L 5 KR 2893/24

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
5.
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 15 KR 308/23
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 5 KR 2893/24
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze

Die Regelung in § 8 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB V, wonach eine Befreiungsmöglichkeit von der Krankenversicherungspflicht nur besteht, wenn die Arbeitszeit auf die Hälfte (oder weniger als die Hälfte) der regelmäßigen Arbeitszeit eines Vollbeschäftigten reduziert wird, ist verfassungsgemäß.

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 27.08.2024 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten auch des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.

Die Revision wird zugelassen.



Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die Versicherungsfreiheit der Klägerin in der gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung.

Die 1982 geborene Klägerin ist bei der A1 AG - A1 Deutschland (im Folgenden A.) abhängig beschäftigt. In der Zeit vom 01.01.2011 bis 23.09.2016 arbeitete sie in Vollzeit (114 % der gewerkschaftlich geltenden 35-Stunden-Woche) und erzielte ein monatliches Erwerbseinkommen in Höhe von 7.190,95 € brutto. Aufgrund des Überschreitens der Jahresarbeitsentgeltgrenze war sie (bereits seit dem 01.04.2007) versicherungsfrei und unterhielt eine private Krankenvollversicherung.

Nach der Geburt ihrer Kinder 2016 und 2018 war sie bis zum 21.08.2022 in Elternzeit. Während der Elternzeit war sie bei A. teilweise im Umfang von 60 % (21 Wochenstunden) und zuletzt im Umfang von 68,57 % (24 Wochenstunden) erwerbstätig. Vom 01.09.2017 bis zum 21.08.2022 war die Klägerin nach § 8 Abs. 1 Nr. 2 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) von der Versicherungspflicht in der Kranken- und Pflegeversicherung weiter befreit.

Ab dem 22.08.2022 wurde das Teilzeitbeschäftigungsverhältnis der Klägerin nahtlos in ein fortlaufendes, arbeitsvertraglich unbefristetes Teilzeitarbeitsverhältnis mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von 24 Stunden und einem monatlichen Entgelt i.H.v 3.667,41 € zzgl. variabler Einmalzahlungen (Reisekostenerstattungen, Urlaubsgeld, Bonus; Stand: Mai 2023) überführt. A. meldete die Klägerin zum 22.08.2022 bei der A1 BKK, der Beklagten zu 1), an.

Am 06.10.2022 legte die Klägerin der Beklagten zu 1) die von dieser angeforderte Beitrittserklärung vom 05.10.2022 ausgefüllt und unterschrieben vor.

Am 10.10.2022 beantragte die Klägerin bei der Beklagten zu 1) die Befreiung von der Krankenversicherungspflicht gemäß § 8 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB V und führte zur Begründung aus, sie habe länger als fünf Jahre ein Arbeitsentgelt verdient, das jeweils die Jahresarbeitsentgeltgrenze überschritten habe. Nur durch die Reduktion der Arbeitszeit auf eine Teilzeitbeschäftigung nach der Geburt des ersten Kindes unterschreite sie die Jahresarbeitsentgeltgrenze. Würde sie ihre aktuelle Beschäftigung vollzeitig ausüben, würde sie die Jahresarbeitsentgeltgrenze klar überschreiten. Das nach § 8 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB V bestehende Befreiungsrecht sei in verfassungskonformer Weise teleologisch zu extendieren und vor dem Hintergrund der Systematik eingeräumter Befreiungsrechte nach § 8 SGB V auf Teilzeitbeschäftigungen von mehr als 50 % anzuwenden.

Mit Bescheid vom 24.10.2022 lehnte die Beklagte zu 1) den Antrag ab. Die Befreiung nach § 8 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB V sei u.a. daran gebunden, dass die Arbeitszeit auf die Hälfte oder weniger als die Hälfte der regelmäßigen Arbeitszeit vergleichbarer Vollbeschäftigter des Betriebs reduziert werde. Die Klägerin habe die Arbeitszeit zum 22.08.2022 nach Ende der Elternzeit auf 24 Stunden in der Woche reduziert. Dies stelle keine Reduzierung der Arbeitszeit auf die Hälfte oder weniger als die Hälfte der regelmäßigen Arbeitszeit vergleichbarer Vollbeschäftigter des Betriebs (zuvor Arbeitsvertrag mit 40 Stunden wöchentlich) dar. Eine Befreiung sei deshalb nicht möglich.

Hiergegen erhob die Klägerin am 02.11.2022 Widerspruch, den die Beklagte zu 1) auch im Namen der Beklagten zu 2) mit Widerspruchsbescheid vom 28.12.2022 zurückwies. Mit Wegfall der Elternzeit ende die Befreiung auf Grund der Aufnahme einer nicht vollen Erwerbstätigkeit während der Elternzeit nach § 8 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB V. Die Voraussetzungen für eine Befreiung nach § 8 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB V lägen nicht vor.

Hiergegen hat die Klägerin am 26.01.2023 Klage zum Sozialgericht (SG) Stuttgart erhoben und zur Begründung vorgetragen, dass sie von der Versicherungspflicht nach § 5 Abs. 1 Nr. 1 SGB V antragsgemäß zu befreien sei. Sie habe länger als fünf Jahre ein Arbeitsentgelt, das die Jahresarbeitsentgeltgrenze überschritten habe, verdient. Nur durch die Reduktion der Arbeitszeit auf eine Teilzeitbeschäftigung nach Geburt des ersten Kindes sei die Unterschreitung der Jahresarbeitsentgeltgrenze bewirkt worden und werde seither ohne Unterbrechung aufrechterhalten. Würde sie ihre aktuelle Beschäftigung wieder vollzeitig ausüben, würde sie die Jahresarbeitsentgeltgrenze deutlich überschreiten. Die Überschreitung des Beschäftigungsumfangs von 50 % ändere nichts an ihrem Befreiungsrecht gemäß § 8 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB V. Soweit die Wortlautgrenze des § 8 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB V zur Folge habe, dass allein die Beschäftigung im Umfang von 50 % oder weniger das Befreiungsrecht auslöse oder erhalte, verstoße die Vorschrift gegen das Grundgesetz (GG). Im Einzelnen hat die Klägerin dies damit begründet, dass die erste Änderung des § 8 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB V mit Wirkung zum 01.01.2011 durch das Gesetz vom 22.12.2012 (BGBl. I S. 2309, GKV-Finanzierungsgesetz) der Erweiterung des Anwendungsbereichs der Nr. 3 auf Personen, die vor Aufnahme einer Teilzeittätigkeit Elterngeld/Elternzeit/Pflegezeit in Anspruch genommen hätten, und ferner dazu, Personen bei fehlender Schutzbedürftigkeit ein Recht zu Befreiung von der Krankenversicherungspflicht einzuräumen, gedient habe. Eine Diskussion zum „Begriff/Umfang“ der durch § 8 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB V erfassten Teilzeitarbeit sei aus den Gesetzgebungsmaterialien nicht ersichtlich. Die Gesetzesmaterialien sprächen nur von „Teilzeitbeschäftigung" (BT-Drs. 17/3696, S. 44) bzw. „Teilzeitbeschäftigte" (BR-Drs. 581/1/10, S. 3). Auch aus den Gesetzgebungsmaterialien zur zweiten Änderung des § 8 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB V mit Wirkung zum 01.01.2012 durch das Gesetz vom 22.12.2011 (BGBl. I S. 2983, GKV-Versorgungsstrukturgesetz) und zur dritten Änderung mit Wirkung zum 01.01.2015 durch das Gesetz vom 23.12.2014 (BGBl. I S. 2462, Gesetz zur besseren Vereinbarkeit von Familie, Pflege und Beruf) ergebe sich keine Diskussion zum Begriff der durch § 8 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB V erfassten Teilzeitbeschäftigungen. Ausweislich der Genese der Gesetzgebung zu § 8 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB V sei es dem Gesetzgeber einzig auf die Ermöglichung einheitlicher Versicherungsverläufe als Anreiz zur Aufnahme von Teilzeitbeschäftigung angekommen, um Arbeitskraftressourcen zu aktivieren, die im Vollzeitmodell verloren gingen. Der Gesetzgeber habe unbesehen eine seinerzeit patriarchale politische Motivlage längst überkommener Sozialgesetzgebung fortgeführt, ohne sich mit den damit verbundenen verfassungsrechtlichen Wertungswidersprüchen – insbesondere nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) vom 28.01.1987
(1 BvR 445/82) – auseinanderzusetzen. Eine Legaldefinition der Teilzeitbeschäftigung finde sich in § 2 Abs. 1 Satz 1 Teilzeitbeschäftigungsgesetz (TzBfG). Teilzeitbeschäftigung sei danach jede Beschäftigung von weniger als 100 %. Ein Zusammenhang zwischen der Formulierung in § 8 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB V (Teilzeit nur = 50 % und weniger Arbeitszeit) und einem allgemeinen Verständnis von Teilzeitbeschäftigung im Sinne eines vorausgesetzten Maximalquorums des Beschäftigungsumfanges bestehe nicht. Eine Zäsur der Versicherungsverläufe bei Beschäftigung von mehr als 50 % bewirke rechtliche Nachteile der Versicherten, da sie hierdurch zum Erhalt ihres Tarifs entweder eine prämienpflichtige Anwartschaftsversicherung der privaten Krankenversicherung zusätzlich neben der gesetzlichen Krankenversicherung fortführen oder aber das Vertragsverhältnis zum privaten Versicherer unterbrechen und später neu begründen müssten. Alternativ seien sie gezwungen, ihre Beschäftigung mehr als gewünscht zu reduzieren oder mehr als gewünscht aufzustocken (um die Jahresarbeitsentgeltgrenze zu überschreiten). Dies stelle einen Verstoß gegen das Recht auf Gleichbehandlung nach Art. 3 Abs. 1 GG dar. Durch die Verkürzung des Anwendungsbereichs des § 8 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB V auf Beschäftigungen von 50 % und weniger habe sie Nachteile, welche Eltern, die in hälftigem oder geringerem Umfang arbeiteten, nicht hätten. Auch ein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 2 Satz 2 GG liege vor. Obwohl Art. 3 Abs. 2 Satz 2 GG den Gesetzgeber insbesondere verpflichte, der Verfestigung überkommener Rollenverteilung zwischen Mutter und Vater in der Familie, nach der das Kind einseitig und dauerhaft dem „Zuständigkeitsbereich" der Mutter zugeordnet werde, zu begegnen (BVerfG, Beschluss vom 19.08.2011 - 1 BvL 15/11 -; BVerfG, Beschluss vom 25.10.2005 - 2 BvR 524/01 -, beide in juris), benachteilige die Norm Eltern, die mehr als 50 %, aufgrund paralleler (auf beide Elternteile verteilte) Sorgearbeit aber weniger als Vollzeit arbeiteten und nur deshalb ein Einkommen unter der Jahresarbeitsentgeltgrenze erzielten, in besonderer Weise. Zu berücksichtigen sei auch die konventionsrechtliche Einhegung der Gleichstellungsverpflichtung (Art. 3 bis 5, 11 der UN-Frauenrechtskonvention i.d.F. vom 18.12.1979). Durch die Beschneidung des Befreiungsrechts würden Mütter bei wortlautgetreuer Anwendung des § 8 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB V in die Beschäftigung unter 51 % gedrängt. Ein sachlicher Grund für diese geschlechtsbezogene Diskriminierung bestehe nicht. Im Gegensatz dazu beziehe sich § 8 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2a SGB V, dessen Schutzzweck dem des § 8 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB V entspreche, insoweit auch nicht mehr auf einen bestimmten Beschäftigungsumfang, sondern allein auf die Reduktion von Arbeitszeit an sich. Damit werde berücksichtigt, dass Grundrechte und Sozialstaatsprinzip ausweislich der einschlägigen Gesetzgebungsbegründungen dahingehend auszulegen und einfachrechtlich zu konkretisieren seien, dass Sorgearbeit gerecht auf alle Geschlechter verteilt werde und die noch vorherrschende Altersarmut von Frauen infolge „unabgesicherter" und einseitiger Sorgearbeit gemildert werde. Die Nichtgewährung eines sozialversicherungsrechtlichen Privilegs in Form des Befreiungsrechts für Elternteile, die mehr als „die Hälfte" in Teilzeit tätig seien, berühre darüber hinaus die Berufsausübungsfreiheit nach Art. 12 Abs. 1 GG und greife in Art. 2 Abs. 1 GG ein. Auch würden Elternteile mit Behinderung bzw. chronischer Erkrankung durch die Verwehrung eines Anschlussbefreiungsrechts bei Beschäftigung oberhalb von 50 % in spezifischer Weise aufgrund ihrer Behinderung benachteiligt (Art. 3 Abs. 3 Satz 2 GG), denn bei chronischer Erkrankung bleibe der Rückweg in die private Versicherung faktisch versperrt. Ein rechtfertigender/sachlicher Grund für eine Begrenzung des Befreiungsrechts für Beschäftigte, die ihre Arbeitszeit auf 51 % bis 99 % reduzierten, ergebe sich weder aus dem Aspekt der Verwaltungsvereinfachung noch aus Interessen der Sozialversicherung im Sinne ihres Erhalts der Funktionsfähigkeit, Finanzierung oder zur Kompensation wirtschaftlicher Überforderungsrisiken aufgrund von Krankheit, in deren Zusammenhang das Prinzip der allgemeinen Versicherungspflicht stehe. Es bestehe für die Gruppe der Beschäftigten zwischen 51 % bis 99 % auch kein erhöhtes sozialversicherungsrechtliches Absicherungsbedürfnis, denn ihr Einkommen und damit ihr wirtschaftlicher Absicherungsspielraum sei tatsächlich größer, als selbiger für die nach dem Wortlaut des § 8 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB V adressierten Befreiungsberechtigten. Nicht zuletzt bestehe auch keine erkennbare Gefahr übermäßiger Ausweitung von Befreiungsfällen. Soweit schließlich in Rechtsprechung (unter Verweis auf z.B. BSG, Urteil vom 28.09.2011 - B 12 KR 9/10 R -, in juris) und Literatur (hier nur Wirges, SGb 2006, S. 595) impliziert werde, dass dem Gesetzgeber im Rahmen seines Gestaltungsspielraumes zuzugestehen sein könnte, dass nur eine erhebliche Reduktion des Beschäftigungsumfanges zum Befreiungsrecht führen solle, werde darauf hingewiesen, dass diese Ungleichbehandlung dennoch irgendeines sachlichen Grundes bedürfte, der hier gerade nicht ersichtlich sei. Hinzu komme – und das sei nach Sichtung von Literatur und Rechtsprechung bislang nicht beachtet worden – dass hierdurch die vorbeschriebene Verfestigung der Rollenzuschreibung von Sorgearbeit zu Müttern bedingt werde, die in Widerspruch zu Art. 3 Abs. 2 GG stehe. Da aber einer teleologischen Extension die Wortlautgrenze des hier unbestimmten Rechtsbegriffs „Hälfte" entgegenstehe und wohl auch eine Analogie für Beschäftigung oberhalb der „Hälfte" aus gleichem Grunde nicht in Betracht komme (unter Verweis auf SG Leipzig, Urteil vom 17.10.2022 - S 3 KR 413/18 -; SG Leipzig, Urteil vom 18.02.2009 - S 1 KR 107/07 -, beide in juris), sei das Verfahren auszusetzen und eine Entscheidung des BVerfG einzuholen (Art. 100 Abs. 1 GG).

Die Beklagten sind der Klage unter Verweis auf ihre Ausführungen im Widerspruchsbescheid entgegengetreten. Eine Verfassungswidrigkeit sei nicht erkennbar. Dem Gesetzgeber verbleibe zum Ausgleich zwischen dem Ziel des Erhalts einer leistungsfähigen Solidargemeinschaft und dem Subsidiaritätsgedanken ein Gestaltungsspielraum beim Verbleib und Ausgleich mittelbar am Geschlecht anknüpfender Beeinträchtigungen.

Mit Urteil vom 27.08.2024 hat das SG Stuttgart die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, der Bescheid vom 24.10.2022 in der Gestalt des Widerspruchbescheides vom 28.12.2022 sei rechtmäßig und verletze die Klägerin nicht in ihren Rechten. Die Voraussetzungen für die bei den Beklagten beantragte Befreiung von der gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherungspflicht lägen nicht vor. Die Beklagten hätten den Antrag der Klägerin zu Recht abgelehnt. Nach § 8 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB V werde auf Antrag von der Versicherungspflicht befreit, wer versicherungspflichtig werde, weil seine Arbeitszeit auf die Hälfte oder weniger als die Hälfte der regelmäßigen Wochenarbeitszeit vergleichbarer Vollbeschäftigter des Betriebes herabgesetzt werde; dies gelte auch für Beschäftigte, die im Anschluss an ihr bisheriges Beschäftigungsverhältnis bei einem anderen Arbeitgeber ein Beschäftigungsverhältnis aufnähmen, das die Voraussetzungen des vorstehenden Halbsatzes erfülle, sowie für Beschäftigte, die im Anschluss an die Zeiten des Bezugs von Elterngeld oder der Inanspruchnahme von Elternzeit oder einer Freistellung nach § 3 des Pflegezeitgesetzes oder § 2 des Familienpflegezeitgesetzes ein Beschäftigungsverhältnis im Sinne des ersten Teilsatzes aufnähmen, das bei Vollbeschäftigung zur Versicherungsfreiheit nach § 6 Abs. 1 Nr. 1 führen würde; Voraussetzung sei ferner, dass der Beschäftigte seit mindestens fünf Jahren wegen Überschreitens der Jahresarbeitsentgeltgrenze versicherungsfrei sei; Zeiten des Bezugs von Erziehungsgeld oder Elterngeld oder der Inanspruchnahme von Elternzeit oder einer Freistellung nach § 3 des Pflegezeitgesetzes oder § 2 des Familienpflegezeitgesetzes würden angerechnet. Zwischen den Beteiligten sei insoweit nicht streitig, dass die Voraussetzungen des § 8 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB V bei der Klägerin nicht vorlägen. Nach der Elternzeit sei die Arbeitszeit der Klägerin weiterhin auf 24 Stunden in der Woche reduziert. Dabei handele es sich um keine Reduzierung der Arbeitszeit auf die Hälfte oder weniger als die Hälfte der regelmäßigen Arbeitszeit vergleichbarer Vollbeschäftigter des Betriebes. Eine Verfassungswidrigkeit der Norm sei nicht ersichtlich. Eine Verletzung von Art. 3 Abs. 1 GG sei nicht gegeben. Nach Art. 3 Abs. 1 GG seien alle Menschen vor dem Gesetz gleich. Eine gegen Art. 3 Abs. 1 GG verstoßende Ungleichbehandlung dadurch, dass die Klägerin – anders als Betroffene, die in hälftigem oder geringerem Umfang arbeiten würden – nicht von der gesetzlichen Krankenversicherungs- und Pflegeversicherungspflicht befreit werden könne, scheide aus. Zunächst sei anzuführen, dass die Vorschrift nicht nur Eltern betreffe, sondern jeder, der seine Arbeitszeit reduziere, davon betroffen sein könne, unabhängig davon, ob er seine Arbeitszeit nach einer Elternzeit reduziert habe oder aus anderen Gründen. Der allgemeine Gleichheitssatz sei nur verletzt, wenn durch eine Norm eine Gruppe von Normadressaten im Vergleich zu anderen Normadressaten verschieden behandelt werde, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestünden, dass sie die ungleiche Behandlung rechtfertigen könnten. Dabei sei nicht zu untersuchen, ob der Gesetzgeber die zweckmäßigste und gerechteste Lösung gefunden habe, sondern nur, ob er die verfassungsrechtlichen Grenzen seiner Gestaltungsfreiheit eingehalten habe. Das Gesetz grenze den Kreis Versicherungspflichtiger nach dem Sicherungsbedürfnis der in Betracht kommenden Personen ab. Es sei Aufgabe des Gesetzgebers, bei Einführung einer gesetzlichen Pflichtversicherung den Mitgliederkreis so abzugrenzen, wie es für eine leistungsfähige Solidargemeinschaft erforderlich sei. Das BVerfG habe dem Gesetzgeber hierfür einen weiten Gestaltungsspielraum eingeräumt (unter Verweis auf z.B. zur Versicherungsfreiheit Selbstständiger im Rahmen der Rentenversicherung: BSG, Urteil vom 11.10.2001 - B 12 KR 19/00 R -, in juris Rn. 28 m.w.N.). Dass dieser im Rahmen der gesetzlichen Krankenversicherung überschritten wäre, sei nicht ersichtlich. Der Gesetzgeber sei berechtigt, von einem Gesamtbild auszugehen, das sich aus den ihm vorliegenden Erfahrungen ergebe. Auf dieser Grundlage dürfe er generalisierende, typisierende und pauschalierende Regelungen verwenden, ohne allein schon wegen der damit unvermeidlich verbundenen Härte gegen den allgemeinen Gleichheitssatz zu verstoßen (unter Verweis auf BSG, Urteil vom 25.01.2001 - B 12 KR 12/00 R -, in juris Rn. 32). Ergänzend sei noch anzuführen, dass der Gesetzgeber mit der Befreiungsmöglichkeit eine Förderung der Aufnahme von Teilzeitbeschäftigung zur Entlastung des Arbeitsmarktes bezweckt habe (BT-Drs- 10/4761, S. 26). Dem Zweck der Entlastung des Arbeitsmarktes würde es zuwiderlaufen, wenn damit auch Tätigkeiten im Bereich zwischen 51 % und 99 % erfasst würden. Der Gesetzgeber habe also nur bei einer ganz gravierenden Einkommensänderung, wie sie sich beim Übergang von Teilzeitarbeit bis zur Hälfte der Vollzeitbeschäftigung ergebe, ein Regelungsbedürfnis für einen Befreiungstatbestand gesehen. Dies sei ihm im Rahmen seiner Gestaltungsfreiheit auch zugestanden. Eine Benachteiligung könne auch nicht darin gesehen werden, dass ein von dem Betroffenen als vorteilhaft eingeschätzter Krankenversicherungsschutz in der privaten Krankenversicherung durch den Krankenversicherungsschutz in der gesetzlichen Krankenversicherung ersetzt werde. Dies sei nach der Rechtsprechung des BSG kein anzuerkennender Nachteil, da bei einem Systemvergleich von der Gleichwertigkeit der privaten und der gesetzlichen Krankenversicherung auszugehen sei (unter Verweis auf BSG, Urteil vom 17.07.1997 - 12 RK 16/96 -, in juris Rn. 19; BSG, Beschluss vom 05.10.2006 - B 12 KR 82/05 -, in juris Rn. 10). Auch eine Verletzung von Art. 3 Abs. 2 GG liege nicht vor. Nach Art. 3 Abs. 2 Satz 1 GG seien Männer und Frauen gleichberechtigt. Damit sollten Diskriminierungen wegen des Geschlechts ausgeschlossen werden, die auch Art. 3 Abs. 3 Satz 1 GG verbiete (unter Verweis auf, auch zum Folgenden, BVerfG, Urteil vom 28.01.1992 - 1 BvR 1025/82 ua -; BVerfG, Beschluss vom 16.11.1993 - 1 BvR 258/86 -; BVerfG <Kammer>, Nichtannahmebeschluss vom 01.06.2022 - 1 BvR 75/20 -, alle in juris). Gleichzeitig stelle Art. 3 Abs. 2 GG ein Gleichberechtigungsgebot auf und erstrecke dieses auch auf die gesellschaftliche Wirklichkeit. Der Satz „Männer und Frauen sind gleichberechtigt“ wolle nicht nur Rechtsnormen beseitigen, die Vor- oder Nachteile an Geschlechtsmerkmale anknüpften, sondern für die Zukunft Gleichberechtigung der Geschlechter durchsetzen. Er ziele auf eine Angleichung der Lebensverhältnisse. Durch die Anfügung von Satz 2 in Art. 3 Abs. 2 GG sei ausdrücklich klargestellt worden, dass sich das Gleichberechtigungsgebot auf die gesellschaftliche Wirklichkeit erstrecke (unter Verweis auf BVerfG, Beschluss vom 18.11.2003 - 1 BvR 302/96 -, in juris). Aus Art. 3 Abs. 2 und Abs. 3 GG werde auch das allgemeinere Verbot abgeleitet, tradierte Rollenzuweisungen zulasten von Frauen durch mittelbare rechtliche Einwirkungen zu verfestigen (unter Verweis auf Nußberger, in: Sachs, Grundgesetz, 09. Auflage 2021, Art. 3 Rn. 255 m.w.N. zur Rspr. des BVerfG). Eine unmittelbare Diskriminierung liege nicht vor. Die Vorschrift des § 8 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB V knüpfe nicht an das Geschlecht an, sondern sei neutral formuliert. Das Gesetz räume Männern wie Frauen gleichermaßen das Recht ein, die Arbeitszeit auf die Hälfte oder weniger zu reduzieren. Eine Diskriminierung könne aber auch bei Regelungen vorliegen, die zwar geschlechtsneutral formuliert seien, im Ergebnis aber aufgrund natürlicher Unterschiede oder der gesellschaftlichen Bedingungen überwiegend ein Geschlecht beträfen (unter Verweis auf z.B. BVerfG, Beschluss vom 05.04.2005 - 1 BvR 774/02 -, in juris). Eine mittelbare Diskriminierung sei ebenfalls nicht erkennbar. § 8 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB V diene nämlich auch der mittelbaren Besserstellung von Frauen, da die Betroffenen zuvor oft über der Jahresarbeitsentgeltgrenze verdient hätten und diese dann nicht mehr erreicht werde, da eine Teilzeitbeschäftigung von Frauen aus familiären Gründen wahrgenommen werde. Auch würden betroffene Eltern bereits durch § 8 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB V geschützt, in dem ihnen in der Elternzeit keine Nachteile aus der Erziehung der Kinder und einer nur eingeschränkten Berufstätigkeit erwachsen würden. Nach Ablauf der Elternzeit ende jedoch der Schutz und es müsse dem Gesetzgeber vorbehalten bleiben, weitergehende Regelung zu treffen. Selbst wenn man vorliegend zugunsten der Klägerin unterstelle, dass von Teilzeitarbeit erheblich mehr Frauen als Männer betroffen seien, sei diese Ungleichbehandlung durch objektive Faktoren gerechtfertigt. Dem Gesetzgeber stehe ein Gestaltungsspielraum zu. Er habe eine Erschwerung des Wechsels der Betroffenen von der gesetzlichen in die private Krankenversicherung erreichen wollen und damit zur Stärkung des Solidarprinzips in der gesetzlichen Krankenversicherung beigetragen. In der gesetzlichen Krankenversicherung finde ein umfassender Solidarausgleich zwischen Gesunden und Kranken, Alten und Jungen, Versicherten mit niedrigerem Einkommen und solchen mit höherem Einkommen sowie zwischen Alleinstehenden und Familien mit Kindern statt. Da die zur Finanzierung eines solchen Ausgleichs erforderlichen Mittel ersichtlich nicht allein von den typischerweise Begünstigten des Ausgleichs aufgebracht werden könnten, könne der Gesetzgeber nach der Rechtsprechung des BVerfG den Kreis der Versicherungspflichtigen so abgrenzen, wie dies für die Begründung und den Erhalt einer leistungsfähigen Solidargemeinschaft erforderlich sei (unter Verweis auf BT-Drs. 16/3100, S. 95 m.w.N. zur Rechtsprechung des BVerfG). Diesem Zweck würde widerlaufen, wenn eine Befreiung auch bei einer Teilzeitbeschäftigung von 51 % bis 99 % möglich wäre. Denn dann wäre eine Vielzahl von Teilzeitbeschäftigten von der Vorschrift betroffen und eine Befreiung wäre möglich. Der Erhalt einer leistungsfähigen Solidargemeinschaft wäre dann nicht mehr gewährleistet. Daher habe der Gesetzgeber wie bereits erwähnt nur bei einer ganz gravierenden Einkommensänderung ein Regelungsbedürfnis für einen Befreiungstatbestand gesehen. Die Berufsausübungsfreiheit der Klägerin (Art. 12 Abs. 1 GG) sei ebenfalls nicht verletzt. Der Schutzbereich der Berufsausübungsfreiheit sei durch die Reduzierung der Arbeitszeit auf die Hälfte oder weniger als die Hälfte nicht betroffen. Die Klägerin könne frei entscheiden, ob sie ihre berufliche Tätigkeit reduzieren wolle, um sich in größerem Maße um die Kinderbetreuung zu kümmern, um damit die Voraussetzungen für die Befreiung von der Versicherungspflicht zu erlangen. Doch selbst wenn man einen Eingriff in den Schutzbereich annehme, seien Eingriffe mit der Verfassung vereinbar, wenn sie auf sachgerechten und vernünftigen Erwägungen des Gemeinwohls beruhten und die berufliche Tätigkeit nicht unverhältnismäßig einschränkten (unter Verweis auf BVerfG, Nichtannahmebeschluss vom 09.10.2000 - 1 BvR 1627/95 -, in juris). Ein Eingriff sei vorliegend durch hinreichende Gründe des Gemeinwohls gerechtfertigt. Aus diesem Grund sei deshalb auch eine Aussetzung im Wege der konkreten Normenkontrolle gem. Art. 100 Abs. 1 Satz GG und Vorlage zum BVerfG nicht erforderlich.

Gegen das ihr am 30.08.2024 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 30.09.2024 Berufung beim Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg eingelegt. Sie wiederholt ihr bisheriges Vorbringen und trägt ergänzend vor, bei wortlautgetreuer Anwendung des § 8 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB V würden Mütter durch die Beschneidung des Befreiungsrechts in die Beschäftigung unter 51 % gedrängt, sodass ein Verstoß gegen das Gebot der staatlichen Gleichstellungsförderung folge. Den Verstoß gegen das Rollenverfestigungsverbot und auch die besonderen Bezüge aufgrund der Behinderung der Klägerin aufgrund chronischer Erkrankung habe das SG gar nicht geprüft. Die Ausführungen des SG zur Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers mit Blick auf die Bestimmung des Mitgliederkreises gingen an der Sache vorbei. Denn auch dieser Gestaltungsspielraum könne vom Gesetzgeber nicht willkürlich ausgeübt werden – er sei kein Selbstzweck. Wolle der Gesetzgeber zwischen verschiedenen Mitgliederkreisen differenzieren, so bedürfe es auch hierfür eines sachlichen Grundes. Das Regelungsziel der Förderung einer Aufnahme von Teilzeitbeschäftigten könne jedenfalls im Zeitpunkt des Antrags nicht mehr zur Legitimation der vorliegend gerügten Differenzierung dienen, da der Arbeitsmarkt sich wesentlich verändert habe. Die Ausführungen dazu, dass der Gesetzgeber angeblich nur bei ganz gravierenden Einkommensänderungen einen Regelungsbedarf gesehen habe, seien schlicht nicht nachvollziehbar. Auf die Verdrängung der PKV durch die GKV, auf die das Gericht abstelle, komme es vorliegend nicht an. Sie, so die Klägerin begründend weiter, habe dargelegt, dass die Verdrängung in die GKV für sie zu spezifischen Mehrbelastungen durch die Anwartschaftsversicherung führe. Diese Mehrbelastungen seien auch deshalb plausibel, da sie an einer komplexen chronischen Erkrankung leide und seit vielen Jahren in ein privates Gesundheitsversorgungsnetzwerk eingebunden sei sowie Leistungen erhalte bzw. voraussichtlich benötigen werde, deren Bewilligung sie im Rahmen der GKV-Versorgung auf Basis von §§ 135, 35c, 2 Abs. 1a SBG V absehbar nicht erreichen könne. Auch bleibe unbeachtet, dass es in der PKV flächendeckend bis dato kein Wirtschaftlichkeitsgebot und damit keine Budgetierung ärztlicher Leistungen sowie von Heil- und Hilfsmitteln gebe, in der GKV sehr wohl schon. Das möge für gesunde Versicherte grundrechtlich unbeachtlich erscheinen, für chronisch Erkrankte stelle der Verlust dieses Zugangs zur unbudgetierten Versorgung unbestreitbar einen Rechtsverlust dar und damit einen Eingriff in die Vorsorgefreiheit der Versicherten, hier aufgrund einer sachlich nicht zu rechtfertigenden Differenzierung zwischen verschiedenen Modellen der Ausgestaltung von Care-Arbeit im Verhältnis zu Erwerbstätigkeit. Die Ausführungen des Gerichts zur Verletzung von Art. 3 Abs. 2 GG seien schlicht und ergreifend nicht verständlich. Inwieweit im Anreiz zur geringeren Arbeitsleistung als 51 % ein frauenfördernder Aspekt gesehen werden solle, beantworte das Gericht nicht. Im Übrigen bewirke die Regulierung des § 8 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB V gerade nicht eine Erschwerung des Wechsels von der GKV in die PKV zur Stärkung der Solidargemeinschaft, sondern eine Verhinderung des Verbleibs in der PKV. Das unstreitig erklärte Ziel des Gesetzgebers einer linearen Versicherungsvita werde vorliegend zweckwidrig durchbrochen, worauf das Gericht an keiner Stelle eingehe.

Die Klägerin beantragt – teilweise sinngemäß –,

das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 27.08.2024 und den Bescheid der Beklagten vom 24.10.2022 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 28.12.2022 aufzuheben und die Klägerin mit Wirkung zum 10.10.2022 von der gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherungspflicht zu befreien,

hilfsweise das Verfahren auszusetzen und dem Bundesverfassungsgericht bzgl. der Prüfung der Verfassungswidrigkeit des § 8 Abs. 1 Nr. 3 SGB V vorzulegen.

Die Beklagten beantragen,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verweisen ergänzend auf den nicht überschrittenen Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers bei Einführung einer gesetzlichen Pflichtversicherung.

Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung des Senats ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Prozessakten erster und zweiter Instanz sowie die Verwaltungsakte der Beklagten verwiesen.

Entscheidungsgründe

1. Die nach den §§ 143, 144, 151 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Klägerin, über die der Senat nach dem erklärten Einverständnis der Beteiligten nach §§ 153 Abs. 2, 124 Abs. 2 SGG ohne mündliche Verhandlung entscheidet, ist statthaft und zulässig, aber in der Sache nicht begründet.

Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen, da der Bescheid der Beklagten vom 24.10.2022 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 28.12.2022 rechtmäßig ist und die Klägerin nicht in ihren Rechten verletzt. Die Beklagten haben zu Recht den Antrag der Klägerin auf Befreiung von der Versicherungspflicht nach § 8 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB V abgelehnt. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Befreiung. Insoweit wird zunächst auf die zutreffenden Ausführungen des SG im angefochtenen Urteil verwiesen und von einer weiteren eingehenden Darstellung der Entscheidungsgründe abgesehen (§ 153 Abs. 2 SGG). Das SG hat sich bei seiner Entscheidung auf die für die von der Klägerin begehrte Befreiung von der Versicherungspflicht maßgebliche Vorschrift des § 8 Abs. 1 Nr. 3 SGB V gestützt und hinsichtlich der gerügten Verfassungswidrigkeit der Norm auf die gefestigte Rechtsprechung des BVerfG und auch des BSG Bezug genommen. Der Senat schließt sich den Feststellungen des SG nach eigener Prüfung vollumfänglich an.

2. Ergänzend wird – auch im Hinblick auf das Berufungsvorbringen der Klägerin – Folgendes ausgeführt:

a) Beklagt ist – wovon sowohl die Beteiligten als auch das SG ausgehen – nicht nur die Beklagte zu 1), sondern auch die bei der Beklagten zu 1) gebildete Pflegekasse, die Beklagte zu 2), denn die Klägerin begehrt nicht nur die Befreiung von der Krankenversicherungspflicht, sondern auch von der Pflegeversicherungspflicht. Dem steht nicht entgegen, dass nur die Beklagte zu 1) den Bescheid vom 24.10.2022 erlassen hat. Im Widerspruchsbescheid vom 28.12.2022 hat die Beklagte zu 1) darauf hingewiesen, dass der Bescheid auch im Namen der Beklagten zu 2) erging. Dies genügt. 

b) Der geltend gemachte Anspruch richtet sich nach § 8 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB V. Nach dieser Vorschrift wird auf Antrag von der Versicherungspflicht befreit, wer versicherungspflichtig wird, weil seine Arbeitszeit auf die Hälfte oder weniger als die Hälfte der regelmäßigen Wochenarbeitszeit vergleichbarer Vollbeschäftigter des Betriebes herabgesetzt wird; dies gilt auch für Beschäftigte, die im Anschluss an ihr bisheriges Beschäftigungsverhältnis bei einem anderen Arbeitgeber ein Beschäftigungsverhältnis aufnehmen, das die Voraussetzungen des vorstehenden Halbsatzes erfüllt, sowie für Beschäftigte, die im Anschluss an die Zeiten des Bezugs von Elterngeld oder der Inanspruchnahme von Elternzeit oder einer Freistellung nach § 3 des Pflegezeitgesetzes oder § 2 des Familienpflegezeitgesetzes ein Beschäftigungsverhältnis im Sinne des ersten Teilsatzes aufnehmen, das bei Vollbeschäftigung zur Versicherungsfreiheit nach § 6 Abs. 1 Nr. 1 SGB V führen würde; Voraussetzung ist ferner, dass der Beschäftigte seit mindestens fünf Jahren wegen Überschreitens der Jahresarbeitsentgeltgrenze versicherungsfrei ist; Zeiten des Bezugs von Erziehungsgeld oder Elterngeld oder der Inanspruchnahme von Elternzeit oder einer Freistellung nach § 3 des Pflegezeitgesetzes oder § 2 des Familienpflegezeitgesetzes werden angerechnet. Nach dem Wortlaut dieser Norm liegen bei der Klägerin die Voraussetzungen für die Befreiung von der Versicherungspflicht nicht vor. Die Klägerin hat weder ihre Arbeitszeit auf die Hälfte oder weniger als die Hälfte der regelmäßigen Arbeitszeit vergleichbarer Vollbeschäftigter des Betriebs herabgesetzt noch hat sie nach Inanspruchnahme der Elternzeit ein Beschäftigungsverhältnis im Sinne des ersten Teilsatzes des § 8 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB V aufgenommen. Dies bestreitet die Klägerin nicht.

Eine Erweiterung des Gesetzesinhalts auch auf Beschäftigungsverhältnisse, in denen – wie bei der Klägerin – die Arbeitszeit auf 51 % bis 99 % der regelmäßigen Arbeitszeit vergleichbarer Vollbeschäftigter des Betriebs reduziert wurde, lässt sich auch nicht durch Auslegung oder durch richterliche Rechtsfortbildung, insbesondere mittels eines Analogieschlusses erreichen (vgl. allg. zum Analogieschluss etwa BSG, Urteile vom 17.02.2011 - B 10 EG 17/09 R - und - B 10 EG 20/09 R -, beide in juris). Der Wortlaut des § 8 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB V, in dem es heißt, dass die Arbeitszeit auf die Hälfte oder weniger als die Hälfte der regelmäßigen Arbeitszeit vergleichbarer Vollbeschäftigter herabgesetzt wird, ist insoweit klar und eindeutig und damit auch Grenze jeder Auslegung (zu den Grenzen der Auslegungsfähigkeit vgl. BVerfG, Beschluss vom 11.06.1980 - 1 PBvU 1/79 -; Beschluss vom 09.02.1982 - 1 BvR 799/78 -; Beschluss vom 24.05.1995 - 2 BvF 1/92 -, alle in juris). Für einen Analogieschluss fehlt es an einer erkennbaren Unvollständigkeit des Gesetzes (vgl. hierzu auch LSG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 26.08.2008 - L 4 B 7/08 KR ER -, in juris Rn. 35; SG Leipzig, Urteil vom 17.10.2022 - S 3 KR 413/18 -, in juris Rn. 25).

c) Dieses Ergebnis, wonach eine Befreiung von der Versicherungspflicht nicht in Betracht kommt, wenn die Arbeitszeit nicht auf die Hälfte oder weniger als die Hälfte der regelmäßigen Arbeitszeit vergleichbarer Beschäftigter herabgesetzt wird bzw. nach Inanspruchnahme der Elternzeit ein Beschäftigungsverhältnis in diesem Umfang aufgenommen wurde, ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Wie das SG ist auch der erkennende Senat nicht davon überzeugt, dass die hier einschlägigen Bestimmungen des SGB V gegen das GG verstoßen. Der Senat vermag die insoweit in der Literatur von Beul, in NJW 2023, 2245 ff. geäußerte verfassungsrechtliche Kritik nicht zu teilen.

aa) Die von der Klägerin behauptete Verletzung des allgemeinen Gleichheitssatzes des Art. 3 Abs. 1 GG liegt nicht vor. Art. 3 Abs. 1 GG gebietet, alle Menschen vor dem Gesetz gleich zu behandeln. Art. 3 Abs. 1 GG ist verletzt, wenn eine Gruppe von Normadressaten im Vergleich zu anderen Normadressaten anders behandelt wird, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie eine ungleiche Behandlung rechtfertigen können. Umgekehrt verbietet Art. 3 Abs. 1 GG auch die Gleichbehandlung von wesentlich Ungleichem, insbesondere die Gleichbehandlung einer Gruppe von Normadressaten mit einer anderen, obwohl zwischen beiden Gruppen gewichtige Unterschiede bestehen, die deren Gleichbehandlung verbieten. Dabei verwehrt Art. 3 Abs. 1 GG dem Gesetzgeber nicht jede Differenzierung. Grundsätzlich ist es Sache des Gesetzgebers, diejenigen Sachverhalte auszuwählen, an die er dieselbe Rechtsfolge knüpft, die er also im Rechtssinn als gleich ansehen will. Der Gesetzgeber muss allerdings seine Auswahl sachgerecht treffen. Der Gleichheitssatz ist verletzt, wenn sich ein vernünftiger, aus der Natur der Sache ergebender oder anderweitig einleuchtender Grund für die vom Gesetzgeber vorgenommene Differenzierung oder Gleichbehandlung nicht finden lässt (stRspr.; z.B. BVerfG, Beschluss vom 27.02.2007 - 1 BvL 10/00 -, in juris). Insbesondere im Bereich der gesetzlichen Krankenversicherung kommt dem Gesetzgeber ein weiter Gestaltungsspielraum zu. Er ist befugt, Regelungen zu treffen, die auf finanzielle, medizinische und gesellschaftliche Erwägungen abgestimmt sind. Dieser Spielraum erlaubt es dem Gesetzgeber, sozialpolitische Entscheidungen zu treffen, die nicht zwingend verfassungsrechtlich vorgegeben sind, solange sie sachlich gerechtfertigt sind und keine willkürlichen Ungleichbehandlungen vorliegen. Auch das BVerfG hat bereits entschieden, dass der Gesetzgeber trotz seiner Bindung an Art. 3 Abs. 1 GG weitgehend frei ist, Versicherungspflicht und Versicherungsberechtigung in der gesetzlichen Krankenversicherung festzulegen, soweit er nicht gleichheitswidrig bestimmte Gruppen ausschließt (BVerfG, Beschluss vom 27.05.1964 - 1 BvL 4/59 -, in juris) und das BSG hat im Zusammenhang mit privater und gesetzlicher Krankenversicherung wiederholt ausgeführt, dass es unter Geltung des Sozialstaatsprinzips im Ermessen des Gesetzgebers stehe, sich für verschiedene Leistungssysteme zu entscheiden, in denen sich der Gleichheitssatz unterschiedlich auswirkt (BSG, Urteil vom 06.12.1978 - 9 RV 78/77 -, in juris). Bei der Ordnung von Massenerscheinungen ist der Gesetzgeber zudem berechtigt, generalisierende, typisierende und pauschalierende Regelungen zu verwenden, ohne allein wegen der damit verbundenen Härten gegen den allgemeinen Gleichheitssatz zu verstoßen (BVerfG, Beschluss vom 17.06.2020 - 1 BvR 1134/15 -, in juris, Rn. 12; BSG, Urteil vom 26.09.2019 – B 5 R 6/18 R -, in juris). Es ist Aufgabe des Gesetzgebers, bei Einführung einer gesetzlichen Pflichtversicherung den Mitgliederkreis so abzugrenzen, wie es für eine leistungsfähige Solidargemeinschaft erforderlich ist (BSG, Urteil vom 11.10.2001 - B 12 KR 19/00 R -, in juris zur Rentenversicherung m.w.N.). In diesem Zusammenhang hat das BVerfG stets betont, dass es sich bei der Sicherung der finanziellen Stabilität und damit der Funktionsfähigkeit der gesetzlichen Krankenversicherung um einen überragend wichtigen Gemeinwohlbelang handelt (BVerfG, Beschluss vom 04.02.2004 - 1 BvR 1103/03 -, in juris).

Bezugnehmend hierauf ist Art. 3 Abs. 1 GG hier nicht verletzt. Es liegt zwar eine Ungleichbehandlung der Klägerin insoweit vor, als sie im Unterschied zu Personen, die im Gegensatz zu ihr nach der Elternzeit ihre Arbeitszeit auf die Hälfte oder weniger als die Hälfte der regelmäßigen Wochenarbeitszeit von vergleichbaren Vollbeschäftigen herabgesetzt bzw. eine solche Tätigkeit nicht aufgenommen haben, nicht auf Antrag von der gesetzlichen Krankenversicherung zu befreien ist. Hierfür ergibt sich jedoch ein sachlicher Grund, der in der Förderung der Aufnahme von Teilzeitbeschäftigungen in einem Umfang, der der Hälfte oder weniger als der Hälfte der regelmäßigen Wochenarbeitszeit von vergleichbaren Vollbeschäftigten entspricht, zu sehen ist Der Gesetzgeber bezweckte mit der Befreiungsmöglichkeit eine Förderung der Aufnahme von Teilzeitbeschäftigungen zur Entlastung des Arbeitsmarkts (Begründung zu § 173f RVO: BT-Drs. 10/4741, S. 2, 26). Es wurde befürchtet, dass langjährig Privatversicherte davon abgehalten werden könnten, in eine Teilzeitbeschäftigung zu wechseln, wenn mit der Reduzierung der Arbeitszeit wieder Versicherungspflicht eintritt, weil deshalb die Jahresarbeitsentgeltgrenze nicht mehr überschritten wird. Durch Ausübung ihres Befreiungsrechts können Arbeitnehmer ihren bisherigen Status als versicherungsfreie und privat krankenversicherte Arbeitnehmer beibehalten (Hampel in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB V, 5. Aufl., § 8 SGB V Rn. 73). Auch aus dem Bericht des Ausschusses für Gesundheit (BT-Drs. 17/3696, S. 44), auf den die Neufassung des § 8 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB V im Zuge der Beratungen zum GKV-Finanzierungsgesetz zurückgeht, ergibt sich keine andere gesetzgeberische Zielsetzung. Danach wird mit der Neuregelung künftig auch Personen eine Befreiungsmöglichkeit eingeräumt, die im Anschluss an die Inanspruchnahme von Elternzeit oder Pflegezeit eine Teilzeitbeschäftigung aufnehmen. Diese Erwägungen wurden auch im Rundschreiben des GKV-Spitzenverbands vom 07.12.2010 aufgegriffen (vgl. hierzu auch SG München, Gerichtsbescheid vom 01.02.2021 - S 7 KR 1427/20 -, in juris Rn. 33f; SG Leipzig, Urteil vom 18.02.2009 - S 1 KR 107/07 -, in juris Rn. 19). Dass das Regelungsziel der Norm mittlerweile nicht mehr der Förderung der Aufnahme von Teilzeitbeschäftigungen in dem oben genannten Umfang und damit der Entlastung des Arbeitsmarkts dient, ist nicht ersichtlich. Der Gesetzgeber hätte bei den bis 2015 erfolgten Gesetzesänderungen immer wieder die Gelegenheit gehabt, darauf zu reagieren, wenn er auch Personen von § 8 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB V hätte erfassen wollen, die ihre Arbeitszeit nicht auf die Hälfte oder weniger als die Hälfte reduzieren wollen. Dies hat er nicht gemacht. In welchem Umfang eine Beschäftigung vorliegen muss, um von Teilzeitbeschäftigung zu sprechen, hat er ausweislich der Materialen auch nicht definiert. Die Definition von Teilzeit erfolgt hier explizit durch § 8 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB V, in dem bestimmt ist, dass eine Reduzierung der Arbeitszeit auf die Hälfte oder weniger als die Hälfte der Arbeitszeit zu erfolgen hat. Diese Festsetzung der Grenze bis zu der ein Antrag auf Befreiung gestellt werden kann, ist im Hinblick auf den weiten Gestaltungsspielraum, der dem Gesetzgeber im Bereich der gesetzlichen Krankenversicherung eingeräumt ist, nicht zu beanstanden. Bei Beschäftigungen in einem Umfang von über der Hälfte der regelmäßigen Wochenarbeitszeit von vergleichbaren Vollbeschäftigten ist die Ausgangsvoraussetzung im Hinblick auf die Aufnahme der Teilzeitbeschäftigung auch eine andere. In diesen Fällen ist typisierend anzunehmen, dass eine Beschäftigung in diesem zeitlichen Umfang auch ohne besondere Förderung aufgenommen wird. Sie dient mit dem sich daraus ergebenden Verdienst in der Regel der Sicherung des Lebensunterhalts. Es bedarf insoweit nicht wie bei Teilzeitbeschäftigungen in einem Umfang von der Hälfte und weniger als der Hälfte eines Anreizes, um überhaupt eine Beschäftigung aufzunehmen. Diese Differenzierung hält sich im Rahmen des dem Gesetzgeber zustehenden Gestaltungsspielraums und ist nicht zu beanstanden.

bb) Auch ein Verstoß gegen das von der Klägerin in ihrer Berufungsbegründung hervorgehobene Gleichberechtigungsgebot aus Art. 3 Abs. 2 GG scheidet aus. Art. 3 Abs. 2 GG bietet Schutz auch vor faktischen Benachteiligungen. Die Verfassungsnorm zielt auf die Angleichung der Lebensverhältnisse von Frauen und Männern. Durch die Anfügung von Satz 2 in Art. 3 Abs. 2 GG ist ausdrücklich klargestellt worden, dass sich das Gleichberechtigungsgebot auf die gesellschaftliche Wirklichkeit erstreckt und überkommene Rollenverteilungen überwindet. In diesem Bereich wird die Durchsetzung der Gleichberechtigung auch durch Regelungen gehindert, die zwar geschlechtsneutral formuliert sind, im Ergebnis aber aufgrund natürlicher Unterschiede oder der gesellschaftlichen Bedingungen überwiegend Frauen betreffen. Demnach ist es nicht entscheidend, dass eine Ungleichbehandlung unmittelbar oder ausdrücklich an das Geschlecht anknüpft. Über eine solche unmittelbare Ungleichbehandlung hinaus erlangen für Art. 3 Abs. 2 GG die unterschiedlichen Auswirkungen einer Regelung für Frauen und Männer gleichfalls Bedeutung. Es ergibt sich die Pflicht, einer Verfestigung überkommener Rollenverteilung zwischen Mutter und Vater in der Familie zu begegnen, nach der das Kind einseitig und dauerhaft dem „Zuständigkeitsbereich“ der Mutter zugeordnet würde. Die Rechtfertigung einer ggf. faktischen Benachteiligung von Frauen kommt dann in Betracht, wenn die diskriminierende Regelung auf hinreichenden sachlichen Gründen beruht (BSG, Urteil vom 15.12.2011 - B 10 EG 1/11 R -, in juris Rn. 47; BSG, Urteil vom 28.06.2018 - B 5 R 12/17 R -, in juris Rn. 30ff. m.w.N. auch zur Rspr des BVerfG; Urteil des erkennenden Senats vom 03.02.2021 - L 5 R 2151/20 -, in juris Rn. 32).

Gegen die so beschriebene sich aus Art. 3 Abs. 2 GG ergebende Förderungspflicht verstößt der Gesetzgeber mit der Regelung in § 8 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB V nicht. § 8 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB V und die dort normierte Regelung der Möglichkeit der Befreiung von der Versicherungspflicht begünstigt und fördert vielmehr Teilzeitarbeitsverhältnisse in einem Umfang von der Hälfte und unter der Hälfte der regelmäßigen Wochenarbeitszeit von vergleichbaren Vollbeschäftigten. Eine Benachteiligung liegt nicht vor. Etwas anderes folgt auch nicht daraus, dass Teilzeitarbeitsverhältnisse in einem darüber hinausgehenden Umfang von der Befreiungsmöglichkeit ausgeschlossen sind. Auch insoweit gilt, dass der Gesetzgeber die „Bevorzugung“ von Teilzeitarbeitsverhältnissen in dem in § 8 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB V vorgegebenen Umfang typisierend vornehmen durfte. Zu beachten ist insoweit auch, dass Eltern nach dem Ende der Erziehungszeit, mithin ab dem Alter von drei Jahren des Kindes, auch weiter unterstützt werden. Nach Ablauf der Elternzeit besteht seit 1996 in Deutschland ein Rechtsanspruch auf einen Kindergartenplatz für Kinder ab dem 3. Lebensjahr bis zum Schuleintritt. Dieser Anspruch ist in § 24 Abs. 3 Achtes Buch Sozialgesetzbuch geregelt. Wenn der Gesetzgeber auch unter Berücksichtigung dieses Rechtsanspruchs auf weitergehende Regelungen im Rahmen des § 8 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB V verzichtet, und nur bei Teilzeittätigkeiten in dem genannten Umfang eine Befreiungsmöglichkeit einräumt, ist dies auch unter Berücksichtigung dieses Aspekts nicht zu beanstanden. Es darf insoweit auch nicht außer acht gelassen werden, dass die deutsche Sozialversicherung auf dem Grundsatz der Pflichtversicherung beruht und Versicherungsfreiheit die Ausnahme darstellt, von der nur in eng begrenztem Rahmen nach im Gesetz eindeutig bestimmten Voraussetzungen ausgegangen wird (BVerfG, Beschluss vom 26.06.1961 - 1 BvL 17/60 -, in juris; BSG, Urteil vom 25.05.2011 - B 12 KR 9/09 R -, in juris).

cc) Im Übrigen hat das SG insoweit auch zu Recht darauf hingewiesen, dass eine Benachteiligung auch nicht darin gesehen werden kann, dass ein von dem Betroffenen als vorteilhaft eingeschätzter Krankenversicherungsschutz in der privaten Krankenversicherung, an dem ihm gelegen ist und der ohne Befreiung nur mit Mehrbelastungen durch die Anwartschaftsversicherung aufrechterhalten werden kann, durch den Krankenversicherungsschutz in der gesetzlichen Krankenversicherung ersetzt wird. Die Notwendigkeit einer Anwartschaftsversicherung, um ggf. in Zukunft bei Vorliegen der Voraussetzungen wieder die Möglichkeit zu haben, erneut in die private Krankenversicherung einzutreten, besteht generell und nicht nur deshalb, weil die Klägerin nach ihren Angaben chronisch krank ist. Das Risiko, dass zukünftig eine Erkrankung auftritt, die eine Wiederaufnahme in die private Krankenversicherung ohne Anwartschaftserhaltung erschwert oder gar verunmöglicht, stellt ein allgemeines Lebensrisiko dar. Ein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 3 Satz 3 GG ist deshalb zu verneinen. Etwaige finanzielle Belastungen ändern nichts daran, dass das Befreiungsrecht nur unter den im Gesetz genannten Voraussetzungen gegeben ist (BSG, Urteil vom 27.01.2000 - B 12 KR 16/99 R -, in juris Rn. 2; SG Gießen, Gerichtsbescheid vom 03.05.2017 - S 15 KR 3/17 -, in juris Rn. 31). Letztlich gewährleistet die gesetzliche Krankenpflichtversicherung auch ausreichenden Schutz (BSG, Urteil vom 17.07.1997 - 12 RK 16/96 -, in juris Rn. 19; BSG, Beschluss vom 05.10.2006 - B 12 KR 82/05 B -, in juris Rn. 10). Hieran hat sich bis heute auch unter Berücksichtigung der Tatsache, dass die Leistungen der Krankenversicherung, auf die der Versicherte Anspruch hat, ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich sein müssen und das Maß des Notwendigen nicht überschreiten dürfen (§ 12 Abs. 1 Satz 1 SGB V), nichts geändert.

dd) Auch die Versicherungsbiographie der Klägerin führt hier zu keinem anderen Ergebnis. Der Senat verkennt insoweit nicht, dass die ursprünglich privat versicherte Klägerin nunmehr gesetzlich versichert ist. Dies ist hier trotz der Durchbrechung der linearen Versicherungsvita aber gerechtfertigt. Denn abzustellen ist insoweit nicht auf die Vergangenheit. Maßgeblich ist vielmehr, dass bei Aufnahme der unbefristeten Teilzeittätigkeit der Klägerin am 22.08.2022 eine neue vorausschauende Betrachtung anzustellen ist (stRspr, BSG, Urteil vom 09.02.1993 - 12 RK 26/90 -, in juris). Es ist zu ermitteln, ob in Zukunft die maßgebende Jahresarbeitsentgeltgrenze überschritten wird. Dies ist hier nicht der Fall. Die Klägerin hat einen unbefristeten Teilzeitarbeitsvertrag und wird prognostisch die Jahresarbeitsentgeltgrenzen nicht überschreiten. Die zukünftige Versicherungsvita der Klägerin ist auf der Grundlage des unbefristeten Arbeitsvertrags darauf gerichtet, dass sie künftig dauerhaft gesetzlich versichert sein wird (vgl. hierzu auch SG Leipzig, Urteil vom 17.10.2022 - S 3 KR 413/18 -, in juris Rn. 25).

ee) Ein anderer Schluss lässt sich auch nicht deshalb ziehen, weil in § 8 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 bzw. 2a SGB V keine Einschränkung auf die Reduzierung der Arbeitszeit auf die Hälfte oder weniger vorgenommen wird. Dies ist deshalb gerechtfertigt, weil sich die Befreiungsmöglichkeit insoweit auf die Elternzeit bzw. die Familienpflegezeit beschränkt und damit nur einen befristeten Zeitraum umfasst. Anders verhält es sich bei § 8 Abs. 1 Nr. 3 SGB V, der im Anschluss an die Elternzeit greift. Ab Beendigung der Elternzeit bedarf es – wie ausgeführt – nicht mehr des Schutzes wie während der Elternzeit. Der Schutzzweck der beiden Normen ist nicht identisch.

4. Für die Versicherungspflicht zur sozialen Pflegeversicherung gelten die Ausführungen entsprechend (§ 20 Elftes Buch Sozialgesetzbuch).


5. Nach Art. 100 Abs. 1 Satz 1 GG ist, wenn ein Gericht ein Gesetz, auf dessen Gültigkeit es bei der Entscheidung ankommt, für verfassungswidrig hält, das Verfahren auszusetzen und, wenn es sich um die Verletzung dieses GG handelt, die Entscheidung des BVerfG einzuholen. Da der Senat jedoch, wie eben ausgeführt, § 8 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB V mit der darin erfolgten Beschränkung der Befreiungsmöglichkeit bei Teilzeittätigkeiten in einem Umfang von über der Hälfte der regelmäßigen Arbeitszeit vergleichbarer Vollbeschäftigter des Betriebs nicht als verfassungswidrig erachtet, ist auf den Hilfsantrag der Klägerin das Verfahren nicht auszusetzen und keine Entscheidung des BVerfG einzuholen.

6. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

7. Die Revision wird wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache gemäß § 160 Abs. 2 SGG zugelassen.

 

Rechtskraft
Aus
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