Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Wiesbaden vom 1. März 2024 wird zurückgewiesen.
Die Beteiligten haben einander auch im Berufungsverfahren keine Kosten zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Der Kläger begehrt die Gewährung einer Beschädigtenversorgung nach dem Soldatenversorgungsgesetz (SVG).
Der 1952 geborene Kläger leistete zwischen dem 04.01.1972 und dem 31.03.1973 Wehrdienst bei der Bundeswehr.
Bei dem ersten Nachtmarsch zu Beginn der Grundausbildung klagte der Kläger über Herzklopfen und Luftnot. Im Rahmen der Vorstellung bei der medizinischen Ambulanz des Bundeswehrkrankenhauses Koblenz am 12.01.1972 beklagte er Schwarzwerden vor den Augen, Luftnot, Herzklopfen und Herzstiche bei Belastung. Es wurden „vegetative Dysregulation bei Adipositas und Trainingsmangel“ diagnostiziert, der Kläger erschien dem behandelnden Arzt Dr. J. „belastbar und trainierbar“. Im Anschluss setzte der Kläger seine Ausbildung fort. Nach der Grundausbildung arbeitete er bei der Bundeswehr in seinem Beruf als Kfz-Schlosser. Zwischen Januar 1972 und Juli 1972 erfolgten weitere ambulante Vorstellungen und Krankschreibungen des Klägers wegen Dystonie, Distorsion der linken Hand, Marschblasen beider Fersen, Stauchung des Mittelfußes und Polypen in der Nase; zwischen dem 27.11. und 10.12.1972 erfolgte eine Krankschreibung aufgrund einer Schädelprellung nach einem Autounfall auf dem Weg zur Kaserne. Aufgrund zunehmender Belastungsdyspnoe erfolgte ein stationärer Aufenthalt im Bundeswehrkrankenhaus Koblenz (Abteilung Innere Medizin) vom 11.12.1972 bis zum 23.03.1973. Es wurde eine Myokarditis, vermutlich fokal-toxisch, diagnostiziert. Bei chronischer Tonsillitis wurden am 08.02.1973 die Tonsillen entfernt sowie drei hochkariöse und fraglich devitale Zähne entfernt. Bereits am 03.01.1973 konnte röntgenologisch eine Verkleinerung des Herzens bis zur Normalisierung festgestellt werden, im EKG zeigte sich kein pathologischer Befund. Der Kläger wurde am 23.03.1973 arbeitsunfähig entlassen und beendete zum 31.03.1973 den Dienst bei der Bundeswehr.
Am 28.03.1973 beantragte er eine Beschädigtenversorgung nach dem SVG. Er führte die Myokarditis und die damit verbundenen Beschwerden auf die Belastungen während des Wehrdienstes zurück. Vor der Einberufung sei er gesund gewesen und habe keine Herzprobleme gehabt, diese seien erst bei dem Nachtmarsch mit Gepäck im Rahmen seiner Grundausbildung bei der Bundeswehr aufgetreten.
Ein weiterer stationärer Aufenthalt im Bundeswehrkrankenhaus Koblenz fand in der Zeit vom 15.05. bis zum 28.05.1973 statt. Es wurde die Diagnose „im Winter 1972 abgelaufene, wahrscheinlich fokal-toxische Myokarditis“ gestellt. Unter Belastung zeigten sich geringfügige Repolarisierungsstörungen im Ergometer-EKG, in Ruhe und nach Belastung zeigten sich unauffällige Ergebnisse, sodass von einer völligen Restitution ausgegangen wurde. Der Kläger wurde arbeitsunfähig entlassen. Im August 1973 begann er als Lagerarbeiter zu arbeiten.
Das damals zuständige Versorgungsamt holte einen Befundbericht des Hausarztes Dr. E. vom 22.06.1973 sowie Berichte über die stationären Aufenthalte ein. Sodann holte es ein Gutachten bei dem Facharzt für innere Krankheiten Dr. G. vom 28.01.1974 ein. Dieser führte - nach Untersuchung des Klägers - die Beschwerden Herzrasen, Luftnot, Schwindel, vermehrtes Schwitzen und Schlafstörungen auf die Herzschädigung nach fokal-toxischer Herzmuskelentzündung zurück. Diese seien mit einer MdE von 30 % als Schädigungsfolge anzuerkennen. Insgesamt sei die Herz-Kreislauf-Schädigung des Klägers mit einer MdE von 60 % zu bewerten, die weiteren 30 % seien jedoch auf Nicht-Schädigungsfolgen (Nikotinabusus, Alkoholkonsum und Adipositas) zurückzuführen. Er empfahl eine Nachuntersuchung in einem Jahr. Hierzu holte das Versorgungsamt eine Stellungnahme des Versorgungsarztes Dr. H. vom 03.04.1974 ein, welcher die Anerkennung der Herzmuskelentzündung mit einer MdE von 30 % bis zum 31.01.1974 ohne eine weitere Nachuntersuchung empfahl.
Mit Bescheid vom 03.05.1974 anerkannte das Versorgungsamt die Herzmuskelentzündung als Schädigungsfolge. Es stellte eine MdE mit 30 % zwischen dem 01.04.1973 und dem 31.01.1974 fest und gewährte dem Kläger für diese Zeit Beschädigtenversorgung in Form von Heil- und Behandlungskosten sowie einer Grundrente. Ab dem 01.02.1974 sei keine Rente mehr zu gewähren. Die im Januar 1974 durchgeführte Untersuchung habe ergeben, dass die Herzmuskelentzündung folgenlos abgeklungen sei und die vorliegenden Herzbeschwerden nicht durch die Belastungen des Wehrdienstes zu begründen seien. Eine MdE liege nicht mehr vor.
Den hiergegen eingelegten Widerspruch wies das Versorgungsamt mit Widerspruchsbescheid vom 19.09.1974 zurück. Die Herzmuskelentzündung sei bereits ausgeheilt. Das jetzige Geschehen am Herzen werde bestimmt durch die erhebliche Übergewichtigkeit, den Bluthochdruck und den überreichlichen Alkohol- und Nikotingenuss. Dieser Bescheid wurde bestandskräftig.
Am 12.01.1983 erlitt der Kläger im Rahmen seiner beruflichen Tätigkeit als Busfahrer einen Unfall. Beim Wechseln eines Reserverades stürzte das Rad auf sein rechtes Schienbein und er erlitt ein Hämatom. In der Folgezeit wurden aufgrund sehr langsamer Wundheilung Stauungsödeme und beginnende Krampfaderbildung festgestellt. Die Berufsgenossenschaft stellte mit Bescheid vom 13.12.1983 eine MdE von 20 % bis zum 17.11.1983 fest und gewährte dem Kläger eine BG-Rente. Danach sei keine MdE von mindestens 10 % festzustellen. Als Folgen des Unfalls erkannte die Berufsgenossenschaft die Schwellneigung und Belastungsbeschwerden sowie die herabgesetzte Hautempfindlichkeit in Bereich des rechten Unterschenkels an. Dagegen ging der Kläger mit Widerspruch und Klage vor. Im Klageverfahren (Az.: S 6 VS 56/86) holte das Gericht ein Gutachten bei dem Internisten Dr. K. vom 04.07.1986 ein. Der Sachverständige sollte beantworten, ob die bei dem Kläger vorliegenden Gesundheitsstörungen auf den Arbeitsunfall vom 12.01.1983, die anerkannte Wehrdienstschädigung oder andere Ursachen zurückzuführen seien. Dr. K. diagnostizierte bei dem Kläger posttraumatische Sensibilitätsstörungen und Schwellneigung des rechten Unterschenkels, Adipositas und Hypertriglyzeridämie und teilte mit, dass die posttraumatischen Sensibilitätsstörungen und die Schwellneigungen des rechten Unterschenkels mit hoher Wahrscheinlichkeit unmittelbar auf den Arbeitsunfall vom 12.01.1983 zurückzuführen seien; keine der von dem Sachverständigen festgestellten Erkrankungen sei auf die anerkannte Wehrdienstbeschädigung zurückzuführen. Ein Fortbestehen oder Wiederauftreten einer Herzmuskelentzündung verneinte er ebenso wie eine chronische Herzinsuffizienz.
Unter dem 19.07.1985 stellte der Kläger beim Versorgungsamt einen Antrag auf Überprüfung des Bescheides vom 03.05.1974. Die bestehende Schwellung der Beine mit Schmerzen und Taubheitsgefühl, welche den Kläger in seinem Beruf als Busfahrer hinderten, seien auf die Wehrdienstbeschädigung zurückzuführen. Dies ergäbe sich aus dem eingereichten Befundbericht der berufsgenossenschaftlichen Unfallklinik Frankfurt am Main vom 25.03.1983. Demnach bestünden die Beschwerden aufgrund geschwollener Beine seit der Wehrdienstzeit. Das Versorgungsamt holte eine ärztliche Stellungnahme bei Dr. L. vom 27.11.1985 ein und lehnte mit Bescheid vom 03.01.1986 den Antrag des Klägers ab. In dem Befundbericht der Unfallklinik vom 25.03.1983 werde von einer eventuellen „latenten Herzinsuffizienz bei Zustand nach Endocarditis mit Stauungsödemen beider Unterschenkel“ berichtet; dieser eventuelle Herzschaden stünde nach der ärztlichen Stellungnahme des Dr. L. nicht im ursächlichen Zusammenhang mit der während der Dienstzeit erfolgten Erkrankung im Jahre 1973. Die dagegen gerichtete Klage nahm der Kläger am 30.12.1986 zurück.
Am 13.01.2015 beantragte der Kläger erneut die Überprüfung des Bescheids vom 03.05.1974. Dr. G. sei in seinem Gutachten vom 28.01.1974 von einer nicht völligen Ausheilung der Herzmuskelentzündung ausgegangen. Er habe vielmehr von einem Dauerschaden berichtet, der mit einer MdE von 30 % zu bewerten sei.
Mit Bescheid vom 20.05.2016 lehnte die nunmehr zuständige Beklagte den Antrag mit der Begründung ab, der Bescheid vom 03.05.1974 sei bereits in den Jahren 1984 und 1985 überprüft worden. Die Überprüfung habe ergeben, dass die Herzmuskelentzündung folgenlos abgeklungen sei und ein heute noch bestehender Herzschaden nicht Folge der Wehrdienstbeschädigung, sondern außerdienstlicher Faktoren sei.
Den dagegen eingelegten Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchbescheid vom 23.01.2018 zurück.
Am 12.02.2018 hat der Kläger vor dem Sozialgericht Wiesbaden Klage erhoben. Die bei ihm mittlerweile vorliegende ausgeprägte Herzerkrankung sei auf die im Rahmen des Wehrdienstes erlittene Herzmuskelentzündung zurückzuführen. Dies ergäbe sich aus dem Gutachten von Dr. G. Der Kläger hat Befundberichte des Facharztes für Innere Medizin und Kardiologie Dr. F. vom 07.05.2019 und 19.12.2019 vorgelegt.
Das Sozialgericht hat auf Antrag des Klägers die Sachverständigen R. und PD Dr. M. mit der Begutachtung beauftragt. Das Gutachten vom 15.03.2022 ist von Dr. T. und Prof. Dr. S. unterzeichnet worden. Nach einer Stellungnahme vom 09.08.2023 zum Ablauf der Gutachtenerstellung ist das Gutachten unter dem 08.08.2023 von Prof. Dr. S. und PD Dr. M. unterzeichnet worden. Ferner ist von diesen Sachverständigen eine ergänzende Stellungnahme vom 20.12.2023 eingeholt worden. Im Ergebnis ist festgestellt worden, dass die Kausalität mit der aktuell vorliegenden Herzerkrankung und der damals erfolgten Wehrdiensttätigkeit retrospektiv nicht zu klären sei.
Mit Urteil vom 01.03.2024 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Der Kläger habe keinen Anspruch auf die Rücknahme des zur Überprüfung gestellten Bescheides vom 03.05.1974 in Gestalt des Widerspruchbescheides vom 19.09.1974. Der ursächliche Zusammenhang zwischen den heutigen Herzerkrankungen des Klägers und der Wehrdienstschädigung sei nicht nachgewiesen. Dies folge aus den vorgelegten Befundberichten sowie insbesondere aus dem Gutachten des Sachverständigen Dr. G. vom 28.01.1974 und dem im Verfahren S 6 VS 56/86 eingeholten Gutachten des Sachverständigen Dr. K. vom 04.07.1986. In den über die Jahre eingeholten Gutachten und Befundberichten ließen sich keine eindeutigen Hinweise auf eine dauerhafte Herzerkrankung finden, die mit hinreichender Wahrscheinlichkeit überwiegend auf die während des Wehrdienstes erlittene Schädigung zurückzuführen sei. Aufgrund der bereits vor dem Wehrdienst bestehenden Erkrankungen (Schwindel, Bronchitisneigung, Nikotin- und Alkoholkonsum, Adipositas) und während des Wehrdienstes hinzugetretenen, aber von diesem unabhängigen Erkrankungen (Tonsillitis, Zahnkaries) könne nicht mit der erforderlichen Wahrscheinlichkeit von einem kausalen Zusammenhang zwischen der heutigen Herzerkrankung des Klägers und dem Wehrdienst ausgegangen werden. Dr. G. habe in seinem Gutachten aus 1974 bei dem Kläger eine auf den Wehrdienst zurückzuführende Herzschädigung nach fokal-toxischer Herzmuskelentzündung festgestellt. Der Kläger habe dem Sachverständigen von Beschwerden in Form von Herzrasen und Luftnot bei kleinen Anstrengungen (wie Treppensteigen), manchmal leichtem Schwindel und vermehrtem Schwitzen berichtet. Sonst bestünden keine Herzbeschwerden. Bei den durchgeführten Untersuchungen sei ein etwas nach links verbreitetes Herz festgestellt worden, die Herzaktion sei regelmäßig gewesen bis auf einzelne Extraschläge; das EKG habe sowohl in Ruhe als auch bei Belastung keine krankhaften Veränderungen gezeigt. Der Sachverständige habe weitere Untersuchungsergebnisse aufgeführt, die ihn zu der Annahme geführt hätten, dass sich das Herz-Kreislauf-System des Klägers „an der Grenze zur Unausgeglichenheit befindet“: der Blutdruck habe geschwankt und es habe eine Neigung zur Blutdrucksteigerung sowie ein „leicht verdichtetes“ Gefäßband bestanden, was dem Alter des Klägers nicht entsprochen habe; zudem habe er eine Verfärbung der Lippen beobachtet. Die Analyse der Untersuchungsergebnisse aus Mitte September 1973 bei dem Hausarzt Dr. E. hätten bei fast normalem klinischen Befund eine „weitgehende Abheilung“ gezeigt. Der Sachverständige habe die sich aus seiner Untersuchung ergebenden Ergebnisse einer Verschlechterung des Herz-Kreislauf-Geschehens zugeordnet, die aus seiner Sicht mit großer Wahrscheinlichkeit ihre Ursache in der erheblichen Fettleibigkeit bei erneutem Nikotin- und Alkoholabusus habe. Diese Feststellung habe Dr. G. auf Seite 16 seines Gutachtens wiederholt, in dem er von einem Abklingen „des Krankheitsgeschehens“, jedoch keiner völligen Ausheilung und einer durch den Lebensstil des Klägers aufgetretenen Verschlechterung gesprochen habe, die nicht mehr den Gegebenheiten des Wehrdienstes angelastet werden könne.
Dieser Bewertung sei der Versorgungsarzt des Beklagten, Dr. H., in seiner Stellungnahme vom 03.04.1974 gefolgt, aber nur bis zum 31.01.1974. Dr. H. sei danach aufgrund eines durch den Sachverständigen bestätigten Abklingens der Herzmuskelentzündung und der späteren Verschlimmerung aufgrund nicht wehrdienstlich bedingter Faktoren von keiner MdE mehr ausgegangen. Dies sei für die Kammer nachvollziehbar. Dr. H. sei insoweit auch berechtigt gewesen, von der durch den Sachverständigen Dr. G. vorgeschlagenen Bewertung der Höhe der MdE abzuweichen. Im Ergebnis habe Dr. G. zwar von einer nicht völligen Ausheilung der Herzmuskelentzündung und einer erstmaligen Entwicklung dieser Erkrankung durch die im Wehrdienst erfolgte körperliche Beanspruchung gesprochen; er habe jedoch überzeugend anhand der vorliegenden Untersuchungsergebnisse dargelegt, dass zwischenzeitlich eine Besserung eingetreten sei und eine Verschlimmerung „auf der völligen Uneinsichtigkeit des Herrn S. trotz entsprechender Aufklärung“ in Form von Wiederaufnahme des Nikotin- und Alkoholkonsums eingetreten sei. Diese Verschlimmerung könne aus Sicht der Kammer nicht mehr auf den Wehrdienst zurückgeführt werden.
Dieses Ergebnis werde durch das Gutachten von Dr. K. von 1986 bestätigt. Er halte einen Zusammenhang der Herzerkrankung des Klägers mit dem Wehrdienst für ausgeschlossen und habe das Ergebnis des Versorgungsamtes im Bescheid vom 03.05.1974 auf der Grundlage der Stellungnahme des Dr. H. als „nach mehr als zwölf Jahren absolut korrekt“ bewertet. Bei den durch Dr. K. im 1986 durchgeführten Untersuchungen des Herzens des Klägers hätten sich keine Auffälligkeiten gezeigt. Er habe von regelrechter Ergometrie bei sehr geringer Leistungsbreite des Kreislaufs ohne Hinweise auf eine koronare Herzerkrankung und ohne Rhythmusstörungen gesprochen. Der Kläger habe im Rahmen der Untersuchung bei Dr. K. keine Herzbeschwerden beklagt, im Vergleich zu der Untersuchung durch Dr. G. sei nicht mehr von Herzrasen und Luftnot berichtet worden, sondern von abendlichen Schmerzen und Stauungsgefühl am rechten Bein mit Neigung zum Anschwellen sowie rascher Ermüdung und Schlappheitsgefühl.
Erst in den Befundberichten des Kardiologen Dr. F. aus 2019 würden die Diagnosen „kompensierte Herzinsuffizienz, permanentes Vorhofflimmern und Mitralklappeninsuffizienz“ mit entsprechenden Beschwerden des Klägers in Form von Dyspnoe bei mittleren und starken Anstrengungen gestellt (Befundbericht vom 07.05.2019). Bezüglich der Herzinsuffizienz mit leicht reduzierter linksventrikulärer Funktion könne aus Sicht von Dr. F. nicht ausgeschlossen werden, dass dies auch ein residualer Zustand einer Defektheilung nach früherer Myokarditis sei. In seinem Befundbericht vom 19.12.2019 habe Dr. F. weiter ausgeführt, dass der definitive Nachweis einer Kausalität nach so vielen Jahren kaum noch machbar sei, weil insbesondere für den Nachweis bzw. Ausschluss einer Myokarditis ein Röntgenbild des Thorax keine geeignete Untersuchungsmethode sei. Auf der Grundlage dieser Angaben halte die Kammer die Einholung eines Sachverständigengutachtens von Amts wegen für nicht erforderlich. Das auf Antrag des Klägers eingeholte Gutachten der Sachverständigen R. und Dr. M. habe im Ergebnis diese Ausführungen bestätigt und keine neuen Erkenntnisse gebracht. Auf die Frage, ob das Gutachten aufgrund formeller Mängel überhaupt verwertbar sei, komme es daher nicht mehr an.
Der Kläger hat gegen das Urteil am 18.03.2024 vor dem Hessischen Landessozialgericht Berufung eingelegt. Das Gutachten von Dr. G. sei dem Bescheid vom 19.09.1974 nicht zugrunde gelegt worden. Dem Gutachten von Dr. K. sei keine Katheteruntersuchung vorausgegangen, obwohl nur diese zeige, was mit seinem Herzen los sei. Die Untersuchung an der Uniklinik Frankfurt am Main sei schlecht gewesen.
Die Myokarditis und die damit einhergehenden Beschwerden seien auf die Belastungen im Rahmen des Wehrdienstes zurückzuführen. Dr. G. habe im Gutachten vom 28.01.1974 die Beschwerden Herzrasen, Luftnot, Schwindel, vermehrtes Schwitzen und Schlafstörungen auf die Herzschädigung nach fokal-toxischer Herzmuskelentzündung zurückgeführt und mit einem GdS von 30 bewertet. Ferner sei er von einem Dauerschaden ausgegangen. Auch Dr. H. habe in seiner versorgungsärztlichen Stellungnahme vom 03.04.1974 die Anerkennung der Herzmuskelentzündung mit einem GdS von 30 bis zum 31.01.1974 bewertet, ohne weitere Nachprüfung zu empfehlen. Die anerkannte Herzmuskelentzündung sei nicht folgenlos ausgeheilt. Daher sei ihm auch über den 31.01.1974 hinaus die Beschädigtenrente nach einem GdS von 30 zu gewähren. Angesichts des Gutachtens von Dr. G. sei dem Gutachten von Dr. K. vom 04.07.1986 und dem Gutachten von R. und PD Dr. M. nebst ergänzender Stellungnahme nicht zu folgen. Der Kardiologe Dr. D. habe unter dem 03.10.1991 einen Defekt am Herz - insbesondere die unterschiedliche Größe des linken und des rechten Vorhofs - beschrieben. Dies sei von Dr. K. nicht weiter untersucht worden.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Wiesbaden vom 01.03.2024 sowie den Bescheid der Beklagten vom 20.05.2016 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23.01.2018 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, unter Rücknahme des Bescheides vom 03.01.1986 und Abänderung des Bescheides vom 03.05.1974 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19.09.1974 dem Kläger eine Beschädigtenrente nach einem Grad der Schädigungsfolgen von 30 auch für die Zeit ab dem 01.02.1974 zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die angegriffene Entscheidung für zutreffend.
Die Sach- und Rechtslage ist am 09.01.2025 vor der Berichterstatterin erörtert worden. In diesem Rahmen ist auch zur Absicht des Senats, durch Beschluss zu entscheiden, angehört worden. Der Kläger hat sich hiermit nicht einverstanden erklärt.
Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte sowie die Verwaltungsakte des Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die Entscheidung konnte durch Beschluss ergehen, da das Gericht die Berufung einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Die Beteiligten sind zu dieser Vorgehensweise angehört worden, § 153 Abs. 4 Sozialgerichtsgesetz (SGG). Eine Zustimmung der Beteiligten ist nicht erforderlich (Keller in: Meyer-Ladewig/Keller/Schmidt, SGG, 14. Aufl., § 153 Rn. 14).
Die zulässige Berufung ist unbegründet. Zu Recht hat das Sozialgericht die Klage mit Urteil vom 01.03.2024 abgewiesen. Der Bescheid des Beklagten vom 20.05.2016 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23.01.2018 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Der Bescheid vom 03.05.1974 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19.09.1974 ist nicht abzuändern, der Bescheid vom 03.01.1986 ist nicht zurückzunehmen. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Beschädigtenrente für die Zeit über den 31.01.1974 hinaus.
Von einer Darstellung der Entscheidungsgründe wird gemäß § 153 Abs. 2 SGG abgesehen. Der Vortrag im Berufungsverfahren kann eine andere Entscheidung nicht begründen.
Ergänzend wird lediglich darauf hingewiesen, dass auch Dr. G. in seinem Gutachten ausgeführt hat, dass „der Mitte September 1973 festgestellte, fast normale klinische Befund, der als „weitgehend abgeheilt“ beurteilt wurde, nicht von Bestand geblieben ist. Es sei wieder eine Verschlechterung des Herz-Kreislaufgeschehens eingetreten, die mit großer Wahrscheinlichkeit ihre Ursache in der erheblichen Fettleibigkeit bei erneutem Nikotin- und Alkoholabusus hat.“ Wenngleich Dr. G. die wehrdienstliche Schädigung als Dauerschaden bezeichnet hat, so hat er doch auch klargestellt, dass dieser Anteil der wehrdienstlichen Schädigung gegenüber dem nichtschädigungsbedingten Anteil erneut abzugrenzen sei, weil die Verschlechterung dieser Nicht-Schädigungsfolgen wahrscheinlich sei. Damit hat Dr. G. aber gerade nicht festgestellt, dass eine MdE (bzw. einen GdS) auf Dauer anzunehmen sei, die einen Anspruch auf Beschädigtenrente begründen könnte.
Aufgrund der weiteren medizinischen Befunde und Gutachten ist mit dem Sozialgericht und der Beklagten davon auszugehen, dass der Nachweis der Kausalität zwischen den nach dem 31.01.1974 vorliegenden Herzbeschwerden und der damaligen Wehrdiensttätigkeit des Klägers nicht erbracht ist. Der Senat folgt zudem den Sachverständigen in der Einschätzung, dass die Kausalität retrospektiv nicht zu klären ist. Vor diesem Hintergrund sieht sich der Senat zu einer weiteren Beweiserhebung nicht veranlasst.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.