L 6 U 3126/23

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
6.
1. Instanz
SG Heilbronn (BWB)
Aktenzeichen
S 4 U 67/23
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 6 U 3126/23
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil

Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Heilbronn vom 16. Oktober 2023 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.



Tatbestand

Die Beteiligten streiten um die Gewährung einer höheren Verletztenrente nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) von 70 v.H. anstatt 20 v.H. nach einem Arbeitsunfall am 14. November 2019.

Der 1987 geborene Kläger hat in Mazedonien die Schule besucht und nach seinen Angaben dann Jura ohne Abschluss studiert. Er verfügt über keine Berufsausbildung. Er kam im Zusammenhang mit seiner Eheschließung im Jahre 2012 nach Deutschland und arbeitete nach einem Intensivsprachkurs (Sprachniveau B1) als Hilfsarbeiter in einem Sägewerk. Sein Schulabschluss ist hier als Realschulabschluss anerkannt. Er bewohnt mit seiner Ehefrau und seiner Tochter eine Eigentumswohnung, die er sich kurz vor dem Unfall gekauft hat und die noch nicht abbezahlt ist (vgl. Anamnese im Gutachten L1 und bei O1 sowie die Verwaltungsakte, dort Akten-Id <AID> 549 ff.).

Der Kläger verunfallte bei seiner Tätigkeit am 14. November 2019, als er mit rechtem Bein beim Versuch, eine Störung an der Fördereinheit einer Restholzentsorgungsanlage von dem von ihm eigentlich abgeschalteten, aber aus nicht geklärten Gründen wieder angelaufenen Förderband erfasst und in der Folge mit dem Brustkorb von diesem eingeklemmt wurde (vgl. den Bericht zur Unfalluntersuchung der Beklagten AID 93; Unfallanzeige AID 121).

Im Durchgangsarztbericht des Klinikums B1 vom selben Tag wurden eine Rippenserienfraktur rechts mit paradoxer Atmung, ein Hämatothorax rechts, eine Scapulablattfraktur rechts, eine Sternumfraktur disloziert, ein V. a. Hämoperikard, eine Weber C-Fraktur rechts mit Kontusion sowie eine Risswunde rechter Unterschenkel medial diagnostiziert. Das thoraxchirurgisch weiterbehandelnden Klinikum L2 berichtete am 21. November 2019 von einem Thoraxtrauma mit Skapulafraktur rechts mit einem Weichteilemphysem thorakal ventrolaleral, Frakturen der 3. bis 7. Rippe rechts ventrolateral und der 6. bis 10. Rippe rechts dorsal, einer Sternumfraktur mit Luxation des 6. Kostosternalgelenkes rechts, Lungenkontusionen beidseits, einer Contusio cordis und einem hämodynamisch wirksamen Hämoperikard. Ferner bestand eine Fraktur des rechten oberen Sprunggelenks (OSG). Im anschließend behandelnden R1-Krankenhauses vom 4. Dezember 2019 und 18. Dezember 2019 erfolgte eine operative Intervention am Herzbeutel (Hamätomausräumung), eine Rippenverplattung und eine Stabilisierung des Sternums, wobei neurologisch keine Auffälligkeiten bestanden.

Vom 30. Dezember 2019 bis 19. Januar 2020 fand eine lungenfachärztliche berufsgenossenschaftliche stationäre Weiterbehandlung in der Klinik L3 in D1 statt. Der Zwischenbericht vom 10. Januar 2020 befundete eine deutliche depressive Grundverstimmung; als psychische und soziale Belastung sei die derzeitige posttraumatische Belastungsstörung (PTBS) anzusehen. Thematisiert worden seien nächtliche Ängste, beunruhigende Träume, Amnesie und emotionale Abschottung. Der Kläger habe sehr von den psychologischen Gesprächen profitiert, weil er sich sehr reflektiert und differenziert mit der aktuellen Lebenssituation habe auseinandersetzen können. Eine ambulante psychotherapeutische Behandlung werde daher empfohlen. Dem orthopädisch-unfallchirurgischen Konsilbericht vom 31. Dezember 2019 war zu entnehmen, dass der Kläger selber anamnestisch nichts über den Unfallhergang habe berichten können. Er habe keine Erinnerung daran und sei hinterher 13 Tage in „künstlichem Koma“ gelegen.

Nach dem Bericht des R1-Krankenhauses, Klinik S1 G1 vom 21. Januar 2020 bestand bei anhaltenden Schmerzen im Bereich des Brustkorbes bzw. der rechten Thoraxseite keine Belastungsdyspnoe mehr. Der Kläger habe sich von dem langen Eingriff zeitgerecht erholt. Klinisch zeige sich die rechte Thoraxhälfte und das Sternum stabil.

In ihrem Erstbericht im Psychotherapeutenverfahren vom 3. Februar 2020 gab die S2 u.a. geschilderte Angstzustände, innere Unruhe, Ein- und Durchschlafstörungen und Albträume an. Der Kläger sei psycho- und sprachmotorisch angespannt, affektiv kaum schwingungsfähig wie depressiv herabgestimmt. An den Unfall könne er sich nicht erinnern. Es bestehe ein Verdacht auf eine PTBS. Die Behandlung sei zusätzlich unter Einbeziehung der Ehefrau erfolgt, da die Deutschkenntnisse des Versicherten nicht für die ausführliche Anamnese ausgereicht hätten; des Weiteren sei es notwendig gewesen, die Ehefrau über die Folgen der Erkrankung PTBS aufzuklären und in die Therapie einzubeziehen.

Der Kläger befand sich vom 7. Februar bis 2. April 2020 in der BG-Klinik T1 zur Durchführung einer Komplexen Stationären Rehabilitation (KSR)-Maßnahme. Nach dem Entlassungsbericht vom 6. April 2020 bestanden hinsichtlich der knöchern durchbauten Weber-C-Fraktur rechts persistierende Beschwerden. Neu aufgetreten seien u.a. eine Peronaeusläsion rechts mit Fußheberschwäche mit vollständigem Leitungsblock des N. peronaeus kurz vor Aufteilung in die Rami sup./prof. mit Neurotmesis, ferner ein Verdacht auf Anpassungsstörung/Depression, ein Mixed-pain-Syndrom (gemischt-nozizeptiv neuropathisches Schmerzsyndrom) am Brustkorb in Höhe Th 4 bis Th 8, ein Nozizeptorschmerz der Schulter rechts wie des Sprunggelenks rechts und neuropathische Schmerzen am Brustkorb rechts. Zur Behandlung der Peronealschädigung sei eine Peronealfeder rezeptiert worden; das Gangbild sei damit sicher. Nach dem Bericht über ein psychologisches Konsil zeigte er sich psychisch belastet durch schwerwiegende Unfallfolgen mit Erlebnissen in der Zeit im künstlichen Koma und auf der Intensivstation. Er habe von wirren Träumen berichtet, die seit der intensivmedizinischen Behandlung anhielten und zu Ein- und Durchschlafschwierigkeiten führten. Außerdem habe er psychosoziale Belastungsfaktoren und vermehrte Grübelneigung mit finanziellen Sorgen, Krankheit der Eltern wie Sorge um die Tochter geäußert; weiterhin bestünden Unsicherheiten und Sorgen um die weitere gesundheitliche Zukunft, um die bleibenden körperlichen Beeinträchtigungen und um zukünftige Nebenwirkungen der verordneten Medikation.

In ihrem Abschlussbericht vom 22. April 2020 stellte die S2 nach zwei Sitzungen die Diagnose einer PTBS mit Hyperarousal, Vermeidung und Intrusionen (ICD-10 F43.1). Die Psychotherapie werde weiter in der im Anschluss an die KSR-Maßnahme geplanten Erweiterten Ambulante Physiotherapie (EAP) bei K1 erfolgen.

Die EAP mit ergänzender neuropsychologischer Behandlung wurde im Rehabilitationszentrum H1 durchgeführt. Nach dem dortigen neuropsychologischen Zwischenbericht von K1 vom 12. Mai 2020 bestand eine retrograde Amnesie für ca. ein bis zwei Wochen vor dem Unfall und Erinnerungen erst wieder an die Zeit beim Aufwachen im Krankenhaus. An den Unfall habe er keine aktive Erinnerung. Er habe Ostern 2020 Flashbacks mit Bildern seines Aufenthaltes auf der Intensivstation gehabt. Als Diagnosen wurden eine nicht näher bezeichnete organische Persönlichkeits- und Verhaltensstörung aufgrund einer Krankheit, Schädigung oder Funktionsstörung des Gehirns (ICD-10 F07.9) und eine mittelgradige depressive Episode (ICD-10 F32.1) genannt. Insgesamt bestünden leichte Konzentrationsschwierigkeiten, Defizite der Schlafqualität, vorzeitige Ermüdbarkeit sowie ein Behandlungsbedarf zur Aufarbeitung der psychischen Unfallfolgen. Er mache stetige Fortschritte bei der Behandlung. Die Konzentrationsschwierigkeiten seien am ehesten durch die mangelhafte Qualität des Nachtschlafs und Grübelneigung zu erklären. Der Verdacht auf eine PTBS durch das Unfallereignis selbst bestehe nicht. Er habe das Unfallereignis aus Berichten anderer rekonstruiert, die Unfallursache aber noch nicht nachvollziehen können. Die Ereignisse beim Aufwachen im Krankenhaus seien in Teilen, aber noch nicht vollständig aufgearbeitet.

Nach dem Befundbericht des K2 vom 29. Juni 2020 über eine von der Beklagten veranlasste neurologische Untersuchung bestand eine dumpfe Hyposensibilität im gesamten Fuß mit Betonung im distalen Peronaeusversorgungsgebiet. Der Kläger sei psychisch reaktiv depressiv herabgestimmt, in der affektiven Schwingungsfähigkeit eingeengt, ohne Hinweise für Simulation oder Symptomaggravation. Als Diagnose wurde ein Z.n. Polytrauma mit Verletzung des Nervus peronaeus rechts in seinem distalen Verlauf im unteren Drittel genannt. Physiotherapie werde empfohlen.

Der Kläger befand sich vom 6. August 2020 bis 9. September 2020 zur erneuten KSR in der BG-Klinik T1. Führend seien persistierende Schmerzen mit muskulären Verspannungen im gesamten Stammbereich sowie anhaltende schmerzhafte Bewegungseinschränkung der rechten Schulter und des rechten Sprunggelenks bei Zustand nach Polytrauma. Diagnostisch bestehe neu der Verdacht auf eine PTBS sowie eine mittelgradige depressive Episode.  Dies beruhte auf einem Konsilbericht von W1 und S3 von der Psychiatrischen Universitätsklinik T1 vom 31. August 2020, wonach als berichtete wesentliche Probleme familiäre Schwierigkeiten und Sorgen bezüglich der beruflichen und finanziellen Zukunft genannt wurden. In der ersten Zeit nach dem Trauma habe er auch vermehrt Alpträume mit dem Inhalt Tod und Unfall gehabt, was sich mittlerweile gebessert habe. Er könne nachts nicht mehr schlafen, ohne dass etwas Licht brenne, weil er sonst beim Erwachen an die Zeit auf der Intensivstation erinnert werde. Sobald er Geräusche höre, welche ihm von der Intensivstation vertraut seien, drängten sich ihm Bilder vom damaligen Aufenthalt auf und er werde ganz nervös. An das Unfallereignis selbst habe er keine Erinnerung. Er sei aber misstrauisch gegenüber den Schilderungen des Unfallhergangs, weil er nicht wisse, ob er sich auf die Aussagen der Familie und der Kollegen verlassen könne. Zum Befund ist vermerkt, dass eine geringe sprachliche Hürde bestanden habe. Konsequente Psychotherapie werde empfohlen.

Im September 2020 zeigte der Bevollmächtigte des Klägers der Beklagten dessen Vertretung an.

In einem weiteren Verlaufsbericht im Psychotherapeutenverfahren vom 14. Oktober 2020 führte K1 aus, dass die Genesung des Klägers gute Fortschritte gemacht habe. Die ICD-10-Diagnosen F07.9 (nicht näher bezeichnete organische Persönlichkeits- und Verhaltensstörung aufgrund einer Krankheit, Schädigung oder Funktionsstörung des Gehirns) und F43.1 (PTBS) könnten in der Zwischenzeit aufgehoben werden. Die Flashbacks würden in deutlich geringerer Frequenz (ca. einmal wöchentlich) und in ihrem Ausmaß als deutlich reduzierter beschrieben. Diese träten nur auf nach externem Reiz, z.B. wenn im Fernsehen ein Unfall berichtet werde, oder größerer Aufregung. Mit den vereinzelt auftretenden Gedanken an den Unfall könne er umgehen. Die Untätigkeit im häuslichen Umfeld belaste ihn. Unfallunabhängig bestünden inzwischen wohl massive Ehekonflikte und eine finanziell angespannte Lage. Zudem sei in der Zwischenzeit eine Verbitterungssymptomatik gegenüber dem Arbeitgeber aufgetreten. Im Hinblick auf die Schmerzmittel bestehe eine Entzugssymptomatik; eine stationäre Schmerztherapie werde daher empfohlen.

Der Kläger wurde daher vom 23. November 2020 bis 18. Dezember 2020 im Zentrum für Schmerztherapie des SRH Klinikums K3 stationär behandelt. Auf psychosomatischem Gebiet wurden die Diagnosen einer schweren depressiven Episode ohne psychotische Symptome und einer PTBS gestellt, neuroorthopädisch ein Z.n. Polytrauma u.a. mit der bereits genannten Peronaeusläsion rechts mit Fußheberschwäche. In der psychiatrischen Anamnese waren ausgeprägte Schlafstörungen mit heftigen Alpträumen vom Unfall selbst genannt. An den Unfall selbst und an die beiden Wochen davor könne er sich nicht erinnern. Es sei für ihn schwierig, nicht zu wissen, wer der Schuldige sei. Die Ehe belaste ihn sehr, da er der Meinung sei, dass seine Frau schuld daran sei, dass es ihm so schlecht gehe; sie hätte sich darum kümmern sollen, dass die Polizei eingeschaltet werde, um den Schuldigen zu finden; sie habe dies trotz Hinweise seitens seiner Familie nicht getan, sondern sich um seine Gesundheit gekümmert. Die Ehe sei fast am Ende. Er habe wegen des Wohnungskaufs trotz des Verletztengeldes finanzielle Sorgen. Seitens der Klinik wurde wegen der aktuell im Vordergrund stehenden Depression eine stationäre psychiatrische Aufnahme angeboten.

In einem Bericht der Abteilung Psychiatrie und Psychotherapie des SRH Klinikums K4 über einen ersten ambulanten psychotherapeutischen Termin im Januar 2021 wird ausgeführt, dass sich weiterhin eine ausgeprägte Depressivität sowie ein ausgeprägter Ärgeraffekt in Bezug auf das Unfallgeschehen zeige, ferner ein Insuffizienzerleben und Hilf- und Hoffnungslosigkeit in Bezug auf seine psychosoziale Situation. Eine stationär-psychiatrische Behandlung werde u.a. wegen der PTBS-Symptomatik empfohlen.

Der Kläger wurde dem folgend anschließend vom 20. Januar 2021 bis schließlich 28. April 2021 mit traumatherapeutischem Schwerpunkt stationär behandelt. Die Behandlung war nach einem Hinweis der Klinik auf eine Schwere der psychopathologischen depressiven und posttraumatischen Symptomatik verlängert worden. Dabei wurde ein persistentes ausgeprägtes Gedankenkreisen um den Unfall und die stark empfundene subjektive Ungerechtigkeit über das anschließende Vorgehen erwähnt. In dem Entlassungsbericht wurde auf psychosomatischem Gebiet an den Diagnosen einer schweren depressiven Episode ohne psychotische Symptome (ICD-10 F32.2) und einer PTBS (ICD-10 F43.1) festgehalten. Die Dominanz der psychischen Symptome im Gesamtbeschwerdebild sei sehr deutlich gewesen. Es bestehe ein posttraumatisch zuordenbares Beschwerdebild mit ausgeprägten Affektstörungen, Hyperarousal und intrusivem Erleben. Daneben habe sich eine ausgeprägte depressive Symptomatik mit Antriebslosigkeit, Motivationslosigkeit, häufigem Grübeln und einer gedanklichen Einengung auf juristische Fragen rund um den erlebten Unfall mit den damit verbundenen starken Anspannungszuständen gezeigt. Überdies bestehe eine Schmerzsymptomatik in Folge der körperlichen Verletzungen. Ferner wurden ein massiver Partnerschaftskonflikt und auch eine schwierige Situation für den Kläger seit der Übersiedlung nach Deutschland zu seiner hier aufgewachsenen Ehefrau erwähnt. Eine anterograde Amnesie habe über 2 Wochen vor dem Unfall und eine retrograde Amnesie für 5 Tage nach dem künstlichen Koma bestanden. Durch die Behandlung habe die depressive Symptomatik deutlich verringert werden können, ebenso die formalgedankliche Einengung auf juristische Fragen um den Unfall. Dem Kläger sei es daher möglich geworden, auch andere Themen zuzulassen. Der starke Ärgeraffekt und das Insuffizienzerleben hätten ebenfalls deutlich abgenommen. Persistent seien die immer wieder auftretenden Flashbacks, ausgelöst z.B. durch Piepsen von Maschinen oder Dunkelheit. Schlafprobleme, innere Anspannung und psychomotorische Unruhe seien weiter vorhanden. Der Kläger wurde als nicht arbeitsfähig entlassen. Eine arbeitsmedizinische Belastungserprobung in der dortigen Klinik sei für den Herbst geplant. Eine ambulante Psychotherapie werde empfohlen, ebenso ein ambulantes neurokognitives Training.

In ihren Berichten im Psychotherapeutenverfahren stellte die B2 nach im Mai 2021 begonnener Behandlung die Diagnose einer PTBS; daneben stehe als unfallunabhängige Belastung die seitherige Veränderung der Lebensgestaltung. Der Kläger benötige eine traumaspezifische Folgebehandlung.

In einem Vermerk über ein im Juli 2021 geführtes Gespräch mit dem Kläger wies der Rehabilitations-Fachberater der Arbeitsvermittlung der Beklagten (DGUV job) darauf hin, dass der Kläger gedanklich noch sehr mit der Suche nach einem Unfallverursacher und mit Vermutungen zur Unfallursache befasst sei. Er habe Vermutungen zu einer Kumpanei zwischen der Beklagten und seinem Arbeitgeber geäußert und den Wunsch nach Schmerzensgeld geäußert. Er sei der Ansicht, dass ihm eine Umschulung (in einen kaufmännischen Beruf) zustehe, was aber nicht der Fall sei, da er über keine anerkannte Berufsausbildung und über keinen Studienabschluss verfüge. Er könne bei der Suche nach einem Ausbildungsplatz unterstützt werden. Der Kläger fühle sich von der Beklagten vernachlässigt und sei von ihr enttäuscht. Er sei in der Vergangenheit von einem Anwalt vertreten worden, für den er viel Geld bezahlt habe. Offenbar sei es diesem aber lediglich gelungen, ihn mit einem gehobenen Anspruchsdenken zu versorgen.

Die weitere Behandlung in der Abteilung für Psychiatrie und Psychotherapie des S4 Klinikums erfolgte vom 29. September 2021 bis 26. November 2021. In dem dortigen Bericht wurden neben weiterhin eine PTBS, eine mittelgradige depressive Episode sowie neu eine leichte kognitive Störung (ICD-10 F06.7) diagnostiziert. Auch bei diesem Aufenthalt habe sich ein posttraumatisch zuordenbares Beschwerdebild mit ausgeprägten Affektstörungen, Hyperarousal, intrusivem Erleben und einer gedanklichen Einengung auf die Schuldfrage sowie juristische Fragen rund um den Unfall gezeigt, weiterhin eine ausgeprägte depressive Symptomatik – weshalb die medikamentöse Therapie auf 150 mg Sertralin aufdosiert worden sei – und eine Schmerzsymptomatik. In einem schmerztherapeutischen Konsil waren noch Schmerzen im rechten Rippenbereich bei körperlicher Belastung, Rückenschmerzen bei längerem Sitzen oder längerem Gehen angegeben worden; eine körperlich leichte Tätigkeit mit wechselnder Körperposition an einem angepassten Arbeitsplatz wurde empfohlen; limitierend seien die psychologischen Faktoren. Im Bericht wird weitere ausgeführt, dass sich deutliche Beeinträchtigungen in einfachen Aufmerksamkeitsfunktionen und dem nonverbalen Langzeitgedächtnis gezeigt hätten, dazu Defizite in den Exekutivfunktionen. Damit seien deutliche Einschränkungen in der Fähigkeit zur Partizipation und Teilhabe zu erwarten. Es bestehe der Verdacht, dass die kognitive Störung eine Unfallfolge, möglicherweise infolge eines Sauerstoffmangels bei der Reanimation sei. Neuropsychologisch habe sich eine leichte Befundverbesserung gegenüber dem Voraufenthalt gezeigt. Die Symptomatik im Rahmen der PTBS sei fortbestehend gewesen. Das Belastungstraining sei bereits in der Grunderprobung mit der Einschätzung einer Arbeitsunfähigkeit beendet worden. Der Kläger habe während des Aufenthaltes seinen Deutschkurs (auf Niveau B2) weitergeführt. Eine ambulante Traumatherapie, die Weiterführung des ambulanten neurokognitiven Trainings und eine psychiatrische Anbindung würden empfohlen.

Die Beklagte stellte das Verletztengeld, das bereits über den im Mai 2021 endenden Zeitraum von 78 Wochen hinaus geleistet worden war, nach mündlicher Anhörung des Klägers zum 30. November 2021 ein, da mit dem Wiedereintritt der Arbeitsfähigkeit in der zuletzt ausgeübten Tätigkeit nicht mehr zu rechnen sei und qualifizierende Maßnahmen zur Teilhabe am Arbeitsleben wie etwa eine Umschulung oder eine berufliche Weiterbildungsmaßnahme nicht in Betracht kämen.

Der Kläger bezog im Anschluss bis 30. November 2022 Arbeitslosengeld. Beginnend ab März 2022 zahlte die Beklagte im Hinblick auf von dem Kläger angegebene finanzielle Schwierigkeiten, da das Arbeitslosengeld deutlich geringer sei als das Verletztengeld, Vorschüsse auf die nach einer MdE von jedenfalls 20 v.H. zu erwartende Rente aus.

Die B2 nannte in ihrem Abschlussbericht im Januar 2022 die Diagnosen einer PTBS, einer mittelgradigen depressiven Episode und einer leichten kognitiven Störung; evtl. sei die Abklärung einer Störung aus dem (nach ICD-10) F62-Spektrum (Andauernde Persönlichkeitsänderung nach Extrembelastung) sinnvoll. Das Denken sei inhaltlich fixiert auf Schuldthema und finanzielle Aspekte, Gedankenkreisen und persistierende Gedankengänge bezüglich Lebensthemen und Zukunftsängsten.

Die Beklagte ließ den Kläger im Hinblick auf die Frage einer Verletztenrente ab dem 1. Dezember 2021 nach erfolgter Gutachterauswahl chirurgisch-orthopädisch sowie zusätzlich neurologisch-psychiatrisch und neuropsychologisch begutachten.

In dem Ersten Rentengutachten stellten H2, F1 und L4 von der BG-Unfallklinik T1 einer am 25. Februar 2022 erfolgten Untersuchung des Klägers auf orthopädisch-unfallchirurgischem Fachgebiet noch eine Bewegungseinschränkung der rechten Schulter (endgradig) bei konsolidierter Scapulafraktur fest, ferner eine Bewegungseinschränkung des Thorax mit belastungsabhängigen Schmerzen, herbeigeführter Versteifung eines sternocostalen Bewegungssegmentes rechts durch Plattenosteosynthese, Lage des Osteosynthesematerials im bzw. neben dem Rippenknorpel; eine leicht hypertrophierte Narbenbildung am Thorax mit Druckschmerzhaftigkeit, eine Bewegungseinschränkung der Brustwirbelsäule; eine aufgehobene Dorsalextension des rechten OSG bei knöchern verheilter Außenknöchelfraktur mit Fußheberschwäche bei Nervus peronaeus-Läsion rechts; konsolidierte Frakturen der Rippen und des Sternum mit einliegender Plattenosteosynthese. Die Entfaltbarkeit der Brustwirbelsäule (BWS) sei durch eine schmerzhafte Bewegungsstörung des Thorax eingeschränkt (Seitneigung rechts/links 25-0-40 Grad, Zeichen nach Ott und Schober 31 cm bzw. 13 cm, Finger-Boden-Abstand 27 cm), die Rechtsrotation schmerzhaft. Die rechte Schulter sei aktiv wie passiv endgradig bewegungseingeschränkt (Abduktion 140 Grad, Anteversion 130 Grad), bei regelhafter Außenrotation von 80 Grad. Die aktive Fußhebung sei rechts annähernd aufgehoben, im Barfußgang falle auch ein gewisser Steppergang auf. Die Beweglichkeit am rechten OSG sei in der Dorsalextension aufgehoben (Heben/Senken bis 0-0-30 Grad). Ab dem 1. Dezember 2021 werde die MdE mit 20 v.H. eingeschätzt.

In seinem Zusatzgutachten führte der B3 nach Untersuchung des Klägers am 19. April 2022 zur Beschwerdeschilderung des Klägers aus, dass er sich an den Unfall nicht erinnern könne; er habe einen Gedächtnisverlust für zwei Wochen vor dem Unfall und dann bis zum Ende seines Komas. Es ginge ihm momentan überhaupt nicht gut, er wäre immer müde und angespannt. Der Kläger habe über zunehmenden Streit in der Familie, weil er sich von seiner Frau nicht richtig wahrgenommen fühle, berichtet. Er werfe ihr vor, sich nicht ausreichend um die Klärung des Unfalls gekümmert zu haben. Die fehlende Klärung der Schuldfrage sei für ihn das größte Problem. Sein Tagesablauf sei nicht gleichmäßig, er grüble viel, schlafe schlecht und stehe dann zu unterschiedlichen Zeiten auf. Er könne jetzt kein Geld mehr verdienen und sei daher kein richtiger Mann mehr. Er nehme (an Psychopharmaka) 150 mg Sertralin täglich, mache weiterhin Ergotherapie und suche noch nach einem Psychotherapeuten.

Im neurologischen Befund führte der Gutachter aus, dass hinsichtlich Sensibilität eine Hypästhesie und Hypalgesie im autonomen Peronaeus-Gebiet rechts und in der Motorik eine Schwäche der Fußhebung rechts mit insbesondere Störung im Bereich der Großzehenhebung bestehe; der Fersengang sei nicht möglich. Im Übrigen seien die neurologischen Befunde regelrecht gewesen.

Zum psychopathologischen Befund führte der Gutachter u.a. aus, dass eine wesentliche Sprachbarriere nicht bestehe, nachdem der Kläger gerade die Sprachprüfung im Level B2 bestanden habe. Auffassung und Gedächtnisleistung seien ungestört erschienen, im Laufe des Gesprächs habe sich die Konzentration und dann auch die Auffassung reduziert. Er sei deutlich gedrückt gewesen und habe vorwurfsvoll gewirkt, affektiv wenig auslenkbar, angespannt und nervös. Während belastender Themen (Ungerechtigkeit) sei er deutlich lauter, angespannt gewesen. Der Kläger habe über Hoffnungslosigkeit, Verzweiflung und Freudlosigkeit, Grübeln und Gedankenkreisen und Einschlafstörungen berichtet. Eine Wahrnehmungsstörung oder Ich-Erlebnisstörung habe nicht bestanden. In der Elektroneurographie sei die motorische Nervenleitgeschwindigkeit des N. peronaeus rechts pathologisch verlangsamt, die sensible Nervenleitgeschwindigkeit nicht messbar.

Der Gutachter führte zur Beurteilung aus, dass die diagnostischen Kriterien der zuerst gestellten PTBS-Diagnose nicht ganz eindeutig nachvollziehbar seien. Insbesondere fehle in diesem Zusammenhang das katastrophisierende Ereignis als A-Kriterium, welches als Diagnosekriterium unabdingbar sei. Erst in späteren Klinikaufenthalten, insbesondere im S4-Klinikum K4 sei die PTBS auf die Erlebnisse im Zusammenhang mit der intensivmedizinischen Behandlung nach dem Unfall eingeengt worden. Hier seien tatsächlich Ereignisse aufgetreten, die den Kläger extrem belastet hätten und ihn noch immer emotional belasteten (Fremdheit, unklare Situation, sich nicht bewegen zu können). Im Verlauf habe der Kläger eine Schmerzsymptomatik entwickelt, über die Behandlung in der S4-Klinik sei dann Kontakt zur psychiatrisch-psychotherapeutischen Abteilung hergestellt worden, wo zusätzlich eine schwere depressive Episode ohne psychotische Symptome diagnostiziert worden sei. Im Vordergrund der Beschwerden stünden der familiäre Konflikt sowie die ungeklärte juristische Situation.

Neurologisch habe sich bei der Untersuchung noch eine leichtgradige Peronaeus-Parese rechts gezeigt (ICD-10 G57.3).

Psychiatrisch lasse sich eine mittel- bis schwergradige depressive Störung ohne psychotische Symptome (ICD-10 F32.2) mit Tendenz zur Verbitterungsstörung diagnostizieren. Der Kläger leide extrem unter der ungeklärten Ursache seines Unfalls, unter den Schwierigkeiten seiner familiären Umgebung und auch seiner Zukunftsangst. Symptome einer PTBS wie Hyperarousal oder Flashbacks hätten sich weder erfragen noch in der Untersuchung darstellen lassen.

Auf eine Quantifizierung von neurokognitiven Leistungseinschränkungen sei verzichtet worden, da ein neuropsychologisches Zusatzgutachten in Auftrag gegeben worden sei.

Die mittel- bis schwergradige depressive Störung sei eine mittelbare Unfallfolge, da die Klärung der Unfallursache und die sozialen Komponenten durch den Unfall ausgelöst seien, hinzu träten allerdings auch familiäre Konfliktsituationen und Ängste, die als unfallunabhängig bzw. als Verschiebung der Wesensgrundlage einzuschätzen seien. Dennoch sei die mittelgradige depressive Störung mit einer MdE von 10 v.H. als unfallursächlich anzusehen. Die leichte Peronaeus-Parese sei ebenfalls mit einer MdE von 10 v.H. einzustufen, somit bestehe auf neurologisch-psychiatrischem Fachgebiet eine Gesamt-MdE von 20 v.H.

In ihrem neuropsychologischen Zusatzgutachten führte die Č1 nach Untersuchung des Klägers und Befragung seiner Ehefrau am 20. April 2022 unter anderem aus, dass nach den Angaben des Klägers komplette Dunkelheit, Sirenen, Krankenhäuser und piepsende Geräusche, die einem Herzmonitor ähnelten, bei ihm Panik und zuweilen Intrusionen auslösten. Er habe Einschlafprobleme und viele Alpträume, diese seien aber nicht mehr unfallbezogen. Er berichte Derealisationserleben und Depersonalisationserleben, bei dem er seine Umwelt und sich selbst als episodisch verzerrt bzw. weit weg wahrnehme. Die Beziehung zu seiner Ehefrau sei stark belastet. Er erhalte aktuell nur Ergotherapie für neurokognitives Training. Eine Traumatherapie habe er noch abgelehnt, da er sich erst auf eine Sache konzentrieren wolle.

Die Gutachterin führte verschiedene testpsychologische Verfahren durch. Dabei hätten sich deutlich ausgeprägte affektive Symptome sowie Hinweise auf eine relevante Ausprägung depressiver sowie angstbezogener Symptome und hier auf eine schwere depressive Symptomatik gezeigt, dazu deutlich ausgeprägte negative Veränderungen in den Bereichen Emotionalität, Motivation, Kognition und Verhalten. Schließlich hätten sich Hinweise auf das Vorliegen einer PTBS ergeben, da der Gesamtscore in der Revised Impact of Event Scale (IES-R) mit Aussagen zu den Bereichen Intrusion, Vermeidung und Übererregung durch diese Elemente einer PTBS einen Verdacht auf diese Diagnose gezeigt habe.

Das kognitive Leistungsprofil habe sich inhomogen gezeigt, mit Testleistungen, die für das angenommene prämorbiden (früheren) Leistungsniveau zu erwarten seien, bis hin zu mittelgradigen Testleistungsminderungen. Die Leistungen lägen deutlich unter dem angenommenen prämorbiden Niveau. Hinweise auf Verdeutlichungstendenzen im Sinne einer Aggravation oder Simulation seien nicht gesehen worden. Der Kläger sei interessiert gewesen, wie gut er sein kognitives Potential abrufen könne, da er gerne eine Umschulung machen wolle.

Sie stellte die Diagnose einer PTBS, die deutlich ausgeprägt sei (ICD-10 F43.1), einer mittelgradigen depressiven Episode (ICD-10 F32.1) sowie einer kognitiven Störung, leicht bis mittelgradig, unklarer Ätiologie (aufgrund psychischer und / oder hirnorganischer Schädigung) (ICD-10 F06.7), differenzialdiagnostisch ICD-10 F07.8 (Sonstige organische Persönlichkeits- und Verhaltensstörungen aufgrund einer Krankheit, Schädigung oder Funktionsstörung des Gehirns).

Aus neuropsychologischer Sicht seien die in der Untersuchung erhobenen Befunde unfallbedingt, durch eine Kombination des direkten Unfallgeschehens und folgender Traumatisierung durch die Unfallfolgen, die damit veränderte geminderte kognitive und beeinträchtigte affektive Leistung und eine negativ veränderte gesamte psychosoziale Lage und der Lebenssituation. Eine genaue ätiologische Zuordnung der beschriebenen kognitiven Beeinträchtigungen sei nicht möglich und zur Bestimmung der MdE aktuell nicht relevant. Die genannten gesundheitlichen kognitiven und affektiven Einschränkungen in ihrer Kombination, unabhängig der Ätiologie (psychisch und / oder hirnorganisch) seien als Unfallfolgen zu werten, in aktueller Ausprägung mittelgradig bis zum Teil schwer, im Alltag sich deutlich auswirkend und begründeten eine Teil-MdE von 40 bis 60 v.H.

In der abschließenden Auswertung vom 10. Juni 2022 wiesen H2, F1 und L4 darauf hin, dass die von B3 mit einer MdE von 10 v.H. bewertete Peronaeusparese bereits in gewissem Rahmen Eingang in die unfallchirurgische Bewertung gefunden habe. Bei der neuropsychologischen Einschätzung der MdE auf 40 bis 60 v.H. bestehe eine gewisse Überlappung mit der mittelgradigen depressiven Störung. Damit könne aber an das obere Ende des vorgeschlagenen Spielraums gegangen werden. Die unfallchirurgische Bewertung stehe weitestgehend daneben. Sie schlugen daher ab dem 1. Dezember 2021 eine Gesamt-MdE von 70 v.H. bis zum Ablauf des dritten Jahres nach dem Unfall vor. Nachbegutachtungen seien angezeigt, da jeweils Besserungspotential gesehen worden sei.

Für die Beklagte nahm S5 beratungsärztlich am 27. Juli 2022 dazu Stellung. Die von B3 vorgenommene Bewertung der leichten Peronaeusparese mit einer MdE von 10 v.H. sei plausibel und nachvollziehbar.

Die Bewertung einer mittelgradigen bis schwergradigen depressiven Störung mit einer MdE von 10 v.H. teile er demgegenüber nicht. Eine PTBS sei nicht nachgewiesen, da bei fehlender Erinnerung an den eigentlichen Unfallhergang das sog. A-Kriterium nicht erfüllt sei. Erforderlich sei, dass der Betroffene sich an das Unfallgeschehen erinnern könne und dieses auch tatsächlich mitbekommen habe. Ansonsten entfalle die (im A-Kriterium geforderte) katastrophenartige Situation. Nach der Aktenlage hätten Anpassungsstörungen an die körperlichen Unfallfolgen vorgelegen (ICD-10 F43.2). Eine Anpassungsstörung sei nach den diagnostischen Leitlinien der ICD-10 eine zeitlich limitierte Störung infolge eines gravierenden externen Ereignisses, die in der Regel innerhalb eines Zeitraums von sechs Monaten bis zwei Jahren (bei depressiven Syndromen) abklinge. Bis zum Ende des zweiten Jahres nach dem Unfallereignis habe eine MdE in Höhe von 20 v.H. für die Anpassungsstörung als mittelbare Unfallfolge (hier eine Fehlanpassung an die körperlichen Verletzungsfolgen) vorgelegen. Deren Ursache könne auch in der notwendigen Behandlung einer Unfallfolge liegen. Es lägen erhebliche soziale Folgen des Unfalls vor, die im Verlauf eine überragende Bedeutung entwickelt hätten. Soziale Folgen des Arbeitsunfalls seien nicht berufsgenossenschaftlich zu entschädigen. Eine aus einer sozialen Folge entstehende medizinische Störung sei nicht mehr unfallabhängig. Die Gesamt-MdE habe bis zum 30. November 2021 30 v.H. betragen, danach 20 v.H. Die Funktionsbeeinträchtigung des rechten Beins sei bei der MdE bereits berücksichtigt.

Die Beurteilung in dem neuropsychologischen Gutachten teile er nicht, da die Diagnosekriterien einer PTBS nicht erfüllt seien, konkurrierende Faktoren für das seelische Befinden des Klägers nicht ausreichend berücksichtigt worden seien und eine unfallbedingte hirnorganische Läsion bei dem Kläger nicht belegt sei. Eine Nachuntersuchung sei nicht erforderlich.

Mit dem hier angefochtenen Bescheid vom 27. September 2022 gewährte die Beklagte dem Kläger aufgrund des Arbeitsunfalles vom 14. November 2019 eine Rente auf unbestimmte Zeit nach einer MdE von 20 v.H. ab dem 1. Dezember 2021 in laufender Höhe von 426,45 Euro monatlich ab dem 1. Oktober 2022 bis auf Weiteres. Sie anerkannte als Unfallfolge einen Zustand nach operativ versorgtem Bruch des rechten Sprunggelenks, Bruch des Brustbeins, Bruch der 3. bis 7. Rippe rechts, Bruch der 6. bis 10. Rippe links, Bruch des Schulterblatts rechts, Lungenquetschung, Prellung im Bereich des Herzens sowie Schädigung des Wadenbeinnervs (N. peronaeus) rechts, Bewegungseinschränkungen und belastungsabhängige Beschwerden im Bereich des Sprunggelenks, der Schulter, des Thorax sowie der Brustwirbelsäule, Empfindungsstörungen im Bereich der durch die Operation entstandenen Narben bei noch einliegendem Fremdmaterial im Brustbereich, eine Fußheberschwäche rechts sowie eine vorübergegangene Anpassungsstörung.

Mit Widerspruchsbescheid vom 19. Dezember 2022 wies die Beklagte den hiergegen eingelegten Widerspruch des Klägers zurück. Die Diagnose einer PTBS sei nicht zu stellen, da der Kläger sich an den Unfallhergang nicht erinnern könne und kein ständiges bewusstes Wiedererleben einer selbst wahrgenommenen bedrohlichen Situation vorliege. Eine dauerhafte unfallbedingte Gehirnschädigung sei nicht belegt. Derzeitige Beeinträchtigungen auf psychologischem Fachgebiet seien nicht mehr dem Unfall zuzurechnen. Daher könne hieraus keine MdE resultieren. Die neurologischen und chirurgischen Unfallfolgen seien zutreffend erfasst und bewertet worden. Die Feststellung der MdE nehme die Berufsgenossenschaft vor. Sie sei hierbei nicht an die Vorschläge der Gutachter gebunden.

Der Kläger hat am 9. Januar 2023 hiergegen Klage beim Sozialgericht Heilbronn (SG) erhoben, zu deren Begründung er wie bereits in seinem Widerspruch darauf verwiesen hat, dass mehrere Ärzte die PTBS in Kenntnis seiner fehlenden Erinnerung an den Unfall diagnostiziert hätten. Unabhängig von der genauen Diagnose handele es sich nicht lediglich um eine vorübergehende, zwischenzeitlich ausgeheilte Anpassungsstörung. Die Abweichung der von der Beklagten festgestellten MdE von 20 v.H. von der gutachterlichen Feststellung einer MdE von 70 v.H. sei eklatant und seitens der Beklagten in keiner Weise nachvollziehbar begründet worden.

Das SG hat zunächst ein Vorerkrankungsverzeichnis bei der AOK beigezogen.

Es hat dann zunächst S5 und – nach dessen Hinweis auf seine vorangegangene Tätigkeit im Verwaltungsverfahren – stattdessen L1 mit der Untersuchung und Begutachtung des Klägers auf nervenärztlichem Fachgebiet beauftragt.

Der Sachverständige hat sein Gutachten am 16. Mai 2023 erstattet. Der Kläger hat nach der Anamnese über Schmerzen und Einschränkungen am rechten Arm, am rechten Sprunggelenk, am Oberkörper, beim Atmen im Thorax, Schmerzen beim schweren Heben und Tragen berichtet, daneben über Durchschlafstörungen, Wachliegen, Grübeln, Angst, Panik, Konzentrationsstörungen, sexuelle Funktionsstörung und fehlende soziale Kontakte. Er stelle sich immer wieder in der psychiatrischen Tagesklinik bei K5 vor. Er nehme Ibuprofen 300 mg bei Bedarf (bei starken Schmerzen) ein. Ansonsten sei seit 2021 bis ca. Februar 2023 50 mg Sertralin eingesetzt gewesen; er habe dieses Psychopharmakon abgesetzt, nachdem er eine Verminderung der Libido bemerkt habe. Hobbys habe er inzwischen keine mehr. Ein GdB von 50 sei zuerkannt. Zum Tagesablauf berichte der Kläger, nach dem Morgengebet in der Früh richte er sich, frühstücke, tue dieses und jenes, bzw. gehe auch nach draußen. Später, nach dem Mittagsgebet und nach dem Mittagessen, spiele er mit seiner Tochter. Nachmittags und abends bete er wieder. Eher später am Abend lege er sich zum Schlafen hin.

Im neurologischen Befund hat der Sachverständige u.a. Folgendes ausgeführt: Bei der Sensibilitätsprüfung habe sich ein sensibles Defizit im Narbengebiet an der rechten Brust und schwer reproduzierbar (im Sinne einer von dem Kläger nicht beklagten Gefühlsstörung) im distalen Versorgungsgebiet des Ramus superficialis und des Ramus profundus aus dem Nervus peronaeus rechts ergeben. Im Versorgungsgebiet dieses Nervs sei auch fraglich ein neuropathischer Schmerz vorhanden. Hirnorganisch sei der Status, soweit im Zuge einer klinischen Untersuchung beurteilbar, unauffällig. Der Proband sei wach, klar und voll orientiert; umschriebene Hirnwerkzeugstörungen (und auch Störungen von Orientierung, Konzentration, Gedächtnis und Durchhaltefähigkeit) lägen nicht vor. Das Auffassungsvermögen sei ebenso wie die Umstellungsfähigkeit regelrecht.

Zum psychiatrischen Befund hat der Sachverständige ausgeführt, dass der Kläger offen, freundlich zugewandt und kooperationsbereit sei. Sämtliche Fragen würden prompt und ohne Umschweife beantwortet, wenn auch bei bestimmten Themen mit erkennbarer emotionaler Belastung. Es ergäben sich keinerlei Hinweise auf bewusste Simulation oder plumpe Aggravation von Beschwerden. Die Stimmung sei leicht bis durchaus mittelschwer depressiv ausgelenkt. Affektiv bestehe eine eingeschränkte Schwingungsfähigkeit. Die Psychomotorik sei gebunden, der Antrieb eingeschränkt. Das Selbstwertgefühl sei reduziert. Freudlosigkeit, Interesselosigkeit und Appetitlosigkeit hätten sich andeutungswiese ebenfalls feststellen lassen. Angst, Panik und Perspektivstörungen bestünden erkennbar, verbunden mit einer inneren Unruhe und Anspannung. Das formale Denken zeige Hemmungen, das inhaltliche sei regelrecht. Depressionstypische Schlafstörungen würden vorgebracht (Früherwachen, Durchschlafstörungen, Wachliegen, Grübeln, Gedankenkreisen).

Der Sachverständige hat als Diagnosen im Zusammenhang mit dem Unfall vom 14. November 2019 stattgehabte multiple körperliche Verletzungen, eine Teilschädigung neuraler Strukturen im Bereich des rechten Beines mit sensiblen Defiziten im distalen Versorgungsgebiet des Nervus peronaeus sowie eine Anpassungsstörung genannt. Unfallunabhängig bestünden eine depressive Störung, Angst und Panik.

Die Feststellung einer PTBS sei nicht gerechtfertigt, da die entsprechenden Kriterien nicht erfüllt seien. Eine psychoreaktive Störung (im Sinne einer Anpassungsstörung) sei nach dem Unfall und den doch schweren Verletzungen nachvollziehbar und begründet, aber grundsätzlich nur zeitlich begrenzt anzuerkennen. Den Anpassungsstörungen zuzuordnen seien auch sogenannte „subsyndromale" Typen einer PTBS. Nach einem Trauma müsse sich nicht zwangsläufig das „Vollbild" einer PTBS ausbilden, sondern es fänden sich nicht selten lediglich Teilsymptome, welche die Diagnose einer PTBS nach den ICD-10 oder DSM-IV-Kriterien nicht erlaubten. Nach den Vorgaben des ICD-10-Katalogs seien gutachtlich Anpassungsstörungen nach einem einmaligen belastenden Ereignis oder einer Lebensveränderung für nicht länger als 6 Monate und nur im begründeten Einzelfall bis zu 2 Jahren anzuerkennen. Bei über 6 Monaten anhaltenden Symptomen seien daher hohe Ansprüche sowohl an die psychische und/oder physische Primärschädigung als auch an den Nachweis weiterbestehender relevanter psychischer Beeinträchtigungen zu stellen. Einen wesentlichen Sonderfall stellten Betroffene mit anhaltenden schwereren körperlichen Schädigungsfolgen dar. In diesem Fall sei auf die DSM-IV-Klassifikation zu verweisen, die ausdrücklich beschreibe, dass bei anhaltender Belastungssituation eine Anpassungsstörung auch in einen chronischen Verlauf übergehen könne. Demnach sei ein – in der Regel bis zu 6 Monaten – verzögertes Abklingen der Symptomatik in einer derartigen Situation nur dann zu erwarten, wenn auch die anhaltende Belastung durch den körperlichen Folgeschaden nachweislich nicht abgeklungen sei. Er gehe im vorliegenden Fall von einer durchaus relevanten Anpassungsstörung aus und nehme eine MdE / Einschränkung der beruflichen Belastbarkeit / der Invalidität von 30 % für einen Zeitraum von 6 Monaten an. Die inhaltliche Ausgestaltung einer Depressivität bzw. einer Angststörung (das gedankliche Erleben) hänge nachvollziehbar sehr stark vom psychosozialen Kontext und von den spezifischen Erfahrungen eines jeden Einzelnen ab. So sei es verständlich, dass eine Depression / Angst nach einem stattgehabten (Psycho-)Trauma bzw. nach einem einschneidenden Erlebnis immer wieder entsprechende Gedanken wachrufe, ohne dass dieses Trauma dann als tatsächlich Ursache der Verstimmung anzunehmen sei. Traumaunabhängige, persönlichkeitsimmanente Faktoren träten nach Ablauf einer Anpassungsstörung (oder auch einer PTBS) in der Regel zunehmend in den Vordergrund und seien verantwortlich für den weiteren Verlauf. Die bis jetzt bestehende Depressivität müsse als unfallunabhängig eingeordnet werden, auch wenn diese durch den Unfall und seine Folgen inhaltlich ausgestaltet (nicht aber verursacht) werde.

Nervenärztlicherseits liege eine MdE von unter 10 % vor, da eine messbare MdE für die schwer reproduzierbaren sensiblen Missempfindungen im distalen Versorgungsgebiet des Nervus peronaeus nicht bestehe.

Eine relevante Abweichung von Vorgutachten sehe er nicht. Entscheidend im vorliegenden Fall sei ein chirurgisch-orthopädisches Gutachten.

Der Bevollmächtigte des Klägers hat hiergegen eingewandt, dass anders als bei den von der Beklagten im April 2022 eingeholten Gutachten keine profunde persönliche Untersuchung stattgefunden habe. Es sei unstreitig, dass der Kläger keine eigene Erinnerung an den Unfallhergang habe, sondern diesbezüglich eine Amnesie vorliege. Nach dem Gutachten von L1 liege jedenfalls eine posttraumatische (psychische) Gesundheitsbeeinträchtigung vor. Die von L1 unter Rückgriff auf abstrakte Regelverläufe angenommene Beschränkung der psychischen Beeinträchtigung im konkreten Fall auf 6 Monate sei weder medizinisch noch rechtlich nachvollziehbar. Dies gelte auch für die Beurteilung, dass nach 6 Monaten unfallunabhängige persönlichkeitsimmanente Faktoren Ursache für die fortbestehenden psychischen Beeinträchtigungen seien. Soweit L1 ausführe, dass ein Trauma durchaus geeignet sei, immer wieder depressive Gedanken oder Ängste hervorzurufen, erschließe sich nicht, weshalb das streitgegenständliche Trauma hierfür nicht ursächlich sein solle. Die in dem Gutachten zitierten Unterlagen seien auch unvollständig, da sämtliche Berichte ab dem 28. Februar 2020 fehlten.

Der Kläger hat zugleich noch weitere Unterlagen vorgelegt, in denen eine PTBS sowie eine depressive Episode diagnostiziert worden seien. Dabei hat es sich um einen Arztbericht von K5 von der Klinik für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie des R2 Krankenhauses B4 vom 22. Dezember 2022 gehandelt, in dem anamnestisch berichtet wird, dass der Kläger weiter durch die Folgen des Unfalls massiv körperlich beeinträchtigt sei und er nicht arbeiten könne. Außerdem bestünden Symptome einer atypischen PTBS. Diese sei deshalb atypisch, weil er aufgrund eines begleitenden Schädelhirntraumas eine Amnesie für den Unfall habe und daher keine sicheren bildhaften Erinnerungen. Er träume aber regelmäßig albtraumhaft, wie der Unfall ablaufe, er sich von der Unfallstelle wegbewege und am Friedhof in einen offenen Sarg steigen solle. Er sei absolut angespannt und könne sich mit dem Unfall noch kaum auseinandersetzen. Für ihn sei weiterhin psychisch sehr belastend, dass er aktuell auf ein finanzielles Chaos zulaufe, da er aus dem Arbeitslosengeld ausgesteuert werde und bislang von der BG lediglich 20 % Erwerbsunfähigkeitsrente zugesprochen bekommen habe. Im psychischen Befund ist eine ausgeprägte Anspannung, die bei Thematisierung des Unfallgeschehens noch deutlich steige, vermerkt, ferner ein intrusives Erleben in Form von Albträumen wie beschrieben. Es bestehe ein Vermeidungsverhalten in Bezug auf die Unfallthemen. Weiter liege eine depressive Auslenkung mit deutlicher Beeinträchtigung der Lebensfreude sowie der affektiven Schwingungsfähigkeit und einem Gefühl der Hilflosigkeit wie Ausgeliefertsein vor. Die Symptomatik des Patienten sei klar als unfallbezogen zu bezeichnen. Es bestehe eine PTBS sowie eine damit in Zusammenhang stehende depressive Symptomatik. Diese ist dringend behandlungsbedürftig, weshalb eine teilstationäre Behandlung geplant sei.

Vorgelegt ist ferner der vorläufigen Entlassbericht der Klinik für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie des R2 Krankenhauses B4 (S6) vom 11. April 2023 über die dortige teilstationäre Behandlung vom 31. Januar 2023 bis 11. April 2023 mit den Diagnosen einer PTBS und einer mittelgradigen depressiven Episode. Der Kläger habe sich durch die tagesklinische Behandlung in der psychosomatischen Abteilung psychisch stabilisieren können und fühle sich mittlerweile in der Lage, an einer beruflichen Reintegrationsmaßnahme oder beruflichen Ersteingliederung teilzunehmen, bedürfe aber psychologischer und pädagogischer Unterstützung. Da er körperliche Einschränkungen aufgrund des erlittenen Arbeitsunfalls habe, sollte überprüft werden, ob er durch eine entsprechende berufliche Qualifizierung eine leidensgerechte Tätigkeit finden könne; der Kläger vermöge sich eine Ausbildung im kaufmännischen Bereich vorstellen. Bei Vorliegen einer sexuellen Funktionsstörung sei die antidepressive Therapie mit Sertralin schrittweise reduziert und abgesetzt worden. Die (Schmerz-)Medikation bestehe nur noch in Ibuprofen 600 mg bei Bedarf.

Daneben ist auch ein Befundbericht von S6 vom 21. Februar 2023 zu den Akten gelangt, wonach aufgrund der körperlichen, persistierenden Einschränkung – bei Belastung gesteigerte Beschwerden bzw. Schmerzen an dem bei dem Unfall erheblich verletzten Thorax – eine schwere körperliche Arbeit nicht mehr möglich sei. Darüber hinaus bestehe eine ausgeprägte PTBS mit Hyperarousal, intrusivem Erleben, Gereiztheit, diffusen Ängsten wie ausgeprägtem depressivem Syndrom. Auch liege eine kognitive Beeinträchtigung vor, die anhand der vorliegenden Befunde insgesamt leicht rückläufig erscheine.

Der Bevollmächtigte hat weiter ausgeführt, dass der Kläger derzeit (Juli 2023) mit Unterstützung des R2 V1 zu Lasten der Bundesagentur für Arbeit an einem dreimonatigen Programm zur Klärung von Arbeitsmöglichkeiten und Umschulungsmaßnahmen teilnehme. Er hat hierzu eine nach Aktenlage erstellte sozialmedizinische gutachterliche Stellungnahme (hier Teil B) des Ärztlichen Dienstes der Agentur für Arbeit, P1 vom 3. April 2023 vorgelegt, nach der der Kläger mit qualitativen Einschränkungen in der Lage sei, körperlich leichte bis mittelschwere Arbeiten vollschichtig zu verrichten. Bei Ausbildungen oder Qualifizierungen werde voraussichtlich ein besonderer Rahmen, wie beispielsweise eine berufsfördernde Leistung mit pädagogischer und psychologischer Betreuung benötigt.

Das SG hat zu den Einwendungen eine ergänzende Stellungnahme bei L1 eingeholt, in der dieser mit Datum vom 28. Juli 2023 Ausführungen zu dem von dem Kläger beanstandeten Ablauf der Begutachtung gemacht hat und auf die weiteren medizinischen Unterlagen eingegangen ist. In den Berichten vom 31. August 2020 und 16. Dezember 2020 sei lediglich der Verdacht auf eine PTBS gestellt worden. In dem Bericht des S4 Klinikums vom 29. April 2021 werde die PTBS definitiv diagnostiziert, gleichzeitig aber auch eine schwere depressive Episode und in diesem Zusammenhang ein massiver Partnerschaftskonflikt sowie eine schwierige Situation für ihn seit 2012 dokumentiert. Die dort berichtete Amnesie mache eine wiederholte Erinnerung an das Unfallgeschehen letztendlich schwer nachvollziehbar.

Auch unter Berücksichtigung der neueren Unterlagen bleibe er bei der Feststellung einer stattgehabten Anpassungsstörung und stelle fest, dass es neben dem Unfallereignis weitere Belastungen im psychosozialen Umfeld gehabt habe, die der Kläger im Zuge der Begutachtung nicht angegeben habe. Er bleibe bei der Feststellung einer unfallunabhängig bestehenden Depressivität und Angst, die vor dem Hintergrund des stattgehabten Ereignisses inhaltlich ausgestaltet, jedoch nicht verursacht worden sei. Letztendlich spreche auch dafür, dass eine progrediente Klinik in der Akte beschrieben sei. So habe sich nach dem Bericht des S4 Klinikums im Verlauf der stationären Behandlung vom September bis November 2021 eine Gesamtstabilisierung ergeben. Im weiteren Verlauf seien dann auch bis 2023 erneut mittelgradig depressive Störungen, Ängste und Panik festgestellt worden.

Eine Anpassungsstörung an ein schweres Trauma habe er anerkannt; gleichzeitig seien die Kriterien einer PTBS nicht erfüllt. Der Sachverständige hat hierzu auch allgemeine Ausführungen zur PTBS nach dem Stand der aktuellen Diagnosesysteme und den hierzu erforderlichen Kriterien A bis F im Achsensystem gemacht und hat unter anderem darauf hingewiesen, dass sie in der Fachliteratur als eine neue „Volkskrankheit" und „Modediagnose" angesehen werde. Im Trauma-Opfer-Sein liege ein suggestives Potenzial, mit dessen Hilfe vielfältige biographische Problemlagen scheinbar geordnet und bewältigt werden könnten. Auch bei erlittenen schweren traumatischen Erfahrungen komme es nicht zwangsläufig zu der Ausbildung einer PTBS.

Der Bevollmächtigte hat noch mitgeteilt, dass das Gutachten auch nach der Stellungnahme für den Kläger nicht überzeugend sei. Ein ergänzendes Gutachten sei daher notwendig. Die für ein Gutachten nach § 109 SGG von dem SG angeforderte Vorschusszahlung von 3.500 Euro könne von dem Kläger aber aus wirtschaftlichen Gründen nicht geleistet werden.

Mit Gerichtsbescheid vom 16. Oktober 2023 hat das SG die Klage nach Anhörung der Beteiligten zu dieser Verfahrensweise abgewiesen. Die Klage sei unbegründet, weil der Kläger wegen der Folgen des Arbeitsunfalles vom 14. November 2019 keinen Anspruch auf Gewährung einer Verletztenrente nach einer MdE von 70 v.H. habe. Die Kammer verweise zunächst auf die Ausführungen der Beklagten in dem angefochtenen Widerspruchsbescheid vom 19. Dezember 2022. Auf orthopädischem Fachgebiet lasse sich eine MdE von mehr als 20 v.H. nicht nachweisen. Die Kammer stütze sich dabei auf das Erste Rentengutachten vom 9. März 2022. Konkrete Einwendungen gegen die Bewertung der verbliebenen Gesundheitsstörungen auf orthopädischem Fachgebiet seien von dem Kläger nicht erhoben worden. Auf nervenärztlichem Fachgebiet lasse sich eine unfallbedingte MdE von mehr als 10 v.H. nicht nachweisen. Eine PTBS liege nicht im erforderlichen Vollbeweis vor. Dies stehe zur Überzeugung der Kammer aufgrund der vorliegenden Befunde sowie der schlüssigen und nachvollziehbaren Ausführungen des L1 fest. Als Unfallfolge des Ereignisses vom 14. November 2019 habe der Kläger eine Anpassungsstörung erlitten. Diese sei, wie L1 plausibel ausgeführt habe, jedoch nur zeitlich begrenzt anzuerkennen und mit einer MdE von 30 v.H. für einen Zeitraum von 6 Monaten anzunehmen. Die bei dem Kläger vorliegende und auch von L1 diagnostizierte depressive Erkrankung werde zwar durch den Unfall und seine Folgen inhaltlich ausgestaltet, sei durch diesen jedoch nicht rechtlich wesentlich verursacht worden, wie auch L1 in seinem Gutachten schlüssig und nachvollziehbar dargelegt habe. Die bei dem Kläger bestehende depressive Störung, Angst und Panik beruhten in erster Linie auf psychosozialen Belastungsfaktoren, die sich aus dem privaten Umfeld des Klägers ergäben. Hierauf habe auch die im Verwaltungsverfahren beauftragte Sachverständige B3 hingewiesen. Die durch die Č1 diagnostizierte kognitive Störung aufgrund psychischer und/oder hirnorganischer Schädigung lasse sich bei dem Kläger nicht nachweisen. Eine hirnorganische Störung habe sich bei dem Kläger nach dem Gutachten von L1 nicht belegen lassen. Eine Gesamt-MdE von mehr als 20 v.H. lasse sich nach alledem nicht begründen.

Der Kläger hat am 8. November 2023 Berufung beim Landessozialgericht Baden-Württemberg (LSG) eingelegt.

Er stützt sich auf die von der Beklagten eingeholten Gutachten, aus denen sich eine MdE von 70 v.H. ergebe, und verweist ergänzend auf sein bisheriges Vorbringen. Angesichts des Widerspruchs zwischen sämtlichen Berichten der behandelnden Ärzte und der im Verwaltungsverfahren eingeholten Gutachten einerseits wie der beratungsärztlichen Stellungnahme von S5 und dem gerichtlichen Sachverständigengutachten von L1 andererseits wäre die Einholung eines weiteren Gutachtens von Amts wegen erforderlich gewesen. L1 habe sich nicht mit den abweichenden Gutachten auseinandergesetzt und habe die Gutachten und Berichte zunächst nur unvollständig berücksichtigt. Der Ablauf der Begutachtung bei L1 sei mehr als unglücklich und die Exploration nur kurz gewesen. Einen Antrag nach § 109 SGG könne er aufgrund seiner finanziellen Situation nicht stellen.

Eine PTBS bzw. eine dem Arbeitsunfall kausal zuzuordnende und nach wie vor anhaltende schwere psychischen Beeinträchtigung, sei es eine PTBS, eine atypische PTBS oder auch eine subsyndromale PTBS im Sinne einer Anpassungsstörung sei nachgewiesen. Entgegen dem Gutachten von L1 seien die Kriterien einer PTBS erfüllt. Der Unfall sei insoweit als Trauma anzusehen. Dem SG könne auch nicht gefolgt werden, soweit es bezüglich der unstreitig fortbestehenden und andauernden Beeinträchtigungen eine rechtlich wesentliche Verursachung durch den Unfall verneint habe und für diese bestehenden Beeinträchtigungen konkurrierende Faktoren von überragender Bedeutung angenommen habe. Auch L1 sehe einen direkten Zusammenhang zwischen der psychischen Situation des Klägers und dem Unfall, der diese Situation ausgestaltet habe. Es gebe keine überzeugende Begründung dafür, dass sich die Belastungssituation, die zu seinen unstreitig bestehenden gesundheitlichen Beeinträchtigungen führte, im Sinne der Kausalitätslehre wesentlich aus seinem privaten Umfeld ergeben. Die angeführten belastenden Umstände wie finanzielle Sorgen, eheliche Probleme, Minderwertigkeitsgefühle aufgrund der Arbeitslosigkeit usw. seien wesentlich durch den Unfall verursacht. Vor dem Unfall sei er gesund, arbeitstätig wie zufrieden gewesen und habe in geordneten finanziellen Verhältnissen und einer glücklichen Ehe gelebt. Infolge des Unfalls sei er schwerverletzt gewesen, habe ständig dauerhafte enorme Schmerzen gehabt, sei arbeitsunfähig gewesen, als Verdiener ausgefallen und habe seine Familie nicht mehr wie zuvor unterstützen oder privat aktiv sein können. Fraglos und unstreitig bestanden und bestünden Probleme in seinem sozialen, finanziellen und persönlichen Umfeld. Seine gravierenden psychischen Beeinträchtigungen seien bei lebensnaher Betrachtung wesentlich auf den streitgegenständlichen Unfall zurückzuführen.

Hierbei könne schlussendlich dahingestellt bleiben, wie man die Beeinträchtigungen medizinisch bezeichne oder unter welche ICD-Klassifikation man sie eingruppiere. Bei der Wertung im Bereich der Kausalität komme es vor allem auf die individuelle Person mit ihrer jeweiligen Struktureigenheit an. Als wesentliche Ursachen anzusehende individuelle Krankheitsanlagen hätten bei ihm nicht vorgelegen. Der Unfall sei kein alltägliches Ereignis und damit keine sogenannte Gelegenheitsursache gewesen. Soweit der Senat dies für erforderlich halte, werde eine erneute Begutachtung angeregt.

Der Kläger beantragt,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Heilbronn vom 16. Oktober 2023 aufzuheben und die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 27. September 2022 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19. Dezember 2022 zu verurteilen, ihm wegen des Arbeitsunfalls vom 14. November 2019 ab dem 1. Dezember 2021 eine höhere Verletztenrente nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von 70 vom Hundert zu gewähren,

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Es könne entgegen der Auffassung des Klägers nicht dahingestellt bleiben, welche Diagnose den (unfallbedingten) Beschwerden zugrunde liege, da nur mit einer zutreffenden Diagnose eine korrekte Behandlung sowie eine zutreffende MdE-Bewertung stattfinden könne. Unfallfolgen müssten im Vollbeweis nachgewiesen werden. Dies sei bei der PTBS nicht der Fall, da es bei fehlender Erinnerung bereits an dem A-Kriterium fehle. Stattdessen habe eine Anpassungsstörung vorgelegen, die nach Ablauf von zwei Jahren als abgeklungen gelte. Es lägen daneben erhebliche psychosoziale Belastungsfaktoren vor, hier intrafamiliäre Konflikte, gesundheitliche Probleme der Eltern, finanzielle Sorgen, schwierige Zukunftsprognose durch verbesserungsbedürftige Sprachkenntnisse und einem Schulabschluss, der in Deutschland nur teilweise anerkannt werde, Hadern mit der Unfallursache. Belastungsfaktoren aus dem psychosozialen Umfeld könnten durch die Berufsgenossenschaft jedoch nicht entschädigt werden, da es an einer rechtlich-wesentlichen Ursache fehle. Auch der Crescendo-Charakter der Beschwerden, die durch die Streitigkeiten mit der Beklagten verstärkt worden sei, deute auf ein unfallunabhängiges Geschehen hin, ohne dass dies von der Gutachterin Č1 bewertet worden sei. Die Beklagte hat ferner auf die beratungsärztliche Stellungnahme von S5 vom 27. Juli 2022 sowie auf das Gutachten und die Stellungnahme des Sachverständigen L1 verwiesen.

Der Kläger hat mit der Berufungsbegründung einen Arztbrief des K2 vom 7. Juli 2023 vorgelegt. Dieser hat als Diagnosen ein Polytrauma, eine traumatische axonal betonte Läsion des Nervus fibularis (peronaeus) communis rechts sowie eine Angst und depressive Störung, gemischt, angegeben. Die chronische Angstdepression sei eine Folgeschädigung nach dem Arbeitsunfall. Aus seiner Sicht bestehe ein deutlicher Zusammenhang zwischen dem erlittenen Unfall, der zu Arbeitsunfähigkeit geführt habe und der aktuellen chronischen Depression mit Grübelzwang. Niedergeschlagenheit und insbesondere großen Zukunftsängsten. Der Kläger fühle sich mit 36 Jahren invalide und wolle unbedingt dagegen etwas tun. Er suche nach einer Umschulung durch die Arbeitsagentur. Sein Verfahren seitens der Berufsgenossenschaft hinsichtlich Anerkennung der Unfallfolgen sei diffus. Eine klare Entscheidung sei bisher noch nicht getroffen worden. Eine medikamentöse Therapie sei nicht sinnvoll, zumal die Einnahme von Sertralin zum Libidoverlust geführt habe. Er empfehle eine konsequente Psychotherapie.

Weiter hat er noch Teil A der nach Aktenlage erstellten Sozialmedizinischen gutachterlichen Stellungnahme der Agentur für Arbeit L2 von P1 vom 3. April 2023 vorgelegt. Dort sind als Diagnosen eine PTBS, eine mittelgradige depressive Episode, eine leichte kognitive Störung sowie ein Gelenkschmerz in der Schulterregion angegeben.

Der Kläger hat weiter noch eine Stellungnahme der O1 vom S4 Berufliches Trainingszentrum, S7 vom 3. Januar 2024 vorgelegt. Sie hat eine mittelgradige depressive Episode, eine PTBS, einen Zustand nach Polytrauma durch Arbeitsunfall 2019 mit chronischem Schmerzsyndrom sowie einen Verdacht auf leichte kognitive Störung nach cerebraler Hypoxie diagnostiziert. In der Darstellung der Befunde führt sie u.a. aus, dass der Antrieb einerseits leicht gemindert sei bei andererseits deutlicher Anspannung, die Stimmung wäre depressiv mit eingeschränkter Schwingungsfähigkeit im positiven Bereich. Der Gedankengang sei formal geordnet, aber mit Neigung zum Grübeln über die Unfallursache und den Folgen für die Zukunft der Familie. Es bestünden unbestimmte Ängste, auch Widerhallerlebnisse an die Zeit auf der Intensivstation und Ängste vor eigenen aggressiven Impulsen. Die Konzentrationsfähigkeit sei subjektiv gemindert, was objektiv bei der Exploration nicht zu erkennen sei. Die Merkfähigkeit sei soweit bis auf die antero- und retrograde Amnesie um das Unfallereignis erhalten. Die Durchhaltefähigkeit sei gemindert.

Des Weiteren hat er eine ärztliche Stellungnahme von K5 vom R2 Krankenhaus B5 vom 1. März 2024 zu dem Gutachten von L1 zu den Akten gereicht. Danach liege bei dem Kläger entgegen dessen gutachterlichen Einschätzung klar die Diagnose einer PTBS nach schwerem Unfalltrauma am 14. November 2019 vor, außerdem eine depressive Störung, die im Zusammenhang mit der PTBS gesehen und daher ebenso als unfallabhängig gesehen werden müsse. Der Kläger habe im Wesentlichen eine Thoraxverletzung erlitten, jedoch kein Schädelhirntrauma. Folglich sei davon auszugehen, dass er den Unfall in vollem Bewusstsein erlebt habe, sich über diese Erinnerung jedoch eine sogenannte „dissoziative Amnesie“ gelegt habe. Im Rahmen von Albträumen erlebe er durchaus „Fragmente der Erinnerung", etwa, dass ihn ein Kollege kurz nach Eintritt des Unfalls anspreche. Es gebe weiter „bedrohliche Filme“, die er wiederholt erlebe, die sich jedoch eher auf die anschließende Krankenhauszeit bezögen, die mit Lebensgefahr und Todesbedrohung verbunden gewesen sei. Das bewusst erlebte Unfallgeschehen stelle sehr wohl ein A-Kriterium für eine PTBS dar, auch wenn aufgrund der dissoziativen Amnesie aktuell kein Zugriff auf die komplette Erinnerung bestehe. Die Symptome der PTBS seien so schwerwiegend ausgeprägt, dass an der Diagnose nicht gezweifelt werden könne. Der Kläger werde durch verschiedenste Trigger, die ihn an den Unfall erinnerten, in Angst und Panik versetzt, befinde sich einer permanenten Anspannung (Hyperarousal) und vermeide alles, was in irgendeiner Form mit dem Unfall zu tun hat. Er habe intrusives Erleben und Albträume an „Minifragmente“ während des Unfallgeschehens und an die spätere bedrohliche Krankenhauszeit.

Die Beklagte hat ihrerseits eine beratungsärztliche neurologische und psychiatrische Stellungnahme von S5 vom 15. April 2024 vorgelegt. Dieser hat die Diagnose der PTBS nicht bestätigt. Der Kläger könne sich offensichtlich nicht selbst bewusst an das Unfallereignis erinnern. Eine teilweise oder vollständige Amnesie bezüglich dieser peritraumatischen Episode könne vorkommen. Die bei der PTBS so typische Symptomatik ergebe sich gerade daraus, dass die mit dem traumatischen Ereignis assoziierten Erinnerungen aufgrund des massiven Stresserlebens während des traumatischen Erlebens nicht so integriert abgespeichert werden könnten, dass sie eine ganzheitliche Erinnerung ergäben, die eindeutig in der Vergangenheit liege. Vielmehr seien die Erinnerungsspuren fragmentiert und nicht direkt abrufbar, würden aber durch entsprechende sensorische Hinweisreize derart aktiviert, dass sich die Person quasi im traumatischen Erleben wiederfinde. Der Kläger könne sich nach seinen Angaben in dem Gutachten von B3 an den Unfall selbst nicht erinnern. Fragmentierte Erinnerungsspuren seien somit seinerseits nicht angeführt worden. Die notärztliche Analogsedierung könne eine anterograde Amnesie (Midazolam), aber auch eine retrograde Amnesie (Ketamin) auslösen.

Unabhängig davon sei zu bedenken, dass auch eine sogenannte „dissoziative Amnesie“ nicht zwangsläufig die Diagnose einer PTBS begründe. Hier seien dann sämtliche andere Diagnosekriterien zu prüfen.

Es bestünden bei der Beurteilung auch Schwierigkeiten, weil der Kläger erst seit 2012 in Deutschland lebe und fraglich sei, ob von ihm sprachliche Nuancen gerade bezogen auf eine seelische Symptomatik ausreichend erfasst würden; auch seien der Kläger und seine Ehefrau über die Folgen einer PTBS informiert worden und es lägen unfallunabhängige lebensgeschichtliche und aktuelle seelische Belastungen vor. Es bestünden auch erhebliche soziale Folgen des Unfalls, die aber nicht in der gesetzlichen Unfallversicherung entschädigungspflichtig seien. Sollte aus einer sozialen Folge eine medizinische bzw. seelische Störung resultieren, sei diese deshalb nicht mehr als unfallabhängig anzusehen, da die Kausalitätskette unterbrochen sei. Die Diagnose einer unfallbedingten Traumafolgestörung könne nicht zweifelsfrei bestätigt werden. Es bestünden mehrere Faktoren, die für eine Verschiebung der Wesensgrundlage sprächen. Entsprechend der Aktenlage habe eine vorübergehende Anpassungsstörung an die körperlichen Unfallfolgen bestanden. Die jetzt vorliegende seelische Symptomatik sei entsprechend der Aktenlage ursächlich überwiegend unfallfremden Faktoren geschuldet. Im Hinblick auf die abweichenden Diagnosen der behandelnden Ärzte liege es im Ermessen des LSG, gegebenenfalls in dem Berufungsverfahren eine weitere psychiatrische gutachterliche Untersuchung zu veranlassen.

Der Bevollmächtigte des Klägers hat hierzu eine erneute Stellungnahme des weiterhin behandelnden K5 vom 1. Juli 2024 vorgelegt und sich diese zu eigen gemacht. K5 hat darin sein bisheriges Vorbringen zum Teil wiederholt und auf S5 erwidert, dass der Kläger gut deutsch spreche und sich auch in Nuancen gut ausdrücken könne. Die Aufklärung der Patienten über Krankheitsbilder gehöre mit zu den Aufgaben der Behandler. Die unfallunabhangigen lebensgeschichtlichen und aktuellen seelischen Belastungen träten vor dem Hintergrund der unfallabhängigen Belastungen deutlich in den Hintergrund, seien als vergleichsweise unbedeutend zu bezeichnen und die Kausalitätskette sei nicht unterbrochen. S5 habe ausschließlich nach Aktenlage Stellung genommen und L1 habe mit dem Kläger weniger als 30 Minuten Kontakt gehabt. Er hat weiter darauf hingewiesen, dass die Diagnose einer PTBS von allen Behandlern und von der Gutachterin Č1 gestellt worden sei. Auch das Versorgungsamt und die Agentur für Arbeit hätten die Diagnose aufgenommen. Der Bevollmächtigte hat weiter ausgeführt, dass nach S5 als Folge des Unfalls eine psychische Gesundheitsstörung in Form einer vorübergehenden Anpassungsstörung aufgetreten sei und dass der Kläger dauerhaft unter einer seelischen Symptomatik leide. Entgegen der Auffassung von S5 seien die Voraussetzungen einer atypischen PTBS erfüllt und damit das Vorliegen einer unfallbedingten seelischen Beeinträchtigung gegeben. Auch eine Anpassungsstörung könne im Übrigen eine dauerhafte Unfallfolge sein.

Die Beklagte hat ihrerseits darauf hingewiesen, dass die unterschiedliche Diagnosestellung durch die unterschiedlichen Motivationen der Ärzte (als Therapeuten und als Gutachter) zwanglos erklärbar sei. Sie hat hierzu eine weitere beratungsärztliche Stellungnahme von S5 vom 16. Juli 2024 vorgelegt. Dieser hat darauf hingewiesen, dass die Beurteilungen des Ärztlichen Dienstes des Landratsamtes (Versorgungsamt) und des Ärztlichen Dienstes der Agentur für Arbeit ebenfalls nach Aktenlage erfolgt seien. Auch habe B3 in seinem Gutachten vom 28. April 2022 nicht eine PTBS diagnostiziert, so dass diese nicht ausschließlich von L1 und ihm selbst verneint werde. Es sei nicht ungewöhnlich, dass gutachterlicherseits oftmals Diagnosen, die im therapeutischen psychiatrischen - psychotherapeutischen Bereich gestellt würden, verneint würden. Zum einen liege bei der Gutachtenerstellung oftmals eine deutlich umfassendere Aktenlage als im therapeutischen Bereich vor. Zum anderen bestünden auch unterschiedliche Aufgaben, da der Arzt als Therapeut mit dem Ziel der Therapie dem Patienten glaube, der Arzt als Gutachter mit dem Ziel des Beweises hingegen prüfe. Nach erneuter Durchsicht der Aktenlage ergebe sich keine anderweitige Beurteilung der Sachlage.

Der Bevollmächtigte des Klägers hat hierzu ausgeführt, dass der Hinweis auf die Beurteilung nach Aktenlage oder nach persönlicher Untersuchung lediglich den Beweiswert betreffe. Hier hätten auch „objektive“ Gutachter beim Landratsamt und bei der Agentur für Arbeit eine PTBS diagnostiziert. Neben dem Gutachten B3 habe die Beklagte gerade in Bezug auf die streitgegenständliche Problematik noch das Zusatzgutachten Č1 in Auftrag gegeben. Ein behandelnder Arzt nehme die Schilderungen des Patienten auch nicht kritiklos entgegen und die von S5 angedeutete Grundhaltung treffe auf den Kläger nicht zu. Der Kläger hat daher angeregt, K5 als sachverständigen Zeugen zu vernehmen.

Auf den Hinweis des Senats, weshalb dies nicht beabsichtigt sei, hat er noch ausgeführt, dass nicht in Abrede gestellt werde, dass der Sachverständige L1 mit der Problematik einer PTBS vertraut sei. Die Untersuchung sei aber nicht optimal verlaufen, wie L1 in seiner ergänzenden Stellungnahme eingeräumt habe. Seine Erklärungen zum Ablauf am Beginn der Untersuchung dürften sein standardmäßiges Vorgehen widerspiegeln. Bewusst provokatives Verhalten, wie L1 es selbst einräume, sei jedoch nie eine gute Grundlage für ein fundiertes Ergebnis. Die falsche Zuordnung des Probanden sei auch nicht unmittelbar nach der Begrüßung erfolgt, sondern habe sich erst im Verlauf des Gesprächs herausgestellt. Im Hinblick auf diese Umstände sei der Beweiswert des auf einer unstreitig unvollständigen und bei sachgerechter Auslegung der Erklärung des Sachverständigen in Bezug auf die Person des Probanden auch unrichtigen Ausgangslage basierenden Gutachtens vom 16. Mai 2023 zu überprüfen. Soweit der Senat aus seiner Erfahrung darauf hinweise, dass die Diagnose PTBS gerade inflationär gestellt werde, decke sich dies mit dem Eindruck des Bevollmächtigten. Hieraus dürfe aber nicht abgeleitet werden, das Vorliegen der Diagnose PTBS grundsätzlich in Abrede zu stellen oder die Anforderungen zu eng auszulegen. Der Unfall habe angesichts seiner Schwere das A-Kriterium einer PTBS erfüllt. Daran ändere auch nichts, dass der Kläger sich nicht vollständig an den Unfall erinnere. Die von L1 angeführten Lebensumstände wie Eheprobleme, Verlust des Selbstwertgefühls, Angst vor dem Verlust der Ernährerrolle, die aus Sicht des Sachverständigen die Kausalität des Unfalls für die Anpassungsstörung beenden und unfallunabhängig zu einer neuen psychischen Beeinträchtigung führten, seien sämtlich direkte und völlig logische, nachvollziehbare Folgen des Unfalls. Selbst wenn man entsprechend der Auffassung von L1 nicht von einer PTBS, sondern von einer unfallbedingten Anpassungsstörung ausgehe, so dauere diese nach wie vor an und führe zu einer unfallbedingten MdE auf psychischem Gebiet.

Die Beklagte hat noch darauf hingewiesen, dass es sich bei der Diagnose einer Anpassungsstörung um eine vorübergehende Gesundheitsstörung handele, die i.d.R. nicht über 6 Monate nach dem Ereignis anhalte. In begründeten Einzelfällen könne eine Anpassungsstörung auch diagnostiziert werden, wenn die Störung über sechs Monate hinaus bestehe. Eine Anpassungsstörung komme nur in Betracht, wenn die Kriterien für eine andere spezifische Störung nicht erfüllt seien.

Hinsichtlich des weiteren Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der beigezogenen Verwaltungsakten Bezug genommen.


Entscheidungsgründe
Die form- und fristgerecht (§ 151 SGG) eingelegte Berufung des Klägers ist statthaft (§§ 143, 144 SGG) und auch im Übrigen zulässig, aber unbegründet.

Die Berufung richtet sich gegen den Gerichtsbescheid des SG vom 16. Oktober 2023, mit dem es die kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs. 1 und 4 SGG) auf Gewährung höherer Verletztenrente wegen des Arbeitsunfalls vom 14. November 2019 und Abänderung des Bescheides vom 27. September 2022 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 19. Dezember 2022 (§ 95 SGG) abgewiesen hat. Maßgebender Zeitpunkt für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage ist bei dieser Klageart grundsätzlich der Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung in den Tatsacheninstanzen (vgl. BSG, Urteil vom 2. September 2009 – B 6 KA 34/08 –, juris, Rz. 26; Keller in: Meyer-Ladewig/Keller/Schmidt, Kommentar zum SGG, 14. Aufl. 2023, § 54 Rz. 34).

Die Unbegründetheit der Berufung folgt aus der Unbegründetheit der Klage. Auch zur Überzeugung des Senats hat der Kläger keinen Anspruch auf Gewährung höherer Verletztenrente. Die Beklagte hat die Unfallfolgen zutreffend festgestellt und die Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) unter Berücksichtigung der einschlägigen Erfahrungssätze richtig bewertet. Der angefochtene Bescheid in der Gestalt des Widerspruchsbescheides ist daher nicht rechtswidrig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Das SG hat die Klage somit zu Recht abgewiesen.


Anspruchsgrundlage für die Gewährung einer Verletztenrente ist § 56 Abs. 1 Satz 1 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII). Danach haben Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit infolge eines Versicherungsfalls (§§ 8, 9 SGB VII) über die 26. Woche nach dem Versicherungsfall hinaus um wenigstens 20 v. H. gemindert ist, Anspruch auf Rente. Ist die Erwerbsfähigkeit infolge mehrerer Versicherungsfälle gemindert und erreichen die Vomhundertsätze zusammen wenigstens die Zahl 20, besteht für jeden, auch für einen früheren Versicherungsfall, Anspruch auf Rente (§ 56 Abs. 1 Satz 2 SGB VII). Die Folgen eines Versicherungsfalls sind nur zu berücksichtigen, wenn sie die Erwerbsfähigkeit um wenigstens 10 v. H. mindern (§ 56 Abs. 1 Satz 3 SGB VII). Den Versicherungsfällen stehen gleich Unfälle oder Entschädigungsfälle nach den Beamtengesetzen, nach verschiedenen Regelungen des Sozialen Entschädigungsrechts und nach den entsprechenden Gesetzen, die Entschädigung für Unfälle oder Beschädigungen gewähren (vgl. die Aufzählung in § 56 Abs. 1 Satz 4 SGB VII).

Die MdE richtet sich nach dem Umfang der sich aus der Beeinträchtigung des körperlichen und geistigen Leistungsvermögens ergebenden verminderten Arbeitsmöglichkeiten auf dem gesamten Gebiet des Erwerbslebens (§ 56 Abs. 2 Satz 1 SGB VII). Um das Vorliegen der MdE beurteilen zu können, ist zunächst zu fragen, ob das aktuelle körperliche oder geistige Leistungsvermögen beeinträchtigt ist. In einem zweiten Schritt ist zu prüfen, ob und in welchem Umfang dadurch die Arbeitsmöglichkeiten der versicherten Person auf dem gesamten Gebiet des Erwerbslebens vermindert werden. Entscheidend ist, in welchem Ausmaß Versicherte durch die Folgen des Versicherungsfalls in ihrer Fähigkeit gehindert sind, zuvor offenstehende Arbeitsmöglichkeiten zu ergreifen (Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 10. Aufl. 2024, S. 155 ff.). Die Bemessung des Grades der MdE erfolgt als Tatsachenfeststellung des Gerichts, die dieses gemäß § 128 Abs. 1 Satz 1 SGG nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung trifft (BSG, Urteil vom 18. Januar 2011 – B 2 U 5/10 R –, SozR 4-2700 § 200 Nr. 3, Rz. 16 m. w. N.). Die zur Bemessung der MdE in Rechtsprechung und Schrifttum herausgearbeiteten Erfahrungssätze sind dabei zu beachten. Sie sind zwar nicht für die Entscheidung im Einzelfall bindend, bilden aber die Grundlage für eine gleiche und gerechte Bewertung der MdE in zahlreichen Parallelfällen der täglichen Praxis und unterliegen ständigem Wandel (BSG, Urteil vom 22. Juni 2004 – B 2 U 14/03 R –, juris, Rz. 12).

Die Einschätzung der MdE setzt voraus, dass der jeweilige Versicherungsfall eine Beeinträchtigung des Leistungsvermögens hervorgerufen hat, entweder durch einen unfallbedingten Gesundheitserst- oder einen damit im Ursachenzusammenhang stehenden Gesundheitsfolgeschaden.
Nach § 7 Abs. 1 SGB VII sind Versicherungsfälle Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten.

Nach § 8 Abs. 1 Satz 1 SGB VII sind Arbeitsunfälle Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach den §§ 2, 3 oder 6 SGB VII begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit). Unfälle sind nach § 8 Abs. 1 Satz 2 SGB VII zeitlich begrenzte, von außen auf den Körper einwirkende Ereignisse, die zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führen. Ein Arbeitsunfall setzt daher voraus, dass der Betroffene durch eine Verrichtung vor dem fraglichen Unfallereignis den gesetzlichen Tatbestand einer versicherten Tätigkeit erfüllt hat und deshalb „Versicherter“ ist. Die Verrichtung muss ein zeitlich begrenztes, von außen auf den Körper einwirkendes Ereignis und dadurch einen Gesundheitserstschaden oder den Tod des Versicherten objektiv und rechtlich wesentlich verursacht haben (Unfallkausalität und haftungsbegründende Kausalität; ständige höchstrichterliche Rechtsprechung, vgl. BSG, Urteil vom 5. Juli 2016 – B 2 U 5/15 R –, juris, Rz. 13 m. w. N.).

Die unfallversicherungsrechtliche Zurechnung setzt erstens voraus, dass die Verrichtung der versicherten Tätigkeit den Schaden, gegebenenfalls neben anderen konkret festgestellten unversicherten (Wirk-)Ursachen, objektiv (mit-)verursacht hat. Für Einbußen der Verletzten, für welche die versicherte Tätigkeit keine (Wirk-)Ursache war, besteht schlechthin kein Versicherungsschutz und haben die Trägerinnen der gesetzlichen Unfallversicherung nicht einzustehen. (Wirk-)Ursachen sind nur solche Bedingungen, die erfahrungsgemäß die in Frage stehende Wirkung ihrer Art nach notwendig oder hinreichend herbeiführen. Insoweit ist Ausgangspunkt der Zurechnung die naturwissenschaftlich-philosophische Bedingungstheorie, nach der schon jeder beliebige Umstand als notwendige Bedingung eines Erfolges gilt, der nicht hinweggedacht werden kann, ohne dass der Erfolg entfiele („conditio sine qua non“). Im Recht der gesetzlichen Unfallversicherung muss eine versicherte Verrichtung, die im Sinne der „Conditio-Formel“ eine erforderliche Bedingung des Erfolges war, darüber hinaus in seiner besonderen tatsächlichen und rechtlichen Beziehung zu diesem Erfolg stehen. Sie muss (Wirk-)Ursache des Erfolges gewesen sein, muss ihn tatsächlich mitbewirkt haben und darf nicht nur eine im Einzelfall nicht wegdenkbare zufällige Randbedingung gewesen sein.

Ob die versicherte Verrichtung eine (Wirk-)Ursache für die festgestellte Einwirkung und die Einwirkung eine (Wirk-)Ursache für den Gesundheitserstschaden (oder den Tod) war, ist eine rein tatsächliche Frage. Sie muss aus der nachträglichen Sicht („ex post“) nach dem jeweils neuesten anerkannten Stand des Fach- und Erfahrungswissens über Kausalbeziehungen, gegebenenfalls unter Einholung von Sachverständigengutachten, beantwortet werden (vgl. dazu BSG, Urteil vom 24. Juli 2012 - B 2 U 9/11 R -, SozR 4-2700 § 8 Nr. 44, Rz. 61 ff.).

Eine Verrichtung ist jedes konkrete Handeln von Verletzten, das objektiv seiner Art nach von Dritten beobachtbar und subjektiv, also jedenfalls in laienhafter Sicht, zumindest auch auf die Erfüllung des Tatbestandes der jeweiligen versicherten Tätigkeit ausgerichtet ist. Als objektives Handeln der Verletzten kann es erste Ursache einer objektiven Verursachungskette sein. Diese kann über die Einwirkung auf den Körper, über Gesundheitserstschäden oder den Tod hinaus bis zu unmittelbaren oder im Sinne von § 11 SGB VII, der für die zweite Prüfungsstufe andere Zurechnungsgründe als die Wesentlichkeit regelt, mittelbaren Unfallfolgen sowie auch zur MdE reichen, derentwegen das SGB VII mit der Rente ein Leistungsrecht vorsieht (vgl. BSG, a. a. O., Rz. 31).

Erst wenn die Verrichtung, die möglicherweise dadurch verursachte Einwirkung und der möglicherweise dadurch verursachte Erstschaden festgestellt sind, kann und darf auf der ersten Prüfungsstufe der Zurechnung, also der objektiven Verursachung, über die tatsächliche Kausalitätsbeziehung zwischen der Verrichtung und der Einwirkung mit dem richterlichen Überzeugungsgrad mindestens der Wahrscheinlichkeit entschieden werden. Es geht hierbei ausschließlich um die rein tatsächliche Frage, ob und gegebenenfalls mit welchem Mitwirkungsanteil die versicherte Verrichtung, gegebenenfalls neben anderen konkret festgestellten unversicherten (Wirk-)Ursachen, eine (Wirk-)Ursache der von außen kommenden, zeitlich begrenzten Einwirkung auf den Körper von Versicherten war (vgl. BSG, a. a. O., Rz. 32).

Zweitens muss der letztlich durch die versicherte Verrichtung mitbewirkte Schaden rechtlich auch unter Würdigung unversicherter Mitursachen als Realisierung einer in den Schutzbereich der begründeten Versicherung fallenden Gefahr, eines dort versicherten Risikos, zu bewerten sein. Denn der Versicherungsschutz greift nur ein, wenn sich ein Risiko verwirklicht hat, gegen das die jeweils begründete Versicherung Schutz gewähren soll (vgl. BSG, a. a. O., Rz. 33).

Wird auf der ersten Stufe die objektive (Mit-)Verursachung bejaht, indiziert dies in keiner Weise die auf der zweiten Stufe der Zurechnung rechtlich zu gebende Antwort auf die Rechtsfrage, ob die Mitverursachung der Einwirkung durch die versicherte Verrichtung unfall-versicherungsrechtlich rechtserheblich, also wesentlich, war. Denn die unfallversicherungs-rechtliche Wesentlichkeit der (Wirk-)Ursächlichkeit der versicherten Verrichtung für die Einwirkung muss eigenständig rechtlich nach Maßgabe des Schutzzweckes der jeweils begründeten Versicherung beurteilt werden (vgl. BSG, a. a. O., Rz. 34). Sie setzt rechtlich voraus, dass der Schutzbereich und der Schutzzweck der jeweiligen durch die versicherte Verrichtung begründeten Versicherung durch juristische Auslegung des Versicherungstat-bestandes nach den anerkannten Auslegungsmethoden erkannt werden. Insbesondere ist festzuhalten, ob und wie weit der Versicherungstatbestand gegen Gefahren aus von ihm versicherten Tätigkeiten schützen soll (vgl. hierzu BSG, Urteil vom 15. Mai 2012 – B 2 U 16/11 R –, SozR 4-2700 § 2 Nr. 21, Rz. 21 ff.). Nur wenn beide Zurechnungskriterien bejaht sind, erweist sich die versicherte Verrichtung als wesentliche Ursache (vgl. BSG, Urteil vom 24. Juli 2012 – B 2 U 9/11 R –, SozR 4-2700 § 8 Nr. 44, Rz. 37).

Hinsichtlich des Beweismaßstabes gilt für die Beweiswürdigung bei der Tatsachenfeststellung, dass die Tatsachen, die solche Gesundheitsschäden erfüllen, im Grad des Vollbeweises, also mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit, für das Gericht feststehen müssen. Demgegenüber genügt für den Nachweis der naturphilosophischen Ursachenzusammenhänge zwischen der versicherten Einwirkung und einem Gesundheitserstschaden sowie zwischen einem Gesundheitserst- und einem Gesundheitsfolgeschaden der Grad der (hinreichenden) Wahrscheinlichkeit, nicht allerdings die Glaubhaftmachung und erst recht nicht die bloße Möglichkeit (vgl. BSG, Urteile vom 2. April 2009 – B 2 U 9/07 R –, juris, Rz. 16 und vom 31. Januar 2012 – B 2 U 2/11 R –, SozR 4-2700 § 8 Nr 43, Rz. 17).

Das Bestehen einer Beeinträchtigung des körperlichen und geistigen Leistungsvermögens muss ausgehend von konkreten Funktionseinbußen beurteilt werden. Soweit die MdE sich nicht ausnahmsweise unmittelbar aus den Unfallfolgen erschließt, bilden festgestellte und eindeutig nach gängigen Diagnosesystemen (z. B. ICD-10) konkret zu bezeichnende Krankheiten (vgl. BSG, Urteile vom 9. Mai 2006 – B 2 U 1/05 R –, BSGE 96, 196 <203> und vom 15. Mai 2012 – B 2 U 31/11 R –, juris, Rz. 18; Urteile des Senats vom 26. November 2015 – L 6 U 50/15 –, juris, Rz. 48 m. w. N. und vom 17. März 2016 – L 6 U 4796/13 –, juris, Rz. 37), wobei von einem normativ-funktionalen Krankheitsbegriff auszugehen ist (vgl. BSG, Urteil vom 27. Juni 2017 – B 2 U 17/15 R –, juris, Rz. 22 m. w. N.), die Tatsachengrundlage, von der ausgehend die Beeinträchtigung des körperlichen oder seelischen Leistungsvermögens auf dem Gebiet des gesamten Erwerbslebens zu beurteilen ist (BSG, Urteil vom 18. Januar 2011 – B 2 U 5/10 R –, SozR 4-2700 § 200 Nr 3, Rz. 17 m. w. N.).


Ausgehend hiervon hat die Beklagte mit dem insoweit nicht angefochtenen Bescheid das Ereignis vom 14. November 2019 – auch für den Senat bindend (§ 77 SGG) – als Arbeitsunfall anerkannt. Sie hat ferner die dem Grunde nach nicht streitige Rente auf unbestimmte Zeit ab dem 1. Dezember 2021 zu Recht nach keiner höheren MdE als 20 v.H. gewährt, da die bei dem Kläger in dem Zeitraum seit diesem Zeitpunkt zur Überzeugung des Senats noch vorliegenden unfallbedingten Gesundheitsstörungen keine höhere MdE begründen.

Die anerkannte MdE von 20 v.H. ergibt sich im Wesentlichen aus den in den im hier streitbefangenen Zeitraum ab dem 1. Dezember 2021 noch fortdauernden unfallbedingten Gesundheitsschäden auf orthopädischem bzw. unfallchirurgischem und neurologischem Fachgebiet. Die Beklagte hat insoweit als Unfallfolgen Bewegungseinschränkungen und belastungsabhängige Beschwerden im Bereich des Sprunggelenks, der Schulter, des Thorax sowie der Brustwirbelsäule, Empfindungsstörungen im Bereich der durch die Operation entstandenen Narben bei noch einliegendem Fremdmaterial im Brustbereich sowie eine Fußheberschwäche rechts festgestellt.

Der Senat stützt sich dabei auf das von der Beklagten im Verwaltungsverfahren eingeholte und hier im Wege des Urkundsbeweises (vgl. § 118 Abs. 1 SGG i. V. m. §§ 415 ff. Zivilprozessordnung [ZPO]) verwertbare unfallchirurgische Gutachten von H2.  Der Senat entnimmt dem Gutachten, dass die rechte Schulter in Folge der konsolidierten Scapulafraktur bei dem Unfall bei regelhafter Außenrotation von 80 Grad aktiv wie passiv endgradig bewegungseingeschränkt ist. Diese Bewegungseinschränkung führt bei den angegebenen Bewegungsausmaßen mit einer Vorwärtsbewegung des Arms (Anteversion) bis 130 Grad und einer Seitwärtsbewegung (Abduktion) bis 140 Grad nach den einschlägigen unfallversicherungsrechtlichen Erfahrungssätzen zu keiner messbaren MdE (vgl. Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 10. Aufl. 2024,  S. 521). Dem Gutachten ist ferner zu entnehmen, dass die aktive Fußhebung (Dorsalextension) wie auch die entsprechende passive Beweglichkeit des rechten OSG aufgehoben war (Heben des Fußes bis 0 Grad); das Senken war bis 30 Grad möglich. Dies begründet eine MdE von 10 v.H. (vgl. Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 10. Aufl. 2024, S. 715). Die nach dem ebenfalls urkundsbeweislich verwertbaren neurologisch-psychiatrischen Gutachten von B3 festzustellende und in dem Gutachten mit einer MdE von 10 v.H. eingeschätzte leichtgradige Peronaeusparese rechts (bei einer erfahrungsgemäß anzusetzenden MdE von 20 v.H bei Totalausfall des N. peronaeus communis, vgl. Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 10. Aufl. 2024, S. 283) betrifft ebenfalls die Fußhebung, so dass sich die Auswirkungen der Gesundheitsschäden überschneiden und es im Hinblick auf die insgesamt bestehende Funktionsbeeinträchtigung des rechten Fußes bei dieser MdE verbleibt. Hierauf ist auch der abschließenden Stellungnahme der Hauptgutachterin hingewiesen worden. Der Senat schließt sich dieser Einschätzung an, die im Ergebnis auch in der beratungsärztlichen Stellungnahme von S5 geteilt wird, und entnimmt den von L1 erhobenen Befunden, dass sogar eine weitere Besserung eingetreten ist, die eigentliche keine MdE seitens der unfallbedingten Verletzung mehr rechtfertigt. Denn bei dessen Untersuchung der Schädigung des N. peronaeus war die von dem Kläger dort auch nicht ausdrücklich geltend gemachte sensible Missempfindungen im distalen Versorgungsgebiet dieses Nervs nur noch schwer reproduzierbar. Eine Einschränkung des Gangs wurde weder geklagt noch von dem Sachverständigen festgestellt. Die daher mit der Schädigung des N. peronaeus verbundene nur noch sensible Störung bedingt daher aktuell noch nicht einmal eine messbare MdE, was der Sachverständige L1 neurologisch kundig und schlüssig dargelegt hat.

Aus dem unfallchirurgischen Gutachten folgt zusätzlich, dass die Beweglichkeit des Thorax in Folge des bei dem Unfall erlittenen Thoraxtraumas und der erfolgten operativen Versteifung eines sternocostalen Bewegungssegmentes rechts durch eine Plattenosteosynthese mit Lage des Osteosynthesematerials im bzw. neben dem Rippenknorpel durch eine schmerzhafte Bewegungsstörung des Thorax nur geringgradig eingeschränkt ist. Der Senat entnimmt dem Gutachten wie auch bereits dem Durchgangsarztbericht, dass die Wirbelsäule selbst bei dem Unfall nicht verletzt wurde. Die Brustwirbelsäule ist aber nach dem Gutachten im Ergebnis in ihrer Bewegung eingeschränkt. Die Seitneigung nach rechts ist dabei verglichen mit dem Normalwert von 40 Grad auf 25 Grad eingeschränkt, die Zeichen nach Ott und Schober sind mit 31 cm bzw. 13 cm auffällig, der Finger-Boden-Abstand wurde mit 27 cm gemessen. Dazu bestehen Schmerzen bei Rechtsrotation und belastungsabhängige Schmerzen sowie eine leicht hypertrophierte Narbenbildung am Thorax mit Druckschmerzhaftigkeit.

Zusammen rechtfertigen die Bewegungseinschränkungen des rechten OSG und die geringfügigen der Brustwirbelsäule daher bereits kaum die angenommene MdE von 20 v. H., der sich S5 in seiner beratungsärztlichen Stellungnahme angeschlossen hat.

Die MdE wird für den entscheidungserheblichen Zeitraum nicht durch psychische oder psychosomatische posttraumatische Gesundheitsschäden, hier insbesondere weder durch eine PTBS noch eine Anpassungsstörung oder eine mittel- bis schwergradige depressive Störung erhöht.

Zunächst liegt bei dem Kläger in Übereinstimmung mit der gutachterlichen Einschätzung des L1 keine PTBS im erforderlichen Vollbeweis vor. Der Senat erachtet das Gutachten ebenso wie das SG für verwertbar, zumal der klägerische Bevollmächtigte, nachdem sich der Sachverständige umfangreich zu den behaupteten Mängeln geäußert und diese inhaltlich widerlegt hat, sich allein darauf zurückgezogen hat, dass ihn das Ergebnis in keiner Weise überzeuge. Soweit er nunmehr erneut behauptet, d
er Ablauf der Begutachtung bei L1 sei mehr als unglücklich und die Exploration nur kurz gewesen, hat der Senat keine Zweifel daran, dass sich der erfahrene Sachverständige die von ihm für erforderlich gehaltene Zeit genommen hat, was sich schon an der ausführlichen Anamnese zeigt. Der Senat sieht deswegen ebenso wie das SG keinen weiteren Ermittlungsbedarf (dazu siehe ausführlich unten).

Den für die Diagnose einer PTBS maßgeblichen Erkenntnisstand bilden nach der Rechtsprechung des BSG das ICD-10 sowie das DSM-V ab; sowohl das ICD-10 als auch das DSM-V enthalten für die Diagnose einer PTBS u.a. das Traumakriterium (A-Kriterium; vgl. BSG, Urteil vom 28. Juni 2022 – B 2 U 9/20 R –, juris, Rz. 30). Nach der (noch aktuellen) ICD-10-GM-2025 (F 43.1) setzt die Feststellung einer PTBS eine verzögerte oder protrahierte Reaktion auf ein belastendes Ereignis oder eine Situation kürzerer oder längerer Dauer, mit außergewöhnlicher Bedrohung oder katastrophenartigem Ausmaß, die bei fast jedem eine tiefe Verzweiflung hervorrufen würde, voraus. Typische Merkmale sind das wiederholte Erleben des Traumas in sich aufdrängenden Erinnerungen (Nachhallerinnerungen, Flashbacks), Träumen oder Albträumen, die vor dem Hintergrund eines andauernden Gefühls von Betäubtsein und emotionaler Stumpfheit auftreten. Der Beginn folgt dem Trauma mit einer Latenz, die wenige Wochen bis Monate dauern kann. In wenigen Fällen nimmt die Störung über viele Jahre einen chronischen Verlauf und geht dann in eine andauernde Persönlichkeitsänderung (ICD-10-GM-2025 F62.0) über. Kriterien für die Diagnosestellung sind (vgl. Schnyder, MedSach 2003, S. 142 <143 f.>) ein Ereignis von außergewöhnlicher Bedrohung oder katastrophalem Ausmaß, das nahezu bei jedem tiefgreifende Verzweiflung auslösen würde (A-Kriterium), Wiedererleben: Erinnerungen tagsüber, Träume, Flashbacks, Bedrängnis bei Konfrontation mit ähnlichen Ereignissen (B-Kriterium), Vermeidung von Umständen, welche der Belastung ähneln (C-Kriterium), Amnesie oder erhöhte Sensitivität und Erregung: mindestens zwei der folgenden Merkmale: Schlafstörungen, Reizbarkeit oder Wutausbrüche, Konzentrationsstörungen, Hypervigilanz, erhöhte Schreckhaftigkeit (D-Kriterium) sowie das Auftreten in der Regel innerhalb von sechs Monaten nach dem Ereignis (E-Kriterium; vgl. Urteil des Senats vom 19. Juli 2018 – L 6 U 2309/17 –, juris, Rz. 48). Das A-Kriterium ist auch dann erforderlich, wenn die DSM-V zu Grunde gelegt werden (vgl. Hessisches Landessozialgericht, Urteil vom 11. Juni 2024 – L 3 U 123/22 –, juris, Rz. 43). Das DSM-V operationalisiert das A-Kriterium bzw. Eingangskriterium dahingehend, dass eine Konfrontation mit tatsächlichem oder drohendem Tod, ernsthafter Verletzung oder sexueller Gewalt auf eine (oder mehrere) der folgenden Arten erforderlich ist: (1) Direktes Erleben eines oder mehrerer traumatischer Ereignisse; (2) persönliches Erleben eines oder mehrerer solcher traumatischer Ereignisse bei anderen Personen; (3) Erfahren, dass einem nahen Familienmitglied oder einem engen Freund ein oder mehrere traumatische Ereignisse zugestoßen sind. Im Falle von tatsächlichem oder drohendem Tod des Familienmitgliedes oder Freundes muss das Ereignis bzw. müssen die Ereignisse durch Gewalt oder einen Unfall bedingt sein; (4) Die Erfahrung wiederholter oder extremer Konfrontation mit aversiven Details von einem oder mehreren derartigen traumatischen Ereignissen, so z.B. Ersthelfer, die menschliche Leichenteile aufsammeln oder Polizisten, die wiederholt mit schockierenden Details von Kindesmissbrauch konfrontiert werden (vgl. Landessozialgericht Baden-Württemberg, Urteil vom 7. August 2023 – L 12 U 450/22 –, juris, Rz. 52; Landessozialgericht Baden-Württemberg, Urteil vom 21. Juli 2023 – L 8 U 3422/20 –, Rn. 54, juris).

Der Kläger hat bereits in einem sehr frühen Stadium der Behandlung eingeräumt, dass er aufgrund des künstlichen Komas von 13 Tagen keinerlei Erinnerung an das Unfallereignis hat, was der Senat in aller Deutlichkeit dem Konsilbericht vom 31. Dezember 2019 entnimmt. Das hat er erneut während der EAP wiederholt und dahingehend präzisiert, dass seine Erinnerungen erst wieder beim Aufwachen im Krankenhaus einsetzen. K1 hat am 12. Mai 2020 folgerichtig fachkundig eine retrograde Amnesie festgestellt, all dies zu einem Zeitpunkt, wo den Angaben des Klägers unbeeinträchtigt von möglichen Leistungsansprüchen ein hoher Beweiswert zukommt, zumal diese in einem therapeutischen Kontext gemacht wurden. Dazu passend sind die im S4 Klinikum im Rahmen der dreimonatigen stationären Behandlung im Frühjahr 2021 geschilderten Flashbacks durch Piepsen von Maschinen oder Dunkelheit ausgelöst worden, also durch die typische Umgebung einer Intensivstation. Dies beschreibt auch
die Č1 in ihrem Gutachten am 20. April 2022, wonach komplette Dunkelheit, Sirenen, Krankenhäuser und piepsende Geräusche, die einem Herzmonitor ähnelten, bei dem Kläger Panik und zuweilen Intrusionen auslösten.

Das bedeutet, dass
das A-Kriterium nicht erfüllt ist, was der Diagnose einer PTBS – unabhängig davon, ob die ICD-10 oder das DSM-V herangezogen werden –, entgegensteht. Das ist in aller Deutlichkeit vor allem der als qualifiziertem Beteiligtenvortrag zu verwertenden (vgl. BSG, Beschluss vom 6. Oktober 2016 – B 5 R 45/16 B –, Rn. 19, juris m.w.N.) beratungsärztlichen Stellungnahme von S5 vom 27. Juli 2022 zu entnehmen, wonach eine PTBS deswegen für nicht nachgewiesen gehalten wird, da bei fehlender Erinnerung an den eigentlichen Unfallhergang das A-Kriterium nicht gegeben ist. Das Unfallereignis selbst erfüllt zwar von seiner Schwere her die Voraussetzungen einer außergewöhnlichen Bedrohung (ICD-10) bzw. der Aussicht auf drohenden Tod oder ernsthafte Verletzung (DSM-V). Aber es fehlt es demzufolge an einem Erleben dieses Ereignisses bzw. an der im DSM-V geforderten Konfrontation mit diesem Ereignis, weil der Kläger keine Erinnerungen an das Unfallereignis hat. Dieser Umstand steht der Annahme einer PTBS auch deshalb entgegen, da der erforderliche und für diese Erkrankung typische Widerhall des Erlebten, also das B-Kriterium, daher denknotwendig ausscheidet (vgl. dazu insgesamt Urteile des Senats vom 27. März 2014 – L 6 U 4001/13 –, juris, Rz. 48 m.w.N. und vom 28. April 2022 – L 6 VS 420/21 –, juris, Rz. 87; zu dem damaligen A1-Kriterium nach den DSM-IV Urteil vom 19. Juli 2018 – L 6 U 2309/17 –, juris, Rz. 48; zu dem Fehlen <jedenfalls> des B-Kriteriums Urteile vom 28. Juli 2016 – L 6 U 1013/15 –, juris, Rz. 77 und vom 29. Februar 2024 – L 6 VG 3195/22 –, juris, Rz. 122).

Soweit K5 die Annahme einer „dissoziativen Amnesie“ darauf stützen möchte, dass der Kläger im Wesentlichen eine Thoraxverletzung erlitten hat, aber kein Schädelhirntrauma, weswegen er den Unfall in vollem Bewusstsein erlebt haben soll und deswegen durchaus „Fragmente der Erinnerung" (wie der Unfall ablaufe, er sich von der Unfallstelle wegbewege und am Friedhof in einen offenen Sarg steigen solle oder dass ihn ein Kollege kurz nach Eintritt des Unfalls anspreche erlebe), erweist sich das als bloße Spekulation, soll aber die Diagnostik einer „atypischen PTBS“ tragen. Das ist von den Anknüpfungstatsachen schon nicht gedeckt, zumal L1 in seiner ergänzenden Stellungnahme zutreffend darauf hingewiesen hat, dass bei der Weiterentwicklung der DSM-V bewusst die Möglichkeit gestrichen wurde, dass allein das subjektive Empfinden ausreicht. K1 hat zum Tatsächlichen nämlich schon 2020 davon berichtet, dass der Kläger das Unfallereignis aus Berichten anderer rekonstruieren musste. S5 hat darauf fachkundig und für den Senat durch die Befunde getragen erwidert, dass sich die bei der PTBS so typische Symptomatik gerade daraus ergibt, dass die mit dem traumatischen Ereignis assoziierten Erinnerungen aufgrund des massiven Stresserlebens während des traumatischen Erlebens nicht so integriert abgespeichert werden können, dass sie eine ganzheitliche Erinnerung ergeben, die eindeutig in der Vergangenheit liegt. Vielmehr sind die Erinnerungsspuren fragmentiert und nicht direkt abrufbar, werden aber durch entsprechende sensorische Hinweisreize derart aktiviert, dass sich die Person quasi im traumatischen Erleben wiederfindet. Damit einhergehend konnte der Sachverständige B3 Symptome einer PTBS wie Hyperarousal oder Flashbacks weder erfragen noch diese in der Untersuchung darstellen; vielmehr konnte sich der Kläger wiederum an den Unfall selbst nicht erinnern. Auch der gerichtliche Sachverständige L1 hat in seiner ergänzenden Stellungnahme darauf hingewiesen, dass die berichtete Amnesie eine wiederholte Erinnerung an das Unfallgeschehen letztendlich schwer nachvollziehbar macht. Dem schließt sich der Senat an. Die Diagnose einer PTBS ist im Übrigen auch von dem behandelnden K2 in seinem Arztbrief vom 7. Juli 2023 selbst nicht gestellt worden, obwohl er sie in der Anamnese als Entlassungsdiagnose der Klinik B5 erwähnt hat und sie ihm daher bekannt war.

Somit hat allein die intensivmedizinische Behandlung nach dem Arbeitsunfall am 12. November 2019 die Alpträume und Flashbacks ausgelöst, nur davon konnte der Kläger berichten. Soweit Flashbacks berichtet werden, beziehen sich diese nämlich nach den Schilderungen nicht auf den Unfall, sondern auf die Behandlung auf der Intensivstation, so in den Berichten der BG-Klinik T1 über die beiden KSR-Maßnahmen vom 7. Februar bis 2. April 2020 und 6. August 2020 bis 9. September 2020 sowie in dem Bericht des S4-Klinikums über die Behandlung vom 20. Januar bis 28. April 2021. Dabei war er aber weder einem belastenden Ereignis oder einer Situation kürzerer oder längerer Dauer, mit außergewöhnlicher Bedrohung oder katastrophenartigem Ausmaß, die bei fast jedem eine tiefe Verzweiflung hervorrufen würde, ausgesetzt, noch war er dabei mit einem extrem traumatischen Ereignis in dem dargelegten Sinne des DSM-V konfrontiert, weshalb nach beiden Diagnosesystemen das A-Kriterium auch insoweit nicht erfüllt ist. Das wird durch die Gutachten des gerichtlichen Sachverständigen L1 wie dem urkundsbeweislich zu verwertenden fachärztlichen Gutachten B3 bestätigt, die beide forensisch nicht von der Erfüllung des A-Kriteriums durch die Behandlung ausgegangen sind. Auch dem Gutachten von B3 ist zu entnehmen, dass die diagnostischen Kriterien der zuerst gestellten PTBS-Diagnose nicht ganz eindeutig nachvollziehbar waren und dass insbesondere in diesem Zusammenhang das katastrophisierende Ereignis als A-Kriterium, welches als Diagnosekriterium unabdingbar sei, als fehlend angesehen wurde. Entgegen dem Vortrag des Klägers besteht damit bereits kein Widerspruch zwischen dem fachärztlichen Gutachten B3 und dem des gerichtlichen Sachverständigen L1 hinsichtlich des Vorliegens einer PTBS. Der gegenteiligen Auffassung des Klägers in den von ihm – im Sinne eines qualifizierten Beteiligtenvorbringens (vgl. BSG, Urteil vom 6. April 1989 – 2 RU 55/88 –, juris Rz. 20) – in Bezug genommenen Stellungnahmen von K5 vermochte sich der Senat damit nicht anzuschließen. Die Diagnose einer PTBS ist entgegen seiner Darstellung – wie bereits ausgeführt – nicht von allen Behandlern gestellt worden; vielmehr hat der K1 diese bei der psychologischen Betreuung des Klägers während der mehrmonatigen EAP-Maßnahme gerade unter Verweis auf das fehlende A-Kriterium bei fehlender Erinnerung an den Unfall ausdrücklich verneint. Auch dem Arztbrief von K2 lässt sich die Diagnose – die in der dortigen Anammese erwähnt wird – nicht entnehmen. Soweit das Versorgungsamt und der Ärztliche Dienst der Agentur für Arbeit die Diagnose einer PTBS übernommen haben, beruhte dies nur auf einer Auswertung der jeweils vorliegenden ärztlichen Berichte und nicht auf einer eigenständigen Untersuchung und Begutachtung, worauf auch S5 zuletzt zutreffend hingewiesen hat. Der Verweis auf die Einschätzung der Behandler trägt – wie ausgeführt – im Übrigen deswegen nicht, weil nicht erkennbar ist, dass dabei die fehlende Erinnerung des Klägers an den Unfall und der Bezugspunkt der Intrusionen problematisiert worden wären. S5 hat in diesem Zusammenhang für den Senat überzeugend auf die unterschiedlichen Rollen der Behandler einerseits und der Gutachter andererseits hingewiesen. Soweit K5 ein Vermeidungsverhalten in Bezug auf die Unfallthemen anführt (C-Kriterium, s.o.), ergibt sich aus verschiedenen früheren Berichten im Gegenteil gerade eine intensive und geradezu obsessive Beschäftigung mit dem Unfall, die für den Senat vor dem Hintergrund einer aus Sicht des Klägers nicht ausreichend geklärten Verursachung des Unfalls und der hierfür zu tragenden Verantwortung zumindest dem Grunde nach gut nachvollziehbar ist.

Zur Überzeugung des Senats lag in der Zeit nach dem von seinem Hergang und seiner Auswirkung her schweren Arbeitsunfall als unfallbedingte psychoreaktive Störung eine Anpassungsstörung (ICD-10 F43.2) vor, die aber bis spätestens zwei Jahre nach dem Unfall und damit bis zu dem hier relevanten Zeitraum abgeklungen war. Der Senat stützt sich dabei auf das fachärztliche Gutachten des gerichtlichen Sachverständigen L1 und auf die beratungsärztlichen Stellungnahmen von S5. Nach der Verlaufsbegutachtung bestehen schließlich keinerlei Hinweise auf eine unfallbedingte mittel- bis schwergradige depressive Störung. Denn eine solche wurde bereits erstmals in der Klinik L3 im Januar 2021 diagnostiziert und kann daher nicht Folge einer abgeklungenen Anpassungsstörung sein. Zu Recht hat der Sachverständige L1 diese deswegen ebenso wie die berichtete Angst und Panik als unfallunabhängig eingestuft. Insoweit geht der Vortrag des Klägers, dass die „
neuen psychischen Beeinträchtigung sämtlich direkte und völlig logische, nachvollziehbare Folgen des Unfalls“ seien, fehl. Dieser Vortrag wird durch die Diagnostik der vorliegenden Behandlungsberichte widerlegt. Das spricht zugleich gegen die von monokausale Betrachtung des K5, der alle psychischen Probleme des Klägers allein auf den Unfall zurückführen möchte und die erforderliche differentialdiagnostische Abgrenzung unterlässt. Diese Abgrenzung ist schon deswegen erforderlich, weil L1 in seiner ergänzenden Stellungnahme wissenschaftlich gestützt dargelegt hat, dass sich vergleichbare Symptome auch bei Patienten mit depressiven Störungen, wie sie beim Kläger gerade früh beschrieben sind, fanden, bei denen gar kein spezifisches Lebensereignis zu eruieren war. Die in dem Gutachten von B3 angenommene teilweise Auslösung der Erkrankung durch die fehlende Klärung der Unfallursache und die sozialen Komponenten führt überdies nicht dazu, dass der Unfall als wesentliche Ursache anzusehen wäre. Denn psychische Gesundheitsstörungen, die wie hier auf soziale Folgen des Unfalls zurückgeführt werden, sind nicht wesentlich ursächlich durch den Arbeitsunfall oder durch als Unfallfolgen anzusehende weitere Gesundheitsschäden verursacht.

Soweit in dem als Urkunde verwertbaren Gutachten von B3 eine mittel- bis schwergradige depressive Störung ohne psychotische Symptome mit Tendenz zur Verbitterungsstörung (dazu siehe unten) angenommen wird, kann eine solche depressive Störung – die nach dem Entlassbericht des R2 Krankenhauses B4 von April 2023 und der Stellungnahme von O1 von Januar 2024 noch als mittelgradige depressive Episode vorlag – entgegen dem Gutachten auch nicht zu einem geringen Teil als „mittelbare“ Unfallfolge angesehen werden. Bereits S5 hat auf die
erheblichen sozialen Folgen des Unfalls verwiesen, die im Verlauf eine überragende Bedeutung entwickelt haben. Zutreffend legt er weiter dar, dass solche sozialen Folgen nicht berufsgenossenschaftlich zu entschädigen sind, da die aus einer sozialen Folge entstehende medizinische Störung nicht mehr unfallabhängig ist. Wenn diese denn zu einer Verbitterung führt, wie sie beispielsweise K1 im Oktober 2020 erwähnt, so kennt die ICD-10 zwar eine Verbitterungsstörung als Sonderform der Verbitterungsreaktion (ICD-10 F43.8 bzw. ICD-11 6B43). Die wegen der vermeintlich unberechtigten Nichtanerkennung auftretende Erkrankung ist aber selbst weder unmittelbare noch mittelbare Unfallfolge, da sie auf der eigenverantwortlichen, den Zurechnungszusammenhang unterbrechenden Entscheidung des Sozialleistungsträgers beruht (Urteil des Senats vom 25. Mai 2023 – L 6 VM 3577/21 –, juris, Rz. 122).

Die in dem Gutachten angenommene teilweise Auslösung der Erkrankung durch die fehlende Klärung der Unfallursache und die sozialen Komponenten führt nicht dazu, dass der Unfall als wesentliche Ursache anzusehen wäre. Denn psychische Gesundheitsstörungen, die wie hier auf soziale Folgen des Unfalls zurückgeführt werden, sind nicht wesentlich ursächlich durch den Arbeitsunfall oder durch als Unfallfolgen anzusehende weitere Gesundheitsschäden verursacht. Auch B3 hat die familiäre Konfliktsituation und die Ängste als unfallunabhängig bzw. als Verschiebung der Wesensgrundlage eingeschätzt. Aus den genannten Gründen kann auch bei der von dem Kläger geforderten Betrachtung oder aus dem von K2 in seinem Arztbrief vom 7. Juli 2023 angeführten reinen Kausalzusammenhang zwischen dem Unfall, seinen sozialen Folgen für den Kläger und einer psychischen Gesundheitsstörung keine rechtlich wesentliche Verursachung durch den Arbeitsunfall abgeleitet werden. Das gilt umso mehr, als nach wissenschaftlichem Kenntnisstand insbesondere progrediente Entwicklungen
dem zu erwartenden degressiven Charakter posttraumatischer Störungen widersprechen, was der gerichtliche Sachverständigen L1 in seiner ergänzenden Stellungnahme schlüssig dargelegt hat (vgl. auch Schönberger/Mehrtens/Valentin, a.a.O. S. 205 m.w.N.). Der Sachverständige weist insoweit auf die nach Aktenlage beschriebene progrediente Klinik hin, hier die von dem S4-Klinikum im Verlauf der stationären Behandlung vom September bis November 2021 berichtete Gesamtstabilisierung ergeben, wohingegen dann im weiteren Verlauf bis 2023 erneut mittelgradig depressive Störungen, Ängste und Panik festgestellt wurden. Weiter hat auch dieser aufgezeigt, dass neben dem Unfallereignis weitere Belastungen im psychosozialen Umfeld vorlagen. Die von ihm vorgenommene Feststellung einer unfallunabhängig bestehenden Depressivität und Angst, die vor dem Hintergrund des stattgehabten Ereignisses inhaltlich ausgestaltet, jedoch nicht verursacht worden ist, ist für den Senat überzeugend.

Schließlich besteht keine nicht näher bezeichnete organische Persönlichkeits- und Verhaltensstörung aufgrund einer Krankheit, Schädigung oder Funktionsstörung des Gehirns (ICD-10 F07.9). Soweit K1 diese Diagnose im Mai 2020 gestellt hat, lag diese schon nach seinem Verlaufsbericht von Oktober 2020 nicht mehr vor. Die im S4 Klinikum nach Behandlung von September bis November 2021 und ebenso in dem neuropsychologischen Gutachten diagnostizierte leichte kognitive Störung (ICD-10 F06.7) ist zur Überzeugung des Senats ebenfalls nicht als Unfallfolge anzusehen. Der gerichtliche Sachverständige L1 hat insoweit keine objektiven Befunde erheben können. Eine derartige Störung ist auch im Übrigen nicht mehr diagnostiziert worden, zumal der Kläger in der Lage war, einen Deutschkurs auf Niveau B2 zu absolvieren. Soweit in dem neuropsychologischen Gutachten differenzialdiagnostisch eine Diagnose ICD-10 F07.8 (Sonstige organische Persönlichkeits- und Verhaltensstörungen aufgrund einer Krankheit, Schädigung oder Funktionsstörung des Gehirns) erwähnt wurde, ist bereits darauf hingewiesen worden, dass eine organische Schädigung des Gehirns durch den Unfall nicht nachgewiesen ist. Das gilt schließlich auch insoweit, als die B2 eine andauernde Persönlichkeitsänderung nach Extrembelastung (ICD-10 F62.x) in Erwägung gezogen hat, denn eine solche Diagnose ist weder von ihr noch anderweitig gestellt worden.

Weitere für die MdE ab dem 1. Dezember 2021 relevante Unfallfolgen sind nicht ersichtlich. Es verbleibt daher bei einer MdE von 20 v.H.

Weiterer Ermittlungsbedarf hat nicht bestanden. Die vorhandenen medizinischen Unterlagen haben dem Senat die für die richterliche Überzeugungsbildung notwendigen Grundlagen vermittelt. Soweit der Kläger ein Sachverständigengutachten für erforderlich hält, lässt sich eine Notwendigkeit zur Einholung eines weiteren Gutachtens von Amts wegen nicht mit einem Dissens zwischen dem bereits eingeholten Gutachten von L1 und den beratungsärztlichen Stellungnahmen von S5einerseits und der Auffassung der Gutachter im Verwaltungsverfahren und des behandelnden Arztes K5 andererseits begründen. Wie bereits ausgeführt, besteht hinsichtlich der PTBS bereits kein Dissens zwischen dem insoweit maßgeblichen fachärztlichen Gutachten von B3 im Verwaltungsverfahren und dem Gutachten des gerichtlichen Sachverständigen und den beratungsärztlichen Stellungnahmen. Die Würdigung unterschiedlicher Gutachtenergebnisse gehört im Übrigen wie die anderer sich widersprechender Beweisergebnisse zur Beweiswürdigung selbst, welche nach § 128 Abs. 1 Satz 1 SGG ureigene Aufgabe des Tatsachengerichts ist (vgl. Senatsurteil vom 17. März 2016 – L 6 U 1518/14 –, juris, Rz. 61). Eine Verpflichtung zur Einholung eines weiteren Gutachtens besteht auch bei einander widersprechenden Gutachtenergebnissen im Allgemeinen nicht (vgl. BSG, Beschluss vom 24. März 2005 – B 2 U 368/04 B –, juris, Rz. 5). Vielmehr hat sich das Gericht im Rahmen der Beweiswürdigung mit den einander entgegenstehenden Ergebnissen auseinanderzusetzen. Hält es eines von mehreren Gutachten für überzeugend, darf es sich diesem anschließen, ohne ein weiteres einzuholen. Bei einer derartigen Fallgestaltung ist für eine weitere Beweiserhebung regelmäßig kein Raum (vgl. BSG, Beschlüsse vom 19. November 2007 – B 5a/5 R 382/06 B –, juris, Rz. 8 und 12. Mai 2015 – B 9 SB 93/14 B –, juris, Rz. 6; Urteil des Senats vom 29. Juni 2021 – L 6 U 46/21 –, juris, Rz. 69).

Der Senat sah sich schließlich nicht gedrängt, der klägerischen Anregung, K5 als sachverständigen Zeugen (§ 118 Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. §§ 373 ff., 414 ZPO) zu hören, nachzukommen. Denn zum einen sind nach den dem Senat vorliegenden Beweismitteln aus seiner rechtlichen Sicht keine Fragen zu dem tatsächlichen Sachverhalt offengeblieben (vgl. BSG, Beschluss vom 26. April 2024 – B 2 U 38/23 B –, juris, Rz. 8). Zum anderen hat sich K5 bereits mehrfach während des Verfahrens fachlich geäußert, was in der Entscheidung berücksichtigt wurde. Der anwaltlich vertretene Kläger hat auch nicht aufgezeigt, welcher Mehrwert von der Vernehmung zu erwarten ist. Soweit er die von K5 bereits im Sinne eines qualifizierten Beteiligtenvortrages gemachten Angaben lediglich erneut im Wege seiner Vernehmung als sachverständiger Zeuge in das Verfahren einführen möchte, entscheidet das Gericht nach § 128 Abs. 1 Satz 1 SGG aufgrund seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung, ohne festen Beweisregeln unterworfen zu sein. Im Rahmen der Beweiswürdigung ist keine Rangfolge im Sinne einer unterschiedlichen Beweiskraft der vorhandenen Beweismittel zu beachten (BSG, Urteil vom 6. April 1989 – 2 RU 55/88 –, juris, Rz. 20). Einen Antrag nach § 109 SGG auf gutachtliche Anhörung von K5 hat der Kläger nicht gestellt.

Die Berufung konnte daher keinen Erfolg haben und war zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.

Gründe für eine Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 SGG) liegen nicht vor.


 

Rechtskraft
Aus
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