Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 14. Dezember 2023 wird zurückgewiesen.
Die Klägerin trägt auch die Kosten des Revisionsverfahrens.
Der Streitwert für das Revisionsverfahren wird auf 41 543,62 Euro festgesetzt.
G r ü n d e :
I
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Die Beteiligten streiten über die Erstattung von Bundesmitteln iHv 41 543,62 Euro, die der beklagte kommunale Träger im Haushaltsjahr 2018 als Aufwendungen für Personalkosten der Grundsicherung für Arbeitsuchende bei der klagenden Bundesrepublik Deutschland abgerufen hat.
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Der Beklagte ist als sog Optionskommune nach § 6a SGB II iVm § 1 der Verordnung zur Zulassung von kommunalen Trägern (Kommunalträger-Zulassungsverordnung) vom 24.9.2004 (BGBl I 2349) iVm der Zweiten Verordnung zur Änderung der Kommunalträger-Zulassungsverordnung vom 14.4.2011 (BGBl I 645) seit 1.1.2012 als Träger der Aufgaben der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem SGB II zugelassen (zugelassener kommunaler Träger, zkT). Wegen der hierdurch angefallenen Aufwendungen für Verwaltungskosten rief er - einschließlich nachträglicher Buchungen - im automatisierten Verfahren für das Haushalts, Kassen und Rechnungswesen des Bundes (HKRVerfahren) für das Haushaltsjahr 2018 Bundesmittel iHv 3 412 641,54 Euro ab. Insgesamt meldete er Verwaltungskosten iHv 3 558 769,14 Euro an, von denen die Klägerin nur 3 371 097,92 Euro anerkannte (Schreiben vom 26.10.2020). Beanstandet wurde auch ein Betrag iHv 152 521,09 Euro für den Einsatz von vier Widerspruchssachbearbeitern im Aufgabenbereich des SGB II. Die Aufwendungen hierfür seien nicht wie geschehen in tatsächlich angefallener Höhe als Personalkosten abzurechnen (sogenannte Spitzabrechnung). Vielmehr seien sie den Personalgemeinkosten zuzuordnen und durch eine Pauschale abgegolten.
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Das LSG hat die auf Erstattung der über den anerkannten Betrag hinaus abgerufenen 41 543,62 Euro nebst Zinsen gerichtete Klage abgewiesen, denn die Kosten für den Einsatz von Widerspruchssachbearbeitern seien zutreffend als Personalkosten "spitz" abgerechnet worden. Nach § 6b Abs 2 Satz 1 SGB II habe der Bund als Verwaltungskosten auch die personellen Aufwendungen der zkT für Aufgaben nach dem SGB II zu tragen. Zu diesen Aufgaben gehöre auch der Erlass von Widerspruchsbescheiden im Bereich des SGB II, wofür die betreffenden Sachbearbeiter ausschließlich eingesetzt worden seien. Nichts anderes ergebe sich nach der KommunalträgerAbrechnungsverwaltungsvorschrift (KoAVV). Ausgehend von Wortlaut und Entstehungsgeschichte der § 10 und § 13 KoAVV seien die Kosten des für die Widerspruchssachbearbeitung eingesetzten Personals den Personal- und nicht den pauschalierten Personalgemeinkosten zuzuordnen.
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Mit ihrer Revision rügt die Klägerin eine Verletzung von § 6b Abs 2 Satz 1, Abs 5 SGB II iVm §§ 10, 13 KoAVV. Der Beklagte sei nach § 6b Abs 5 SGB II zur Erstattung des mit der Klage geltend gemachten Betrags verpflichtet, den er ohne Rechtsgrund zu Lasten des Bundes erlangt habe. Das LSG habe die im Haushaltsjahr 2018 angefallenen Aufwendungen für die Widerspruchssachbearbeitung zu Unrecht den in tatsächlich anfallender Höhe "spitz" abrechenbaren Personalkosten und nicht den pauschalierten Personalgemeinkosten zugeordnet. Dies widerspreche den für den Beklagten und das Gericht verbindlichen Abrechnungsvorschriften der KoAVV und könne nicht mit § 6b Abs 2 SGB II begründet werden, der nicht die Abrechnungsweise, sondern ausschließlich die Einordnung dieser Aufwendungen als vom Bund zu tragende Verwaltungskosten betreffe.
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Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Landessozialgerichts BerlinBrandenburg vom 14. Dezember 2023 aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, an sie 41 543,62 Euro nebst Zinsen in Höhe von drei Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab dem 27. November 2020 sowie Prozesszinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
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Der Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
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Er verteidigt das angegriffene Urteil.
II.
8
Die Revision der Klägerin ist zulässig, aber nicht begründet und daher zurückzuweisen (§ 170 Abs 1 Satz 1 SGG). Die Klägerin hat keinen Anspruch gegen den Beklagten auf Erstattung von Bundesmitteln iHv 41 543,62 Euro, die dieser im Haushaltsjahr 2018 als Aufwendungen für Verwaltungskosten der Grundsicherung für Arbeitsuchende abgerufen hat.
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1. Gegenstand des Revisionsverfahrens ist neben dem angefochtenen Urteil des LSG der Anspruch der Klägerin gegen den beklagten zkT auf Erstattung von diesem im HKRVerfahren für das Haushaltsjahr 2018 abgerufener Bundesmittel iHv 41 543,62 Euro nebst Zinsen. Diesen Anspruch verfolgt die Klägerin mit einer statthaften und auch im Übrigen zulässigen allgemeinen Leistungsklage iS des § 54 Abs 5 SGG. Der Durchführung eines Vorverfahrens bedurfte es nicht, da ein Verwaltungsakt iS des § 31 SGB X zwischen den Beteiligten nicht zu ergehen hatte (BSG vom 2.7.2013 - B 4 AS 72/12 R - BSGE 114, 55 = SozR 44200 § 6b Nr 1, RdNr 26) und nicht ergangen ist. Über die Klage hatte das LSG als erstinstanzlich anzurufendes Gericht zu entscheiden (§ 29 Abs 2 Nr 3 SGG idF des Gesetzes zur Ermittlung von Regelbedarfen und zur Änderung des SGB II und SGB XII vom 24.3.2011, BGBl I 453).
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2. Die Revision der Klägerin ist nicht begründet, weil ihr der geltend gemachte Erstattungsanspruch nicht zusteht.
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Einzig in Betracht kommende Rechtsgrundlage für diesen Anspruch ist § 6b Abs 5 Satz 1 SGB II, der zum 1.1.2011 durch das Gesetz zur Weiterentwicklung der Organisation der Grundsicherung für Arbeitsuchende vom 3.8.2010 (BGBl I 1112; neugefasst durch Bekanntmachung vom 13.5.2011, BGBl I 850) eingeführt worden ist. Danach kann das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) von dem zkT die Erstattung von Mitteln verlangen, die er zu Lasten des Bundes ohne Rechtsgrund erlangt hat. Die umstrittenen, über die von der Klägerin durch Schreiben vom 26.10.2020 anerkannten Verwaltungskosten hinausgehenden Bundesmittel iHv 41 543,62 Euro hat der Beklagte jedoch nicht ohne Rechtsgrund erlangt. Vielmehr waren ihm diese im HKRVerfahren abgerufenen Mittel vermögensrechtlich endgültig zugeordnet. Dies folgt aus § 6b Abs 2 SGB II (dazu unter a), ohne dass sich aus der KoAVV anderes ergäbe (dazu unter b).
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a) Die Zuordnung der im HKRVerfahren bereitgestellten Mittel richtet sich nach den Regelungen über die Finanzierung der Aufgaben der Optionskommunen, die seit dem Gesetz zur Änderung des Grundgesetzes (Art 91e) vom 21.7.2010 (BGBl I 944) eine Rechtsgrundlage finanzverfassungsrechtlich in Art 91e Abs 2 Satz 2 GG und einfachgesetzlich in dem bereits durch das Kommunale Optionsgesetz vom 30.7.2004 (BGBl I 2014) eingefügten und seither im Wesentlichen unveränderten § 6b Abs 2 SGB II findet (hier anzuwenden idF vom 1.12.2016, BGBl I 2755). Letzterer regelt zwar lediglich die Kostentragung und keine Erstattungsansprüche der Optionskommunen gegen den Bund (BSG vom 2.7.2013 - B 4 AS 72/12 R - BSGE 114, 55 = SozR 44200 § 6b Nr 1, RdNr 41; BSG vom 12.11.2015 - B 14 AS 50/14 R - SozR 44200 § 6b Nr 4 RdNr 13). Die in § 6b Abs 2 Satz 1 SGB II angeordnete Kostentragung durch den Bund bildet aber den Rechtsgrund für ein "Behaltendürfen" der vom zkT im Rahmen des HKRVerfahrens abgerufenen Mittel, der einem auf § 6b Abs 5 Satz 1 SGB II gestützten Erstattungsverlangen des BMAS entgegengehalten werden kann.
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Nach § 6b Abs 2 Satz 1 SGB II trägt der Bund die Aufwendungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende einschließlich der Verwaltungskosten mit Ausnahme der Aufwendungen für Aufgaben nach § 6 Abs 1 Satz 1 Nr 2 SGB II. Zu den Verwaltungskosten zählen ua die personellen Aufwendungen des zkT für den Betrieb der besonderen Einrichtung iS des § 6b Abs 2 SGB II (BSG vom 25.4.2023 - B 7/14 AS 69/21 R - BSGE 136, 64 = SozR 44200 § 6b Nr 5, RdNr 14). Die Kostentragung durch den Bund setzt voraus, dass es sich um Aufwendungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende handelt (BSG vom 2.7.2013 - B 4 AS 72/12 R - BSGE 114, 55 = SozR 44200 § 6b Nr 1, RdNr 41; BSG vom 12.11.2015 - B 14 AS 50/14 R - SozR 44200 § 6b Nr 4 RdNr 13; dazu unter aa) und eine echte Ausgabe zulasten des zkT entstanden ist, dieser also Geld für Personal bezahlt hat, das im Vollzug des SGB II eingesetzt ist (BSG vom 25.4.2023 - B 7/14 AS 69/21 R - BSGE 136, 64 = SozR 44200 § 6b Nr 5, RdNr 15; dazu unter bb).
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aa) Ersteres war vorliegend der Fall. Nach den nicht mit Revisionsrügen angegriffenen und daher für den Senat bindenden (§ 163 SGG) tatsächlichen Feststellungen des LSG waren die vier Widerspruchssachbearbeiter, deren Kosten zwischen den Beteiligten umstritten sind, ausschließlich eingesetzt für die Bearbeitung und Erledigung von Widersprüchen, Klagen und Eilrechtsschutzverfahren einschließlich der Vertretung vor den Sozial- und Landessozialgerichten sowie für die Bearbeitung und Entscheidung über im Zusammenhang mit Rechtsbehelfen entstandene Verfahrenskosten und das Betreiben der zugehörigen Kostenverfahren. Von der Widerspruchssachbearbeitung betroffen waren allein Rechtsfragen im Zusammenhang mit dem SGB II, die entsprechende Fachkenntnis erforderten und nicht über den Leistungsbereich der besonderen Einrichtung hinausgingen. Anhaltspunkte für die Erledigung darüber hinausgehender "eigener Aufgaben" des Beklagten hat das LSG nicht festgestellt.
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Zu den Aufgaben nach dem SGB II gehört auch die Widerspruchssachbearbeitung im Vorverfahren. Als Teil eines einheitlichen Verwaltungsverfahrens schließt sich dieses an den Erlass des Verwaltungsakts an (vgl BSG vom 14.5.2014 - B 6 KA 27/13 R - SozR 42500 § 34 Nr 15 RdNr 26 mwN; BVerwG vom 1.12.1989 - 8 C 14.88 - BVerwGE 84, 178 - juris RdNr 15 mwN; Gall in jurisPKSGG, 2. Aufl 2022, § 83 RdNr 7; H. Müller in jurisPKERV Bd 3, 2. Aufl 2022, § 85 SGG RdNr 3). Ebenso gehören die Aufwendungen für die Bearbeitung von Rechtsmitteln in diesen Angelegenheiten zu den Aufwendungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende, jedenfalls soweit diese vom zkT wahrgenommen werden (vgl zu möglichen Fragen im Zusammenhang mit der Heranziehung kreisangehöriger Gemeinden Weißenberger in Luik/Harich, SGB II, 6. Aufl 2024, § 6 RdNr 16 ff).
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bb) Der Beklagte hatte für die betreffenden Widerspruchssachbearbeiter finanzielle Aufwendungen jedenfalls in der eingeklagten Höhe. Dies hat das LSG ebenfalls für den Senat bindend festgestellt. Die von der Klägerin diesbezüglich erhobene Sachaufklärungsrüge (Verstoß gegen den Amtsermittlungsgrundsatz des § 103 SGG) greift nicht durch.
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Für eine solche Rüge sind Darlegungen notwendig, die das Revisionsgericht in die Lage versetzen, sich allein anhand der Revisionsbegründung ein Urteil darüber zu bilden, ob die angegriffene Entscheidung auf einem Verfahrensmangel beruhen kann (BSG vom 7.4.1987 - 11b RAr 56/86 - SozR 1500 § 164 Nr 31 - juris RdNr 16; BSG vom 12.9.2019 - B 9 V 2/18 R - BSGE 129, 87 = SozR 47190 § 4 Nr 1, RdNr 32). Dem genügt die Rüge der Klägerin nicht. Diese bezieht sich im Kern darauf, dass sich das LSG wegen des Verzichts auf "ordnungsgemäße Nachweise" auf eine unzureichende Tatsachengrundlage gestützt habe. Für eine erfolgreiche Rüge fehlt aber jedenfalls die Benennung eines konkreten Beweismittels, dessen sich das LSG hätte bedienen müssen. Ebenso wenig benennt die Klägerin konkrete Anhaltspunkte, die beim LSG Zweifel am Vorliegen solcher Aufwendungen hätten begründen müssen und Anlass zu weiteren Ermittlungen gegeben hätten (vgl zu diesen Anforderungen BSG vom 11.12.2008 - B 9 VS 1/08 R - BSGE 102, 149 = SozR 41100 Art 85 Nr 1 <dort nicht abgedruckt> - juris RdNr 69 mwN; BSG vom 12.9.2019 - B 9 V 2/18 R - BSGE 129, 87 = SozR 47190 § 4 Nr 1, RdNr 32).
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Eine sinngemäße Rüge des Verstoßes gegen die Grenzen freier Beweiswürdigung (§ 128 Abs 1 Satz 1 SGG) genügt ebenfalls nicht den hierfür geltenden Anforderungen. In Bezug hierauf kann das Revisionsgericht nur prüfen, ob das Tatsachengericht bei der Beweiswürdigung gegen Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze verstoßen hat und ob es das Gesamtergebnis des Verfahrens ausreichend und umfassend berücksichtigt hat (BSG vom 20.3.2024 - B 1 KR 24/22 R - juris RdNr 17 mwN). Beides hat die Klägerin nicht dargelegt.
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Anhaltspunkte dafür, dass die Aufwendungen des Beklagten für die Widerspruchssachbearbeiter nicht den Grundsätzen der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit entsprachen, sind auf Grundlage der Tatsachenfeststellungen des LSG nicht vorhanden.
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b) Entgegen der Ansicht der Klägerin war der Beklagte auch berechtigt, die Aufwendungen für die vier Widerspruchssachbearbeiter ihr gegenüber in tatsächlicher Höhe ("spitz") und nicht als pauschalierte Personalgemeinkosten abzurechnen. Insoweit kann dahinstehen, ob - wie der Beklagte meint - grundsätzlich eine vollständige Erstattung der mit dem Betrieb der besonderen Einrichtung einhergehenden Kosten stattzufinden habe, sofern es nicht Aufwendungen für Aufgaben nach § 6 Abs 1 Satz 1 Nr 2 SGB II sind (vgl zum Telos der Kostentragungsregelung des Art 91e Abs 2 Satz 2 GG, die Kommunen vor finanziellen Lasten zu schützen, die sie im Falle des Regelverwaltungstypus des Zusammenwirkens in gemeinsamen Einrichtungen nach Art 91e Abs 1 GG nicht zu tragen hätten, Suerbaum in Kahl/Waldhoff/Walter, Bonner Kommentar zum GG, Art 91e GG RdNr 105, Stand Mai 2017). Ebenso bedarf es keiner Entscheidung, ob die in § 6b Abs 2 Satz 2 SGB II angeordnete entsprechende Geltung des § 46 Abs 1 Satz 4, Abs 2 und 3 Satz 1 SGB II nach Systematik und Zweck der Regelung (vgl BTDrucks 15/2816 S 13: "Satz 4 eröffnet die Möglichkeit der Pauschalierung der Mittel für Eingliederungsleistungen und Verwaltungsaufwand") Rechtsgrundlage für die Pauschalierung einzelner Kostenarten bei der Abrechnung der Aufwendungen der Grundsicherung für Arbeit (§ 48 Abs 3 SGB II) sein kann und welche Grenzen hierbei ggf zu beachten sind. Schließlich kann dahinstehen, inwieweit die KoAVV Bindungswirkung auch für Gerichte entfaltet und ob sie in der Auslegung der Klägerin mit höherrangigem Recht vereinbar ist. Denn auch auf Grundlage der KoAVV sind die hier umstrittenen Aufwendungen für vier Widerspruchssachbearbeiter "spitz", dh in tatsächlicher Höhe, abzurechnen und von der Klägerin in diesem Umfang zu tragen.
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aa) Maßgeblich ist vorliegend die erstmalig 2008, damals noch nach Art 84 Abs 2 GG durch die Bundesregierung erlassene KoAVV (BAnz 2008, Beilage Nr 66a, 1) in der auf den 1.1.2018 zurückwirkenden Fassung durch Art 1 Nr 2 und Nr 4 der auf Grund von Art 91e Abs 2 und 3 GG iVm § 48 Abs 3 SGB II vom BMAS erlassenen Fünften Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zur Änderung der KoAVV vom 17.12.2018 (BAnz AT 24.12.2018 B4). Nach der Begründung zur Erstfassung von 2008 konkretisiert die KoAVV das auf der Grundlage der zwischen dem Bund und den zkT bestehenden Finanzbeziehung notwendige Abrechnungsverfahren sowie die Bewirtschaftung der Bundesmittel ua mit den Zielen der Reduzierung des Verwaltungsaufwands bei den zkT und des Kontrollaufwands beim Bund, der Vereinfachung des Abrechnungsverfahrens und Vermeidung von Doppelabrechnungen durch weitgehende Pauschalierung von Verwaltungskosten, eines verbindlichen Verfahrens bei der Berechnung und Bewirtschaftung des kommunalen Finanzierungsanteils an den Verwaltungskosten und der Gleichbehandlung der zkT mit anderen Organisationsformen (BRDrucks 180/08 S 1 f).
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Die Regelungen der KoAVV beanspruchen Geltung für die Abrechnung der Aufwendungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende durch die nach § 6a SGB II zugelassenen kommunalen Träger gegenüber dem Bund, soweit der Bund diese Aufwendungen nach § 6b Abs 2 iVm § 6 Abs 1 Satz 1 Nr 1 SGB II zu tragen hat, wobei der Abschnitt 3 ergänzende Regelungen nur für die am HKRVerfahren teilnehmenden zkT enthält (§ 1 KoAVV). Nach den Begriffsbestimmungen in Abschnitt 2 Unterabschnitt 1 der KoAVV sind Kosten der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem SGB II der in Geld ausgedrückte Güter und Dienstleistungsverzehr für die Erbringung von Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende durch den zkT (§ 6 Satz 1 KoAVV). Verwaltungskosten sind die personellen und sächlichen Aufwendungen für den Betrieb einschließlich der Errichtung und Beendigung der besonderen Einrichtung nach § 6a Abs 2 SGB II (§ 8 Abs 1 KoAVV). Personalkosten sind die Aufwendungen für Bezüge des im Aufgabenbereich der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem SGB II eingesetzten Personals sowie für Beiträge und Steuern, die im Zusammenhang mit der Gewährung der Bezüge stehen (§ 10 Abs 1 Satz 1 KoAVV). Demgegenüber sind Personalgemeinkosten die in der Regel nicht als Einzelkosten erfassbaren Kosten der Leitung und Verwaltungsgemeinkosten. Verwaltungsgemeinkosten sind die Aufwendungen für den Inneren Dienst und die allgemeine Verwaltung (§ 13 Abs 1 KoAVV). Der Innere Dienst umfasst insbesondere Schreibkräfte, Botendienste, Pförtnerdienste, Fahrbereitschaft, Materialverwaltung, Druckerei und Vervielfältigung, Poststelle und Bibliothek (§ 13 Abs 3 KoAVV). Kosten der allgemeinen Verwaltung sind insbesondere Aufwendungen für Personalangelegenheiten, Personalvertretung und Innenrevision sowie Aufwendungen für Haushalt, Organisation, Recht, Dokumentation und Statistik (§ 13 Abs 4 KoAVV).
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Die Abrechnung der nach § 6b Abs 2 iVm § 6 Abs 1 Satz 1 Nr 1 SGB II durch den Bund zu tragenden Aufwendungen erfolgt grundsätzlich in tatsächlicher Höhe. Abweichend hiervon erfolgt die Abrechnung von Verwaltungskosten auf der Grundlage der in Abschnitt 2 Unterabschnitt 2 geregelten Pauschalen. Die Abrechnung von Verwaltungskosten in tatsächlicher Höhe ist nur in den nach Unterabschnitt 2 vorgesehenen Fällen möglich (§ 16 Abs 1 Satz 1 und 2, Abs 2 Satz 1 KoAVV). Hierzu gehören Aufwendungen für Personalkosten nach § 10 KoAVV, die in tatsächlicher Höhe anerkannt werden, soweit sie dem Grundsatz der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit entsprechen (§ 19 Abs 1 Satz 1 KoAVV). Demgegenüber ist für Personalgemeinkosten nach § 13 KoAVV ein Zuschlag iHv bis zu 30 vH der nach § 19 KoAVV abgerechneten und um Beiträge und Steuern nach § 10 Abs 3 KoAVV geminderten Personalkosten zu berücksichtigen (§ 22 Satz 1 KoAVV).
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bb) Auf Grundlage dieser Regelungen sind die umstrittenen Aufwendungen des Beklagten für die betreffenden vier Widerspruchssachbearbeiter den Personalkosten iS von § 10 KoAVV und nicht den Personalgemeinkosten iS von § 13 KoAVV zuzuordnen. Dies ergibt die Auslegung dieser Regelungen nach Wortlaut und Systematik (dazu unter <1>), ohne dass sich aus der Entwurfsbegründung von 2008 (dazu unter <2>) oder der zum 1.1.2019 erfolgten Änderung des § 13 KoAVV (dazu unter <3>) anderes herleiten ließe.
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(1) Für eine Zuordnung der genannten Aufwendungen zu den Personalkosten spricht zunächst der Wortlaut von § 10 und § 13 KoAVV. Bei den Widerspruchssachbearbeitern handelt es sich um "Personal", das nach den bindenden Feststellungen des LSG - wie es § 10 KoAVV verlangt - ausschließlich im "Aufgabenbereich der Grundsicherung für Arbeitsuchende" nach dem SGB II eingesetzt war. Die von der Klägerin angestrebte Zuordnung zu den Kosten der allgemeinen Verwaltung iS von § 13 Abs 4 KoAVV knüpft demgegenüber an den dort verwandten Begriff der "Aufwendungen für … Recht" an. Unter dem Gesichtspunkt der Bearbeitung rechtlicher Fragestellungen ließen sich die Personalkosten für die Widerspruchssachbearbeitung und insbesondere sich hieran anschließende Gerichtsverfahren fassen. Allerdings sind - mit Ausnahme prozessrechtlicher Fragestellungen - dieselben rechtlichen Fragen auch durch die vorgelagerte Leistungssachbearbeitung zu prüfen und zu entscheiden, deren Aufwendungen für Personal auch die Klägerin zu den Personalkosten iS von § 10 KoAVV rechnet. Zudem lässt der Wortlaut auch eine engere Deutung zu, die in Abgrenzung zum "Aufgabenbereich der Grundsicherung für Arbeitsuchende" lediglich das Personal einer gesonderten Rechtsabteilung oder eines Justiziariats erfasst, welches mit allgemeinen juristischen Fragestellungen außerhalb der Leistungserbringung, wie Ausschreibungen und Kaufverträgen für Büromöbel, arbeitsrechtlichen Streitigkeiten, Fragen der Liegenschaftsverwaltung und Ähnlichem befasst ist.
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Etwas anderes folgt auch nicht aus dem von der Klägerin hervorgehobenen beispielhaften Charakter der Aufzählung des § 13 Abs 4 KoAVV. Denn für die vorstehende Deutung spricht der Blick auf die weiteren in § 13 KoAVV genannten Beispiele für Verwaltungsgemeinkosten, die allesamt keinen direkten Bezug zur Erbringung von Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende (§ 1 Abs 3 SGB II) haben, sondern diese "nur" mittelbar unterstützen oder der Verwaltung hierfür erforderlicher personeller und sächlicher Mittel geschuldet sind. Demgegenüber handelt es sich bei der Widerspruchssachbearbeitung - wie oben ausgeführt - um eine unmittelbar in das Verwaltungsverfahren zur Leistungserbringung eingebundene Funktion.
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(2) Eine solche Auslegung von § 10 und § 13 KoAVV widerspricht nicht der Begründung der Bundesregierung zur Erstfassung der KoAVV vom 25.4.2008 (BRDrucks 180/08). Die Zuordnung der Aufwendungen für ausschließlich im Aufgabenbereich der Grundsicherung für Arbeitsuchende eingesetzte Widerspruchssachbearbeiter zu den Personalkosten iS von § 10 KoAVV berührt weder das Ziel der Vereinfachung des Abrechnungsverfahrens und Vermeidung von Doppelabrechnungen durch weitgehende Pauschalierung von Verwaltungskosten (BRDrucks 180/08 S 2) noch den Grundsatz einer Abrechnung von Pauschalen für weite Bereiche der Verwaltungskosten zur Begrenzung des mit der Rechnungslegung und prüfung verbundenen Aufwands (BRDrucks 180/08 S 2, 92 f). Soweit die Klägerin auf die einleitende Passage zu § 13 KoAVV verweist, wonach "im Grundsatz nur noch Leistungssachbearbeitung, Fallmanagement und gegebenenfalls die Teamleitung den Personalkosten" zugeordnet werden, sprechen die Begründungen zu § 13 Abs 2 und § 22 KoAVV für ein weiteres Verständnis (vgl BRDrucks 180/08 S 98, 108).
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Wenn sich die Beteiligten in ihrer Argumentation auf die Anlagen 1 und 4 zur KoAVV beziehen, ist darauf hinzuweisen, dass diese mit Wirkung vom 1.1.2011 bzw 1.1.2014 aufgehoben worden sind (Anlage 1 durch Art 1 Nr 14 Zweite Allgemeine Verwaltungsvorschrift zur Änderung der KoAVV vom 16.12.2013, BAnz AT 23.12.2013 B1; Anlage 4 durch Art 1 Nr 14 Erste Allgemeine Verwaltungsvorschrift zur Änderung der KoAVV vom 10.11.2010, BAnz 3876). Zudem behandelten sie eine grundlegend andere Frage, nämlich die Ermittlung des kommunalen Kostenanteils. Allerdings führt die Klägerin zutreffend an, dass sich die Definitionen in § 10 und § 13 KoAVV am Haushaltsgrundsätzegesetz und dem Rundschreiben des Bundesministeriums der Finanzen zu Personalkostensätzen und Sachkostenpauschalen (vom 30.7.2007 II A 3 - H 1012 - 10/07/0001) orientieren (BRDrucks 180/08 S 93), welches zugleich die damalige Anlage 1 zur KoAVV bildete (abgedruckt BRDrucks 180/08 S 26 ff). Auch trifft es zu, dass die in den Absätzen 3 und 4 des § 13 KoAVV erfassten Kosten für den inneren Dienst und die allgemeine Verwaltung "den Kosten der so genannten ZVerwaltung" entsprechen sollten (BRDrucks 180/08 S 99). Tatsächlich entspricht § 13 KoAVV in weiten Teilen der Ziff 5 dieses Rundschreibens, die "Sonstige Personalgemeinkosten" der inneren Verwaltung, der Leitung und der allgemeinen Verwaltung behandelt. Für Kostenberechnungen und Wirtschaftlichkeitsprüfungen wird dort zur Erfassung der Personalgemeinkosten ein Zuschlagssatz von 30 vH der durchschnittlichen Bezüge festgelegt, bei dessen Berechnung verschiedene Aufgabenbereiche berücksichtigt worden sind, darunter "Allgemeine Verwaltung (sog Z-Verwaltung), Hauptbüro" und einige Spiegelstriche später "Rechtsangelegenheiten, Beratung" (BRDrucks 180/08 S 29). Für die Beantwortung der Frage, ob "Aufwendungen für … Recht" oder § 13 Abs 4 KoAVV insgesamt auch die Bearbeitung von Widersprüchen in Angelegenheiten der Grundsicherung für Arbeitsuchende umfassen, lässt sich dem jedoch nichts entnehmen. Denn auch Ziff 5 des Rundschreibens lässt nicht erkennen, ob im dortigen Kontext "Rechtsangelegenheiten" nur solche der inneren und allgemeinen Verwaltung meint oder auch die Bearbeitung von Widersprüchen in fachlichen Angelegenheiten.
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(3) Schließlich spricht auch die Neufassung des § 13 KoAVV zum 1.1.2019 durch die Sechste Allgemeine Verwaltungsvorschrift zur Änderung der KoAVV vom 17.12.2019 (BAnz AT 23.12.2019 B3) nicht gegen das hier gefundene Auslegungsergebnis. Nunmehr orientiert sich die Definition der Personalgemeinkosten in § 13 Abs 1 KoAVV 2019 an den konkreten Aufgaben der beim zkT Beschäftigten. Personalgemeinkosten sind danach die Kosten, die durch die Wahrnehmung nicht fachspezifischer Aufgaben im Aufgabenbereich der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem SGB II anfallen. Hierdurch und durch einen (nicht abschließenden) Katalog nicht fachspezifischer Aufgaben in § 13 Abs 2 KoAVV 2019 sollte eine klare Abgrenzung zwischen Personalgemeinkosten und Personalkosten erzielt werden (BRDrucks 494/19 <neu> S 7).
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Seit der Neufassung des § 13 KoAVV zum 1.1.2019 ist auch die Klägerin der Ansicht, dass die Widerspruchssachbearbeitung im Aufgabenbereich der Grundsicherung für Arbeitsuchende den Personal und nicht den Personalgemeinkosten zuzuordnen ist. Daraus kann aber nicht im Umkehrschluss abgeleitet werden, dass dies vor der Änderung anders gewesen sei. Vielmehr wird in der Begründung zur Sechsten Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zur Änderung der KoAVV darauf hingewiesen, dass "Mangels eindeutiger Rechtslage" Bund und zkT "unterschiedliche Auffassungen" vertreten hätten, "wie Sachverhalte nach der KoAVV abgerechnet werden können" (BRDrucks 494/19 <neu> S 1). Gegensätzlich bewertet wurde insbesondere die Zuordnung von Tätigkeiten zu den Personalkosten oder den Personalgemeinkosten (BRDrucks 494/19 <neu> S 6). Dies zeigt, dass selbst das vorliegend die Klägerin vertretende BMAS als Vorschriftengeber davon ausging, dass die Rechtslage vor dem 1.1.2019 nicht in seinem Sinne eindeutig war.
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3. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 197a Abs 1 Satz 1 SGG iVm § 154 Abs 2 VwGO.
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4. Die Streitwertfestsetzung folgt aus § 197a Abs 1 Satz 1 SGG iVm § 63 Abs 2, § 52 Abs 3 Satz 1, § 47 Abs 1 Satz 1 GKG.