1.Versorgungsberechtigte, die im Dezember 2023 eine erhöhte Pflegezulage nach § 35 Abs. 2 BVG erhalten haben, haben ab Inkrafttreten des SGB XIV zum 01.01.2024 keinen Anspruch auf Gewährung der (um 25 % angehobenen) Pflegezulage nach § 35 Abs. 1 BVG (gem. § 144 Abs. 1 Satz 1, Satz 2 Nr. 9, Satz 3 SGB XIV).
2.Der Umstand, dass der Erhalt von Pflegeleistungen nach dem 7. Kapitel des SGB XIV aufgrund der Pflege durch nahe Angehörige für den hochbetagten Leistungsberechtigten mit einem beträchtlichen bürokratischen Aufwand verbunden ist, führt nicht zur Anerkennung eines Härtefalls und/oder zur Weitergewährung pauschaler Pflegeleistungen über den 31.12.2023 hinaus.
I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
T a t b e s t a n d :
Die Beteiligten streiten um die Höhe von Entschädigungsleistungen nach dem Vierzehnten Buch Sozialgesetzbuch (SGB XIV).
Der im Jahre 1937 geborene Kläger erlitt am 28.09.1947 durch eine Sprengkörperexplosion erhebliche Verletzungen, insbesondere eine praktisch vollständige Erblindung beider Augen. Er erhielt deshalb ab dem 01.12.1949 Entschädigungsleistungen nach dem Bundesversorgungsgesetz (BVG) nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit bzw. einem Grad der Schädigungsfolgen (GdS) von 100.
Seit dem 01.01.2017 hat der Kläger Anspruch auf Leistungen der sozialen Pflegeversicherung nach dem Pflegegrad 3. Ab dem 01.12.2023 erhielt der Kläger Versorgungsbezüge in Höhe von insgesamt 3.936,- EUR monatlich, einschließlich einer erhöhten Pflegezulage nach § 35 Abs. 2 BVG (siehe Blatt 3311 ff der Behördenakte des Beklagten).
Mit Bescheid vom 18.12.2023 setzte der Beklagte die Höhe des dem Klägers ab dem 01.01.2024 (Inkrafttreten des SGB XIV) zustehenden Besitzstandsbetrages nach § 144 SGB XIV in Höhe von 2.935,- EUR fest; zu den Einzelheiten siehe Blatt 3318 ff der Behördenakte. Dieser Entscheidung widersprach der Kläger mit Schreiben vom 02.01.2024 und rügte insbesondere, dass der Betrag der erhöhten Pflegezulage nicht in die Berechnung des Besitzstandsbetrages eingeflossen sei. Mit Bescheid vom 28.05.2024 wies der Beklagte den Widerspruch zurück.
Dagegen richtet sich die am 12.06.2024 beim Sozialgericht München eingegangene Klage, zu deren Begründung der Kläger insbesondere vorgebracht hat, der festgestellte Besitzstandsbetrag liege in seinem Falle - trotz der Erhöhung um 25 % - um etwa 1.000 Euro unter dem Betrag der laufenden Versorgungsleistung, die er im Dezember 2023 erhalten habe. Eine solche Schlechterstellung habe der Gesetzgeber nicht beabsichtigt. Diese werde auch nicht durch den Anspruch des Klägers auf Leistungen nach dem 7. Kapitel des SGB XIV ausgeglichen, weil die dortigen gesetzlichen Vorgaben - im Vergleich zu der vorherigen Regelung - unnötig kompliziert und bürokratisch seien. Um weiter angemessene Leistungen zum Ausgleich der Pflege durch die Ehefrau zu erhalten, wäre der hochbetagte Kläger danach gezwungen, mit dieser einen Arbeitsvertrag zu schließen, einschließlich der Beachtung der steuer- und versicherungsrechtlichen Konsequenzen. Dies sei unzumutbar.
Der Kläger stellt den
Antrag aus dem Schriftsatz vom 07.01.2025.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Ergänzend wird auf die Schriftsätze der Beteiligten verwiesen.
Dem Gericht lagen die Behördenakten des Beklagten bei seiner Entscheidung vor.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
Die als kombinierte Anfechtungs- und Verpflichtungsklage gem. § 54 Abs. 1 Satz 1 (Alt. 2, Alt. 3), § 56 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte und auch sonst zulässige Klage ist nicht begründet.
Der Beklagte hat den Besitzstandsbetrag gem. § 142 Abs. 1, § 144 Abs. 1 SGB XIV in Übereinstimmung mit den gesetzlichen Vorgaben korrekt festgesetzt.
Gem. § 142 Abs. 1 Satz 1 SGB XIV erhalten Personen, deren Ansprüche nach dem BVG oder nach einem Gesetz, das das BVG ganz oder teilweise für anwendbar erklärt, in der bis zum 31.12.2023 geltenden Fassung bis zum 31.12.2023 bestandskräftig festgestellt sind, diese Leistungen nach dem BVG oder nach dem Gesetz, das das BVG für anwendbar erklärt, in der am 31.12.2023 geltenden Fassung weiter, soweit das 23. Kapitel des SGB XIV nichts Abweichendes bestimmt.
Anstelle der Leistungen nach dem 23. Kapitel können Berechtigte nach § 142 SGB XIV gem. § 152 Abs. 1 Satz 1 SGB XIV die Erbringung von Leistungen nach den Kapiteln 1 bis 4 und 6 bis 22 des SGB XIV mit Ausnahme der §§ 84 und 86 - also die Erbringung von Leistungen nach dem neuen, ab dem 01.01.2024 geltenden Recht - wählen; nähere Bestimmungen hierzu treffen die §§ 152, 153 SGB XIV.
Gem. § 144 Abs. 1 Satz 1 SGB XIV erhalten Berechtigte nach § 142 Abs. 1 SGB XIV, die im Dezember 2023 Geldleistungen erhalten haben, einen monatlichen Betrag, der sich aus der Summe dieser Geldleistungen ergibt. Geldleistungen im Sinne dieser Vorschrift sind die in § 144 Abs. 1 Satz 2 SGB XIV im einzelnen genannten Leistungen nach dem BVG in der am 31.12.2023 geltenden Fassung, unter anderem gem. § 144 Abs. 1 Satz 2 Nr. 9 SGB XIV die Pflegezulage nach § 35 Abs. 1 BVG. Gem. § 144 Abs. 1 Satz 3 SGB XIV wird der sich aus § 144 Abs. 1 Satz 2 SGB XIV ergebende Betrag um 25 % erhöht.
§ 144 SGB XIV ist eine der in § 142 Abs. 1 Satz 1 SGB XIV angesprochenen Bestimmungen, die "Abweichendes" von dem Grundsatz regeln, dass besitzstandsberechtige Personen auch nach dem 31.12.2023 weiterhin Leistungen nach dem BVG erhalten. Das verzweigte Leistungsspektrum des BVG wird für unbefristete Geldleistungen aufgegeben. Sie werden nach dem Stand von Dezember 2023 addiert und ab Januar 2024 als monatlicher Einheitsbetrag gezahlt (siehe Dau in: LPK-SGB XIV, 2. Aufl. 2024, § 144 SGB XIV, Rn. 3).
Gem. § 146 Abs. 1 SGB XIV erhalten Personen, die Leistungen nach § 35 Abs. 2 und 6 BVG in der am 31.12.2023 geltenden Fassung erhalten haben (oder nach § 142 Abs. 2 SGB XIV erhalten würden), ab dem 01.01.2024 Leistungen nach Kapitel 7 des SGB XIV. Personen, die bis zum 31.12.2023 Leistungen der Pflegezulage nach § 35 Abs. 1 BVG erhalten haben, können gem. § 146 Abs. 2 SGB XIV nach Feststellung des monatlichen Betrags nach § 144 SGB XIV Leistungen im Sinne des § 146 Abs. 1 SGB XIV beantragen. Der monatliche Betrag nach § 144 SGB XIV ist dann um den Betrag zu mindern, der der Pflegezulage nach § 35 Abs. 1 BVG im Dezember 2023 entsprach.
§ 146 enthält eine spezielle Besitzstandsregelung für Pflegeleistungen.
§ 146 Abs. 1 SGB XIV regelt die Wahrung der Besitzstände in der Weise, dass an die Stelle von Leistungen nach § 35 Abs. 2 BVG (Erhöhung der pauschalen Pflegezulage nach § 35 Abs. 1 BVG um darüber hinausgehende Kosten für die fremde Hilfe von Dritten aufgrund eines Arbeitsvertrages) und § 35 Abs. 6 BVG (Kostenübernahme für erforderliche Heimpflege) für die Zeit ab Inkrafttreten des SGB XIV, also ab dem 01.01.2024, die Leistungen nach dem Kapitel 7 des SGB XIV treten. Die Besitzstandswahrung liegt für Personen, die bisher Leistungen nach § 35 Abs. 2 und/oder Abs. 6 BVG erhalten haben, in dem Verzicht auf die erneute Prüfung der Voraussetzungen sowie darin, dass die Leistungen nach dem Kapitel 7 des SGB XIV - nach der Vorstellung des Gesetzgebers - nach ihrem Inhalt und Umfang mindestens auch die Leistungen nach § 35 Abs. 2 und Abs. 6 BVG umfassen (siehe Waßer in: LPK-SGB XIV, 2. Aufl. 2024, § 146 SGB XIV, Rn. 2).
In § 146 Abs. 2 SGB XIV geht es um die Pflegezulage nach § 35 Abs. 1 BVG, die nach § 142 Abs. 1, § 144 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 Nr. 9, Satz 3 SGB XIV zur Besitzstandswahrung gemeinsam mit anderen Geldleistungen nach dem BVG in einer um 25 % erhöhten Gesamtsumme weitergewährt wird, falls nicht nach § 152 Abs. 1 SGB XIV stattdessen die Leistungen nach dem SGB XIV gewählt werden. § 146 Abs. 2 SGB XIV erlaubt es Geschädigten, trotz des Bezugs des erhöhten Gesamtbetrags nach § 144 SGB XIV Leistungen nach dem Kapitel 7 des SGB XIV zu beantragen. In diesem Fall wird allerdings der erhöhte Gesamtbetrag nach § 144 SGB XIV um die Pflegezulage nach § 35 Abs. 1 BVG gemindert (siehe Waßer, a. a. O., § 146 SGB XIV, Rn. 3).
§ 35 Abs. 1 BVG (in der bis zum 31.12.2023 geltenden Fassung) lautete wie folgt: Solange Beschädigte infolge der Schädigung hilflos sind, wird eine Pflegezulage von 376 Euro (Stufe I) monatlich gezahlt. Hilflos im Sinne des Satzes 1 sind Beschädigte, wenn sie für eine Reihe von häufig und regelmäßig wiederkehrenden Verrichtungen zur Sicherung ihrer persönlichen Existenz im Ablauf eines jeden Tages fremder Hilfe dauernd bedürfen. Diese Voraussetzungen sind auch erfüllt, wenn die Hilfe in Form einer Überwachung oder Anleitung zu den in Satz 2 genannten Verrichtungen erforderlich ist oder wenn die Hilfe zwar nicht dauernd geleistet werden muss, jedoch eine ständige Bereitschaft zur Hilfeleistung erforderlich ist. Ist die Gesundheitsstörung so schwer, dass sie dauerndes Krankenlager oder dauernd außergewöhnliche Pflege erfordert, so ist die Pflegezulage je nach Lage des Falles unter Berücksichtigung des Umfangs der notwendigen Pflege auf 642, 916, 1.174, 1.524 oder 1.876 Euro (Stufen II, III, IV, V und VI) zu erhöhen. Für die Ermittlung der Hilflosigkeit und der Stufen der Pflegezulage sind die in der Verordnung zu § 30 Abs. 17 BVG aufgestellten Grundsätze maßgebend. Blinde erhalten mindestens die Pflegezulage nach Stufe III. Hirnbeschädigte mit einem GdS von 100 erhalten eine Pflegezulage mindestens nach Stufe I.
§ 35 Abs. 2 BVG (in der bis zum 31.12.2023 geltenden Fassung) hatte folgenden Wortlaut: Wird fremde Hilfe im Sinne des Absatzes 1 von Dritten aufgrund eines Arbeitsvertrages geleistet und übersteigen die dafür aufzuwendenden angemessenen Kosten den Betrag der pauschalen Pflegezulage nach Absatz 1, wird die Pflegezulage um den übersteigenden Betrag erhöht. Leben Beschädigte mit ihren Ehegatten, Lebenspartnern oder einem Elternteil in häuslicher Gemeinschaft, ist die Pflegezulage so zu erhöhen, dass sie nur ein Viertel der von ihnen aufzuwendenden angemessenen Kosten aus der pauschalen Pflegezulage zu zahlen haben und ihnen mindestens die Hälfte der pauschalen Pflegezulage verbleibt. In Ausnahmefällen kann der verbleibende Anteil bis zum vollen Betrag der pauschalen Pflegezulage erhöht werden, wenn Ehegatten, Lebenspartner oder ein Elternteil von Pflegezulageempfängern mindestens der Stufe V neben den Dritten in außergewöhnlichem Umfang zusätzliche Hilfe leisten. Entstehen vorübergehend Kosten für fremde Hilfe, insbesondere infolge Krankheit der Pflegeperson, ist die Pflegezulage für jeweils höchstens sechs Wochen über Satz 2 hinaus so zu erhöhen, dass den Beschädigten die pauschale Pflegezulage in derselben Höhe wie vor der vorübergehenden Entstehung der Kosten verbleibt. Die Sätze 2 und 3 gelten nicht, wenn der Ehegatte, Lebenspartner oder Elternteil nicht nur vorübergehend keine Pflegeleistungen erbringt; § 40 a Abs. 3 Satz 3 BVG gilt.
Nach diesen Grundsätzen hat der Beklagte bei der Festsetzung des Besitzstandsbetrages gem. § 142 Abs. 1, § 144 Abs. 1 SGB XIV zu Recht nicht einen Betrag in Höhe der (um 25 % erhöhten) Pflegezulage der Stufe III gem. § 35 Abs. 1 Satz 4 BVG (in der bis zum 31.12.2023 geltenden Fassung) berücksichtigt.
Der Kläger hat im Dezember 2023 Leistungen nach § 35 Abs. 2 BVG erhalten. Es gilt daher nach dem Wortlaut und der Systematik des Gesetzes nicht § 144 Abs. 1 Satz 2 Nr. 9 SGB XIV, sondern die Spezialvorschrift des § 146 Abs. 1 SGB XIV.
Es muss an dieser Stelle nicht entschieden werden, ob es sich bei den Leistungen nach § 35 Abs. 1 BVG und nach § 35 Abs. 2 BVG in der am 31.12.2023 geltenden Fassung nach der Gesetzesdogmatik um unterschiedliche Leistungen handelt, wie der Beklagte meint, oder ob die Leistung nach § 35 Abs. 1 BVG entsprechend der Ansicht des Klägers in der Leistung nach § 35 Abs. 2 BVG enthalten war. Für letzteres spricht, dass der Betrag der Pflegezulage nach § 35 Abs. 1 BVG in den Bescheiden des Beklagten getrennt ausgewiesen war.
Der Gesetzgeber des SGB XIV jedenfalls unterscheidet zwischen Personen, die Leistungen der Pflegezulage nach § 35 Abs. 1 BVG erhalten haben (vgl. § 146 Abs. 2 SGB XIV) und Personen, die Leistungen nach § 35 Abs. 2 (und 6) BVG (in der am 31.12.2023 geltenden Fassung) erhalten haben (vgl. § 146 Abs. 1 BVG) und knüpft daran jeweils unterschiedliche Rechtsfolgen. Wollte man mit dem Kläger annehmen, dass auch bei Personen, die im Dezember 2023 eine erhöhte Pflegezulage nach § 35 Abs. 2 BVG erhalten haben, nach § 144 Abs. 1 Satz 2 (Nr. 9) SGB XIV (zumindest) der Betrag der Pflegezulage gem. § 35 Abs. 1 BVG einzustellen sei, müssten die Vorschriften des 7. Kapitels des SGB XIV (§§ 74 ff SGB XIV) eine § 146 Abs. 2 Satz 2 SGB XIV vergleichbare Anrechnungsvorschrift enthalten, um Doppelleistungen zu vermeiden, was nicht der Fall ist. Hätte der Gesetzgeber dies beabsichtigt, wäre im Übrigen davon auszugehen, dass er bereits in § 144 SGB XIV ausdrücklich eine entsprechende klare und unmissverständliche Regelung getroffen hätte.
Stattdessen ergibt sich aus § 146 Abs. 1 SGB XIV doch sehr eindeutig, dass Personen, die im Dezember 2023 eine erhöhte Pflegezulage erhalten haben, ab dem 01.01.2024 stattdessen ausschließlich die Leistungen nach dem 7. Kapitel des SGB XIV erhalten sollen. Damit ist keine Schlechterstellung der Betroffenen beabsichtigt, vielmehr geht der Gesetzgeber davon aus, dass auf diese Weise deren pflegebedingte Aufwendungen in vollem Umfang abgedeckt sind. Denn die Leistungen nach §§ 74 ff SGB XIV sind, anders als die Leistungen der sozialen Pflegeversicherung, nicht "gedeckelt"; vielmehr werden nach der Konzeption des Gesetzes durch die Ansprüche nach §§ 75, 76 SGB XIV im Falle der Pflegebedürftigkeit die Leistungen der Pflegeversicherung insgesamt umfassend so ergänzt, dass grundsätzlich der gesamte schädigungsbedingte Pflegebedarf ausgeglichen wird (siehe Waßer, a. a. O., § 75 SGB XIV, Rn. 6).
Nur für die Fälle, in denen Leistungsberechtigte im Dezember 2023 ausschließlich Leistungen nach § 35 Abs. 1 BVG erhalten haben, sieht § 144 Abs. 1 Satz 2 Nr. 9 SGB XIV die Weitergewährung der (um 25 % erhöhten) Pauschale vor. Diese Leistungsberechtigten können sich im Übrigen gem. § 144 Abs. 2 Satz 1 SGB XIV stattdessen für die Gewährung von Leistungen nach dem 7. Kapitel des SGB XIV entscheiden, müssen sich dann aber gem. § 144 Abs. 2 Satz 2 SGB XIV den Betrag der Pflegezulage anrechnen lassen. Umgekehrt sieht das Gesetz ein solches Wahlrecht für die Bezieher der erhöhten Pflegezulage gem. § 35 Abs. 2 BVG nicht vor, weil es davon ausgeht, dass durch die Gewährung von Leistungen nach dem 7. Kapitel der Pflegebedarf in vollem Umfang abgedeckt ist und somit keinen Bedarf für eine solche Regelung sieht.
Dem Kläger ist einzuräumen, dass es sinnvoll gewesen wäre, die Regelungen des 7. Kapitels des SGB XIV, speziell § 76 SGB XIV, weniger bürokratisch auszugestalten und für den häufigen Fall der Pflege durch nahe Angehörige eine pragmatischere Regelung vorzusehen. Dabei hat er sich durchaus von ehrenwerten Absichten leiten lassen. So soll § 76 Abs. 1 Satz 3 SGB XIV deutlich machen, dass im Sozialen Entschädigungsrecht, anders als im Sozialhilferecht, keine unentgeltliche Pflege durch Familienangehörige, Freunde, Verwandte etc. erwartet wird und sicherstellen, dass Familienangehörige oder sonstige Personen aus dem sozialen Umfeld des Pflegebedürftigen eine angemessene Vergütung für ihre Pflegeleistungen erhalten (siehe Waßer, a. a. O., § 76 SGB XIV, Rn. 13) und dass soziale Standards eingehalten werden (a. a. O., Rn. 18).
Die Systematik des § 35 BVG (in der bis zum 31.12.2023 geltenden Fassung) sah dagegen vor, dass dann, wenn die Pflege im Wesentlichen von nichtbezahlten Kräften - vor allem durch den Ehegatten - durchgeführt wurde, dem Beschädigten die Pflegezulage nach § 35 Abs. 1 BVG als Pauschsatz gewährt wurde. Das wurde als sachgerecht betrachtet, weil nicht im Einzelnen nachgewiesen werden könne, was der Beschädigte trotz des Fehlens einer Zahlungspflicht für seine Angehörigen aufwende oder für zusätzliche Pflegeleistungen bezahle (vgl. Bundessozialgericht - BSG, Urteil vom 31.05.1989, 9 RV 11/88, BSGE 65, 119 ff, SozR 3100 § 35 Nr. 21, Rn. 15, in: juris). Für den Fall, dass daneben ein Teil der Pflege von einer bezahlten Pflegekraft übernommen wurde, wurde durch die höchstrichterliche Rechtsprechung (in einer allerdings ziemlich komplizierten Weise) sichergestellt, dass eine "Erhöhung" der Pflegezulage nach § 35 Abs. 2 BVG nicht zur Kürzung oder zum Wegfall der darin enthaltenen Pflegepauschale führte (BSG, a. a. O., Rn. 17).
Dieser Weg ist den Gerichten allerdings nach dem neuen Recht verschlossen. Das vom Kläger gewünschte Ergebnis kann hier insbesondere nicht durch Gesetzesauslegung hergestellt werden, da nach dem oben Gesagten Wortlaut und Systematik des Gesetzes dies ausschließen.
Art. 20 Abs. 2 Grundgesetz (GG) konstituiert den Grundsatz der Gewaltenteilung. Auch wenn dieses Prinzip im GG nicht im Sinne einer strikten Trennung der Funktionen und einer Monopolisierung jeder einzelnen bei einem bestimmten Organ ausgestaltet worden ist, schließt es doch aus, dass die Gerichte Befugnisse beanspruchen, die von der Verfassung dem Gesetzgeber übertragen worden sind, indem sie sich aus der Rolle des Normanwenders (bzw. Kontrolleuers der Exekutive) in die einer normsetzenden Instanz begeben und damit der Bindung an Recht und Gesetz entziehen. Eufach0000000004liche Rechtsfortbildung darf deshalb nicht dazu führen, dass der Richter seine eigene materielle Gerechtigkeitsvorstellung an die Stelle derjenigen des Gesetzgebers setzt. Eine Gesetzesauslegung, die als richterliche Rechtsfortbildung den klaren Wortlaut des Gesetzes hintanstellt, keinen Widerhall im Gesetz findet und vom Gesetzgeber nicht ausdrücklich oder - bei Vorliegen einer erkennbar planwidrigen Gesetzeslücke - stillschweigend gebilligt wird, greift unzulässig in die Kompetenzen des demokratisch legitimierten Gesetzgebers ein (siehe Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 25.01.2011, 1 BvR 918/10, Rn. 52 f. in: juris).
Eine solche planwidrige Gesetzeslücke sieht das Gericht vorliegend nicht. Wenn der Gesetzgeber übermäßig komplizierte und bürokratische Regelungen schafft - was leider im Sozialrecht mitunter eher die Regel als die Ausnahme zu sein scheint - haben die Gerichte keine Handhabe, ihm "in den Arm zu fallen"; das Sozialgericht ist kein "Super-Gesetzgeber".
Schließlich liegt auch ein Härtefall nach § 100 SGB XIV nicht vor, weil sich die vom Kläger empfundene Härte gerade aus der Konzeption des Gesetzes ergibt.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG; das Klageverfahren ist gerichtskostenfrei (§ 183 SGG).