S 12 AY 1152/25 ER

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
SG Karlsruhe (BWB)
Sachgebiet
Asylbewerberleistungsgesetz
Abteilung
12.
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 12 AY 1152/25 ER
Datum
2. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Leitsätze
  1. Bei der Berechnung der Geldleistungsbeträge für Asylbewerber sind nach der auch für sie einschlägigen Bestandsschutzregel ab dem 01.01.2025 die für das Vorjahr 2024 ermittelten Eurobeträge weiter anzuwenden, weil die für das Jahr 2025 fortgeschriebenen Eurobeträge niedriger sind als die für das Vorjahr 2024.

 

  1. Die auf der Internetseite des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales für den Zeitraum ab dem 01.01.2025 derzeit (d. h. am 21.07.2025) als „Neue Leistungssätze nach dem Asylbewerberleistungsgesetz“ veröffentlichten Beträge sind unrichtig und zu niedrig.

 

  1. Die Asylbewerberleistungsbehörde haftet ggfs. dem durch sie geschädigten Menschen dafür, dass sie veranlasst, dass er nach dem Ende seiner Beschäftigung eine für ihn freiwillige, aber beitragspflichtige Anschlussversicherung in der gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung beantragt, deren Durchführung für die ausgewählten Kranken- und Pflegekassen obligatorisch und vorhersehbar unwirtschaftlich ist, solange die täuschende Asylbewerberleistungsbehörde dem Asylbewerber ankündigungswidrig gar keine Geldleistungen für die hernach geschuldeten Versicherungsbeiträge gewährt und die beiden Kassen ihre Beitragsforderungen gegenüber dem mittellosen Flüchtling nicht vollstrecken können (vgl. Sozialgericht Karlsruhe, Beschluss vom 31.03.2025, S 12 AY 706/25 ER; Sozialgericht Karlsruhe, Beschluss vom 21.07.2025, S 12 AY 1183/25 ER; Sozialgericht Karlsruhe, Beschluss vom 21.07.2025, S 12 AY 1347/25 ER; Sozialgericht Karlsruhe, Beschluss vom 21.07.2025, S 12 AY 1381/25 ER).

 

  1. Erst recht sind die sogar noch niedrigeren Leistungen gemäß § 3a Abs. 1 Nr. 2 lit. b AsylbLG bzw. § 3a Abs. 2 Nr. 2 lit. b AsylbLG verfassungswidrig niedrig bemessen, wenn schon die höheren Analog-Leistungen nach § 2 AsylbLG zu niedrig bemessen sind, auf die sich die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 19.10.2022 zum Verfahren mit dem Aktenzeichen 1 BvL 3/21 unmittelbar bezieht (vgl. Hessisches LSG, 20.12.2022, L 4 AY 28/22 B ER; Frerichs in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB XII, 3. Aufl., § 3a AsylbLG, Rn. 44).

 

  1. Ein Empfänger von Grundleistungen hat bereits von Gesetzes wegen nach § 6 Abs. 1 Satz 1 AsylbLG entsprechend der einschlägigen Gesetzesbegründung auch einen Anspruch auf Übernahme von Beiträgen zur freiwilligen Kranken- und sozialen Pflegeversicherung im Rahmen der sogenannten obligatorischen Anschlussversicherung (vgl. SG Karlsruhe, 31.03.2025, S 12 AY 706/25 ER; SG Heilbronn, 23.06.2025, S 15 AY 1361/25 ER).

 

  1. Für den Fall einer (auf den Betrug der in ihrem Gastland ohne Arbeit, Einkommen, Sprach- und Rechtskenntnisse hilflosen Menschen auf der Flucht) ausgerichteten Verwaltungspraxis ist es den hiervon Betroffenen in ihrer umfassenden Not seitens des im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes angerufenen Gerichts im Rahmen der Ermessensausübung nach § 86b Abs. 2 SGG nicht auch noch zuzumuten, dass sie sich schon nach wenigen Wochen erneut vor dem Sozialgericht gegen die sich vorhersehbar wiederholenden Rechtsbrüche desselben Antragsgegners bzw. geradezu ständig zur Wehr setzen müssen.

 

7. Eine Duldung exekutivem Ungehorsams durch das Ministerium der Justiz und für Migration Baden-Württemberg ist aus der Sicht des Sozialgerichts Karlsruhe seitens der obersten Aufsichtsbehörde im Bereich „der Migration“ zu erwarten, weil das Ministerium auch in seinem weiteren Zuständigkeitsbereich („der Justiz“) exekutiven Ungehorsam gegenüber Recht und Gesetz seitens der ihm insofern dienstlich untergeordneten Gerichtsleitung des Sozialgerichts Karlsruhe seit Jahren durchgehen lässt.

 

Tenor:

  1. Zum Verfahren S 12 AY 1152/25 ER werden
  1. die Krankenkasse AOK Baden-Württemberg - Die Gesundheitskasse (Kriegsstraße 41, 76133 Karlsruhe)

und

  1. die Pflegekasse AOK Baden-Württemberg - Die Gesundheitskasse (Kriegsstraße 41, 76133 Karlsruhe)

beigeladen.

 

  1. Der Antragsgegner wird im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, dem Antragsteller vorläufig und unter dem Vorbehalt der Rückforderung ab dem 05.05.2025 bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung den Antrag vom 14.04.2025 auf Überprüfung des Weiterbewilligungsbescheides vom 04.02.2025
  1. Grundleistungen nach §§ 3 und 3a AsylbLG nach Maßgabe der für 2024 geltenden Regelbedarfsstufe 1

sowie

  1. Sonstige Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts und der Gesundheit gemäß § 6 Abs. 1 AsylbLG nach Maßgabe der von den beiden Beigeladenen festgesetzten Beitragspflichten zur Kranken- und Pflegeversicherung

zu gewähren.

 

  1. Der Antragsgegner hat die außergerichtlichen Kosten des Antragstellers zu erstatten.

 

 

Gründe:

Gründe

 

I.

 

Der Antragsteller begehrt im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes im Jahr 2025 die Gewährung höherer Geldleistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG) unter Berücksichtigung

  • der für ihn günstigeren Regelbedarfsstufe 1,
  • der für ihn günstigeren Regelbedarfssätze des Vorjahres 2024 und
  • seiner bislang nicht leistungserhöhend berücksichtigten Beitragspflichten in der gesetzlichen Kranken- bzw. Pflegeversicherung der beiden Beigeladenen.

 

Der 1994 geborene Antragsteller ist ein arabischer Mensch syrischer Staatsangehörigkeit muslimischen Glaubens. Während des syrischen Bürgerkriegs reiste er am 14.07.2023 in die Bundesrepublik Deutschland ein und beantragte am 20.07.2023 förmlich Asyl. Am selben Tag wurde ihm eine befristete Aufenthaltsgestattung erteilt, die seither wegen des noch nicht abgeschlossenen Asylverfahrens immer wieder verlängert worden ist.

 

Bereits seit 07.09.2023 ist der Antragsteller in der Gemeinschaftsunterkunft für Asylbewerber in Bühl im örtlichen Zuständigkeitsbereich für Asylbewerberleistungen des Antragsgegners untergebracht. Dieser gewährte ihm durch diesbezüglich befristete Bescheide vom 19.09.2023 (für den Zeitraum 07.09.2023 bis 31.08.2024) und 06.08.2024 (01.09.2024 bis 28.02.2025) Grundleistungen nach §§ 3, 3a AsylbLG. Im Bescheid vom 06.08.2024 erteilte der Antragsgegner dem Antragsteller die wahrheitswidrige Initiativauskunft:

 

Eventuell anfallende freiwillige Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge werden direkt an die Krankenkasse überwiesen.

 

Diese Ankündigung des Antragsgegners stand im Widerspruch zu der dem Sozialgericht Karlsruhe später in bislang vier weiteren Entscheidungen (Sozialgericht Karlsruhe, Beschluss vom 31.03.2025, S 12 AY 706/25 ER, juris; Sozialgericht Karlsruhe, Beschluss vom 21.07.2025, S 12 AY 1183/25 ER, juris; Sozialgericht Karlsruhe, Beschluss vom 21.07.2025, S 12 AY 1381/25 ER, juris; Sozialgericht Karlsruhe, Beschluss vom 21.07.2025, S 12 AY 1347/25 ER, juris) nachträglich festgestellten (und mutmaßlich ständigen) Verwaltungspraxis des Antragsgegners, wegen der durch ihn selbst im Wege irreführender Initiativauskünfte mitverursachten Beitragspflichten von Asylbewerbern zur Kranken- und Pflegeversicherung anschließend keine zusätzlichen Geldleistungen (an die Asylbewerber selbst oder deren Kassen) zu erbringen (und hierdurch das Vermögen der Leistungsempfänger sowie der Kassen zu schädigen). Wegen eben dieser (Nicht-) Gewährung von Geldleistungen für Beitragspflichten zur gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung ließ nämlich das Ministerium der Justiz und für Migration Baden-Württemberg am 28.08.2024 an den Antragsgegner (sowie alle anderen mit der Gewährung von Asylbewerbergeldleistungen amtlich befassten unteren Aufnahmebehörden des Bundeslandes) folgendes Rundschreiben zusenden:

 

„Sehr geehrte Damen und Herren,

 

mit Wirkung zum 01.08.2013 wurde mit § 188 Abs. 4 SGB V die obligatorische Anschlussversicherung bei der gesetzlichen Krankenversicherung eingeführt. Auch für Personen, die Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG) erhalten und sich im Grundleistungsbezug befinden, schließt sich nach Ende einer versicherungspflichtigen Beschäftigung bei erneutem Bezug von Grundleistungen nach dem AsylbLG die obligatorische Anschlussversicherung gem. § 188 Abs. 4 SGB V an.

 

Nach dem Urteil des Bundessozialgerichts vom 10.03.2022 (Az.: B 1 KR 30/20 R), stellen die Leistungen bei Krankheit, Schwangerschaft und Geburt nach § 4 AsylbLG jedoch keinen anderweitigen Anspruch auf Absicherung im Krankheitsfall im Sinne des § 188 Abs. 4 S. 2 SGB V dar. Eine Kündigung der obligatorischen Anschlussversicherung durch den Asylbewerberleistungsberechtigten ist daher nicht möglich.

Im Rahmen der Leistungsgewährung nach dem AsylbLG können die hierbei anfallenden Versicherungsbeiträge aus Sicht des Ministeriums der Justiz und für Migration nicht übernommen werden. Einzig in Betracht käme § 6 AsylbLG, wonach sonstige Leistungen (nur) dann gewährt werden können, wenn sie im Einzelfall zur Sicherung des Lebensunterhaltes oder der Gesundheit unerlässlich sind. § 6 AsylbLG stellt damit für den AsylbLG-Grundleistungsbezug eine Öffnungsklausel dar, nach dem z.B. auch medizinische Leistungen gewährt werden können, die über den in § 4 AsylbLG geregelten Leistungsumfang hinausgehen. Die Übernahme der Versicherungsbeiträge ist jedoch weder zur Sicherung des Lebensunterhalts noch der Gesundheit unerlässlich. Vielmehr werden alle zur Existenzsicherung und auch zur Sicherung der Gesundheit erforderlichen Leistungen nach §§ 4 und 6 AsylbLG erbracht. Die Übernahme von Beiträgen zur gesetzlichen Krankenversicherung (hier zur OAV), welche den Zugang zu einem im Vergleich zu den Leistungen nach §§ 4 und 6 AsylbLG weitergehenden Anspruch auf Versorgung im Krankheitsfall aufrechterhält, kann demnach nicht zur Sicherung der Gesundheit unerlässlich sein.

 

In der Folge handelt es sich auch nicht um erstattungsfähige Ausgaben gemäß § 15 Flüchtlingsaufnahmegesetz Baden-Württemberg (FlüAG). Eine Erstattung im Rahmen der nachlaufenden Spitzabrechnung von Aufwendungen für die vorläufige Unterbringung ist damit grundsätzlich ausgeschlossen. Dies gilt überdies auch für die Erstattung der Netto-Ist-Aufwendungen auf Basis der Empfehlung der Gemeinsamen Finanzkommission vom 16.12.2019 (LT-Drs. 16/7481) für Leistungen nach dem AsylbLG für Leistungsbezieherinnen und Leistungsbezieher nach dem AsylbLG, die m Rechtssinne nicht mehr vorläufig untergebracht sind. Den unteren Aufnahmebehörden, die auf der Grundlage des Urteils des Bundessozialgerichts vom 10.03.2022 die Beträge der obligatorischen Anschlussversicherung bislang übernommen haben, werden die Beträge bis einschließlich des Abrechnungsjahrs 2024 im Rahmen der nachlaufenden Spitzabrechnung sowie im Rahmen der Erstattung der Netto-Ist-Aufwendungen auf Basis der Empfehlung der Gemeinsamen Finanzkommission vom 16.12.2019 (LT-Drs. 16/7481) erstattet. Ab dem Abrechnungsjahr 2025 sind die vorgenannten Beiträge nicht mehr erstattungsfähig.

 

Da die Beiträge darüber hinaus nicht übernommen werden können, entstehen regelmäßig Zahlungsrückstände bei den Betroffenen. Für den einzelnen Leistungsberechtigten stellt dies eine sehr unbefriedigende Rechtssituation dar und stellt auch die Leistungsbehörden vor Herausforderungen. In der letzten Sitzung der Arbeitsgemeinschaft für Migration und Flüchtlingsfragen der Länder (ArgeFlü) wurde diese Problematik nach einer Anmeldung durch Baden-Württemberg behandelt. Das zuständige Bundesministerium für Arbeit und Soziales hat mitgeteilt, dass die Thematik dort bekannt sei und man hierzu im Austausch mit dem Bundesministerium für Gesundheit wegen der Anpassung der Regelungen im SGB V sei. Das Ministerium der Justiz und für Migration hat sich entsprechend auch an das Ministerium für Soziales, Gesundheit und Integration (SM) Baden-Württemberg gewandt und gebeten, sich dieses

Themas anzunehmen. Eine Lösung kann nur über den Bundesgesetzgeber erfolgen.

 

Hierfür sollte – statt einer Erweiterung des Leistungsumfangs des AsylbLG – eine Klarstellung im SGB V (dort in § 188 Abs. 4) erfolgen, dass auch Leistungen bei Krankheit, Schwangerschaft und Geburt i.V.m. den sonstigen Leistungen (§§ 4 und 6 AsylbLG) als ein anderweitiger Anspruch auf Absicherung im Krankheitsfall i.S.d. § 188 Abs. 4 S. 2 SGB V gelten.

 

Das Justizministerium wird Sie über weitere Entwicklungen auf dem Laufenden halten.“

 

Dem Antragsteller des Verfahrens S 12 AY 1152/25 ER wurde am 13.11.2024 erlaubt, für die Zeit vom 27.11.2024 bis 20.12.2024 eine befristete sozialversicherungsversicherungspflichtige Beschäftigung als Reinigungshelfer mit einer Wochenarbeitszeit von 30 Stunden aufzunehmen. Derentwegen musste der Antragsteller ein Versicherungsmitglied in der gesetzlichen Krankenversicherung sowie in der sozialen Pflegeversicherung werden. Er wählte für seine Pflichtmitgliedschaften die beiden Beigeladenden aus, ließ seinen Arbeitgeber die deswegen sozialversicherungsrechtlich an sie geschuldeten Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge von seinem Bruttolohn abziehen und an diese entrichten.

 

Anlässlich der befristeten Erwerbstätigkeit des Antragstellers stellte der Antragsgegner Anfang Dezember 2024 die Auszahlung der dem Antragsteller förmlich bewilligten Asylbewerbergeldleistungen ein (ohne einen entsprechenden Aufhebungs- oder Einstellungs-Bescheid zu erlassen). Der Antragsgegner forderte von ihm Einkommensnachweise sowie (mit Schreiben vom 18.11.2024 und 17.12.2024) einen

 

schriftlichen Nachweis über die Aufnahme in eine Krankenversicherung unter Angabe der Versicherungsnummer und des Versicherungsbeginns“.

 

Aufgrund des Ablaufs der Befristung der ihm erteilten Arbeitserlaubnis und des daraus folgenden Endes seiner befristeten Beschäftigung Ende Dezember beantragte der Antragsteller Anfang Januar 2025 beim Antragsgegner förmlich Asylbewerberleistungen.

 

Der Antragsgegner erkannte sofort, dass es im Hinblick auf seine nachrangige Leistungsgewährung von Krankenhilfe gemäß § 4 AsylbLG im Anschluss an das Ende einer sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung wirtschaftlich günstig wäre, wenn in der gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung ggfs. vorrangige Anschlussversicherungen zustande kämen. Der Antragsgegner forderte anlässlich dessen – und, weil ihm aus den inzwischen vorgelegten Lohnbescheinigungen die vom Antragsteller gewählten Kassen positiv bekannt waren – vom Antragsteller

  • mit Schreiben vom 16.01.2025: einen

 

Nachweis Antrag freiwillige Weiterversicherung bei der zuletzt zuständigen Krankenkasse“ bzw.

 

  • mit Schreiben vom 31.01.2025: einen

 

„Nachweis über Ihre Weitversicherung bei der AOK“.

 

Im Zuge der Ermittlung der für die Senkung eigener Ausgaben für Asylbewerberleistungen maßgeblichen Tatsachen drohte der Antragsgegner dem Antragsteller mit den beiden Schreiben vom 16.01.2025 bzw. 31.01.2025 jeweils auch eine Leistungsversagung wie folgt an:

 

Wir bitten um Erledigung innerhalb von drei Wochen nach Zugang dieses Schreibens. Auf Ihre Mitwirkungspflicht nach § 9 Abs. 3 AsylbLG i.V.m. § 60 Abs. 1 Sozialgesetzbuch (SGB I) machen wir aufmerksam. Bei fehlender Mitwirkung können die Leistungen nach § 9 Abs. 3 AsylbLG i.V.m. § 66 SGB I versagt werden.“

 

Gleichzeitig erkannte der Antragsgegner auch sofort, dass es wegen des Ablaufs der Befristung der Arbeitserlaubnis und des daraus folgenden Endes der befristeten Beschäftigung im Hinblick auf die Leistungsgewährung von Sonstigen Hilfen gemäß § 6 Abs. 1 AsylbLG im Anschluss an das Ende einer sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung für den Antragsgegner wirtschaftlich ungünstig wäre, wenn aktenkundig würde, dass der Antragsteller wegen seiner Anschlussversicherungen in der gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung Beitragsforderungen der Beigeladenen ausgesetzt wäre. Wegen der für ihn ungünstigen Tatsachen (in der Gestalt der Beitragspflichten) unterließ der Antragsgegner anschließend die Aufklärung des Sachverhalts. Insbesondere holte der Antragsgegner zum Entstehen von Beitragspflichten des Antragstellers unter Verletzung des Untersuchungsgrundsatzes aus § 20 Abs. 1 und 2 SGB X keine diesbezüglichen Auskünfte bei von den ihm aus den aktenkundigen Lohnabrechnungen für November 2024 und Dezember 2024 namentlich bekannten Trägern der Kranken- bzw. Pflegeversicherung (nach § 21 Abs. 1 Nr. 1 SGB X) ein. Der Antragsgegner unterließ auch die ihm nach §§ 13, 14 und 15 SGB I vorgeschriebenen Aufklärungen, Beratungen und Auskünfte, die in der sozialrechtlich schwierigen Konstellation gegenüber dem sprach- und rechtsunkundigen Antragsteller verfahrensrechtlich wegen der hypothetischen Auswirkungen einer für den Antragsteller freiwilligen Entschließung zum Abschluss von Anschlussversicherungen auf seine Leistungsansprüche nach dem AsylbLG schon deshalb geboten gewesen wären, weil der Antragsgegner ihm durch den Bescheid vom 06.08.2024 noch die wahrheitswidrige Initiativauskunft erteilt hatte (Eventuell anfallende freiwillige Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge werden direkt an die Krankenkasse überwiesen.“), an die sich der Antragsgegner spätestens aufgrund der Vorgaben im Rundschreiben des Ministeriums der Justiz und für Migration Baden-Württembergs vom 28.08.2024 nicht mehr festhalten lassen will.

 

Anfragegemäß legte der Antragsteller dem Antragsgegner vollständige Lohnabrechnungen und Kontoauszüge sowie eine Kopie der ihm von den Beigeladenen überlassenen elektronischen Gesundheitskarte vor. Einen Beitragsbescheid der Kranken- und Pflegekasse konnte er nicht vorlegen, weil dieser erst Monate später erlassen wurde.

 

Daraufhin erließ der Antragsgegner am 04.02.2025 den im Verfahren S 12 AY 1152/25 ER streitbefangenen „Bescheid über die Gewährung von laufenden Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG) – Weiterbewilligungsbescheid § 3 AsylbLG“. Dieser betraf den Bewilligungszeitraum 01.03.2025 bis 31.08.2025. Er sah eine monatlich gleichbleibende Gesamtgeldleistung nach Maßgabe der im Bundesgesetzblatt für das Jahr 2025 veröffentlichten Regelbedarfsstufe 2 in einer Gesamthöhe von 397,- € vor. Diese setze sich aus einer Grundleistung nach § 3 a Abs. 1 AsylbLG in Höhe von 177,- € sowie Grundleistungen nach § 3a Abs. 2 AsylbLG in Höhe von 220,- € zusammen. Die Beitragspflichten des Antragstellers gegenüber seiner Kranken- und Pflegekasse berücksichtigte der Weiterbewilligungsbescheid vom 04.02.2025 nicht. Auch dieser Bescheid enthielt aber erneut die wahrheitswidrige Initiativauskunft des Antragsgegners:

 

Eventuell anfallende freiwillige Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge werden direkt an die Krankenkasse überwiesen.“

 

Erst am 27.03.2025 setzten die beiden Beigeladenen in einem gemeinsam gegenüber dem mittellosen Antragsteller erlassenen Beitragsbescheid dessen monatliche Versicherungsbeiträge zur obligatorischen Anschlussversicherung mit Rückwirkung zum 21.12.2024 fest unter rechtswidriger Zugrundelegung der (höchstmöglichen) Beitragsbemessungsgrundlage (in Höhe eines fiktiven Monatseinkommens von 5.512,50 € monatlich) auf monatlich

  • 915,08 € für die Krankenversicherung

 

  • 231,53 € für die Pflegeversicherung bzw.

 

  • 1.146,61 € insgesamt.

 

Die Beigeladenen forderten zugleich für den Zeitraum 21.12.2024 bis 28.02.2025 insgesamt 2.665,13 € an vermeintlichen Beitragsrückständen vom Antragsteller nach.

 

Mit Schreiben vom 14.04.2025 beantragte der nunmehr rechtsanwaltlich vertretene Antragsteller förmlich die Überprüfung des Weiterbewilligungsbescheides vom 04.02.2025 betreffend den Bewilligungszeitraum 01.03.2025 bis 31.08.2025 gemäß § 44 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X).

 

Zudem hat der Antragsteller am 05.05.2025 beim Sozialgericht Karlsruhe einen Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz (S 12 AY 1152/25 ER) angebracht, hierfür Akteneinsicht, Prozesskostenhilfe unter Beiordnung seines Prozessbevollmächtigten sowie sinngemäß beantragt, seine gesetzliche Kranken- und Pflegekasse beizuladen.

 

Bevor das Sozialgericht Karlsruhe diesen Eilantrag durch die hierfür gerichtsintern laut Geschäftsverteilungsplan zuständige 12. Kammer inhaltlich bearbeiten durfte, hatte das angerufene Sozialgericht Karlsruhe zunächst durch seine 14. Kammer über den vom Antragsgegner gegen den Vorsitzenden der 12. Kammer am 13.05.2025 angebrachten Befangenheitsantrag zu entscheiden. Die 14. Kammer hat dieses Ablehnungsgesuch unter Berücksichtigung der vom Vorsitzenden der 12. Kammer am 14.05.2025 erbetenen und durch ihn am 15.05.2025 abgegebenen Dienstlichen Äußerung zurückgewiesen (Sozialgericht Karlsruhe, 03.07.2025, S 14 SF 1260/25 AB).

 

Nach der Zustellung dieses Beschlusses am Folgetag hat die 12. Kammer noch am 04.07.2025 dem Antragsteller für das Verfahren S 12 AY 1152/25 ER Prozesskostenhilfe bewilligt und ihm seinen Bevollmächtigten beigeordnet. Der Bevollmächtigte hat Akteneinsicht erhalten und zum Verfahren S 12 AY 1152/25 ER vorgetragen, dass der Antragsteller den Erlass einer einstweiligen Anordnung beanspruchen könne, weil Eilanordnungsanspruch und Eilanordnungsgrund gegeben seien. Nach der auf seinen Fall übertragbaren Entscheidung des BVerfG zu den Analogleistungen des § 2 AsylbLG (BVerfG, 19.10.2022, 1 BvL 3/21) stünde dem Antragsteller die Regelbedarfsstufe 1 zu. Dabei seien die Regelbedarfssätze aus dem Jahr 2024 anstelle jener für 2025 zugrunde zu legen. Auch für Asylbewerberleistungen greife nämlich die Bestandsschutzregel für Regelbedarfsfortschreibungen, die geringere Bedarfssätze als im Vorjahr ergeben, ein. Ob seiner obligatorischen Anschlussversicherung könne der Antragsteller zudem die Übernahme seiner Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung beanspruchen.

 

Wörtlich beantragt der Prozessbevollmächtigte im Verfahren S 12 AY 1152/25 ER:

 

„Der Antragsgegner wird im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, dem Antragsteller vorläufig und unter dem Vorbehalt der Rückforderung bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung über den Antrag des Antragstellers vom 14.04.2025 auf Überprüfung des Bescheides des Antragsgegners vom 04.02.2025 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts die beantragten Leistungen in verfassungsgemäßer Höhe in der Regelbedarfsstufe 1 sowie unter Berücksichtigung auch der Beiträge zur obligatorischen Anschlussversicherung ab Eingang des Antrages bei Gericht zu gewähren.“

 

Der Antragsgegner beantragt,

 

den Antrag abzuweisen.

 

Er meint, der Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz sei zurückzuweisen. Weder bestehe eine Eilbedürftigkeit noch sei ein Anordnungsanspruch gegeben.

An der Eilbedürftigkeit der begehrten Leistung fehle es, da der notwendige persönliche Bedarf für den Lebensunterhalt des Antragstellers laufend gedeckt sei, weil er Leistungen nach dem AsylbLG in Höhe von monatlich 397,- € erhalte.

Ein Anordnungsanspruch auf höhere Leistungen bestehe im Fall des Antragstellers nicht, da er nur Grundleistungen gemäß §§ 3 ff. AsylbLG in Höhe der Regelbedarfsstufe 1 nach Maßgabe der für 2025 fortgeschriebenen Bedarfssätze beanspruchen könne.

Seine Berechtigung zu Asylbewerberleistungen ergebe sich gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 1 AsylbLG daraus, dass er Inhaber einer Aufenthaltsgestattung sei.

Von der regelhaften Berechnung der Höhe der Asylbewerberleistungen gemäß §§ 3 ff. AsylbLG sei noch nicht abzuweichen. Nach § 2 AsylbLG seien (höhere) Analog-Leistungen (in Höhe der Regelbedarfssätze für Bürgergeld- bzw. Sozialhilfeempfänger) an Asylbewerber erst nach 36 Monaten Aufenthalt im Bundesgebiet zu gewähren. Der Antragsteller sei aber erst am 14.07.2023 eingereist.

Vom Bezug existenzsichernder Leistungen in (analoger) Höhe der Bedarfssätze für Bürgergeld und Sozialhilfe sei der Antragsteller also bislang ausgeschlossen. Der unmittelbare Ausschluss des Antragstellers vom Bürgergeldbezug ergebe sich insofern aus § 7 Zweites Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) bzw. aus § 23 SGB Zwölftes Buch Sozialgesetzbuch (XII) in Bezug auf das Recht der Sozialhilfe.

Die sich deswegen nach dem AsylbLG richtende Höhe der Geldleistungsansprüche des Antragstellers sei in seinem Einzelfall unter Heranziehung der Regelbedarfsstufe 2 zu berechnen. Dies folge aus den Sonderregelungen in § 3a Abs. 1 Nr. 2b und Abs. 2 Nr. 2b AsylbLG. Der Antragsteller sei nämlich in der staatlichen Gemeinschaftsunterkunft in Bühl untergebracht. Die für derartige Fälle eingeführte Sonderregelung trage der speziellen Bedarfslage von Leistungsberechtigten in derartigen Sammelunterkünften Rechnung, indem sie für dort untergebrachte Erwachsene eine niedrigere Bedarfsstufe einführe. Der Sonderregelung zufolge gelte für die Leistungsberechtigten in Sammelunterkünften die niedrigere Regelbedarfsstufe 2 auch dann, wenn die Betroffenen dort allein bzw. ohne Partner, aber mit anderen Erwachsenen zusammenleben. Mit der Sonderregelung habe der Gesetzgeber für Menschen in Sammelunterkünften die Überlegungen zur Bedarfslage von Paarhaushalten auf die Bedarfslage von Personen in Sammelunterkünften übertragen. Er gehe davon aus, dass eine Unterbringung in Sammelunterkünften zu Einsparungen für den Einzelnen führe, die denen in Paarhaushalten vergleichbar seien (BT-Drs. 19/10052, 23). Einspareffekte seien z.B. durch die gemeinsame Nutzung von Räumen und Medien zu erwarten.

Schließlich sei für die Berechnung der Höhe der Asylbewerberleistungen des Antragstellers die für das Jahr 2025 maßgebliche Regelbedarfsfortschreibung anzuwenden und nicht der für noch das vergangene Jahr 2024 geltenden Bedarfssatz. Nach § 3a Abs. 4 AsylbLG würden die Geldbeträge für alle notwendigen persönlichen Bedarfe sowie der notwendige Bedarf nach den Absätzen 1 und 2 jeweils zum 1. Januar eines Jahres entsprechend der Veränderungsrate nach § 28a SGB XII in Verbindung mit der Regelbedarfsstufen-Fortschreibungsverordnung nach § 40 SGB XII fortgeschrieben. Diese Fortschreibungsverpflichtung richte sich an das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS), das jeweils spätestens bis zum 1. November eines Kalenderjahres die Höhe der Bedarfe, die für das folgende Kalenderjahr maßgebend sind, im Bundesgesetzblatt bekannt gebe. Die Höhe der Leistungssätze nach § 3 a AsylbLG seien zuletzt für die Zeit ab dem 1. Januar 2025 verringert und im Bundesgesetzblatt vom 29. Oktober 2024 (BGBl. 2024 I Nr. 325) bekanntgegeben worden. Die Regelsätze des AsylbLG orientieren sich an einer Fortschreibung des Statistischen Bundesamts, welches die Sätze für Sozialleistungen jährlich neu errechne. Diese Berechnung habe ausweislich der Begründung zur Verordnung des BMAS ergeben, dass die Beträge im Jahr 2025 unterhalb der im Jahr 2024 geltenden Sätze liegen (vgl.  Bundesratsdrucksache 453/24 vom 18.9.2024). Die Regelbedarfssätze für 2024 seien aufgrund der vormaligen Erwartung an die Preissteigerungen im Vergleich zu früheren Jahren deutlich erhöht worden, die tatsächliche Preisentwicklung habe dann aber etwas unter der Prognose gelegen. Bei den Sätzen, die für Leistungen des SGB II (Bürgergeld) und des SGB XII (Sozialhilfe) gelten, greife insofern eine Besitzschutzregelung aus § 28a Abs. 5 SGB XII. Demnach blieben die Regelsätze für das Bürgergeld und für die Sozialhilfe im Sinne einer "Nullrunde" unverändert, obwohl sie auf der Basis der Fortschreibung der Sätze verringert werden müssten. Das AsylbLG enthalte aber keine vergleichbare Regelung zur Besitzstandswahrung. Dementsprechend seien die Sätze nach § 3a AsylbLG im Jahr 2025 gegenüber denen von 2024 verringert.

Eine Entscheidung über die Berücksichtigung der aus dem Beitragsbescheid der AOK vom 27.03.2025 ersichtlichen Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung gemäß § 6 Abs. 1 AsylbLG habe er, der Antragsgegner, bisher nicht getroffen.

Auf die Abgabe einer weitergehenden Stellungnahme zum Sach- und Streitstand verzichte er.

 

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und Vorbringens wird auf die in den sozialgerichtlichen Verfahren S 12 AY 706/25 ER, S 12 AY 1152/25 ER, S 12 AY 1183/25 ER, S 12 AY 1381/25 ER und S 12 AY 1347/25 ER jeweils beigezogenen Papierverwaltungsakten des Antragsgegners und den diesbezüglich wechselseitig beigezogenen elektronisch geführten Gerichtsakten Bezug genommen.

 

II.

 

1. Das Gericht lädt zum Verfahren S 12 AY 1152/25 ER die Träger der gesetzlichen Krankenversicherung bzw. der sozialen Pflegeversicherung des Antragstellers bei.

 

Rechtsgrundlage dieser Beiladung sind §§ 75 Abs. 1, 106 Abs. 3 Nr. 6 Sozialgerichtsgesetz (SGG). Danach kann das Gericht von Amts wegen oder auf Antrag andere, deren berechtigte Interessen durch die Entscheidung berührt werden, beiladen.

 

Im Verfahren S 12 AY 1152/25 ER berührt die Entscheidung des Sozialgerichts über die vom Antragsteller gegenüber dem Antragsgegner geltend gemachten Ansprüche die berechtigten wirtschaftlichen Interessen der Kranken- bzw. Pflegekasse des Antragstellers.

 

Das Gericht hat im Verfahren S 12 AY 1152/25 ER im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes unter anderem darüber zu entscheiden, ob der Antragsgegner dem Antragsteller Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts und der Gesundheit gemäß § 6 Abs. 1 AsylbLG gewährt. Der Antragsteller begehrt diese Leistungen, damit er seine Beitragspflichten gegenüber beiden Beigeladenen erfüllen kann. Diese Beitragspflichten entstehen wegen der von den Beigeladenen obligatorisch durchzuführenden freiwilligen Anschlussversicherung in der gesetzlichen Kranken- bzw. Pflegeversicherung kraft Gesetzes. Die Höhe der Beitragspflichten des Antragstellers hatten die beiden Beigeladenen am 27.03.2025 auf monatlich 1.146,61 € festgesetzt. Damals hatten sie für die Zeit vom 21.12.2024 bis 28.02.2025 eine Beitragsnachforderung in einer Gesamthöhe von 2.665,13 € gegenüber dem Antragsteller festgesetzt. In den fünf Folgemonaten von März 2025 bis einschließlich Juli 2025 dürften – soweit ersichtlich – fünf weitere Monatsbeitragspflichten unbeglichen geblieben und die Gesamtnachforderung der beiden Beigeladenen gegen den Antragsteller auf insgesamt 8.398,18 € angelaufen sein. Der Antragsteller war allein mithilfe seiner Asylbewerberleistungen in Höhe von nur 397,- € monatlich (bzw. insgesamt 1.985,- € für die Monate März 2025 bis Juli 2025) ersichtlich außerstande, seinen Lebensunterhalt zu sichern und zugleich seine Beitragspflichten in Höhe von 8.398,18 € gegenüber den Beigeladenen zu erfüllen. Dies folgt schon daraus, dass die ihm gegenüber insgesamt festgesetzten Beitragspflichten mehr als vier Mal so hoch waren wie die ihm insgesamt vom Antragsgegner gewährten Geldleistungen.

 

So gesehen berühren die den Antragsteller (und andere Asylbewerberleistungsempfänger) vorhersehbar in die Irre führenden Initiativ-Auskünfte des Antragsgegners, „eventuell anfallende freiwillige Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge direkt an die jeweilige Krankenkasse zu überweisen“, und seine hierzu widersprüchliche Verwaltungspraxis, die asylbewerberleistungserhöhende Berücksichtigung von Beiträgen zur Anschlussversicherung später zu unterlassen, die berechtigten wirtschaftlichen Interessen der (jeweils) hiervon in Mitleidenschaft gezogenen Kranken- bzw. Pflegekasse dergestalt, dass der Antragsgegner den Vermögen der Versicherungsgemeinschaften einen erheblichen geldwerten Schaden zufügt, wenn er erst die für den (jeweiligen) Asylbewerber freiwillige und für die Beigeladenen obligatorischen Anschlussversicherungen veranlasst, aber die dem hierüber (jeweils) getäuschten Asylbewerber deswegen zugleich in Aussicht gestellten und dringend benötigten Geldleistungen später nicht in der geschuldeten Höhe bzw. allenfalls in einer so niedrigen Gesamthöhe gewährt, dass der Asylbewerber seine gesetzlichen Beitragspflichten gegenüber den zweit- bzw. drittgeschädigten gesetzlichen Versicherungen bzw. Beigeladenen unmöglich erfüllen kann.

 

2. Der Antrag auf Erlass einer Anordnung zum einstweiligen Rechtsschutz ist zulässig und begründet.

 

Der Antrag auf Erlass einer Regelungsanordnung ist zunächst gemäß § 86b Abs. 2 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthaft.

 

Nach § 86b Abs. 2 Satz 1 SGG kann das Gericht der Hauptsache, soweit ein Fall des § 86b Abs. 1 SGG nicht vorliegt, auf Antrag eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustandes die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Nach § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG sind einstweilige Anordnungen auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint.

 

Ein Fall des § 86b Abs. 1 SGG liegt nicht vor. Denn in der Hauptsache wäre das auf die Gewährung höherer Asylbewerberleistungen gerichtete Begehren des Antragstellers statthafter Weise im Wege einer kombinierten Anfechtungs-, Verpflichtungs- und Leistungsklage i.S.d. § 54 Abs. 1, 4 SGG zu verfolgen.

 

Der Antrag auf Erlass einer Regelungsanordnung ist auch in jeder Hinsicht begründet.

 

Voraussetzung für den Erlass der vom Antragsteller begehrten Regelungsanordnung ist die Glaubhaftmachung (vgl. § 86b Abs. 2 Satz 4 SGG i.V.m. § 920 Abs. 2 ZPO) eines Anordnungsanspruchs und eines Anordnungsgrundes. Die Glaubhaftmachung verlangt, dass das Vorliegen der behaupteten Tatsachen überwiegend wahrscheinlich ist (Keller, in Meyer-Ladewig/Keller/Schmidt, SGG, 14. Aufl. 2023, § 128 Rn. 3d). Maßgebend für die Beurteilung der Anordnungsvoraussetzungen sind regelmäßig die Verhältnisse im Zeitpunkt der gerichtlichen Eilentscheidung (Keller, in Meyer-Ladewig/Keller/Schmidt, SGG, 14. Aufl. 2023, § 86b Rn. 27 ff.).

 

Während der Anordnungsgrund die Frage der Eilbedürftigkeit betrifft, ist Gegenstand des Anordnungsanspruchs grundsätzlich die Frage der Erfolgsaussicht des Hauptsacherechtsbehelfs (Keller, in Meyer-Ladewig/Keller/Schmidt, SGG, 14. Aufl. 2023, § 86b Rn. 27 ff.). Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund stehen nicht beziehungslos nebeneinander, sondern bilden aufgrund ihres funktionalen Zusammenhangs ein bewegliches System: Je größer die Erfolgsaussichten in der Hauptsache sind, umso geringer sind die Anforderungen an den Anforderungsgrund und umgekehrt (Keller in: Meyer-Ladewig/Keller Schmidt, SGG, 14. Aufl. 2023, § 86b Rn. 27 mwN).

 

Gemessen an diesen Maßstäben kann der Antragsteller den Erlass der von ihm begehrten einstweiligen Anordnung beanspruchen.

 

Er hat zuvörderst einen Anordnungsgrund im Sinne einer besonderen Eilbedürftigkeit glaubhaft gemacht. Der Antragsteller kann nicht zugleich seinen Lebensbedarf decken und die ihm gegenüber seitens der Beigeladenen festgesetzten Beitragsanforderungen in Höhe von monatlich 1.146,61 € erfüllen, solange ihm der Antragsgegner monatlich nur 397,- € gewährt. Der Antragsteller läuft wegen der offenen Beitragsforderungen ersichtlich Gefahr, Vollstreckungsversuchen und Säumniszuschlägen der Beigeladenen ausgesetzt zu sein und eine Privatinsolvenz anmelden zu müssen.

 

Der Antragsteller hat wegen aller drei von ihm im Verfahren S 12 AY 1152/25 ER geltend gemachten Ansprüche auch einen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht. Namentlich ist überwiegend wahrscheinlich, dass er vom Antragsgegner die Gewährung von

  • Grundleistungen im Sinne der §§ 3 und 3a AsylbLG nach Maßgabe der Regelbedarfsstufe 1 [siehe hierzu sogleich unter a)]
  • in der insofern für 2024 gesetzlich bestimmten Höhe [siehe hierzu unter b)] und
  • Sonstige Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts und der Gesundheit gemäß § 6 Abs. 1 AsylbLG in Höhe der von den Beigeladenen festgesetzten Beitragspflichten zur Kranken- und Pflegeversicherung [siehe hierzu unter c)]

beanspruchen sowie – verwaltungsverfahrensrechtlich – eine diesbezügliche Abänderung des unrichtigen Weiterbewilligungsbescheides vom 04.02.2025 aufgrund des diesbezüglichen Änderungsantrags vom 14.04.2025 gemäß § 44 SGB X verlangen kann, da bei dessen Erlass das Recht unrichtig angewandt worden ist und insoweit deshalb seit 01.03.2025 bis zuletzt zu Unrecht Sozialleistungen nicht an den Antragsteller erbracht werden.

 

Im Einzelnen:

 

a) Im Hinblick auf die vom Antragsteller nach Maßgabe der Regelbedarfsstufe 1 begehrten Grundleistungen im Sinne der §§ 3 und 3a AsylbLG folgt sein Anspruch auf Abänderung des Weiterbewilligungsbescheides vom 04.02.2025 aus § 44 SGB X nach der Überzeugung des Gerichts aus den Gründen des Beschlusses des Bundesverfassungsgerichts vom 19.10.2022 zum Verfahren mit dem Aktenzeichen 1 BvL 3/21. Mit dieser Entscheidung hat das Bundesverfassungsgericht § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AsylbLG als unvereinbar erachtet mit Art. 1 Abs. 1 GG i. V. m. dem Sozialstaatsprinzip aus Art. 20 Abs. 1 GG. Das Bundesverfassungsgericht hat erkannt, dass das menschenwürdige Existenzminimum nicht hinreichend gewährleistet wird, wenn für eine alleinstehende erwachsene Person nur ein Regelbedarf in Höhe der Regelbedarfsstufe 2 anerkannt wird, weil sie in einer Sammelunterkunft lebt. Das Bundesverfassungsgericht hat im selben Beschluss zugleich bis zu einer Neuregelung angeordnet, dass auf Leistungsberechtigte nach § 2 Abs. 1 Satz 1 AsylbLG § 28 SGB XII i. V. m. dem Regelbedarfsermittlungsgesetz und §§ 28a, 49 SGB XII mit der Maßgabe entsprechende Anwendung findet, dass bei der Unterbringung in einer Gemeinschaftsunterkunft oder einer Aufnahmeeinrichtung für jede alleinstehende erwachsene Person der Leistungsbemessung ein Regelbedarf in Höhe der Regelbedarfsstufe 1 zugrunde gelegt wird. Hieraus ergibt sich nach der Überzeugung des Sozialgerichts Karlsruhe ohne Zweifel auch die Verfassungswidrigkeit der im Verfahren S 12 AY 1152/25 ER unmittelbar betroffenen Parallelregelungen des § 3a Abs. 1 Nr. 2 lit. b AsylbLG bzw. § 3a Abs. 2 Nr. 2 lit. b AsylbLG. Erst recht sind die sogar noch niedrigeren Leistungen gemäß § 3a Abs. 1 Nr. 2 lit. b AsylbLG bzw. § 3a Abs. 2 Nr. 2 lit. b AsylbLG verfassungswidrig niedrig bemessen, wenn schon die höheren Analog-Leistungen nach § 2 AsylbLG zu niedrig bemessen sind, auf die sich die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts unmittelbar bezieht (Hessisches LSG, 20.12.2022, L 4 AY 28/22 B ER; Frerichs in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB XII, 3. Aufl., § 3a AsylbLG, Rn. 44).

 

b) Ferner hat der Antragsteller einen Anordnungsanspruch auch glaubhaft gemacht, soweit er nach § 44 SGB X eine für ihn günstige Abänderung des Weiterbewilligungsbescheides vom 04.02.2025 überdies auch mit der Begründung verlangen kann, dass dem Antragsteller (auch) für März 2025 bis August 2025 höhere Asylbewerberleistungen unter Zugrundelegung der für 2024 neu ermittelten Regelbedarfssätze zustehen.

 

Bei der Berechnung der Geldleistungsbeträge für Asylbewerber sind nach der auch für sie einschlägigen Bestandsschutzregel ab dem 01.01.2025 die für das Vorjahr 2024 ermittelten Eurobeträge weiter anzuwenden, weil die für das Jahr 2025 fortgeschriebenen Eurobeträge niedriger sind als die für das Vorjahr 2024.

 

Der Anspruch auf eine fortlaufende Berücksichtigung der für 2024 höher neu ermittelten Regelsätze auch im Folgejahr 2025 ergibt sich unmittelbar aus der diesbezüglichen Besitzstandsregelung in § 3a Abs. 4 Satz 1 AsylbLG i.V.m. § 28a Abs. 5 SGB XII i.V.m. § 40 Satz 1 Nr. 1 SGB XII i.V.m. § 1 Abs. 2 RBSFV 2025 (SG Marburg, 14.2.2025, S 16 AY 11/24 ER; SG Halle-Saale, 17.03.2025, S 17 AY 3/25 ER). Im Einzelnen:

 

§ 3a Absatz 4 AsylbLG lautet:

 

„Die Geldbeträge nach den Absätzen 1 und 2 werden jeweils zum 1. Januar eines Jahres entsprechend der Veränderungsrate nach § 28a des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch in Verbindung mit der Regelbedarfsstufen-Fortschreibungsverordnung nach § 40 Satz 1 Nummer 1 des Zwölfen Buches Sozialgesetzbuch fortgeschrieben.“

 

Mit dieser Formulierung nimmt die Norm die gesamte Regelung des § 28a SGB XII in Bezug. Sie verweist nicht nur auf einzelne Absätze. Ein Ausschluss der Bestandsschutzregel des § 28a Absatz 5 SGB XII lässt sich dem Wortlaut nicht entnehmen. Einem Ausschluss der Bestandsschutzregel widerspricht überdies die ausdrückliche Verweisung auf die Regelbedarfsstufen-Fortschreibungsverordnung (RBSFV).

 

Der daher vollständig im Asylbewerberleistungsrecht anwendbare § 28a SGB XII lautet:

 

„(1) Für Jahre bis zur nächsten Neuermittlung nach § 28 werden die Regelbedarfsstufen jeweils zum 1. Januar nach den Absätzen 2 bis 5 fortgeschrieben.

(2) Zum 1. Januar 2023 werden die Eurobeträge der zum 1. Januar 2022 fortgeschriebenen Regelbedarfsstufen zuerst mit der sich nach Absatz 3 ergebenden Veränderungsrate fortgeschrieben (Basisfortschreibung) und das Ergebnis mit der sich nach Absatz 4 ergebenden Veränderungsrate fortgeschrieben (ergänzende Fortschreibung). Für nachfolgende Fortschreibungen ab dem Jahr 2024 sind jeweils die nicht gerundeten Eurobeträge, die sich aus der Basisfortschreibung des Vorjahres nach Absatz 3 ergeben haben, erneut nach Absatz 3 fortzuschreiben und die sich daraus ergebenden Eurobeträge mit der Veränderungsrate der ergänzenden Fortschreibung nach Absatz 4 fortzuschreiben.

(3) Die Veränderungsrate für die Basisfortschreibung ergibt sich aus der bundesdurchschnittlichen Entwicklung der Preise für regelbedarfsrelevante Güter und Dienstleistungen sowie der bundesdurchschnittlichen Entwicklung der Nettolöhne und – gehälter je beschäftigten Arbeitnehmer nach der Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung (Mischindex). Für die Ermittlung der jährlichen Veränderungsrate des Mischindexes wird die sich aus der Entwicklung der Preise aller regelbedarfsrelevanten Güter und Dienstleistungen ergebende Veränderungsrate mit einem Anteil von 70 Prozent und die sich aus der Entwicklung der Nettolöhne und -gehälter je beschäftigten Arbeitnehmer ergebende Veränderungsrate mit einem Anteil von 30 Prozent berücksichtigt. Maßgeblich ist jeweils die Veränderungsrate, die sich aus der Veränderung in dem Zwölfmonatszeitraum, der mit dem 1. Juli des Vorvorjahres beginnt und mit dem 30. Juni des Vorjahres endet, gegenüber dem davorliegenden Zwölfmonatszeitraum ergibt.

(4) Maßgeblich für die Veränderungsrate der ergänzenden Fortschreibung der sich nach Absatz 3 ergebenden nicht gerundeten Eurobeträge der Regelbedarfsstufen ist jeweils die bundesdurchschnittliche Entwicklung der Preise für regelbedarfsrelevante Güter und Dienstleistungen in dem Dreimonatszeitraum vom 1. April bis zum 30. Juni des Vorjahres gegenüber dem gleich abgegrenzten Dreimonatszeitraum des Vorvorjahres. § 28 Absatz 5 Satz 3 gilt entsprechend.

(5) Ergeben sich aus der Fortschreibung nach den Absätzen 2 bis 4 für die Regelbedarfsstufen Eurobeträge, die niedriger als die im Vorjahr geltenden Eurobeträge sind, gelten die für das Vorjahr bestimmten Eurobeträge solange weiter, bis sich aus einer nachfolgenden Fortschreibung höhere Eurobeträge ergeben.

(6) Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales beauftragt das Statistische Bundesamt mit der Ermittlung der jährlichen Veränderungsrate

1. für den Zeitraum nach Absatz 3 für

a) die Preise aller regelbedarfsrelevanten Güter und Dienstleistungen und

b) die durchschnittliche Nettolohn- und -gehaltssumme je durchschnittlich beschäftigten Arbeitnehmer,

2. für den Zeitraum nach Absatz 4 für die Preise aller regelbedarfsrelevanten Güter und Dienstleistungen.“

 

Die danach für die Fortschreibung der Regelbedarfsstufen nach § 28a SGB XII 2025 erforderliche Rechtsverordnung (Regelbedarfsstufen-Fortschreibungsverordnung bzw. RBSFV 2025) hat gemäß § 40 Satz 1 Nummer 1 SGB XII das Bundesministerium für Arbeit und Soziales im Einvernehmen mit dem Bundesministerium der Finanzen zu bestimmen. Dies ist in § 1 RBSFV 2025 mit nachfolgendem Wortlaut wie folgt geschehen (Unterstreichungen durch das Gericht):

 

„(1) Die Veränderungsrate für die Basisfortschreibung der Regelbedarfsstufen nach § 28a Absatz 3 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch zum 1. Januar 2025 beträgt 4,60 Prozent. Die Veränderungsrate für die ergänzende Fortschreibung der Regelbedarfsstufen nach § 28a Absatz 4 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch zum 1. Januar 2025 beträgt 0,7 Prozent.

(2) Die Regelbedarfsstufen nach § 8 Absatz 1 des Regelbedarfsermittlungsgesetzes werden entsprechend der Veränderungsraten nach Absatz 1 zum 1. Januar 2025 fortgeschrieben. Die sich daraus ergebenden Eurobeträge der Regelbedarfsstufen sind niedriger als die für das Jahr 2024 bestimmten Eurobeträge. Nach § 28a Absatz 5 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch gelten deshalb die für das Jahr 2024 bestimmten Eurobeträge der Regelbedarfsstufen auch zum 1. Januar 2025.

 

Im Ergebnis all dessen gelten bei einer rein lexikalischen Auslegung die für das Jahr 2024 bestimmten Eurobeträge der Regelbedarfsstufen auch im Asylbewerberleistungsrecht ab dem 01.01.2025 fort.

 

Dieses rein lexikalische Auslegungsergebnis wird überdies gestützt durch eine historische Auslegung. Dem erklärten Willen des damaligen Gesetzgebers zufolge sollen im Anwendungsbereich des AsylbLG die Fortschreibungen bei den Regelbedarfen nach dem SGB XII „exakt“ nachvollzogen werden. Dies ist dem Gesetzentwurf der Bundesregierung vom 22.09.2014 für den heutigen § 3a Absatz 4 AsylbLG wie folgt zu entnehmen ist (BT-Drs. 18/2592, S. 25):

 

„Die im Gesetz für das Jahr 2014 festgeschriebenen Beträge zum Bargeldbedarf und den Geldbeträgen nach Absatz 2 ergeben sich durch Fortschreibung der in der EVS 2008 ermittelten Beträge. Dabei wurden die bei den Regelbedarfen nach dem SGB XII vorgenommen Fortschreibungen exakt nachvollzogen. Dies betrifft sowohl die Veränderungsraten als auch die einzelnen Berechnungsregeln. “

 

Zudem spricht auch eine systematische Auslegung für das vom Antragsteller vertretene Auslegungsergebnis. Es handelt es sich bei § 28a Absatz 5 SGB XII ersichtlich um eine Berechnungsregel, die im Gesetzentwurf für das AsylbLG ausdrücklich in Bezug genommen wird. § 3a Absatz 4 AsylbLG verweist nach der unmissverständlichen Systematik der Norm auf den gesamten § 28a SGB XII, da andernfalls der Verweis in der Gesetzesbegründung auf die „einzelnen Berechnungsregeln“ überflüssig gewesen wäre.

 

Die vom Antragsgegner vertretene Gegenansicht, wonach die Besitzschutzregelung nicht für die Fortschreibung der Regelbedarfe für Asylbewerber gelte, vermag das Sozialgericht Karlsruhe nicht zu überzeugen. Es gibt zwar auch in der juristischen Fachliteratur (vgl. BeckOK AuslR/Spitzlei, 43. Ed. 1.10.2024, § 3a Rn. 15 AsylbLG) und in der Rechtsprechung (Sozialgericht Heilbronn, 17.02.2025, S 15 AY 181/25; Landessozialgericht Baden-Württemberg, 29.04.2025, L 7 AY 918/25 ER-B) diesbezügliche Gegenstimmen. Diese Gegenstimmen gehen aber zur Unrecht davon aus, dass die Formulierung in § 3a Abs. 4 AsylbLG „Veränderungsrate nach § 28a SGB XII“ so zu verstehen sei, dass ausschließlich auf die Regelungen des § 28a SGB XII zur Veränderungsrate verwiesen werde und daher § 28a Abs. 5 SGB XII keine Beachtung finde. Sie verkennen damit nicht nur die oben ausgeführten (lexikalischen, systematischen und historischen) Gründe für die im Ergebnis zweifellos vorzugswürdige Gesetzesauslegung. Die Gegenansicht verkennt überdies auch, dass die von ihr insinuierte teleologische Auslegung in sich widersprüchlich ist. Denn wenn der Gesetzesgeber den von der Gegenansicht behaupteten Zweck verfolgt hätte, die Asylbewerberleistungen im Falle einer geringeren Fortschreibung der Regelbedarfssätze niedriger zu bemessen als die Regelbedarfssätze für Empfänger von Bürgergeld und Sozialhilfe, dann hätte der Gesetzgeber nach der von der Gegenansicht vertretenen Auslegung der Normen das glatte Gegenteil seines vermeintlichen Gesetzeszwecks erreicht. Die konsequente Befolgung der von der Gegenansicht vertretenen Gesetzesauslegung führte nämlich dazu, dass im Asylbewerberleistungsrecht nur jene Regelungen zur Basisveränderungsrate nach § 28a Abs. 3 SGB XIII sowie jene zur „ergänzenden Veränderungsrate“ gemäß § 28a Abs. 4 SGB XII anzuwenden und infolgedessen die Regelbedarfssätze des Grundbedarfs nach §§ 3, 3a AsylbLG 2025 sogar deutlich höher wären als die Regelbedarfssätze für Bürgergeld und Sozialhilfe.

 

Nach der von der Gegenansicht vertretenen Auslegung von § 3a Absatz 4 AsylbLG wären die Leistungssätze für Asylbewerber der Regelbedarfsstufe 1 sogar um 25,- € höher, wenn aus § 28 SGB XII nur die Regelungen zur Veränderungsrate angewendet und § 28 SGB XII im Übrigen nicht berücksichtigt würde, denn die Veränderungsraten waren auch für 2025 positiv (und die geringere Fortschreibung anderen Umständen geschuldet): Im Jahr 2025 betrug die Basisveränderungsrate nach § 28a Abs. 3 SGB XII exakt + 4,6 %. Ihre Berücksichtigung würde zu einem Grundbedarfssatz von (460,00 € + 4,6 % = 481,16 € bzw. gerundet) 482,- € führen. Und die „ergänzende Veränderungsrate“ nach § 28a Abs. 4 SGB XII betrug im Jahr 2025 exakt + 0,7 %. Ihre zusätzliche Berücksichtigung würde zu einem endgültigen Bedarfssatz für 2025 in Höhe von (481,16 € + 0,7 % = 484,53 € bzw. gerundet) 485,- € führen. Der Umstand, dass der errechnete Fortschreibungs-Regelsatz für 2025 (mit 539,00 € statt bisher 563,00 €) niedriger ist, geht allein auf § 28a Abs. 2 S. 2 SGB XII zurück, wonach nicht der letzte Regelsatzbetrag (aus 2024) als Ausgangswert gilt, sondern der letzte fortgeschriebene Regelsatzbetrag (aus 2023). Da 2024 der Regelsatz systemwidrig neu ermittelt und eben nicht fortgeschrieben wurde, ergibt sich diese Konsequenz, die auf Grundlage von § 28a Abs. 2 S. 2 SGB XII auch folgerichtig ist und durch § 28a Abs. 5 SGB XII korrigiert wird. Richtigerweise ist im Hinblick auf die Anwendbarkeit der Sätze für 2024 im Jahr 2025 daher entscheidend, dass § 28a Abs. 2 S. 2 SGB XII gerade keine Regelung zur Veränderungsrate enthält. Hier wird nur eine Regelung zum Ausgangspunkt der Berechnung getroffen. Die Veränderungsrate selbst betrifft die Regelung nicht.

 

Schließlich steht dem Anspruch des Antragstellers auf eine fortlaufende Berücksichtigung der für 2024 neu und höher ermittelten Regelsätze nach der Bedarfsstufe 1 im Folgejahr 2025 auch der Hinweis des Antragsgegners auf die hierzu gegensätzliche Bekanntmachung über die Höhe der Leistungssätze nach § 3a Absatz 4 des Asylbewerberleistungsgesetzes für die Zeit ab 1. Januar 2025 im Bundesgesetzblatt (BGBl. I, 29.10.2024, Nr. 325) nicht entgegen. Der einklagbare Anspruch auf rechtmäßig berechnete Asylbewerberleistungen des Antragstellers folgt aus den oben eingehend ausgeführten Gründen bereits unmittelbar aus den genannten Gesetzen. Die hiervon abweichende Bekanntmachung der nach dem Gesetz nicht anzuwendenden Regelbedarfssätze im Bundesgesetzblatt ist weder für die untere Asylbewerberleistungsbehörde noch für Empfänger von Asylbewerberleistungen so verbindlich wie gesetzeskräftige Bestimmungen. Die nur scheinwidersprüchliche Bekanntmachung von Berechnungen des BMAS dient nur der Transparenz sowie der bundesweiten Einheitlichkeit der Gesetzesanwendung. Die Veröffentlichung der Regelsatzfortschreibung im Bundesgesetzblatt hat für die Verfahrensbeteiligten lediglich eine deklaratorische Wirkung. Sie sorgt dafür, dass bundesweit alle Leistungsträger der unteren Asylbewerberleistungsverwaltungen der Länder durch das Bundesministerium über die fortgeschriebene Höhe informiert werden, damit die Leistungsträger nicht alle einzeln parallel zueinander die notwendigen Berechnungsschritte selbst vornehmen müssen. Die bloße Bekanntmachung des BMAS im Bundesgesetzblatt verdrängt jedoch keineswegs die rechtsförmliche Bindungswirkung der vorrangigen gesetzeskräftigen Regelung des Bundesgesetzgebers aus § 3a Abs. 4 Satz 1 AsylbLG i.V.m. § 28a Abs. 5 SGB XII i.V.m. § 40 Satz 1 Nr. 1 SGB XII i.V.m. § 1 Abs. 2 RBSFV 2025.

 

(Auch) Die auf der Internetseite des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales für den Zeitraum ab dem 01.01.2025 derzeit (d. h. am 21.07.2025) als „Neue Leistungssätze nach dem Asylbewerberleistungsgesetz“ veröffentlichten Beträge sind insofern unrichtig und zu niedrig, als im Asylbewerberleistungsgesetz die für das Jahr 2024 ermittelten, höheren Leistungssätze ab dem 01.01.2025 ebenso fortgelten wie dies beim Bürgergeld und bei der Sozialhilfe der Fall ist.

 

c) Der Antragsteller hat schließlich auch einen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht, soweit er eine Abänderung des Bescheides vom 04.02.2025 gemäß § 44 SGB X auch in Bezug auf die Beiträge für seine Anschlussversicherungen bei den Beigeladenen verlangen kann, da ihm zusätzliche Geldleistungen des Antragsgegners in Höhe seiner monatlichen Zahlungspflichten gegenüber der gesetzlichen Kranken- bzw. Pflegeversicherung zustehen.

 

Insoweit kann sich der Antragsteller mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit auf zwei voneinander unabhängige Rechtsgrundlagen stützen: höchstwahrscheinlich kann er höhere Leistungen wegen seiner Beitragspflichten gegenüber den beiden Beigeladenen wohl gemäß § 34 SGB X i.V.m. § 242 BGB analog i.V.m. § 263 Abs. 1 und 3 Satz 1 und 2 Ziff. 3 und 4, Abs. 5 StGB aufgrund einer deliktischen Haftung der unteren Asylbewerberleistungsbehörde für ihre – in Fällen des Endes einer sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung und der nachfolgenden Anschlussversicherung – allem Anschein nach ständig betrugsähnliche Vorgehensweise gegenüber Asylbewerbern beanspruchen [siehe hierzu später unter II. b) 2.2)]. Da dem Antragsteller dieselben streitbefangenen Geldleistungen für die Versicherungsbeiträge aber ohnehin unmittelbar aus dem Gesetz des § 6 Abs. 1 AsylbLG zustehen [siehe hierzu unmittelbar anschließend unter II. b) 1.1)], kommt es auf das (zusätzliche) Bestehen deliktischer Anspruchsgründe zwar bei der Prüfung der Tatbestandsvoraussetzungen für den Erlass einer einstweiligen Anordnung noch nicht entscheidungserheblich an; dem deliktischen Verhalten des Antragsgegners ist richterlich indes auf der Rechtsfolgenseite im Rahmen der Ausübung des Ermessens hinsichtlich der Länge der Befristung dieser einstweiligen Anordnung nach § 86b Abs. 2 SGG sachangemessen Rechnung zu tragen, weil das Gericht dem Antragsteller nach Art. 19 Abs. 4 GG und Art. 6 Abs. 1 EMRK gegen das betrügerische Vorgehen der Behörde effektiven Rechtsschutz zu gewährleisten hat [siehe hierzu am Ende dieser Entscheidungsgründe unter II. d) 5.5)].

 

1.1) Ein Empfänger von Grundleistungen hat bereits von Gesetzes wegen nach § 6 Abs. 1 Satz 1 AsylbLG entsprechend der einschlägigen Gesetzesbegründung auch einen Anspruch auf Übernahme von Beiträgen zur freiwilligen Kranken- und sozialen Pflegeversicherung im Rahmen der sogenannten obligatorischen Anschlussversicherung (SG Karlsruhe, 31.03.2025, S 12 AY 706/25 ER; SG Heilbronn, 23.06.2025, S 15 AY 1361/25 ER). Im hier vorliegenden Fall des Antragstellers führen die beiden Beigeladenen seine beitragspflichtigen Anschlussversicherungen durch. Die hieraus kraft Gesetzes entstehenden Beitragspflichten erhöhen den asylbewerberleistungsrechtlich relevanten Bedarf des Antragstellers entsprechend. Also muss der Antragsgegner dem Antragsteller in Höhe seiner jeweils laufenden Beitragspflichten zusätzliche Geldleistungen nach § 6 Abs. 1 AsylbLG gewähren. Der insoweit rechtswidrige Weiterbewilligungsbescheid vom 04.02.2025 ist daher zu Gunsten des Antragstellers nach § 44 SGB X abzuändern und die ihm zu Unrecht vorenthaltenen Geldleistungen sind ihm nachzuzahlen.

 

2.2) Der insofern (wohl zwar im Einklang mit den rechtswidrigen Vorgaben aus dem Rundschreiben des Ministeriums der Justiz und für Migration vom 28.08.2024 handelnden, aber im Außenverhältnis) mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit bewusst rechtswidrig agierende Antragsgegner muss dem Antragsteller die zusätzlichen Geldleistungen überdies wohl auch gemäß § 34 Abs.1 Satz 1 SGB X i.V.m. § 242 BGB analog i.V.m. § 263 Abs. 1 und 3 Satz 1 und 2 Ziff. 1 bis 4, Abs. 5 StGB gewähren.

 

Das erkennende Gericht hat auch in vier anderen Verfahren desselben Eilantragsgegners – d. h.: (der Asylbewerberleistungsbehörde) des Landkreises Rastatt – erkannt, dass dessen (im Wege unvollständiger Initiativ-Auskünfte) insinuierten Zusagen ihn nach den Grundsätzen von Treu und Glauben binden, wenn er sich durch seine mutmaßlich betrügerische Vorgehensweise gezielt von Amts wegen auf Kosten eines primärgeschädigten Asylbewerbers und der sekundär- bzw. tertiärgeschädigten Kranken- und Pflegekasse bereichern sowie den getäuschten Menschen auf der Flucht in Deutschland in wirtschaftliche Not bringen will. Die Asylbewerberleistungsbehörde haftet ggfs. dem durch sie geschädigten Menschen dafür, dass sie veranlasst, dass er nach dem Ende seiner Beschäftigung eine für ihn freiwillige, aber beitragspflichtige Anschlussversicherung in der gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung beantragt, deren Durchführung für die ausgewählten Kranken- und Pflegekassen obligatorisch und vorhersehbar unwirtschaftlich ist, solange die täuschende Asylbewerberleistungsbehörde dem Asylbewerber ankündigungswidrig gar keine Geldleistungen für die hernach geschuldeten Versicherungsbeiträge gewährt und die beiden Kassen ihre Beitragsforderungen gegenüber dem mittellosen Flüchtling nicht vollstrecken können. Eine Asylbewerberleistungsbehörde darf sich nicht bewusst die fehlenden Sprach- und Rechtskenntnisse der in ihrer Obhut stehenden Personen zunutze machen, um den untauglichen Versuch zu unternehmen, sich eigener Sozialleistungspflichten zu entziehen, wenn sie dadurch die betroffenen Gäste in Deutschland in die Privatinsolvenz treibt und die mitbetroffenen Versichertengemeinschaften der beteiligten Kassen bewusst schädigt  (für eine eingehende rechtlicher Herleitung der deliktischen Behördenhaftung: Sozialgericht Karlsruhe, Beschluss vom 31.03.2025, S 12 AY 706/25 ER, juris; für weitere Anwendungsfälle der Verwaltungshaftung des betrügerischen Antragsgegners außer dem hier vorliegenden Einzelfall: Sozialgericht Karlsruhe, Beschluss vom 21.07.2025, S 12 AY 1183/25 ER, juris; Sozialgericht Karlsruhe, Beschluss vom 21.07.2025, S 12 AY 1381/25 ER, juris; Sozialgericht Karlsruhe, Beschluss vom 21.07.2025, S 12 AY 1347/25 ER, juris).

 

Auch im vorliegenden Einzelfall hatte der Antragsgegner beim Antragsteller den zusicherungsähnlichen Vertrauenstatbestand geschaffen, dass er etwaige Beitragspflichten des Antragstellers gegenüber den Beigeladenen erfüllen werde. Im Verfahren S 12 AY 1152/25 ER führte der Antragsgegner dabei den hier betroffenen Antragsteller in mutmaßlich betrügerischer Weise in die Irre durch seine wahrheitswidrigen Initiativ-Auskünfte im Bescheid vom 06.08.2024 sowie in seinen Mitwirkungsaufforderungen vom 16.01.2025 und 31.01.2025. Anschließend hat es der Antragsgegner aber im hier streitbefangenen Bescheid vom 04.02.2025 ankündigungswidrig unterlassen, sich dem Grundsatz von Treu und Glauben entsprechend an den von ihm selbst geschaffenen Vertrauenstatbestand festhalten zu lassen. Insbesondere hat er trotz seiner Amtsermittlungspflicht keinen Kontakt zu den Beigeladenen aufgenommen, um (sie über die im Fall des mittellosen Antragstellers viel zu hohe Versicherungsbeitragsbemessung nach der Beitragsbemessungsgrenze in Kenntnis zu setzen oder) diese auf seine gegenüber dem Antragsteller am 06.08.2024 insinuierte Bereitschaft hinzuweisen, die Beitragsforderungen der Beigeladenen gegenüber dem Antragsteller zum beiderseitigen Vorteil und auf Kosten des Antragsgegners zu erfüllen. Stattdessen hat der Antragsgegner es selbst seit dem 06.05.2025 für die Dauer von weiteren zweieinhalb Monaten (bis zuletzt) unterlassen, die ihm auch der Höhe nach bekannten Beitragsforderungen der beiden Beigeladenen gegenüber dem Antragsteller ankündigungsgemäß zu übernehmen, obschon ihm der Beitragsbescheid der Beigeladenen vom 27.03.2025 seither vorliegt und überdies der Antragsteller wegen der behördlichen Untätigkeit des Antragsgegners Schulden in fast fünfstelliger Höhe anhäuft, derentwegen dem Antragsteller empfindliche Folgekosten (wie Mahngebühren, Vollstreckungskosten und Säumniszuschläge) drohen.

 

Auch im vorliegenden Einzelfall handelt der Antragsgegner zur vollen Überzeugung des Gerichts in der rechtswidrigen Absicht, sich teilweise seiner dem Antragsteller gegenüber nach dem AsylbLG gesetzeskräftigen Sozialleistungspflichten zu entziehen. Der Antragsgegner legte es zielstrebig darauf an, bei dem Antragsteller den zusicherungsähnlichen Vertrauenstatbestand aufrechtzuhalten, dass er etwaige Beitragspflichten des Antragstellers gegenüber den Beigeladenen bei der Berechnung der Höhe der Asylbewerberleistungen zu Gunsten des Antragstellers berücksichtigen werde. Hierzu erhielt der Antragsgegner den durch ihn selbst im Bescheid vom 06.08.2024 hervorgerufenen Irrtum des Antragstellers nachträglich absichtlich aufrecht, obgleich der Antragsgegner spätestens in Kenntnis des Rundschreibens des Ministeriums der Justiz und für Migration vom 28.08.2024 gar nicht gewillt war, die Beitragspflichten des Antragstellers aus seinen Anschlussversicherungen bei den Beigeladenen leistungserhöhend anzuerkennen. Dabei bedrohte der Antragsgegner den Antragsteller überdies am 16.01.225 und 31.01.2025 sogar rechtswidrig mit der Versagung von existenzsichernden Asylbewerberleistungen, obschon die Behörde schon in Ermangelung diesbezüglicher Mitwirkungspflichten mitnichten berechtigt gewesen wäre, dem Menschen auf der Flucht Leistungen nach dem AsylbLG zu versagen, nur, weil er sich gegen eine freiwillige Anschlussversicherung bei der Beigeladenen zu 1. entscheidet. Die insofern im Zuge seiner rechtswidrigen und in betrügerischer Absicht ausgesprochenen Androhungen behauptete vermeintliche Mitwirkungspflicht des Antragstellers hatte der Antragsgegner am 16.01.2025 bzw. 31.01.2025 frei erfunden, um unzulässig auf die Wahlfreiheit des Antragstellers einzuwirken und sich seiner Pflicht zur Gewährleistung der nachrangigen Krankenhilfe nach § 4 AsylbLG zu entledigen, indem er hierzu vorrangige freiwillige Anschlussversicherungen bei den Beigeladenen herbeiführt bzw. seine Sozialausgaben auf die beiden Beigeladenen abwälzt.

 

Dass der behördliche Antragsgegner im Rahmen seines Tatplans über die sozialrechtlichen  Wechselwirkungen zwischen den eigenen (nachrangigen) Leistungspflichten im Krankheitsfall und den (ggfs. vorrangigen) Leistungspflichten der Beigeladenen zu 1. im Krankheitsfall jederzeit bestens im Bilde war und gerade deswegen den diesbezüglichen sozialrechtlichen Gestaltungswillen des Antragstellers zielgerichtet im Sinne einer nicht für den Antragsteller, sondern für den Antragsgegner optimierten Sach- und Rechtslage manipulierte, deutet nach dem Dafürhalten des Sozialgerichts Karlsruhe bereits hin, dass der Antragsgegner nach Kenntniserlangung keine Zeit verlor und binnen 15 Tagen sogar zwei Schreiben (vom 16.01.2025 und 31.01.2025) an den Antragsteller richtete, um einen Nachweis über die Aufnahme einer Anschlussversicherung anzufordern und ihm dies mit der Androhung ggfs. evident rechtswidriger Versagungsbescheide abnötigte. Dass diese Vorgehensweise des Antragsgegners dabei nicht auf einer seinerseits unabsichtlichen, fehlerhaften Subsumtion der Sach- und Rechtslage beruhte, sondern einen kühl kalkulierten Rechtsbruch darstellte, schlussfolgert das Gerichts aus den stets prompten und gradlinigen Reaktionen des Antragsgegners, der seine wirtschaftlichen Interessen zulasten des Antragstellers jederzeit und bis zum heutigen Datum (21.07.2025) konsequent und nachdrücklich so weiterverfolgte, als beträfe das Verwaltungshandeln keinen leibhaftigen Mitmenschen mit echten Bedürfnissen, sondern nur einen lästigen Kostenfaktor. Obschon dem Antragsgegner die Rechtslage in Bezug auf die asylbewerberrechtliche Sozialleistungspflicht für Kosten aus einer Anschlussversicherung aus § 6 Abs. 1 AsylbLG bereits im Beschluss vom 31.03.2025 (Sozialgericht Karlsruhe, Beschluss vom 31.03.2025, S 12 AY 706/25 ER) eingehend dargelegt worden ist und die für die Gewährung der Sonstigen Leistungen nach § 6 Abs. 1 AsylbLG maßgeblichen Tatsachen in der Gestalt des Beitragsbescheids vom 27.03.2025 bereits beim Antragsgegner lange positiv bekannt sind, bricht er weiterhin wissentlich und willentlich einfach trotzdem das Gesetz (für weitere Fälle des exekutiven Ungehorsams des Antragsgegners außer dem hier vorliegenden Einzelfall: vgl. Sozialgericht Karlsruhe, Beschluss vom 21.07.2025, S 12 AY 1347/25 ER, juris; vgl. Sozialgericht Karlsruhe, Beschluss vom 21.07.2025, S 12 AY 1183/25 ER, juris; vgl. Sozialgericht Karlsruhe, Beschluss vom 21.07.2025, S 12 AY 1381/25 ER, juris).

 

d) Da nach alldem Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund glaubhaft gemacht worden sind, hat das Gericht den Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, dem Antragsteller vorläufig die beantragten Leistungen in Höhe der für 2024 neu ermittelten Regelbedarfsstufe 1 unter leistungserhöhender Berücksichtigung der Beiträge zur obligatorischen Anschlussversicherung zu gewähren.

 

Seine Anordnung schränkt das Gericht unter Ausübung seines Ermessens aus § 86b Abs. 2 SGG indes in vierfacher Hinsicht ein:

 

1.1) Erstens erfolgt die gerichtliche Anordnung antragsgemäß unter dem Vorbehalt einer Rückforderung der vorläufig gewährten Geldleistungen. Hierüber ist nach der Unanfechtbarkeit der Entscheidung des Antragsgegners über den Überprüfungsantrag des Antragstellers vom 14.04.2025 gegen den Bescheid des Antragsgegners vom 04.02.2025 zu entscheiden.

 

2.2) Zweitens befristet das Gericht die vorläufige Leistungsverpflichtung antragsgemäß ab dem Tag des Eilantrags bei Gericht am 05.05.2025.

 

3.3) Drittens beschränkt das Gericht die vorläufige Leistungspflicht bis zu einer etwaigen Ausreise des Antragstellers aus dem Bundesgebiet, weil durch eine Ausreise die Anspruchsberechtigung entfiele.

 

4.4) Viertens beschränkt das Gericht die vorläufige Leistungspflicht wegen der Beiträge zur Anschlussversicherung bei den Beigeladenen bis zum etwaigen Neubeginn einer sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung des Antragstellers, weil ggfs. keine Beiträge mehr durch den Antragsteller selbst für eine freiwillige Anschlussversicherung zu entrichten wären, sobald ein künftiger Arbeitgeber diese abführte.

 

5.5) Fünftens ordnet das Gericht die vorläufige Leistungsverpflichtung über die aus dem Entscheidungstenor ersichtliche Maßgabe hinaus außerordentlich lange bis einschließlich 31.12.2025 an.

 

Nach richterlichem Ermessen ist eine einstweilige Reglungsanordnung im Fall des Bezugs von Asylbewerberleistungen grundsätzlich zeitlich zu beschränken, falls – wie hier – einerseits ein weiteres Zuwarten auf existenzsichernde Leistungen nicht zuzumuten ist und andererseits – wie in allen Fällen von Menschen ohne dauerndes Bleiberecht im Bundesgebiet – im Wege einer Ausreise jederzeit solche tatsächlichen Änderungen eintreten könnten, die den Wegfall der Leistungspflicht des Antragsgegners zur Folge hätten.

 

Dass der Zeitraum für diese einstweilige Anordnung hier fast acht Monate umfasst und damit außerordentlich lang ist, erscheint dem Gericht sachangemessen in Anbetracht der Gruppenzugehörigkeit des Antragstellers zu den Menschen mit Migrationshintergrund aus einem muslimisch geprägten Herkunftsland und der seinerseits deshalb wohl im Landkreis Rastatt behördlich zu erwartenden Diskriminierung. Menschen wie ihm dürfte seitens des Antragsgegners auch künftig ein exekutiver Ungehorsam gegenüber dem Gesetz drohen, solange solche Rechtsbrüche der unteren Aufnahmebehörde seitens ihrer obersten Aufsichtsbehörde nicht nur geduldet, sondern mithilfe inhaltlich unrichtiger Ausführungen zur Rechtslage im Asylbewerberleistungsrecht sogar unter Androhung der Vorenthaltung finanzieller Mittel so provoziert werden wie durch das unsägliche Rundschreiben des Ministeriums der Justiz und für Migration vom 28.08.2024 (s.o.).

 

Dabei liegt der Ermessensausübung des Gerichts die Erkenntnis zu Grunde, dass der Antragsgegner das Asylbewerberleistungsgesetz nicht als verbindliche Richtschnur für sein behördliches Verwaltungshandeln anzuerkennen und es stattdessen nur selektiv und widersprüchlich anzuwenden scheint, um seine eklatant und bewusst rechtswidrigen Leistungsentscheidungen vordergründig gesetzmäßig erscheinen zu lassen, solange das Ministerium der Justiz und für Migration Baden-Württembergs gegenüber dem Antragsgegner seinerseits zu Unrecht die für das Land nach § 15 FlüAG obligatorische Erstattung der Ausgaben des Antragsgegners für Sonstige Leistungen nach § 6 Abs. 1 AsylbLG in Bezug auf Beiträge zu Anschlussversicherungen unter rechtswidrigen Vorwänden verweigert.

 

Dass in Bezug auf die unterlassene Übernahme der Ausgaben eines Asylbewerbers für die Anschlussversicherungen kein bloßer „Einzelfall“ eines behördlichen Rechtsanwendungsfehlers, sondern ein Fall gezielt und systematisch exekutierten Ungehorsams gegenüber dem Gesetz gegeben ist, zeigt zur vollen Überzeugung des angerufenen Gerichts die hier bekannt gewordene Verwaltungspraxis des Antragsgegners. Dem Sozialgericht Karlsruhe ist nur ein einziger Fall bekannt, in dem der Antragsgegner die Beitragspflichten aus der Anschlussversicherung überhaupt entsprechend der diesbezüglichen Gesetzesbegründung zu § 6 Abs. 1 AsylbLG und gemäß seinen eigenen vorherigen Ankündigungen zugunsten eines Menschen (mit Migrationshintergrund aus einem muslimisch geprägten Land) leistungserhöhend anerkannt hat (Sozialgericht Karlsruhe, 21.07.2025, S 12 AY 1347/25 ER): Allerdings erfolgte auch bei diesem (positiven) Ausreißer aus der im Übrigen insoweit ausnahmslos rechtswidrigen Verwaltungspraxis des Antragsgegners die einmalige Anerkennung der gesetzlichen Sozialleistungspflicht aus § 6 Abs. 1 AsylbLG durch den Antragsgegner am 19.05.2025 in geradezu rechtsmissbräuchlicher Weise, nämlich

  • nur bis zum 31.12.2024 (als dem – gemäß der Ankündigung des Ministeriums vom 28.08.2024 – Enddatum diesbezüglicher Erstattungen nach § 15 FlüAG),
  • nur bezogen auf einen von acht aktenkundigen Monatsbeiträgen zu den Anschlussversicherungen der Kranken- bzw. Pflegeversicherung,
  • nur anteilig in der sehr geringen Höhe von 11,91 € des vielfach höheren Gesamtmonatsbeitrags und
  • nur mit der Einschränkung, dass wegen eben dieser einmaligen Überweisung von 11,91 € künftig an keines der sechs (1991, 1994, 2015, 1021, 2023 und 2025 geborenen und damit teilweise schon altersbedingt als Neugeborene bzw. Mutter eines Neugeborenen unbedingt auf Leistungen der Krankenhilfe angewiesenen) Familienmitglieder mehr (den Geldwert von 11,91 € naturgemäß um ein Vielfaches übersteigenden) Asylbewerberleistungen zur Krankenhilfe geleistet würden.

 

In Ansehung dessen hat das Sozialgericht Karlsruhe keinen Zweifel daran, dass der Antragsgegner den Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung in Angelegenheiten der Asylbewerberleistung weniger Bedeutung beimisst als seinem wirtschaftlichen Interesse, (im Innenverhältnis nach § 15 FlüAG gegenüber seiner renitenten Aufsichtsbehörde nicht ohne Rechtsstreit erstattungsfähige) Ausgaben für Asylbewerber zu senken. Ersichtlich bemüht der Antragsgegner Gesetze anlässlich des Kostensenkungsdrucks aus Baden-Württembergs Ministeriums der Justiz und für Migration nur als eine Art Selbstbedienungsladen für Versatzstücke und Argumentationshilfen, um einer bewusst rechtswidrigen Vorenthaltung existenzsichernder Asylbewerberleistungen gegenüber rechtsunkundigen und der deutschen Sprache kaum mächtigen Ausländern den oberflächlichen Anstrich der Rechtmäßigkeit zu verleihen. Dem Sozialgericht Karlsruhe sind deshalb bisher ausnahmslos Fälle (von insgesamt an der Zahl zehn Menschen mit Migrationshintergrund aus muslimisch geprägten Ländern) bekannt geworden, bei deren Bearbeitung der Antragsgegner zwar zunächst auf die ihm eigene betrügerische Weise durch irreführende schriftliche Initiativ-Auskünfte den Anschein erregt hatte, dass im Falle der Beantragung der Anschlussversicherungen durch nicht mehr versicherungspflichtig beschäftigte Asylbewerber die hierfür anfallenden Versicherungsbeiträge durch den Antragsgegner in vollem Umfang leistungserhöhend berücksichtigt würden. Im Anschluss an das jeweilige Zustandekommen der durch den hierdurch jeweils getäuschten Asylbewerber dann freiwillig gewählten und für die gesetzlichen Kassen obligatorischen Anschlussversicherungen hat derselbe Antragsgegner dann aber jeweils ankündigungswidrig für die hieraus folgenden Beitragszahlungspflichten ausnahmslos die Sonstigen Leistungen nach § 6 Abs. 1 AsylbLG ab dem 01.01.2025 nicht in der von ihm gesetzlich geschuldeten Höhe gewährt, die von ihm betrogenen Asylbewerber (sowie deren Familienangehörige in Bedarfsgemeinschaft) hierdurch sehenden Auges in Beitragsschuldenfallen gestürzt und auch die Vermögen der jeweils in Mitleidenschaft gezogenen Kranken- und Pflegekassen erheblich geschädigt (vgl. neben dem hier vorliegenden Einzelfall auch: Sozialgericht Karlsruhe, Beschluss vom 31.03.2025, S 12 AY 706/25 ER, juris; Sozialgericht Karlsruhe, Beschluss vom 21.07.2025, S 12 AY 1183/25 ER, juris; Sozialgericht Karlsruhe, Beschluss vom 21.07.2025, S 12 AY 1381/25 ER, juris; Sozialgericht Karlsruhe, Beschluss vom 21.07.2025, S 12 AY 1347/25 ER, juris).

 

Für den Fall einer dergestalt (auf den Betrug der in ihrem Gastland ohne Arbeit, Einkommen, Sprach- und Rechtskenntnisse hilflosen Menschen auf der Flucht) ausgerichteten Verwaltungspraxis ist es den hiervon Betroffenen in ihrer umfassenden Not seitens des im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes angerufenen Gerichts im Rahmen der Ermessensausübung nach § 86b Abs. 2 SGG nicht auch noch zuzumuten, dass sie sich schon nach wenigen Wochen erneut vor dem Sozialgericht Karlsruhe gegen die sich vorhersehbar wiederholenden Rechtsbrüche desselben Antragsgegners bzw. geradezu ständig zur Wehr setzen zu müssen, weshalb eine einstweilige Anordnung des Gerichts hier relativ langfristig greifen sollte. Eben dies erscheint auch deshalb ermessensgerecht,  weil das für die Aufsicht über die exekutiv ungehorsame untere Aufnahmebehörde in Baden-Württemberg zuständige Ministerium der Justiz und Migration seine Aufsicht mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nicht ordnungsgemäß ausüben und auch von seinem (nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs) europarechtswidrigen (vgl. EUGH, 27.05.2019, C-508/18) Weisungsrecht gegenüber der Staatsanwaltschaft keinen sachangemessen Gebrauch machen wird. Dieser im Rahmen der Befristung der einstweiligen Anordnung gebotenen Prognose liegt die Erkenntnis zugrunde, dass das Ministerium die Rechtsbrüche der seiner Aufsicht unterstehenden Stellen (im Bereich „für Migration“) aus politischem Kalkül lieber dulden als ahnden möchte, weil eine faktische dienstrechtliche und strafrechtliche Immunität asylrechtsfeindlich agierender öffentlicher Bediensteter aus Sicht des Ministeriums höchstwahrscheinlich ein effektives Mittel darstellt, um eine rechtswidrige Politik trotz der (grund‑) gesetzlichen Schranken exekutiv umsetzen zu lassen. Eine derartige Duldung exekutivem Ungehorsams durch das Ministerium der Justiz und für Migration ist aus der Sicht des Sozialgerichts Karlsruhe seitens der obersten Aufsichtsbehörde im Bereich „der Migration“ zu erwarten, weil dasselbe zuständige „Ministerium der Justiz und für Migration“ auch in seinem weiteren Zuständigkeitsbereich („der Justiz“) exekutiven Ungehorsam gegenüber Recht und Gesetz seitens der ihm insofern dienstlich untergeordneten Gerichtsleitung des Sozialgerichts Karlsruhe seit Jahren beständig durchgehen lässt. So zog das insofern aufsichtspflichtige Ministerium der Justiz und für Migration z. B. niemanden zur Rechenschaft dafür,

- dass die Gerichtsleitung des Sozialgerichts Karlsruhe am 27.05.2020 die Veröffentlichung einer richterlich zur Veröffentlichung bestimmten Gerichtsentscheidung untersagte,

- dass die Gerichtsleitungen des Landessozialgerichts und des Sozialgerichts Karlsruhe am 29.09.2020 eine bewusst illegale Corona-Party im Stile Premier Boris Jonsons „Partygate“ veranstalteten,

- dass die Gerichtsleitung des Sozialgerichts Karlsruhe im Wege einer jeweils gemäß § 132 StGB mutmaßlich strafbaren Amtsanmaßung des Richteramts in den Verfahren S 12 AS 909/21 und S 12 AS 2208/22 jeweils die Zustellung richterlicher Vorlagebeschlüsse an das Bundesverfassungsgericht vom (30.01.2022 bzw. 06.06.2023) gänzlich bzw. wochenlang vereitelte,

- dass die Gerichtsleitung des Sozialgerichts Karlsruhe Entwürfe für Pressemitteilungen zu berichtswürdigen richterlichen Entscheidungen in den Verfahren S 12 AS 565/21 ER bzw. S 12 AY 2765/23 ER vom 16.03.2021 bzw. 12.12.2023 zensierte,

- dass die Gerichtsleitung des Sozialgerichts Karlsruhe am 03.08.2022 im Wege einer gemäß § 269 StGB mutmaßlich strafbaren Weise für einen anderen Prozess beweiserhebliche Daten aus der Prozessakte S 17 AS 909/21 löschen ließen bzw. eine ihr dienstlich untergebene Personen mutmaßlich entgegen § 357 StGB zu einer Straftat verleitete

- et cetera et cetera.

 

Dass das Ministerium der Justiz und für Migration des Landes Baden-Württemberg die Verfolgung von Ordnungswidrigkeiten, Dienstvergehen und Straftaten der Mitglieder der von ihm eingesetzten Gerichtsleitungen jahrelang und ausnahmslos duldet, obschon ihm aus dem Sozialgericht Karlsruhe unter anderem am 05.03.2024 unter dem Aktenzeichen S 12 AS 2208/22 rechtsförmlich sowie eingehend (auf 40 Seiten) und unter Nennung aller erforderlichen Beweisurkunden richterlich auf dem Dienstweg die diesbezüglichen Verdächtigungen rechtsförmlich angezeigt worden sind, lässt nach dem Dafürhalten des Sozialgerichts Karlsruhe die Prognose zu, dass dasselbe Ministerium der Justiz und für Migration den ebenfalls unter seiner Aufsicht stehenden behördlichen Antragsgegner gleichermaßen wissentlich und willentlich ungestraft rechtswidrige und betrugsartige Methoden anwenden lassen wird, um jene rechtswidrigen und mit der Ankündigung finanzieller Einbußen untermauerten Vorgaben umzusetzen, welche das Ministerium der Justiz und für Migration Baden-Württemberg selbst wegen der von ihm beabsichtigten Vorenthaltung gesetzlich vorgeschriebener Asylbewerberleistungen gegenüber allen unteren Aufnahmebehörden bereits verlautbaren lassen hat mit seinem diesbezüglichen Rundschreiben vom 28.08.2024 (s.o.).

 

(Zum Beispiel) Durch an den exekutiven Ungehorsam angepasste Maßnahmen (und demgemäß für einen außerordentlich verlängerten Anordnungszeitraum erlassene einstweilige Anordnungen wie diese) vermögen auch von dem Ministerium der Justiz und für Migration Baden- Württemberg in persönlicher Hinsicht organisatorisch, dienstlich und disziplinarrechtlich abhängige Beamten oder Richter die fortlaufend rechtsbrüchige Justiz- und Migrationsverwaltung effektiv an Recht und Gesetz festzuhalten. Die dem Ministerium der Justiz und für Migration Baden-Württembergs nachgeordneten Landesbediensteten in Behörden und bei Gerichten sind im Zweifel nicht an ersichtlich (verfassungs-/europa- bzw.) rechtswidrige Vorgaben ihrer (unmittelbaren und weiteren) Dienstvorgesetzten, sondern an die geltenden Gesetze sowie die Wertentscheidungen im Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union, im Grundgesetz und in der Landesverfassung gebunden. Danach soll Baden-Württemberg ein Rechtsstaat sein. In Rechtsstaaten gilt die Loyalitätspflicht der Öffentlich Bediensteten und der Staatsbürger nicht primär gegenüber den eigenen Dienstvorgesetzten, sondern vor allem und im Zweifel dem für jedermann gleichen Recht und Gesetz. Ersichtlich (europa-) rechts- oder verfassungswidrigen Weisungen und Richtlinien oder informellen, niederschwelligen Anstößen aus dem Ministerium der Justiz und für Migration des Landes Baden-Württemberg bzw. seitens der von ihm landesweit beaufsichtigten Dienstvorgesetzten müssten Landesbeamte und Landesrichter und Landesstaatsanwälte daher keine Folge leisten. Sie hätten willkürlichem Verhalten ihrer Dienstvorgesetzten vielmehr entschlossen entgegenzutreten. Denn den Öffentlich Bediensteten ist der Schutz der freiheitlich-demokratischen Grundordnung einschließlich der Rechte der hier lebenden Minderheiten noch mehr anvertraut als deren Schutz allen übrigen wahlberechtigten Staatsbürgern in jedweder Selbstherrschaft eines solchen Volkes anvertraut ist, welches sich nicht ohnmächtig autoritären Populisten hingeben will, um sich den nie endenden Mühen einer in pluralistischen Gesellschaften (systemimmanenten) frustrierenden demokratischen Willensbildung unter Berücksichtigung unveräußerlicher Minderheitenrechte zu entziehen.

 

Umgekehrt gelänge in Baden-Württemberg eine nur vordergründig regelbasierte, insgeheim aber an Partikularinteressen und Macht ausgerichtete Ausübung exekutiver Staatsgewalt, wenn es die Öffentlich Bediensteten aus pragmatischem Eigennutz und die übrigen Staatsbürger aus Ignoranz und Trägheit überwiegend duldeten, dass ihre Dienstvorgesetzten bzw. exekutiven Repräsentanten das Recht und das Gesetz missachten, weil sie sich als Staatsbedienstete selbst lieber nicht der Gefahr eigener Repressalien aussetzen bzw. als Staatsbürger ihren demokratischen Rechts- und Sozialstaat vorzugsweise als bloße Trittbrettfahrer nutzen wollten, anstatt ihren staatsbürgerlichen Beitrag zu seiner Verteidigung gegen die an Zahl und Einfluss seit einigen Jahren gewinnenden Verfassungsfeinde im Inneren auch unter der Inkaufnahme persönlicher Risiken und Nachteile so mutig und entschlossen zu leisten wie es etwa die hierfür bewundernswerten Bürger der ehemaligen DDR vor der deutschen Wiedervereinigung vermochten, als sie die bislang letzte hiesige Diktatur überwunden.

 

Da es im Unterschied zur damaligen Demokratie-Hungrigkeit im Jahr 2025 in Baden-Württemberg die Staatsbürger und Staatsbediensteten in wesentlichen Teilen der Landesasylbewerberleistungs- und Justizverwaltung indes überwiegend achselzuckend hinnehmen, dass sich hierzulande nach der allgemeinen Lebenserfahrung interessierter Kreise ein sog. autoritärer Legalismus durchsetzt, bei dem die freiheitlich-demokratische und sozialstaatliche sowie weltoffene Grundordnung unter dem Deckmantel ihres vorgeblichen Fortbestehens sukzessive auf Kosten der ärmsten und andersgläubigen Mitmenschen zu einem rechtspopulistisch unterformten und willkürlich geführten Polizeistaat erodiert, muss das Sozialgericht Karlsruhe seine einstweilige Anordnung im Verfahren S 12 AY 1152/25 ER außerordentlich langfristig bemessen. Denn wegen eben dieser Rückkehr eines in Teilen bereits jetzt unmenschlichen Autoritarismus, wegen der fortschreitend institutionalisierten Ausländerfeindlichkeit, wegen der mutmaßlich systematischen Entrechtung von Menschen aus muslimisch geprägten Herkunftsländern durch die Asylbewerberleistungsverwaltung im Landkreis Rastatt und wegen der diesbezüglichen zu erwartenden Duldung strafbarer Handlungen seitens des Ministeriums der Justiz und für Migration Baden-Württemberg bedürfen staatlich diskriminierte und in ihrer Menschenwürde verletzte Mitmenschen wie der Antragsteller eines umso effektiveren und mithin fast acht Monate währenden einstweiligen Rechtsschutzes vor der ihnen hier drohenden staatlichen Behandlung. Unter Berücksichtigung all dessen ist es im vorliegenden Einzelfall der Beteiligten sachangemessen, die vorläufige Leistungsverpflichtung des Antragsgegners ausnahmsweise bis zum 31.12.2025 anzuordnen.

 

3. Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 Abs. 1 S. 1 SGG und dem vollständigen Obsiegen des Antragstellers.

 

 

 

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