Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Entschädigungs-/Schwerbehindertenrecht
Abteilung
6
1. Instanz
SG Freiburg (BWB)
Aktenzeichen
S 5 VU 4475/04
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 6 VU 1687/07
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 31.01.2007 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Der 1955 geborene Kläger begehrt wegen seiner Inhaftierung in der DDR Leistungen nach dem sozialen Entschädigungsrecht in entsprechender Anwendung des Bundesversorgungsgesetzes (BVG).
Der Kläger wurde in der DDR wegen eines Fluchtversuchs im Januar 1976 in der Justizvollzugsanstalt Na. inhaftiert und durch Urteil des Kreisgerichts G. vom 21.03.1976 wegen versuchter Republikflucht nach § 213 Strafgesetzbuch der DDR (StGB-DDR) zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und acht Monaten verurteilt. Am 15.03.1977 wurde er aus der Haft entlassen. Am 19.12.1985 reiste er ins Bundesgebiet aus. Mit der Entscheidung des Generalstaatsanwalts in K. vom 30.06.1986 wurde die Vollstreckung aus dem Urteil des Kreisgerichts G. vom 21.03.1976 gemäß § 15 Gesetz über die innerdeutsche Rechts- und Amtshilfe in Strafsachen vom 02.05.1953 in der Fassung vom 18.10.1974 für unzulässig erklärt. Mit Bescheid des Landratsamts B.-H. (LRA) vom 21.06.1993 wurde dem Kläger eine Kapitalentschädigung nach dem Gesetz über die Rehabilitation und Entschädigung von Opfern rechtsstaatswidriger Strafverfolgungsmaßnahmen im Beitrittsgebiet (StrRehaG) in Höhe von 4.050,00 DM gewährt.
Am 08.04.2003 beantragte der Kläger die Gewährung von Beschädigtenversorgung nach dem Ersten Gesetz zur Bereinigung von SED-Unrecht (1. SED-UnBerG). In dem Formularantrag gab der Kläger an, er habe psychische Schäden davongetragen und leide unter Verfolgungswahn. Dies führe er auf die Inhaftierung und die Verfolgungszeit nach der Haftentlassung bis zur Abschiebung in das Bundesgebiet zurück.
Er legte das Attest des Arztes für Neurologie, Psychiatrie und Psychotherapie Dr. H. vom 02.04.2003 vor. Dort wird ausgeführt, der Kläger habe durch die Ereignisse während seiner Haftzeit und insbesondere in der Zeit danach bis zu seiner Übersiedlung unter einem erheblichen psychischen Druck gestanden, welcher zu einer Anpassungsstörung geführt habe. Offensichtlich sei es durch die Ereignisse der letzten vier Jahre, in denen der Kläger zunehmend sozial isoliert gewesen sei, zu einer Zuspitzung der Anpassungsstörung mit deutlicher depressiv-ängstlicher Ausgestaltung und einer zunehmenden paranoiden misstrauischen Verarbeitung gekommen, wobei letztere teilweise schon den Ausprägungsgrad einer wahnhaften Störung besitze. Da der Kläger kein Vertrauen zu den Ärzten habe und auch nicht krankenversichert sei, sei bislang keine Behandlung erfolgt, was zu einer Chronifizierung der Anpassungsstörung führen dürfte.
Sodann zog das ehemalige Versorgungsamt F. (VA) über den Bundesbeauftragten für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen DDR (BStU) die Entscheidung des Generalstaatsanwalts in K. vom 30.06.1986, den Entlassungsschein vom 16.03.1977 (Beginn des Strafvollzugs am 15.01.1976 und Entlassung aus der Strafvollzugseinrichtung N. am 15.03.1977), den Mitglieds-Ausweis der Gemeinschaft ehemaliger politischer Häftlinge - Vereinigung der Opfer des Stalinismus e. V. (Verhaftung am 09.01.1976 und Entlassung am 15.03.1977), die Bescheinigung nach § 10 Abs. 4 Häftlingshilfegesetz (HHG) des LRA vom 10.07.1987 (beim Kläger lägen die Voraussetzungen des § 1 Abs. 1 Nr. 1 HHG vor, Ausschlussgründe nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 und 2 HHG seien nicht gegeben und es habe in P., R., G. und N. ein politischer Gewahrsam vom 14.01.1976 bis zum 15.03.1977 vorgelegen) sowie den Bescheid des LRA über die Kapitalentschädigung vom 21.06.1993 bei.
Auf Anfrage des VA teilte das LRA am 30.04.2003 telefonisch mit, bei der Prüfung der Ausschließungsgründe für den Bescheid über die Kapitalentschädigung seien die Bescheinigung nach § 10 Abs. 4 HHG vom 10.07.1987, die Entscheidung des Generalstaatsanwalts in K. vom 30.06.1986, der Entlassungsschein vom 16.01.1976 und Zeugenaussagen zu Grunde gelegt worden. Ein Rehabilitierungsbeschluss liege nicht vor.
Ferner zog das VA über die Justizvollzugsanstalt N. die Strafvollzugsakte (Festnahme und Einlieferung am 15.01.1976, Haftbefehl am 16.01.1976, Anklage am 26.02.1976, Verurteilung am 24.03.1976 zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und acht Monaten, ärztliche Untersuchungen am 19.01.1976 und 14.03.1977, Entlassung am 15.03.1977) bei.
Unter dem 24.09.2003 teilte der BStU mit, Gesundheitsunterlagen zu der Haftzeit des Klägers seien dort nicht vorhanden.
Da das VA den Nachweis der politischen Inhaftierung durch die Bescheinigung nach § 10 Abs. 4 HHG und den Bescheid über die Kapitalentschädigung vom 21.06.1993 als erbracht ansah, trat das VA in die medizinische Ermittlung ein.
Der Arzt für Neurologie, Psychiatrie und Psychotherapie Dr. D. berichtete unter dem 01.12.2003, der Kläger habe sich bei ihm im Jahr 2000 wegen rezidivierender depressiver Störungen seit 1997 und extensivem Alkoholabusus vorgestellt, was zu mehrfachen Behandlungen wegen einer generalisierten Angststörung mit Phobien, zeitweise mit Panikattacken, und rezidivierenden depressiven Störungen geführt habe. Im Jahr 2002 habe sich der Kläger bei ihm wegen eines Alkoholrückfalls sowie einer Angst- und Panikstörung wieder vorgestellt. Von Inhaftierungen habe ihm der Kläger nichts mitgeteilt, so dass er die Symptomatik nicht als posttraumatisches Stresssyndrom einordnen könne. Beigefügt waren das sozialmedizinische Gutachten von Dipl.-Med. L. vom Medizinischen Dienst der Krankenversicherung B.-W. (MDK) vom 28.08.2000 (Angst- und depressive Reaktionen gemischt im Sinne einer Anpassungsstörung; allerdings bei familiärer Disposition zu vorbekannter rezidivierender depressiver Störung, Zustand nach Alkoholabusus) und der Arztbrief von Dr. H./Dr. M. von der H.-Klinik M. vom 13.06.2002 (Fettleberhepatitis mit Hepatosplenomegalie bei Alkoholkrankheit, Alkoholpsychose, Verdacht auf zugrundeliegende Depression).
Sodann zog das VA den ärztlichen Entlassungsbericht von Dr. W. von der Z.-Klinik St. Bl. vom 15.10.1999 (Alkoholmissbrauch bei Verdacht auf Alkoholabhängigkeit, leicht- bis mittelgradige depressive Episode, Depressionen ebenfalls beim Vater und einer Schwester) bei. Dort wird unter anderem ausgeführt, aus psychotherapeutischer Sicht bestünden vor dem Hintergrund einer ausgeprägten Selbstwertproblematik in den letzten Jahren rezidivierende depressive Episoden sowie Phasen exzessiven Alkoholmissbrauchs. Anzunehmen sei, dass darüber hinaus seit langem eine Alkoholabhängigkeitssyptomatik bestehe, die vom Kläger jedoch bagatellisiert bis verleugnet werde. Außerdem habe der Kläger angegeben, seit Beginn der Arbeitslosigkeit im Jahr 1996 zunehmend unter Ängsten und Stimmungseinbrüchen zu leiden.
Daraufhin holte das VA das Gutachten der Ärztin für Neurologie, Psychiatrie und Psychotherapeutische Medizin Dr. B. vom 24.03.2004 ein. Dort wird ausgeführt, der Kläger habe angegeben, schon in der Jugend regelmäßig Alkohol getrunken zu haben. Ab dem Jahr 1996 habe er vermehrt Alkohol getrunken. Zu den Ereignissen in der DDR befragt, habe der Kläger angegeben, es habe ihn besonders geprägt, dass er im letzten Augenblick seines Fluchtversuchs gefasst worden sei. Dies, sein anschließender Abtransport sowie die Schikanen durch das Aufsichtspersonal im Gefängnis und die Schikanen nach der Haftentlassung könne er nicht vergessen. Die Gutachterin kam zu der Beurteilung, beim Kläger bestehe eine schwerwiegendere psychiatrische Störung mit paranoiden Gedanken. Es lasse sich nicht mit hinreichender Wahrscheinlichkeit feststellen, dass die Erlebnisse in der DDR eine wesentliche Rolle für die Entwicklung des jetzigen, diagnostisch nicht klar einzuordnenden, chronifizierten psychiatrischen Krankheitsbildes gespielt hätten. Die aktuelle Symptomatik habe sich Mitte der 90er Jahre entwickelt und dann zunehmend zugespitzt, wobei sicherlich die langjährige Arbeitslosigkeit und ein langjähriger übermäßiger Alkoholkonsum eine wesentliche Rolle gespielt hätten. Es sei davon auszugehen, dass es sich hier um ein multifaktorielles Geschehen handle, wobei es Hinweise für eine genetische Disposition gebe. Es habe sich kein Anhalt dafür gefunden, dass die Hafterlebnisse hier eine wesentliche Mitursache darstellten. Schädigungsfolgen nach dem StrRehaG könnten somit nicht festgestellt werden. Der Grad der Behinderung (GdB) sei, da eine schwere soziale Anpassungsstörung vorliege, mit 80 zu bewerten.
Dr. B. empfahl in ihrem Prüfvermerk vom 30.03.2004 keine Anerkennung von Schädigungsfolgen nach dem StrRehaG.
Mit Bescheid vom 21.04.2004 lehnte das VA den Antrag auf Gewährung von Beschädigtenversorgung nach dem StrRehaG ab. Die für die Gewährung von Beschädigtenversorgung erforderliche Anspruchsvoraussetzung eines ursächlichen Zusammenhangs zwischen den geltend gemachten psychischen Schäden als Gesundheitsstörung und den geltend gemachten Bedingungen während der Haft und bis zur Abschiebung ins Bundesgebiet als schädigendem Ereignis sei nicht erfüllt.
Hiergegen legte der Kläger mit der Begründung Widerspruch ein, bei der Prüfung seines Antrags seien die von ihm während der Haft empfundene existenzielle Bedrohung, die erlebte Isolation und das hilflose Ausgeliefertsein, die bei ihm bereits damals zu Angstzuständen und Angstträumen geführt hätten, außer Acht gelassen worden. Die allgemein beschriebenen Verhältnisse von Haftanstalten im Bundesgebiet seien mit den Zuständen in Gefängnissen in der DDR nicht vergleichbar. Er habe sich in der DDR niemandem anvertrauen können, da dies für ihn sofort erneute Haft bedeutet hätte. Mehr als acht Jahre habe es gedauert, bis er aus der DDR herausgekommen sei. Im Bundesgebiet angekommen, habe er Arbeit gehabt und sei im Alltag abgelenkt gewesen. Seit seiner Arbeitslosigkeit hätten ihn die Gefängniserlebnisse wieder eingeholt.
Das VA holte das nach Aktenlage erstellte Gutachten der Ärztin für Psychiatrie und Psychotherapie Dr. Sch. vom Oktober 2004 ein. Sie gelangte zu der Beurteilung, es lasse sich nicht mit hinreichender Wahrscheinlichkeit feststellen, dass die Erlebnisse in der DDR eine wesentliche Rolle für die Entwicklung des jetzt bestehenden chronifizierten Krankheitsbildes dargestellt hätten. Es sei zu vermuten, dass hierzu die langjährige Arbeitslosigkeit mit fehlender Alltagsstrukturierung und zunehmender Isolierung beigetragen habe. Hypothese bleibe, ob der langjährige erhebliche Alkoholkonsum bei aktuell unklarem Konsumverhalten im Rahmen einer Selbstmedikation bezüglich der wahnhaften Symptomatik zu sehen sei oder die Symptomatik selbst verstärkt habe. Auch die genetische Disposition spiele hierbei sicherlich eine Rolle. Die Symptomatik sei als schwere Störung anzusehen und mit einem Grad der Behinderung (GdB) von 80 zu bewerten.
Die Ärztin L. stimmte diesem Gutachten in ihrer versorgungsärztlichen Stellungnahme vom 04.11.2004 zu.
Daraufhin wies der Beklagte den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 18.11.2004 zurück.
Hiergegen erhob der Kläger am 17.12.2004 Klage zum Sozialgericht Freiburg (SG). Er habe die Bedingungen während der Haft als existentielle Bedrohung empfunden. Der Hinweis des Gefängniswärters beim Zuschlagen des Metallgitters, er komme hier nicht mehr heraus, habe in ihm eine Lebensangst hervorgerufen. Die Isolation in der Untersuchungshaft und die Situation während des Verhörs, als er in einem Verhörzimmer im Keller mit grellem Licht beleuchtet worden sei, habe diese Bedrohung verstärkt. Während der Gerichtsverhandlung, habe er sich hilflos gefühlt. Nach Haftende habe er in der DDR mit niemandem darüber reden können. Da auch im Bundesgebiet niemand etwas mit einem Ex-Häftling zu tun gehabt haben wolle, habe er sich auch hier nicht getraut, über seine Haft zu reden. Erst seit Beginn seiner Arbeitslosigkeit sei er wieder von den gleichen Angstgefühlen, wie sie während der Haftzeit vorgeherrscht hätten, beherrscht.
Das SG holte das Gutachten des Facharztes für Psychiatrie, Psychotherapie, Psychoanalyse und psychosomatische Medizin Dr. C. vom 29.05.2006 ein. Der Sachverständige diagnostizierte eine Alkholabhängigkeit, eine partielle posttraumatische Belastungsstörung, eine rezidivierende depressive Episode mittleren Schweregrades und äußerte den Verdacht auf einen Status nach, gegebenenfalls auch alkoholinduzierter, wahnhafter Störung. Die beim Kläger anzutreffenden Störungen ordneten sich in ein kompliziertes Ursachengefüge ein. Hypothetisch-spekulativ bleibe, ob eine genetische Belastung vorliege und inwieweit die Familienatmosphäre im Verbund mit kindlichen Erfahrungen zu einer speziellen Persönlichkeitsprägung geführt haben könnten, die schließlich bereits in frühen Jahren in eine Suchttendenz eingemündet seien. Nicht bezweifelt werden könne hingegen, dass es beim Kläger unter den Erfahrungen im DDR-Regime zu Einwirkungen auf das Seelenleben gekommen sei, die potentiell traumatische Qualität aufwiesen. Dabei gehe es nicht um einzelne zufällige akkumulierte Ereignisse, sondern um eine in innerer Logik verbundene Ereigniskette aus Außenseitertum, vereitelter Flucht, Haft- und Verhörerfahrungen und schließlich langjähriger Verfolgung, Beeinträchtigung und Bespitzelung. Jedes dieser Ereignisse für sich genommen wäre geeignet gewesen, posttraumatische Symptome auszulösen, die vermutlich nach einer gewissen Zeit mit oder ohne Therapie wieder abgeklungen wären. Die Langjährigkeit und Nachhaltigkeit der hier erlittenen Erfahrungen spreche aber hier mit höherer Wahrscheinlichkeit dafür, dass posttraumatische Störungen entstanden seien und bis heute persistierten. Dass die posttraumatische Symptomatik während der ersten Jahre nach der Ausreise nicht in Erscheinung getreten sei, spreche nicht gegen diese Hypothese. Zum Einen würden entsprechende Symptome und deren Geschichte meistens aus Scham verschwiegen und zum Anderen erfordere der Anpassungsdruck in einer fremden Umgebung oft so viel Energie, dass die traumatischen Ereignisse eine Zeit lang im Erleben zurückträten. Der Kausalitätsbeitrag der Arbeitslosigkeit zum aktuellen Störungsbild dürfte von geringerem Umfang sein als derjenige der Traumatisierung, da der Kläger derzeit unter seiner Arbeitslosigkeit und dem damit verbundenen Verlust sozialer Kontakte nicht zu leiden scheine. Durch die traumatische Sequenz seien vor allem die typischen posttraumatischen Symptome determiniert worden. Hierbei handle es sich um eine Trias aus Intrusion (Eindringen von Erinnerungsbildern mit und ohne Triggerung), Konstriktion (Selbstbetäubung und Vermeidung) und Hyperarousal (allgemeine Herabsetzung der Angst- und Erregbarkeitsschwelle). Da diese Symptome nicht in aller Vollständigkeit und auch nicht in Maximalstärke gegeben seien, könne nur die Diagnose einer partiellen posttraumatischen Belastungsstörung gestellt werden. Da Depressivität bei posttraumatischen Belastungsstörungen als regelmäßige Komorbidität in Erscheinung trete, sei davon auszugehen, dass die depressive Verstimmung wesentlich durch die posttraumatische Störung mitverursacht werde. Das klinisch zentrale und beherrschende Symptom sei gegenwärtig und durchgängig das Suchtverhalten, das die Grenze des schädlichen Gebrauchs schon überschritten habe und in eine manifeste, wenn auch noch nicht vollständig dekompensierte Alkoholabhängigkeit eingemündet sei. Dabei sei aber zu berücksichtigen, dass der Kläger schon von Jugend an, also vor Beginn der Traumatisierung, zu erhöhtem Alkoholkonsum geneigt habe. Ein weiterer Aspekt sei der soziale Rückzug auf dem Hintergrund eines tief verwurzelten Misstrauens, der sich in der Vergangenheit bereits einmal zu dem Syndrom einer wahnhaften Störung verdichtet habe. Dieses Symptom sei insbesondere bei dem Syndrom der posttraumatischen Wesensänderung nach anhaltender schwerer Traumatisierung anzutreffen. Da aber auch Alkoholabhängigkeit zu ähnlichen Störungsbildern wahnhafter Prägung führen könne, sei hier nicht mit höherer Wahrscheinlichkeit zu bestimmen, auf welchen Wirkfaktor die genannte Persönlichkeitseigenschaft zurückzuführen sei. Gegenwärtig sei die Störung im ehemals beschriebenen Ausmaß nicht mehr nachweisbar. Dennoch sei beim Kläger die Möglichkeit, anderen Menschen in angemessenem Umfang zu vertrauen, nach wie vor tiefgreifend gestört. Nach sorgfältiger Abwägung aller Gesichtspunkte sei die Beweisfrage mit höherer Wahrscheinlichkeit dahingehend zu bejahen, dass nicht unwesentliche Teile der seelischen Störung, nämlich die posttraumatische Symptombildung und die fixierte Misstrauenshaltung auf die Traumatisierungen im Umkreis der DDR-Haft- und Verfolgungserfahrungen zurückzuführen seien. Insofern werde hier eine Diskrepanz zu den Einschätzungen der Gutachten deutlich, in denen die Möglichkeit einer verlängerten Latenz zwischen dem Trauma und dem Auftreten der Symptomatik nicht berücksichtigt worden sei. Für die Alkoholabhängigkeit lasse sich die Beweisfrage nicht mit ausreichender Wahrscheinlichkeit bejahen. Für die somatischen Diagnosen lasse sich eine Traumagenese mit hoher Wahrscheinlichkeit ausschließen. Aus gutachtlicher Sicht sei eine Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) von 30 vom Hundert (v.H.) angemessen, da zwar kennzeichnende posttraumatische Symptome vorlägen, das Vollbild einer posttraumatischen Belastungsstörung aber nicht angetroffen werde. Dieser MdE-Grad beziehe sich ausschließlich auf den wahrscheinlich traumainduzierten Störungsanteil.
Dr. G. führte in der versorgungsärztlichen Stellungnahme vom 05.09.2006 aus, gegen eine Anerkennung einer partiellen posttraumatischen Belastungsstörung als Schädigungsfolge bestünden erhebliche Bedenken. Es bestehe eine Latenzzeit zwischen der Einreise ins Bundesgebiet und der erstmaligen Dokumentation einer depressiven Störung von zwölf Jahren. Ein großer zeitlicher Abstand zwischen psychischer Erkrankung und schädigendem Ereignis mindere den Grad der Wahrscheinlichkeit eines Zusammenhangs. Gewichtige alternative Kausalitäten seien in der Arbeitslosigkeit, der sozialen Isolation, der Alkoholkrankheit und der familiären Belastung mit psychiatrischen Störungen zu erkennen. Die Haft- und Verfolgungserlebnisse in der DDR könnten neben den anderen bekannten Faktoren nicht als annähernd gleichwertige Ursache der psychischen Beeinträchtigung angesehen werden.
Mit Urteil vom 31.01.2007 wies das SG die Klage ab. Im Fall des Klägers könne nicht mit genügender Wahrscheinlichkeit festgestellt werden, dass schon die rechtsstaatswidrige Freiheitsentziehung unter Umständen im Zusammenwirken mit einer vorbestehenden Veranlagung beziehungsweise gestörten Persönlichkeitsstruktur, zu einer primären Gesundheitsschädigung geführt habe, beziehungsweise dass eine solche Schädigung durch eine Haft wiederum eine wahrscheinlich rechtlich wesentliche Mitursache heute noch bestehender psychischer Schädigungsfolgen sei. Indem Dr. C. ausgeführt habe, dass aufgrund der Langjährigkeit und Nachhaltigkeit der Erfahrungen eine höhere Wahrscheinlichkeit für einen Ursachenzusammenhang zwischen den Erfahrungen und der von ihm festgestellten partiellen posttraumatischen Belastungsstörung, verbunden mit fixierter Misstrauenshaltung, bestehe, habe er eingeräumt, dass allein die Haft- und Verhörerfahrungen zwar geeignet gewesen wären, posttraumatische Symptome auszulösen, dass diese aber nach einer gewissen Zeit mit oder ohne Therapie wieder abgeklungen wären. Dass jedoch heute noch eine partielle posttraumatische Belastungsstörung feststellbar sei, liege, so der Sachverständige, an der Langjährigkeit und Nachhaltigkeit der erlittenen Erfahrungen, zu denen insbesondere auch die langjährige Verfolgung, Beeinträchtigung und Bespitzelung gehört hätten. Auch der Kläger habe die mit dem ursprünglichen Antrag geltend gemachten psychischen Schäden und den Verfolgungswahn auf die Inhaftierung und die Verfolgungszeit in der DDR, die immerhin acht Jahre lang angehalten habe, zurückgeführt. Dass allein die Hafterfahrungen die Rolle einer wesentlichen Mitursache für die heute noch bestehenden psychischen Auffälligkeiten darstellen würden, lasse sich nach alledem nicht mit genügender Wahrscheinlichkeit feststellen. Insbesondere sei hier darauf hinzuweisen, dass direkte Hafterlebnisse vom Kläger nicht in nächtlichen Träumen wieder durchlebt würden und seine Darstellungen, er habe sich auch noch im Bundesgebiet verfolgt und beobachtet gefühlt, hier einen Zusammenhang mit den Verfolgungsmaßnahmen erkennen ließen, denen der Kläger nach der Haftentlassung noch jahrelang in der DDR ausgesetzt gewesen sei. Auch Dr. H. habe ausgeführt, der Kläger sei durch die Ereignisse während der Haftzeit und insbesondere in der Zeit danach bis zur Übersiedlung in das Bundesgebiet unter erheblichem psychischen Druck gestanden, was zu einer Anpassungsstörung geführt habe. Das Bundessozialgericht (BSG) habe zu der rechtsähnlichen Vorschrift des § 4 HHG entschieden, allein die gesundheitlichen und wirtschaftlichen Folgen einer durch Haft erlittenen gesundheitlichen Schädigung seien auszugleichen, wovon nicht die Folgen anderer Verfolgungsmaßnahmen, die durch eine vorausgegangene Haft verursacht worden seien, erfasst würden. Berufliche und sonstige Diskriminierungen im Anschluss an die Haft könnten deshalb nicht als von §§ 1 und 4 HHG erfasste Schadensursachen anerkannt werden. Vielmehr komme es nur darauf an, ob die im Gesetz benannten Gewahrsamseinwirkungen und durch sie bedingt Gesundheitsschädigungen die Ursache der jetzt geltend gemachten Gesundheitsstörungen seien, wobei ausreiche, dass sie mindestens eine gleichwertige Ursache neben anderen Bedingungen darstellten. Ebenso verhalte es sich im Bereich des Gesetzes über die Rehabilitation und Entschädigung von Opfern rechtsstaatswidriger Strafverfolgungsmaßnahmen im Beitrittsgebiet (StrRehaG), was bedeute, dass es auch hier nur auf eine Schädigung durch die rechtsstaatswidrige Freiheitsentziehung ankommen könne, nicht aber auf eine Schädigung durch langjährige berufliche und soziale Diskriminierungen in den vielen Jahren nach der Strafhaft.
Gegen das ihm am 27.02.2007 zugestellte Urteil des SG hat der Kläger am 26.03.2007 Berufung eingelegt. Auch wenn lediglich auf die Haftzeit abgestellt werde, dürfte hierdurch ein posttraumatisches Trauma vom Typ 2 vorliegen, das dadurch gekennzeichnet sei, dass Menschen wiederholte, länger andauernde und schwere Bedrohungen und/oder Gewalt durch andere Menschen erfahren müssten, was in manchen Fällen die dauerhafte Entwicklung krankheitswertiger psychosomatischer Symptome, etwa in Form der posttraumatischen Belastungsstörung, zur Folge habe. Er habe mehr als drei Monate Untersuchungshaft mit Verhören hinnehmen müssen. Danach hätten sich elf Monate Strafhaft angeschlossen, während der er habe Erfahrungen machen müssen, die von rohem, gewalttätigem Verhalten des Vollzugs geprägt gewesen seien. Ferner habe er eine entwürdigende Behandlung und psychischen Druck erfahren. Diese Geschehnisse hätten ihn, bereits vorbelastet durch sein Außenseitertum und die vereitelte Flucht, getroffen. Diese Aspekte seien bei der Prüfung der Folgen der Haftzeit mit zu berücksichtigen, da die Beurteilung des Einzelfalls in Würdigung des konkreten Betroffenen zu erfolgen habe und hierbei nicht von einem fiktiven Durchschnittsmenschen auszugehen sei. Der Sachverständige sei daher zu befragen, ob die 14-monatige Haftzeit jedenfalls vor dem Hintergrund der bereits bestehenden Vorbelastungen geeignet gewesen sei, persistierende posttraumatische Störungen auszulösen. Verneinendenfalls sei er zu befragen, ob die Wahrscheinlichkeit für eine persistierende posttraumatische Störung ohne begleitende und zeitnah einsetzende Therapie zu erwarten gewesen wäre. Außerdem sei er zu befragen, ob die durch die Haft ausgelösten posttraumatischen Symptome mit oder ohne Therapie wahrscheinlich abgeklungen wären.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 31.01.2007 und den Bescheid vom 21.04.2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18.11.2004 aufzuheben, als Schädigungsfolge eine partielle posttraumatische Belastungsstörung festzustellen und den Beklagten zu verurteilen, ihm Beschädigtenrente nach einem Grad der Schädigungsfolgen von mindestens 30 zu gewähren.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Der Senat hat zunächst die ergänzende gutachtliche Stellungnahme des Dr. C. vom 29.08.2007 eingeholt. Der Sachverständige hat zu der versorgungsärztlichen Stellungnahme des Dr. G. vom 05.09.2006 ausgeführt, die beim Kläger vorliegende Störung sei lediglich deshalb als partiell bezeichnet worden, weil eines der geforderten Kriterien, nämlich das der Vermeidung, nicht vorliege. Möglicherweise benötige der Kläger deshalb keine ausgeprägten Vermeidungsstrategien, weil er durch die alkoholische Dauersedation über einen anderen ebenso dysfunktional-schädlichen wie wirksamen Mechanismus verfüge, seine traumatischen Überflutungen zu regulieren. Auch könne man durchaus diskutieren, ob der vom Kläger umfangreich betriebene soziale Rückzug nicht gerade im Dienst der Vermeidung von Triggerungen stehe und somit doch von einer vollständigen posttraumatischen Belastungsstörung auszugehen sei. Darüber hinaus stelle sich die Frage, ob tatsächlich nur eine voll ausgeprägte posttraumatische Belastungsstörung entschädigungspflichtig sei oder ob nicht auch andere seelische Traumafolgeschäden, wie zum Beispiel die sehr häufigen traumainduzierten depressiven und Angstzustände ebenfalls eine Entschädigungspflicht auslösten. Nicht zutreffend sei die Einschätzung, die Haft und die Verfolgungserlebnisse in der DDR könnten nicht als annähernd gleichwertige Ursache der psychischen Beeinträchtigungen neben den anderen bekannten Faktoren angesehen werden. Vielmehr sei davon auszugehen, dass die Fülle und Schwere der durch DDR-Unrecht zugefügten Traumatisierungen einen zumindest gleichwertigen pathogenen Faktor darstellten. Zu der Berufungsbegründung des Klägers hat der Sachverständige ausgeführt, gemäß umfangreicher internationaler epidemiologischer Studien sei nachgewiesen, dass das Ausmaß der bestehenden seelischen Vorbelastung einen wesentlichen Prädiktor für die Entwicklung einer posttraumatischen Belastungsstörung nach Traumaexposition darstelle. Diese erscheine dabei ausschlaggebender als die Schwere und die Art des erlittenen Traumas. Die vom Kläger erlittenen Traumatisierungen während der Haftzeit seien auf jeden Fall geeignet, persistierende posttraumatische Störungen auszulösen. Tatsächlich sei davon auszugehen, dass auch ein seelisch stabilerer Mensch infolge dieses Maßes an Belastung persistierende posttraumatische Störungen hätte entwickeln können, selbst dann, wenn er nur Ausschnitten der Ereignisse exponiert gewesen wäre. Allerdings könne und müsse eingewendet werden, dass es Menschen gebe, die infolge angeborener oder erworbener seelischer Gaben und/oder infolge guter sozialer Unterstützung gegenüber Traumatisierungen resistenter oder resilienter seien als andere. Ferner hat der Sachverständige ausgeführt, die Haftzeit habe so hohe Belastungsmomente enthalten, dass er nach seiner klinischen Erfahrung davon ausgehe, dass in der Mehrzahl der Fälle hier von einer länger währenden oder dauernden Traumafolgestörung auszugehen wäre. Die Entwicklung einer posttraumatischen Belastungsstörung sei hier also als wahrscheinlich zu beurteilen. Nur bei exzellenter Ressourcenlage, die hier nicht gegeben sei, und/oder bei intensiver sozialer - auch therapeutischer - Unterstützung, die hier ebenfalls nicht vorgelegen habe, wäre ein günstigerer Ausgang zu erwarten gewesen.
Hierzu hat Dr. G. in der versorgungsärztlichen Stellungnahme vom 17.09.2007 ausgeführt, nicht nur die Unvollständigkeit der Symptomausprägung sondern auch eine nicht ausreichend nachvollziehbare höhere Ausprägungsstärke der Symptomatik(zu schließen aus den Ausführungen des Sachverständigen, die Symptome einer posttraumatischen Belastungsstörung lägen nicht in der Maximalstärke vor), spreche gegen die Anerkennung einer posttraumatischen Belastungsstörung. So habe der Kläger lediglich pauschal von Angstzuständen, nicht aber von aufdringlichen Nachhallerinnerungen oder wiederholten Träumen in Verbindung mit direkten Hafterlebnissen berichtet. Auch seien emotionale oder vegetative Beeinträchtigungen bei der Schilderung traumatischer Erlebnisse in der Untersuchungssituation nicht in Erscheinung getreten. Dem Sachverständigen sei des Weiteren entgegen zu halten, auch wenn die Hafterlebnisse prinzipiell geeignet gewesen seien, persistierende posttraumatische Störungen auszulösen, so sei aus dieser Möglichkeit noch keine Wahrscheinlichkeit ableitbar. Die bisherige Aktenlage, insbesondere die zeitnah zum Auftreten der psychischen Störung erstellten Befunddokumentationen, stützten die Einschätzung des Sachverständigen, die Entwicklung einer posttraumatischen Belastungsstörung auf Grund der Hafterlebnisse sei wahrscheinlich, nicht. Weder aus dem MDK-Gutachten des Dipl.-med. L. vom 28.08.2000 noch aus dem ärztlichen Entlassungsbericht der Z.klinik vom 15.10.1999 seien die Symptome einer posttraumatischen Belastungsstörung in Verbindung mit den Hafterlebnissen ableitbar. Daher werde nochmals auf die fehlende Brückensymptomatik hingewiesen. Eine behandlungsbedürftige psychische Störung sei erst ab 1997 dokumentiert. Arbeitslosigkeit bestehe sei 1997 und vermehrter Alkoholkonsum habe anamnestisch von Jugend an bestanden. Ab Beginn der Arbeitslosigkeit sei es jedoch zu einer deutlichen Zunahme des Alkoholkonsums gekommen. Die soziale Isolation habe sich noch einmal deutlich mit Eintreten der Arbeitslosigkeit verstärkt. Sowohl die zeitlichen Zusammenhänge als auch die Nachhaltigkeit der alternativen Kausalitäten sprächen gegen eine wesentliche Mitursache der Hafterlebnisse an der jetzt vorliegenden psychischen Beeinträchtigung.
Sodann hat der Senat auf Antrag des Klägers nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) das Gutachten des Prof. Dr. K., Chefarzt der Fachklinik für psychosomatische Medizin B., vom 07.08.2008 eingeholt. Der Sachverständige hat eine partielle posttraumatische Belastungsstörung, eine Alkoholabhängigkeit, eine gegenwärtig mittelgradige, rezidivierende depressive Störung diagnostiziert und den Verdacht auf einen Zustand nach einer am ehesten alkoholinduzierten wahnhaften Störung geäußert. Er ist zu der Einschätzung gelangt, mit hinreichender Wahrscheinlichkeit seien die vom Kläger beklagten dysfunktionalen Erinnerungen sowie das einerseits durch eine inadäquate Selbstbehandlung mit Alkohol und andererseits durch einen sozialen Rückzug gekennzeichnete Vermeidungsverhalten auf die Verbüßung der Haftzeit zurückzuführen. Die entstandene Alkoholabhängigkeit könne in Zusammenhang mit einem dysfunktionalen Selbstbehandlungsversuch der Erinnerungen erklärt werden, wobei der Kläger im Unterschied zu den Vorgutachten bei der jetzigen Exploration ausdrücklich angegeben habe, vor der Haftstrafe alkoholabstinent gelebt zu haben. Somit sei davon auszugehen, dass die Haftstrafe mit den dort erlebten körperlichen und auch verbalen Gewaltanwendungen Ursache für die partielle posttraumatische Belastungsstörung sei. Es sei davon auszugehen, dass eine MdE um 40 v. H. bestehe. Dies sei damit zu begründen, dass beim Kläger nur eine partielle posttraumatische Belastungsstörung vorliege, da er nicht alle spezifischen psychopathologischen Symptome in voller Ausprägung aufweise.
Hierzu hat Dr. G. in der versorgungsärztlichen Stellungnahme vom 13.10.2008 dargelegt, es könne nicht mit der notwendigen Wahrscheinlichkeit davon ausgegangen werden, dass die Hafterlebnisse in der DDR eine wesentliche Ursache für die psychische Beeinträchtigung des Klägers darstellten. Weiterhin fehle es an einem zeitlichen Zusammenhang zwischen dem schädigenden Ereignis und der ab 1997 dokumentierten psychischen Beeinträchtigung. Eine traumaspezifische psychiatrische Brückensymptomatik sei nicht belegt. Ferner seien die Symptome Intrusion, Vermeidungsverhalten und verstärkte Übererregbarkeit auch bei der aktuellen Untersuchungssituation nur teilweise nachweisbar gewesen. Zwar sei im Rahmen der aktuellen Begutachtung im Befund zeitweise bei der Schilderung der Hafterlebnisse eine Anspannung beschrieben worden. Eine durchgehende emotional überwältigende Beeinträchtigung des Klägers im Zusammenhang mit den Hafterlebnissen sei anhand der bisherigen psychischen Befunderhebungen nicht nachvollziehbar. Auffallend sei des Weiteren, dass der Kläger im Rahmen der aktuellen Begutachtung im Gegensatz zu den früheren Begutachtungen angegeben habe, erst nach der Haftzeit Alkohol konsumiert zu haben. Diese Diskrepanzen ließen Zweifel an der Konsistenz der klägerischen Angaben aufkommen.
Prof. Dr. K. hat in seiner ergänzenden gutachtlichen Stellungnahme vom 25.11.2008 ausgeführt, nach dem derzeitigen wissenschaftlich anerkannten Stand bleibe bei der Kausalitätsbeurteilung einer posttraumatischen Belastungsstörung immer eine gewisse Unschärfe bestehen. Eine zeitliche Latenz, auch von Jahren bis zu Jahrzehnten, zwischen dem schädigenden Ereignis und dem erstmaligen Auftreten einer psychischen Störung spreche nicht gegen das Vorliegen einer posttraumatischen Belastungsstörung. Außerdem müsse davon ausgegangen werden, dass der vermehrte Alkoholkonsum einen insuffizienten Bewältigungsversuch dargestellt habe. Ob bei den Behandlungen in den Jahren 1999 und 2000 die Symptome vorhanden oder nicht vorhanden gewesen seien, könne nicht aus den diesbezüglichen Arztberichten geschlossen werden. In diesem Zusammenhang sei zu betonen, dass Menschen, die in einem totalitären politischen System verfolgt, inhaftiert und auch traumatisiert worden seien, aus Schamgefühlen oder aus Angst gegenüber den Institutionen oder Stigmatisierung und zur Vermeidung charakteristischer Symptome einer posttraumatischen Belastungsstörung lange Zeit ihre Probleme verschwiegen, sie sogar verleugneten oder sogar bei der Untersuchung der Symptome für eine posttraumatische Belastungsstörung auswichen. Ferner sei typisch für Menschen mit einer posttraumatischen Belastungsstörung in einer Untersuchungssituation, in der sie von dem peritraumatischen Erleben berichteten, ein interaktionelles Muster, das durch An- und Abschwellen der beobachtbaren Anspannung bis hin zur Abwendung abhängig davon, wie nah sich der Proband an traumatisierenden Inhalten bewege, gekennzeichnet sei. Dadurch könne ein Vermeidungsverhalten ausgelöst werden. Allerdings widerlege auch das Fehlen eines begleitenden Affekts nicht eine Traumatisierung, da es sich hierbei um einen abgespaltenen traumatischen Affekt handeln könne. Eher Schilderungen, die relativ flüssig und adäquat traurig weinend oder mit wütendem Affekt vorgetragen würden, seien untypisch für eine fortdauernde Symptomatik im Zusammenhang mit der Traumatisierung. Beim Kläger handle es sich nicht um eine Person, die mit einer posttraumatischen Belastungsstörung in dem Sinne identifiziert sei, dass sie subjektiv davon überzeugt sei, unter einer solchen zu leiden. Diese Patienten seien in der Lage, lehrbuchartig die Symptome einer posttraumatischen Belastungsstörung zu schildern und diese dann auch situationsadäquat richtig zu demonstrieren. Diese Patienten hätten auch meist schon länger dauernde Therapien absolviert. Bei traumatisierten Patienten finde man dagegen öfter die Situation, dass sie versuchten, das Trauma vor sich und anderen zu verbergen. In diesem Zusammenhang müsse beim Kläger unter anderem auch das lange Schweigen über die Erfahrungen in der Haft auch gegenüber seiner Lebensgefährtin gesehen werden, das er selbst bei seinen ersten Kontakten bei Nervenärzten beibehalten habe und erst allmählich habe aufgeben können. Des Weiteren erscheine fragwürdig, dem Kläger aus dem Grund, dass bei dessen Angaben über den Alkoholkonsum Diskrepanzen bestanden hätten, Zweifel an der Konsistenz seiner Angaben zu bescheinigen. Vielmehr sei der Eindruck entstanden, dass der Kläger nicht versucht habe, in tendenzieller Art und Weise Angaben zu machen, die ihm hinsichtlich des Verfahrens hätten nützlich sein können und dass es sich um einen um die Vollständigkeit und Richtigkeit seiner Angaben bemühten Probanden handle, der auch keine Aggravationstendenzen aufgewiesen habe.
Hierzu hat Dr. G. in der versorgungsärztlichen Stellungnahme vom 19.02.2009 ausgeführt, es sei doch so, dass die dokumentierte Latenzzeit die Wahrscheinlichkeit eines kausalen Zusammenhangs erheblich mindere. Bei fehlenden Brückensymptomen sei die Zusammenhangsfrage besonders sorgfältig zu prüfen und die Stellungnahme anhand eindeutiger objektiver Befunde überzeugend wissenschaftlich zu begründen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Akteninhalt verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß §§ 143 und 144 SGG statthafte und nach § 151 SGG zulässige Berufung ist unbegründet.
Der Kläger hat keinen Anspruch auf Beschädigtenrente.
Rechtsgrundlage sind die §§ 1, 3, 12, 16 und 21 StrRehaG beziehungsweise die §§ 1 und 4 HHG in Verbindung mit §§ 30, 31 und 60 BVG.
I.
Der Kläger hat keinen Anspruch nach dem StrRehaG.
Die strafrechtliche Entscheidung eines staatlichen deutschen Gerichts in der DDR aus der Zeit vom 08.05.1945 bis zum 02.10.1990 ist auf Antrag für rechtsstaatswidrig zu erklären und aufzuheben (Rehabilitierung), soweit sie mit wesentlichen Grundsätzen einer freiheitlichen rechtsstaatlichen Ordnung unvereinbar ist, insbesondere weil die Entscheidung politischer Verfolgung gedient hat; dies gilt in der Regel für Verurteilungen wegen "ungesetzlichen Grenzübertritts" nach § 213 Abs. 1, 2 und 3 Satz 2 Nr. 3 bis 6 oder Abs. 4 StGB-DDR (§ 1 Abs. 1 Nr. 1 e StrRehaG).
Die Aufhebung einer Entscheidung nach § 1 StrRehaG begründet Ansprüche nach Maßgabe des StrRehaG (§ 3 Abs. 1 StrRehaG).
Der Antrag nach § 1 StrRehaG kann bis zum 31.12.2011 gestellt werden (§ 7 Abs. 1 StrRehaG). Das Gericht entscheidet durch Beschluss (§ 12 Abs. 1 Satz 1 StrRehaG).
Die Rehabilitierung begründet einen Anspruch auf soziale Ausgleichsleistungen für Nachteile, die dem Betroffenen durch eine Freiheitsentziehung entstanden sind (§ 16 Abs. 1 Satz 1 StrRehaG). Soziale Ausgleichsleistungen nach dem StrRehaG werden nicht gewährt, wenn der Berechtigte gegen die Grundsätze der Menschlichkeit oder Rechtsstaatlichkeit verstoßen oder in schwerwiegendem Maße seine Stellung zum eigenen Vorteil oder zum Nachteil anderer missbraucht hat (§ 16 Abs. 1 Satz 2 StrRehaG). Die sozialen Ausgleichsleistungen nach § 16 Abs. 1 StrRehaG werden auf Antrag als Kapitalentschädigung, besondere Zuwendung für Haftopfer und Unterstützungsleistung nach Maßgabe der §§ 17 bis 19 StrRehaG sowie als Versorgung nach Maßgabe der §§ 21 bis 24 StrRehaG gewährt (§ 16 Abs. 3 StrRehaG).
Ein Betroffener, der infolge der Freiheitsentziehung eine gesundheitliche Schädigung erlitten hat, erhält wegen der gesundheitlichen und wirtschaftlichen Folgen dieser Schädigung auf Antrag Versorgung in entsprechender Anwendung des BVG (§ 21 Abs. 1 Satz 1 StrRehaG). Dies gilt nicht, soweit er wegen desselben schädigenden Ereignisses bereits Versorgung auf Grund des BVG oder auf Grund von Gesetzen, die eine entsprechende Anwendung des BVG vorsehen, erhält (§ 21 Abs. 1 Satz 2 StrRehaG). Zur Anerkennung einer Gesundheitsstörung als Folge einer Schädigung genügt die Wahrscheinlichkeit des ursächlichen Zusammenhanges (§ 21 Abs. 5 Satz 1 StrRehaG). Wenn die Wahrscheinlichkeit nur deshalb nicht gegeben ist, weil über die Ursache des festgestellten Leidens in der medizinischen Wissenschaft Ungewissheit besteht, kann mit Zustimmung des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales die Gesundheitsstörung als Folge einer Schädigung anerkannt werden; die Zustimmung kann allgemein erteilt werden (§ 21 Abs. 5 Satz 2 StrRehaG).
Der Kläger kann keine Entschädigung nach dem StrRehaG verlangen. Denn ein nach § 12 Abs. 1 Satz 1 StrRehaG zu ergehender Gerichtsbeschluss, mit dem das Urteil des Kreisgerichts G. vom 21.03.1976 für rechtsstaatswidrig erklärt und aufgehoben wird, liegt nicht vor. Eine solche Rehabilitierung ist aber gemäß § 3 Abs. 1 StrRehaG zwingende Voraussetzung für eine Versorgung nach § 16 Abs. 1 StrRehaG in Verbindung mit § 21 Abs. 1 StrRehaG in Verbindung mit dem BVG und kann auch nicht durch andere Bescheinigungen - auch nicht durch den Bescheid des LRA über die Kapitalentschädigung vom 21.06.1993 oder die Entscheidung des Generalstaatsanwalts in K. vom 30.06.1986 betreffend die Vollstreckung aus dem Urteil des Kreisgerichts G. vom 21.03.1976 - ersetzt werden.
II.
Der Kläger hat auch keinen Anspruch nach dem HHG.
Leistungen nach Maßgabe des HHG erhalten deutsche Staatsangehörige und deutsche Volkszugehörige, wenn sie nach der Besetzung ihres Aufenthaltsortes oder nach dem 08.05.1945 in der sowjetischen Besatzungszone oder im sowjetisch besetzten Sektor von Berlin oder in den in § 1 Abs. 2 Nr. 3 Bundesvertriebenengesetz (BVFG) genannten Gebieten aus politischen und nach freiheitlich-demokratischer Auffassung von ihnen nicht zu vertretenden Gründen in Gewahrsam genommen wurden und den gewöhnlichen Aufenthalt im Geltungsbereich des HHG genommen haben (§ 1 Abs. 1 HHG). Gewahrsam im Sinne des § 1 Abs. 1 HHG ist ein Festgehaltenwerden auf engbegrenztem Raum unter dauernder Bewachung (§ 1 Abs. 5 Satz 1 HHG). Leistungen nach dem HHG werden nicht gewährt an Personen, die in den Gewahrsamsgebieten nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 HHG dem dort herrschenden politischen System erheblich Vorschub geleistet haben (§ 2 Abs. 1 Nr. 1 HHG), die während der Herrschaft des Nationalsozialismus oder in den Gewahrsamsgebieten nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 HHG durch ihr Verhalten gegen die Grundsätze der Rechtsstaatlichkeit oder Menschlichkeit verstoßen haben, was insbesondere für Personen gilt, die durch ein deutsches Gericht im Geltungsbereich des HHG wegen eines an Mithäftlingen begangenen Verbrechens oder Vergehens rechtskräftig verurteilt worden sind (§ 2 Abs. 1 Nr. 2 HHG), oder die nach dem 08.05.1945 durch deutsche Gerichte wegen vorsätzlicher Straftaten zu Freiheitsstrafen von insgesamt mehr als drei Jahren rechtskräftig verurteilt worden sind, was nicht gilt, soweit die Verurteilung auf in § 1 Abs. 1 Nr. 1 HHG genannten Gründen beruht (§ 2 Abs. 1 Nr. 3 HHG). Die Gewährung von Leistungen kann versagt oder eingestellt werden, wenn der Berechtigte die im Geltungsbereich des HHG bestehende freiheitliche demokratische Grundordnung bekämpft hat oder bekämpft (§ 2 Abs. 2 HHG).
Ein nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 HHG Berechtigter, der infolge des Gewahrsams eine gesundheitliche Schädigung erlitten hat, erhält wegen der gesundheitlichen und wirtschaftlichen Folgen dieser Schädigung auf Antrag Versorgung in entsprechender Anwendung der Vorschriften des BVG, soweit ihm nicht wegen desselben schädigenden Ereignisses ein Anspruch auf Versorgung unmittelbar auf Grund des BVG zusteht (§ 4 Abs. 1 Satz 1 HHG).
Zur Anerkennung einer Gesundheitsstörung als Folge einer Schädigung genügt die Wahrscheinlichkeit des ursächlichen Zusammenhanges (§ 4 Abs. 5 Satz 1 HHG). Wenn die Wahrscheinlichkeit nur deshalb nicht gegeben ist, weil über die Ursache des festgestellten Leidens in der medizinischen Wissenschaft Ungewissheit besteht, kann mit Zustimmung des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales die Gesundheitsstörung als Folge einer Schädigung anerkannt werden; die Zustimmung kann allgemein erteilt werden (§ 4 Abs. 5 Satz 2 HHG).
Der Nachweis darüber, dass die Voraussetzungen des § 1 Abs. 1 HHG vorliegen und Ausschließungsgründe nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 und 2 HHG weder gegeben noch gemäß § 2 Abs. 4 HHG wirksam sind, ist durch eine Bescheinigung zu erbringen, soweit zugleich ein Anspruch nach den §§ 9a bis 9c HHG besteht (§ 10 Abs. 4 Satz 1 HHG).
Zwar liegen beim Kläger aufgrund der Inhaftierung in der DDR ausweislich der Bescheinigung nach § 10 Abs. 4 HHG des LRA vom 10.07.1987 die Voraussetzungen des § 1 Abs. 1 Nr. 1 HHG vor und sind Ausschlussgründe nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 und 2 HHG nicht gegeben.
Der Kläger erfüllt aber nicht die Voraussetzungen für die Gewährung einer Beschädigtenrente nach den Regelungen des BVG.
Beschädigte erhalten eine monatliche Grundrente bei einem Grad der Schädigungsfolgen (GdS) ab 30 (§ 31 Abs. 1 BVG). Die Beschädigtenversorgung beginnt mit dem Monat, in dem ihre Voraussetzungen erfüllt sind, frühestens mit dem Antragsmonat (§ 60 Abs. 1 Satz 1 BVG). Die Versorgung ist auch für Zeiträume vor der Antragstellung zu leisten, wenn der Antrag innerhalb eines Jahres nach Eintritt der Schädigung gestellt wird (§ 60 Abs. 1 Satz 2 BVG). Der GdS ist nach den allgemeinen Auswirkungen der Funktionsbeeinträchtigungen, die durch die als Schädigungsfolge anerkannten körperlichen, geistigen oder seelischen Gesundheitsstörungen bedingt sind, in allen Lebensbereichen zu beurteilen (§ 30 Abs. 1 Satz 1 BVG). Der GdS ist nach Zehnergraden von 10 bis 100 zu bemessen; ein bis zu 5 Grad geringerer GdS wird vom höheren Zehnergrad mit umfasst (§ 30 Abs. 1 Satz 2 BVG). Vorübergehende Gesundheitsstörungen sind nicht zu berücksichtigen; als vorübergehend gilt ein Zeitraum bis zu sechs Monaten (§ 30 Abs. 1 Satz 3 BVG).
Bei der Prüfung, welche gesundheitlichen Schäden Folge einer rechtsstaatswidrigen Ingewahrsamnahme sind, ist die seit 01.01.2009 an die Stelle der bis zum 31.12.2008 im Interesse einer gleichmäßigen Rechtsanwendung als antizipierte Sachverständigengutachten angewandten (BSG, Urteil vom 23.06.1993 - 9/9a RVs 1/91 - BSGE 72, 285; BSG, Urteil vom 09.04.1997 - 9 RVs 4/95 - SozR 3-3870 § 4 Nr. 19; BSG, Urteil vom 18.09.2003 - B 9 SB 3/02 R - BSGE 190, 205; BSG, Urteil vom 29.08.1990 - 9a/9 RVs 7/89 - BSG SozR 3-3870 § 4 Nr. 1) Anhaltspunkte für die ärztliche Gutachtertätigkeit im sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertenrecht (Teil 2 SGB IX) 2008" (AHP) getretene Anlage "Versorgungsmedizinische Grundsätze" zu § 2 der Verordnung zur Durchführung des § 1 Abs. 1 und 3, § 30 Abs. 1 und § 35 Abs. 1 BVG (Versorgungsmedizin-Verordnung; VersMedV) anzuwenden. Damit hat das Bundesministerium für Arbeit und Soziales von der Ermächtigung nach § 30 Abs. 17 BVG zum Erlass einer Rechtsverordnung Gebrauch gemacht und die maßgebenden Grundsätze für die medizinische Bewertung von Schädigungsfolgen und die Feststellung des GdS im Sinne des § 30 Abs. 1 BVG aufgestellt. Eine inhaltliche Änderung der bisher angewandten Grundsätze und Kriterien erfolgte hierdurch - von wenigen Ausnahmen abgesehen - nicht. Vielmehr wurde an die seit Jahren bewährten Bewertungsgrundsätze und Verfahrensabläufe angeknüpft. In der Anlage zu § 2 VersMedV ist ebenso wie in den AHP (BSG, Urteil vom 01.09.1999 - B 9 V 25/98 R - SozR 3-3100 § 30 Nr. 22) der medizinische Kenntnisstand wiedergegeben. Dadurch wird eine nachvollziehbare, dem medizinischen Kenntnistand entsprechende Beurteilung ermöglicht.
Danach wird als Schädigungsfolge im sozialen Entschädigungsrecht jede Gesundheitsstörung bezeichnet, die in ursächlichem Zusammenhang mit einer Schädigung steht, die nach dem entsprechenden Gesetz zu berücksichtigen ist (Teil A Nr. 1 a VG) und ist Ursache im Sinne der Versorgungsgesetze die Bedingung im naturwissenschaftlich-philosophischen Sinne, die wegen ihrer besonderen Beziehung zum Erfolg an dessen Eintritt wesentlich mitgewirkt hat (Teil C Nr. 1 b Satz 1 VG).
Zu den Faktoren, die vor der Beurteilung eines ursächlichen Zusammenhangs geklärt ("voll bewiesen") sein müssen, gehören der schädigende Vorgang, die gesundheitliche Schädigung und die zu beurteilende Gesundheitsstörung (Teil C Nr. 2 a VG). Der schädigende Vorgang ist das Ereignis, das zu einer Gesundheitsschädigung führt (Teil C Nr. 2 b Satz 1 Halbsatz 1 VG). Auch besondere Belastungen, wie sie zum Beispiel in rechtsstaatswidriger Haft in der DDR gegeben sein können, zählen dazu (Teil C Nr. 2 b Satz 2 VG). Die gesundheitliche Schädigung ist die primäre Beeinträchtigung der Gesundheit durch den schädigenden Vorgang (Teil C Nr. 2 c Halbsatz 1 VG). Zwischen dem schädigenden Vorgang und der Gesundheitsstörung muss eine nicht unterbrochene Kausalkette bestehen, die mit den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft und den ärztlichen Erfahrungen im Einklang steht. Dabei sind Brückensymptome oft notwendige Bindeglieder. Fehlen Brückensymptome, so ist die Zusammenhangsfrage besonders sorgfältig zu prüfen und die Stellungnahme anhand eindeutiger objektiver Befunde überzeugend wissenschaftlich zu begründen (Teil C Nr. 2 d Sätze 1 bis 3 VG).
Für die Annahme, dass eine Gesundheitsstörung Folge einer Schädigung ist, genügt versorgungsrechtlich die Wahrscheinlichkeit des ursächlichen Zusammenhangs. Sie ist gegeben, wenn nach der geltenden medizinisch-wissenschaftlichen Lehrmeinung mehr für als gegen einen ursächlichen Zusammenhang spricht (Teil C Nr. 3 a Satz 1 VG). Grundlage für die medizinische Beurteilung sind die von der herrschenden wissenschaftlichen Lehrmeinung vertretenen Erkenntnisse über Ätiologie und Pathogenese (Teil C Nr. 3 b Satz 1 VG). Aus dem Umstand, dass der Zusammenhang der Gesundheitsstörung mit einem schädigenden Vorgang nach wissenschaftlicher Erkenntnis nicht ausgeschlossen werden kann, lässt sich nicht folgern, dass er darum wahrscheinlich sei. Ebenso wenig kann das Vorliegen einer Schädigungsfolge bejaht werden, wenn ein ursächlicher Zusammenhang nur möglich ist (Teil C Nr. 3 d Sätze 1 und 2 VG).
Ferner ist zu berücksichtigen, dass nur solche Gesundheitsstörungen für eine mögliche Entschädigung in Betracht kommen, die durch schädigende Ereignisse während freiheitsentziehender Maßnahmen verursacht worden sind, für die dem Kläger die Bescheinigung nach § 10 Abs. 4 Satz HHG erteilt worden ist (LSG Mecklenburg-Vorpommern, Urteil vom 12.02.1998 - L 3 V 42/96). Gesundheitsstörungen, die auf die Umstände vor der Haft sowie nach der Haft bis zur Ausreise des Klägers in das Bundesgebiet zurückzuführen sind, kommen daher nicht als schädigende (Teil-)Ursache in Betracht.
Unter Berücksichtung dieser Grundsätze spricht nicht mehr dafür als dagegen und ist es mithin nicht hinreichend wahrscheinlich, dass die Gesundheitsstörungen des Klägers ursächlich auf seine Inhaftierung zurückzuführen sind.
Die von den Sachverständigen Dr. C. und Prof. Dr. K. diagnostizierten Erkrankungen Alkoholabhängigkeit und rezidivierende depressive Störung stehen nach Ansicht des Senats nicht in einem Kausalzusammenhang mit der Haft. Das Vorliegen einer wahnhaften Störung steht nicht fest. Insoweit haben die Sachverständigen Dr. C. und Prof. Dr. K. lediglich einen Verdacht geäußert. Die zu entschädigende Gesundheitsstörung muss aber mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit feststehen.
Zur Beurteilung der Frage, ob beim Kläger eine posttraumatische Belastungsstörung vorliegt, berücksichtigt der Senat die Internationale statistische Klassifikation der Krankheiten und verwandter Gesundheitsprobleme - 10. Revision - (ICD 10) und das Diagnostische und Statistische Manual psychischer Störungen - Textrevision - (DSM-IV-TR).
Bei der posttraumatischen Belastungsstörung handelt es sich um eine Gesundheitsstörung nach ICD-10 F 43.1 beziehungsweise DSM-IV-TR 309.81.
Nach ICD-10 F 43.1 gelten folgende Grundsätze: Die posttraumatische Belastungsstörung entsteht als eine verzögerte oder protrahierte Reaktion auf ein belastendes Ereignis oder eine Situation kürzerer oder längerer Dauer, mit außergewöhnlicher Bedrohung oder katastrophenartigem Ausmaß, die bei fast jedem eine tiefe Verzweiflung hervorrufen würde. Prädisponierende Faktoren wie bestimmte, zum Beispiel zwanghafte oder asthenische Persönlichkeitszüge oder neurotische Krankheiten in der Vorgeschichte können die Schwelle für die Entwicklung dieses Syndroms senken und seinen Verlauf erschweren, aber die letztgenannten Faktoren sind weder notwendig noch ausreichend, um das Auftreten der Störung zu erklären. Typische Merkmale sind das wiederholte Erleben des Traumas in sich aufdrängenden Erinnerungen (Nachhallerinnerungen, Flashbacks), Träumen oder Alpträumen, die vor dem Hintergrund eines andauernden Gefühls von Betäubtsein und emotionaler Stumpfheit auftreten. Ferner finden sich Gleichgültigkeit gegenüber anderen Menschen, Teilnahmslosigkeit der Umgebung gegenüber, Freudlosigkeit sowie Vermeidung von Aktivitäten und Situationen, die Erinnerungen an das Trauma wachrufen könnten. Meist tritt ein Zustand von vegetativer Übererregtheit mit Vigilanzsteigerung, einer übermäßigen Schreckhaftigkeit und Schlafstörung auf. Angst und Depression sind häufig mit den genannten Symptomen und Merkmalen assoziiert und Suizidgedanken sind nicht selten. Der Beginn folgt dem Trauma mit einer Latenz, die wenige Wochen bis Monate dauern kann. Der Verlauf ist wechselhaft, in der Mehrzahl der Fälle kann jedoch eine Heilung erwartet werden. In wenigen Fällen nimmt die Störung über viele Jahre einen chronischen Verlauf und geht dann in eine andauernde Persönlichkeitsänderung über.
Nach DSM-IV-TR 309.81 gelten folgende Grundsätze: Das Hauptmerkmal der posttraumatischen Belastungsstörung ist die Entwicklung charakteristischer Symptome nach der Konfrontation mit einem extrem traumatischen Ereignis. Das traumatische Ereignis beinhaltet unter anderem das direkte persönliche Erleben einer Situation, die mit dem Tod oder der Androhung des Todes, einer schweren Verletzung oder einer anderen Bedrohung der körperlichen Unversehrtheit zu tun hat (Kriterium A1). Die Reaktion der Person auf das Ereignis muss intensive Angst, Hilflosigkeit oder Entsetzen umfassen (Kriterium A2). Charakteristische Symptome, die aus der Konfrontation mit der extrem traumatischen Situation resultieren, sind das anhaltende Wiedererleben des traumatischen Ereignisses in Form von wiederholten und aufdringlichen Erinnerungen an das Ereignis (Kriterium B1), von wiederkehrenden, quälenden Träumen, in denen das Erlebnis nachgespielt wird oder in anderer Form auftritt (Kriterium B2), von Erleben von oft als "Flashbacks" bezeichneten dissoziativen Zuständen, während derer einzelne Bestandteile des Ereignisses wieder erlebt werden (Kriterium B3) oder, wenn die Person mit Ereignissen konfrontiert wird, die sie an Aspekte des traumatischen Ereignisses erinnern oder die diese symbolisieren, in Form von intensiver psychischer Belastung (Kriterium B4) oder physiologischer Reaktionen (Kriterium B5). Charakteristische Symptome sind auch die andauernde Vermeidung von Reizen, die mit dem Trauma assoziiert sind, und eine Abflachung der allgemeinen Reagibilität in der Form, dass die Person im Allgemeinen versucht, Gedanken, Gefühle oder Gespräche über das traumatische Ereignis (Kriterium C1) und Aktivitäten, Situationen oder Personen, die die Erinnerung an das Ereignis wachrufen (Kriterium C2) absichtlich zu vermeiden, wobei die Vermeidung des Erinnerns die Unfähigkeit mit einschließen kann, sich an einen wichtigen Aspekt des traumatischen Ereignisses zu erinnern (Kriterium C3), oder in Form von verminderter Reaktionsbereitschaft auf die Umwelt, welche üblicherweise sehr bald nach dem traumatischen Erlebnis eintritt (Kriterium C4), eines Gefühls der Isolierung und Entfremdung von Anderen (Kriterium C5) oder einer deutlich reduzierten Fähigkeit, Gefühle zu empfinden (Kriterium C6) oder in der Form, dass betroffene Personen das Gefühl einer eingeschränkten Zukunft haben (Kriterium C7). Charakteristische Symptome sind auch anhaltende Symptome erhöhten Arousals in Form von Ein- oder Durchschlafschwierigkeiten, die durch wiederholte Alpträume, in denen das traumatische Erlebnis wieder erlebt wird, hervorgerufen werden können (Kriterium D1), Hypervigilanz (Kriterium D4) und übertriebener Schreckreaktion (Kriterium D5), wobei manche Personen über Reizbarkeit oder Wutausbrüche (Kriterium D2) oder Schwierigkeiten sich zu konzentrieren oder Aufgaben zu vollenden (Kriterium D3) berichten. Das vollständige Symptombild muss länger als einen Monat anhalten (Kriterium E) und die Störung muss in klinisch bedeutsamer Weise Leiden oder Beeinträchtigungen in sozialen, beruflichen oder anderen wichtigen Funktionsbereichen verursachen (Kriterium F). Traumatische Erfahrungen, die direkt erlebt wurden, umfassen insbesondere kriegerische Auseinandersetzungen, gewalttätige Angriffe auf die eigene Person, Entführung, Geiselnahme, Terroranschlag, Folterung, Kriegsgefangenschaft, Gefangenschaft in einem Konzentrationslager, Natur- oder durch Menschen verursachte Katastrophen, schwere Autounfälle oder die Diagnose einer lebensbedrohlichen Krankheit. Hinsichtlich Beginn und Dauer der Symptome wird unterschieden zwischen der akuten posttraumatischen Belastungsstörung (wenn die Dauer der Symptome weniger als drei Monate beträgt), der chronischen posttraumatischen Belastungsstörung (wenn die Symptome drei Monate oder länger andauern) und der posttraumatischen Belastungsstörung mit verzögertem Beginn (wenn mindestens sechs Monate zwischen dem traumatischen Ereignis und dem Beginn der Symptome vergangen sind). Die Symptome, wie beispielsweise verminderte affektive Schwingungsfähigkeit, dissoziative Symptome, somatische Beschwerden, Gefühle der Insuffizienz in Form von Hoffnungslosigkeit, sozialer Rückzug, ständiges Gefühl des Bedrohtseins oder beeinträchtigte Beziehung zu anderen oder Veränderung der Persönlichkeit im Vergleich zu früher beginnen normalerweise innerhalb der ersten drei Monate nach dem Trauma, obwohl sich die Ausbildung der Symptome aber auch um Monate oder sogar Jahre verzögern kann. Die Schwere, Dauer und Nähe der Person bei Konfrontation mit dem traumatischen Ereignis sind die wichtigsten Faktoren, die die Wahrscheinlichkeit bestimmen, mit der die Störung sich entwickelt. Es gibt Hinweise, dass soziale Unterstützung, Familienanamnese, Kindheitserfahrungen, Persönlichkeitsvariablen und vorbestehende psychische Störungen die Ausbildung einer posttraumatischen Belastungsstörung beeinflussen können. Die Störung kann sich auch bei Personen entwickeln, bei denen zuvor keine besondere Auffälligkeit vorhanden war, besonders dann, wenn es sich um eine besonders extreme Belastung handelt.
Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze sowie des ärztlichen Entlassungsberichts des Dr. W. vom 15.10.1999, von Dipl.-Med. L. vom 28.08.2000, des Arztbriefs von Dr. H./Dr. M. vom 13.06.2002, den Gutachten der Dr. B. vom 24.03.2004, der Dr. Sch. vom Oktober 2004, des Dr. C. vom 29.05.2006 mit Stellungnahme vom 29.08.2007 und des Prof. Dr. K. vom 07.08.2008 mit Stellungnahme vom 25.11.2008, des Prüfvermerks der Dr. B. vom 30.03.2004 und der versorgungsärztlichen Stellungnahmen der Ärztin L. vom 04.11.2004 sowie des Dr. G. vom 05.09.2006, 17.09.2007, 13.10.2008 und 19.02.2009 ist der Senat zu der Überzeugung gelangt, dass beim Kläger keine posttraumatische Belastungsstörung vorliegt.
Der Kläger hat gegenüber den Gutachtern folgende als schädigend in Betracht kommende Ereignisse während der Haft geschildert: Er sei bei seinem Fluchtversuch von Soldaten mit Maschinengewehren im Anschlag, die ihn aufgefordert hätten, sich mit dem Kopf nach unten in den Schneematsch zu legen, verhaftet worden, wobei ein Soldat einmal in die Luft geschossen habe. Während der anschließenden Fahrt seien fünf Gewehre auf ihn gerichtet gewesen. Er sei bei den ersten Befragungen danach sehr eingeschüchtert worden, insbesondere habe ihm ein Gefängniswärter beim Zuschlagen des Metallgitters bedeutet, er komme hier nicht mehr heraus, sei tags darauf während der Untersuchungshaft in P. in einem dunklen Kellerraum bei auf ihn gerichtetem hellem Lampenlicht sehr lange verhört, danach in einer dunklen Zelle mit zwei anderen Personen inhaftiert und auch in den nächsten 14 Tagen täglich verhört worden. Nach der anschließenden Verlegung nach R. sei er weiterhin hart und energisch verhört worden, wobei die dortige Unterbringung aber nicht so schlimm gewesen sei. Nach weiteren 14 Tagen sei er nach G. in eine Einzelzelle verbracht worden. Während der Gerichtsverhandlung in G. sei er von einem Wärter mit der Faust geschlagen worden, weil er seine Mutter gegrüßt habe. Anschließend habe er eine 14-monatige Haft in N. abgesessen. Dort sei er in einem Block mit 120 Häftlingen in einem Schlafraum in Stockbetten untergebracht worden, habe in 12-Stunden-Schichten ohne Tageslicht in einer galvanischen Fabrik arbeiten müssen und habe die Offiziere als terrorisierend erlebt. Von einem Offizier sei er einmal gegen einen Schrank geworfen worden. Er habe gesehen, wie Andere immer wieder mit Gummiknüppeln geschlagen worden seien. Die von Besuchern mitgebrachten Lebensmittel seien zerschnitten worden. Damit hat der Kläger Situationen erlebt, die mit der Androhung des Todes, einer schweren Verletzung oder einer anderen Bedrohung der körperlichen Unversehrtheit zu tun hatten, so dass das Kriterium A1 der DSM-IV-TR-309.81 erfüllt ist.
Indem der Kläger ausgeführt hat, die Bedrohung mit Maschinengewehren während der Verhaftung habe bei ihm Todesangst verursacht, ist auch das Kriterium A2 der DSM-IV-TR-309.81 gegeben. Durch die weiteren Angaben des Klägers, bei ihm kämen, wenn hinter ihm jemand stehe, gleich wieder Bilder von Gefängniswärtern auf, die ihn von hinten geschlagen hätten, er bekomme Ängste, wenn er sich in dunklen Räumen aufhalten müsse, und er sei immer noch belastet, wenn ein Nachbar ihn irgendetwas frage oder in einem bestimmten Ton etwas äußere und es sich dann gleichsam in ihm zusammen ziehe und Gedanken an damals wieder aufkämen, ist das Kriterium B4 der DSM-IV-TR-309.81 erfüllt. Anhaltendes Wiedererleben der traumatischen Ereignisse in Form von wiederholten und aufdringlichen Erinnerungen an das Ereignis, von wiederkehrenden, quälenden Träumen, von Erleben von "Flashbacks" oder von physiologischen Reaktionen und damit die Kriterien B1, B2, B3 und B5 des DSM-IV-TR-309.81 sind dagegen nicht gegeben. Den Umstand, dass der Kläger in den Jahren nach der Haft nicht über die Vorkommnisse während der Haft gesprochen hat, werten die Sachverständigen Dr. C. und Dr. K. als eine andauernde Vermeidung von traumaasoziierten Reizen und bejahen damit das Kriterium C1 des DSM-IV-TR-309.81, während der Senat darin im Gegensatz hierzu ein Fehlen der für ein posttraumatisches Belastungssyndrom erforderlichen Brückensymptomatik - siehe dazu unten - sieht. Beim Kläger liegt ein Gefühl der Entfremdung von Anderen sowie einer eingeschränkten Zukunft und liegen damit die Kriterien C5 und C7 des DSM-IV-TR-309.81 vor. Demgegenüber liegen beim Kläger die Kriterien D1 bis D5 des DSM-IV-TR-309.81 nicht vor. Dagegen sind die Kriterien E und F des DSM-IV-TR-309.81 erfüllt.
Gegen das Vorliegen einer posttraumatischen Belastungsstörung spricht aber nach Überzeugung des Senats der Umstand, dass zwischen der Beendigung der Haft im März 1977 und dem erstmaligen Auftreten der Symptome im Jahr 1997 rund 20 Jahre ohne Hinweise auf mit den Hafterlebnissen in Zusammenhang zu bringende seelische Gesundheitsstörungen liegen. Zwar sieht der Senat, dass sich auch nach der ICD-10 und dem DSM-IV-TR die Ausbildung der Symptome - auch über Jahre - verzögern kann. Aber in solchen Fällen ist - was sich aus Teil C Nr. 2 d Sätze 1 bis 3 VG ergibt - die Zusammenhangsfrage besonders sorgfältig zu prüfen und nur anhand eindeutiger objektiver Befunde zu bejahen. Solche eindeutigen objektiven Befunde sind nach Einschätzung des Sentas weder aktenkundig noch durch die Gutachten des Dr. C. und Prof. Dr. K. belegt.
Aus der Zeit nach der Haft bis zu den Jahren 1996/97 liegen keine Hinweise auf eine psychiatrische Problematik des Klägers vor. Der Kläger begab sich ausweislich des Befundberichts des Dr. D. vom 01.12.2003 erstmals im Jahr 2000 wegen rezidivierender depressiver Störungen seit 1997 und extensivem Alkoholabusus und danach im Jahr 2002 wegen eines Alkoholrückfalls in dessen Behandlung, ohne dass dieser einen etwaigen Zusammenhang der Erkrankung des Klägers mit der Haftzeit hat herstellen können. Auch wird in dem ärztlichen Entlassungsbericht von Dr. W. vom 15.10.1999 lediglich ausgeführt, aus psychotherapeutischer Sicht bestünden vor dem Hintergrund einer ausgeprägten Selbstwertproblematik in den letzten Jahren rezidivierende depressive Episoden sowie Phasen exzessiven Alkoholmissbrauchs und es sei anzunehmen, dass darüber hinaus seit langem eine Alkoholabhängigkeitssymptomatik bestehe, die vom Kläger jedoch bagatellisiert bis verleugnet werde und der Kläger angegeben habe, seit Beginn der Arbeitslosigkeit im Jahr 1996 zunehmend unter Ängsten und Stimmungseinbrüchen zu leiden. Hinweise auf eine posttraumatische Problematik ergeben sich hieraus ebenso wenig wie aus dem sozialmedizinischen Gutachten von Dipl.-med. L. vom 28.08.2000, in dem lediglich Angst- und depressive Reaktionen gemischt im Sinne einer Anpassungsstörung bei familiärer Disposition zu einer vorbekannten rezidivierenden depressiven Störung und ein Zustand nach Alkoholabusus beschrieben werden. Aus dem Arztbrief von Dr. H./Dr. M. vom 13.06.2002 ergibt sich lediglich eine Fettleberhepatitis mit Hepatosplenomegalie bei Alkoholkrankheit, eine Alkoholpsychose und ein Verdacht auf eine zugrundeliegende Depression ohne Hinweise auf eine posttraumatische Belastungsstörung. Der Senat geht entgegen den Darlegungen der Sachverständigen Dr. C. und Prof. Dr. K. davon aus, dass der Kläger, nachdem er sich immerhin dazu entschlossen hatte, mit Dr. D. einen Facharzt für Psychiatrie aufzusuchen und in der Z.-Klinik St. B. eine stationäre Rehabilitation durchzuführen, den üblicherweise gründlich explorierenden Nervenärzten von im Zusammenhang mit seiner Haftzeit stehenden gesundheitlichen Beeinträchtigungen berichtet hätte. Dies umso mehr, als der Kläger immerhin nach seiner Einreise ins Bundesgebiet die Entscheidung des Generalstaatsanwalts in K. vom 30.06.1986, die Bescheinigung nach § 10 Abs. 4 HHG des LRA vom 10.07.1987 sowie den Bescheid des LRA über die Kapitalentschädigung vom 21.06.1993 erwirkt hat und Mitglied der Gemeinschaft ehemaliger politischer Häftlinge - Vereinigung der Opfer des Stalinismus e. V. -wurde. Es ist davon auszugehen, dass der Kläger im Rahmen der diesen Entscheidungen zu Grunde liegenden Verfahren hat über seine Haftzeit berichten müssen und dabei auch über damit zusammenhängende gesundheitliche Beschwerden, so sie denn vorgelegen hätten, berichtet hätte. Allein die Ausführungen des Dr. H. in seinem Attest vom 02.04.2003, es sei, da der Kläger kein Vertrauen zu den Ärzten habe und auch nicht krankenversichert sei, bis dahin keine Behandlung erfolgt, genügt dem Senat nicht als Erklärung für das Fehlen von aktenkundigen Hinweisen auf eine zeitnah zur Haft vorliegende seelische Störung. Dasselbe gilt für die Ausführungen des Sachverständigen Dr. C., wonach zum Einen Symptome einer posttraumatischen Belastungsstörung und deren Geschichte meistens aus Scham verschwiegen würden und zum Anderen der Anpassungsdruck in einer fremden Umgebung oft so viel Energie erfordere, dass die traumatischen Ereignisse eine Zeit lang im Erleben zurückträten, und die Ausführungen des Sachverständigen Prof. Dr. K., wonach in einem totalitären politischen System verfolgte, inhaftierte und auch traumatisierte Menschen aus Schamgefühlen oder aus Angst gegenüber den Institutionen oder Stigmatisierung und zur Vermeidung charakteristischer Symptome einer posttraumatischen Belastungsstörung lange Zeit ihre Probleme verschwiegen, sie sogar verleugneten oder sogar bei der Untersuchung der Symptome für eine posttraumatische Belastungsstörung auswichen. Würde man - so wie es vorliegend die Sachverständigen Dr. C. und Prof. Dr. K. tun - gänzlich auf eine Brückensymptomatik verzichten, wäre kaum noch abgrenzbar, unter welchen Voraussetzungen eine seelische Erkrankung, die teilweise die Voraussetzungen des DSM-IV-TR-309.81 erfüllt, haftbedingt oder nicht haftbedingt ist. Auch wäre objektiv nicht nachvollziehbar, bei welchen Personen auf das in der ICD-10-F.43.1 und dem DSM-IV-TR-309.8 dargelegte grundsätzliche Erfordernis, dass die Symptome normalerweise innerhalb der ersten drei Monate nach dem Trauma auftreten, verzichtet werden kann. Dies gilt vorliegend umso mehr, als es nicht nur um das Fehlen von Brückensymptomen "ein Zeit lang" sondern in einer Zeit von rund 20 Jahren nach der Inhaftierung geht.
Doch selbst wenn man einen kausalen Zusammenhang zwischen der Haft und den jetzigen Gesundheitsstörungen des Klägers bejahen wollte, so wäre die Haft nach Überzeugung des Senats jedenfalls nicht wesentliche Bedingung hierfür. Als konkurrierende Ursachen für die jetzige Gesundheitsstörung kommen der vom Kläger gegenüber Dr. B. geschilderte Umstand, es habe ihn besonders geprägt, dass er im letzten Augenblick seines Fluchtversuchs gefasst worden ist, die vom Kläger ebenfalls dargelegten Schikanierungen während der Zeit nach der Haft bis zur Ausreise ins Bundesgebiet, seine langjährige Arbeitslosigkeit seit 1997 mit fehlender Alltagsstrukturierung und zunehmender Isolierung und seine jedenfalls seither bestehende Alkoholerkrankung in Betracht. So hat auch der Sachverständige Dr. C. ausgeführt, es habe eine Ereigniskette aus Außenseitertum, vereitelter Flucht, Haft- und Verhörerfahrungen und schließlich langjähriger Verfolgung, Beeinträchtigung und Bespitzelung vorgelegen. Daher ist, worauf Dr. G. in seiner versorgungsärztlichen Stellungnahme vom 05.09.2006 zutreffend hingewiesen hat, von einer multifaktoriellen Genese auszugehen. Bei der wertenden Gewichtung der einzelnen Kausalfaktoren müsste dann auch berücksichtigt werden, dass auch die Sachverständigen Dr. C. und Prof. Dr. K. lediglich von einer partiellen posttraumatischen Belastungsstörung ausgehen, da zum Einen nicht alle hierfür erforderlichen Kriterien vorliegen und zum Anderen die vorliegenden Kriterien lediglich in einer geringen Ausprägungsstärke gegeben sind. Diese geringe Ausprägungsstärke der von den Sachverständigen Dr. C. und Prof. Dr. K. auch nur als "partiell" bezeichneten posttraumatischen Belastungsstörung wäre bei einer wertenden Betrachtung der 15monatigen Haftzeit im Vergleich zu den oben genannten Alternativursachen derart zu berücksichtigen, dass die Erlebnisse während der Haftzeit nicht als annähernd gleichwertige Ursache für die jetzt beim Kläger vorhandenen Gesundheitsstörungen anzusehen wären. In diesem Zusammenhang weist der Senat darauf hin, dass auch der Sachverständige Dr. C. für die Bejahung posttraumatischer Störungen gerade die Langjährigkeit und Nachhaltigkeit der vom Kläger erlittenen Erfahrungen in der DDR und damit gerade nicht nur und nach Ansicht des Senats damit auch nicht wesentlich - die vorliegend allein als schädigendes Ereignis zu prüfende 15monatige - Haftzeit des Klägers herangezogen hat.
Nach alledem spricht die fehlende Brückensymptomatik gegen einen Kausalzusammenhang zwischen Haft und Gesundheitsstörung und sprächen bei Bejahung eines kausalen Zusammenhangs die alternativen Kausalfaktoren gegen einen wesentlichen Kausalzusammenhang zwischen Haft und Gesundheitsstörungen.
Mithin hat der Kläger keinen Anspruch auf die Feststellung einer partiellen posttraumatischen Belastungsstörung als Schädigungsfolge und auf Beschädigtenrente, weshalb das SG die Klage zu Recht abgewiesen hat.
Die Berufung war deshalb zurückzuweisen.
Hierauf und auf § 193 SGG beruht die Kostenentscheidung.
Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht vorliegen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Der 1955 geborene Kläger begehrt wegen seiner Inhaftierung in der DDR Leistungen nach dem sozialen Entschädigungsrecht in entsprechender Anwendung des Bundesversorgungsgesetzes (BVG).
Der Kläger wurde in der DDR wegen eines Fluchtversuchs im Januar 1976 in der Justizvollzugsanstalt Na. inhaftiert und durch Urteil des Kreisgerichts G. vom 21.03.1976 wegen versuchter Republikflucht nach § 213 Strafgesetzbuch der DDR (StGB-DDR) zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und acht Monaten verurteilt. Am 15.03.1977 wurde er aus der Haft entlassen. Am 19.12.1985 reiste er ins Bundesgebiet aus. Mit der Entscheidung des Generalstaatsanwalts in K. vom 30.06.1986 wurde die Vollstreckung aus dem Urteil des Kreisgerichts G. vom 21.03.1976 gemäß § 15 Gesetz über die innerdeutsche Rechts- und Amtshilfe in Strafsachen vom 02.05.1953 in der Fassung vom 18.10.1974 für unzulässig erklärt. Mit Bescheid des Landratsamts B.-H. (LRA) vom 21.06.1993 wurde dem Kläger eine Kapitalentschädigung nach dem Gesetz über die Rehabilitation und Entschädigung von Opfern rechtsstaatswidriger Strafverfolgungsmaßnahmen im Beitrittsgebiet (StrRehaG) in Höhe von 4.050,00 DM gewährt.
Am 08.04.2003 beantragte der Kläger die Gewährung von Beschädigtenversorgung nach dem Ersten Gesetz zur Bereinigung von SED-Unrecht (1. SED-UnBerG). In dem Formularantrag gab der Kläger an, er habe psychische Schäden davongetragen und leide unter Verfolgungswahn. Dies führe er auf die Inhaftierung und die Verfolgungszeit nach der Haftentlassung bis zur Abschiebung in das Bundesgebiet zurück.
Er legte das Attest des Arztes für Neurologie, Psychiatrie und Psychotherapie Dr. H. vom 02.04.2003 vor. Dort wird ausgeführt, der Kläger habe durch die Ereignisse während seiner Haftzeit und insbesondere in der Zeit danach bis zu seiner Übersiedlung unter einem erheblichen psychischen Druck gestanden, welcher zu einer Anpassungsstörung geführt habe. Offensichtlich sei es durch die Ereignisse der letzten vier Jahre, in denen der Kläger zunehmend sozial isoliert gewesen sei, zu einer Zuspitzung der Anpassungsstörung mit deutlicher depressiv-ängstlicher Ausgestaltung und einer zunehmenden paranoiden misstrauischen Verarbeitung gekommen, wobei letztere teilweise schon den Ausprägungsgrad einer wahnhaften Störung besitze. Da der Kläger kein Vertrauen zu den Ärzten habe und auch nicht krankenversichert sei, sei bislang keine Behandlung erfolgt, was zu einer Chronifizierung der Anpassungsstörung führen dürfte.
Sodann zog das ehemalige Versorgungsamt F. (VA) über den Bundesbeauftragten für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen DDR (BStU) die Entscheidung des Generalstaatsanwalts in K. vom 30.06.1986, den Entlassungsschein vom 16.03.1977 (Beginn des Strafvollzugs am 15.01.1976 und Entlassung aus der Strafvollzugseinrichtung N. am 15.03.1977), den Mitglieds-Ausweis der Gemeinschaft ehemaliger politischer Häftlinge - Vereinigung der Opfer des Stalinismus e. V. (Verhaftung am 09.01.1976 und Entlassung am 15.03.1977), die Bescheinigung nach § 10 Abs. 4 Häftlingshilfegesetz (HHG) des LRA vom 10.07.1987 (beim Kläger lägen die Voraussetzungen des § 1 Abs. 1 Nr. 1 HHG vor, Ausschlussgründe nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 und 2 HHG seien nicht gegeben und es habe in P., R., G. und N. ein politischer Gewahrsam vom 14.01.1976 bis zum 15.03.1977 vorgelegen) sowie den Bescheid des LRA über die Kapitalentschädigung vom 21.06.1993 bei.
Auf Anfrage des VA teilte das LRA am 30.04.2003 telefonisch mit, bei der Prüfung der Ausschließungsgründe für den Bescheid über die Kapitalentschädigung seien die Bescheinigung nach § 10 Abs. 4 HHG vom 10.07.1987, die Entscheidung des Generalstaatsanwalts in K. vom 30.06.1986, der Entlassungsschein vom 16.01.1976 und Zeugenaussagen zu Grunde gelegt worden. Ein Rehabilitierungsbeschluss liege nicht vor.
Ferner zog das VA über die Justizvollzugsanstalt N. die Strafvollzugsakte (Festnahme und Einlieferung am 15.01.1976, Haftbefehl am 16.01.1976, Anklage am 26.02.1976, Verurteilung am 24.03.1976 zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und acht Monaten, ärztliche Untersuchungen am 19.01.1976 und 14.03.1977, Entlassung am 15.03.1977) bei.
Unter dem 24.09.2003 teilte der BStU mit, Gesundheitsunterlagen zu der Haftzeit des Klägers seien dort nicht vorhanden.
Da das VA den Nachweis der politischen Inhaftierung durch die Bescheinigung nach § 10 Abs. 4 HHG und den Bescheid über die Kapitalentschädigung vom 21.06.1993 als erbracht ansah, trat das VA in die medizinische Ermittlung ein.
Der Arzt für Neurologie, Psychiatrie und Psychotherapie Dr. D. berichtete unter dem 01.12.2003, der Kläger habe sich bei ihm im Jahr 2000 wegen rezidivierender depressiver Störungen seit 1997 und extensivem Alkoholabusus vorgestellt, was zu mehrfachen Behandlungen wegen einer generalisierten Angststörung mit Phobien, zeitweise mit Panikattacken, und rezidivierenden depressiven Störungen geführt habe. Im Jahr 2002 habe sich der Kläger bei ihm wegen eines Alkoholrückfalls sowie einer Angst- und Panikstörung wieder vorgestellt. Von Inhaftierungen habe ihm der Kläger nichts mitgeteilt, so dass er die Symptomatik nicht als posttraumatisches Stresssyndrom einordnen könne. Beigefügt waren das sozialmedizinische Gutachten von Dipl.-Med. L. vom Medizinischen Dienst der Krankenversicherung B.-W. (MDK) vom 28.08.2000 (Angst- und depressive Reaktionen gemischt im Sinne einer Anpassungsstörung; allerdings bei familiärer Disposition zu vorbekannter rezidivierender depressiver Störung, Zustand nach Alkoholabusus) und der Arztbrief von Dr. H./Dr. M. von der H.-Klinik M. vom 13.06.2002 (Fettleberhepatitis mit Hepatosplenomegalie bei Alkoholkrankheit, Alkoholpsychose, Verdacht auf zugrundeliegende Depression).
Sodann zog das VA den ärztlichen Entlassungsbericht von Dr. W. von der Z.-Klinik St. Bl. vom 15.10.1999 (Alkoholmissbrauch bei Verdacht auf Alkoholabhängigkeit, leicht- bis mittelgradige depressive Episode, Depressionen ebenfalls beim Vater und einer Schwester) bei. Dort wird unter anderem ausgeführt, aus psychotherapeutischer Sicht bestünden vor dem Hintergrund einer ausgeprägten Selbstwertproblematik in den letzten Jahren rezidivierende depressive Episoden sowie Phasen exzessiven Alkoholmissbrauchs. Anzunehmen sei, dass darüber hinaus seit langem eine Alkoholabhängigkeitssyptomatik bestehe, die vom Kläger jedoch bagatellisiert bis verleugnet werde. Außerdem habe der Kläger angegeben, seit Beginn der Arbeitslosigkeit im Jahr 1996 zunehmend unter Ängsten und Stimmungseinbrüchen zu leiden.
Daraufhin holte das VA das Gutachten der Ärztin für Neurologie, Psychiatrie und Psychotherapeutische Medizin Dr. B. vom 24.03.2004 ein. Dort wird ausgeführt, der Kläger habe angegeben, schon in der Jugend regelmäßig Alkohol getrunken zu haben. Ab dem Jahr 1996 habe er vermehrt Alkohol getrunken. Zu den Ereignissen in der DDR befragt, habe der Kläger angegeben, es habe ihn besonders geprägt, dass er im letzten Augenblick seines Fluchtversuchs gefasst worden sei. Dies, sein anschließender Abtransport sowie die Schikanen durch das Aufsichtspersonal im Gefängnis und die Schikanen nach der Haftentlassung könne er nicht vergessen. Die Gutachterin kam zu der Beurteilung, beim Kläger bestehe eine schwerwiegendere psychiatrische Störung mit paranoiden Gedanken. Es lasse sich nicht mit hinreichender Wahrscheinlichkeit feststellen, dass die Erlebnisse in der DDR eine wesentliche Rolle für die Entwicklung des jetzigen, diagnostisch nicht klar einzuordnenden, chronifizierten psychiatrischen Krankheitsbildes gespielt hätten. Die aktuelle Symptomatik habe sich Mitte der 90er Jahre entwickelt und dann zunehmend zugespitzt, wobei sicherlich die langjährige Arbeitslosigkeit und ein langjähriger übermäßiger Alkoholkonsum eine wesentliche Rolle gespielt hätten. Es sei davon auszugehen, dass es sich hier um ein multifaktorielles Geschehen handle, wobei es Hinweise für eine genetische Disposition gebe. Es habe sich kein Anhalt dafür gefunden, dass die Hafterlebnisse hier eine wesentliche Mitursache darstellten. Schädigungsfolgen nach dem StrRehaG könnten somit nicht festgestellt werden. Der Grad der Behinderung (GdB) sei, da eine schwere soziale Anpassungsstörung vorliege, mit 80 zu bewerten.
Dr. B. empfahl in ihrem Prüfvermerk vom 30.03.2004 keine Anerkennung von Schädigungsfolgen nach dem StrRehaG.
Mit Bescheid vom 21.04.2004 lehnte das VA den Antrag auf Gewährung von Beschädigtenversorgung nach dem StrRehaG ab. Die für die Gewährung von Beschädigtenversorgung erforderliche Anspruchsvoraussetzung eines ursächlichen Zusammenhangs zwischen den geltend gemachten psychischen Schäden als Gesundheitsstörung und den geltend gemachten Bedingungen während der Haft und bis zur Abschiebung ins Bundesgebiet als schädigendem Ereignis sei nicht erfüllt.
Hiergegen legte der Kläger mit der Begründung Widerspruch ein, bei der Prüfung seines Antrags seien die von ihm während der Haft empfundene existenzielle Bedrohung, die erlebte Isolation und das hilflose Ausgeliefertsein, die bei ihm bereits damals zu Angstzuständen und Angstträumen geführt hätten, außer Acht gelassen worden. Die allgemein beschriebenen Verhältnisse von Haftanstalten im Bundesgebiet seien mit den Zuständen in Gefängnissen in der DDR nicht vergleichbar. Er habe sich in der DDR niemandem anvertrauen können, da dies für ihn sofort erneute Haft bedeutet hätte. Mehr als acht Jahre habe es gedauert, bis er aus der DDR herausgekommen sei. Im Bundesgebiet angekommen, habe er Arbeit gehabt und sei im Alltag abgelenkt gewesen. Seit seiner Arbeitslosigkeit hätten ihn die Gefängniserlebnisse wieder eingeholt.
Das VA holte das nach Aktenlage erstellte Gutachten der Ärztin für Psychiatrie und Psychotherapie Dr. Sch. vom Oktober 2004 ein. Sie gelangte zu der Beurteilung, es lasse sich nicht mit hinreichender Wahrscheinlichkeit feststellen, dass die Erlebnisse in der DDR eine wesentliche Rolle für die Entwicklung des jetzt bestehenden chronifizierten Krankheitsbildes dargestellt hätten. Es sei zu vermuten, dass hierzu die langjährige Arbeitslosigkeit mit fehlender Alltagsstrukturierung und zunehmender Isolierung beigetragen habe. Hypothese bleibe, ob der langjährige erhebliche Alkoholkonsum bei aktuell unklarem Konsumverhalten im Rahmen einer Selbstmedikation bezüglich der wahnhaften Symptomatik zu sehen sei oder die Symptomatik selbst verstärkt habe. Auch die genetische Disposition spiele hierbei sicherlich eine Rolle. Die Symptomatik sei als schwere Störung anzusehen und mit einem Grad der Behinderung (GdB) von 80 zu bewerten.
Die Ärztin L. stimmte diesem Gutachten in ihrer versorgungsärztlichen Stellungnahme vom 04.11.2004 zu.
Daraufhin wies der Beklagte den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 18.11.2004 zurück.
Hiergegen erhob der Kläger am 17.12.2004 Klage zum Sozialgericht Freiburg (SG). Er habe die Bedingungen während der Haft als existentielle Bedrohung empfunden. Der Hinweis des Gefängniswärters beim Zuschlagen des Metallgitters, er komme hier nicht mehr heraus, habe in ihm eine Lebensangst hervorgerufen. Die Isolation in der Untersuchungshaft und die Situation während des Verhörs, als er in einem Verhörzimmer im Keller mit grellem Licht beleuchtet worden sei, habe diese Bedrohung verstärkt. Während der Gerichtsverhandlung, habe er sich hilflos gefühlt. Nach Haftende habe er in der DDR mit niemandem darüber reden können. Da auch im Bundesgebiet niemand etwas mit einem Ex-Häftling zu tun gehabt haben wolle, habe er sich auch hier nicht getraut, über seine Haft zu reden. Erst seit Beginn seiner Arbeitslosigkeit sei er wieder von den gleichen Angstgefühlen, wie sie während der Haftzeit vorgeherrscht hätten, beherrscht.
Das SG holte das Gutachten des Facharztes für Psychiatrie, Psychotherapie, Psychoanalyse und psychosomatische Medizin Dr. C. vom 29.05.2006 ein. Der Sachverständige diagnostizierte eine Alkholabhängigkeit, eine partielle posttraumatische Belastungsstörung, eine rezidivierende depressive Episode mittleren Schweregrades und äußerte den Verdacht auf einen Status nach, gegebenenfalls auch alkoholinduzierter, wahnhafter Störung. Die beim Kläger anzutreffenden Störungen ordneten sich in ein kompliziertes Ursachengefüge ein. Hypothetisch-spekulativ bleibe, ob eine genetische Belastung vorliege und inwieweit die Familienatmosphäre im Verbund mit kindlichen Erfahrungen zu einer speziellen Persönlichkeitsprägung geführt haben könnten, die schließlich bereits in frühen Jahren in eine Suchttendenz eingemündet seien. Nicht bezweifelt werden könne hingegen, dass es beim Kläger unter den Erfahrungen im DDR-Regime zu Einwirkungen auf das Seelenleben gekommen sei, die potentiell traumatische Qualität aufwiesen. Dabei gehe es nicht um einzelne zufällige akkumulierte Ereignisse, sondern um eine in innerer Logik verbundene Ereigniskette aus Außenseitertum, vereitelter Flucht, Haft- und Verhörerfahrungen und schließlich langjähriger Verfolgung, Beeinträchtigung und Bespitzelung. Jedes dieser Ereignisse für sich genommen wäre geeignet gewesen, posttraumatische Symptome auszulösen, die vermutlich nach einer gewissen Zeit mit oder ohne Therapie wieder abgeklungen wären. Die Langjährigkeit und Nachhaltigkeit der hier erlittenen Erfahrungen spreche aber hier mit höherer Wahrscheinlichkeit dafür, dass posttraumatische Störungen entstanden seien und bis heute persistierten. Dass die posttraumatische Symptomatik während der ersten Jahre nach der Ausreise nicht in Erscheinung getreten sei, spreche nicht gegen diese Hypothese. Zum Einen würden entsprechende Symptome und deren Geschichte meistens aus Scham verschwiegen und zum Anderen erfordere der Anpassungsdruck in einer fremden Umgebung oft so viel Energie, dass die traumatischen Ereignisse eine Zeit lang im Erleben zurückträten. Der Kausalitätsbeitrag der Arbeitslosigkeit zum aktuellen Störungsbild dürfte von geringerem Umfang sein als derjenige der Traumatisierung, da der Kläger derzeit unter seiner Arbeitslosigkeit und dem damit verbundenen Verlust sozialer Kontakte nicht zu leiden scheine. Durch die traumatische Sequenz seien vor allem die typischen posttraumatischen Symptome determiniert worden. Hierbei handle es sich um eine Trias aus Intrusion (Eindringen von Erinnerungsbildern mit und ohne Triggerung), Konstriktion (Selbstbetäubung und Vermeidung) und Hyperarousal (allgemeine Herabsetzung der Angst- und Erregbarkeitsschwelle). Da diese Symptome nicht in aller Vollständigkeit und auch nicht in Maximalstärke gegeben seien, könne nur die Diagnose einer partiellen posttraumatischen Belastungsstörung gestellt werden. Da Depressivität bei posttraumatischen Belastungsstörungen als regelmäßige Komorbidität in Erscheinung trete, sei davon auszugehen, dass die depressive Verstimmung wesentlich durch die posttraumatische Störung mitverursacht werde. Das klinisch zentrale und beherrschende Symptom sei gegenwärtig und durchgängig das Suchtverhalten, das die Grenze des schädlichen Gebrauchs schon überschritten habe und in eine manifeste, wenn auch noch nicht vollständig dekompensierte Alkoholabhängigkeit eingemündet sei. Dabei sei aber zu berücksichtigen, dass der Kläger schon von Jugend an, also vor Beginn der Traumatisierung, zu erhöhtem Alkoholkonsum geneigt habe. Ein weiterer Aspekt sei der soziale Rückzug auf dem Hintergrund eines tief verwurzelten Misstrauens, der sich in der Vergangenheit bereits einmal zu dem Syndrom einer wahnhaften Störung verdichtet habe. Dieses Symptom sei insbesondere bei dem Syndrom der posttraumatischen Wesensänderung nach anhaltender schwerer Traumatisierung anzutreffen. Da aber auch Alkoholabhängigkeit zu ähnlichen Störungsbildern wahnhafter Prägung führen könne, sei hier nicht mit höherer Wahrscheinlichkeit zu bestimmen, auf welchen Wirkfaktor die genannte Persönlichkeitseigenschaft zurückzuführen sei. Gegenwärtig sei die Störung im ehemals beschriebenen Ausmaß nicht mehr nachweisbar. Dennoch sei beim Kläger die Möglichkeit, anderen Menschen in angemessenem Umfang zu vertrauen, nach wie vor tiefgreifend gestört. Nach sorgfältiger Abwägung aller Gesichtspunkte sei die Beweisfrage mit höherer Wahrscheinlichkeit dahingehend zu bejahen, dass nicht unwesentliche Teile der seelischen Störung, nämlich die posttraumatische Symptombildung und die fixierte Misstrauenshaltung auf die Traumatisierungen im Umkreis der DDR-Haft- und Verfolgungserfahrungen zurückzuführen seien. Insofern werde hier eine Diskrepanz zu den Einschätzungen der Gutachten deutlich, in denen die Möglichkeit einer verlängerten Latenz zwischen dem Trauma und dem Auftreten der Symptomatik nicht berücksichtigt worden sei. Für die Alkoholabhängigkeit lasse sich die Beweisfrage nicht mit ausreichender Wahrscheinlichkeit bejahen. Für die somatischen Diagnosen lasse sich eine Traumagenese mit hoher Wahrscheinlichkeit ausschließen. Aus gutachtlicher Sicht sei eine Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) von 30 vom Hundert (v.H.) angemessen, da zwar kennzeichnende posttraumatische Symptome vorlägen, das Vollbild einer posttraumatischen Belastungsstörung aber nicht angetroffen werde. Dieser MdE-Grad beziehe sich ausschließlich auf den wahrscheinlich traumainduzierten Störungsanteil.
Dr. G. führte in der versorgungsärztlichen Stellungnahme vom 05.09.2006 aus, gegen eine Anerkennung einer partiellen posttraumatischen Belastungsstörung als Schädigungsfolge bestünden erhebliche Bedenken. Es bestehe eine Latenzzeit zwischen der Einreise ins Bundesgebiet und der erstmaligen Dokumentation einer depressiven Störung von zwölf Jahren. Ein großer zeitlicher Abstand zwischen psychischer Erkrankung und schädigendem Ereignis mindere den Grad der Wahrscheinlichkeit eines Zusammenhangs. Gewichtige alternative Kausalitäten seien in der Arbeitslosigkeit, der sozialen Isolation, der Alkoholkrankheit und der familiären Belastung mit psychiatrischen Störungen zu erkennen. Die Haft- und Verfolgungserlebnisse in der DDR könnten neben den anderen bekannten Faktoren nicht als annähernd gleichwertige Ursache der psychischen Beeinträchtigung angesehen werden.
Mit Urteil vom 31.01.2007 wies das SG die Klage ab. Im Fall des Klägers könne nicht mit genügender Wahrscheinlichkeit festgestellt werden, dass schon die rechtsstaatswidrige Freiheitsentziehung unter Umständen im Zusammenwirken mit einer vorbestehenden Veranlagung beziehungsweise gestörten Persönlichkeitsstruktur, zu einer primären Gesundheitsschädigung geführt habe, beziehungsweise dass eine solche Schädigung durch eine Haft wiederum eine wahrscheinlich rechtlich wesentliche Mitursache heute noch bestehender psychischer Schädigungsfolgen sei. Indem Dr. C. ausgeführt habe, dass aufgrund der Langjährigkeit und Nachhaltigkeit der Erfahrungen eine höhere Wahrscheinlichkeit für einen Ursachenzusammenhang zwischen den Erfahrungen und der von ihm festgestellten partiellen posttraumatischen Belastungsstörung, verbunden mit fixierter Misstrauenshaltung, bestehe, habe er eingeräumt, dass allein die Haft- und Verhörerfahrungen zwar geeignet gewesen wären, posttraumatische Symptome auszulösen, dass diese aber nach einer gewissen Zeit mit oder ohne Therapie wieder abgeklungen wären. Dass jedoch heute noch eine partielle posttraumatische Belastungsstörung feststellbar sei, liege, so der Sachverständige, an der Langjährigkeit und Nachhaltigkeit der erlittenen Erfahrungen, zu denen insbesondere auch die langjährige Verfolgung, Beeinträchtigung und Bespitzelung gehört hätten. Auch der Kläger habe die mit dem ursprünglichen Antrag geltend gemachten psychischen Schäden und den Verfolgungswahn auf die Inhaftierung und die Verfolgungszeit in der DDR, die immerhin acht Jahre lang angehalten habe, zurückgeführt. Dass allein die Hafterfahrungen die Rolle einer wesentlichen Mitursache für die heute noch bestehenden psychischen Auffälligkeiten darstellen würden, lasse sich nach alledem nicht mit genügender Wahrscheinlichkeit feststellen. Insbesondere sei hier darauf hinzuweisen, dass direkte Hafterlebnisse vom Kläger nicht in nächtlichen Träumen wieder durchlebt würden und seine Darstellungen, er habe sich auch noch im Bundesgebiet verfolgt und beobachtet gefühlt, hier einen Zusammenhang mit den Verfolgungsmaßnahmen erkennen ließen, denen der Kläger nach der Haftentlassung noch jahrelang in der DDR ausgesetzt gewesen sei. Auch Dr. H. habe ausgeführt, der Kläger sei durch die Ereignisse während der Haftzeit und insbesondere in der Zeit danach bis zur Übersiedlung in das Bundesgebiet unter erheblichem psychischen Druck gestanden, was zu einer Anpassungsstörung geführt habe. Das Bundessozialgericht (BSG) habe zu der rechtsähnlichen Vorschrift des § 4 HHG entschieden, allein die gesundheitlichen und wirtschaftlichen Folgen einer durch Haft erlittenen gesundheitlichen Schädigung seien auszugleichen, wovon nicht die Folgen anderer Verfolgungsmaßnahmen, die durch eine vorausgegangene Haft verursacht worden seien, erfasst würden. Berufliche und sonstige Diskriminierungen im Anschluss an die Haft könnten deshalb nicht als von §§ 1 und 4 HHG erfasste Schadensursachen anerkannt werden. Vielmehr komme es nur darauf an, ob die im Gesetz benannten Gewahrsamseinwirkungen und durch sie bedingt Gesundheitsschädigungen die Ursache der jetzt geltend gemachten Gesundheitsstörungen seien, wobei ausreiche, dass sie mindestens eine gleichwertige Ursache neben anderen Bedingungen darstellten. Ebenso verhalte es sich im Bereich des Gesetzes über die Rehabilitation und Entschädigung von Opfern rechtsstaatswidriger Strafverfolgungsmaßnahmen im Beitrittsgebiet (StrRehaG), was bedeute, dass es auch hier nur auf eine Schädigung durch die rechtsstaatswidrige Freiheitsentziehung ankommen könne, nicht aber auf eine Schädigung durch langjährige berufliche und soziale Diskriminierungen in den vielen Jahren nach der Strafhaft.
Gegen das ihm am 27.02.2007 zugestellte Urteil des SG hat der Kläger am 26.03.2007 Berufung eingelegt. Auch wenn lediglich auf die Haftzeit abgestellt werde, dürfte hierdurch ein posttraumatisches Trauma vom Typ 2 vorliegen, das dadurch gekennzeichnet sei, dass Menschen wiederholte, länger andauernde und schwere Bedrohungen und/oder Gewalt durch andere Menschen erfahren müssten, was in manchen Fällen die dauerhafte Entwicklung krankheitswertiger psychosomatischer Symptome, etwa in Form der posttraumatischen Belastungsstörung, zur Folge habe. Er habe mehr als drei Monate Untersuchungshaft mit Verhören hinnehmen müssen. Danach hätten sich elf Monate Strafhaft angeschlossen, während der er habe Erfahrungen machen müssen, die von rohem, gewalttätigem Verhalten des Vollzugs geprägt gewesen seien. Ferner habe er eine entwürdigende Behandlung und psychischen Druck erfahren. Diese Geschehnisse hätten ihn, bereits vorbelastet durch sein Außenseitertum und die vereitelte Flucht, getroffen. Diese Aspekte seien bei der Prüfung der Folgen der Haftzeit mit zu berücksichtigen, da die Beurteilung des Einzelfalls in Würdigung des konkreten Betroffenen zu erfolgen habe und hierbei nicht von einem fiktiven Durchschnittsmenschen auszugehen sei. Der Sachverständige sei daher zu befragen, ob die 14-monatige Haftzeit jedenfalls vor dem Hintergrund der bereits bestehenden Vorbelastungen geeignet gewesen sei, persistierende posttraumatische Störungen auszulösen. Verneinendenfalls sei er zu befragen, ob die Wahrscheinlichkeit für eine persistierende posttraumatische Störung ohne begleitende und zeitnah einsetzende Therapie zu erwarten gewesen wäre. Außerdem sei er zu befragen, ob die durch die Haft ausgelösten posttraumatischen Symptome mit oder ohne Therapie wahrscheinlich abgeklungen wären.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 31.01.2007 und den Bescheid vom 21.04.2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18.11.2004 aufzuheben, als Schädigungsfolge eine partielle posttraumatische Belastungsstörung festzustellen und den Beklagten zu verurteilen, ihm Beschädigtenrente nach einem Grad der Schädigungsfolgen von mindestens 30 zu gewähren.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Der Senat hat zunächst die ergänzende gutachtliche Stellungnahme des Dr. C. vom 29.08.2007 eingeholt. Der Sachverständige hat zu der versorgungsärztlichen Stellungnahme des Dr. G. vom 05.09.2006 ausgeführt, die beim Kläger vorliegende Störung sei lediglich deshalb als partiell bezeichnet worden, weil eines der geforderten Kriterien, nämlich das der Vermeidung, nicht vorliege. Möglicherweise benötige der Kläger deshalb keine ausgeprägten Vermeidungsstrategien, weil er durch die alkoholische Dauersedation über einen anderen ebenso dysfunktional-schädlichen wie wirksamen Mechanismus verfüge, seine traumatischen Überflutungen zu regulieren. Auch könne man durchaus diskutieren, ob der vom Kläger umfangreich betriebene soziale Rückzug nicht gerade im Dienst der Vermeidung von Triggerungen stehe und somit doch von einer vollständigen posttraumatischen Belastungsstörung auszugehen sei. Darüber hinaus stelle sich die Frage, ob tatsächlich nur eine voll ausgeprägte posttraumatische Belastungsstörung entschädigungspflichtig sei oder ob nicht auch andere seelische Traumafolgeschäden, wie zum Beispiel die sehr häufigen traumainduzierten depressiven und Angstzustände ebenfalls eine Entschädigungspflicht auslösten. Nicht zutreffend sei die Einschätzung, die Haft und die Verfolgungserlebnisse in der DDR könnten nicht als annähernd gleichwertige Ursache der psychischen Beeinträchtigungen neben den anderen bekannten Faktoren angesehen werden. Vielmehr sei davon auszugehen, dass die Fülle und Schwere der durch DDR-Unrecht zugefügten Traumatisierungen einen zumindest gleichwertigen pathogenen Faktor darstellten. Zu der Berufungsbegründung des Klägers hat der Sachverständige ausgeführt, gemäß umfangreicher internationaler epidemiologischer Studien sei nachgewiesen, dass das Ausmaß der bestehenden seelischen Vorbelastung einen wesentlichen Prädiktor für die Entwicklung einer posttraumatischen Belastungsstörung nach Traumaexposition darstelle. Diese erscheine dabei ausschlaggebender als die Schwere und die Art des erlittenen Traumas. Die vom Kläger erlittenen Traumatisierungen während der Haftzeit seien auf jeden Fall geeignet, persistierende posttraumatische Störungen auszulösen. Tatsächlich sei davon auszugehen, dass auch ein seelisch stabilerer Mensch infolge dieses Maßes an Belastung persistierende posttraumatische Störungen hätte entwickeln können, selbst dann, wenn er nur Ausschnitten der Ereignisse exponiert gewesen wäre. Allerdings könne und müsse eingewendet werden, dass es Menschen gebe, die infolge angeborener oder erworbener seelischer Gaben und/oder infolge guter sozialer Unterstützung gegenüber Traumatisierungen resistenter oder resilienter seien als andere. Ferner hat der Sachverständige ausgeführt, die Haftzeit habe so hohe Belastungsmomente enthalten, dass er nach seiner klinischen Erfahrung davon ausgehe, dass in der Mehrzahl der Fälle hier von einer länger währenden oder dauernden Traumafolgestörung auszugehen wäre. Die Entwicklung einer posttraumatischen Belastungsstörung sei hier also als wahrscheinlich zu beurteilen. Nur bei exzellenter Ressourcenlage, die hier nicht gegeben sei, und/oder bei intensiver sozialer - auch therapeutischer - Unterstützung, die hier ebenfalls nicht vorgelegen habe, wäre ein günstigerer Ausgang zu erwarten gewesen.
Hierzu hat Dr. G. in der versorgungsärztlichen Stellungnahme vom 17.09.2007 ausgeführt, nicht nur die Unvollständigkeit der Symptomausprägung sondern auch eine nicht ausreichend nachvollziehbare höhere Ausprägungsstärke der Symptomatik(zu schließen aus den Ausführungen des Sachverständigen, die Symptome einer posttraumatischen Belastungsstörung lägen nicht in der Maximalstärke vor), spreche gegen die Anerkennung einer posttraumatischen Belastungsstörung. So habe der Kläger lediglich pauschal von Angstzuständen, nicht aber von aufdringlichen Nachhallerinnerungen oder wiederholten Träumen in Verbindung mit direkten Hafterlebnissen berichtet. Auch seien emotionale oder vegetative Beeinträchtigungen bei der Schilderung traumatischer Erlebnisse in der Untersuchungssituation nicht in Erscheinung getreten. Dem Sachverständigen sei des Weiteren entgegen zu halten, auch wenn die Hafterlebnisse prinzipiell geeignet gewesen seien, persistierende posttraumatische Störungen auszulösen, so sei aus dieser Möglichkeit noch keine Wahrscheinlichkeit ableitbar. Die bisherige Aktenlage, insbesondere die zeitnah zum Auftreten der psychischen Störung erstellten Befunddokumentationen, stützten die Einschätzung des Sachverständigen, die Entwicklung einer posttraumatischen Belastungsstörung auf Grund der Hafterlebnisse sei wahrscheinlich, nicht. Weder aus dem MDK-Gutachten des Dipl.-med. L. vom 28.08.2000 noch aus dem ärztlichen Entlassungsbericht der Z.klinik vom 15.10.1999 seien die Symptome einer posttraumatischen Belastungsstörung in Verbindung mit den Hafterlebnissen ableitbar. Daher werde nochmals auf die fehlende Brückensymptomatik hingewiesen. Eine behandlungsbedürftige psychische Störung sei erst ab 1997 dokumentiert. Arbeitslosigkeit bestehe sei 1997 und vermehrter Alkoholkonsum habe anamnestisch von Jugend an bestanden. Ab Beginn der Arbeitslosigkeit sei es jedoch zu einer deutlichen Zunahme des Alkoholkonsums gekommen. Die soziale Isolation habe sich noch einmal deutlich mit Eintreten der Arbeitslosigkeit verstärkt. Sowohl die zeitlichen Zusammenhänge als auch die Nachhaltigkeit der alternativen Kausalitäten sprächen gegen eine wesentliche Mitursache der Hafterlebnisse an der jetzt vorliegenden psychischen Beeinträchtigung.
Sodann hat der Senat auf Antrag des Klägers nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) das Gutachten des Prof. Dr. K., Chefarzt der Fachklinik für psychosomatische Medizin B., vom 07.08.2008 eingeholt. Der Sachverständige hat eine partielle posttraumatische Belastungsstörung, eine Alkoholabhängigkeit, eine gegenwärtig mittelgradige, rezidivierende depressive Störung diagnostiziert und den Verdacht auf einen Zustand nach einer am ehesten alkoholinduzierten wahnhaften Störung geäußert. Er ist zu der Einschätzung gelangt, mit hinreichender Wahrscheinlichkeit seien die vom Kläger beklagten dysfunktionalen Erinnerungen sowie das einerseits durch eine inadäquate Selbstbehandlung mit Alkohol und andererseits durch einen sozialen Rückzug gekennzeichnete Vermeidungsverhalten auf die Verbüßung der Haftzeit zurückzuführen. Die entstandene Alkoholabhängigkeit könne in Zusammenhang mit einem dysfunktionalen Selbstbehandlungsversuch der Erinnerungen erklärt werden, wobei der Kläger im Unterschied zu den Vorgutachten bei der jetzigen Exploration ausdrücklich angegeben habe, vor der Haftstrafe alkoholabstinent gelebt zu haben. Somit sei davon auszugehen, dass die Haftstrafe mit den dort erlebten körperlichen und auch verbalen Gewaltanwendungen Ursache für die partielle posttraumatische Belastungsstörung sei. Es sei davon auszugehen, dass eine MdE um 40 v. H. bestehe. Dies sei damit zu begründen, dass beim Kläger nur eine partielle posttraumatische Belastungsstörung vorliege, da er nicht alle spezifischen psychopathologischen Symptome in voller Ausprägung aufweise.
Hierzu hat Dr. G. in der versorgungsärztlichen Stellungnahme vom 13.10.2008 dargelegt, es könne nicht mit der notwendigen Wahrscheinlichkeit davon ausgegangen werden, dass die Hafterlebnisse in der DDR eine wesentliche Ursache für die psychische Beeinträchtigung des Klägers darstellten. Weiterhin fehle es an einem zeitlichen Zusammenhang zwischen dem schädigenden Ereignis und der ab 1997 dokumentierten psychischen Beeinträchtigung. Eine traumaspezifische psychiatrische Brückensymptomatik sei nicht belegt. Ferner seien die Symptome Intrusion, Vermeidungsverhalten und verstärkte Übererregbarkeit auch bei der aktuellen Untersuchungssituation nur teilweise nachweisbar gewesen. Zwar sei im Rahmen der aktuellen Begutachtung im Befund zeitweise bei der Schilderung der Hafterlebnisse eine Anspannung beschrieben worden. Eine durchgehende emotional überwältigende Beeinträchtigung des Klägers im Zusammenhang mit den Hafterlebnissen sei anhand der bisherigen psychischen Befunderhebungen nicht nachvollziehbar. Auffallend sei des Weiteren, dass der Kläger im Rahmen der aktuellen Begutachtung im Gegensatz zu den früheren Begutachtungen angegeben habe, erst nach der Haftzeit Alkohol konsumiert zu haben. Diese Diskrepanzen ließen Zweifel an der Konsistenz der klägerischen Angaben aufkommen.
Prof. Dr. K. hat in seiner ergänzenden gutachtlichen Stellungnahme vom 25.11.2008 ausgeführt, nach dem derzeitigen wissenschaftlich anerkannten Stand bleibe bei der Kausalitätsbeurteilung einer posttraumatischen Belastungsstörung immer eine gewisse Unschärfe bestehen. Eine zeitliche Latenz, auch von Jahren bis zu Jahrzehnten, zwischen dem schädigenden Ereignis und dem erstmaligen Auftreten einer psychischen Störung spreche nicht gegen das Vorliegen einer posttraumatischen Belastungsstörung. Außerdem müsse davon ausgegangen werden, dass der vermehrte Alkoholkonsum einen insuffizienten Bewältigungsversuch dargestellt habe. Ob bei den Behandlungen in den Jahren 1999 und 2000 die Symptome vorhanden oder nicht vorhanden gewesen seien, könne nicht aus den diesbezüglichen Arztberichten geschlossen werden. In diesem Zusammenhang sei zu betonen, dass Menschen, die in einem totalitären politischen System verfolgt, inhaftiert und auch traumatisiert worden seien, aus Schamgefühlen oder aus Angst gegenüber den Institutionen oder Stigmatisierung und zur Vermeidung charakteristischer Symptome einer posttraumatischen Belastungsstörung lange Zeit ihre Probleme verschwiegen, sie sogar verleugneten oder sogar bei der Untersuchung der Symptome für eine posttraumatische Belastungsstörung auswichen. Ferner sei typisch für Menschen mit einer posttraumatischen Belastungsstörung in einer Untersuchungssituation, in der sie von dem peritraumatischen Erleben berichteten, ein interaktionelles Muster, das durch An- und Abschwellen der beobachtbaren Anspannung bis hin zur Abwendung abhängig davon, wie nah sich der Proband an traumatisierenden Inhalten bewege, gekennzeichnet sei. Dadurch könne ein Vermeidungsverhalten ausgelöst werden. Allerdings widerlege auch das Fehlen eines begleitenden Affekts nicht eine Traumatisierung, da es sich hierbei um einen abgespaltenen traumatischen Affekt handeln könne. Eher Schilderungen, die relativ flüssig und adäquat traurig weinend oder mit wütendem Affekt vorgetragen würden, seien untypisch für eine fortdauernde Symptomatik im Zusammenhang mit der Traumatisierung. Beim Kläger handle es sich nicht um eine Person, die mit einer posttraumatischen Belastungsstörung in dem Sinne identifiziert sei, dass sie subjektiv davon überzeugt sei, unter einer solchen zu leiden. Diese Patienten seien in der Lage, lehrbuchartig die Symptome einer posttraumatischen Belastungsstörung zu schildern und diese dann auch situationsadäquat richtig zu demonstrieren. Diese Patienten hätten auch meist schon länger dauernde Therapien absolviert. Bei traumatisierten Patienten finde man dagegen öfter die Situation, dass sie versuchten, das Trauma vor sich und anderen zu verbergen. In diesem Zusammenhang müsse beim Kläger unter anderem auch das lange Schweigen über die Erfahrungen in der Haft auch gegenüber seiner Lebensgefährtin gesehen werden, das er selbst bei seinen ersten Kontakten bei Nervenärzten beibehalten habe und erst allmählich habe aufgeben können. Des Weiteren erscheine fragwürdig, dem Kläger aus dem Grund, dass bei dessen Angaben über den Alkoholkonsum Diskrepanzen bestanden hätten, Zweifel an der Konsistenz seiner Angaben zu bescheinigen. Vielmehr sei der Eindruck entstanden, dass der Kläger nicht versucht habe, in tendenzieller Art und Weise Angaben zu machen, die ihm hinsichtlich des Verfahrens hätten nützlich sein können und dass es sich um einen um die Vollständigkeit und Richtigkeit seiner Angaben bemühten Probanden handle, der auch keine Aggravationstendenzen aufgewiesen habe.
Hierzu hat Dr. G. in der versorgungsärztlichen Stellungnahme vom 19.02.2009 ausgeführt, es sei doch so, dass die dokumentierte Latenzzeit die Wahrscheinlichkeit eines kausalen Zusammenhangs erheblich mindere. Bei fehlenden Brückensymptomen sei die Zusammenhangsfrage besonders sorgfältig zu prüfen und die Stellungnahme anhand eindeutiger objektiver Befunde überzeugend wissenschaftlich zu begründen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Akteninhalt verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß §§ 143 und 144 SGG statthafte und nach § 151 SGG zulässige Berufung ist unbegründet.
Der Kläger hat keinen Anspruch auf Beschädigtenrente.
Rechtsgrundlage sind die §§ 1, 3, 12, 16 und 21 StrRehaG beziehungsweise die §§ 1 und 4 HHG in Verbindung mit §§ 30, 31 und 60 BVG.
I.
Der Kläger hat keinen Anspruch nach dem StrRehaG.
Die strafrechtliche Entscheidung eines staatlichen deutschen Gerichts in der DDR aus der Zeit vom 08.05.1945 bis zum 02.10.1990 ist auf Antrag für rechtsstaatswidrig zu erklären und aufzuheben (Rehabilitierung), soweit sie mit wesentlichen Grundsätzen einer freiheitlichen rechtsstaatlichen Ordnung unvereinbar ist, insbesondere weil die Entscheidung politischer Verfolgung gedient hat; dies gilt in der Regel für Verurteilungen wegen "ungesetzlichen Grenzübertritts" nach § 213 Abs. 1, 2 und 3 Satz 2 Nr. 3 bis 6 oder Abs. 4 StGB-DDR (§ 1 Abs. 1 Nr. 1 e StrRehaG).
Die Aufhebung einer Entscheidung nach § 1 StrRehaG begründet Ansprüche nach Maßgabe des StrRehaG (§ 3 Abs. 1 StrRehaG).
Der Antrag nach § 1 StrRehaG kann bis zum 31.12.2011 gestellt werden (§ 7 Abs. 1 StrRehaG). Das Gericht entscheidet durch Beschluss (§ 12 Abs. 1 Satz 1 StrRehaG).
Die Rehabilitierung begründet einen Anspruch auf soziale Ausgleichsleistungen für Nachteile, die dem Betroffenen durch eine Freiheitsentziehung entstanden sind (§ 16 Abs. 1 Satz 1 StrRehaG). Soziale Ausgleichsleistungen nach dem StrRehaG werden nicht gewährt, wenn der Berechtigte gegen die Grundsätze der Menschlichkeit oder Rechtsstaatlichkeit verstoßen oder in schwerwiegendem Maße seine Stellung zum eigenen Vorteil oder zum Nachteil anderer missbraucht hat (§ 16 Abs. 1 Satz 2 StrRehaG). Die sozialen Ausgleichsleistungen nach § 16 Abs. 1 StrRehaG werden auf Antrag als Kapitalentschädigung, besondere Zuwendung für Haftopfer und Unterstützungsleistung nach Maßgabe der §§ 17 bis 19 StrRehaG sowie als Versorgung nach Maßgabe der §§ 21 bis 24 StrRehaG gewährt (§ 16 Abs. 3 StrRehaG).
Ein Betroffener, der infolge der Freiheitsentziehung eine gesundheitliche Schädigung erlitten hat, erhält wegen der gesundheitlichen und wirtschaftlichen Folgen dieser Schädigung auf Antrag Versorgung in entsprechender Anwendung des BVG (§ 21 Abs. 1 Satz 1 StrRehaG). Dies gilt nicht, soweit er wegen desselben schädigenden Ereignisses bereits Versorgung auf Grund des BVG oder auf Grund von Gesetzen, die eine entsprechende Anwendung des BVG vorsehen, erhält (§ 21 Abs. 1 Satz 2 StrRehaG). Zur Anerkennung einer Gesundheitsstörung als Folge einer Schädigung genügt die Wahrscheinlichkeit des ursächlichen Zusammenhanges (§ 21 Abs. 5 Satz 1 StrRehaG). Wenn die Wahrscheinlichkeit nur deshalb nicht gegeben ist, weil über die Ursache des festgestellten Leidens in der medizinischen Wissenschaft Ungewissheit besteht, kann mit Zustimmung des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales die Gesundheitsstörung als Folge einer Schädigung anerkannt werden; die Zustimmung kann allgemein erteilt werden (§ 21 Abs. 5 Satz 2 StrRehaG).
Der Kläger kann keine Entschädigung nach dem StrRehaG verlangen. Denn ein nach § 12 Abs. 1 Satz 1 StrRehaG zu ergehender Gerichtsbeschluss, mit dem das Urteil des Kreisgerichts G. vom 21.03.1976 für rechtsstaatswidrig erklärt und aufgehoben wird, liegt nicht vor. Eine solche Rehabilitierung ist aber gemäß § 3 Abs. 1 StrRehaG zwingende Voraussetzung für eine Versorgung nach § 16 Abs. 1 StrRehaG in Verbindung mit § 21 Abs. 1 StrRehaG in Verbindung mit dem BVG und kann auch nicht durch andere Bescheinigungen - auch nicht durch den Bescheid des LRA über die Kapitalentschädigung vom 21.06.1993 oder die Entscheidung des Generalstaatsanwalts in K. vom 30.06.1986 betreffend die Vollstreckung aus dem Urteil des Kreisgerichts G. vom 21.03.1976 - ersetzt werden.
II.
Der Kläger hat auch keinen Anspruch nach dem HHG.
Leistungen nach Maßgabe des HHG erhalten deutsche Staatsangehörige und deutsche Volkszugehörige, wenn sie nach der Besetzung ihres Aufenthaltsortes oder nach dem 08.05.1945 in der sowjetischen Besatzungszone oder im sowjetisch besetzten Sektor von Berlin oder in den in § 1 Abs. 2 Nr. 3 Bundesvertriebenengesetz (BVFG) genannten Gebieten aus politischen und nach freiheitlich-demokratischer Auffassung von ihnen nicht zu vertretenden Gründen in Gewahrsam genommen wurden und den gewöhnlichen Aufenthalt im Geltungsbereich des HHG genommen haben (§ 1 Abs. 1 HHG). Gewahrsam im Sinne des § 1 Abs. 1 HHG ist ein Festgehaltenwerden auf engbegrenztem Raum unter dauernder Bewachung (§ 1 Abs. 5 Satz 1 HHG). Leistungen nach dem HHG werden nicht gewährt an Personen, die in den Gewahrsamsgebieten nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 HHG dem dort herrschenden politischen System erheblich Vorschub geleistet haben (§ 2 Abs. 1 Nr. 1 HHG), die während der Herrschaft des Nationalsozialismus oder in den Gewahrsamsgebieten nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 HHG durch ihr Verhalten gegen die Grundsätze der Rechtsstaatlichkeit oder Menschlichkeit verstoßen haben, was insbesondere für Personen gilt, die durch ein deutsches Gericht im Geltungsbereich des HHG wegen eines an Mithäftlingen begangenen Verbrechens oder Vergehens rechtskräftig verurteilt worden sind (§ 2 Abs. 1 Nr. 2 HHG), oder die nach dem 08.05.1945 durch deutsche Gerichte wegen vorsätzlicher Straftaten zu Freiheitsstrafen von insgesamt mehr als drei Jahren rechtskräftig verurteilt worden sind, was nicht gilt, soweit die Verurteilung auf in § 1 Abs. 1 Nr. 1 HHG genannten Gründen beruht (§ 2 Abs. 1 Nr. 3 HHG). Die Gewährung von Leistungen kann versagt oder eingestellt werden, wenn der Berechtigte die im Geltungsbereich des HHG bestehende freiheitliche demokratische Grundordnung bekämpft hat oder bekämpft (§ 2 Abs. 2 HHG).
Ein nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 HHG Berechtigter, der infolge des Gewahrsams eine gesundheitliche Schädigung erlitten hat, erhält wegen der gesundheitlichen und wirtschaftlichen Folgen dieser Schädigung auf Antrag Versorgung in entsprechender Anwendung der Vorschriften des BVG, soweit ihm nicht wegen desselben schädigenden Ereignisses ein Anspruch auf Versorgung unmittelbar auf Grund des BVG zusteht (§ 4 Abs. 1 Satz 1 HHG).
Zur Anerkennung einer Gesundheitsstörung als Folge einer Schädigung genügt die Wahrscheinlichkeit des ursächlichen Zusammenhanges (§ 4 Abs. 5 Satz 1 HHG). Wenn die Wahrscheinlichkeit nur deshalb nicht gegeben ist, weil über die Ursache des festgestellten Leidens in der medizinischen Wissenschaft Ungewissheit besteht, kann mit Zustimmung des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales die Gesundheitsstörung als Folge einer Schädigung anerkannt werden; die Zustimmung kann allgemein erteilt werden (§ 4 Abs. 5 Satz 2 HHG).
Der Nachweis darüber, dass die Voraussetzungen des § 1 Abs. 1 HHG vorliegen und Ausschließungsgründe nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 und 2 HHG weder gegeben noch gemäß § 2 Abs. 4 HHG wirksam sind, ist durch eine Bescheinigung zu erbringen, soweit zugleich ein Anspruch nach den §§ 9a bis 9c HHG besteht (§ 10 Abs. 4 Satz 1 HHG).
Zwar liegen beim Kläger aufgrund der Inhaftierung in der DDR ausweislich der Bescheinigung nach § 10 Abs. 4 HHG des LRA vom 10.07.1987 die Voraussetzungen des § 1 Abs. 1 Nr. 1 HHG vor und sind Ausschlussgründe nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 und 2 HHG nicht gegeben.
Der Kläger erfüllt aber nicht die Voraussetzungen für die Gewährung einer Beschädigtenrente nach den Regelungen des BVG.
Beschädigte erhalten eine monatliche Grundrente bei einem Grad der Schädigungsfolgen (GdS) ab 30 (§ 31 Abs. 1 BVG). Die Beschädigtenversorgung beginnt mit dem Monat, in dem ihre Voraussetzungen erfüllt sind, frühestens mit dem Antragsmonat (§ 60 Abs. 1 Satz 1 BVG). Die Versorgung ist auch für Zeiträume vor der Antragstellung zu leisten, wenn der Antrag innerhalb eines Jahres nach Eintritt der Schädigung gestellt wird (§ 60 Abs. 1 Satz 2 BVG). Der GdS ist nach den allgemeinen Auswirkungen der Funktionsbeeinträchtigungen, die durch die als Schädigungsfolge anerkannten körperlichen, geistigen oder seelischen Gesundheitsstörungen bedingt sind, in allen Lebensbereichen zu beurteilen (§ 30 Abs. 1 Satz 1 BVG). Der GdS ist nach Zehnergraden von 10 bis 100 zu bemessen; ein bis zu 5 Grad geringerer GdS wird vom höheren Zehnergrad mit umfasst (§ 30 Abs. 1 Satz 2 BVG). Vorübergehende Gesundheitsstörungen sind nicht zu berücksichtigen; als vorübergehend gilt ein Zeitraum bis zu sechs Monaten (§ 30 Abs. 1 Satz 3 BVG).
Bei der Prüfung, welche gesundheitlichen Schäden Folge einer rechtsstaatswidrigen Ingewahrsamnahme sind, ist die seit 01.01.2009 an die Stelle der bis zum 31.12.2008 im Interesse einer gleichmäßigen Rechtsanwendung als antizipierte Sachverständigengutachten angewandten (BSG, Urteil vom 23.06.1993 - 9/9a RVs 1/91 - BSGE 72, 285; BSG, Urteil vom 09.04.1997 - 9 RVs 4/95 - SozR 3-3870 § 4 Nr. 19; BSG, Urteil vom 18.09.2003 - B 9 SB 3/02 R - BSGE 190, 205; BSG, Urteil vom 29.08.1990 - 9a/9 RVs 7/89 - BSG SozR 3-3870 § 4 Nr. 1) Anhaltspunkte für die ärztliche Gutachtertätigkeit im sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertenrecht (Teil 2 SGB IX) 2008" (AHP) getretene Anlage "Versorgungsmedizinische Grundsätze" zu § 2 der Verordnung zur Durchführung des § 1 Abs. 1 und 3, § 30 Abs. 1 und § 35 Abs. 1 BVG (Versorgungsmedizin-Verordnung; VersMedV) anzuwenden. Damit hat das Bundesministerium für Arbeit und Soziales von der Ermächtigung nach § 30 Abs. 17 BVG zum Erlass einer Rechtsverordnung Gebrauch gemacht und die maßgebenden Grundsätze für die medizinische Bewertung von Schädigungsfolgen und die Feststellung des GdS im Sinne des § 30 Abs. 1 BVG aufgestellt. Eine inhaltliche Änderung der bisher angewandten Grundsätze und Kriterien erfolgte hierdurch - von wenigen Ausnahmen abgesehen - nicht. Vielmehr wurde an die seit Jahren bewährten Bewertungsgrundsätze und Verfahrensabläufe angeknüpft. In der Anlage zu § 2 VersMedV ist ebenso wie in den AHP (BSG, Urteil vom 01.09.1999 - B 9 V 25/98 R - SozR 3-3100 § 30 Nr. 22) der medizinische Kenntnisstand wiedergegeben. Dadurch wird eine nachvollziehbare, dem medizinischen Kenntnistand entsprechende Beurteilung ermöglicht.
Danach wird als Schädigungsfolge im sozialen Entschädigungsrecht jede Gesundheitsstörung bezeichnet, die in ursächlichem Zusammenhang mit einer Schädigung steht, die nach dem entsprechenden Gesetz zu berücksichtigen ist (Teil A Nr. 1 a VG) und ist Ursache im Sinne der Versorgungsgesetze die Bedingung im naturwissenschaftlich-philosophischen Sinne, die wegen ihrer besonderen Beziehung zum Erfolg an dessen Eintritt wesentlich mitgewirkt hat (Teil C Nr. 1 b Satz 1 VG).
Zu den Faktoren, die vor der Beurteilung eines ursächlichen Zusammenhangs geklärt ("voll bewiesen") sein müssen, gehören der schädigende Vorgang, die gesundheitliche Schädigung und die zu beurteilende Gesundheitsstörung (Teil C Nr. 2 a VG). Der schädigende Vorgang ist das Ereignis, das zu einer Gesundheitsschädigung führt (Teil C Nr. 2 b Satz 1 Halbsatz 1 VG). Auch besondere Belastungen, wie sie zum Beispiel in rechtsstaatswidriger Haft in der DDR gegeben sein können, zählen dazu (Teil C Nr. 2 b Satz 2 VG). Die gesundheitliche Schädigung ist die primäre Beeinträchtigung der Gesundheit durch den schädigenden Vorgang (Teil C Nr. 2 c Halbsatz 1 VG). Zwischen dem schädigenden Vorgang und der Gesundheitsstörung muss eine nicht unterbrochene Kausalkette bestehen, die mit den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft und den ärztlichen Erfahrungen im Einklang steht. Dabei sind Brückensymptome oft notwendige Bindeglieder. Fehlen Brückensymptome, so ist die Zusammenhangsfrage besonders sorgfältig zu prüfen und die Stellungnahme anhand eindeutiger objektiver Befunde überzeugend wissenschaftlich zu begründen (Teil C Nr. 2 d Sätze 1 bis 3 VG).
Für die Annahme, dass eine Gesundheitsstörung Folge einer Schädigung ist, genügt versorgungsrechtlich die Wahrscheinlichkeit des ursächlichen Zusammenhangs. Sie ist gegeben, wenn nach der geltenden medizinisch-wissenschaftlichen Lehrmeinung mehr für als gegen einen ursächlichen Zusammenhang spricht (Teil C Nr. 3 a Satz 1 VG). Grundlage für die medizinische Beurteilung sind die von der herrschenden wissenschaftlichen Lehrmeinung vertretenen Erkenntnisse über Ätiologie und Pathogenese (Teil C Nr. 3 b Satz 1 VG). Aus dem Umstand, dass der Zusammenhang der Gesundheitsstörung mit einem schädigenden Vorgang nach wissenschaftlicher Erkenntnis nicht ausgeschlossen werden kann, lässt sich nicht folgern, dass er darum wahrscheinlich sei. Ebenso wenig kann das Vorliegen einer Schädigungsfolge bejaht werden, wenn ein ursächlicher Zusammenhang nur möglich ist (Teil C Nr. 3 d Sätze 1 und 2 VG).
Ferner ist zu berücksichtigen, dass nur solche Gesundheitsstörungen für eine mögliche Entschädigung in Betracht kommen, die durch schädigende Ereignisse während freiheitsentziehender Maßnahmen verursacht worden sind, für die dem Kläger die Bescheinigung nach § 10 Abs. 4 Satz HHG erteilt worden ist (LSG Mecklenburg-Vorpommern, Urteil vom 12.02.1998 - L 3 V 42/96). Gesundheitsstörungen, die auf die Umstände vor der Haft sowie nach der Haft bis zur Ausreise des Klägers in das Bundesgebiet zurückzuführen sind, kommen daher nicht als schädigende (Teil-)Ursache in Betracht.
Unter Berücksichtung dieser Grundsätze spricht nicht mehr dafür als dagegen und ist es mithin nicht hinreichend wahrscheinlich, dass die Gesundheitsstörungen des Klägers ursächlich auf seine Inhaftierung zurückzuführen sind.
Die von den Sachverständigen Dr. C. und Prof. Dr. K. diagnostizierten Erkrankungen Alkoholabhängigkeit und rezidivierende depressive Störung stehen nach Ansicht des Senats nicht in einem Kausalzusammenhang mit der Haft. Das Vorliegen einer wahnhaften Störung steht nicht fest. Insoweit haben die Sachverständigen Dr. C. und Prof. Dr. K. lediglich einen Verdacht geäußert. Die zu entschädigende Gesundheitsstörung muss aber mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit feststehen.
Zur Beurteilung der Frage, ob beim Kläger eine posttraumatische Belastungsstörung vorliegt, berücksichtigt der Senat die Internationale statistische Klassifikation der Krankheiten und verwandter Gesundheitsprobleme - 10. Revision - (ICD 10) und das Diagnostische und Statistische Manual psychischer Störungen - Textrevision - (DSM-IV-TR).
Bei der posttraumatischen Belastungsstörung handelt es sich um eine Gesundheitsstörung nach ICD-10 F 43.1 beziehungsweise DSM-IV-TR 309.81.
Nach ICD-10 F 43.1 gelten folgende Grundsätze: Die posttraumatische Belastungsstörung entsteht als eine verzögerte oder protrahierte Reaktion auf ein belastendes Ereignis oder eine Situation kürzerer oder längerer Dauer, mit außergewöhnlicher Bedrohung oder katastrophenartigem Ausmaß, die bei fast jedem eine tiefe Verzweiflung hervorrufen würde. Prädisponierende Faktoren wie bestimmte, zum Beispiel zwanghafte oder asthenische Persönlichkeitszüge oder neurotische Krankheiten in der Vorgeschichte können die Schwelle für die Entwicklung dieses Syndroms senken und seinen Verlauf erschweren, aber die letztgenannten Faktoren sind weder notwendig noch ausreichend, um das Auftreten der Störung zu erklären. Typische Merkmale sind das wiederholte Erleben des Traumas in sich aufdrängenden Erinnerungen (Nachhallerinnerungen, Flashbacks), Träumen oder Alpträumen, die vor dem Hintergrund eines andauernden Gefühls von Betäubtsein und emotionaler Stumpfheit auftreten. Ferner finden sich Gleichgültigkeit gegenüber anderen Menschen, Teilnahmslosigkeit der Umgebung gegenüber, Freudlosigkeit sowie Vermeidung von Aktivitäten und Situationen, die Erinnerungen an das Trauma wachrufen könnten. Meist tritt ein Zustand von vegetativer Übererregtheit mit Vigilanzsteigerung, einer übermäßigen Schreckhaftigkeit und Schlafstörung auf. Angst und Depression sind häufig mit den genannten Symptomen und Merkmalen assoziiert und Suizidgedanken sind nicht selten. Der Beginn folgt dem Trauma mit einer Latenz, die wenige Wochen bis Monate dauern kann. Der Verlauf ist wechselhaft, in der Mehrzahl der Fälle kann jedoch eine Heilung erwartet werden. In wenigen Fällen nimmt die Störung über viele Jahre einen chronischen Verlauf und geht dann in eine andauernde Persönlichkeitsänderung über.
Nach DSM-IV-TR 309.81 gelten folgende Grundsätze: Das Hauptmerkmal der posttraumatischen Belastungsstörung ist die Entwicklung charakteristischer Symptome nach der Konfrontation mit einem extrem traumatischen Ereignis. Das traumatische Ereignis beinhaltet unter anderem das direkte persönliche Erleben einer Situation, die mit dem Tod oder der Androhung des Todes, einer schweren Verletzung oder einer anderen Bedrohung der körperlichen Unversehrtheit zu tun hat (Kriterium A1). Die Reaktion der Person auf das Ereignis muss intensive Angst, Hilflosigkeit oder Entsetzen umfassen (Kriterium A2). Charakteristische Symptome, die aus der Konfrontation mit der extrem traumatischen Situation resultieren, sind das anhaltende Wiedererleben des traumatischen Ereignisses in Form von wiederholten und aufdringlichen Erinnerungen an das Ereignis (Kriterium B1), von wiederkehrenden, quälenden Träumen, in denen das Erlebnis nachgespielt wird oder in anderer Form auftritt (Kriterium B2), von Erleben von oft als "Flashbacks" bezeichneten dissoziativen Zuständen, während derer einzelne Bestandteile des Ereignisses wieder erlebt werden (Kriterium B3) oder, wenn die Person mit Ereignissen konfrontiert wird, die sie an Aspekte des traumatischen Ereignisses erinnern oder die diese symbolisieren, in Form von intensiver psychischer Belastung (Kriterium B4) oder physiologischer Reaktionen (Kriterium B5). Charakteristische Symptome sind auch die andauernde Vermeidung von Reizen, die mit dem Trauma assoziiert sind, und eine Abflachung der allgemeinen Reagibilität in der Form, dass die Person im Allgemeinen versucht, Gedanken, Gefühle oder Gespräche über das traumatische Ereignis (Kriterium C1) und Aktivitäten, Situationen oder Personen, die die Erinnerung an das Ereignis wachrufen (Kriterium C2) absichtlich zu vermeiden, wobei die Vermeidung des Erinnerns die Unfähigkeit mit einschließen kann, sich an einen wichtigen Aspekt des traumatischen Ereignisses zu erinnern (Kriterium C3), oder in Form von verminderter Reaktionsbereitschaft auf die Umwelt, welche üblicherweise sehr bald nach dem traumatischen Erlebnis eintritt (Kriterium C4), eines Gefühls der Isolierung und Entfremdung von Anderen (Kriterium C5) oder einer deutlich reduzierten Fähigkeit, Gefühle zu empfinden (Kriterium C6) oder in der Form, dass betroffene Personen das Gefühl einer eingeschränkten Zukunft haben (Kriterium C7). Charakteristische Symptome sind auch anhaltende Symptome erhöhten Arousals in Form von Ein- oder Durchschlafschwierigkeiten, die durch wiederholte Alpträume, in denen das traumatische Erlebnis wieder erlebt wird, hervorgerufen werden können (Kriterium D1), Hypervigilanz (Kriterium D4) und übertriebener Schreckreaktion (Kriterium D5), wobei manche Personen über Reizbarkeit oder Wutausbrüche (Kriterium D2) oder Schwierigkeiten sich zu konzentrieren oder Aufgaben zu vollenden (Kriterium D3) berichten. Das vollständige Symptombild muss länger als einen Monat anhalten (Kriterium E) und die Störung muss in klinisch bedeutsamer Weise Leiden oder Beeinträchtigungen in sozialen, beruflichen oder anderen wichtigen Funktionsbereichen verursachen (Kriterium F). Traumatische Erfahrungen, die direkt erlebt wurden, umfassen insbesondere kriegerische Auseinandersetzungen, gewalttätige Angriffe auf die eigene Person, Entführung, Geiselnahme, Terroranschlag, Folterung, Kriegsgefangenschaft, Gefangenschaft in einem Konzentrationslager, Natur- oder durch Menschen verursachte Katastrophen, schwere Autounfälle oder die Diagnose einer lebensbedrohlichen Krankheit. Hinsichtlich Beginn und Dauer der Symptome wird unterschieden zwischen der akuten posttraumatischen Belastungsstörung (wenn die Dauer der Symptome weniger als drei Monate beträgt), der chronischen posttraumatischen Belastungsstörung (wenn die Symptome drei Monate oder länger andauern) und der posttraumatischen Belastungsstörung mit verzögertem Beginn (wenn mindestens sechs Monate zwischen dem traumatischen Ereignis und dem Beginn der Symptome vergangen sind). Die Symptome, wie beispielsweise verminderte affektive Schwingungsfähigkeit, dissoziative Symptome, somatische Beschwerden, Gefühle der Insuffizienz in Form von Hoffnungslosigkeit, sozialer Rückzug, ständiges Gefühl des Bedrohtseins oder beeinträchtigte Beziehung zu anderen oder Veränderung der Persönlichkeit im Vergleich zu früher beginnen normalerweise innerhalb der ersten drei Monate nach dem Trauma, obwohl sich die Ausbildung der Symptome aber auch um Monate oder sogar Jahre verzögern kann. Die Schwere, Dauer und Nähe der Person bei Konfrontation mit dem traumatischen Ereignis sind die wichtigsten Faktoren, die die Wahrscheinlichkeit bestimmen, mit der die Störung sich entwickelt. Es gibt Hinweise, dass soziale Unterstützung, Familienanamnese, Kindheitserfahrungen, Persönlichkeitsvariablen und vorbestehende psychische Störungen die Ausbildung einer posttraumatischen Belastungsstörung beeinflussen können. Die Störung kann sich auch bei Personen entwickeln, bei denen zuvor keine besondere Auffälligkeit vorhanden war, besonders dann, wenn es sich um eine besonders extreme Belastung handelt.
Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze sowie des ärztlichen Entlassungsberichts des Dr. W. vom 15.10.1999, von Dipl.-Med. L. vom 28.08.2000, des Arztbriefs von Dr. H./Dr. M. vom 13.06.2002, den Gutachten der Dr. B. vom 24.03.2004, der Dr. Sch. vom Oktober 2004, des Dr. C. vom 29.05.2006 mit Stellungnahme vom 29.08.2007 und des Prof. Dr. K. vom 07.08.2008 mit Stellungnahme vom 25.11.2008, des Prüfvermerks der Dr. B. vom 30.03.2004 und der versorgungsärztlichen Stellungnahmen der Ärztin L. vom 04.11.2004 sowie des Dr. G. vom 05.09.2006, 17.09.2007, 13.10.2008 und 19.02.2009 ist der Senat zu der Überzeugung gelangt, dass beim Kläger keine posttraumatische Belastungsstörung vorliegt.
Der Kläger hat gegenüber den Gutachtern folgende als schädigend in Betracht kommende Ereignisse während der Haft geschildert: Er sei bei seinem Fluchtversuch von Soldaten mit Maschinengewehren im Anschlag, die ihn aufgefordert hätten, sich mit dem Kopf nach unten in den Schneematsch zu legen, verhaftet worden, wobei ein Soldat einmal in die Luft geschossen habe. Während der anschließenden Fahrt seien fünf Gewehre auf ihn gerichtet gewesen. Er sei bei den ersten Befragungen danach sehr eingeschüchtert worden, insbesondere habe ihm ein Gefängniswärter beim Zuschlagen des Metallgitters bedeutet, er komme hier nicht mehr heraus, sei tags darauf während der Untersuchungshaft in P. in einem dunklen Kellerraum bei auf ihn gerichtetem hellem Lampenlicht sehr lange verhört, danach in einer dunklen Zelle mit zwei anderen Personen inhaftiert und auch in den nächsten 14 Tagen täglich verhört worden. Nach der anschließenden Verlegung nach R. sei er weiterhin hart und energisch verhört worden, wobei die dortige Unterbringung aber nicht so schlimm gewesen sei. Nach weiteren 14 Tagen sei er nach G. in eine Einzelzelle verbracht worden. Während der Gerichtsverhandlung in G. sei er von einem Wärter mit der Faust geschlagen worden, weil er seine Mutter gegrüßt habe. Anschließend habe er eine 14-monatige Haft in N. abgesessen. Dort sei er in einem Block mit 120 Häftlingen in einem Schlafraum in Stockbetten untergebracht worden, habe in 12-Stunden-Schichten ohne Tageslicht in einer galvanischen Fabrik arbeiten müssen und habe die Offiziere als terrorisierend erlebt. Von einem Offizier sei er einmal gegen einen Schrank geworfen worden. Er habe gesehen, wie Andere immer wieder mit Gummiknüppeln geschlagen worden seien. Die von Besuchern mitgebrachten Lebensmittel seien zerschnitten worden. Damit hat der Kläger Situationen erlebt, die mit der Androhung des Todes, einer schweren Verletzung oder einer anderen Bedrohung der körperlichen Unversehrtheit zu tun hatten, so dass das Kriterium A1 der DSM-IV-TR-309.81 erfüllt ist.
Indem der Kläger ausgeführt hat, die Bedrohung mit Maschinengewehren während der Verhaftung habe bei ihm Todesangst verursacht, ist auch das Kriterium A2 der DSM-IV-TR-309.81 gegeben. Durch die weiteren Angaben des Klägers, bei ihm kämen, wenn hinter ihm jemand stehe, gleich wieder Bilder von Gefängniswärtern auf, die ihn von hinten geschlagen hätten, er bekomme Ängste, wenn er sich in dunklen Räumen aufhalten müsse, und er sei immer noch belastet, wenn ein Nachbar ihn irgendetwas frage oder in einem bestimmten Ton etwas äußere und es sich dann gleichsam in ihm zusammen ziehe und Gedanken an damals wieder aufkämen, ist das Kriterium B4 der DSM-IV-TR-309.81 erfüllt. Anhaltendes Wiedererleben der traumatischen Ereignisse in Form von wiederholten und aufdringlichen Erinnerungen an das Ereignis, von wiederkehrenden, quälenden Träumen, von Erleben von "Flashbacks" oder von physiologischen Reaktionen und damit die Kriterien B1, B2, B3 und B5 des DSM-IV-TR-309.81 sind dagegen nicht gegeben. Den Umstand, dass der Kläger in den Jahren nach der Haft nicht über die Vorkommnisse während der Haft gesprochen hat, werten die Sachverständigen Dr. C. und Dr. K. als eine andauernde Vermeidung von traumaasoziierten Reizen und bejahen damit das Kriterium C1 des DSM-IV-TR-309.81, während der Senat darin im Gegensatz hierzu ein Fehlen der für ein posttraumatisches Belastungssyndrom erforderlichen Brückensymptomatik - siehe dazu unten - sieht. Beim Kläger liegt ein Gefühl der Entfremdung von Anderen sowie einer eingeschränkten Zukunft und liegen damit die Kriterien C5 und C7 des DSM-IV-TR-309.81 vor. Demgegenüber liegen beim Kläger die Kriterien D1 bis D5 des DSM-IV-TR-309.81 nicht vor. Dagegen sind die Kriterien E und F des DSM-IV-TR-309.81 erfüllt.
Gegen das Vorliegen einer posttraumatischen Belastungsstörung spricht aber nach Überzeugung des Senats der Umstand, dass zwischen der Beendigung der Haft im März 1977 und dem erstmaligen Auftreten der Symptome im Jahr 1997 rund 20 Jahre ohne Hinweise auf mit den Hafterlebnissen in Zusammenhang zu bringende seelische Gesundheitsstörungen liegen. Zwar sieht der Senat, dass sich auch nach der ICD-10 und dem DSM-IV-TR die Ausbildung der Symptome - auch über Jahre - verzögern kann. Aber in solchen Fällen ist - was sich aus Teil C Nr. 2 d Sätze 1 bis 3 VG ergibt - die Zusammenhangsfrage besonders sorgfältig zu prüfen und nur anhand eindeutiger objektiver Befunde zu bejahen. Solche eindeutigen objektiven Befunde sind nach Einschätzung des Sentas weder aktenkundig noch durch die Gutachten des Dr. C. und Prof. Dr. K. belegt.
Aus der Zeit nach der Haft bis zu den Jahren 1996/97 liegen keine Hinweise auf eine psychiatrische Problematik des Klägers vor. Der Kläger begab sich ausweislich des Befundberichts des Dr. D. vom 01.12.2003 erstmals im Jahr 2000 wegen rezidivierender depressiver Störungen seit 1997 und extensivem Alkoholabusus und danach im Jahr 2002 wegen eines Alkoholrückfalls in dessen Behandlung, ohne dass dieser einen etwaigen Zusammenhang der Erkrankung des Klägers mit der Haftzeit hat herstellen können. Auch wird in dem ärztlichen Entlassungsbericht von Dr. W. vom 15.10.1999 lediglich ausgeführt, aus psychotherapeutischer Sicht bestünden vor dem Hintergrund einer ausgeprägten Selbstwertproblematik in den letzten Jahren rezidivierende depressive Episoden sowie Phasen exzessiven Alkoholmissbrauchs und es sei anzunehmen, dass darüber hinaus seit langem eine Alkoholabhängigkeitssymptomatik bestehe, die vom Kläger jedoch bagatellisiert bis verleugnet werde und der Kläger angegeben habe, seit Beginn der Arbeitslosigkeit im Jahr 1996 zunehmend unter Ängsten und Stimmungseinbrüchen zu leiden. Hinweise auf eine posttraumatische Problematik ergeben sich hieraus ebenso wenig wie aus dem sozialmedizinischen Gutachten von Dipl.-med. L. vom 28.08.2000, in dem lediglich Angst- und depressive Reaktionen gemischt im Sinne einer Anpassungsstörung bei familiärer Disposition zu einer vorbekannten rezidivierenden depressiven Störung und ein Zustand nach Alkoholabusus beschrieben werden. Aus dem Arztbrief von Dr. H./Dr. M. vom 13.06.2002 ergibt sich lediglich eine Fettleberhepatitis mit Hepatosplenomegalie bei Alkoholkrankheit, eine Alkoholpsychose und ein Verdacht auf eine zugrundeliegende Depression ohne Hinweise auf eine posttraumatische Belastungsstörung. Der Senat geht entgegen den Darlegungen der Sachverständigen Dr. C. und Prof. Dr. K. davon aus, dass der Kläger, nachdem er sich immerhin dazu entschlossen hatte, mit Dr. D. einen Facharzt für Psychiatrie aufzusuchen und in der Z.-Klinik St. B. eine stationäre Rehabilitation durchzuführen, den üblicherweise gründlich explorierenden Nervenärzten von im Zusammenhang mit seiner Haftzeit stehenden gesundheitlichen Beeinträchtigungen berichtet hätte. Dies umso mehr, als der Kläger immerhin nach seiner Einreise ins Bundesgebiet die Entscheidung des Generalstaatsanwalts in K. vom 30.06.1986, die Bescheinigung nach § 10 Abs. 4 HHG des LRA vom 10.07.1987 sowie den Bescheid des LRA über die Kapitalentschädigung vom 21.06.1993 erwirkt hat und Mitglied der Gemeinschaft ehemaliger politischer Häftlinge - Vereinigung der Opfer des Stalinismus e. V. -wurde. Es ist davon auszugehen, dass der Kläger im Rahmen der diesen Entscheidungen zu Grunde liegenden Verfahren hat über seine Haftzeit berichten müssen und dabei auch über damit zusammenhängende gesundheitliche Beschwerden, so sie denn vorgelegen hätten, berichtet hätte. Allein die Ausführungen des Dr. H. in seinem Attest vom 02.04.2003, es sei, da der Kläger kein Vertrauen zu den Ärzten habe und auch nicht krankenversichert sei, bis dahin keine Behandlung erfolgt, genügt dem Senat nicht als Erklärung für das Fehlen von aktenkundigen Hinweisen auf eine zeitnah zur Haft vorliegende seelische Störung. Dasselbe gilt für die Ausführungen des Sachverständigen Dr. C., wonach zum Einen Symptome einer posttraumatischen Belastungsstörung und deren Geschichte meistens aus Scham verschwiegen würden und zum Anderen der Anpassungsdruck in einer fremden Umgebung oft so viel Energie erfordere, dass die traumatischen Ereignisse eine Zeit lang im Erleben zurückträten, und die Ausführungen des Sachverständigen Prof. Dr. K., wonach in einem totalitären politischen System verfolgte, inhaftierte und auch traumatisierte Menschen aus Schamgefühlen oder aus Angst gegenüber den Institutionen oder Stigmatisierung und zur Vermeidung charakteristischer Symptome einer posttraumatischen Belastungsstörung lange Zeit ihre Probleme verschwiegen, sie sogar verleugneten oder sogar bei der Untersuchung der Symptome für eine posttraumatische Belastungsstörung auswichen. Würde man - so wie es vorliegend die Sachverständigen Dr. C. und Prof. Dr. K. tun - gänzlich auf eine Brückensymptomatik verzichten, wäre kaum noch abgrenzbar, unter welchen Voraussetzungen eine seelische Erkrankung, die teilweise die Voraussetzungen des DSM-IV-TR-309.81 erfüllt, haftbedingt oder nicht haftbedingt ist. Auch wäre objektiv nicht nachvollziehbar, bei welchen Personen auf das in der ICD-10-F.43.1 und dem DSM-IV-TR-309.8 dargelegte grundsätzliche Erfordernis, dass die Symptome normalerweise innerhalb der ersten drei Monate nach dem Trauma auftreten, verzichtet werden kann. Dies gilt vorliegend umso mehr, als es nicht nur um das Fehlen von Brückensymptomen "ein Zeit lang" sondern in einer Zeit von rund 20 Jahren nach der Inhaftierung geht.
Doch selbst wenn man einen kausalen Zusammenhang zwischen der Haft und den jetzigen Gesundheitsstörungen des Klägers bejahen wollte, so wäre die Haft nach Überzeugung des Senats jedenfalls nicht wesentliche Bedingung hierfür. Als konkurrierende Ursachen für die jetzige Gesundheitsstörung kommen der vom Kläger gegenüber Dr. B. geschilderte Umstand, es habe ihn besonders geprägt, dass er im letzten Augenblick seines Fluchtversuchs gefasst worden ist, die vom Kläger ebenfalls dargelegten Schikanierungen während der Zeit nach der Haft bis zur Ausreise ins Bundesgebiet, seine langjährige Arbeitslosigkeit seit 1997 mit fehlender Alltagsstrukturierung und zunehmender Isolierung und seine jedenfalls seither bestehende Alkoholerkrankung in Betracht. So hat auch der Sachverständige Dr. C. ausgeführt, es habe eine Ereigniskette aus Außenseitertum, vereitelter Flucht, Haft- und Verhörerfahrungen und schließlich langjähriger Verfolgung, Beeinträchtigung und Bespitzelung vorgelegen. Daher ist, worauf Dr. G. in seiner versorgungsärztlichen Stellungnahme vom 05.09.2006 zutreffend hingewiesen hat, von einer multifaktoriellen Genese auszugehen. Bei der wertenden Gewichtung der einzelnen Kausalfaktoren müsste dann auch berücksichtigt werden, dass auch die Sachverständigen Dr. C. und Prof. Dr. K. lediglich von einer partiellen posttraumatischen Belastungsstörung ausgehen, da zum Einen nicht alle hierfür erforderlichen Kriterien vorliegen und zum Anderen die vorliegenden Kriterien lediglich in einer geringen Ausprägungsstärke gegeben sind. Diese geringe Ausprägungsstärke der von den Sachverständigen Dr. C. und Prof. Dr. K. auch nur als "partiell" bezeichneten posttraumatischen Belastungsstörung wäre bei einer wertenden Betrachtung der 15monatigen Haftzeit im Vergleich zu den oben genannten Alternativursachen derart zu berücksichtigen, dass die Erlebnisse während der Haftzeit nicht als annähernd gleichwertige Ursache für die jetzt beim Kläger vorhandenen Gesundheitsstörungen anzusehen wären. In diesem Zusammenhang weist der Senat darauf hin, dass auch der Sachverständige Dr. C. für die Bejahung posttraumatischer Störungen gerade die Langjährigkeit und Nachhaltigkeit der vom Kläger erlittenen Erfahrungen in der DDR und damit gerade nicht nur und nach Ansicht des Senats damit auch nicht wesentlich - die vorliegend allein als schädigendes Ereignis zu prüfende 15monatige - Haftzeit des Klägers herangezogen hat.
Nach alledem spricht die fehlende Brückensymptomatik gegen einen Kausalzusammenhang zwischen Haft und Gesundheitsstörung und sprächen bei Bejahung eines kausalen Zusammenhangs die alternativen Kausalfaktoren gegen einen wesentlichen Kausalzusammenhang zwischen Haft und Gesundheitsstörungen.
Mithin hat der Kläger keinen Anspruch auf die Feststellung einer partiellen posttraumatischen Belastungsstörung als Schädigungsfolge und auf Beschädigtenrente, weshalb das SG die Klage zu Recht abgewiesen hat.
Die Berufung war deshalb zurückzuweisen.
Hierauf und auf § 193 SGG beruht die Kostenentscheidung.
Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht vorliegen.
Rechtskraft
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