"Eine nur vereinzelt erforderliche fremde Hilfe bei der Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel begründet die Voraussetzungen für das Merkzeichen B nicht; dies widerspricht weder der Verfassung noch der UN-BRK."
I. Die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts München vom 06.06.2024 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Der Kläger hat Missbrauchskosten in Höhe von 1.100,- € an die Staatskasse zu zahlen.
IV. Die Revision wird nicht zugelassen.
T a t b e s t a n d :
Streitig ist die Entziehung des Merkzeichens B.
Der Kläger ist im Jahr 2003 geboren. Er leidet seit 2004 nach diversen Infektionen unter einem Hörverlust, der links Taubheit, rechts einer an Taubheit grenzenden Schwerhörigkeit entspricht. Er ist seit 2012 bzw. 2017 mit Cochlea-Implantaten versorgt.
Im Wege eines gerichtlichen Vergleichs hatte sich der Beklagte bereit erklärt, ab 01.02.2009 einen GdB von 100 festzustellen sowie die Merkzeichen G, B, H, RF und Gl zuzuerkennen. Die Umsetzung des Vergleichs war mit Bescheid vom 04.08.2009 erfolgt. Folgende Gesundheitsstörungen waren zugrunde gelegt worden: Taubheit links, an Taubheit grenzende Schwerhörigkeit rechts, Spracherwerbsstörung (Einzel-GdB von 100).
Im Februar 2019 leitete der Beklagte von Amts wegen eine Nachprüfung ein. Nach Einholung aktueller ärztlicher Unterlagen hörte er den Kläger mit Schreiben vom 08.10.2020 zur Entziehung der Merkzeichen G und B nach § 48 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) an. Mit Vollendung des 16. Lebensjahres - so der Beklagte - sei davon auszugehen, dass eine Orientierungsfähigkeit vorliege, die die Beibehaltung der Merkzeichen G und B trotz fortbestehender Gehörlosigkeit ausschließe.
Mit Änderungsbescheid vom 26.01.2021 stellte der Beklagte ab dem Tag nach der Bekanntgabe des Bescheides einen GdB von 100 sowie die Merkzeichen H, RF und Gl fest. Die gesundheitlichen Voraussetzungen für die Merkzeichen G und B seien - so der Beklagte - nicht mehr erfüllt. Als Gesundheitsstörungen lägen vor: Taubheit links, an Taubheit grenzende Schwerhörigkeit rechts, Spracherwerbsstörung (Einzel-GdB von 100). Die Entziehung der Merkzeichen wurde wie folgt begründet: Die Zuerkennung des Merkzeichens G bei Hörbehinderungen setze voraus, dass Taubheit oder an Taubheit grenzende Schwerhörigkeit entweder im Kindesalter (in der Regel bis zur Vollendung des 16. Lebensjahres) oder im Erwachsenenalter mit erheblicher Störung der Ausgleichsfunktion (z.B. Sehbehinderung, geistige Behinderung) vorliege. Diese Voraussetzungen seien hier nicht nachgewiesen. Aus den beschriebenen Gesundheitsstörungen ergebe sich nicht die medizinische Notwendigkeit einer regelmäßigen Begleitung bei der Benutzung von öffentlichen Verkehrsmitteln.
Hiergegen legte der durch seine Mutter, seine spätere anwaltliche Bevollmächtigte, vertretene Kläger am 22.02.2021 Widerspruch ein. Der Kläger sei mittlerweile beidseits mit Cochlea-Implantaten versorgt. Die Hörschädigung führe zu einem stark verzögerten Aufnahmeverständnis neuer oder wenig gesicherter Sprachinhalte. Die Denkvorgänge bei der Überprüfung der sprachlichen Richtigkeit, die bei Normalhörenden automatisch ablaufen würden, müsse der Kläger bewusst vollziehen und benötige dafür mehr Zeit. Durch den erhöhten Aufwand an Energie und die Diskrimination von Sprache komme es deutlich schneller zu Ermüdungserscheinungen und geringeren Konzentrationsspannen. Schon bei Ausfall nur eines Implantates sei es für den Kläger nahezu unmöglich, Ansagen in öffentlichen Verkehrsmitteln zu verstehen; er höre Durchsagen einfach nicht. Dies gelte umso mehr dann, wenn beide Implantate ausfallen würden, was nicht ausgeschlossen und in der Vergangenheit häufiger vorgekommen sei. Für diese Fälle sei der Kläger auf eine Begleitung, insbesondere bei der Benutzung von öffentlichen Verkehrsmitteln, angewiesen. Es sei daher auch das Merkzeichen B festzustellen.
Mit Widerspruchsbescheid vom 24.06.2021 wurde der Widerspruch zurückgewiesen. Eine wesentliche Änderung sei insoweit eingetreten, als aufgrund der Vollendung des 16. Lebensjahres eine Orientierungsfähigkeit vorliege, die die Beibehaltung der Merkzeichen G und B ausschließe, obwohl die Gehörlosigkeit weiterhin bestehe.
Am 22.07.2021 hat der Kläger Klage zum Sozialgericht (SG) München erhoben. Es werde weiterhin das Merkzeichen B begeht. Der Kläger sei im 3. Lebensjahr nach einer Virusinfektion ertaubt. Er sei beidseitig mit Cochlea-Implantaten versorgt. Trotzdem sei ihm ein uneingeschränktes Hören im Alltag nicht möglich. Es bestehe auch bei funktionierenden Cochlea-Implantaten weiterhin ein stark verzögertes Aufnahmeverständnis neuer oder weniger gesicherter Sprachinhalte. Es sei aber nicht immer eine optimale Funktion der Cochlea-Implantate gegeben. Wenn eines der Implantate ausfalle, könne der Kläger beispielsweise Durchsagen im öffentlichen Nahverkehr nicht mehr verstehen. Zudem hätten sich die Verhältnisse gegenüber 2009 nur insofern wesentlich geändert, als zwischenzeitlich auch das Resthörvermögen verloren gegangen sei; es liege also eine Änderung zulasten des Klägers vor (Klagebegründung vom 12.10.2021).
Am 14.11.2021 hat die HNO-Ärztin S1 im Auftrag des SG ein Gutachten erstellt. Sie hat erläutert, dass der Kläger mit den Cochlea-Implantaten hervorragend höre und verstehe. Die Untersuchungsergebnisse seien vergleichbar mit denen von einem Patienten mit einer knapp geringgradigen Schwerhörigkeit. Eine im Rahmen der Cochlea-Implantation im Jahr 2012 aufgetretene Gleichgewichtsstörung sei weitgehend kompensiert. Auf gezielte Nachfrage habe der Kläger, der aktuell in A-Stadt Politikwissenschaften studiere, angegeben, das Merkzeichen B zwar nicht innerhalb A-Stadts zu benötigen, sich aber außerhalb von A-Stadt, auch auf Reisen, unsicher zu fühlen, da etwas passieren könne und er sich nicht traue, fremde Leute anzusprechen; es könne auch das Cochlea-Implantat kaputtgehen. Die Sachverständige ist zu dem Ergebnis gekommen, dass der Kläger infolge seiner Gehörlosigkeit bei der Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel nicht auf fremde Hilfe angewiesen sei, schon gar nicht regelmäßig.
Zu diesem Gutachten hat die Bevollmächtigte des Klägers mit Schriftsatz vom 10.03.2022 eingewandt, dass bekannt sei, dass der Kläger mit seiner technischen Versorgung relativ gut zurechtkomme. Die im Gutachten gewonnenen Erkenntnisse seien aber nicht auf Situationen im Straßenverkehr, bei Menschenansammlungen oder beispielsweise auf einem Bahnhof übertragbar. Der Kläger benutze im Übrigen auch im Klassenzimmer, also in relativ ruhiger Umgebung, zusätzlich eine externe Hörhilfe. Der Kläger sei in ungewohnter Umgebung mit Menschenansammlungen und/oder bei Einfluss massiver Störgeräusche zu schützen. Ob und wann der Kläger vom Merkzeichen B Gebrauch mache, bleibe ihm überlassen. Es müssten die Situationen abgedeckt werden, die nicht zum geschützten Rahmen zählen würden. Der Entzug von Merkzeichen könne nur dann erfolgen, wenn nachweislich eine wesentliche Änderung eingetreten sei. Vorliegend sei aber eine Verschlechterung der Hörfähigkeit erfolgt. Eine Änderung des festgestellten GdB und der Merkzeichen könne darüber hinaus erst ergehen, wenn der Kläger eine erste Ausbildung abgeschlossen habe, was nicht der Fall sei.
Mit Schriftsatz vom 28.12.2021 hat die Bevollmächtigte des Klägers nach Einholung einer ergänzenden Stellungnahme bei der gerichtlichen Gutachterin darauf hingewiesen, dass das Merkzeichen B nur bedeute, dass der Kläger zur Mitnahme einer Begleitperson berechtigt, jedoch nicht verpflichtet sei. Dies bedeute im Umkehrschluss, dass für schwerbehinderte Menschen mit Merkzeichen B die Mitnahme einer Begleitperson nicht unbedingt zwingend sei. Es sei vom Kläger nie behauptet worden, dass er infolge seiner Behinderung regelmäßig auf fremde Hilfe angewiesen sei. Es sei nur ausgeführt worden, dass es Alltagssituationen gebe, die es ihm möglich machen müssten, die Hilfe einer Begleitperson in Anspruch zu nehmen. Auch sei von der Sachverständigen die UN-Behindertenrechtskonvention (UN-BRK) bei ihrer Beurteilung nicht herangezogen worden. Diese sei seit dem 26.03.2009 geltendes Recht in Deutschland. Die Konvention konkretisiere die universellen Menschenrechte aus der Perspektive der Menschen mit Behinderung vor dem Hintergrund ihrer Lebenslagen und verlange Vorkehrungen, damit Menschen mit Behinderungen gleichberechtigt mit anderen alle Menschenrechte und Grundfreiheiten genießen oder ausüben könnten. Dazu gehöre auch die Erteilung des Merkzeichens B für die Fälle, in denen Personen wie der Kläger es selbst für erforderlich halten würden, sich der Hilfe einer Begleitperson zu bedienen.
Einen Vergleichsvorschlag des Klägers vom 06.02.2024, die Merkzeichen B und G erst nach Auslaufen des aktuellen Schwerbehindertenausweises zum 31.12.2024 nicht mehr zu erteilen, hat die Beklagte mit Schreiben vom 15.02.2024 abgelehnt.
In der mündlichen Verhandlung am 06.06.2024 vor dem SG hat die Bevollmächtigte des Klägers angegeben, dass dieser im öffentlichen Nahverkehr nicht ständig eine Begleitperson benötige, sofern er in ihm bekannten Gebieten unterwegs sei. Es sei aber wichtig, dass eine Begleitperson da sei, wenn er es wolle. Beispielsweise bei einer Untersuchung am Flughafen vor einem Flug habe die Mutter den Kläger nur aufgrund des Merkzeichens B begleiten und unterstützen dürfen. Der Kläger würde nie allein fliegen. Aus der UN-BRK im Hinblick auf die Menschenwürde ergebe sich, dass die als Anlage zu § 2 Versorgungsmedizin-Verordnung erlassenen Versorgungsmedizinischen Grundsätze (VMG) dergestalt ausgelegt werden müssten, dass das Merkzeichen B nicht nur jemand erhalte, der dauernd Hilfe benötige. Es müsse auch einem behinderten Menschen zustehen, wenn er nicht dauernd eine Begleitperson brauche, er müsse selbst entscheiden dürfen, wann er von dem Merkzeichen Gebrauch mache.
Das SG hat die Klage mit Urteil vom 06.06.2024 abgewiesen.
Gegen das ihr am 11.06.2024 zugestellte Urteil hat die Bevollmächtigte des Klägers am 09.07.2024 Berufung zum Bayer. Landessozialgericht (LSG) eingelegt.
Mit Schriftsatz vom 05.09.2024 hat sie die Berufung wie folgt begründet:
Der Beklagte habe sich bei der Aberkennung des Merkzeichens B auf die Aberkennung des Merkzeichens G gestützt. Der Kläger habe aber bereits zum Zeitpunkt des Erlasses des Umsetzungsbescheides vom 04.08.2009 weder an einer Sehbehinderung noch einer geistigen Behinderung gelitten, die das Merkzeichen G begründet hätten. Trotzdem sei ihm das Merkzeichen G zuerkannt worden. Die Aberkennung des Merkzeichens G sei allein aufgrund des fortgeschrittenen Alters des Klägers erfolgt, was einer formelhaften Beurteilung nahekomme. Eine derartige formelhafte Beurteilung müsse einer verfassungsrechtlichen Überprüfung zugeführt werden. Zudem seien die VMG im Lichte der UN-BRK auszulegen. Daraus ergebe sich, dass das Merkzeichen B auch in den Fällen zu erteilen sei, in denen es die Betroffenen selbst für erforderlich hielten, eine Begleitperson in Anspruch zu nehmen.
Dem hat der Beklagte mit Schreiben vom 14.10.2024 entgegengehalten, dass die VMG für die vom Kläger gewünschte Auslegung keinen Raum böten. Zudem ist eine versorgungsärztliche Stellungnahme beigefügt worden, wonach die medizinischen Voraussetzungen für das Merkzeichen B nicht gegeben seien. Es bestehe beim Kläger weder eine stärkere Sehbehinderung noch eine geistige Behinderung, die zusammen mit einer Taubheit bzw. einer an Taubheit grenzenden Hörstörung nach dem 16. Lebensjahr weiterhin das Merkzeichen B zulassen würden.
Mit Schreiben vom 23.10.2024 hat der Vorsitzendes des Senats darauf hingewiesen, dass Anhaltspunkte für eine Verfassungswidrigkeit der Regelungen zum Merkzeichen B in den VMG nicht erkennbar seien. Sollte der Kläger der Ansicht sein, dass die Entziehung des Merkzeichens B einen Verstoß gegen das in Art. 5 Abs. 2 UN-BRK ausgesprochene und unmittelbar geltende Diskriminierungsverbot, das im Wesentlichen dem Regelungsgehalt des Art. 3 Abs. 3 Satz 2 Grundgesetz (GG) entspreche, darstelle, sei dem nicht zu folgen. Mit den vom Verordnungsgeber aufgestellten Anforderungen für die Zuerkennung des Merkzeichens B sei eine auch dem Gleichbehandlungsgrundsatz gerecht werdende Differenzierung bei Menschen mit unterschiedlichen Behinderungen gegeben, wobei der Verordnungsgeber nachvollziehbar und vom Ermessen des Normgebers sicherlich umfasst die Erforderlichkeit einer Begleitung erst dann als rechtlich relevant für das Merkzeichen B bezeichnet habe, wenn die Begleitung regelmäßig erforderlich sei. Auf die einschlägige Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) ist hingewiesen worden. Zudem ist zu einer Entscheidung des Senats durch Beschluss gemäß § 153 Abs. 4 Sozialgerichtsgesetz (SGG) angehört worden.
Mit Schriftsatz vom 12.12.2024 hat die Bevollmächtigte des Klägers erklärt, dass die Berufung aufrechterhalten werde. Dazu hat sie Folgendes vorgetragen:
Es sei zwar richtig, dass nach dem Wortlaut der VMG das Merkzeichen B einem behinderten Menschen nur zustehe, wenn er "regelmäßig" auf fremde Hilfe angewiesen sei. Diese Regelung sei aber verfassungswidrig, was die Bevollmächtigte wie folgt begründet hat: "Nichtsdestotrotz verbleibt es bei der diesseitig geäußerten Rechtsauffassung, dass Teil D 2 der VMG im Lichte des Art. 3 Abs. 3 Satz 2 GG nicht verfassungsgemäß ist. Mit den vom Verordnungsgeber aufgestellten Anforderungen für die Zuerkennung des Merkzeichens B wird gerade keine dem Gleichbehandlungsgrundsatz gerechtwerdende Differenzierung bei Menschen mit unterschiedlichen Behinderungen gegeben. Die VMG kennen nur ‚schwarz oder weiß', sprich: entweder der behinderte Mensch benötigt ständig eine Begleitung oder eben überhaupt nicht. Eine Gruppe von Normadressaten im Vergleich zu einer anderen Gruppe wird hier unterschiedlich behandelt, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die ungleiche Behandlung rechtfertigen könnten" (S. 2 des Schriftsatzes). Zudem hat die Bevollmächtigte den Anspruch auf Zuerkennung des Merkzeichens B darauf gestützt, dass der Kläger über das Merkzeichen H verfüge. Ob ein solcher behinderter Mensch mit dem Merkzeichen H ständig fremde Hilfe in Anspruch nehme oder nur in bestimmten Situationen, sei ihm selbst überlassen. Die VMG seien anders als wortlautgestreng auszulegen.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des SG München vom 06.06.2024 aufzuheben und die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 26.01.2021 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24.06.2021 zu verpflichten, dem Kläger ab dem 27.01.2021 das Merkzeichen B zuzuerkennen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Wegen der weiteren Einzelheiten und des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz sowie auf die von der Beklagten vorgelegten Verwaltungsakten Bezug genommen.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
Die zulässige Berufung ist unbegründet.
Der Senat kann durch Beschluss gemäß § 153 Abs. 4 SGG entscheiden, da er die Berufung einstimmig für unbegründet hält. Die Beteiligten sind dazu mit richterlichem Schreiben vom 23.10.2024 angehört worden. Eine mündliche Verhandlung ist nicht erforderlich, da die relevanten Gesichtspunkte zum einen bereits in der erstinstanzlichen Entscheidung dargelegt und zum anderen auch im Berufungsverfahren umfassend schriftsätzlich diskutiert worden sind. Die Sach- und Rechtslage ist einfach zu beurteilen. Einer mündlichen Verhandlung bedurfte es daher nicht; auch die Bevollmächtigte des Klägers hat den Wunsch nach einer solchen nicht geäußert.
Der Berufungsantrag des Klägers ist, was in gleicher Weise für den erstinstanzlich gestellten Antrag gilt, als reiner Anfechtungsantrag zu verstehen, obwohl er als Anfechtungs- und Verpflichtungsantrag formuliert ist; darauf hat bereits das SG hingewiesen. Der streitgegenständliche Bescheid ist ein solcher, der aufgrund einer (für den Kläger nachteiligen) Änderung der tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse gemäß § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X ergangen ist. Streitgegenständlich aufgrund des Antrags des Klägers ist die Entziehung des Merkzeichens B. Um dem klägerischen Ziel, weiterhin das Merkzeichen B behalten zu können, Rechnung zu tragen, wäre es einzig und allein erforderlich, den streitgegenständlichen Bescheid insoweit aufzuheben, als damit das Merkzeichen B entzogen worden ist. Eines darüber hinaus gehenden Verpflichtungsantrags auf Zuerkennung des Merkzeichens B bedarf es insofern nicht.
Der Bescheid vom 26.01.2021 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24.06.2021 ist weder formell noch materiell zu beanstanden. Insbesondere hat der Beklagte den Kläger vor seinem Erlass gemäß § 24 SGB X angehört. Die wesentliche Änderung im Sinne des § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X liegt darin, dass beim Kläger - anders als noch beim Bescheid vom 04.08.2009 - nicht mehr das Merkzeichen G anerkannt ist; die Entziehung des Merkzeichens G im streitgegenständlichen Bescheid ist vom Kläger nicht angefochten worden und damit bestandskräftig geworden.
Zu dem für eine reine Anfechtungsklage maßgeblichen Zeitpunkt der Entziehungsentscheidung (hier: Widerspruchsbescheid vom 24.06.2021) (vgl. BSG, Urteile vom 10.09.1997, 9 RVs 15/96, und vom 12.10.2018, B 9 SB 1/17 R) lauten die VMG in Teil D - wie im Übrigen genauso zum Zeitpunkt des Erlasses des Bescheides vom 04.08.2009 und auch heute noch - wie folgt:
"2. Berechtigung für eine ständige Begleitung (Merkzeichen B)
a) Für die unentgeltliche Beförderung einer Begleitperson ist nach dem SGB IX die Berechtigung für eine ständige Begleitung zu beurteilen. Auch bei Säuglingen und Kleinkindern ist die gutachtliche Beurteilung der Berechtigung für eine ständige Begleitung erforderlich. Für die Beurteilung sind dieselben Kriterien wie bei Erwachsenen mit gleichen Gesundheitsstörungen maßgebend. Es ist nicht zu prüfen, ob tatsächlich diesbezügliche behinderungsbedingte Nachteile vorliegen oder behinderungsbedingte Mehraufwendungen entstehen.
b) Eine Berechtigung für eine ständige Begleitung ist bei schwerbehinderten Menschen (bei denen die Voraussetzungen für die Merkzeichen "G", "Gl" oder "H" vorliegen) gegeben, die bei der Benutzung von öffentlichen Verkehrsmitteln infolge ihrer Behinderung regelmäßig auf fremde Hilfe angewiesen sind. Dementsprechend ist zu beachten, ob sie bei der Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel regelmäßig auf fremde Hilfe beim Ein- und Aussteigen oder während der Fahrt des Verkehrsmittels angewiesen sind oder ob Hilfen zum Ausgleich von Orientierungsstörungen (z. B. bei Sehbehinderung, geistiger Behinderung) erforderlich sind.
c) Die Berechtigung für eine ständige Begleitung ist anzunehmen bei
Querschnittgelähmten,
Ohnhändern,
Blinden und Sehbehinderten, Hörbehinderten, geistig behinderten Menschen und Anfallskranken, bei denen die Annahme einer erheblichen Beeinträchtigung der Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr gerechtfertigt ist."
Dies zugrunde gelegt gilt Folgendes:
Die für die Erteilung des Merkzeichens B im Bescheid vom 04.08.2009 maßgeblichen Verhältnisse haben sich dahingehend geändert, als nunmehr - mit der bestandskräftig gewordenen Entziehung des Merkzeichens G im Bescheid vom 26.01.2021 - das Merkzeichen G nicht mehr vorliegt, das Grundlage für die Erteilung des Merkzeichens B im Bescheid vom 04.08.2009 gewesen ist (dazu unten Ziff. 1). Auch ansonsten liegen die Voraussetzungen für das Merkzeichen B zum Zeitpunkt der angefochtenen Entscheidung nicht vor (dazu unten Ziff. 2). Die Regelung in Teil D Ziff. 2 VMG zum Merkzeichen B ist auch bei der gebotenen wortgetreuen Auslegung verfassungsgemäß (dazu unten Ziff. 3).
1. Mit der Entziehung des Merkzeichens G ist eine wesentliche Änderung der tatsächlichen Verhältnisse eingetreten. Die Voraussetzungen des Merkzeichens B nach Teil D Ziff. 2.c VMG lagen zum Entziehungszeitpunkt - anders als zum Zeitpunkt des Bescheides vom 04.08.2009 - nicht mehr vor.
Nach Teil D Ziff. 2.c VMG ist bei "Hörbehinderten, ..., bei denen die Annahme einer erheblichen Beeinträchtigung der Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr gerechtfertigt ist", die Berechtigung für eine ständige Begleitung anzunehmen, also das Merkzeichen B zuzuerkennen. Eine solche erhebliche Beeinträchtigung der Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr ist "bei Taubheit oder an Taubheit grenzender Schwerhörigkeit im Kindesalter (in der Regel bis zum 16. Lebensjahr) ... gerechtfertigt" (Teil D Ziff. 1.f VMG) und war Grundlage für die Zuerkennung des Merkzeichens G im Bescheid vom 04.08.2009. Mit dem Bescheid vom 26.01.2021 ist das Merkzeichen G dem Kläger aber entzogen worden, sodass die Voraussetzungen des Merkzeichens B nach Teil D Ziff. 2.c VMG nicht mehr erfüllt sind.
Darauf, ob die Entziehung des Merkzeichens G rechtmäßig war, kommt es nicht an, da diese Entziehung nicht angefochten und damit bestandskräftig geworden ist.
Eine Inzidentprüfung, ob dem Kläger gleichwohl das Merkzeichen G zustehen würde, woran die Formulierung in Teil D Ziff. 2.c VMG ("bei denen die Annahme einer erheblichen Beeinträchtigung der Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr gerechtfertigt ist") denken lassen könnte, weil sie nicht explizit die Feststellung der gesundheitlichen Voraussetzungen des Merkzeichens G, also dessen bescheidsmäßige Feststellung, benennt, verbietet sich nach ständiger Rechtsprechung (vgl. beispielhaft LSG Niedersachsen-Bremen, Urteil vom 14.04.2021, L 13 SB 46/20, sowie nachgehend BSG, Beschluss vom 18.11.2021, B 9 SB B - jeweils mit zahlreichen weiteren Nachweisen).
2. Im Übrigen sind auch die Voraussetzungen des Merkzeichens B nach Teil D Ziff. 2.b VMG zum Entziehungszeitpunkt nicht erfüllt. Es verbleibt daher dabei, dass das Merkzeichen B wegen einer Änderung der tatsächlichen Verhältnisse nach Teil D Ziff. 2.c VMG zu entziehen war.
Voraussetzung nach Teil D Ziff. 2.b VMG ist, dass die behinderten Menschen "bei der Benutzung von öffentlichen Verkehrsmitteln infolge ihrer Behinderung regelmäßig auf fremde Hilfe angewiesen sind." Dies ist beim Kläger unstrittig nicht der Fall. Sowohl die gerichtliche Gutachterin, deren Gutachten der Senat für schlüssig und überzeugend hält, als auch der Kläger selbst gehen davon aus, dass diese Voraussetzungen nicht erfüllt sind. So ist die gerichtliche Sachverständige zu der Einschätzung gekommen, dass der Kläger "nicht bei der Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel auf fremde Hilfe angewiesen und schon gar nicht regelmäßig" (S. 19 des Gutachtens) sei. Auch die Bevollmächtigte des Klägers hat - wie im Übrigen auch der Kläger selbst bei der Begutachtung durch S1 - wiederholt mitgeteilt, dass er, der Kläger, nicht regelmäßig bei der Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel auf fremde Hilfe angewiesen sei. Dieser übereinstimmenden Einschätzung von Sachverständigen und Kläger selbst schließt sich der Senat an.
Allein eine möglicherweise nur vereinzelt erforderliche fremde Hilfe bei der Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel hingegen begründet die Voraussetzungen für das Merkzeichen B nicht. Der Zuerkennung des Merkzeichens B in einem solchen Fall würde der klare Wortlaut in Teil D Ziff. 2.b VMG ("regelmäßig") entgegenstehen.
3. Die Regelung in Teil D Ziff. 2 VMG ist wortgetreu auszulegen; dies widerspricht weder der Verfassung noch der UN-BRK.
Es bestehen keine begründeten Anhaltspunkte, an der Verfassungsmäßigkeit der Regelung in Teil D Ziff. 2 VMG bei wortgetreuer Auslegung zu zweifeln. Die Vorschrift stellt keinen Verstoß gegen das in Art. 3 Abs. 3 Satz 2 GG enthaltene Benachteiligungsverbot dar. Auf die wiederholte höchstrichterliche Rechtsprechung zum Merkzeichen B bei gehörlosen Jugendlichen wird verwiesen (vgl. BSG, Urteile vom 12.11.1996, 9 RVs 5/95, und vom 10.12.2003, B 9 SB 4/02 R, BSG, Beschlüsse vom 27.08.2018, B 9 SB 24/18 B, und vom 18.11.2021, B 9 SB B; zur Verzahnung vom Merkzeichen G und B vgl. auch BSG, Urteil vom 11.11.1987, 9a RVs 6/86).
Das Kriterium "regelmäßig" in Teil D Ziff. 2.b VMG stellt ein im Rahmen des Ermessens des Verordnungsgebers geeignetes Kriterium dafür dar, die Voraussetzungen für das Merkzeichen B und den daraus resultierenden Nachteilsausgleich zu bestimmen. Die vom Kläger gewünschte Auslegung hingegen würde dazu führen, dass Menschen mit Behinderung auch dann eine unentgeltliche Beförderung einer Begleitperson in Anspruch nehmen könnten, wenn dafür objektiv überhaupt kein Bedürfnis besteht. Denn wenn das Merkzeichen B anerkannt ist, kann die unentgeltliche Beförderung der Begleitperson auch dann in Anspruch genommen werden, wenn bei der konkreten Benutzung des öffentlichen Verkehrsmittels für die Begleitung keine Notwendigkeit besteht. Die vom Kläger gewünschte Auslegung, wonach es für das Merkzeichen B ausreichen müsse, dass die behinderten Menschen "es selbst für erforderlich halten, sich der Hilfe einer Begleitperson zu bedienen" (S. 5 des Schriftsatzes vom 05.09.2024) würde somit die Anerkennung des Merkzeichens B in das Belieben der Betroffenen stellen, das Merkzeichen B mangels objektiver Kriterien jeder Nachprüfbarkeit entziehen und zu einer inflationären Vergabe des Merkzeichens B führen, ohne dass ein behinderungsbedingter Nachteilsausgleich objektiv erforderlich wäre. Ein derartiger Zustand wäre verfassungsrechtlich nicht zu begründen.
Lediglich abschließend weist der Senat darauf hin, dass der Senat die Argumentation der Bevollmächtigten des Klägers, eine unterschiedliche Behandlung von behinderten Menschen, die regelmäßig eine Begleitung benötigten, mit solchen Menschen, die nur manchmal/vereinzelt eine Begleitung (subjektiv) für erforderlich hielten, dem verfassungsrechtlich verankerten Gleichbehandlungsgrundsatz konträr widerspricht. Denn welches andere Kriterium als der Umfang der Notwendigkeit einer Begleitung sollte ein geeignetes Differenzierungskriterium darstellen! Letztlich läuft der Wunsch des Klägers auf eine Gleichbehandlung mit gesundheitlich deutlich schlechter gestellten Menschen mit Behinderungen und damit auf eine Gleichbehandlung mit Menschen hinaus, bei denen das Bedürfnis nach dem mit dem Merkzeichen B verbundenen Nachteilsausgleich deutlich höher ist als bei ihm. Sofern die Bevollmächtigte des Klägers dem Verordnungsgeber im Schriftsatz vom 12.12.2024 ein Schwarz-Weiß-Denken unterstellt, unterliegt sie der Fehlannahme, dass jeglicher Bedarf nach Begleitung, und zwar unabhängig von seinem Umfang, eines Nachteilsausgleichs bedürfe. Nach der nicht zu beanstandenden und im Rahmen seines verordnungsgeberischen Ermessens liegenden Entscheidung des Verordnungsgebers hat dieser aber einen Nachteilsausgleich in Form des Merkzeichens B erst bei einem regelmäßig vorliegenden Begleitungsbedarf gesehen, also sehr wohl eine differenzierte Abgrenzung vorgenommen. Im Gegensatz zur Differenzierung des Verordnungsgebers entspricht daher vielmehr die Vorstellung des Klägers, dass jeglichem Begleitungsbedarf, ganz unabhängig von seinem Umfang, mit dem Merkzeichen B Rechnung zu tragen wäre, einem undifferenzierten Schwarz-Weiß-Denken.
Auch die UN-BRK steht einer wortgetreuen Auslegung nicht entgegen. Sie ist zwar als Völkervertragsrecht zur Auslegung des Gesetzesrechts heranzuziehen. "Sie geht aber hinsichtlich des unmittelbar zu berücksichtigenden Diskriminierungsverbots in Art 5 Abs 2 UN-BRK nicht über das in Art 3 Abs 3 Satz 2 GG enthaltene Benachteiligungsverbot hinaus (BSG Urteil vom 6.3.2012 - B 1 KR 10/11 R - BSGE 110, 194 = SozR 4-1100 Art 3 Nr 69, RdNr 15; BSG Beschluss vom 21.12.2017 - B 9 SB 61/17 B - juris RdNr 10)" (BSG, Beschluss vom 18.11.2021, B 9 SB B).
Die Entziehung des Merkzeichens ist daher offensichtlich in Einklang mit geltendem Recht erfolgt
Die Berufung kann daher keinen Erfolg haben.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Der Senat hat dem Kläger gemäß § 192 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG im Wege der Ausübung seines Ermessens Missbrauchskosten in Höhe von 1.100,- € auferlegt.
Nach § 192 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG kann das Gericht im Urteil bzw. Beschluss einem Beteiligten die Kosten auferlegen, die dadurch verursacht werden, dass der Beteiligte den Rechtsstreit fortführt, obwohl ihm vom Gericht die Missbräuchlichkeit der Rechtsverfolgung dargelegt und er auf die Möglichkeit der Kostenauferlegung bei Fortführung des Rechtsstreits hingewiesen worden ist.
Eine missbräuchliche Rechtsverfolgung ist dann anzunehmen, wenn die Weiterführung des Rechtsstreits von jedem Einsichtigen als völlig aussichtslos angesehen werden muss (vgl. auch Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 23.02.2016, 2 BvR 63/16, 2 BvR 60/16) und der Beteiligte entgegen seiner besseren Einsicht von der weiteren Rechtsverfolgung nicht Abstand nimmt (vgl. BSG, Urteil vom 19.06.1961, 3 RK 67/60). Es ist also ein ungewöhnlich hohes Maß an Uneinsichtigkeit (vgl. BSG, Urteil vom 12.03.1981, 11 RA 30/80) zu verlangen, wobei sich ein Beteiligter die Uneinsichtigkeit seines Bevollmächtigten zurechnen lassen muss (vgl. BSG, Urteil vom 20.10.1967, 10 RV 102/67).
Die Darlegung der Missbräuchlichkeit und der Hinweis auf die Möglichkeit der Kostenauferlegung können in einem Gerichtstermin (mündliche Verhandlung oder Erörterungstermin) oder "auch in einer gerichtlichen Verfügung" (Bundestags-Drucksache 16/7761, S. 23) - hier im richterlichen Schreiben vom 23.10.2024 - erfolgen (vgl. z.B. Bayer. LSG, Urteil vom 27.03.2014, L 15 VK 17/13, und Beschluss vom 25.03.2019, L 20 P 35/18).
Die aufgezeigten Voraussetzungen für die Verhängung von Missbrauchskosten sind vorliegend erfüllt.
Die Rechtsprechung zur inmitten stehenden Problematik ist eindeutig. Sämtliche von der Bevollmächtigten des Klägers thematisierten vermeintlichen Problemkreise sind bereits höchstrichterlich entschieden. Der Bevollmächtigten ist bewusst, dass der klare Wortlaut der VMG ihre Argumentation nicht trägt. Dass die VMG nicht im Widerspruch zur UN-BRK oder dem GG stehen, ist vom BSG bereits entschieden. Auf sämtliche Gesichtspunkte und die einschlägige höchstrichterliche Rechtsprechung ist vom Senat im Rahmen des Berufungsverfahrens hingewiesen worden. Wenn die Bevollmächtigte des Klägers gleichwohl die Berufung aufrecht erhält und damit im Ergebnis eine verfassungswidrige Ungleichbehandlung des Klägers begehrt, stellt dies einen eindrucksvollen Beleg für ein rechtsmissbräuchliches Verhalten und eine rechtsmissbräuchliche Inanspruchnahme des Gerichts dar. Der Senat hält es daher für gerechtfertigt, dem Kläger eine angemessene Kostenbeteiligung für die Abfassung des Beschlusses aufzuerlegen.
Die Höhe der zu verhängenden Kosten hat der Senat durch Schätzung des ansonsten vom Steuerzahler zu tragenden Kostenaufwands für die Fortführung des Berufungsverfahrens, hier die Abfassung des Beschlusses, ermittelt. Dabei ist berücksichtigt, dass § 192 SGG eine Schadensersatzregelung darstellt (vgl. Schmidt, in: Meyer-Ladewig/
Keller/ders., SGG, 14. Aufl. 2023, § 192 Rdnrn. 1a, 12 - m.w.N.), die unter den in § 192 SGG genannten Voraussetzungen das Privileg der Kostenfreiheit des sozialgerichtlichen Verfahrens teilweise entfallen lässt. Als verursachter Kostenbetrag gilt dabei mindestens der Betrag nach § 184 Abs. 2 SGG für die jeweilige Instanz, also für das Verfahren vor dem LSG 225,- €; nach oben begrenzt hat der Gesetzgeber die aufzuerlegenden Kosten nicht (vgl. Stotz, in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGG, 2. Aufl., Stand: 13.06.2024, § 192, Rdnr. 70). Im Übrigen können die anfallenden Gerichtskosten gemäß § 202 Satz 1 SGG i.V.m. § 287 Zivilprozessordnung geschätzt werden. Dabei sind neben den bei der Abfassung der Entscheidung entstehenden Kosten sämtlicher Richter und Gerichtsbediensteten auch die allgemeinen Gerichtshaltungskosten zu berücksichtigen (vgl. Schmidt, a.a.O., § 192, Rdnr. 14).
Gemäß § 192 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG können die Kosten auferlegt werden, die durch die Fortführung des Rechtsstreits verursacht sind. Davon umfasst sind die Kosten, die ab dem Zeitpunkt entstanden sind, in dem dem Beteiligten die Missbräuchlichkeit der Rechtsverfolgung dargelegt und er auf die Möglichkeit der Kostenauferlegung bei Fortführung des Rechtsstreits hingewiesen worden ist. Unter Berücksichtigung zum einen der Tatsache, dass bereits im Jahr 1973 die Kosten einer Richterstunde auf etwa 194,- DM geschätzt worden sind (vgl. Franzen, Was kostet eine Richterstunde, NJW 1974, S. 784) bzw. im Jahr 1986 von Kosten von 350,- bis 450,- DM ausgegangen worden ist (vgl. Goedelt, Mutwillen und Mutwillenskosten, SGb 1986, S. 493, 500) und im Jahr 2003 für die Kosten einer erstinstanzlichen Richterstunde 300,- € angenommen worden sind (vgl. SG Frankfurt, Urteil vom 10.12.2003, S 21 RJ 4016/99), und zum anderen der seitdem bis heute stattgefundenen allgemeinen Kostensteigerung liegen im vorliegenden Verfahren Missbrauchskosten in Höhe von 1.100,- € noch deutlich unter dem, was tatsächlich an weiteren Kosten entstanden ist. So sind schon vor mehreren Jahren diverse Landessozialgerichte von Missbrauchskosten in Höhe von 900,- € oder mehr ausgegangen (vgl. z.B. LSG Nordrhein-Westfalen, Urteile vom 07.11.2011, L 3 R 254/11 [1.000,- €], und vom 21.01.2014, L 2 AS 975/13 [1.000,- €]; LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 10.10.2011, L 13 R 2150/10 [1.000,- €]; Bayer. LSG, Beschluss vom 27.05.2020, L 20 KR 22/19 [1.200,- €]; LSG Niedersachsen-Bremen, Urteil vom 23.02.2021, L 10 SB 75/19 [1.700,- €]; vgl. auch Stotz, a.a.O., § 192, Rdnr. 72) und haben dabei teilweise darauf hingewiesen, dass die auferlegten Kosten weit unter den Kosten lägen, die durch die Weiterführung des Rechtsstreits tatsächlich entstanden seien.
Im Rahmen der Ausübung seines Ermessens sieht der Senat mit Blick auf den durch die Entscheidung entstandenen Aufwand keinen Anlass, im Rahmen seines Ermessens niedrigere Kosten als 1.100,- € aufzuerlegen oder gar auf den gesetzlichen Mindestbetrag für die Missbrauchskosten zurückzugreifen. Denn der mit der Abfassung des Beschlusses verbundene Zeitaufwand entspricht deutlich höheren Kosten, als sie verhängt worden sind. Zudem ist auch zu berücksichtigen, dass durch solche Verfahren wie hier, denen offenkundig jegliche Erfolgsaussicht fehlt, und den mit der Abfassung der Entscheidung entstandenen Zeitaufwand Verfahren verzögert werden, in denen die Beteiligten ein berechtigtes Interesse an einer inhaltlichen Entscheidung des Gerichts geltend machen können. Zugunsten des Klägers hat der Senat aber auch berücksichtigt, dass der Kläger als Student derzeit kein Einkommen aus einer Erwerbstätigkeit beziehen dürfte.
Ein Grund für die Zulassung der Revision liegt nicht vor (§ 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG). Alle relevanten Gesichtspunkte sind bereits höchstrichterlich entschieden worden.