1. Für einen Altersrentner kommt eine medizinische Rehabilitationsmaßnahme als Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben durch den Rentenversicherungsträger nicht mehr in Betracht.
Die Berufung wird zurückgewiesen.
Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Bewilligung einer Leistung zur medizinischen (pulmologischen) Rehabilitation streitig.
Der am ... 1960 geborene Kläger absolvierte vom 8. bis 29. Dezember 2015 eine stationäre pulmologische Rehabilitationsmaßnahme in der Reha-Klinik S. A. Er führte vom 3. bis 24. Juni 2020 eine weitere stationäre Rehabilitationsbehandlung in der Reha-Klinik S. A. durch. In dem Entlassungsbericht vom 24. Juni 2020 wurde ausgeführt, dass der Kläger im Heilverfahren wegen orthopädischer Gesundheitsstörungen (Wirbelsäule, Kniegelenke, Hände) und der Atemwege stationär rehabilitiert worden sei. Der Bericht enthielt die Einschätzung, dass der Kläger als CNC-Dreher nicht mehr einsetzbar sei. Auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt könne er im Umfang von 6 Stunden und mehr täglich körperlich leichte Arbeiten mit zusätzlichen qualitativen Einschränkungen verrichten.
Der Kläger beantragte bei der Beklagten am 1. Juli 2020 eine weitere Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben in Form einer stationären pulmologischen Rehabilitation. Die Beklagte holte einen Befundbericht von dem Facharzt f. Allgemeinmedizin S. vom 17. Juli 2020 ein. Sie lehnte dann mit Bescheid vom 30. Juli 2020 den Antrag ab. Hiergegen erhob der Kläger Widerspruch und machte geltend, eine pulmologische Rehabilitation sei erforderlich. Im Widerspruchsverfahren erstattete der Leiter der Abteilung Pneumologie des Universitätsklinikums H. Dr. E. unter dem 5. Oktober 2020 einen Befundbericht.
Mit Schreiben vom 29. September 2020 teilte die Reha-Klinik S. A. der Beklagten auf deren Anforderung mit, dass der Kläger unter Berücksichtigung der von ihm beim Aufnahmegespräch angegebenen Beschwerden fachübergreifend behandelt worden sei. Er sei pneumologisch mitbetreut worden. Während des Aufenthaltes habe eine stabile Atemsituation bestanden. Unter Berücksichtigung der orthopädischen sowie pneumologischen Erkrankung und des gesamten Rehabilitationsverlaufs sei ein vollschichtiges Leistungsvermögen für den allgemeinen Arbeitsmarkt mit zusätzlichen qualitativen Einschränkungen attestiert worden.
Die Beklagte wies mit Widerspruchsbescheid vom 2. Dezember 2020 den Widerspruch als unbegründet zurück. Ein Anspruch auf eine vorzeitige Leistung zur medizinischen Rehabilitation bestehe nicht. Auch nach den Vorschriften eines anderen Leistungsträgers habe kein Rehabilitationsbedarf des Klägers festgestellt werden können.
Hiergegen hat sich der Kläger mit der am 21. Dezember 2020 beim Sozialgericht Dessau-Roßlau erhobenen Klage gewandt. Statt der orthopädischen Heilbehandlungsmaßnahme hätte ihm die Beklagte eine lungenfachärztliche Rehabilitationsbehandlung bewilligen müssen, die er nunmehr geltend macht.
Die Beklagte ist der Auffassung, dass der Gesundheitszustand nicht derart beeinträchtigt sei, dass eine Leistung zur medizinischen Rehabilitation erforderlich sei. Die Erwerbsfähigkeit sei weder erheblich gefährdet noch gemindert.
Das Sozialgericht hat Befundberichte eingeholt. Der Facharzt f. Allgemeinmedizin S. hat im Juli 2021 mitgeteilt, dass sich sämtliche bekannte Leiden klinisch stabil verhielten. Durch den chronischen Verlauf der pulmologischen Grundkrankheit seien durch rehabilitative Maßnahmen keine Verbesserungen zu erwarten. Dr. E. hat unter dem 13. Juli 2021 einen unveränderten Gesundheitszustand aufgezeigt. Präventive Maßnahmen seien durchgehend erforderlich. Prinzipiell genügten dazu ambulante medizinische Maßnahmen.
Der Kläger bezieht seit 1. Februar 2022 Altersrente für schwerbehinderte Menschen.
Das Sozialgericht hat die Klage mit Gerichtsbescheid vom 7. November 2023 abgewiesen. Die Beklagte habe es zu Recht abgelehnt, dem Kläger eine Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben in Form einer pulmologischen Rehabilitation zu gewähren. Diese sei nicht vor Ablauf von 4 Jahren dringend erforderlich gewesen. Die Erwerbsfähigkeit des Klägers sei nicht erheblich gefährdet bzw. gemindert gewesen. Dies ergebe sich aus dem Rehaentlassungsbericht der vom 3. bis 24. Juni 2020 durchgeführten fachorthopädischen Rehabilitation. Während der Rehabilitation seien ausweislich des Entlassungsberichtes nicht nur die orthopädischen, sondern auch die pulmologischen Erkrankungen behandelt worden. Diese hätten jedoch nach Einschätzung der behandelnden Ärzte lediglich qualitative Einschränkungen nach sich gezogen. Es sei ferner keine erhebliche Verschlimmerung eingetreten. Ob der Kläger gegebenenfalls einen Anspruch auf eine stationäre medizinische Rehabilitation als Leistung nach dem Recht der gesetzlichen Krankenversicherung habe, sei nicht Gegenstand des Verfahrens.
Gegen den ihm am 9. November 2023 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 5. Dezember 2023 Berufung beim Landessozialgericht Sachsen-Anhalt eingelegt. Das Sozialgericht gehe fehlerhaft davon aus, dass die Vierjahresfrist nicht erfüllt sei. Bei der Rehabilitationsmaßnahme vom 3. bis 24. Juni 2020 habe es sich um eine orthopädische Rehabilitation gehandelt. Da die letzte pulmologische Rehabilitation 2015 stattgefunden habe, seien bis zum Jahr 2020 bereits 5 Jahre vergangen. Im Übrigen könne es nicht sein, dass die Verwaltung mit einer ablehnenden Entscheidung die Angelegenheit letztlich so steuere, dass es auf den eigentlichen Sachverhalt nicht mehr ankomme, sondern der Anspruch nach § 12 Abs. 1 Nr. 2 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch - Gesetzliche Rentenversicherung (SGB VI) entfalle.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts vom 7. November 2023 und den Bescheid der Beklagten vom 30. Juli 2020 in Form des Widerspruchsbescheides vom 2. Dezember 2020 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm auf seinen Antrag eine Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben in Form einer stationären pulmologischen Rehabilitation zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält den angefochtenen Gerichtsbescheid und ihren Bescheid für zutreffend. Es habe sich aus medizinischer Sicht keine Notwendigkeit für eine pulmologische Rehabilitation ergeben. Ferner liege gemäß § 12 Abs. 1 Nr. 2 SGB VI ein Ausschlussgrund vor.
Der Kläger hat vom 19. September bis 10. Oktober 2024 eine pulmologische stationäre Rehabilitationsmaßnahme in der Reha-Klinik S. A. durch die Krankenkasse durchgeführt.
Der Kläger hat sich am 23. Januar 2025 und die Beklagte am 24. Januar 2025 mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung durch die Berichterstatterin einverstanden erklärt.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der Verwaltungsakte der Beklagten ergänzend verwiesen. Diese sind Gegenstand der Entscheidungsfindung gewesen.
Entscheidungsgründe:
Die Berichterstatterin konnte mit Einverständnis der Beteiligten nach den §§ 124 Abs. 2, 155 Abs. 3 und 4 Sozialgerichtsgesetz (SGG) anstelle des Senats durch Urteil ohne mündliche Verhandlung entscheiden.
Die Berufung des Klägers ist form- und fristgerecht gemäß § 151 Abs. 1 SGG eingelegt und auch statthaft gemäß § 144 Abs. 1 SGG.
Es kann offenbleiben, ob angesichts des Umstandes, dass er eine stationäre pulmologische Rehabilitationsmaßnahme vom 19. September bis 10. Oktober 2024 durch die Krankenkasse durchführte, die Beschwer des Klägers für das vorliegende Berufungsverfahren weggefallen und die Berufung damit unzulässig geworden ist. Denn die Berufung ist unbegründet.
Gegenstand des Berufungsverfahrens ist der Bescheid der Beklagten vom 30. Juli 2020 in Form des Widerspruchsbescheides vom 2. Dezember 2020, mit dem die Beklagte als erstangegangener Rehabilitationsträger (§ 14 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 1 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch - Rehabilitation und Teilhabe von Menschen mit Behinderungen [SGB IX]) die beantragte Leistung der medizinischen Rehabilitation abgelehnt hat. Dagegen wendet sich der Kläger mit der kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage (§§ 54 Abs. 1 und 4, 56 SGG) und begehrt Leistungen der medizinischen Rehabilitation.
Die Voraussetzungen für die Durchführung einer stationären pulmologischen Rehabilitation durch die Beklagte als Kostenträger liegen nicht vor. Der Kläger erfüllt nicht die persönlichen Voraussetzungen für die Ausführung von Leistungen zur Teilhabe in Form einer Leistung zur medizinischen Rehabilitation. Der Bescheid der Beklagten ist insoweit rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§§ 153 Abs. 1, 54 Abs. 2 Satz 1 SGG).
Nach § 12 Abs. 1 Nr. 2 SGB VI werden Leistungen zur Teilhabe nicht für Versicherte erbracht, die eine Rente wegen Alters von wenigstens 2/3 der Vollrente beziehen oder beantragt haben. Da der Kläger seit 1. Februar 2022 eine Altersrente bezieht, kommt die Bewilligung einer stationären Rehabilitationsmaßnahme durch die Beklagte nicht mehr in Betracht.
Darüber hinaus hat die Beklagte vor dem 1. Februar 2022 zu Recht die Voraussetzungen für eine vorzeitige Rehabilitation (vor Ablauf der Vierjahresfrist) unter Berücksichtigung des Rehabilitationsentlassungsberichts vom 24. Juni 2020 und der Befundberichte der den Kläger behandelnden Ärzte verneint. Zur Begründung wird nach § 153 Abs. 2 SGG auf die zutreffenden Ausführungen des Sozialgerichts im Gerichtsbescheid vom 7. November 2023 verwiesen, denen sich nach eigener Prüfung der Sach- und Rechtslage angeschlossen wird.
Entgegen dem Vorbringen des Klägers fehlen zudem bis zum 1. Februar 2022, dem Beginn der Altersrente, in Anbetracht der medizinischen Ermittlungen Anhaltspunkte für ein verzögerndes Verhalten sowohl der Beklagten als auch des Sozialgerichts.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für eine Zulassung der Revision im Sinne von § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor. Es handelt sich um eine Einzelfallentscheidung auf gesicherter Rechtsgrundlage, ohne dass der Senat von einer Entscheidung der in § 160 Abs. 2 Nr. 2 SGG genannten Gerichte abweicht.