L 7 AS 448/24

Land
Hessen
Sozialgericht
Hessisches LSG
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
1. Instanz
SG Frankfurt (HES)
Aktenzeichen
S 2 AS 1233/23
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 7 AS 448/24
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze

Soweit Arbeitgeber zur Eingliederung von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern, deren Vermittlung wegen in ihrer Person liegender Gründe erschwert ist, einen Zuschuss zum Arbeitsentgelt zum Ausgleich einer Minderleistung erhalten können, handelt es sich bei der Minderleistung um ein Tatbestandsmerkmal (zusätzlich zum Erfordernis der erschwerten Vermittlung). 


I.    Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 17. Oktober 2024 wird zurückgewiesen.
 
II.    Die Beteiligten haben einander auch im Berufungsverfahren keine Kosten zu erstatten.

III.    Die Revision wird nicht zugelassen.

 
Tatbestand

Die Klägerin begehrt einen Eingliederungszuschuss für einen Zeitraum von 6 Monaten und in Höhe von 50% für die Beschäftigung von Frau E. als Betreuungskraft/Alltagshelferin, hilfsweise die Neubescheidung ihres Antrages auf einen Eingliederungszuschuss.

Mit formlosem Schreiben vom 15. März 2022 und förmlichem Antrag vom 1. April 2022 beantragte die Klägerin einen Eingliederungszuschuss für die Einstellung von Frau E., geboren 1966, zum 1. April 2022 als „Betreuungskraft/Demenz“. Zur Begründung erklärte sie, sie suche eine Arbeitskraft, die Erfahrung in der Betreuung demenzkranker Menschen habe. Zu den Defiziten der Frau E. führte sie aus, diese habe noch nie in der Betreuung gearbeitet - erschwerend komme hier hinzu, dass zwei demenzkranke Personen betreut werden müssten. Es gebe eine ausgebildete Pflegekraft, die Frau E. einarbeite und ihr die Besonderheiten nahebringe. Diese Qualifikation könne Frau E. nicht aufweisen. Sie sei aber gewillt, sich die Qualifikation anzueignen. Es sei mit einer Einarbeitungszeit von 6 Monaten zu rechnen. Die Klägerin fügte einen unterschriebenen Arbeitsvertrag von Ende März 2022 bei. Danach begann das Arbeitsverhältnis am 1. April 2022, Frau E. wurde „in Teilzeit“ (ohne nähere Angaben zur Arbeitszeit) als „Betreuungskraft/Alltagsbegleiterin“ eingestellt. Sie erhielt nach dem Arbeitsvertrag einen Stundenlohn von 12,50 € und zusätzlich einen Benzin- /Tankgutschein von 44 € monatlich netto. Im förmlichen Antrag auf Eingliederungszuschuss vom 1. April 2025 wurden als Wochenarbeitszeit 80 Stunden angegeben. Nach Angaben der Klägerin und Frau E. ging dem Antrag folgender Sachverhalt voraus: Frau E. hatte von sich aus im März 2022 Kontakt zur Klägerin aufgenommen, da sie wusste, dass diese jemanden in der Betreuung und Haushaltsführung suchte. Bei einem Vorstellungsgespräch interessierte sich Frau E. für eine Teilzeitbeschäftigung im Haushalt der demenzkerkrankten Eltern der Klägerin. Bis dahin wurden die Eltern privatorganisiert betreut. Frau E. informierte die Klägerin auch über die Möglichkeit, einen Eingliederungszuschuss zu beantragen. Diese Auskunft war ihr zuvor von dem Beklagten gegeben worden.

Frau E. stand im Leistungsbezug des Beklagten. Aus ihrem Lebenslauf geht hervor, dass sie eine abgeschlossene Berufsausbildung zur Hauswirtschafterin hat (1985-1988), danach übte sie verschiedene Tätigkeiten aus (Produktionsmitarbeiterin, Maschinenführerin, Hauswirtschaftshelferin Stationsküche, stellvertretende Küchenleitung, Reinigungskraft, Hauswirtschafterin, Küsterin). Von Juni 1995 bis Dezember 1999 war sie in Elternzeit und in die Pflege der Mutter eingebunden. Von September bis Dezember 2018 absolvierte sie eine Ausbildung zur Betreuungskraft nach § 53c Sozialgesetzbuch Elftes Buch - Soziale Pflegeversicherung (SGB XI) mit Abschluss (das Zertifikat enthält den Zusatz: Für den Fortbestand der Gültigkeit der erworbenen Qualifikation ist die jährliche Teilnahme an einer mindestens 2-tägigen Fortbildung verpflichtend). Vor der Einstellung bei der Klägerin war Frau E. zuletzt von Mai 2020 bis April 2021 als Hauswirtschafterin tätig. Ab Februar 2022 besuchte sie einen beruflichen Lehrgang bei der F. GmbH in F-Stadt.

Mit Bescheid vom 28. Oktober 2022 lehnte der Beklagte den Antrag der Klägerin ab. Gemäß § 16 Abs. 1 Satz 2 Sozialgesetzbuch Zweites Buch - Grundsicherung für Arbeitslose (SGB II) i. V. m. §§ 88 ff Sozialgesetzbuch Drittes Buch - Arbeitsförderung (SGB III) könne der Grundsicherungsträger zur Eingliederung in Arbeit Eingliederungszuschüsse gewähren. Arbeitgeber könnten dabei nach § 88 ff SGB III zur Eingliederung von Arbeitnehmern mit Vermittlungshemmnissen Zuschüsse zu den Arbeitsentgelten erhalten, wenn deren Vermittlung wegen in ihrer Person liegender Umstände erschwert sei. Die Förderhöhe und die Förderdauer richteten sich nach dem Umfang der Minderleistung des Arbeitsnehmers und nach den jeweiligen Eingliederungsbedürfnissen. Es handele sich um Ermessensleistungen des Leistungsträgers. Aus folgenden Gründen werde der Eingliederungszuschuss nicht gewährt: Die Einstellung laut Arbeitsvertrag sei als Betreuungskraft/Alltagsbegleiterin und nicht als Betreuungskraft/Demenz erfolgt. Frau E. sei gelernte Hauswirtschafterin und habe bereits einige Jahre im Bereich Hauswirtschaft gearbeitet. Sie verfüge über eine Qualifikation als Betreuungskraft. Es sei daher davon auszugehen, dass sie grundlegende Kenntnisse auf diesem Gebiet besitze. Die Tatsache, dass sie sich mit Besonderheiten bei der Betreuung von demenzkranken Personen nicht auskenne, reiche für die Gewährung von Zuschüssen nach §§ 88 ff SGB III nicht aus. Sie könne nicht in einen Bereich eingearbeitet werden, den sie aufgrund der fehlenden Qualifikation rein rechtlich gar nicht ausüben dürfe. Es müsse jeder andere neue Mitarbeiter zunächst in den Bereich eingearbeitet werden. Eine weitergehende Einarbeitung, die über die normale Eingliederung in einen neuen Arbeitsplatz bzw. Bereich hinausgehe, sei hier nicht ersichtlich. Frau E. besitze aufgrund ihrer abgeschlossenen Berufsausbildung, der bisherigen Tätigkeiten sowie der Ausbildung zur Betreuungskraft die geforderten Qualifikationen für die neue Arbeitsstelle. Ein in der Person liegendes Vermittlungshemmnis, das durch besonderen Aufwand erst behoben werden müsste, sei nicht ersichtlich.

Gegen diesen Bescheid legte die Klägerin am 14. November 2022 Widerspruch ein. Der Beklagte habe seiner Entscheidung unzutreffende Tatsachenbehauptungen zugrunde gelegt. Frau E. weise eine arbeitsplatzbezogene Minderleistung auf. Zudem liege eine erschwerte Vermittlung durch länger andauernde Arbeitslosigkeit vor. Da die Voraussetzungen nach § 16 Abs. 1 SGB II i. V. m. §§ 88 ff SGB III vorlägen, habe die Behörde ein gebundenes Ermessen, welches nicht rechtskonform ausgeübt worden sei. Frau E. habe keine Ausbildung zur Betreuungskraft. Zwar habe sie 2018 erfolgreich an einem Kurs zur Ausbildung zur „Betreuungskraft (nach § 53c SGB XI)“ teilgenommen. Dieses Zertifikat sei allerdings nicht mehr gültig. Es verliere seine Gültigkeit, wenn die Teilnehmerin nicht jährlich an einer zweitätigen Fortbildung teilnehme. Dies habe Frau E. nicht gemacht, weshalb sie keine Ausbildung zur Betreuungskraft besitze. Laut ihrem Lebenslauf habe sie ausschließlich in ihrem erlernten Beruf als Hauswirtschafterin gearbeitet. Zuletzt habe sie im Jahr 2022 an einem handwerklichen Lehrgang teilgenommen, woran man sehe, dass ein evtl. vorhandenes Interesse an einer Betreuung alter Menschen aus dem Jahr 2018 absolut in den Hintergrund getreten sei. Zu keinem Zeitpunkt sei Frau E. in der Betreuung tätig gewesen. Auch sei sie zu keinem Zeitpunkt im Umgang mit alten und kranken Menschen geschult worden oder sei damit betraut gewesen. Sie weise daher eine arbeitsplatzbezogene Minderleistung auf: Es bedürfe einer umfassenden Einarbeitung, da sie keinerlei Erfahrung in der Betreuung von demenzkranken alten Menschen habe. Die zusätzliche Besonderheit der jetzigen Stelle sei, dass zwei demenzkranke alte Menschen zu betreuen seien, und eine Person so schwer demenzkrank sei, dass sie unberechenbar im Umgang sei. Mal aggressiv, mal freundlich, mal ängstlich, mal bestimmend oder ablehnend. Sie habe zudem erhebliche Weglauftendenzen. Es bedürfe sehr viel Einarbeitung und Erfahrung, um mit dieser Art Krankheit und diesen Menschen wertschätzend umzugehen. Mit rechtlichen Vorgaben habe dies nichts zu tun, zumal es sich nicht um Pflege handele. Die erforderlichen Kenntnisse für diese Arbeit und die Erfahrung, damit umzugehen, habe Frau E. nicht. Sie müsse daher erst Schritt für Schritt an die Arbeit herangeführt werden.

Die Beklagte wies den Widerspruch der Klägerin mit Widerspruchsbescheid vom 14. März 2023 als unbegründet zurück. Minderleistungen von Frau E., die zu einem finanziellen Nachteil führten, seien nicht überzeugend dargelegt worden. Zwar verfüge Frau E. über keine praktischen Kenntnisse in der Tätigkeit als Betreuungskraft, die theoretische Kenntnisse seien ihr im Rahmen einer Weiterbildung vermittelt worden und diese erschwerten nicht grundsätzlich die Vermittelbarkeit auf dem Arbeitsmarkt. Frau E. verfüge über jahrelange Berufserfahrung als Hauswirtschafterin und sei zusätzlich im Bereich der Betreuungskraft weitergebildet worden. Laut dem hier vorliegenden Arbeitsvertrag sei sie als Betreuungskraft/Alltagsbegleiterin eingestellt worden. Mit den vorhanden praktischen und theoretischen Kenntnissen, bei Fachkräftemangel in jeglichen Bereichen der Pflege und Betreuung, biete Frau E. alle Voraussetzungen, um sich schnell und nur mit geringem Einarbeitungsaufwand in die neue Tätigkeit einzuarbeiten. Zwar sei es richtig, dass das Zertifikat zur Betreuungskraft durch die fehlende Erneuerung seine Gültigkeit verloren habe. Dies sei aber nicht gleichbedeutend mit einem Komplettverlust der Kenntnisse, erst recht nicht in Anbetracht der langjährigen Erfahrung als Hauswirtschaftskraft. Die im Arbeitsvertrag vereinbarte Tätigkeit könne mit einer kurzen Einarbeitungszeit ausgeübt werden. Die im Antrag und Widerspruch angegebene Tätigkeit im Demenzbereich werde so arbeitsvertraglich nicht festgelegt und könne daher nicht als Maßstab für die Entscheidung über den Antrag auf Eingliederungszuschuss herangezogen werden. Minderleistungen im Hinblick auf die derzeitige Tätigkeit, die einen Eingliederungszuschuss rechtfertigten, seien nicht ersichtlich. Eine Minderleistung sei am Wert der Arbeitsleistung mit dem tatsächlich gezahlten Arbeitsentgelt zu messen. Nach diesem Maßstab sei das Vorliegen einer Minderleistung zu bejahen, wenn der Arbeitgeber eine im Verhältnis zur Arbeitsleistung objektiv überhöhte Entgeltzahlung zu leisten hätte. Dies sei vorliegend nicht der Fall. Zu einer gewissenhaften Einarbeitung am Anfang einer Tätigkeit gehöre es, die neue Mitarbeiterin in die internen Abläufe einzuweisen. Eine solche Einarbeitung müsse mit jeder Mitarbeiterin durchgeführt werden, egal, ob es sich um jemanden handele, der zuvor arbeitslos gewesen sei oder um jemanden, der zuvor in einem anderen Unternehmen mit anderer technischer Ausstattung und abweichenden Arbeitsabläufen beschäftigt gewesen sei. Jedes Unternehmen habe seine internen Abläufe, die voneinander abwichen und mit denen sich die neue Mitarbeiterin zunächst vertraut machen müsse. Gleiches gelte für die Menschen, mit denen zusammengearbeitet bzw. die betreut werden würden. Laut Arbeitsvertrag sei ein Stundenlohn von 12,50 € zugesichert. Gemäß den hier vorliegenden Gehaltsabrechnungen verdiene Frau E. einen Festlohn von 1.000,00 € brutto. Laut Antrag auf Eingliederungszuschuss arbeite sie 20 Stunden pro Woche, was wiederum mit dem allgemein anerkannten Wochenfaktor 4,35 eine Arbeitszeit von 87 Stunden pro Monat entspreche. Dies entspreche somit einem tatsächlichen Stundenlohn von nur 11,49 €. Ein Beschäftigungsverhältnis dürfe nicht gefördert werden, wenn die vereinbarten Bedingungen gegen Rechtsnormen verstießen oder sittenwidrig seien. Somit komme eine Förderung nicht in Betracht, wenn das Lohnangebot gegen ein Gesetz oder die guten Sitten verstoße. Zum 1.  Januar 2015 sei ein flächendeckender gesetzlicher Mindestlohn in der Pflege eingeführt worden. Seit dem 1. Oktober 2015 gelte auch für zusätzliche Betreuungskräfte der höhere Pflege-Mindestlohn. Seit dem 1. April 2022 betrage der Mindestlohn für Hilfskräfte in der Betreuung und Pflege 12,55 €. Somit entspreche sowohl der arbeitsvertraglich festgelegte als auch der tatsächliche Stundenlohn nicht dem seit dem 1. April 2022 geltenden Mindestlohn für Hilfskräfte in der Betreuung und Pflege. Hierzu lägen die Gehaltsabrechnungen für die Monate April bis September 2022 von Frau E. vor. Alle beliefen sich auf einen Bruttofestlohn von 1.000 €. Neben dem Mindestlohn werde auch der arbeitsvertraglich festgelegte Stundenlohn nicht eingehalten. Mit den vorhandenen praktischen und theoretischen Kenntnissen biete Frau E. alle Voraussetzungen, um sich schnell und mit geringem Aufwand einzuarbeiten.

Hiergegen hat die Klägerin am 14. April 2023 Klage bei dem Sozialgericht Detmold erhoben, welches den Rechtstreit an das Sozialgericht Frankfurt am Main verwiesen hat (Beschluss vom 19. Juni 2023; Eingang der Akten bei dem Sozialgericht Frankfurt am Main am 18. Juli 2023). Sie hat im Wesentlichen vorgetragen, aufgrund der Minderqualifikation von Frau E. auf dem beschriebenen Arbeitsplatz (Betreuung zweier demenzerkrankter alter Menschen) bestehe ein Anspruch auf die Leistung. Die konkrete Anforderung sei Erfahrung im Umgang mit alten, demenzkranken und z. T. aggressiven Personen. Diese Qualifikation habe Frau E. nicht.

Die Beklagte hat mit Schriftsatz vom 12. Oktober 2023 erwidert, zunächst könne eine Überprüfung zur Einhaltung des Mindestlohns im Pflegebereich nicht stattfinden, da keine Belege zum Einsatzort vorlägen. Nach Aktenlage sei zwischenzeitlich eine Erhöhung des Stundenlohns um 1 € erfolgt. Von der Klägerin sei bislang nicht darauf eingegangen worden, warum der arbeitsvertraglich festgelegte Lohn nicht gezahlt würde. Auch fehlten Darlegungen, warum im Arbeitsvertrag keine Tätigkeiten im Demenzbereich festgelegt worden seien. Es mangele auch an einer Beschreibung der Minderleistungen der Arbeitnehmerin.

Die Klägerin hat unter dem 12. Oktober 2023 ausgeführt, es handele sich bei der Betreuungstätigkeit von Frau E. um eine Tätigkeit in einem Privathaushalt. Zu betreuen seien ihre Eltern - der Vater sei letzten Dezember verstorben. Es handele sich nicht um eine Pflegetätigkeit, die den Mindestlohn der Pflege erfordere. Zu Beginn des Arbeitsverhältnisses sei vereinbart worden, dass eine Erhöhung des Lohnes nach einem Jahr Beschäftigung bei Bewährung in Aussicht gestellt werde. Dies sei mit der Erhöhung des Stundenlohns im April 2023 umgesetzt worden. Der Beklagte möge erklären, warum eine Mitarbeiterin Frau E. im März 2022, als diese sich auf die konkrete Stelle beworben habe, darauf hingewiesen habe, dass der zukünftige Arbeitgeber für sie einen Eingliederungszuschuss beantragen solle, da die Voraussetzungen gegeben seien. Aufgrund dieser Informationen sei die Beantragung erfolgt.

Der Beklagte hat hierzu entgegnet, dass weiterhin entscheidungserhebliche Fragen offen seien. Die Möglichkeit eines Eingliederungszuschusses könne zwar Frau E. angeboten worden sein, sie sei aber immer individuell von dem jeweiligen in Aussicht stehenden Arbeitsverhältnis abhängig. Ein Rechtsanspruch existiere nicht. Arbeitgebern könne der Eingliederungszuschuss gewährt werden, wenn Einschränkungen aus den Arbeitsleistungen ausgeglichen werden sollten. Es handele sich um eine „Kann-Leistung“, welche vom Arbeitgeber zu begründen sei. Dies fehle bisher im erforderlichen Umfang. 

Die Klägerin hat mit Schriftsätzen vom 1. November, 8. Dezember 2023 und 20. Januar 2024 die Auffassung vertreten, dass die für die Förderungsbedürftigkeit erforderliche Minderleistung bei Arbeitnehmern mit Vermittlungshemmnissen wie insbesondere bei älteren Menschen vom Gesetzgeber bereits unterstellt werde. Der Begriff „Minderleistung“ sei keine Anspruchsvoraussetzung, sondern ein unbestimmter Rechtsbegriff, der lediglich Ausdruck der Zielsetzung des Eingliederungszuschusses sei. Dadurch, dass Frau E. zum Zeitpunkt der Einstellung über 55 Jahre alt sei, in den vorangegangenen Jahren nicht unerhebliche Zeiträume der Arbeitslosigkeit aufgewiesen habe und vor der Einstellung ein volles Jahr arbeitslos gewesen sei, sei der Rechtsbegriff der „Minderleistung“ erfüllt, dem Beklagten stehe kein Ermessen mehr zu (Hinweis auf BSG, Urteil vom 6. April 2006 - B 7a AL 20/05 R).

Mit Schriftsatz vom 27. Februar 2024 hat der Beklagte zur vergleichsweisen Einigung einen Eingliederungszuschuss für 3 Monate in Höhe von 20 % angeboten. Die Klägerin hat unter dem 5. März 2024 einen Vergleich mit einer 50%igen Förderung für 4 Monate vorgeschlagen, dieser Vorschlag sei nicht mehr verhandelbar. Mit Schriftsatz vom 18. März 2024 hat der Beklagte einen Zuschuss für 3 Monate in Höhe von 30% angeboten.

Das SG hat am 8. August 2024 einen Termin zur Erörterung des Sachverhalts und zur Beweisaufnahme durchgeführt und Frau E. als Zeugin vernommen. Hinsichtlich ihrer Aussage wird auf den Inhalt des Protokolls des SG vom 8. August 2024 Bezug genommen. Das SG hat die Beteiligten zur beabsichtigten Entscheidung durch Gerichtsbescheid angehört. Die Beteiligten haben abschließend Stellung genommen (Schriftsatz der Beklagten vom 21. August 2024; Schriftsatz der Klägerin vom 8. September 2024).

Das SG hat die Klage mit dem Antrag der Klägerin, den Beklagten zu verurteilen, ihr unter Aufhebung des Bescheides vom 28. Oktober 2022 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14. März 2023 einen Eingliederungszuschuss in Höhe von 50 % für die Dauer von 6 Monaten zu gewähren, hilfsweise, den Beklagten zu verpflichten, über Antrag vom 15. März 2022 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichtes neu zu entscheiden, abgewiesen (Gerichtsbescheid vom 17. Oktober 2024). Die Klägerin habe weder einen Anspruch auf einen Eingliederungszuschuss noch einen Anspruch auf Aufhebung der Ablehnungsentscheidung und Neubescheidung ihres Antrags. Der Ablehnungsbescheid des Beklagten sei nicht zu beanstanden.

Anspruchsgrundlagen für einen Eingliederungszuschuss seien §§ 16 Abs. 1 Satz 1 und 2 Nr. 5 SGB II (in der ab 1. Januar 2022 geltenden Fassung) i. V. m. 88 ff SGB III (in der ab 1. April 2012 geltenden Fassung). Zu den Fördervoraussetzungen des § 88 SGB III gehörten die Begründung eines rechtmäßigen Arbeitsverhältnisses, ein förderungsfähiger Personenkreis (Arbeitnehmer), die Förderungsbedürftigkeit der Arbeitnehmer (erschwerte Vermittlung wegen in ihrer Person liegender Umstände), das Vorliegen einer individuellen Minderleistung sowie ein ursächlicher Zusammenhang zwischen dem Eingliederungszuschuss und der Einstellung des Arbeitnehmers (Kausalität). Diese tatbestandlichen Anspruchsvoraussetzungen lägen - mit Ausnahme einer Minderleistung - vor: Das zu beurteilende sozialversicherungspflichtige Arbeitsverhältnis zwischen der Klägerin und ihrem Bruder (Arbeitgeber) und Frau E. (Arbeitnehmerin) sei rechtmäßig. Ein Verstoß gegen geltende Mindestlohnvorgaben liege nicht vor und sei zuletzt auch nicht mehr durch den Beklagten geltend gemacht worden.

Eine Förderungsbedürftigkeit könne für Frau E. angenommen werden. Ein Arbeitnehmer sei dann förderungsbedürftig, wenn er wegen in seiner Person liegender Umstände nur erschwert vermittelt werden könne. Für das Merkmal der erschwerten Vermittlung sei ausschlaggebend, ob der Arbeitsuchende im Vergleich zu anderen Bewerbern, mit denen er auf dem für ihn maßgebenden räumlichen und fachlichen Arbeitsmarkt konkurriere, Nachteile hinsichtlich seiner Wettbewerbsfähigkeit hinnehmen müsse. Nur soweit Defizite hinsichtlich der Kenntnisse oder Fähigkeiten des Arbeitsuchenden bestünden, komme der Zweck des Eingliederungszuschusses zum Tragen, dem Arbeitgeber einen Anreiz für die Schaffung von Dauerarbeitsplätzen für schwervermittelbare Arbeitnehmer zu geben. In der Person des Arbeitnehmers liegende Ursachen könnten angenommen werden, wenn er im Vergleich zu anderen, mit ihm auf dem Arbeitsmarkt konkurrierenden Bewerbern infolge persönlicher Defizite in seiner Wettbewerbsfähigkeit beeinträchtigt sei (Hinweis auf LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 3. Mai 2012 - L 18 AL 246/10). Ob der Arbeitnehmer in den Kreis der Arbeitnehmer mit Vermittlungserschwernissen einzubeziehen oder ob die Arbeitsmarktlage für die fehlende Vermittlung verantwortlich zu machen sei, sei nach wertender Beurteilung des Ursachenzusammenhangs zu beantworten. Eine Gleichwertigkeit der Bedingungen reiche zur Begründung der Förderungsfähigkeit aus.

Bereits durch das in § 88 SGB III ausdrücklich niedergelegte Tatbestandsmerkmal der „Minderleistung“ werde klargestellt, dass das Eingliederungserfordernis der Einarbeitung auf Gründen in der Person des Arbeitnehmers beruhen müsse (Hinweis auf BSG, Urteil vom 6. Mai 2008 - B 7/7a AL 16/07), während besondere betriebliche Erfordernisse als Beweggrund für die Zuschussgewährung ausschieden (Hinweis auf Thomas Voelzke in: Hauck/Noftz, SGB III, 6. Ergänzungslieferung 2024, § 88 RdNr. 20). In den Fällen besonderer betrieblicher Anforderungen an die Kenntnisse und Fertigkeiten des Arbeitnehmers bedürfe es keiner Förderung, weil die Arbeitgeber schon von sich aus in eigenem Interesse die erforderlichen Maßnahmen treffen müssten. Ein Zuschuss zu den Lohnkosten hätte schon nach dem vor dem Inkrafttreten des SGB III geltenden Recht nicht gewährt werden können, wenn der Arbeitgeber während der Einarbeitungszeit einen abgesenkten, jedoch stufenweise ansteigenden Lohn gezahlt habe, da bei einer derartigen Gestaltung bereits durch die Lohnvereinbarung die Minderleistung des Arbeitnehmers berücksichtigt werde (Hinweis auf BSG, Urteil vom 28. März 1990 - 9b/11 RAr 67/88).

Der Eingliederungszuschuss könne nur gewährt werden, wenn das Vermittlungshemmnis auf individuellen Leistungsdefiziten beruhe, die einen Arbeitnehmer im Verhältnis zu der vergleichbaren Berufsgruppe benachteilige. Es dürften folglich keine beruflichen Ziele verfolgt werden, die auch allen anderen möglichen Mitbewerbern erst vermittelt werden müssten, denn nur die (darüber hinaus bestehende) individuelle Minderleistung rechtfertige den Lohnkostenzuschuss.

Obwohl also das Vermittlungserschwernis nach Art und Umfang bei jedem Arbeitnehmer individuell festzustellen sei, könnten (in Anlehnung an die bis 31. Dezember 2003 in § 218 Abs. 1 SGB III a. F. geregelten Eingliederungszuschüsse) typische Fallgruppen gebildet werden, bei denen regelmäßig von einer Förderungsfähigkeit ausgegangen werden könne (Hinweis auf BSG, Urteil vom 6. 5. 2008 - B 7/7a AL 16/07 R). Bei Vorliegen typischer Vermittlungshemmnisse werde das Bedürfnis nach Förderung regelmäßig zu bejahen sein. Dennoch ersetze das Vorliegen von Merkmalen, die typischerweise auf eine Erschwerung der Vermittlung schließen ließen, nicht die konkrete Feststellung des Bestehens von Vermittlungshemmnissen im Einzelfall (Hinweis auf BSG, Urteil vom 6. Mai 2008, a. a. O.). Typische Vermittlungshemmnisse bestünden regelmäßig bei Langzeitarbeitslosen, die die Voraussetzungen des § 18 SGB III erfüllten und bei älteren Arbeitnehmern, die beispielsweise das 50. Lebensjahr vollendet hätten. Diese typischen Vermittlungshemmnisse lägen für die Frau E. unstreitig vor.

Gleichwohl sei die darüber hinaus erforderliche „Minderleistung“ nicht gegeben. Das Vorliegen einer Minderleistung des Arbeitnehmers im Förderungszeitraum gehöre nach der Neufassung der Regelungen über den Eingliederungszuschuss durch das Gesetz zur Verbesserung der Eingliederungschancen am Arbeitsmarkt unzweifelhaft zu den Voraussetzungen eines Eingliederungszuschusses (Hinweis auf Coseriu in: Eicher/Schlegel, SGB III n. F., § 88 RdNr. 31, Stand Mai 2015; Kuhnke in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB III, 2. Aufl. 2019, § 88 RdNr. 33; a. A. zu den früheren Fassungen der Regelungen BSG, Urteil vom 6. April 2006 - B 7a AL 20/05 R). Die Änderung des ursprünglichen Gesetzentwurfs sei auf Vorschlag des Ausschusses für Arbeit und Soziales (M 130 S. 26) erfolgt. Der Ausschuss habe klarstellen wollen, dass das Vorliegen einer Minderleistung zu den Voraussetzungen des Eingliederungszuschusses gehöre. Zudem würde sich der Eingliederungszuschuss bei einem Verzicht auf das Erfordernis auf eine Minderleistung als europarechtlich durchaus bedenkliches Instrument zur Kompensation von „virtuellen“ Vermittlungshemmnissen darstellen. Der 7. Senat des BSG habe seine unzutreffende Auffassung zur früheren Rechtslage (Hinweis auf BSG, Urteil vom 6. April 2006 - B 7a AL 20/05 R) damit begründet, bei dem unbestimmten Rechtsbegriff der Minderleistung handele es sich nicht um eine echte Anspruchsvoraussetzung, sondern um den „Ausdruck einer allgemeinen Zielsetzung“, die lediglich im Rahmen der Ermessensausübung zu berücksichtigen sei. In der Praxis seien beide Auffassungen in aller Regel zu identischen Ergebnissen gelangt, denn der Gesichtspunkt der Minderleistung sei jedenfalls bei der Ermessensausübung zu berücksichtigen gewesen: Bei einem Arbeitnehmer ohne jegliche Minderleistung bei der Ausübung seiner Arbeitstätigkeit hätte die Verwaltung das Entschließungsermessen schwerlich im Sinne einer Leistungsgewährung ausüben können.

Das Erfordernis einer Minderleistung des Arbeitnehmers knüpfe historisch an die frühere Regelung über den Einarbeitungszuschuss in § 49 AFG an, wonach Zuschüsse nur hätten gewährt werden dürfen, wenn die Arbeitnehmer „eine volle Leistung am Arbeitsplatz erst nach einer Einarbeitungszeit erreichen können“. Voraussetzung für die Gewährung von Eingliederungszuschüssen sei mithin, dass zu Beginn und während des Förderungszeitraums eine Minderleistung des Arbeitnehmers gegeben sei, die durch den Eingliederungszuschuss ausgeglichen werden müsse. Maßstab für die Feststellung einer Minderleistung könne nach der Rechtsprechung des BSG zu § 49 AFG nur das Verhältnis von dem Wert der Arbeitsleistung und dem tatsächlich gezahlten Arbeitsentgelt sein (Hinweis auf BSG, Urteil vom 28. März 1990 - 9b/11 RAr 67/ 88). Bei der Feststellung der Minderleistung komme der Stellenbeschreibung einerseits und dem üblicherweise gezahlten Entgelt eine wichtige Funktion zu. Eine Minderleistung sei gegeben, wenn der Arbeitgeber eine im Verhältnis zur Arbeitsleistung objektiv überhöhte Entgeltzahlung zu leisten hätte. Es liege deshalb keine Minderleistung vor, wenn bereits die Vereinbarung des Arbeitsentgelts unter Berücksichtigung des Umstandes erfolgt, dass der Arbeitnehmer (zunächst) in seiner Leistungsfähigkeit eingeschränkt sei. In derartigen Fällen könne eine anspruchsbegründende Minderleistung nur dann anerkannt werden, wenn der Wert der Arbeitsleistung noch geringer als das herabgesetzte Arbeitsentgelt sei.

Der Zusammenhang von Arbeitsleistung und Arbeitsentgelt für die Feststellung der Minderleistung werde durch die Regelung über den Förderungsumfang verdeutlicht. Nach § 89 Satz 1 SGB III richteten sich Höhe und Dauer der Förderung auch nach dem Umfang der Einschränkung der Arbeitsleistung der Arbeitnehmerin oder des Arbeitnehmers und nach den Anforderungen des Arbeitsplatzes (Minderleistung). Auf dieser Grundlage könne (mit gewissen Einschränkungen) die den Einarbeitungszuschuss nach dem AFG betreffende höchstrichterliche Rechtsprechung zum Erfordernis einer individuellen Minderleistung auf die Eingliederungszuschüsse übertragen werden. Danach solle der Einarbeitungszuschuss lediglich dazu dienen, individuelle Leistungsdefizite, die einen bestimmten Arbeitnehmer im Verhältnis zur vergleichbaren Berufsgruppe benachteiligen, auszugleichen (Hinweis auf BSG, Urteil vom 31.  März 1992 - 9b RAr 12/91 und Thomas Voelzke in: Hauck/Noftz, SGB III, 6. Ergänzungslieferung 2024, § 88 RdNr. 24 ff).

Ausgehend von diesen Vorgaben sei der Wert der Arbeitsleistung von Frau E. am tatsächlich gezahlten Arbeitsentgelt zu messen und dieses müsste sich als objektiv überhöht darstellen. Zunächst sei die Arbeitsleistung von Frau E. zu bewerten: Frau E. habe die demenzkranken Eltern der Klägerin in deren privatem Umfeld „betreuen“ sollen. Der Arbeitsvertrag benenne dies mit „Betreuung/Alltagsbegleitung“ - im Antrag auf Eingliederungszuschuss erkläre die Klägerin dazu, es sei eine „Betreuung bei Demenz“. Welche konkrete Arbeitsleistung von Frau E. erwartet und dann auch geleistet worden sei, bleibe etwas unklar. Die „Betreuung“ der Eltern sei, durch einen professionellen Pflegedienst, der pflegerische Verrichtungen im Sinne des SGB XI vorgenommen habe, gewährleistet worden sowie durch die Familie (die Klägerin, deren Bruder und dessen Ehefrau), sowie weitere private Personen aus dem Umfeld (Nachbarschaft/Freunde). Eine 24-Stunden-Betreuung der Eltern habe nicht stattgefunden. In dieses Betreuungsumfeld sei Frau E. integriert worden. Pflegerische Tätigkeiten habe sie nicht ausführen sollen. Nach eigenen Angaben habe sie in den ersten Tagen bzw. rund 4 Wochen ab Beginn ihrer Tätigkeit bei Anwesenheit der Mitarbeiterin des Pflegedienstes die notwendigen Verrichtungen und den Alltag der Eltern der Klägerin kennengelernt. Sie habe „alles was anstand“ - soweit möglich - erledigen sollen. Dies habe in erster Linie die Begleitung bzw. Aufsicht der Eltern der Klägerin beinhaltet. Es habe verhindert werden sollen, dass die Eltern „weglaufen“ oder dass etwa durch (krankheitsbedingtes) aggressives Verhalten eine Person zu Schaden komme. Nach Möglichkeit habe die Arbeit auch beinhaltet, einkaufen zu gehen, Essen vorzubereiten oder andere anstehende haushälterische Arbeiten zu verrichten. Die Einarbeitung in diese Tätigkeit habe in erster Linie darin bestanden, die Eltern der Klägerin in ihrer besonderen durch die Demenzerkrankung geprägten Lebenssituation kennenzulernen. Zu diesem Zweck habe die Klägerin die Vorlieben der Eltern aufgeschrieben. Außerdem bestehe die Möglichkeit für Frau E., die Klägerin jederzeit um Rat zu fragen (telefonisch/per WhatsApp). Nach Bekunden von Frau E. habe die Einarbeitungsphase keinen ganzen Monat angedauert, danach sei sie alleine bei ihren Besuchen der Eltern der Klägerin gewesen. Der so beschriebene Arbeitsalltag lasse nicht erkennen, dass für die erwartete Tätigkeit eine besondere berufliche Qualifikation erforderlich gewesen sei, die Frau E. nicht vorzuweisen gehabt habe. Pflegerische Verrichtungen seien von Frau E. nicht vorgenommen worden.  Hinsichtlich der Haushaltsführung sei sie durch ihre Berufsausbildung und - tätigkeit qualifiziert gewesen. Hinsichtlich der weiteren „Betreuung“, die sich für das SG als Gesellschaft und (wie im Arbeitsvertrag beschrieben) Alltagsbegleitung demenzkranker älterer Menschen darstelle, sei eine kontinuierliche Weiterbildung in der Betreuungsassistenz sicherlich hilfreich gewesen, aber offensichtlich nicht erforderlich. Das SG schließe sich insoweit dem Beklagten an, als der Ablauf der Gültigkeit des 2018 erworbenen Zertifikats in der Betreuung nicht zu einem Komplettverlust der erworbenen Kenntnisse führe.

Nach Durchführung der Beweisaufnahme und Würdigung der Aktenlage erschließe sich dem SG nicht, welche Arbeitsleistung die Klägerin ab dem 1. April 2022 von Frau E. eingefordert habe, die von dieser nur unzureichend habe erbracht werden können. Dabei ist sei auch die begehrte Höhe des Eingliederungszuschusses - 50% des gezahlten Entgeltes - beachtlich. Diese lege nahe, dass die Tätigkeit von Frau E. im ersten Halbjahr nur zur Hälfte verwertbar gewesen sei und die Hälfte des tatsächlich gezahlten Entgeltes eine objektiv überhöhte Leistung dargestellt habe. Eine solche hinter den Erwartungen der Klägerin bzw. der Stellenbeschreibung des Arbeitsvertrages zurückbleibende Minderleistung sei weder ersichtlich noch sei sie vorgetragen worden. Die übliche Einarbeitung in eine neue Arbeitsstelle könne keine Minderleistung in diesem Sinne begründen. Durch den Eingliederungszuschuss sollten konkrete Leistungsdefizite ausgeglichen werden, die ansonsten einen bestimmten Arbeitnehmer im Verhältnis zu vergleichbaren Berufsgruppen benachteiligen würden. Einarbeitungszeiten träfen aber üblicherweise jeden Arbeitnehmer, der eine neue Tätigkeit aufnehme. Soweit die Klägerin unter dem 8. September 2024 vorgetragen habe, Frau E. sei am Anfang der Schwierigkeit der Betreuung nicht gewachsen gewesen, weil die Situation eine nur schwer zu bewältigende Herausforderung gewesen sei, und auch aktuell noch Beratungsbedarf bestehe, führe dies zu keiner anderen Beurteilung. Dabei verschließe sich das SG nicht den bestehenden Schwierigkeiten und Herausforderungen bei der Betreuung und Begleitung älterer demenzkranker Personen. Letztlich blieben diese aber auch aufgrund der Komplexität des Krankheitsbildes dauerhaft bestehen und führten notwendigerweise zu einem kontinuierlichen Erfahrungsaustausch und einer Anpassung der Betreuungssituation. Dass die Klägerin grundsätzlich mit der Arbeitsleistung von Frau E. zufrieden gewesen sei, zeige sich auch an der Anhebung des Stundenlohns nach einem Jahr Arbeit, was so vereinbart worden sei, wenn sich Frau E. bei ihrer Tätigkeit „bewähre“. Somit seien weder konkrete Leistungsdefizite nachvollziehbar vorgetragen worden noch aus dem Akteninhalt ersichtlich.

Damit sei die Tatbestandsvoraussetzung der „Minderleistung“ nicht erfüllt und ein Leistungsanspruch bestehe nicht - ohne dass im Weiteren eine rechtmäßige Ermessensentscheidung zu treffen gewesen wäre. Zu dieser wäre es nur gekommen, wenn sämtliche Tatbestandsvoraussetzungen des § 88 SGB III erfüllt gewesen wären. Der als Hauptantrag geltend gemachte Anspruch der Klägerin sei  abzulehnen gewesen. Soweit die Klägerin hilfsweise die Aufhebung des angefochtenen Ablehnungsbescheides und die Neubescheidung ihres Antrags begehre, sei auch dieser Antrag unbegründet. 

Soweit die Klägerin vortrage, sie habe den Antrag nur gestellt, weil sie auf diese Möglichkeit durch eine Sachbearbeiterin des Beklagten hingewiesen worden sei, führe das zu keinem anderen Ergebnis. In diesem Zusammenhang habe ein Beratungsgespräch mit Frau E. und ihrer Sachbearbeiterin stattgefunden, nicht aber mit der Klägerin. Der Hinweis darauf, dass ein möglicher Leistungsanspruch bestehe, der individuell geprüft werden müsste, bleibe richtig.  Darin liegt noch keine Zusage der begehrten Leistung und auch keine Zusicherung i. S. des 34 SGB X. Dieses Beratungsgespräch habe auch keine ermessenslenkende Wirkung, denn weder sei es mit der Klägerin geführt worden, noch komme es hinsichtlich des Anspruchs auf eine rechtmäßige Ermessensausübung an.

Gegen den ihr am 22. Oktober 2024 zugestellten Gerichtsbescheid hat die Klägerin am 1. November 2024 Berufung eingelegt, mit der sie ihr bisheriges Vorbringen wiederholt und vertieft hat. Sie vertritt weiterhin die Auffassung, dass sich die für die Förderungsbedürftigkeit vorliegende Minderleistung bereits daraus ergebe, dass diese bei Arbeitnehmern mit Vermittlungshemmnissen, insbesondere bei älteren Menschen, zu Recht (vom Gesetzgeber) unterstellt werde. Mit der Regelung in § 89 Satz 3 SGB III besage der Gesetzgeber, dass bei älteren Arbeitnehmern eine Minderleistung unterstellt werde. Frau E. habe auch bezogen auf den konkreten Arbeitsplatz die erforderlichen Voraussetzungen nicht erfüllt. Der maßgebliche Zeitpunkt für die Entscheidung der Frage, ob ein förderungswürdiger Sachverhalt gegeben sei, sei der Zeitpunkt der Antragstellung. Aus diesem Grund könne es nicht darauf ankommen, wie sich das Arbeitsverhältnis von Beginn an gestaltet habe und inwieweit Frau E. den Anforderungen gewachsen gewesen sei. Die Klägerin habe kein Verständnis dafür, dass der Beklagte es nicht für nötig befunden habe, der über 2 Stunden dauernden Zeugenvernehmung von Frau E. beizuwohnen. Dort hätte er einen Eindruck von der umfangreichen Einarbeitungszeit und den Schwierigkeiten bekommen, denen Frau E. ausgesetzt gewesen sei. Der Beklagte habe zu keinem Zeitpunkt das erforderliche Ermessen ausgeübt. Auch unter Berücksichtigung der Fachlichen Weisungen der Bundesagentur für Arbeit hätten die gesetzlichen Kriterien für einen Eingliederungszuschuss vorgelegen. 

Die Klägerin beantragt (sinngemäß),
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 17. Oktober 2024 aufzuheben und der Klägerin unter Aufhebung des Bescheides vom 28. Oktober 2022 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14. März 2023 für die Eingliederung der Frau E. einen Eingliederungszuschuss in Höhe von 50 % für die Dauer von 6 Monaten zu gewähren, hilfsweise, den Beklagten zu verpflichten, über ihren Antrag vom 15. März 2022 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats neu zu entscheiden.

Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen. 

Der Beklagte hält die angefochtene Entscheidung für rechtmäßig. Ergänzend hat er ausgeführt, eine Minderleistung liege vor, wenn die Leistungsfähigkeit der Arbeitnehmerin zu Beginn der Beschäftigung noch nicht den Anforderungen des künftigen Arbeitsplatzes entspreche. Die Klägerin als Arbeitgeberin müsse im Rahmen der Antragstellung darlegen, dass die Minderleistung von Frau E. nicht innerhalb der betriebsüblichen Einarbeitung ausgeglichen werden könne. Da der Erörterungstermin aus organisatorischen Gründen beim Sozialgericht Frankfurt am Main nicht habe wahrgenommen werden können, dies zugleich aber auch von der zuständigen Richterin freigestellt worden sei, sei der zuständigen Richterin mitgeteilt worden, dass seitens des Beklagten ein Mangel an der Schlüssigkeit bzw. an der Darlegung der Minderleistung gesehen werde und ansonsten keine offenen Fragen bestünden. Eine Befragung der Arbeitnehmerin sei aber auch seitens des Beklagten für notwendig erachtet worden. Der Beklagte habe im Übrigen Ermessen zur Beurteilung der Minderleistung ausgeübt. 

Der Senat hat die Berufung nach vorheriger Anhörung der Beteiligten mit Beschluss vom 12. Juni 2025 auf die Berichterstatterin zur gemeinsamen Entscheidung mit den ehrenamtlichen Richtern übertragen (§ 153 Abs. 5 Sozialgerichtsgesetz - SGG -).

Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung durch den Senat einverstanden erklärt (Schriftsatz der Klägerin vom 15. Juli 2025; Schriftsatz des Beklagten vom 9. Juli 2025). 

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts sowie des Vortrags der Beteiligten im Übrigen wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen Verwaltungsakte des Beklagten ergänzend Bezug genommen, der Gegenstand der Entscheidungsfindung gewesen ist.  


Entscheidungsgründe

Der Senat konnte in der Besetzung mit nur einer Berufsrichterin und zwei ehrenamtlichen Richtern entscheiden, da das Sozialgericht den Rechtsstreit durch Gerichtsbescheid gemäß § 105 Abs. 2 Satz 1 SGG entschieden hat und die Berufung mit Beschluss des Senats vom 12. Juni 2025 auf die Berichterstatterin übertragen wurde (vgl. § 153 Abs. 5 SGG). Er konnte ohne mündliche Verhandlung entscheiden, da sich die Beteiligten damit einverstanden erklärt haben (§§ 153 Abs. 1 i. V. m. § 124 Abs. 2 SGG).  

Die gemäß §§ 143 und 144 SGG statthafte Berufung ist zulässig und ist von der Klägerin form- und fristgerecht gemäß § 151 Abs. 1 SGG eingelegt worden. 

Die Berufung ist jedoch unbegründet und war zurückzuweisen. 

Der Gerichtsbescheid des SG vom 17. Oktober 2024 und der Bescheid des Beklagten vom 28. Oktober 2022 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14. März 2023 sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten. Das SG hat die Klage zu Recht und aus zutreffenden Gründen abgewiesen. Der Senat schließt sich nach eigener Überzeugung den Ausführungen des SG an und sieht insoweit zur Vermeidung von Wiederholungen von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab (vgl. § 153 Abs. 2 SGG).

Eine andere rechtliche Beurteilung folgt auch nicht aus der Berufungsbegründung. 

Wie bereits erstinstanzlich zutreffend ausgeführt, ist bei der Klägerin vom Vorliegen einer erschwerten Vermittlung im Sinne des § 16 Abs. 1 Satz 1 und 2 Nr. 5 SGB II (in der ab 1. Januar 2022 geltenden Fassung des Teilhabestärkungsgesetzes vom 2. Juni 2021, BGBl. I 1387) i. V. m. § 88 SGB III (in der ab 1. April 2012 geltenden Fassung des Gesetzes zur Verbesserung der Eingliederungschancen am Arbeitsmarkt vom 20. Dezember 2011, BGBl. I 2854) auszugehen, allerdings nicht von einer Minderleistung. Soweit die Klägerin weiterhin die Auffassung vertritt, dass sich die für die Förderungsbedürftigkeit vorliegende Minderleistung bereits daraus ergebe, dass diese bei Arbeitnehmern mit Vermittlungshemmnissen, insbesondere bei älteren Menschen, zu Recht (vom Gesetzgeber) unterstellt werde, vermag der Senat dem nicht zu folgen. 

Hierzu ist ergänzend auf Folgendes hinzuweisen: Arbeitgeber können gemäß § 16 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 Nr. 5 SGB II i. V. m. § 88 SGB III zur Eingliederung von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern, deren Vermittlung wegen in ihrer Person liegender Gründe erschwert ist, einen Zuschuss zum Arbeitsentgelt zum Ausgleich einer Minderleistung erhalten (Eingliederungszuschuss). Die Voraussetzung der Vermittlungserschwernis entspricht im Wesentlichen den zuvor in § 218 Abs. 1 Nr. 2 SGB III a. F. enthaltenen Voraussetzungen des Eingliederungszuschusses bei erschwerter Vermittlung. Die früher in § 218 Abs. 1 SGB III a. F. geregelten Eingliederungszuschüsse bei Einarbeitung und für Arbeitnehmer ab Vollendung des 55. Lebensjahres sind als gesetzliche Sonderregelungen mit einer Vermutung für eine erschwerte Vermittlung weggefallen. Auch für diese Fälle ist jetzt jeweils zu prüfen, ob ein Vermittlungshemmnis vorliegt (vgl. Kühl in: Brand, SGB III, 9. Aufl. 2021, § 88 RdNr. 9). Für die Bestimmung der aufgrund von Vermittlungshemmnissen förderungsbedürftigen Arbeitnehmer bieten weiterhin Fallgruppen eine Orientierung, die früher in § 218 Abs. 1 SGB III in der bis zum 31. Dezember 2003 geltenden Fassung geregelt waren (vgl. BSG, Urteil vom 6. Mai 2008 - B 7/7a AL 16/07 R - juris; Voelzke in Hauck/Noftz, SGB III, Stand März 2025, § 88 RdNr. 22 m. w. N.). 

Dabei ist zu beachten, dass allein das Überschreiten einer bestimmten Altersgrenze kein Vermittlungshemmnis begründet (vgl. Kühl in: Brand, SGB III, 9. Aufl. 2021, § 88 RdNr. 10). Allerdings erkennt auch der Gesetzgeber an, dass ältere Arbeitnehmer hinsichtlich der Vermittlungsaussichten zu den Problemgruppen des Arbeitsmarktes gehören (vgl. § 89 Satz 3 SGB III in der hier maßgeblichen Fassung des Pflegelöhneverbesserungsgesetzes vom 22. November 2019, BGBl. I 1756 und Voelzke in: Hauck/Noftz, SGB III, Stand März 2025, § 88 RdNr. 22). Fortgeschrittenes Alter kann daher regelmäßig als vermittlungserschwerend anerkannt werden, es sei denn, die Arbeitsmarktsituation im Einzelfall stellt sich abweichend dar (vgl. Kühl in: Brand, SGB III, 9. Aufl. 2021, § 88 RdNr. 10). Auch Langzeitarbeitslosigkeit allein (Arbeitslosigkeit von einem Jahr und länger) genügt nicht, auch insoweit ist eine erschwerte Vermittelbarkeit auf Grund von in der Person liegenden Umständen erforderlich (so bereits das BSG zur früheren Rechtslage; vgl. BSG, Urteil vom 6. Mai 2008 - B 7/7a AL 16/07 R). Ebenso wenig begründen allein die Notwendigkeit einer Einarbeitung an einem konkreten Arbeitsplatz oder fehlende Berufserfahrung eine in der Person liegende Vermittlungserschwernis (vgl. Kühl in: Brand, SGB III, 9. Aufl. 2021, § 88 RdNr. 14 m. w. N.). Danach kann erst in der Zusammenschau der Umstände des Alters der Frau E. von 56 Jahren zum Zeitpunkt der Einstellung, der Arbeitslosigkeit von einem Jahr sowie des abgelaufenen und offensichtlich nicht erneuerten Zertifikats der Ausbildung zur „Betreuungskraft (nach § 53c SGB XI)“ davon ausgegangen werden, dass eine erschwerte Vermittlung wegen in der Person der Arbeitnehmerin liegender Gründe zum Zeitpunkt der Antragstellung auf Gewährung eines Eingliederungszuschusses vorlag. 

Anders als die Klägerin - auch im Rahmen der Berufungsbegründung - vertritt, ergibt sich allein aus der Zusammenschau dieser Umstände und der Annahme einer daraus folgenden Vermittlungserschwernis noch keine Minderleistung der Arbeitnehmerin Frau E..  

Der Eingliederungszuschuss bezweckt einen Nachteilsausgleich für den Arbeitgeber, wenn eine Arbeitnehmerin oder ein Arbeitnehmer zu Beginn der Beschäftigung wegen in ihrer/seiner Person liegender Gründe in ihrer/seiner Leistungsfähigkeit den Anforderungen des jeweiligen Arbeitsplatzes nicht entspricht (Vgl. BT-Drs. 17/7065 S.18). Die Minderleistung ist - neben der erschwerten Vermittlung - eine weitere Tatbestandsvoraussetzung für die Gewährung eines Eingliederungszuschusses, nachdem bei den Beratungen des Gesetzes zur Verbesserung der Eingliederungschancen am Arbeitsmarkt empfohlen wurde, in § 88 Satz 1 SGB III die Worte „zum Ausgleich einer Minderleistung“ hinzuzufügen, und dies vom Gesetzgeber auch entsprechend umgesetzt wurde (vgl. BT-Drs. 17/7065 S. 18). Dies ist heute weitestgehend unumstritten (vgl. Kuhnke in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB III, 3. Aufl. 2023, § 88 RdNr. 39; Voelzke in: Hauck/Noftz, SGB III, Stand: März 2025, § 88 RdNr. 24; Heinz in: Heinz/Schmidt-De Caluwe/Scholz, SGB III, 7. Aufl. 2020, § 88 RdNr. 65; Kühl in: Brand, SGB III, 9. Aufl. 2021, § 88 RdNr. 5, 16; Böttiger in: LPK SGB III, 4. Aufl. 2025, § 88 RdNr. 17; Schneil in BeckOGK, Gagel, SGB III, Stand: 93. Ergänzungslieferung Juni 2025, § 88 RdNr. 40; a. A. Bindig in: Luik/Harich, SGB II, 6. Aufl. 2024, § 16 RdNr. 129 unter Hinweis auf die frühere Rechtsprechung: BSG, Urteil vom 6. April 2006 - B 7a AL 20/05 R). Zwar nimmt die Begründung des Änderungsvorschlages des federführenden Ausschusses Arbeit und Soziales des Bundestages Bezug auf die vorangestellte Rechtsprechung des BSG, die gerade nicht die Minderleistung als Tatbestandsmerkmal vorsah. Der Intention der weiteren Begründung lässt sich aber entnehmen, dass die Minderleistung Tatbestandsvoraussetzung werden sollte und schließlich wurde (vgl. BT-Drs. 17/7065 S. 7, 18 und überzeugend Kuhnke in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB III, 3. Aufl. 2023, § 88 RdNr. 39). Große praktische Bedeutung kommt dem Streit jedoch nicht zu, da die Minderleistung, wenn sie nicht als Tatbestandsmerkmal angesehen wird, im Rahmen der Ermessensprüfung zu berücksichtigen ist (so zutreffend Kuhnke in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB III, 3. Aufl. 2023, § 88 RdNr. 39; Coseriu in: Eicher/Schlegel, SGB III, Stand: Mai 2015, § 88 RdNr. 31; LSG Berlin-Brandenburg vom 3. Mai 2012 - L 18 AL 246/10 - juris RdNr. 26 ff noch zu § 217 SGB II a. F.).
 
Gemäß § 89 Satz 1 SGB III richten sich die Förderhöhe und die Förderdauer nach dem Umfang der Einschränkung der Arbeitsleistung der Arbeitnehmerin oder des Arbeitnehmers und nach den Anforderungen des jeweiligen Arbeitsplatzes (Minderleistung). Demnach liegt eine Minderleistung vor, wenn eine Arbeitnehmerin oder ein Arbeitnehmer zu Beginn der Beschäftigung (vgl. BSG, Urteil vom 6. April 2006 - B 7a AL 20/05 - juris) wegen in ihrer/seiner Person liegender Gründe in ihrer oder seiner Leistungsfähigkeit den Anforderungen des jeweiligen Arbeitsplatzes nicht entspricht (vgl. Kuhnke in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB III, 3. Aufl. 2023, § 88 RdNr. 4). Das ist der Fall, wenn der Arbeitgeber eine der Arbeitsleistung noch nicht angemessene, also objektiv überhöhte Lohnzahlung zahlen müsste (vgl. BSG, Urteil vom 28. März 1990 - 9b/11 RAr 67/88 - juris). Ob bzw. in welchem Umfang eine Minderleistung zu erwarten ist, ist nach den beruflichen Fähigkeiten, Kenntnissen, Erfahrungen und Stärken der Arbeitnehmerin oder des Arbeitnehmers und den konkreten stellenbezogenen Anforderungen des neuen Arbeitsplatzes zu beurteilen (vgl. Kuhnke in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB III, 3. Aufl. 2023, § 88 RdNr. 4 m. w. N.). Der Wert der Arbeitsleistung ist ins Verhältnis zum konkret erzielbaren Arbeitsentgelt zu setzen (vgl. BSG, Urteil vom 28. März 1990 - 9b/11 RAr 67/88 - juris; Voelzke in: Hauck/Noftz, SGB III, Stand: März 2025, § 88 RdNr. 25).

Insoweit kann nicht festgestellt werden, dass Frau E. zum maßgeblichen Zeitpunkt des Beginns der Beschäftigung, worauf die Klägerin zutreffend hingewiesen hat, unter Abgleich mit den Anforderungen des Arbeitsplatzes nach dem Arbeitsvertrag und den zusätzlichen Angaben der Klägerin wegen in der Person der Arbeitnehmerin liegender Gründe in ihrer Leistungsfähigkeit den Anforderungen des Arbeitsplatzes nicht entsprach.  Diese rechtlich nicht zu beanstandende Einschätzung bzw. Prognose des Beklagten wurde durch das Ergebnis der vom erstinstanzlichen Gericht im Erörterungstermin am 8. August 2024 durchgeführten Beweiserhebung bestätigt. In dem von der Klägerin und ihrem Bruder mit Frau E. geschlossenen Arbeitsvertrag von Ende März 2022 findet sich als Tätigkeitsbeschreibung lediglich, dass die Arbeitnehmerin als Betreuungskraft/Alltagsbegleiterin eingestellt wird. Welche Tätigkeiten dies im Einzelnen beinhaltet, wird dort nicht näher ausgeführt. Dem Antrag der Klägerin vom 15. März 2022 auf einen Eingliederungszuschuss sowie dem „Fragebogen Minderleistungen zum Antrag auf Eingliederungszuschuss“ vom 1. April 2022 lässt sich entnehmen, dass es sich bei der Tätigkeit um die Betreuung eines demenzkranken Ehepaares, der Eltern der Klägerin, handelt. Die Klägerin ist davon ausgegangen, dass die Einarbeitungszeit mindestes 6 Monate in Anspruch nehme, da die Arbeitnehmerin noch nie in der Betreuung gearbeitet habe. Es gebe eine ausgebildete Pflegekraft, die die Arbeitnehmerin einarbeite und ihr die Besonderheiten nahebringe. Pflegetätigkeiten hatte Frau E. nicht zu erbringen, da die Pflege anderweitig organisiert war, sondern im Wesentlichen die soziale Betreuung/Beaufsichtigung des demenzkranken Ehepaares unter schwierigen Umständen sowie Haushaltstätigkeiten. Zwar war die Arbeitnehmerin aufgrund ihrer Ausbildung vor allem für die hauswirtschaftlichen Tätigkeiten qualifiziert, die sie zu erledigen hatte, während das für die Betreuung erworbene Zertifikat zwischenzeitlich abgelaufen war, wie von der Klägerin vorgetragen, und eine frühere berufliche Tätigkeit in der Betreuung nicht vorlag. Dennoch waren durch die Ausbildung zur „Betreuungskraft (nach § 53c SGB XI)“, wie von dem Beklagten angenommen, jedenfalls theoretische und praktische Grundkenntnisse in der Betreuung vorhanden. Zudem findet sich im Lebenslauf der Arbeitnehmerin die Angabe, dass diese in den Jahren von 1995 bis 1999 privat mit der Pflege ihrer Mutter betraut war, wenngleich sich hieraus keine berufliche Qualifikation ableiten lässt und die Pflege lange Zeit zurück lag. Unter Zugrundelegung all dieser Umstände konnte zu Beginn der Beschäftigung prognostisch nicht geschlussfolgert  werden, dass Frau E. nur eine reduzierte Leistung erbringen würde, zumal eine fehlende Berufserfahrung (hier in der Betreuung von Demenzkranken) an sich und allein die Notwendigkeit einer Einarbeitung an einem konkreten Arbeitsplatz schon kein Vermittlungshemmnis begründen. Ein signifikant höherer Einarbeitungsbedarf wegen individueller Defizite im Vergleich zu anderen Arbeitnehmern ließ sich aus den genannten Gesichtspunkten nicht ableiten. Es ergaben sich auch keine Hinweise auf sonstige Umstände wie z. B. gesundheitliche Einschränkungen, die auf eine reduzierte Leistung aufgrund individueller Defizite der Arbeitnehmerin hätten schließen lassen. Diese Prognose wurde letztlich durch die später vom SG ermittelten Umstände bestätigt. Trotz der geschilderten und für den Senat nachvollziehbaren schwierigen Umstände der Betreuung eines demenzkranken Ehepaars und des von der Klägerin angegebenen Rücksprachebedarfs war die Arbeitnehmerin nach dem Ergebnis der Beweiserhebung des SG nach einigen Wochen in der Lage, die von ihr geforderte Betreuung/Alltagsbegleitung allein durchzuführen. Ausreichende Anhaltspunkte dafür, dass Frau E. hierbei Leistungsdefizite aufwies, z. B. ihre Arbeit nicht vollständig oder nicht wie von ihr gefordert erledigte, oder ihre Arbeit von anderen Personen (teilweise) mit übernommen werden musste, finden sich nicht. Allein in der Notwendigkeit einer häufigeren Rücksprache kann ebenfalls kein Leistungsdefizit gesehen werden. An dieser Beurteilung des Sachverhalts ändert auch die fehlende Anwesenheit des Beklagten im Erörterungstermin des erstinstanzlichen Gerichts am 8. August 2024 nichts. Auch die gezahlte Entlohnung - bei Annahme einer Arbeitszeit von 80 Wochenstunden - für die Betreuung/Alltagsbegleitung in einem Privathaushalt deutete nicht auf eine Minderleistung hin. Diese erscheint vor dem geschilderten Hintergrund nicht objektiv überhöht. 

Ebenso wenig führen die Fachlichen Weisungen der Bundesagentur für Arbeit zu einer anderen rechtlichen Beurteilung. Auf die obigen Ausführungen zur Auslegung des Begriffs der Minderleistung wird Bezug genommen. Die in den Fachlichen Weisungen zur Auslegung des Begriffs genannten Kriterien stimmen damit im Wesentlichen überein.

Damit fehlt es für einen Eingliederungszuschuss gemäß § 16 Abs. 1 Satz 1 und 2 Nr. 5 SGB II i. V. m. § 88 SGB III bereits an dem Tatbestandsmerkmal der Minderleistung, ein Ermessen war nicht mehr auszuüben. Selbst wenn man hinsichtlich der Minderleistung entgegen der weit überwiegenden Meinung nur von einem Erfordernis auf der Rechtsfolgenseite bei der Ermessensausübung ausgehen sollte, würde auch ein Anspruch auf Neubescheidung an der fehlenden Minderleistung im Sinne des § 88 SGB III, welche dann im Rahmen der Ermessensausübung zu berücksichtigen wäre, scheitern. Insoweit könnte auch nicht von einer fehlenden oder fehlerhaften Ermessensausübung des Beklagten ausgegangen werden, da sich dieser nach der Begründung des Bescheides vom 28. Oktober 2022 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14. März 2023 darüber im Klaren war, dass es sich um Ermessensleistungen handelte, und sich mit den für die Ermessensausübung maßgeblichen Gesichtspunkten auseinandersetzte. 

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Die Entscheidung ergeht in Anwendung der höchstrichterlichen Rechtsprechung. Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 160 SGG).  
 

Rechtskraft
Aus
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