L 4 AL 180/00

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
4
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 65 AL 4906/99
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 4 AL 180/00
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung des Klägers werden das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 28. September 2000 und der Bescheid der Beklagten vom 4. Mai 1999 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 21. Oktober 1999 aufgehoben. Die Beklagte wird verurteilt, dem Kläger dem Grunde nach vom 1. Mai 1999 an Arbeitslosenhilfe zu gewähren. Die Beklagte hat die außergerichtlichen Kosten des Klägers in beiden Instanzen zu tragen. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Streitig ist die Gewährung von Arbeitslosenhilfe (Alhi) ab 1. Mai 1999 und hierbei insbesondere, ob der Kläger bedürftig ist.

Der 1942 geborene Kläger lebt mit seiner 1939 geborenen Ehefrau zusammen, hat keine berücksichtigungsfähigen Kinder und war zuletzt bis August 1996 als Gerüstbauer beschäftigt. Anschließend bezog er Arbeitslosengeld bis zur Erschöpfung des Anspruchs am 30. April 1999, zuletzt nach einem wöchentlichen Bemessungsentgelt von 980,- DM.

Mit Antrag vom 16. März 1999 beantragte der Kläger die Gewährung von Anschluss-Alhi ab 1. Mai 1999. Er gab hierbei im Rahmen der sogenannten „Bedürftigkeitsprüfung“ an, er selbst habe kein Einkommen, seine Ehefrau monatlich 932,47 DM. Zu den gemeinsamen Vermögensverhältnissen machte er unter dem 16. März 1999 folgende Angaben:

Bargeld, Bankguthaben:
4.530,43 DM,

Zwei Kapitallebensversicherungen, davon bisher eingezahlt:
5.460,00 DM und 1.787,50 DM

(Vermerk dazu, offenbar vom Sachbearbeiter mit grünem Kugelschreiber geschrieben: „Lebensversicherung dient der Altersvorsorge“),

Bausparvertrag Guthaben:
3.182,03 DM

Grundstück, Größe 755 m2

(Vermerk, ebenfalls mit grünem Kugelschreiber:
Grundstück ist für den Enkel gedacht [Wochenendhaus]“)

Mit zwei Unterschriften unter dem Antragsformular vom 16. März 1999 versicherte der Kläger die Richtigkeit seiner Angaben. Weiter heißt es, bezogen auf die zweite Unterschrift: „Ich bestätige die Richtigkeit der durch mich oder die Antragsannahme des Arbeitsamtes vorgenommenen Änderungen bzw. Ergänzungen bei den Fragen.“

Auf Nachfrage der Beklagten gab der Kläger unter dem 23. April 1999 an, laut Auskunft des Amtes Ahrensfelde/Blumberg vom 22. April 1999 betrage der Bodenrichtwert seines Grundstücks 230,- DM je m2. Es handele sich um eine 24 m2 große Wochenendlaube, die der Altersversorgung diene.

Mit Bescheid vom 4. Mai 1999 lehnte das Arbeitsamt Prenzlauer Berg den Antrag auf Arbeitslosenhilfe ab mit der Begründung, der Kläger und seine Ehegattin verfügten über ein Vermögen in Höhe von 188.609,96 DM, das verwertbar und dessen Verwertung zumutbar sei. Die Verwertung des nicht selbstbewohnten Grundstückes, das lediglich mit einem Wochenendhaus bebaut sei, sei zumutbar. Unter Berücksichtigung der Freigrenze von 16.000,- DM und der Guthaben der Lebensversicherungen für den Antragsteller und seine Ehefrau verblieben 165.362,46 DM, die bei der Prüfung der Bedürftigkeit zu berücksichtigen seien. Der Kläger sei daher für einen Zeitraum von 168 Wochen (verbleibender Betrag geteilt durch 980,- DM) nicht bedürftig und habe in dieser Zeit keinen Anspruch auf Arbeitslosenhilfe.

Den Widerspruch hiergegen, zu dessen Begründung der Kläger sich auf ein Urteil des BSG vom 22. Oktober 1998 - Az. B 7 AL 118/97 R - bezog, wies das Arbeitsamt Berlin Nord mit Widerspruchsbescheid vom 21. Oktober 1999 zurück. Nach eigenen Angaben sei das Grundstück für den Enkel vorgesehen, diene folglich nicht zur eigenen Alterssicherung. Weitere Freibeträge entsprechend dem genannten Urteil des BSG könnten nur vom zur Alterssicherung tatsächlich vorgesehenen Vermögen anerkannt werden.

Am 10. November 1999 hat der Kläger vor dem Sozialgericht Berlin Klage erhoben und zur Begründung ausgeführt, das Grundstück diene derzeit der körperlichen und geistigen Erholung für ihn und seine Ehefrau. Zwar habe er seinen Enkel als späteren Erben bei der Antragstellung benannt; diese Angabe sei jedoch eigenmächtig von dem zuständigen Sachbearbeiter der Beklagten aufgenommen worden. Im Übrigen habe er später seine Angaben dahingehend ergänzt, dass das Grundstück der Alterssicherung dienen solle. Da die beiden Lebensversicherungen hierfür offensichtlich unzureichend seien, sei dies auch glaubhaft.

Seine Ehefrau beziehe eine Rente von 1.016,- DM; er selbst habe 1996 die Auskunft erhalten, dass seine Rente ca. 1.800,- DM betragen werde.

Das Sozialgericht hat den Kläger persönlich zu seinem Laubengrundstück angehört und seinen Sohn M Gals Zeugen vernommen. Zum Inhalt der Aussagen wird auf die Sitzungsprotokolle vom 20. Juli und 28. September 2000 Bezug genommen. Nachdem das Amt Ahrensfelde/Blumberg auf Anfrage unter dem 25. Mai 2000 die Auskunft erteilt hat, bei dem Grundstück des Klägers handele es sich grundsätzlich um Bauland mit einem derzeitigen Bodenrichtwert von 220,- DM/m2, hat das Sozialgericht die Klage mit Urteil vom 28. September 2000 abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, soweit die Beklagte entschieden habe, dem Kläger stehe ein berücksichtigungsfähiges und die Bedürftigkeit für 168 Wochen ausschließendes Vermögen zum Zeitpunkt der Beantragung der Arbeitslosenhilfe zu, seien Fehler nicht ersichtlich. Die Verwertung dieses Vermögens sei nicht nur möglich, sondern dem Kläger auch zumutbar. Die Behauptung des Klägers, das vorhandene Grundvermögen solle zur Alterssicherung dienen, sei nicht hinreichend glaubhaft. Dem stehe zuvorderst die anders lautende Angabe des Klägers im Arbeitslosenhilfeantrag vom 16. März 1999 entgegen, in dem von ihm zwar die Lebensversicherungen aber nicht das Grundstück als zur Alterssicherung bestimmt bezeichnet worden seien. Auch wenn diese Angaben offenbar nicht vom Kläger auf dem Antrag vorgenommen worden seien, seien sie ihm als Willenserklärungen zurechenbar, denn der Kläger habe mit seiner zweiten Unterschrift auf dem Antragsvordruck auch die Richtigkeit der auf seine Angaben hin durch die Antragsannahme des Arbeitsamtes vorgenommenen Verbesserungen und Ergänzungen bestätigt. Die dagegen später vorgetragenen Einwendungen seien nicht überzeugend, sondern bestätigten sogar die offenbar überwiegende Zweckbestimmung, dieses Grundstück den Nachkommen zu vererben. Schließlich habe der Kläger selbst angegeben, dass er das Grundstück auch dann, wenn ein Hausbau nicht erfolgen werde, möglichst nicht verkaufen wolle. Eine Alterssicherung durch Verwertung des Grundstücks und Verwendung der dadurch erzielten Einnahmen zur Ergänzung der Rente sei daher vom Kläger von vornherein nicht beabsichtigt. Das Grundstück könne aber auch nicht deshalb als Schonvermögen angesehen werden, weil der Kläger mit Unterstützung seines Sohnes plane, darauf ein Haus zu errichten, um darin im Alter mietfrei selbst wohnen zu können. Anrechnungsfrei sei ein solches Vermögen nur dann, wenn es nachweislich zum alsbaldigen Erwerb eines selbstbewohnten Hausgrundstücks bestimmt sei, d.h. innerhalb eines Jahres nach dem Zeitpunkt der Vermögensüberprüfung. Da im vorliegenden Fall von diesem Zeitpunkt (1. Mai 1999) bis zur Entscheidung des Gerichts mehr als ein Jahr vergangen sei, in dem nicht einmal mit den ersten Vorbereitungshandlungen zum Bau eines Hauses begonnen worden sei und sich auch aus den Angaben des Klägers und seines Sohnes hierzu wenig Konkretes ergebe, habe sich das Gericht auch nicht davon überzeugen können, dass das Grundstück nachweislich für eine spätere Nutzung zu Wohnzwecken bestimmt sei.

Gegen das am 30. November 2000 zugestellte Urteil richtet sich die Berufung des Klägers vom 28. Dezember 2000. Er hält das erstinstanzliche Urteil nicht für zutreffend und führt zur Begründung aus, er und sein Sohn hätten in ihrer Vernehmung hinreichend deutlich gemacht, dass das derzeit noch zur Erholung genutzte Grundstück der Alterssicherung für ihn und seine Ehefrau diene. Auf einen „alsbaldigen Erwerb“ eines Hausgrundstücks (vgl. § 6 Abs. 3 Nr. 7 Alhi-VO) komme es daher im Ergebnis nicht an. Schließlich könne es auf die Jahresfrist für einen alsbaldigen Erwerb auch dann nicht ankommen, wenn ein Bauvorhaben gerade daran scheitere, dass die Beklagte keine Arbeitslosenhilfe gewähre und daher eine fehlende Finanzierung zu einer „Verschiebung“ bis zum Erreichen der Altersrente des Bauherrn führe. Würde Arbeitslosenhilfe gewährt, hätte das Bauprojekt bereits innerhalb eines Jahres seit Leistungsbeginn in Angriff genommen werden können. Im Übrigen vertrete er die Auffassung, dass es keiner der Bestimmung als Altersversorgung entsprechenden ausdrücklichen Vermögensdisposition bedürfe. Der dauerhafte Besitz eines Grundstücks, das im Alter selbstgenutzten Wohnraum bieten solle, sei als klassische Form der Altersvorsorge zu betrachten und mit anderen Anlageformen (z.B. einer Lebensversicherung) durchaus zu vergleichen.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 28. September 2000 und den Bescheid der Beklagten vom 4. Mai 1999 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 21. Oktober 1999 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm ab dem 1. Mai 1999 Arbeitslosenhilfe zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält das erstinstanzliche Urteil für überzeugend; im Berufungsverfahren seien keine neuen entscheidungserheblichen Tatsachen vorgetragen worden. An der grundsätzlichen Verfügbarkeit des Klägers bestünden keine Zweifel.

Zum weiteren Vorbringen der Beteiligten und zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte - hierbei insbesondere auf das Protokoll der Sitzung vom 7. September 2001, in der der Kläger erneut angehört worden ist - und der Leistungsakte des Klägers bei der Beklagten (Stamm-Nr. ), die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind, Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung des Klägers ist zulässig, weil die Gewährung von Arbeitslosenhilfe für 168 Wochen und damit für mehr als ein Jahr abgelehnt worden ist; damit ist auch ohne weiteres eine Leistung von über 1.000,- DM im Streit (§ 144 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz - SGG -).

Sie ist auch begründet; insbesondere scheitert die Gewährung von Alhi ab 1. Mai 1999 nicht an fehlender Bedürftigkeit des Klägers.

Nach § 190 Abs. 1 Sozialgesetzbuch III (SGB III) hat Anspruch auf Alhi u.a. nur, wer bedürftig ist. Bedürftigkeit liegt gemäß § 193 nicht vor, wenn die Gewährung von Alhi mit Rücksicht auf das Einkommen oder Vermögen des Arbeitslosen bzw. seines nicht dauernd getrennt lebenden Ehegatten offenbar nicht gerechtfertigt ist. Unter welchen Voraussetzungen dies anzunehmen ist, ist in der auf der Verordnungsermächtigung des § 137 Arbeitsförderungsgesetz bzw. § 206 SGB III beruhenden Alhi-Verordnung (Alhi-VO) vom 7. August 1974 (BGBl. I S. 1929), hier anwendbar in der durch Art. 1 der 5. Verordnung zur Änderung der Arbeitslosenhilfe-Verordnung vom 25. September 1998 (BGBl. I S. 3112) geänderten Fassung geregelt. Anhand der Alhi-VO ist zu prüfen, ob der Kläger, bezogen auf den ersten Tag der von ihm beantragten Alhi-Gewährung, d.h. hier am 1. Mai 1999, anzurechnendes Vermögen (oder Einkommen, was hier nicht in Betracht kommt) hatte. Dieser Tag ist zugleich der Ausgangspunkt für die Berechnung des Zeitraums, für den nach § 9 Alhi-VO Bedürftigkeit nach dem zu berücksichtigenden Vermögen nicht besteht (vgl. Urteil des BSG vom 2. November 2000 - B 11 AL 35/00 R -).

Nach § 6 Abs. 1 Alhi-VO ist u.a. das Vermögen des Arbeitslosen und seines nicht dauernd getrennt lebenden Ehegatten zu berücksichtigen, soweit es verwertbar ist, die Verwertung zumutbar ist und der Wert des Vermögens, dessen Verwertung zumutbar ist, jeweils 8.000,- DM übersteigt. Grundsätzlich hat der Arbeitslose danach die Substanz seines Vermögens zu verwerten, bevor er Leistungen der Alhi in Anspruch nimmt (vgl. Urteil des BSG vom 22. Oktober 1998 - B 7 AL 118/97 R - m.w.N.).

Das Grundstück, dessen Eigentümer der Kläger zusammen mit seiner Ehefrau seit 1979 ist, ist danach grundsätzlich verwertbar, denn es kann veräußert oder belastet werden (§ 6 Abs. 2 Satz 1 Alhi-VO). Ob und in welchem Umfang die Verwertung aber auch zumutbar ist, bestimmt § 6 Abs. 3 Alhi-VO. Nach dessen Satz 1 ist die Verwertung dann zumutbar, wenn sie nicht offensichtlich unwirtschaftlich ist und unter Berücksichtigung einer angemessenen Lebenshaltung des Inhabers des Vermögens und seiner Angehörigen billigerweise erwartet werden kann (sogenannter Auffangtatbestand, vgl. BSG in SozR 3-4100 § 147 Nr. 7). Satz 2 zählt unter den Nrn. 1 bis 7 Regelbeispiele auf, bei deren Vorliegen von einer Unzumutbarkeit der Vermögensverwertung auszugehen ist. Auf den Privilegierungstatbestand der Nr. 7 1. Alternative kann sich der Kläger allerdings nicht berufen, weil damit nur ein „Hausgrundstück von angemessener Größe, das der Eigentümer bewohnt, oder eine entsprechende Eigentumswohnung“ von der Verwertung ausgenommen sind; auf dem Grundstück des Klägers befindet sich jedoch weder ein Wohnhaus noch eine Eigentumswohnung, sondern nur eine Gartenlaube; außerdem wohnt der Kläger auch nicht dort. Zutreffend hat das Sozialgericht auch die Anwendung der 2. Alternative der Nr. 7 auf den Fall des Klägers abgelehnt. Geschützt ist nach dieser Regelung Vermögen, das „nachweislich zum alsbaldigen Erwerb eines solchen Hausgrundstückes oder einer solchen Eigentumswohnung bestimmt ist“. Geschützt werden soll damit nicht generell Vermögen, das zum Erwerb eines Grundstücks dienen soll bzw. - im Fall des Klägers - das erworbene Grundstück als Vermögensgegenstand, sondern die konkret geplante Familienwohnung im Sinne der Erfüllung eines Grundbedürfnisses (vgl. Urteil des BSG vom 25. März 1999 - B 7 AL 28/98 R - in SozR 3-4200 § 6 Alhi-VO Nr. 7 m.w.N.). Es kommt also entscheidend auf eine im Zeitpunkt der Vermögensprüfung hinreichend konkretisierte nachweisliche Bestimmung zum alsbaldigen Erwerb eines Hausgrundstücks - im Fall des Klägers durch den Bau eines Wohnhauses - an. Gerade im Hinblick darauf, dass hier der eigentliche Sinn des Schutzes der eigenen Wohnung als Lebensmittelpunkt (vgl. Nr. 7 1. Alternative) nicht erreicht werden kann, sind relativ strenge Kriterien angemessen, wie sie auch in der Rechtsprechung des BSG gefordert werden (vgl. BSG - 7 RAr 62/87 -). Im Fall des Klägers wären daher konkrete, auf ein Bauvorhaben gerichtete Planungsaufträge, Bauanträge oder Ähnliches erforderlich. Sowohl der Kläger als auch sein Sohn haben aber lediglich unverbindliche und darüber hinaus noch wenig konkrete Absichten geäußert, die hierfür nicht ausreichend sind. Ein im Jahr 1992 gestellter Bauantrag ist von dem Kläger nicht weiter verfolgt worden. Die im genannten Sinn konkrete Bestimmung muss sich im Übrigen auch auf einen alsbaldigen Erwerb beziehen, wovon ausgegangen werden könnte, wenn innerhalb eines Jahres entsprechende konkrete Maßnahmen zumindest begonnen worden sind (vgl. hierzu Ebsen in Gagel § 193 Anm. 208). Bisher ist aber völlig offen, ob überhaupt und wenn ja, wann mit dem Bau eines Hauses auf dem Grundstück des Klägers begonnen werden soll bzw. kann. Der Sohn des Klägers hat hierzu in der Verhandlung vor dem Sozialgericht am 28. Sep-tember 2000 ausgeführt, dass mit dem Hausbau grundsätzlich kurz vor Rentenbeginn des - 1942 geborenen - Klägers begonnen werden solle. Ein „alsbaldiger“ Hausbau kann daher nicht angenommen werden.

Das dem Kläger und seiner Ehefrau gehörende Grundstück dient jedoch zur Überzeugung des Senats - ebenso wie Kapitalvermögen - zur Aufrechterhaltung einer angemessenen Alterssicherung und hat deshalb bei der Bedürftigkeitsprüfung für die Alhi als Schonvermögen im Sinne des § 6 Abs. 3 Satz 2 Ziff. 3 unberücksichtigt zu bleiben. Der Kläger selbst hat eine entsprechende subjektive Zweckbestimmung immer wieder angegeben. Dem steht der von einem Sachbearbeiter der Beklagten in dem Antragsformular für die Gewährung von Alhi vom 16. März 1999 aufgenommene Vermerk, wonach das Grundstück für den Enkel gedacht sei, nicht entgegen, denn offensichtlich hat der Kläger damit gemeint, dass das Grundstück in der Familie bleiben und der Enkel dieses später einmal erben solle. Eine solche Verfügung für den Todesfall schließt aber die Bestimmung des Grundstücks für die Alterssicherung nicht aus. Zwar sind an die Glaubwürdigkeit der Zweckbestimmung besondere Anforderungen zu stellen, weil es im Gegensatz zur Anlage von Kapital keine hinreichend sicheren Kriterien dafür gibt, dass der Grundbesitz tatsächlich zur Alterssicherung bestimmt ist. Aus dem Wortsinn des Begriffs „Aufrechterhaltung“ folgt außerdem, dass die Zweckbestimmung als Alterssicherung bereits vor der Arbeitslosmeldung angelegt gewesen sein muss. Zudem müssen die objektiven Begleitumstände im Einklang mit der behaupteten subjektiven Zweckbestimmung stehen. Alle diese Kriterien sind jedoch im Fall des Klägers erfüllt: Der Kläger hat bereits 1992, d.h. weit vor dem Antrag auf Alhi im Mai 1999, einen Bausparvertrag abgeschlossen und im gleichen Jahr einen Bauantrag für das fragliche Grundstück, bei dem es sich auch um Bauland handelt, gestellt. Die Absicht des Klägers, das Laubengrundstück zum Zwecke eines späteren mietfreien Bewohnens zu bebauen und auf diese Weise Alterssicherung zu betreiben, ist damit glaubhaft. Ebenso glaubhaft ist, dass dieser bereits über die bloße Absicht hinausgehende Plan bisher offensichtlich nur an fehlendem Kapital gescheitert ist, denn weder der Kläger noch sein Sohn verfügten oder verfügen über ausreichende finanzielle Mittel, wie sich aus ihren schlüssigen Angaben vor Gericht, aber auch aus den hierzu aktenkundigen Einkommensverhältnissen ergibt. Es wäre aber ein absurdes Ergebnis, wenn der Kläger nur deshalb, weil er zu arm ist, um sein Grundstück zu bebauen, in der Weise „bestraft“ werden würde, dass er sein Grundstück als Vermögen vor der Gewährung von Arbeitslosenhilfe einsetzen müsste, während - wenn ihm genügend Geld zum Bauen zur Verfügung gestanden hätte - das bebaute Grundstück nicht anzurechnen wäre, d.h. der Gewährung von Alhi nicht entgegenstehen würde.

Davon abgesehen liegt im hier gegebenen Einzelfall zur Überzeugung des Senats auch der Auffangtatbestand des § 6 Abs. 3 Satz 1 Alhi-VO vor. Die darin geforderte Unbilligkeit der Vermögensverwertung kann aus den besonderen Lebensumständen sowohl des Arbeitslosen als auch seiner Familienangehörigen sowie aus der Herkunft des Vermögens resultieren (vgl. BSG in SozR 3-4100 § 137 Nr. 7). Bei der Auslegung dieses Auffangtatbestandes kann indiziell auf die in § 6 Abs. 3 Satz 2 Alhi-VO normierten Regelbeispiele und die in ihnen zum Ausdruck kommenden Rechtsgedanken zurückgegriffen werden. In Ansehung der besonderen Lebensumstände des Klägers und seiner Familie hält der Senat die Verwertung des infrage stehenden Grundvermögens für unbillig. Für diese Bewertung ist neben den besonderen tatsächlichen Umständen dieses Einzelfalls auch der persönliche Eindruck maßgeblich, den der Kläger bei dem Senat anlässlich seiner persönlichen Befragung in der mündlichen Verhandlung vom 7. September 2001 hinterlassen hat. Der Kläger wirkte aufgeschlossen und ehrlich, seine Einlassungen waren spontan und nicht einstudiert. Hierbei hatte der Senat auch nicht den Eindruck, dass der Kläger hinsichtlich der erheblichen emotionalen Bedeutung, die das Grundstück für ihn und seine Familie hat, übertrieb. Er erwarb das Grundstück bereits 1979 für relativ wenig Geld. Er hat im Laufe der Zeit erhebliche Arbeit in das Grundstück investiert, um es nutzbar zu machen, denn teilweise befand sich auf dem Gelände eine Müllkippe, die erst zugeschüttet werden musste. Der Kläger hat das Land selbst kultiviert und dort 1979 eine Laube errichtet. Das Grundstück dient der Erholung des Klägers und seiner Familie; er verbrachte bzw. verbringt dort die Wochenenden bzw. einen erheblichen Teil des Sommers. Wie sehr der Kläger an dem Grundstück hängt, wurde durch die glaubwürdige Beteuerung deutlich, es in keinem Fall veräußern zu wollen, selbst wenn es der Familie finanziell schlecht gehe. Das Grundstück verkörpert damit gleichsam das Lebenswerk des ansonsten weitgehend vermögenslosen Klägers, das er seinen Nachfahren erhalten möchte. Aus diesem Grund hat der Kläger auch in der Vergangenheit für das Bestreiten seines Lebensunterhalts ein Darlehen seines Sohnes in Anspruch genommen, nachdem die Gewährung von Arbeitslosenhilfe abgelehnt worden war. Der Senat hat nach alledem keinen Zweifel daran, dass es für den Kläger eine unbillige Härte bedeuten würde, wenn er sein Laubengrundstück veräußern müsste, an dem er ein Affektionsinteresse hat, wie die Alhi-VO es in § 6 Abs. 3 Satz 2 Nr. 6 bei Familien- und Erbstücken für maßgeblich ansieht.

Nach alledem ist dem Kläger die Verwertung seines Laubengrundstücks nicht zumutbar. Da er weiteres Vermögen nicht besitzt, ist der Kläger bedürftig im Sinne des § 190 Abs. 1 Nr. 5 SGB III. Auch die übrigen Voraussetzungen für die Gewährung von Alhi (§ 190 Abs. 1 Ziff. 1 bis 4 SGB III) liegen vor; insbesondere ist an der durchgehenden Verfügbarkeit des Klägers, von der auch die Beklagte ausgeht, nicht zu zweifeln. Dem Kläger steht daher antragsgemäß dem Grunde nach Alhi ab 1. Mai 1999 zu. Die angefochtenen Bescheide und das erstinstanzliche Urteil waren aufzuheben.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 SGG und entspricht dem Ergebnis in der Hauptsache.

Die Revision war nicht zuzulassen, weil Gründe hierfür nach § 160 Abs. 2 SGG nicht vorliegen.
Rechtskraft
Aus
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