Die Erhebung der Insolvenzgeldumlage erfolgt nur auf Entgelte von Arbeitnehmern im arbeitsrechtlichen Sinne. Das Bestehen einer Beschäftigung im Sinne des § 7 Abs. 1 SGB IV reicht alleine nicht aus (hier: Minderheitsgesellschafter-Geschäftsführer).
Der Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Berlin vom 5. September 2023 wird geändert. Der Bescheid der Beklagten vom 9. November 2022 in der Gestalt des Bescheides vom 11. Januar 2023 und des Widerspruchsbescheides vom 16. Februar 2023 wird aufgehoben, soweit damit Insolvenzgeldumlage in Höhe von insgesamt 194,04 Euro nachgefordert wird.
Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.
Die Klägerin trägt auch die Kosten des Berufungsverfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen, die dieser selbst trägt.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die im Rahmen einer Betriebsprüfung festgestellte Nachforderung von Beiträgen zur Sozialversicherung und Umlagen für die Tätigkeit des Beigeladenen als Geschäftsführer für die Klägerin im Zeitraum von 2017 bis 2020.
Der 19 geborene Beigeladene war zuvor bereits u.a. Geschäftsführer der GGesellschaft mbH , die nach Ersteintragung im Jahr 1986 in das Handelsregister zwischenzeitlich nach Einstellung eines Insolvenzverfahren erloschen ist. An dieser Gesellschaft hatte er einen Anteil von 30 %. Mit Schreiben der Techniker Krankenkasse (TK) vom 2. Oktober 1989 wurde ihm unter dem Betreff „Ihr Versicherungsverhältnis vom 01.01.1989 bis 31.08.89“ mitgeteilt, dass er in dem genannten Zeitraum als Selbstständiger zu versichern sei, der Name der GmbH wurde in dem Schreiben nicht genannt. Es wurde ferner dargelegt, dass der Beigeladene nach seinen Angaben wie ein fremder Arbeitnehmer dem Direktionsrecht (Weisungsrecht) der Gesellschaft unterworfen sei, dieses Weisungsrecht jedoch in der Praxis nicht ausgeübt werde. Unter Bezugnahme auf ein Urteil des Bundessozialgerichts vom 29. Oktober 1986 wurde für ausschlaggebend erachtet, dass der Beigeladene die Tätigkeit in der Gesellschaft frei bestimmen und gestalten könne. Des Weiteren sei er von den Beschränkungen des § 181 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) befreit.
An der 19 gegründeten Klägerin mit Sitz in B hielt der Beigeladene zunächst 100 % der Gesellschaftsanteile. Im Jahr 2008 veräußerte er bei einem Stammkapital von 26.000 Euro Anteile im Nennwert von 13.250 Euro an die A.
Der Gesellschaftsvertrag enthielt u.a. folgende Regelungen:
§ 7 Geschäftsführung und Vertretung
(1) Die Gesellschaft hat einen oder mehrere Geschäftsführer. Ist nur ein Geschäftsführer vorhanden, ist dieser allein zur Vertretung der Gesellschaft berechtigt. Sind mehrere Geschäftsführer vorhanden, wird die Gesellschaft durch zwei Geschäftsführer gemeinschaftlich oder durch einen Geschäftsführer in Gemeinschaft mit einem Prokuristen vertreten.
(2) Durch jederzeitigen Beschluss der Gesellschafter kann für den Fall, dass mehrere Geschäftsführer vorhanden sind,
a. ) einzelnen oder mehreren von ihnen oder allen die Befugnis zur Alleinvertretung erteilt werden
b. ) einzelnen oder mehreren von ihnen oder allen Befreiung von den Beschränkungen des §181 BGB erteilt werden.
Auch ein einziger vorhandener Geschäftsführer kann durch Gesellschafterbeschluss von den Beschränkungen des § 181 BGB befreit werden.
…
§ 9 Stimmrecht, Gesellschafterversammlung
(1) Gesellschafterbeschlüsse sind in allen Angelegenheiten der Gesellschaft zulässig. Sie werden in Gesellschafterversammlungen gefasst.
(2) Die Gesellschafterversammlung ist für den Erwerb und die Veräußerung von Beteiligungen zuständig.
(2) Gesellschafterbeschlüsse werden mit einfacher Mehrheit der abgegebenen Stimmen gefasst, soweit nicht die Satzung oder das Gesetz eine andere Mehrheit vorschreiben.
…
§ 12a Wettbewerbsverbot
Die Gesellschafterversammlung kann geschäftsführende Gesellschafter vom gesetzlichen Wettbewerbsverbot befreien. Für solche Beschlüsse ist eine qualifizierte Mehrheit der abgegebenen Stimmen von 75% erforderlich. Damit ist die Gesellschafterversammlung beendet.
Aus Anlass der Veräußerung der Gesellschaftsanteile wurde ein neuer Geschäftsführervertrag mit dem Beigeladenen abgeschlossen, der den bisherigen Vertrag und einen Tantiemenvertrag ablöste. Der Vertrag wurde in deutscher und französischer Sprache verfasst, wobei im Zweifel nach § 13 Abs. 2 des Vertrags die deutsche Fassung maßgeblich ist. Hierin waren unter anderem folgende Regelungen enthalten:
§ 2 Vertretungs- und Geschäftsführungsbefugnis
(1) Herr Dr. L vertritt die Gesellschaft allein. Er ist von den Beschränkungen des § 181 BGB befreit. Die Gesellschaft kann die Vertretungsbefugnis jederzeit ändern.
(2) Herr Dr. L ist alleingeschäftsführungsberechtigt. Er führt die Geschäfte der Gesellschaft nach Maßgabe der Gesetze, der Satzung, dieses Dienstvertrages und einer etwaigen Geschäftsordnung der Geschäftsführung. Er hat Weisungen der Gesellschafterversammlung Folge zu leisten.
…
§ 4 Vergütung
(1) Herr Dr. L erhält als Vergütung für seine Tätigkeit ein Jahresfestgehalt von EUR 125.000,04 brutto. Das Jahresgehalt wird in zwölf gleichen Raten in Höhe von jeweils EUR 10.416,67 brutto unter Einhaltung der gesetzlichen Abzüge am Ende eines jeden Kalendermonats gezahlt.
(2) Herr Dr. L erhält des Weiteren einen jährlichen Bonus, dessen Höhe von der Erreichung der entsprechenden Zielvorgaben abhängt. Die Einzelheiten der Berechnung des Bonus und die jeweiligen Zielvorgaben werden in einer jährlich neu abzuschließenden Zielvereinbarung geregelt. Der jährliche Bonus kann maximal eine Höhe von 25% des Jahresbruttofestgehalts (siehe Abs. 1) erreichen. Er wird jährlich nach der Feststellung des Jahresabschusses durch die Gesellschafterversammlung gezahlt. Scheidet Herr Dr. L im Laufe eines Kalenderjahres aus, so wird der Bonus für dieses Kalenderjahr nur zeitanteilig geschuldet.
(3) Die Gesellschaft stellt Herrn Dr. L ferner ein Diensthandy und einen Internetanschluss zur Verfügung
...
§ 5 Vergütung bei Dienstverhinderung und Tod
(1) Bei einer vorübergehenden Arbeitsunfähigkeit von Herrn Dr. L, die durch Krankheit oder aus einem anderen, von Herrn Dr. L nicht zu vertretenden Grunde eintritt, werden die Bezüge nach § 4 Abs. 1 für die Dauer von 12 Monaten ab Eintritt der Dienstverhinderung fortgezahlt, längstens jedoch bis zur Beendigung des Dienstverhältnisses. Herr Dr. L muss sich auf diese Zahlungen die Leistungen anrechnen lassen, die er in dem entsprechenden Zeitraum aufgrund von Kranken-, Pensions- oder Unfallversicherungen erhält.
(2) Verstirbt Herr Dr. L während der Dauer dieses Vertrages, so haben seine Witwe und seine unterhaltsberechtigten Kinder als Gesamtgläubiger Anspruch auf Fortzahlung des Gehaltes gemäß § 4 Abs. 1 für den Sterbemonat und die sechs folgenden Monate. Hinterlässt Herr Dr. L weder Witwe noch unterhaltsberechtigte Kinder, so besteht kein Anspruch gem. Satz 1.
§ 6 Urlaub
(1) Herrn Dr. L steht jährlich ein Erholungsurlaub von 30 Arbeitstagen zu. Sofern der 24. und der 31. Dezember eines Jahres auf einen Werktag fallen, sind diese ebenfalls arbeitsfrei.
(2) Die zeitliche Lage des Urlaubes ist unter Berücksichtigung der geschäftlichen Belange der Gesellschaft und der Wünsche von Herrn Dr. L festzulegen; lässt sich beides nicht vereinbaren, gehen die geschäftlichen Belange der Gesellschaft vor.
Der Vertrag sah ferner vor, dass der Beigeladene die Rechte und Pflichten des Arbeitgebers im Sinne der arbeits- und sozialrechtlichen Vorschriften wahrnimmt (§ 3 Abs. 2 des Vertrags). Nach § 7 des Vertrags waren dem Beigeladenen Aufwendungen in Ausübung seiner Tätigkeit einschließlich Bewirtungskosten nur gegen Vorlage der Originalbelege zu erstatten. § 8 sah einen Anspruch auf einen Dienstwagen der gehobenen Mittelklasse mit der Befugnis zur privaten Nutzung unter Tragung der Steuer auf den geldwerten Vorteil vor. § 9 regelte ein auch nachvertragliches Wettbewerbsverbot für die Dauer von zwei Jahren gegen Zahlung einer Entschädigung.
Der Geschäftsführervertrag hat inhaltlich über die ursprünglich vorgesehene Befristung hinaus weiterhin Bestand, zuletzt sieht er eine automatische Verlängerung um jeweils zwei Jahre vor.
Die Beklagte, die auch kontoführende Trägerin der gesetzlichen Rentenversicherung für den Beigeladenen ist, führte bei der Klägerin Betriebsprüfungen für die Zeiträume 2009 bis 2012 und 2013 bis 2016 durch. In den Betriebsprüfungsbescheiden vom 7. April 2014 und 11. Dezember 2017 wurden einzelne Beitragsberechnungen in geringfügiger Höhe für einzelne Beschäftigte beanstandet. Eine Prüfung und Entscheidung zur sozialversicherungsrechtlichen Bewertung des Beigeladenen für die Klägerin ergab sich aus den Bescheiden nicht.
In der Folge gingen die Anteile von A auf die AF mit Sitz in Frankreich über. Der Beigeladene veräußerte Geschäftsanteile an zwei Prokuristen, so dass mit Stand 17. Oktober 2016 folgende Gesellschafterverhältnisse bestanden:
AF 13.250 Euro
Beigeladener 10.150 Euro
A 1.820 Euro
J 780 Euro
Mit Schreiben vom 22. September 2021 zeigte die Beklagte der Klägerin die Durchführung der Betriebsprüfung für den Zeitraum 1. Januar 2017 bis 31. Dezember 2020 an.
Nachdem die Beklagte dem Beigeladenen mitgeteilt hatte, dass die vorliegenden Unterlagen die sozialversicherungsrechtliche Beurteilung seiner Tätigkeit für die Klägerin nicht zulasse und um die Ausfüllung eines Fragebogens bat, übersandte der Beigeladene mit Schreiben vom 29. März 2022 das Schreiben der TK aus dem Jahr 1989, den Geschäftsführervertrag aus 2008 und eine aktuelle Gesellschafterliste. Er legte dar, dass ihm damals die Mitgliedschaft durch die Sozialversicherung, vertreten durch die TK, gekündigt worden sei. Dies sei ihm nicht recht gewesen, er sei aber ausgezahlt worden, und habe dieses Geld und viele weitere Beiträge in den folgenden Jahren in Lebensversicherungen gesteckt. Er verwies auf seinen Anteil von nur 30 % zum Zeitpunkt des Ausscheidens und den Anteil von noch 39,04 % gegenwärtig. Die übrigen Anteile habe er an AF verkauft.
Mit Schreiben vom 22. Juni 2022 hörte die Beklagte die Klägerin zur beabsichtigten Festsetzung einer Nachforderung von 69.098,52 Euro ausgehend von einer sozialversicherungsrechtlichen Beschäftigung des Beigeladenen an.
Hierzu nahm die Klägerin anwaltlich vertreten Stellung und führte aus, die Kriterien für die Entscheidung der Beklagten seien dieselben wie bei der Entscheidung der TK im Jahr 1989. Gesellschafterbeschlüsse bedürften der gesetzlichen qualifizierten Mehrheit von drei Vierteln, weshalb der Beigeladene über eine Sperrminorität verfüge. Der Beigeladene unterliege – wie die Beklagte selbst ausführe – keinen inhaltlichen Weisungen und keinen Beschränkungen oder Vorgaben zur Gestaltung und zeitlichen Durchführung seiner Geschäftsführertätigkeit. Der Beigeladene habe im Vertrauen auf die Feststellung der TK private Vorsorge geleistet. Mehrere Betriebsprüfungen, zuletzt 2017, hätten keine Feststellung von Versicherungspflicht für den Beigeladenen ergeben.
Mit Bescheid vom 9. November 2022 setzte die Beklagte die sich aus der Prüfung ergebende Nachforderung auf insgesamt 62.948,16 Euro fest. Zugleich stellte sie eine nicht verrechnungsfähige Überzahlung durch die Klägerin in Höhe von 1.073,25 Euro fest. Sie führte aus, dass sie anlässlich der Überprüfung festgestellt habe, dass für den Beigeladenen ein Beschäftigungsverhältnis gegen Arbeitsentgelt nach § 7 Abs. 1 SGB IV in der als Gesellschafter/Geschäftsführer ausgeübten Tätigkeit bestehe. Durch das Schreiben der TK vom 2. Oktober 1989 sei keine Statuserklärung für die Tätigkeit bei der jetzigen Klägerin erfolgt. Eine erneute Beurteilung erfolge daher nicht. Wegen fehlender Rechtsmacht aufgrund seiner Beteiligung am Stammkapital von weniger als 50 % habe der Beigeladene in der Zeit ab dem 1. Januar 2017 keinen maßgeblichen Einfluss auf die Geschicke der Gesellschaft gehabt und habe insbesondere auch Gesellschafterbeschlüsse gegen ihn nicht verhindern können. Somit bestehe im Zeitraum vom 1. Januar 2017 bis 31. Dezember 2020 in der Funktion des Minderheits-Gesellschafter-Geschäftsführers ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis. Versicherungspflicht zur Renten- und Arbeitslosenversicherung werde für diesen Zeitraum festgestellt. Seit 1. Januar 2018 komme es für die Einbeziehung in das U2-Verfahren nicht mehr auf den arbeitsrechtlichen Arbeitnehmerstatus an, sondern auf den sozialversicherungsrechtlichen Beschäftigtenstatus (§ 1 Abs. 2 Mutterschutzgesetz). Der Berechnung der Nachforderung lagen für die Jahre 2017 bis 2020 jeweils die Beitragsbemessungsgrenze für das Beitrittsgebiet zu Grunde. Die Beklagte setzte neben Beiträgen zur gesetzlichen Rentenversicherung, zur Arbeitslosenversicherung und der U2-Umlage (ab 2018) auch die Insolvenzgeldumlage auf dieser Basis fest (61,56 Euro für 2017; 41,76 Euro für 2018; 44,28 Euro für 2019 und 46,44 Euro für 2020; insgesamt 194,04 Euro).
Hiergegen erhob die Klägerin hinsichtlich der Versicherungspflicht des Beigeladenen und der Nachforderung Widerspruch, der am 2. Dezember 2022 im Original bei der Beklagten einging. Ergänzend zu ihrer bisherigen Auffassung führte sie aus, die sozialversicherungsrechtliche Beurteilung der TK habe sich nicht auf eine bestimmte Firma, sondern auf die prägende Tätigkeit des Beigeladenen als Gesellschafter/Geschäftsführer bezogen.
Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 16. Februar 2023 zurück und hielt an der Auffassung aus dem Ausgangsbescheid fest. Der Widerspruchsbescheid ist bei den Bevollmächtigten der Klägerin am 27. Februar 2023 eingegangen.
Mit der am 27. März 2023 bei dem Sozialgericht Berlin eingegangenen Klage hat die Klägerin unter Wiederholung und Festhalten an ihrem Vorbringen aus dem Verwaltungs- und Widerspruchsverfahren ihr Begehren weiterverfolgt.
Das Sozialgericht hat die Bundesagentur für Arbeit und die TK jeweils nach § 75 Abs. 2b des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) von der Erhebung der Klage benachrichtigt. Beide haben mitgeteilt, keinen Beiladungsantrag zu stellen.
Mit Beschluss vom 6. Juni 2023 hat das Sozialgericht den jetzigen Beigeladenen zum Rechtsstreit beigeladen.
Nach Anhörung der Beteiligten hat das Sozialgericht die Klage mit Gerichtsbescheid vom 5. September 2023 abgewiesen. Zur Begründung hat es unter Wiedergabe von Maßstäben zur Feststellung einer abhängigen Beschäftigung in der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts im Wesentlichen ausgeführt, dass nach Abwägung aller Umstände des Einzelfalls der Beigeladene seine Tätigkeit für die Klägerin im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses ausgeübt habe. Er verfüge über einen Geschäftsführervertrag mit Gehaltsvereinbarung, Urlaubsanspruch und anderen Nebenleistungen für eine typische Beschäftigung als leitender Angestellter. Er habe zum streitigen Zeitraum lediglich 39,04 % des Stammkapitals gehalten. Aus § 9 Abs. 3 des Gesellschaftsvertrages ergebe sich, dass Gesellschafterbeschlüsse mit einfacher Mehrheit der abgegebenen Stimmen gefasst würden. Ein Vetorecht oder eine Dreiviertelmehrheit für Gesellschafterbeschlüsse ließen sich aus den vorliegenden Unterlagen nicht entnehmen. Eine Feststellung der TK aus dem Jahr 1989 zu einer selbstständigen Tätigkeit bei einer anderen Gesellschaft habe für den vorliegenden Fall keine Auswirkungen und begründe auch keinen Vertrauensschutz der Klägerin oder des Beigeladenen. Selbst eine beanstandungsfreie Betriebsprüfung begründe keinen Vertrauensschutz für den geprüften Arbeitgeber (Bezugnahme auf BSG, Urteil vom 19. September 2019 – B 12 R 25/18 R).
Hiergegen wendet sich die Klägerin mit ihrer am 19. September 2023 bei dem Landessozialgericht eingegangenen Berufung. Die Begründung des Gerichtsbescheids sei so zu verstehen, dass das Sozialgericht im Einklang mit der von ihm zitierten Rechtsprechung des Bundessozialgerichts den tatsächlichen Verhältnissen eine besondere Bedeutung habe einräumen wollen. In der weiteren Begründung stelle das Sozialgericht aber gerade nicht auf die geltend gemachten tatsächlichen Umstände ab, sondern beziehe sich ausschließlich darauf, dass vertraglich begründete Rechtspositionen so lange beachtlich blieben, wie sie nicht rechtswirksam abbedungen worden seien. Es stelle damit entgegen seiner zuvor dargestellten Sicht im Ergebnis nur die zwischen dem Beigeladenen und der Klägerin bestehenden Verträge als bedeutsam dar und begründe die in erster Instanz vorgetragenen tatsächlichen Umstände nicht ansatzweise. Dies wiege umso schwerer, als der Beigeladene im Jahr 1997 die Klägerin als Alleingesellschafter gegründet habe und anschließend über einen Zeitraum von 11 Jahren bis Mai 2008 geleitet und zu einem der bekanntesten Zertifizierungsdienstleister im deutschen Markt entwickelt habe. Die Übertragung der Antragsanteile am Stammkapital von 13.200 Euro im Jahr 2008 an die AF sei aufgrund souveräner unternehmerischer Entscheidung des Beigeladenen erfolgt. Die gesamte Leitung des Unternehmens, die Entwicklung der Unternehmenspolitik sowie der Unternehmensstrategien zur Akquisition von Kunden sowie zur Erbringung von Leistungen der Zertifizierung und Validierung von Managementsystemen habe auch nach der Anteilsübertragung im Jahr 2008 bis zum gegenwärtigen Zeitpunkt in der ausschließlichen Zuständigkeit des Beigeladenen gelegen. Die AF überlasse dem Beigeladenen seit Erwerb der Anteile trotz ihrer nominellen Mehrheit am Stammkapital der Klägerin sämtliche für das Unternehmen relevanten Entscheidungen. Die Klägerin ist zudem der Auffassung, die Prüfung durch die TK im Jahr 1989 begründe Vertrauensschutz. Die Feststellung der TK sei nicht für eine andere Gesellschaft getroffen worden. Sie sei bereits nicht von einer anderen Gesellschaft beantragt worden. Die Feststellung sei vielmehr vom Beigeladenen persönlich beantragt worden. Die Prüfung und Feststellung betreffe den Beigeladenen, aber gerade keine bestimmte Gesellschaft. Das Sozialgericht habe den diesbezüglich Vortrag der Klägerin übergangen und auch den Grundsatz der Gewährung rechtlichen Gehörs verletzt.
Die Klägerin beantragt sinngemäß unter Berücksichtigung des klarstellenden Schriftsatzes vom 23. Juni 2025,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Berlin vom 5. September 2023 abzuändern und den Bescheid der Beklagten vom 9. November 2022 in der Fassung des Bescheides vom 11. Januar 2023 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16. Februar 2023 aufzuheben, soweit hierdurch eine Nachforderung aufgrund der Feststellung einer abhängigen Beschäftigung des Beigeladenen durch die Beklagte festgesetzt worden ist,
sowie
die Beklagte zu verpflichten, die Hinzuziehung des Bevollmächtigten der Klägerin im Vorverfahren für notwendig zu erklären.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verteidigt die angefochtene Entscheidung des Sozialgerichts. Dass der Beigeladene und damit auch die Klägerin aus der damaligen Entscheidung der TK eine gewisse Rechtsauffassung ableiteten, habe sie insofern gewürdigt, als dass hier keine Säumniszuschläge erhoben worden seien. Auch die Insolvenzgeldumlage sei zu Recht festgesetzt worden. Aus dem Urteil des Bundessozialgerichts vom 3. November 2021 - B 11 AL 4/20 R - könne keine Anwendung auf den vorliegenden Fall eines Minderheits-Gesellschafter-Geschäftsführers hinsichtlich der Verpflichtung der Zahlung der Insolvenzgeldumlage hergeleitet werden. Die Ausführungen des Bundessozialgerichts, dass der arbeitsrechtliche Arbeitnehmerbegriff bei Vorständen einer AG oder eines Minderheits-GmbH-Gesellschafters nicht erfüllt seien, werde geteilt. Grundsätzlich komme es aber bei der Insolvenzgeldumlage nicht auf den arbeitsrechtlichen Arbeitnehmerbegriff an, sondern lediglich auf den allgemeinen, sozialversicherungsrechtlichen Arbeitnehmerbegriff. Auch § 358 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) sage eindeutig, dass das Arbeitsentgelt maßgebend sei, nach dem die Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung für die im Betrieb beschäftigten Arbeitnehmer bemessen werde. In seinem Urteil vom 13. Dezember 2022 - B 12 R 3/21 R - habe der 12. Senat des Bundessozialgerichts zwar nicht über die Frage der Erhebung der Insolvenzgeldumlage entschieden, jedoch die diesbezügliche Nachforderung einschließlich Insolvenzgeldumlage bei der Beurteilung des sozialversicherungsrechtlichen Status eines Gesellschafter-Geschäftsführer ausdrücklich bestätigt. Auch der 16. Senat des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg habe diesbezüglich in seinem Beschluss vom 29. Juni 2023 - L 16 BA 41/20 - keinen Grund gesehen, die Erhebung der Insolvenzgeldumlage in einem vergleichbaren Fall in Zweifel zu ziehen. Die Beklagte verweist ferner auf die frühere Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (Urteil vom 23. Januar 2003 – IX ZR 39/02).
Der Beigeladene stellt keinen Antrag.
Der Senat hat am 11. April 2025 einen Erörterungstermin vor dem Berichterstatter durchgeführt. Wegen der Einzelheiten wird auf Protokoll Bezug genommen.
Die Beklagte hat dem Senat hiernach Abschriften der Betriebsprüfungsbescheide für die Zeiträume 2009 bis 2016 übersandt.
Die Beteiligten haben sich jeweils schriftsätzlich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt (Klägerin mit Schriftsatz vom 23. Juni 2025; Beklagte mit Schriftsatz vom 19. Juni 2025 und Beigeladener mit Schriftsatz vom 26. Juni 2025).
Die Akten der Beklagten und die Gerichtsakten, auf die wegen der weiteren Einzelheiten Bezug genommen wird, haben vorgelegen und sind Gegenstand der Entscheidungsfindunggewesen.
Entscheidungsgründe
I.
Die Berufung, über die der Senat in allseitigem Einverständnis nach § 153 Abs. 1, § 124 Abs. 2 SGG ohne mündliche Verhandlung hat entscheiden können, ist ebenso wie die mit ihr weiterverfolgte Anfechtungsklage (§ 54 Abs. 1 SGG) zulässig.
Gegenstand der Klage ist dabei die aufgrund der Feststellung einer abhängigen Beschäftigung des Beigeladenen für die Klägerin erfolgte Festsetzung einer Nachforderung, nicht hingegen die die Klägerin begünstigende Feststellung einer nicht verrechnungsfähigen Überzahlung im Zuständigkeitsbereich einer anderen Einzugsstelle.
II.
Die Berufung hat nur hinsichtlich der Festsetzung und Nachforderung der Insolvenzgeldumlage Erfolg, im Übrigen ist sie unbegründet.
Der Bescheid vom 9. November 2022 in der Gestalt des Berichtigungsbescheides vom 11. Januar 2023 und des Widerspruchsbescheides vom 16. Februar 2023 ist rechtswidrig, soweit durch die Beklagte eine Nachforderung der Insolvenzgeldumlage festgesetzt worden ist. Nur insoweit verletzt er die Klägerin in ihren Rechten. Im Übrigen erweist sich der Bescheid als rechtmäßig.
Rechtsgrundlage des angefochtenen Bescheides ist § 28p Abs. 1 Satz 5 Viertes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IV). Danach erlassen die Träger der Rentenversicherung im Rahmen ihrer Prüftätigkeit (§ 28p Abs. 1 S. 1 SGB IV) Verwaltungsakte zur Versicherungspflicht und Beitragshöhe in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung einschließlich der Widerspruchsbescheide gegenüber den Arbeitgebern. Diese Vorschrift findet nach § 10 Aufwendungsausgleichsgesetz (AAG) und § 359 Sozialgesetzbuch Drittes Buch (SGB III) auch auf die Erhebung von Umlagen nach dem AAG und die Insolvenzgeldumlage Anwendung.
Zu Recht sind die Beklagte und das Sozialgericht zu dem Ergebnis gelangt, dass der Beigeladene in seiner Tätigkeit als Geschäftsführer im Prüfzeitraum vom 1. Januar 2017 bis 31. Dezember 2020 in einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis stand, mit der Folge von Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung (sogleich 1.). Dem stehen auch Vertrauensschutzgesichtspunkte nicht entgegen (sogleich 2.). Umlagen waren hingegen nur in Form der U2-Umlage nach dem AAG für den Zeitraum ab dem 1. Januar 2018 zu erheben, nicht hingegen in Form der Insolvenzgeldumlage (sogleich 3.).
1. Der mit dem angefochtenen Bescheid der Beklagten festgestellten Versicherungspflicht der Tätigkeit des Beigeladenen für die Klägerin in der gesetzlichen Rentenversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung unterliegen gemäß § 1 Nr. 1 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch – Gesetzliche Rentenversicherung – (SGB VI) bzw. § 25 Abs. 1 Satz 1 SGB III Personen, die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt sind. Nicht versicherungspflichtig in beiden Zweigen der Sozialversicherung wäre hingegen eine selbstständige Tätigkeit, vorbehaltlich einer Versicherungspflicht für Selbstständige nach dem SGB VI, die indes nicht von der Beklagten im Betriebsprüfungsverfahren festzustellen ist.
Der Beigeladene war als Geschäftsführer gegen Arbeitsentgelt bei der Klägerin im Prüfzeitraum beschäftigt.
Die für den Eintritt von Versicherungspflicht festzustellende Beschäftigung wird in § 7 Abs. 1 SGB IV definiert. Beschäftigung ist danach die nichtselbstständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Anhaltspunkte für eine Beschäftigung sind nach § 7 Abs. 1 Satz 2 SGB IV eine Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts, die der Senat seiner Entscheidung zugrunde legt, setzt das Vorliegen einer abhängigen Beschäftigung voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der oder die Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und dabei einem nach Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Diese Weisungsgebundenheit kann – vornehmlich bei Diensten höherer Art – eingeschränkt und zur „funktionsgerecht dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess“ verfeinert sein. Demgegenüber ist eine selbstständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob jemand beschäftigt oder selbstständig tätig ist, richtet sich danach, welche Umstände das Gesamtbild der Arbeitsleistung prägen und hängt davon ab, welche Merkmale nach einer Gesamtschau überwiegen (st. Rspr; vgl. BSG, Urteil vom 4. Juli 2019 - B 12 R 2/18 R - Rn. 13 bei juris m.w.N.; zur Verfassungsmäßigkeit der Abgrenzung zwischen Beschäftigung und selbstständiger Tätigkeit vgl. Bundesverfassungsgericht [BVerfG], Kammerbeschluss vom 20. Mai 1996 - 1 BvR 21/96 - Rn. 7 bei juris). Die Zuordnung einer Tätigkeit nach deren Gesamtbild zum rechtlichen Typus der Beschäftigung oder selbstständigen Tätigkeit setzt voraus, dass alle nach Lage des Einzelfalls als Indizien in Betracht kommenden Umstände festgestellt, in ihrer Tragweite zutreffend erkannt und gewichtet, in die Gesamtschau mit diesem Gewicht eingestellt und nachvollziehbar, d.h. den Gesetzen der Logik entsprechend und widerspruchsfrei gegeneinander abgewogen werden (vgl. BSG, Urteil vom 23. Mai 2017 - B 12 KR 9/16 R - Rn. 24 bei juris).
Diese allgemeinen Anforderungen gelten auch für die Beurteilung von in einer GmbH mitarbeitenden Gesellschafter. Für die zum Geschäftsführer einer GmbH bestellten Mitgesellschafter geht das Bundessozialgericht in ständiger Rechtsprechung davon aus, dass die gesellschaftsrechtlich zwingend gegebene Weisungsbefugnis der Gesellschafterversammlung gegenüber dem Geschäftsführer (§ 37 GmbHG) nur dann nicht besteht, wenn der Gesellschafter-Geschäftsführer die Mehrheit der Gesellschaftsanteile und daher der Stimmrechte in der Gesellschafterversammlung hält. Er ist jedoch auch dann nicht als weisungsgebunden anzusehen, wenn ihm nach den Bestimmungen des Gesellschaftsvertrages eine Minderheitsbeteiligung eine umfassende („echte“ oder „qualifizierte“) Sperrminorität einräumt. Nur in diesen Fällen ist der Gesellschafter-Geschäftsführer in der Lage, Weisungen der Gesellschafterversammlung an ihn in seiner Organstellung als Geschäftsführer umfassend zu verhindern. Eine „unechte“ auf bestimmte Gegenstände begrenzte Sperrminorität reicht hingegen nicht aus, um die entsprechende Rechtsmacht zu vermitteln (BSG, Urteil vom 14. März 2018 - B 12 KR 13/17 R - Rn. 21 bei juris m.w.N.).
Die für eine selbstständige Tätigkeit notwendige Rechtsmacht zur Lenkung der Geschicke der Gesellschaft oder zumindest zur Verhinderung nicht genehmer Weisungen, muss nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts, der der Senat folgt, - nach Aufgabe der „Kopf- und Seele-Rechtsprechung“ (BSG, Urteile vom 29. Juli 2015 - B 12 KR 23/13 R und B 12 R 1/15 R - juris) - gesellschaftsrechtlich eingeräumt sein. Rein schuldrechtliche Abreden wie Stimmbindungsverträge reichen nach der Rechtsprechung des BSG etwa nicht aus. Der Rechtsprechung zur Relevanz (nur) gesellschaftsrechtlicher Beschränkungen liegt letztlich der Grundsatz der Vorhersehbarkeit sozialversicherungs- und beitragsrechtlicher Tatbestände zu Grunde, die das Recht der Pflichtversicherung in der Sozialversicherung prägt und sich von Wertungen des Gesellschaftsrechts unterscheidet (BSG, Urteile vom 11. November 2015 - B 12 R 2/14 - Rn. 39 bei juris und - B 12 KR 14/14 - Rn. 27 bei juris). Bei bestehendem Weisungsrecht kommt es - wie bei anderen vermeintlich selbstständigen Tätigkeiten - nicht darauf an, ob aufgrund der gegebenen Umstände faktisch hiervon kein Gebrauch gemacht wird. Ein rein faktisches, nicht rechtlich gebundenes und daher jederzeit änderbares Verhalten der Beteiligten ist nicht maßgeblich. Eine „Schönwetter-Selbstständigkeit“ lediglich in harmonischen Zeiten ist mit dem Erfordernis der Vorhersehbarkeit sozialversicherungs- und beitragsrechtlicher Tatbestände nicht zu vereinbaren (ständige Rechtsprechung; vgl. etwa BSG, Urteil vom 7. Juli 2020 - B 12 R 17/18 R - Rn. 25 bei juris m.w.N.).
In Anwendung dieser Grundsätze liegt bei dem Beigeladenen nach dem maßgeblichen Gesamtbild eine abhängige Beschäftigung in der Tätigkeit für die Klägerin im streitigen Zeitraum vor. Die Kriterien für eine abhängige Beschäftigung überwiegen hier eindeutig und offenkundig.
Für eine Selbstständigkeit spricht hier, dass die Klägerin und der Beigeladene den Willen hatten, die Tätigkeit dementsprechend auszugestalten. Dies stellt angesichts der vertraglichen Ausgestaltung des Geschäftsführervertrages indes nur ein vergleichsweise weniger gewichtiges Indiz gegen eine abhängige Beschäftigung dar.
Der Geschäftsführervertrag sieht eine feste garantierte Vergütung in monatlicher Höhe, eine Weiterzahlung im Krankheitsfall sogar für 12 Monate, einen Urlaubsanspruch und Ersatz für konkrete Aufwendungen bei Vorlage der Originalbelege vor. Daneben waren dem Beigeladenen ein Diensthandy, ein Internetanschluss und ein Dienstwagen zu stellen. Hierbei handelt es sich um typische Kriterien einer abhängigen Beschäftigung. Auch der Vorrang der geschäftlichen Interessen bei der Planung des Urlaubs spricht nicht dagegen, denn bei dringendem betrieblichem Bedarf kann auch Arbeitnehmern entsprechend Urlaub versagt werden. Dass der Geschäftsführervertrag so nicht praktiziert worden ist, ist weder vorgetragen noch ersichtlich.
Die Ausgestaltung dieses Vertrages führte dazu, dass der Beigeladene als Geschäftsführer kein relevantes Unternehmerrisiko trug. Die Kosten der Arbeitsmittel und Aufwendungen wurden durch die Klägerin getragen. Die Chance durch übermäßiges Engagement seinen Gewinn durch Erfüllung der Zielvereinbarungen zu steigern, war durch die Beschränkung auf den Maximalbetrag von 25 % des Festgehaltes beschränkt. Solche Vereinbarungen sind im Übrigen auch für angestelltes Führungspersonal alles andere als unüblich. Aufgrund der Bindung des Bonus an Zielvereinbarungen bestand nicht einmal völlige Freiheit hinsichtlich des Erreichens dieses Mehrerlöses. Das Festgehalt war nicht erfolgsabhängig und das Ausfallrisiko lag durch die Regelung in § 5 des Geschäftsführervertrages bei der Klägerin.
Der Beigeladene unterlag nach dem Geschäftsführervertrag keinen zeitlichen und örtlichen Vorgaben zur Ausübung der Tätigkeit. Er hatte nach § 3 Abs. 1 des Vertrages die Gesellschaft mit der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns zu führen und nach Abs. 3 seine volle Arbeitskraft in den Dienst der Gesellschaft zu stellen. Diese Freiheit bei der Ausgestaltung der Tätigkeit stellt ein Indiz für eine selbstständige Tätigkeit dar, jedoch mit geringer Bedeutung.
Als Geschäftsführer, der gegenüber den Angestellten der Klägerin die Arbeitgeberaufgaben wahrnahm, war der Beigeladene notwendigerweise in den Betrieb jedenfalls in Form der funktionsgerecht dienenden Teilhabe eingegliedert. Auch die Ausübung von Rechten als Vorgesetzter und Anleitung von Beschäftigten der Klägerin stellt eine Form der Eingliederung dar. Selbst das Risiko des Endes des Vertrages in Verbindung mit einem nachvertraglichen Wettbewerbsverbot war in erheblichem Umfang auf die Klägerin übertragen, die in diesem Fall dem Beigeladenen für den Zeitraum von maximal zwei Jahren die Hälfte des Gehaltes hätte fortzahlen müssen.
Der Beigeladene unterlag auch dem Weisungsrecht der Gesellschafterversammlung. Neben der gesetzlichen Regelung des GmbH-Rechts ergibt sich dies auch aus der ausdrücklichen Bestimmung in § 2 Abs. 2 des Geschäftsführervertrages. Der Beigeladene hatte keine gesellschaftsrechtliche Stellung inne, die ihm gestattet hätte, solche Weisungen oder seine Abberufung zu verhindern. Er verfügte über 39,04 % der Gesellschaftsanteile. Da die Beschlüsse der Gesellschafterversammlung nach § 9 Abs. 3 des Gesellschaftsvertrages mit einfacher Mehrheit gefasst werden, hatte der Beigeladene keine Sperrminorität. Der in § 12a des Gesellschaftsvertrages geregelte Sonderfall (Befreiung von einem Wettbewerbsverbot) steht bereits in keinem Zusammenhang mit der laufenden Geschäftsführung und gestattet keine andere Bewertung. Die entgegenstehende Behauptung einer weitergehenden Sperrminorität hat die Klägerin im Berufungsverfahren nicht aufrechterhalten. Eine satzungsmäße Grundlage ist hierfür nicht vorhanden.
Der Senat kann den Vortrag in der Berufungsschrift ohne weiteres als wahr unterstellen, dass die Gesellschafterversammlung von diesem Weisungsrecht keinen Gebrauch gemacht und die Mehrheitsgesellschafterin dem Beigeladenen weiterhin die gesamte Leitung der Klägerin einschließlich grundsätzlicher strategischer Entscheidungen wie der Entwicklung der Unternehmenspolitik, Akquisitionsstrategien und Erbringung der Zertifizierungs- und Validierungsleistungen überlassen hat. Dabei handelt es sich um ein faktisches und rechtlich nicht gebundenes Verhalten, das nach der aufgezeigten Rechtsprechung des Bundessozialgerichts unbeachtlich ist. Keine Bedeutung hat auch, dass der Beigeladene die Gesellschaft vor Mai 2008 als Alleingesellschafter und -geschäftsführer geleitet hat. Dieser Umstand ändert nichts daran, dass nach der Veräußerung des Mehrheitsanteils ohne entsprechende gesellschaftsrechtliche Vorkehrungen die rechtlichen Einwirkungsmöglichkeiten der Gesellschafterversammlung bestanden.
Im Rahmen der Gesamtabwägung überwiegen insgesamt die Gesichtspunkte für eine Bewertung der Tätigkeit des Beigeladenen als abhängige Beschäftigung.
2. Dem gefundenen Ergebnis stehen Vertrauensschutzgesichtspunkte nicht entgegen.
Das vorgelegte Schreiben der TK ist bereits nicht geeignet, Vertrauensschutz für die sozialversicherungsrechtliche Beurteilung der Tätigkeit des Beigeladenen für die Klägerin zu begründen. Ein schutzwürdiges Vertrauen wird durch Ausführungen betreffend ein anderes Tätigkeitsverhältnis 19 Jahre später allein durch die Erwähnung einiger tatsächlich ähnlicher Umstände nicht begründet. Abgesehen von der fehlenden Personenidentität ergibt sich aus dem Schreiben hinreichend deutlich, dass es auf die Umstände des Einzelfalles ankommt. Entgegen der Auffassung der Klägerin erfolgt keine abstrakte Bewertung einer Tätigkeit von Minderheits-Geschäftsführern. Gegenstand der sozialversicherungsrechtlichen Beurteilung eines etwaigen Beschäftigungsverhältnisses kann nur eine konkrete Tätigkeit für einen konkreten möglichen Arbeitgeber im sozialversicherungsrechtlichen Sinne sein. Die Entscheidung in dem genannten Schreiben beschränkt sich daher auf die sozialversicherungsrechtliche Einordnung des Rechtsverhältnisses des Beigeladenen und der GmbH, deren Geschäftsführer er damals war. Soweit die Klägerin versucht, dem Schreiben einen personellen Bezug nur hinsichtlich des Beigeladenen ohne Rücksicht auf die konkrete GmbH beizumessen, vermag der Senat dem nicht näher zu treten. Nach den Angaben im Erörterungstermin ist der Beigeladene aufgrund der Entscheidung der TK aus dem Jahr 1989 gar nicht auf die Idee gekommen, dies im Jahr 2008 noch einmal prüfen zu lassen. Die Einleitung eines Statusfeststellungsverfahrens nach § 7a SGB IV wäre möglich gewesen. Bei vorsorglicher Meldung des Beigeladenen als Beschäftigten hätte die Einzugsstelle ein solches von Amts wegen einleiten müssen. Für die zu diesem Zeitpunkt rechtlich noch nicht existente Klägerin konnte dieses Schreiben ohnehin keinerlei Wirkungen entfalten.
Im Übrigen bestand für die Beklagte im Rahmen der Bewertung der Tätigkeit als abhängige Beschäftigung auch keine rechtmäßige Möglichkeit, eine Selbstbindung zu berücksichtigen. Der Beklagten steht insoweit kein Ermessen zu, vielmehr handelt es sich bei den Fragen des Bestehens einer Beschäftigung und von Versicherungspflicht um gebundene Entscheidungen.
Betriebsprüfungen für die vorangegangenen Zeiträume stehen der erfolgten Beurteilung ebenso wenig entgegen. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundessozialgerichts kann sich eine Vertrauensschutz bewirkende materielle Bindungswirkung aufgrund einer Betriebsprüfung gemäß § 28p Abs. 1 Satz 1 und 5 SGB IV nur insoweit ergeben, als Versicherungs- und Beitragspflicht sowie -höhe personenbezogen für bestimmte Zeiträume durch Verwaltungsakt festgestellt worden sind (BSG, Urteil vom 13. März 2023 - B 12 R 6/21 R - Rn. 28 bei juris). Bei Erlass eines solchen personenbezogenen Bescheides wird nicht zugleich spiegelbildlich bzw. mittelbar eine Regelung darüber getroffen, dass „im Übrigen", d.h. insbesondere hinsichtlich aller sonstigen Beschäftigten, die von der personenbezogenen Beitragsfestsetzung nicht betroffen sind, im Prüfungszeitraum „alles in Ordnung" ist, dass also keine Versicherungspflicht bzw. kein Beitragsanspruch besteht (BSG, Urteile vom 18. Oktober 2022 - B 12 R 7/20 R - Rn. 16 bei juris und vom 18. November 2015 - B 12 R 7/14 R - Rn. 18 bei juris). Denn Betriebsprüfungen - ebenso wie das Ergebnis der Prüfung festhaltende Prüfberichte der Versicherungsträger - bezwecken nicht, den Arbeitgeber als Beitragsschuldner zu schützen oder ihm etwa mit Außenwirkung „Entlastung“ zu erteilen (BSG, Urteil vom 18. November 2015 - B 12 R 7/14 R - Rn. 20 in juris). Eine Betriebsprüfung darf auf Stichproben beschränkt bleiben (insgesamt hierzu LSG Hamburg, Urteil vom 30. Juli 2024 - L 3 R 34/23 D - juris). Auch bei Abschluss ohne Beanstandungen ist das Betriebsprüfungsverfahren durch einen Verwaltungsakt mit einer rechtswirksamen Feststellung zum (Nicht-)Bestehen von Versicherungs- oder Beitragspflicht in den stichprobenweise geprüften Auftragsverhältnissen und zum Ergebnis der übrigen geprüften Sachverhalte abzuschließen (BSG, Urteil vom 19. September 2020 - B 12 R 25/18 R - Rn. 23 bei juris). Über die geprüften Sachverhalte wird aber auch dann keine Regelung getroffen.
Vorliegend ist in den Betriebsprüfungsbescheiden für die Vorzeiträume ab dem 1. Januar 2009 keine sozialversicherungsrechtliche Beurteilung für die Tätigkeit des Beigeladenen erfolgt. Es ergibt sich aus den Bescheiden nicht, dass diese geprüft worden ist. Vielmehr werden neben der Bezugnahme auf eine Lohnsteueraußenprüfung nur konkrete Feststellung zur Beitragshöhe bei anderen Beschäftigten getroffen.
3. Zu Unrecht hat die Beklagte indes Nachforderungen auch für die Insolvenzgeldumlage erhoben. Eine Umlagepflicht bestand nur hinsichtlich der U2-Umlage nach dem AAG für die Zeit ab dem 1. Januar 2018.
a) Die U2-Umlage nach dem AAG hat die Beklagte für den Zeitraum ab dem 1. Januar 2018 rechtmäßig festgestellt.
Nach § 7 Abs. 1 AAG werden die Mittel zur Durchführung u.a. der U2-Verfahren (Erstattung von Leistungen des Arbeitgebers nach dem Mutterschutzgesetz - MuSchG - nach Maßgabe des § 1 Abs. 2 i.V.m. Abs. 3 AAG) jeweils durch gesonderte Umlagen erbracht. Nach § 7 Abs. 2 Satz 1 AAG sind die Umlagen jeweils in einem Prozentsatz des Entgelts (Umlagesatz) festzusetzen, nach dem die Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung für die im Betrieb beschäftigten Arbeitnehmer, Arbeitnehmerinnen und Auszubildenden bemessen werden oder bei Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung zu bemessen wären.
Die Anwendbarkeit des MuSchG setzte bis zum 31. Dezember 2017 das Bestehen eines Arbeitsverhältnisses voraus (§ 1 Nr. 1 MuSchG in der Fassung bis zum 31. Dezember 2017). Seit dem 1. Januar 2018 knüpft die Anwendbarkeit gemäß § 1 Abs. 2 Satz 1 MuSchG an das Vorliegen einer Beschäftigung im Sinne des § 7 Abs. 1 SGB IV an. Grund für die Gesetzesänderung war unter anderem die gemeinschaftsrechtlich gebotene Einbeziehung von Fremd- und Minderheits-Gesellschafter-Geschäftsführerinnen (BT-Drs. 18/8963 Seite 49 unter Verweis auf das Urteil des EuGH vom 11. November 2010 - C-232/09 -).
Eine Änderung des Wortlauts des § 7 AAG ist mit der Neufassung des MuSchG nicht einhergegangen, gleichwohl ist die Beklagte zu Recht davon ausgegangen, dass seit dem 1. Januar 2018 die Regelung über die Umlage im Hinblick auf die Änderung des Leistungsrechts dahingehend auszulegen ist, dass umlagepflichtig Entgelte aller Beschäftigten sind und nicht nur derjenigen, die zugleich Arbeitnehmer im Sinne des Arbeitsrechts waren. Für die Rechtslage bis zum 31. Dezember 2017 war durch die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts geklärt, dass sich der Arbeitnehmerbegriff in § 7 Abs. 2 Satz 1 AAG nach den Grundsätzen des Arbeitsrechts bestimmt. Es hat dieses Ergebnis auf Wortlaut, Entstehungsgeschichte, Regelungssystem und Regelungszweck gestützt und insbesondere zur U2-Umlage ausgeführt, dass eine Verbindung zwischen dem von der Umlage abgedeckten Leistungsrecht und der Umlage bestanden habe (BSG, Urteil vom 26. September 2017 - B 1 KR 31/16 R - Rn. 16 bei juris). Unter Hinweis darauf, dass das in § 200 Abs. 2 Satz 1 Reichversicherungsordnung a.F. sowie in § 1 Nr. 1 MuSchG a.F. geforderte Arbeitsrechtsverhältnis von Rechtsprechung und Literatur als identisch angesehen worden seien und dies auf die Regelungen der Umlageversicherung ausgestrahlt habe, hat das Bundessozialgericht auch auf den Zweck der Finanzierung der Erstattungsansprüche für die entsprechenden Leistungen abgestellt.
Die maßgebliche Ausstrahlungswirkung des Leistungsrechts und der Finanzierungszweck gebietet für den Zeitraum ab dem 1. Januar 2018 eine Einbeziehung des Entgelts aller Beschäftigten in die Umlagepflicht. Die Leistungsberechtigung wurde - wie aufgezeigt - ab diesem Zeitpunkt aufgrund gemeinschaftsrechtlicher Vorgaben auf alle in einem Beschäftigungsverhältnis stehenden Frauen erstreckt. Ein Rückgriff auf die früheren Voraussetzungen im Leistungsrecht kommt daher nicht mehr in Betracht. Zugleich spricht der Finanzierungszweck weiterhin dafür, die Umlagepflicht personenidentisch mit dem Leistungsrecht auszuweiten, wobei die U2-Umlage nicht nach dem Geschlecht differenziert. Der Begriff der „beschäftigten Arbeitnehmer, Arbeitnehmerinnen und Auszubildenden“ ist sprachlich nicht eindeutig und lässt eine solche Auslegung zu, zumal das Gesetz auch den Begriff „Entgelt“ verwendet, indes auf die Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung abstellt.
b) Die Insolvenzgeldumlage war hingegen aufgrund der fehlenden Arbeitnehmerstellung des Beigeladenen im Prüfzeitraum nicht zu erheben.
Nach § 358 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 1 SGB III werden die Mittel für die Zahlung des Insolvenzgeldes durch eine monatliche Umlage von den Arbeitgebern - nach einem Prozentsatz des Arbeitsentgelts (Umlagesatz) - aufgebracht. Nach § 358 Abs. 2 Satz 2 SGB III ist das Arbeitsentgelt maßgebend, nach dem die Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung für die im Betrieb beschäftigten Arbeitnehmerinnen, Arbeitnehmer und Auszubildenden bemessen werden oder im Fall einer Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung zu bemessen wären. Die Umlage ist zusammen mit dem Gesamtsozialversicherungsbeitrag an die Einzugsstelle zu zahlen. Die für den Gesamtsozialversicherungsbeitrag geltenden Vorschriften des Vierten Buches finden entsprechende Anwendung, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt (§ 359 Abs. 1 SGB III).
Wie bis zum 31. Dezember 2017 für die Umlagen nach AAG setzt die Insolvenzgeldumlage das Bestehen eines Arbeitsverhältnisses voraus (ebenso LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 23. Juni 2022 - L 4 BA 52/18 - Rn. 149 bei juris), da nur Arbeitnehmer im arbeitsrechtlichen Sinn in den Genuss des Insolvenzgeldes kommen können (vgl. LSG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 26. Januar 2023 - L 3 BA 6/19 - juris; BSG, Urteil vom 3. November 2021 - B 11 AL 4/20 R -). In der letztgenannten Entscheidung hat das Bundessozialgericht die Auffassung eines speziellen arbeitsförderungsrechtlichen Arbeitnehmerbegriffs für den Anspruch auf Insolvenzgeld aus § 165 SGB III ausdrücklich aufgegeben (a.a.O. Rn. 15). Das Bundessozialgericht hat insoweit auf den Wortlaut des § 165 Abs. 1 Satz 1 SGB III („Arbeitnehmerinnen“ und „Arbeitnehmer“) Bezug genommen. Dieser Rechtsprechung folgt der Senat.
Ausgehend von dem ebenso wenig eindeutigen Wortlaut gebietet insofern die Ausstrahlung des Leistungsrechts die Auslegung der Vorschrift i.S.d. der Umlagepflicht nur für Entgelte von Personen, die Arbeitnehmer im arbeitsrechtlichen Sinne sind. Auch der Zweck der Umlage zur Finanzierung der konkreten Leistung spricht hierfür. Sie dient der Finanzierung des Insolvenzgeldes der Arbeitnehmer einschließlich der Sozialversicherungsbeiträge und der Nebenkosten (BR-Drs. 113/08 Seite 100). Es handelt sich bei dem Insolvenzgeld gerade nicht um eine Versicherungsleistung im engeren Sinne, sondern um eine umlagefinanzierte Ausgleichszahlung. Es wird Arbeitnehmern gerade ohne Rücksicht auf das Vorliegen einer versicherungspflichtigen Beschäftigung oder von Versicherungsfreiheit gewährt (vgl. BSG, Urteil vom 3. November 2021 - B 11 AL 4/20 R - Rn. 17, 18 bei juris).
Ein abweichendes Verständnis des Arbeitnehmerbegriffs im Leistungsrecht und im Rahmen der Umlageerhebung bedürfte angesichts dessen einer eindeutigen gesetzgeberischen Entscheidung. Ohne eine solche hat es bei dem Grundsatz der Abhängigkeit der Umlagepflicht des Arbeitgebers von der Möglichkeit der Leistungsinanspruchnahme durch seine Arbeitnehmer zu verbleiben (E. Schneider in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB III, 3. Aufl., § 358 SGB III, Rn. 27). Entsprechend kommt der von der Beklagten vertretene Rückgriff auf den im Leistungsrecht überwundenen besonderen Arbeitnehmerbegriff nicht in Betracht.
Zwar trifft es zu, dass im Urteil des 12. Senats des Bundessozialgerichts vom 13. Dezember 2022 - B 12 R 3/21 R - auch für die Rechtmäßigkeit der Insolvenz-geldumlage allein das Vorliegen einer Beschäftigung berücksichtigt worden sein mag. Eine ausdrückliche Befassung mit der geänderten Rechtsprechung des 11. Senats ist dieser Entscheidung indes nicht zu entnehmen. Nicht anderes gilt für weitere Entscheidungen, in denen ohne argumentative Befassung mit der geänderten Rechtsprechung zum Leistungsrecht Bescheide bestätigt worden sind, die auch die Festsetzung einer Insolvenzgeldumlage für ggf. nicht als Arbeitnehmer einzuordnende Beschäftigte i.S.d. § 7 Abs. 1 SGB IV zum Gegenstand hatten.
Soweit im Schrifttum an der Auffassung festgehalten wird, für die Umlagepflicht nach § 358 Abs. 1 Satz 1 SGB III sollte auch nach dieser Änderung der Rechtsprechung an einem beitrags- bzw. versicherungsrechtlichen Begriff des Arbeitgebers festgehalten werden (so Voelzke in: Hauck/Noftz SGB III, 3. Ergänzungslieferung 2025, § 358 SGB III, Rn. 20), vermag der Senat dem hinsichtlich einer Umlagepflichtigkeit des Entgelts von Beschäftigten, die nicht Arbeitnehmer sind, nicht zu folgen. Die hierfür angeführten Argumente, insbesondere dass § 358 Abs. 2 SGB III hinsichtlich der Bemessungsgrundlage auf das beitragspflichtige Arbeitsentgelt in der gesetzlichen Rentenversicherung abstelle, trägt allein die Abweichung von Leistungsanspruch und Umlagepflicht nicht. Den weitgehend identischen Wortlaut in § 7 Abs. 2 Satz 1, 2 AAG hat das Bundessozialgericht zutreffend als vereinbar mit der Annahme eines arbeitsrechtlichen Arbeitnehmerbegriffs angesehen. Auch aus § 359 Abs. 1 SGB III ergibt sich nichts anderes. Dort ist die gemeinsame Zahlung mit dem Gesamtsozialversicherungsbeitrag geregelt und die entsprechende Anwendung der für diesen geltenden Vorschriften des SGB IV vorgesehen, soweit das SGB III nicht anderes bestimmt. § 359 SGB III regelt die Modalität der Zahlung der Umlage (vgl. E. Schneider in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB III, 3. Aufl., § 359 SGB III, Rn. 7), nicht hingegen Umfang und Inhalt der Umlage an sich.
Die von der Beklagten in Bezug genommene Entscheidung des Bundesgerichtshofs mit Urteil vom 23. Januar 2003 - IX ZR 39/02 -) führt ebenfalls zu keiner anderen Bewertung. Sie betrifft zwar den insolvenzrechtlichen Arbeitnehmerbegriff, konnte die jetzige Rechtsprechung des Bundessozialgerichts zum Arbeitnehmerbegriff in § 165 SGB III aber naturgemäß nicht berücksichtigen und behandelte einen Fall eines Fremdgeschäftsführers ohne Gesellschaftsanteil.
Der Beigeladene als alleiniger Geschäftsführer, der vertraglich ausdrücklich mit der Wahrnehmung von Arbeitgeberaufgaben betraut war, war vorliegend nicht Arbeitnehmer im arbeitsrechtlichen Sinne, was auch zwischen den Beteiligten nicht streitig ist.
Nach der arbeits- und zivilrechtlichen Rechtsprechung kann ein GmbH-Geschäftsführer (regelmäßig) nicht Arbeitnehmer der Gesellschaft sein, deren Organ er ist. Ausnahmen im Rahmen einer Einzelfallabwägung sind nur dann anzuerkennen, wenn die Gesellschaft - über ihr gesellschaftsrechtliches Weisungsrecht hinaus - eine Weisungsbefugnis gerade bezüglich der konkreten Modalitäten der Leistungserbringung des Geschäftsführers hat (BSG, Urteil vom 7. Juli 2020 - B 12 R 17/18 R - Rn. 38 bei juris m.w.N.). In Ansehung des unternehmerischen Weisungsrechts der Gesellschafterversammlung auch gegenüber einem Geschäftsführer als freiem Dienstnehmer kann nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts eine Weisungsgebundenheit, die so stark ist, dass sie darüber hinaus auf einen Status als Arbeitnehmer schließen lässt, allenfalls in extremen Einzelfällen in Betracht kommen (BAG, Beschluss vom 21. Januar 2019 - 9 AZB 23/18 - Rn. 24 bei juris).
Ein solcher Ausnahmefall liegt hier nicht vor. Das erforderliche weitergehende Direktionsrecht bestand hier dem Beigeladenen gegenüber nicht, vielmehr sah der Geschäftsführervertrag gerade (nur) die Bindung an die Weisungen der Gesellschafterversammlung vor. Ansonsten nennt § 2 Abs. 2 Satz 2 des Geschäftsführervertrages als Maßstab ausdrücklich nur die Gesetze, die Satzung, den Geschäftsführervertrag und eine etwaige Geschäftsordnung der Geschäftsführung. Der Vertrag ist auch als Geschäftsführervertrag bezeichnet worden, es ist nicht zu erkennen, dass die Vertragsparteien ein Arbeitsverhältnis hätten begründen wollen. Nach dem eigenen Vortrag bestand auch keine abweichende tatsächliche Handhabung, die auf die Begründung eines Arbeitsverhältnisses schließen ließe. Vielmehr hat die Mehrheitsgesellschafterin dem Beigeladenen vorliegend auch nach 2008 sämtliche relevanten Entscheidungen für das Unternehmen tatsächlich überlassen.
Die Beklagte hat die fehlende Arbeitnehmerstellung im Übrigen selbst von Anfang an eingeräumt, indem sie die U2-Umlage erst mit der Rechtsänderung zum 1. Januar 2018 erhoben hat.
Insoweit war der angefochtene Bescheid im tenorierten Umfang aufzuheben und die Berufung im Übrigen zurückzuweisen.
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 197a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 155 Abs. 1 Satz 3 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO). Das Unterliegen der Beklagten ist angesichts des streitigen Gesamtbetrages nur geringfügig und rechtfertigt keine Kostenteilung. Es besteht kein Grund, eine Erstattung der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen aus Billigkeitsgründen anzuordnen (§ 162 Abs. 3 VwGO).
Die Revision war bereits nach § 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG zuzulassen, so dass es nicht darauf ankommt, ob das Urteil des 12. Senats vom 13. Dezember 2022 (B 12 R 3/21 R) einen abstrakten Rechtssatz enthält, von dem abgewichen wird. In Hinblick auf die auch noch nicht höchstrichterlich entschiedene Frage der U2-Umlage für den Zeitraum ab dem 1. Januar 2018 ist die Zulassung für beide Beteiligten erfolgt.