- Falls ein gegenüber dem Gesetz und der Rechtsprechung exekutiv ungehorsames Jobcenter seine Verpflichtung zur Zahlung einer bezifferten Geldforderung aus einer einstweiligen Anordnung eines Sozialgerichts nicht erfüllt, muss der hiervon betroffene Bürgergeldempfänger zur Zwangsvollstreckung das Amtsgericht anrufen, in dessen Bezirk der Hauptsitz des Jobcenters liegt.
- Im Falle seiner Unzuständigkeit für einen bei ihm eingegangenen Antrag auf Vollstreckung einer einstweiligen Anordnung muss das angerufene Landessozialgericht einen förmlichen Verweisungsbeschluss fassen.
- Einen rechtsförmlichen richterlichen Verweisungsbeschluss im Sinne des § 17a Abs. 1 Satz 3 GVG vermag ein formloses Anschreiben der Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle des Senats eines Landessozialgerichts nicht zu ersetzen.
- Das grundrechtsgleiche Verfahrensrecht der Beteiligten auf eine Entscheidung über die Verweisung des Vollstreckungsantrags durch die gesetzlichen Richter des Landessozialgerichts steht wegen der außerordentlichen Eilbedürftigkeit des vorliegenden Vollstreckungsantrags im vorliegenden Einzelfall von Verfassungs Wegen ausnahmsweise hinter dem Anspruch auf einen effektiven und zeitnahen Rechtsschutz der Vollstreckungsgläubiger aus Art. 19 Abs. 4 GG und Art. 6 Abs.1 EMRK zurück.
- Die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit sind nicht dafür da, sich nur miteinander und gegenseitig zu befassen; sie wurden eingerichtet, um den sie anrufenden Personen einen effektiven und schnellen Rechtsschutz zu gewährleisten.
Tenor: |
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Gründe
I.
Die Antragsteller und Vollstreckungsgläubiger begehren die Zwangsvollstreckung aus einer vom Antragsgegner und Vollstreckungsschuldner nicht ausgeführten Einstweiligen Anordnung des Sozialgerichts Karlsruhe vom 20.06.2025.
Das Sozialgericht Karlsruhe hat durch Beschluss vom 20.06.2025 im Verfahren S 12 AS 1569/25 ER den Antragsgegner mit Beschluss vom 20.06.2025 im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, den Antragstellern Bürgergeld in Höhe von 26.222,- € zu gewähren. Hiergegen hat der Antragsgegner Beschwerde zum Landessozialgericht Baden-Württemberg eingelegt (Az. L 13 AS 2080/25 ER-B), über die noch nicht entschieden worden ist.
Der Antragsteller und Vollstreckungsgläubiger hat am 07.07.2025 einen Antrag auf Vollstreckung aus der einstweiligen Anordnung vom 20.06.2025 abgefasst.
Dieser Antrag ist am 10.07.2025 beim Landessozialgericht Baden-Württemberg unter dessen Aktenzeichen L 13 AS 2080/25 ER-B eingegangen.
Das Landessozialgericht Baden-Württemberg hat am 11.07.2025 seine Zuständigkeit für den Vollstreckungsantrag geprüft, diese verneint und davon abgesehen, sich für unzuständig zu erklären und einen förmlichen Verweisungsbeschluss an das seiner Meinung nach zuständige Gericht zu fassen. Stattdessen hat es den Vollstreckungsantrag am selben Tag durch die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle des 13. Senats an das Sozialgericht Karlsruhe senden lassen mit der Bemerkung: „Sie erhalten zuständigkeitshalber die Schreiben des Antragstellers vom 7. Juli 2025.“
Das Sozialgericht Karlsruhe hat sogleich am 11.07.2025 die Beteiligten zu der von ihm beabsichtigten Verweisung an das für die Zwangsvollstreckung aus der einstweiligen Anordnung sachlich und örtlich zuständige Amtsgericht Baden-Baden angehört. Dem Antragsgegner ist hierzu unter Nutzung des Elektronischen Rechtsverkehrs um 09:56 Uhr Gelegenheit gegeben worden, sich bis 12:00 Uhr zu äußern. Hierbei ist er sehr deutlich auf die kurze Frist und die besondere Eilbedürftigkeit hingewiesen worden. Der Antragsgegner hat sich bis 13:00 Uhr nicht geäußert. Die als natürliche Personen ohne Rechtsbeistand nicht gleichermaßen mittels elektronischen Rechtsverkehr sekundenschnell erreichbaren Antragsteller sind durch das Gericht zur Vermeidung tagelanger Postlaufzeiten (nicht nur postalisch, sondern auch) telefonisch angehört worden und haben sich mit der beabsichtigten Verweisung ausdrücklich einverstanden erklärt.
II.
Der Antrag auf gerichtliche Vollstreckung der Einstweiligen Anordnung des Sozialgerichts Karlsruhe ist gemäß § 98 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) in Verbindung mit § 17a Abs. 2 Gerichtsverfassungsgesetz (GVG) nach Anhörung der Beteiligten von dem hierfür unzuständigen Sozialgericht Karlsruhe an das sachlich und örtlich zuständige Amtsgericht Baden-Baden zu verweisen.
Das Sozialgerichts Karlsruhe ist für den Antrag auf Vollstreckung unzuständig. Die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit entscheiden gemäß § 51 Abs. 1 SGG über öffentlich-rechtliche Streitigkeiten
4a. in Angelegenheiten der Grundsicherung für Arbeitsuchende,
6a. in Angelegenheiten der Sozialhilfe einschließlich der Angelegenheiten nach Teil 2 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch und des Asylbewerberleistungsgesetzes,
Nach § 51 Abs. 2 Satz 1 SGG entscheiden die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit auch über privatrechtliche Streitigkeiten in Angelegenheiten der Zulassung von Trägern und Maßnahmen durch fachkundige Stellen nach dem Fünften Kapitel des Dritten Buches Sozialgesetzbuch und in Angelegenheiten der gesetzlichen Krankenversicherung, auch soweit durch diese Angelegenheiten Dritte betroffen werden.
Unter diese Zuständigkeitsregelungen fällt der Vollstreckungsantrag der im einstweiligen Rechtsschutzverfahren S 12 AS 1569/25 ER am 20.06.2025 vorläufig siegreichen Antragsteller bzw. Vollstreckungsschuldner des Verfahrens nicht.
Für ihr Zwangsvollstreckungsbegehren ist stattdessen das Amtsgericht Baden-Baden sachlich und örtlich zuständig. Falls ein gegenüber dem Gesetz und der Rechtsprechung exekutiv ungehorsames Jobcenter seine Verpflichtung zur Zahlung einer bezifferten Geldforderung aus einer einstweiligen Anordnung eines Sozialgerichts nicht erfüllt, muss der hiervon betroffene Bürgergeldempfänger zur Zwangsvollstreckung das Amtsgericht anrufen, in dessen Bezirk der Hauptsitz des Jobcenters liegt.
Die Vollstreckung von Geldforderungen aus einer einstweiligen Anordnung des Sozialgerichts richtet sich nach § 198 Abs. 1 SGG in Verbindung mit § 882a Zivilprozessordnung (ZPO), wobei es der Einhaltung einer Wartefrist nach § 882a Abs. 5 ZPO nicht bedarf. Zuständiges Vollstreckungsgericht ist nach §§ 198 Abs. 1 SGG in Verbindung mit §§ 764, 828 Abs. 2 ZPO das Amtsgericht, bei dem der Schuldner im Inland seinen allgemeinen Gerichtsstand hat (vgl. LSG Berlin-Brandenburg, Beschl. v. 24.07.2012, Az. L 18 AS 1772/12 B ER).
Die Verweisung des § 198 Abs. 1 SGG auf eine entsprechende Anwendung der Vorschriften des Achten Buches der ZPO steht zwar unter dem Vorbehalt, dass sich aus dem SGG nichts anderes ergibt. Für die Vollstreckung bezifferter Geldforderungen aus einstweiligen Anordnungen bestehen jedoch keine vorrangigen Spezialvorschriften (SG Magdeburg, 17.03.2017, S 11 AS 3642/16 ER).
Eine Vollstreckung nach § 201 SGG kommt nicht in Betracht. Diese Norm sieht vor, dass Verpflichtungsurteile im Sinne des § 131 SGG durch das Gericht des ersten Rechtszuges im Wege der Androhung und Festsetzung von Zwangsgeldern vollstreckt werden. Sie ist auf einstweilige Anordnungen zwar grundsätzlich analog anwendbar, jedoch nur, soweit deren Regelungen einem Urteilsspruch nach § 131 SGG entsprechen. Es kommt zwar auch eine analoge Anwendung auf Leistungsurteile in Gestalt von Grundurteilen nach § 130 S. 1 SGG in Betracht, weil auch diese regelmäßig eine Behörde zu einer nicht vertretbaren Handlung verpflichten (vgl. BSG, Beschl. v. 06.08.1999, Az. B 4 RA 25/98 B). Für Vollstreckungen, die eine bezifferte Geldforderung zum Gegenstand haben, trifft dies jedoch nicht zu, so dass insoweit keine Grundlage für eine (erweiternde) Anwendung des § 201 SGG besteht (vgl. BayLSG, Beschl. v. 11.01.2016, Az. L 16 AS 251/15 B; LSG Sachsen-Anhalt, Beschl. v. 28.06.2012, Az. L 5 AS 179/12 B).
Ebenso wenig ergibt sich eine Zuständigkeit des Sozialgerichts Karlsruhe nach § 86b Abs. 2 S. 4 SGG in Verbindung mit §§ 928, 930 Abs. 1 S. 3 ZPO. Zwar ist nach § 930 Abs. 1 S. 3 ZPO, auf den § 86b Abs. 2 S. 4 SGG im Sinne einer entsprechenden Anwendung verweist, das Arrestgericht als Vollstreckungsgericht für die Forderungspfändung zuständig, wobei das Arrestgericht von § 918 ZPO als das Gericht der Hauptsache – im Sinne des § 943 Abs. 1 ZPO – oder das Amtsgericht des belegenen Gegenstands definiert. Als Gericht der Hauptsache wäre in diesem Sinne das Sozialgericht Karlsruhe anzusehen. Diese Vorschriften sind jedoch auf die Vollstreckung einer Geldforderung aus einer einstweiligen Anordnung, die die Zahlung eines bestimmten Geldbetrages zum Gegenstand hat, nicht anwendbar (SG Magdeburg, 17.03.2017, S 11 AS 3642/16 ER).
Gegen die Zuständigkeit des Arrestgerichts im Sinne der §§ 918, 943 ZPO für die Vollstreckung aus einstweiligen Anordnungen spricht schon, dass § 86b Abs. 2 S. 4 SGG auf diese Normen gerade nicht verweist. Hätte der Gesetzgeber auch die im Arrestrecht speziell ausgestaltete Zuständigkeit des Vollstreckungsgerichts für sozialgerichtliche einstweilige Anordnungen entsprechend zur Anwendung bringen wollen, dann hätte es nahegelegen, in die – enumerativ vorgenommene – Nennung der entsprechend anwendbaren Arrestvorschriften auch die entsprechenden Definitionsnormen miteinzubeziehen (SG Magdeburg, 17.03.2017, S 11 AS 3642/16 ER).
Dass eine Zuständigkeit des Sozialgerichts als Arrestgericht für die Vollstreckung von auf bezifferte Geldleistung gerichteten einstweiligen Anordnungen ausgeschlossen sein muss, ergibt sich aber vor allem aus teleologischen und systematischen Gründen. § 930 Abs. 1 S. 3 ZPO bestimmt die Zuständigkeit des Arrestgerichts als Vollstreckungsgericht nur für die Pfändung von Forderungen, nicht aber für deren Überweisung. Dies entspringt dem Wesen der Arrestvorschriften, die nur eine Sicherung, nicht aber eine endgültige Befriedigung des Gläubigers bewirken sollen. Aufgrund eines Arresttitels, für dessen Vollstreckung der § 930 ZPO vorgesehen ist, wäre ein Überweisungsbeschluss auch unzulässig und nichtig (vgl. BGH, Urt. v. 17.12.1992, Az. IX ZR 226/91 = BGHZ 121, 98).
Eine einstweilige Anordnung, die eine Behörde zu einer bestimmten Geldleistung verpflichtet, entspricht insoweit aber ihrem Wesen nach nicht einem Arresttitel, da aus ihr nicht nur die Forderungsdurchsetzung gesichert, sondern gerade die – wenn auch nur vorläufige – Befriedigung des Gläubigers bewirkt werden soll. Eine Anwendung des § 930 Abs. 1 S. 3 ZPO müsste also entweder erweiternd erfolgen, so dass nicht nur die Pfändung, sondern auch die Vollstreckung dem Arrestgericht als Vollstreckungsgericht zugewiesen wird, oder sie würde zu einer geteilten Zuständigkeit führen, so dass die Vollziehung der einstweiligen Anordnung – jedenfalls wenn der Gläubiger seinen Antrag bei dem Gericht der Hauptsache stellt – nicht einheitlich bewirkt werden könnte (SG Magdeburg, 17.03.2017, S 11 AS 3642/16 ER).
Einer erweiternden Anwendung des § 930 Abs. 1 S. 3 ZPO steht aber bereits entgegen, dass es sich um eine Spezialvorschrift handelt, die selbst für das Arrestverfahren in Abweichung der grundsätzlichen Vollziehungsnorm des § 928 ZPO – auf den § 86b Abs. 2 S. 4 SGG ebenfalls verweist – eine besondere doppelte Zuständigkeit schafft, um eine schnelle Sicherung des Arrestgegenstandes zu bewirken. Auf diese Weise können zur Gewährleistung eines schnellen Sicherungsverfahrens die Gerichte des ersten Rechtszuges oder sogar der Berufungsinstanz (§ 943 Abs. 1 ZPO) mit Vollstreckungsaufgaben betraut sein, die ihnen ansonsten nach dem Normkonzept der ZPO fremd sind. Für eine Ausweitung dieser in speziellen Fällen übertragenen begrenzten Vollstreckungsbefugnis auf den Erlass von Überweisungsbeschlüssen bedürfte es einer klaren Regelung des Gesetzgebers (SG Magdeburg, 17.03.2017, S 11 AS 3642/16 ER).
Eine geteilte Zuständigkeit für die Forderungspfändung einerseits und die Überweisung andererseits ist ebenfalls nicht hinnehmbar. Sie würde der Absicht des Gesetzes widersprechen und zu einer – gerade im Rahmen des einstweiligen Rechtsschutzes – untragbaren Verkomplizierung und damit wohl vielfach Verzögerung des Vollstreckungsverfahrens führen (vgl. zum Ganzen für eine zivilrechtliche einstweilige Leistungsverfügung: RG, Beschl. v. 16.12.1895, IV 215/96 = RGZ 36, 390).
Sachlich zuständig ist das Amtsgericht Baden-Baden als Vollstreckungsgericht nach §§ 198 Abs. 1 SGG in Verbindung mit §§ 764, 828 Abs. 2 ZPO.
Nach § 764 Abs. 1 ZPO sind für Vollstreckungshandlungen die Amtsgerichte als Vollstreckungsgerichte sachlich zuständig. Nach § 764 Abs. 2 ZPO ist örtlich das Amtsgericht zuständig, in dessen Bezirk das Vollstreckungsverfahren stattfinden soll, sofern nicht etwas anders bestimmt ist. Für die Forderungsvollstreckung bestimmt § 828 Abs. 2 ZPO jedoch abweichend das Amtsgericht als zuständiges Vollstreckungsgericht, bei dem der Schuldner im Inland seinen allgemeinen Gerichtsstand hat. Der Antragsgegner hat seinen allgemeinen Gerichtsstand nach § 17 Abs. 1 ZPO in Baden-Baden, weil hier seine zentrale Verwaltung sitzt.
Der Zwangsvollstreckungsantrag der Antragsteller ist als solcher auf eine Vollstreckung in das Forderungsvermögen des Antragsgegners auszulegen, weil bei dem Antragsgegner als Behörde vom stetigen Vorhandensein hinreichender Bankguthaben auszugehen sein dürfte und dies damit den voraussichtlich einfachsten und schnellsten Weg darstellt, über ein gerichtliches Verfahren – für eine Vollstreckung in das Barvermögen des Antragsgegners hätte sie sich an den Gerichtsvollzieher als zuständiges Vollstreckungsorgan wenden müssen – Befriedigung zu erlangen.
Der Verweisung des Antrags auf Vollstreckung an das sachlich und örtlich zuständige Amtsgericht Baden-Baden steht nicht entgegen, dass der Antrag bereits zuvor von einem anderen Gericht an das Sozialgericht Karlsruhe weitergeleitet worden ist. Obschon das Landessozialgericht Baden-Württemberg ausweislich seines Schreibens vom 11.07.2025 bereits die Frage der Zuständigkeit richterlich geprüft und hernach den Antrag an das Sozialgericht Karlsruhe weitergesandt hat, darf das Sozialgericht dieselbe Zuständigkeitsprüfung ein weiteres Mal durchführen und den Antrag auf Zwangsvollstreckung an das richtigerweise zuständige Amtsgericht Baden-Baden verweisen. Zwar bestimmt § 17a Abs. 1 Satz 3 GVG, dass die Verweisung eines Rechtsstreits für das adressierte Gericht hinsichtlich des Rechtswegs bindend ist. Dies gilt nach dem Wortlaut der Norm aber nur, wenn die Verweisung mittels Beschluss erfolgt. Einen förmlichen richterlichen Verweisungsbeschluss hat der 13. Senats des Landessozialgerichts Baden-Württemberg aber nicht gefasst, bevor er seine Geschäftsstelle das Anschreiben vom 11.07.2025 an das Sozialgericht Karlsruhe senden lassen hat, um den Vollstreckungsantrag „zuständigkeitshalber“ abzugeben. Einen rechtsförmlichen richterlichen Verweisungsbeschluss im Sinne des § 17a Abs. 1 Satz 3 GVG vermag ein formloses Anschreiben der Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle des Senats eines Landessozialgerichts nicht zu ersetzen. Deshalb entfaltet das formlose Anschreiben des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 11.07.2025 keine Bindungswirkung hinsichtlich des Rechtswegs.
Obschon das Sozialgericht Karlsruhe durch diesen Verweisungsbeschluss in Bezug auf die ihm nicht originär zustehende Verweisungszuständigkeit in das Recht der Beteiligten auf eine diesbezügliche Entscheidung durch die gesetzlichen Richter des 13. Senats des Landessozialgerichts Baden-Württemberg eingreift, nimmt das Sozialgericht diese Justizgewährleistungsaufgabe unter Hinweis auf den Rechtsgedanken des § 86b Abs. 2 SGG aufgrund einer Folgenabwägung ersatzweise selbst wahr, um den anderweitig nicht rechtzeitig zu gewährleistenden Grundrechtsschutz der Vollstreckungsgläubiger sicherzustellen.
Für diesen Verweisungsbeschluss vom 11.07.2025 wäre ipso jure der 13. Senat des Landessozialgerichts Baden-Württemberg originär zuständig.
Falls das Landessozialgericht von Anfang an unzuständig ist, ist der Rechtsstreit im Falle der sachlichen und örtlichen Unzuständigkeit nach § 98 SGG i.V.m. § 17a Abs. 2 GVG durch das angerufene Landessozialgericht selbst an das zuständige Gericht zu verweisen. Im Fall einer instanziellen Unzuständigkeit gilt dasselbe in entsprechender Anwendung des § 98 SGG i.V.m. § 17a Abs. 2 GVG (Stotz in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGG, 2. Aufl., § 29 SGG (Stand: 22.05.2024), Rn. 93_1). Nicht anders verhält es sich in Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes (LSG Nordrhein-Westfalen v. 17.06.2022 - L 8 R 81/22 ER - juris Rn. 2). Im Falle seiner Unzuständigkeit für einen bei ihm eingegangenen Antrag auf Vollstreckung einer einstweiligen Anordnung muss das angerufene Landessozialgericht einen förmlichen Verweisungsbeschluss fassen.
Nach diesen Beurteilungssätzen hätte in Bezug auf den am 10.07.2025 beim Landessozialgericht Baden-Württemberg eingegangenen Antrags auf Vollstreckung aus der Einstweiligen Anordnung des Sozialgerichts Karlsruhe vom 20.06.2025 das Landesozialgericht Baden-Württemberg zwar anstelle des Sozialgerichts Karlsruhe über eine Verweisung des Vollstreckungsantrags förmlich durch Beschluss entscheiden müssen anstatt den Antrag formlos an das Sozialgericht Karlsruhe weiterzuleiten.
Das grundrechtsgleiche Verfahrensrecht der Beteiligten auf eine Entscheidung über die Verweisung des Vollstreckungsantrags durch die gesetzlichen Richter des Landessozialgerichts steht wegen der außerordentlichen Eilbedürftigkeit des vorliegenden Vollstreckungsantrags im vorliegenden Einzelfall von Verfassungs Wegen ausnahmsweise hinter dem Anspruch auf einen effektiven und zeitnahen Rechtsschutz der Vollstreckungsgläubiger aus Art. 19 Abs. 4 GG und Art. 6 Abs.1 EMRK zurück.
Den nicht rechtsfachkundigen Vollstreckungsgläubigern der einstweiligen Anordnung vom 20.06.2025 ist ein weiteres Zuwarten nicht zuzumuten in Ansehung der ihrerseits betroffenen Grundrechte, der Intensität deren Verletzung sowie der Wahrscheinlichkeit, mit welcher sich diese andauernden Verletzungen verstetigen und nicht rückgängig machen lassen könnten.
Die im Eilverfahren siegreichen Bürgergeldantragsteller können nicht abzuwarten, bis das für die Zwangsvollstreckung ebenfalls unzuständige Sozialgericht Karlsruhe das ihm im Instanzenzug übergeordnete Landessozialgericht davon überzeugt, dass Letzteres die Sache gemäß § 17a Abs. 2 GVG selbst förmlich durch Beschluss auf den ordentlichen Rechtsweg bringen muss. Dieses Bemühen erscheint so vergeblich, dass höchstwahrscheinlich erst noch das Bundessozialgericht gemäß 58 SGG mit der Bestimmung des für den Verweisungsbeschluss zuständigen Gerichts zu befassen wäre. Ein dementsprechend langwieriges Zuwarten wäre im hier vorliegenden Einzelfall wohl erforderlich, weil sich das am 10.07.2025 von den Vollstreckungsgläubigern angerufene Landesobergericht schlechterdings nicht bemüßigt sieht, den ihm obliegenden Verweisungsbeschluss selbst zu fertigen. Der 13. Senat des Landessozialgerichts Baden-Württemberg will sich dieser Aufgabe ausweislich seines Anschreibens vom 11.07.2025 ersichtlich dadurch formlos entledigen, dass es den Vollstreckungsantrag der vor Gericht siegreichen Eilantragteller in der Erwartung rechtsblinden Gehorsams an das hierfür sachlich und örtlich unzuständige, aber dem Landessozialgericht im Instanzenzug nachgeordnete erstinstanzliche Sozialgericht Karlsruhe abwälzt.
Die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit sind nicht dafür da, sich nur miteinander und gegenseitig zu befassen; sie wurden eingerichtet, um den sie anrufenden Personen einen effektiven und schnellen Rechtsschutz zu gewährleisten. Da hier ein nicht nur unsägliches, sondern vor allem viel zu lange dauerndes Gerichts-Ping-Pong der drei Sozialgerichtsbarkeitsinstanzen tunlichst zu vermeiden ist, muss nach alldem der Vollstreckungsantrag vom 10.07.2025 gemäß Art. 1 Abs. 1, 19 Abs. 4, 20 Abs. 3 GG i.v.m. Art. 6 Abs. 1 EMRK unverzüglich an das Amtsgericht Baden-Baden verwiesen werden, obschon hierdurch relativ geringfügig (d. h. nur in Bezug auf die Zuständigkeit für den Verweisungsbeschluss an das an sich zuständige Amtsgericht Baden-Baden) und in verhältnismäßiger Weise in Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG eingegriffen wird.
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