember 2023 zu diesem Stundensatz übernommen. Der Antrag sei darauf gerichtet, die Übernahme der dem Antragsteller verordneten Intensivpflege zu dem bislang unstreitigen Stundensatz aufrechtzuerhalten. Der Antragsteller sei auf die Weiterbetreuung durch die G. GmbH & Co.KG in der N. angewiesen, ein Umzug hätte die insbesondere von Dr. P., Kinder- und Jugendkrankenhaus „L.“, geschilderten gesundheitsgefährdenden Folgen für den Antragsteller. Verwiesen werde insbesondere auf die physiotherapeutischen und logopädischen Therapieangebote ebenso wie auf die pädagogischen Angebote, die einmal wöchentlich und bei Bedarf stattfindenden ärztlichen Visiten, die Möglichkeit der Hausbeschulung und die Möglichkeit zur Wahrnehmung von Eltern-Kind-Angeboten. Der – unzutreffende – Verweis des SG auf eine vermeintliche Sicherstellung der Intensivpflege des Antragstellers ab dem 11. April 2025 durch den Leistungserbringer O. Pflegedienst GmbH gehe auf die Stellungnahme der Antragsgegnerin vom 31. März 2025 zurück, mit dem eine E-Mail des Geschäftsführers des Pflegedienstes, Herrn Q., vorgelegt worden sei. Dieser habe in seiner E-Mail vom 2. April 2025 mitgeteilt, dass die Antragsgegnerin ihn über die besonderen Umstände des Antragstellers nie informiert habe und die Möglichkeit einer Betreuung durch die O. Pflegedienst GmbH bei Kenntnis dieser Umstände von vornherein ausgeschlossen worden wäre. Die Ausführungen des Geschäftsführers ließen keine Zweifel daran, dass dieser Pflegedienst eine Betreuung des Antragstellers ab dem 11. April 2025 nicht übernehmen werde. Die verantwortliche Mitarbeiterin der G. GmbH & Co.KG, Frau R., habe wegen der unklaren Versorgungslage ab dem 11. April 2025 inzwischen auch eine Mitteilung zur Kindeswohlgefährdung im Sinne von § 8a SGB VIII an das zuständige Jugendamt der Stadt K. übermittelt. Entgegen der Auffassung des SG sei der Antragsgegnerin die Stellung einer qualifizierten Pflegekraft unmöglich i.S.v. § 37c Abs. 4 Satz 1 SGB V. Diese Unmöglichkeit liege insbesondere vor, wenn im örtlichen Bereich die vertraglich gebundenen Leistungserbringer die Versorgung wegen eines besonderen Krankheitsbildes nicht übernehmen könnten. Dies sei hier gerade der Fall. Das SG gehe im angegriffenen Beschluss zu Unrecht davon aus, dass mit der O. Pflegedienst GmbH ein Leistungserbringer existiere, der die AKI für den Antragsteller ab dem 11. April 2025 sowohl in der Häuslichkeit der Eltern als auch in einer Wohngemeinschaft sicherstellen könne. Eine solche Zusage habe die O. Pflegedienst GmbH zu keinem Zeitpunkt abgegeben. Dem angefochtenen Beschluss liege die unzutreffende (vorbehaltlose) Annahme zugrunde, die O. Pflegedienst GmbH könne die Versorgung des Antragstellers ab dem 11. April 2025 sicherstellen. Im angefochtenen Beschluss würden auch Erwägungen zu den Auswirkungen der Betriebserlaubnis der G. GmbH & Co.KG gemäß §§ 45, 48a SGB VIII fehlen, die ein einfaches Tätigwerden von Pflegekräften anderer Pflegedienste in der N. nicht zuließen sowie zur fehlenden Möglichkeit einer Betreuung des Antragstellers in der Häuslichkeit seiner Mutter. Die Antragsgegnerin habe nach wie vor keinen Pflegedienst nachgewiesen, der den Antragsteller ab dem 11. April 2025 mit den Leistungen der AKI versorgen könne.
Am 15. April 2025 habe der Antragsteller telefonisch durch die Antragsgegnerin die Zusage der S. GmbH erhalten, ab dem 26. April 2025 in einer Intensivpflege-Wohngemeinschaft in T. versorgt zu werden. Mit Blick auf die medizinischen Gefahren sei es höchst problematisch, ob eine Versorgung in dieser Einrichtung eine zumutbare Alternative darstelle. Hinzukäme, dass die S. GmbH nicht Inhaberin einer Betriebserlaubnis gemäß §§ 45, 46a SGB VIII sei. Fraglich sei auch, ob die Einrichtung über das erforderliche kinderpädagogische Konzept verfüge.
Der Antragsteller beantragt schriftsätzlich,
- den Beschluss des Sozialgerichts Hannover vom 1. April 2025 aufzuheben und die Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, ihm vorläufig die mit der ärztlichen Verordnung vom 30. Dezember 2024 verordneten Leistungen der außerklinischen Intensivpflege im Umfang von 21,65 Stunden täglich, 7 Tage die Woche, ab dem 1. April 2025 bis zum 10. April 2025 in Höhe eines Stundensatzes von 51,39 Euro je Leistungsstunde für eine 1:1,3 Versorgung (brutto) zu gewähren,
- die Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, den Antragsteller durch direkte Zahlung an die G. GmbH & Co.KG vorläufig ab dem 26. April 2025 bis zum Ablauf des Verordnungszeitraums am 30. Juni 2025 von den Kosten freizustellen, die ihm entstehen, wenn er entsprechend § 37c Abs. 4 SGB V die G. GmbH & Co.KG beauftragt, die in der ärztlichen Verordnung vom 30. Dezember 2024 verordneten Leistungen der außerklinischen Intensivpflege im Umfang von 21,65 Stunden täglich, 7 Tage die Woche, zu einem Stundensatz von 51,39 Euro je Leistungsstunde für eine 1:1,3 Versorgung (brutto) zu erbringen.
Die Antragsgegnerin beantragt schriftsätzlich,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Die Antragsgegnerin erachtet ihre Entscheidung weiterhin für zutreffend und erklärt, dass sie die Versorgung des Antragstellers mit AKI über den 10. April 2025 hinaus entsprechend den im Schiedsspruch vom 16. Januar 2025 festgesetzten Stundenpauschalen übernehme. Zudem stehe man weiterhin im Kontakt mit anderen Leistungserbringern, um die weitere Versorgung des Antragstellers sicherzustellen.
Um die Versorgung des Antragstellers auch über den 25. April 2025 hinaus sicherstellen zu können, habe sich die Antragsgegnerin erneut an mehrere Leistungserbringer in K. gewandt und mit dem Leistungserbringer U. GmbH einen zugelassenen Pflegedienst gefunden, der nach einem persönlichen Kennenlernen des Antragstellers die Versorgung in einer Kinder-Wohngemeinschaft in K. T. im Rahmen eines gültigen Versorgungsvertrags nach § 132l SGB V übernehmen könne. Der Kontakt zum Prozessbevollmächtigten des Antragstellers sei am 16. April 2025 hergestellt worden. Herr V. von der U. GmbH habe der Antragsgegnerin jedoch inzwischen mitgeteilt, dass mit dem Prozessbevollmächtigten noch kein Termin zum persönlichen Kennenlernen vereinbart werden konnte, da zunächst noch Qualifikations- und Zulassungsunterlagen von der U. GmbH angefordert worden seien. Aus Sicht der Antragsgegnerin sei fraglich, warum hier noch kein Termin vereinbart und es hier durch die Unterlagenanforderungen zu weiteren Verzögerungen gekommen sei. Eine Zulassung der U. GmbH zur Leistungserbringung sowie ein gültiger Vertrag nach § 132l SGB V könne durch die Antragsgegnerin bestätigt werden.
Da die Antragsgegnerin in der Lage sei, eine bedarfsgerechte Versorgung durch einen anderen Leistungserbringer sicherzustellen, bestehe kein Anordnungsgrund für den geltend gemachten Kostenerstattungsanspruch. Eine akute Gefährdung der Versorgung des Antragstellers bestehe nicht mehr. Ein Kostenerstattungsanspruch liege somit nicht vor.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den gesamten Inhalt der Gerichtsakten Bezug genommen. Diese sind Grundlage der Entscheidungsfindung des Senats gewesen.
II.
Die Beschwerde des Antragstellers ist statthaft und zulässig (§§ 172, 173 Sozialgerichtsgesetz [SGG]), jedoch nicht begründet. Der Beschluss des Sozialgerichts vom 1. April 2025 ist zu bestätigen. Dem Antragsteller steht im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes kein Kostenerstattungs- bzw. Kostenfreistellungsanspruch für die geltend gemachten Zeiträume und in der geltend gemachten Höhe zu.
Im Beschwerdeverfahren richtet der Antragsteller sein Begehren darauf, für den bereits abgeschlossenen Zeitraum vom 1. April 2025 bis zum 10. April 2025 die Leistungen des Intensivpflegedienstes G. GmbH & Co.KG mit einem Stundensatz von 51,39 Euro (nachträglich) vergütet zu bekommen. Für den Zeitraum ab dem 26. April 2025 ist das Begehren auf eine Kostenfreistellung gerichtet und zwar bezogen auf die Erbringung der intensivpflegerischen Leistungen durch den Intensivpflegedienst G. GmbH & Co.KG zu einem Stundensatz von ebenfalls 51,39 Euro.
Mit diesen Anträgen hat der Antragsteller im Beschwerdeverfahren keinen Erfolg.
Nach § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG kann das Gericht der Hauptsache zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis eine einstweilige Anordnung treffen, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Dies ist der Fall, wenn das Bestehen eines Anordnungsanspruchs und eines Anordnungsgrunds nach summarischer Prüfung überwiegend wahrscheinlich ist. Dazu sind gemäß § 86b Abs. 2 Satz 4 SGG i.V.m. § 920 Abs. 2 Zivilprozessordnung (ZPO) sowohl der geltend gemachte materielle Rechtsanspruch, für den vorläufiger Rechtsschutz begehrt wird (Anordnungsanspruch), als auch das Vorliegen eines Grundes, aus dem die Anordnung so dringlich ist, dass dieser Anspruch vorläufig bis zur Entscheidung in der Hauptsache geregelt werden muss (Anordnungsgrund), glaubhaft zu machen. Ein Anordnungsanspruch im Sinne des § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG ist nur gegeben, wenn nach summarischer Prüfung eine überwiegende Wahrscheinlichkeit dafür spricht, dass dem Antragsteller ein Rechtsanspruch auf die begehrten Leistungen zusteht und er deshalb im Hauptsacheverfahren mit seinem Begehren Erfolg haben wird. Ein Anordnungsgrund im Sinne der Eilbedürftigkeit einer gerichtlichen Regelung liegt vor, wenn sich aus den glaubhaft gemachten Tatsachen ergibt, dass es die individuelle Interessenlage des betroffenen Antragstellers unzumutbar erscheinen lässt, ihn zur Durchsetzung seiner Ansprüche auf eine Entscheidung in der Hauptsache zu verweisen. Ob die Anordnung derart dringlich ist, beurteilt sich insbesondere danach, ob sie zur Abwendung wesentlicher Nachteile oder zur Verhinderung drohender Gewalt oder aus anderen, ebenso schwerwiegenden Gründen nötig erscheint. Dazu müssen Tatsachen vorliegen bzw. glaubhaft gemacht sein, die darauf schließen lassen, dass der Eintritt des wesentlichen Nachteils im Sinne einer konkreten und objektiven Gefahr unmittelbar bevorsteht (Keller in: Meyer-Ladewig/Keller/Schmidt, SGG, 14. Auflage 2023, § 86b Rn. 27 f., m.w.N.). Dabei ist eine Tatsache dann als glaubhaft gemacht anzusehen, wenn ihr Vorliegen nach dem Ergebnis der Ermittlungen, die sich auf sämtliche erreichbaren Beweismittel erstrecken sollen, überwiegend wahrscheinlich ist (vgl. § 294 ZPO). Maßgebender Zeitpunkt für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage ist der Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung in der jeweiligen Instanz.
Unter Berücksichtigung dieser Maßstäbe besteht im vorliegenden Verfahren des einstweiligen Rechtschutzes kein Anspruch des Antragstellers auf Kostenerstattung bzw. Kostenfreistellung durch die Antragsgegnerin in der geltend gemachten Höhe.
1. Zwischen den Beteiligten besteht Einigkeit darüber, dass bei dem Antragsteller die Voraussetzungen einer AKI gegeben sind. Die Gewährung von AKI erfolgt auf der Grundlage von § 37c SGB V. Gemäß § 37c Abs. 1 Sätze 1 und 2 SGB V haben Versicherte mit einem besonders hohen Bedarf an medizinischer Behandlungspflege Anspruch auf AKI; ein besonders hoher Bedarf an medizinischer Behandlungspflege liegt vor, wenn die ständige Anwesenheit einer geeigneten Pflegefachkraft zur individuellen Kontrolle und Einsatzbereitschaft oder ein vergleichbar intensiver Einsatz einer Pflegefachkraft erforderlich ist. Gemäß § 37c Abs. 1 Satz 8 Nr. 1 SGB V bestimmt der Gemeinsame Bundesausschuss (GBA) in Richtlinien das Nähere zu Inhalt und Umfang der Leistungen sowie die Anforderungen an den besonders hohen Bedarf an medizinischer Behandlungspflege nach Satz 2. Diesem Auftrag des Gesetzgebers ist der GBA mit der Außerklinischen Intensivpflege-Richtlinie (AKI-RL) nachgekommen. Gemäß § 3 Abs. 1 AKI-RL ist Leistungsinhalt der AKI die permanente Interventionsbereitschaft, Anwesenheit und Leistungserbringung durch eine geeignete Pflegefachkraft über den gesamten Versorgungszeitraum zur Erbringung der medizinischen Behandlungspflege, zu der insbesondere die spezielle Überwachung des Gesundheitszustandes und die sich daraus ergebenden notwendigen Interventionen (Satz 2 Nr. 1) gehören können. Gemäß § 4 Abs. 1 AKI-RL ist die Verordnung von AKI bei Versicherten zulässig, bei denen wegen Art, Schwere und Dauer der Erkrankung in den Fällen des § 1 Abs. 4 Satz 1 Nr. 3 AKI-RL (Unterbringung - wie hier - in einer Wohneinheit i.S.d. § 132l Abs. 5 Nr. 1 SGB V) die ständige Anwesenheit einer geeigneten Pflegefachkraft zur individuellen Kontrolle und Einsatzbereitschaft oder ein vergleichbar intensiver Einsatz einer Pflegefachkraft notwendig ist, weil eine sofortige ärztliche oder pflegerische Intervention bei lebensbedrohlichen Situationen mit hoher Wahrscheinlichkeit täglich unvorhersehbar erforderlich ist, wobei die genauen Zeitpunkte und das genaue Ausmaß nicht im Voraus bestimmt werden können.
Der Antragsteller hat danach einen Anspruch auf Versorgung mit AKI über 24 Stunden täglich.
2. Der Anspruch des Antragstellers gegenüber der Antragsgegnerin umfasst dabei die Sicherstellung der Versorgung mit AKI, einschließlich der damit im Zusammenhang stehenden Beratung.
§ 37c SGB V verpflichtet die KK neben der Sicherstellung der Versorgung dazu, dem Versicherten das Für und Wider der verschiedenen in § 37c Abs. 2 Satz 1 SGB V genannten Möglichkeiten aufzeigen. Dabei geht es nicht allgemein darum, die Leistungsansprüche zu erläutern, sondern die KK muss ihre Beratung individuell an der Situation des Einzelnen ausrichten. Das bedeutet, sie muss nach den tatsächlich zur Verfügung stehenden Räumlichkeiten fragen, die familiäre Situation und die Möglichkeiten der Sachleistung vor Ort kennen oder in Erfahrung bringen, um dem Versicherten Sachleistungsmöglichkeiten und Alternativen dazu (vgl. § 37c Abs. 4 SGB V, § 29 SGB IX) erklären zu können. Bei der Beratung ist die Möglichkeit der Nachbesserung der Pflegebedingungen nach § 37c Abs. 2 Satz 3 SGB V und die Einbeziehung weiterer Leistungsträger (z.B. Pflegekasse, Versorgungsträger, Unfallversicherungsträger, Eingliederungshilfe) einzubeziehen. Gemäß §§ 2 Abs. 2 und 13 Abs. 1 SGB V haben Versicherte im Grundsatz einen Anspruch auf Krankenpflege als Sachleistung gegen ihre KKen. Die KKen müssen deshalb den Versicherten grundsätzlich Krankenpflege durch Stellen einer Pflegekraft zur Verfügung stellen. Dazu schließen sie Verträge mit Pflegekräften, Pflegediensten oder Einrichtungen zur stationären Pflege, für behinderte Menschen oder Anbietern von Wohngemeinschaften § 132l Abs. 5 SGB V.
Es ist danach primär Aufgabe der Antragsgegnerin als betroffene KK, die Versorgung des Antragstellers mit Leistungen der Intensivpflege sicherzustellen. Der gesetzlichen Konzeption ist danach keine Verpflichtung eines Dritten zu entnehmen, auch nicht eines Gerichts, eine geeignete Einrichtung zu suchen und zu benennen.
3. Ist die KK dazu nicht in der Lage, gibt § 37c Abs. 4 SGB V ausdrücklich dem Versicherten eine über § 13 Abs. 3 und Abs. 3a Satz 7 SGB V und § 29 Neuntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IX) hinausgehende Möglichkeit, für die Versorgung mit AKI eine „angemessene“ Kostenerstattung zu verlangen. Dies ist dann der Fall, wenn der KK die entsprechenden Kapazitäten fehlen, sie also nicht ausreichend Pflegekräfte zur Verfügung hat, die ihr gegenüber vertraglich gebunden sind. Ein solcher Mangel kann vor allem wegen der örtlichen Verhältnisse oder wegen der Spezialität der Erkrankung im Einzelfall auftreten. Grund, von der Stellung einer Pflegekraft abzusehen, besteht insbesondere auch dann, wenn der Versicherte sich die notwendige Pflege kostengünstiger verschaffen kann oder eine besondere persönliche Beziehung zwischen dem Versicherten und der selbst beschafften Pflegekraft besteht, die z.B. wegen der Art der Erkrankung für eine erfolgreiche Pflege notwendig ist.
Anders als § 37 Abs. 4 SGB V fordert § 37c Abs. 4 SGB V „qualifizierte“ Pflegekräfte. Das bedeutet, dass die Pflegekraft in der Lage sein muss, die für die Behandlung des konkreten Krankheitsfalls notwendigen Maßnahmen durchzuführen, sofern sie Behandlungspflege leistet; anders ausgedrückt müssen die Pflegekräfte die Anforderungen an die erforderliche Intensivpflege erfüllen. Welche das sind, legen die Rahmenempfehlungen nach § 132l Abs. 2 Nr. 1 SGB V fest. Die Qualifikation muss jedenfalls den besonderen Bedürfnissen der betroffenen Versicherten Rechnung tragen. Insbesondere muss die selbst beschaffte Pflegekraft in den die ständige Anwesenheit notwendig machenden Fällen richtig reagieren können. Die KK kann die Erstattung von Kosten nicht mit der Begründung verweigern, der Versicherte habe sich keinen geeigneten Pflegedienst gesucht, wenn sie selbst die Leistung nicht stellen kann und auf Nachfrage oder bei offensichtlichem Beratungsbedarf ihren Beratungspflichten (§ 37c Abs. 1 Satz 3 SGB V, § 14 SGB I) nicht ausreichend nachgekommen ist.
Nach § 37c Abs. 4 SGB V hat die KK die Kosten in angemessener Höhe zu erstatten. Die Angemessenheit der Höhe bestimmt sich nach der Schwere der Krankheit, dem Bedarf an Pflege. Die KK soll hier keine höheren Kosten tragen als bei einem von ihr beauftragten Pflegedienst.
4. Für den vorliegenden Fall bedeutet dies:
Materielle Grundlage der Entscheidung ist die Zwei-Stufen-Systematik des § 37c Abs. 4 SGB V mit einer prioritären Zuständigkeit der KK und einer sekundären Zuständigkeit des Versicherten für die Leistungs-Versorgung des Versicherten.
In prozessualer Hinsicht ist deshalb Gegenstand des vorliegenden Rechtsstreits die Versorgung des Antragstellers mit AKI. Es handelt sich um einen Leistungsstreit, beteiligt sind die KK und ihr Versicherter. Nicht Gegenstand des Verfahrens ist die Höhe der Vergütung für eine von der KK als solche bewilligte/anerkannte Leistung. Dies wäre ein Leistungserbringerstreit, an dem die KK und ein Leistungserbringer beteiligt wären. Vorliegend ist deshalb (unmittelbar) allein über das Begehren des Versicherten auf Versorgung zu entscheiden, der zu diesem Zweck anwaltlich vertreten ist. Nicht zu entscheiden ist über das etwaige wirtschaftliche Interesse der G. GmbH & Co.KG, die vorliegend nicht beteiligt und auch nicht anwaltlich vertreten ist.
Innerhalb dieses Leistungsstreits befinden sich die Beteiligten nach Kündigung des Pflegevertrages durch den Intensivpflegedienst G. GmbH & Co.KG unstreitig im Abstimmungsprozess bezüglich der weiteren Sicherstellung der Versorgung des Antragstellers mit AKI (1. und 2. Stufe der Systematik des § 37c Abs. 4 SGB V). Orientiert an den vorstehenden Ausführungen ist deshalb grundsätzlich nicht vorrangig das Gericht (als „Dritter“) dazu berufen, die Versorgung des Antragstellers durch einen Pflegedienst über den 25. April 2025 sicherzustellen und eine Kostentragungspflicht im einstweiligen Rechtsschutzverfahren auszusprechen. Soweit der Senat mit Beschluss vom 10. April 2025 eine solche vorläufige Verpflichtung der Antragsgegnerin ausgesprochen hat (sog. Hängebeschluss), ist damit folgerichtig ausschließlich eine Weiterführung der Versorgung (Leistung) des Antragstellers über den 10. April 2025 bis zur abschließenden Entscheidung im Beschwerdeverfahren sichergestellt worden.
Nur ausnahmsweise könnte der Leistungsstreit mit einer einstweiligen Regelung des Gerichts im Sinne der Verpflichtung der gesetzlichen KK zu einer Kostenübernahme zu beenden sein, nämlich dann, wenn sich die KK zu Unrecht weigern würde, einen bzw. einen bestimmten Pflegedienst zu beauftragen, und dadurch ein Anordnungsgrund in der Leistungssituation des Antragstellers entstünde.
Dies ist vorliegend nicht glaubhaft gemacht.
Zum einen ist die Antragsgegnerin nach eigenem und unbestrittenen Vortrag unablässig darum bemüht, einen geeigneten Pflegedienst zu finden und zu beauftragen (1. Stufe).
Zum zweiten ist - solange dies erfolglos bleibt - nach der gesetzgeberischen Konzeption des § 37c Abs. 4 SGB V (s.o.) der Antragsteller berechtigt, selbst einen Pflegedienst – zu angemessenen Bedingungen – zu finden und zu beauftragen (2. Stufe).
Zum dritten ist das Begehren des Antragstellers ausschließlich auf einen höheren Stundensatz gerichtet. Ein Anordnungsgrund für den Leistungsstreit könnte diesbezüglich allenfalls dann entstehen, wenn die Beauftragung des Pflegedienstes durch den Antragsteller (2. Stufe) ausschließlich am höheren Stundensatz scheitern und der Antragsteller bei Eigen-Verauslagung notleidend würde, so dass seine Versorgung nicht sichergestellt wäre. Hierzu ist jedoch seitens des Antragstellers nicht substantiiert dargelegt worden, dass dieser nach seinen finanziellen Verhältnissen nicht in Lage ist, die Differenz zwischen dem von der Antragsgegnerin bewilligten Stundensätzen nach dem Schiedsspruch und dem begehrten Stundensatz von 51,39 Euro bis zum Abschluss des Hauptsacheverfahrens selbst aufzubringen. Belege über die finanziellen Verhältnisse (Kontoauszüge, Ablehnung von Darlehen, Bankbürgschaften etc.) sind nicht vorgelegt worden.
Nur am Rande ist zu erwähnen, dass dem Gericht keine Nachweise dafür vorliegen, dass der Intensivpflegedienst G. GmbH & Co.KG nach der Kündigung des Pflegevertrages überhaupt bereit wäre, die Versorgung des Antragstellers zukünftig wieder aufzunehmen und fortzusetzen.
Die - nach § 37c Abs. 4 SGB V bei Beauftragung eines Pflegedienstes durch den Antragsteller - ggf. erst zukünftig auftretende Frage der Angemessenheit der seitens des Antragstellers begehrten Stundensätze im Vergleich zu den nach dem Schiedsspruch festgesetzten Stundensätzen kann nicht Gegenstand dieses einstweiligen Rechtschutzverfahrens sein. Hierüber müsste - ggf. – (später) ein eigenständiges Verfahren gegen die Krankenkasse geführt werden.
Insgesamt hat die Beschwerde keinen Erfolg.
Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung des § 193 SGG und entspricht dem Ausgang des Verfahrens.
Diese Entscheidung ist gemäß § 177 SGG unanfechtbar.
D. Dr. E. Dr. F.