L 7 R 2456/07

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
7
1. Instanz
SG Ulm (BWB)
Aktenzeichen
S 4 R 2942/04
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 7 R 2456/07
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 19. April 2007 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob der Kläger einen Anspruch auf Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit aus der gesetzlichen Rentenversicherung hat.

Der am 1953 in Österreich geborene Kläger hat dort eine Ausbildung zum Schornsteinfeger absolviert. Von Dezember 1970 war er im Heimatland mit Unterbrechungen im erlernten Beruf und als Blitzschutzmonteur bis Anfang November 1971 beschäftigt. Nach seinem Zuzug in die Bundesrepublik Deutschland war er ab 22. November 1971 zunächst als angestellter Blitzschutzmonteur beschäftigt. Nachdem sich der Kläger als Monteur für Blitzschutzanlagen selbständig gemacht hatte, entrichtete er ab dem 1. Mai 1991 zumindest bis zum 31. Dezember 2007 freiwillige Beiträge zur Rentenversicherung. Von Juli 2002 bis zur Aussteuerung im November 2003 bezog er Krankengeld, dagegen zu keinem Zeitpunkt Übergangsgeld.

Wegen fortdauernder Wirbelsäulenbeschwerden unterzog sich der Kläger einer Versteifungs- und Dekompressionsoperation. Am 22. August 2002 wurden im Bezirkskrankenhaus Günzburg eine Hemilaminektomie L5, Diskektomie L5/S1 beidseits sowie eine interkorporelle Spondylodese mit PEEK-Cage und internem Fixateur L5/S1 durchgeführt.

Aus einem vom 7. Januar bis 4. Februar 2003 durchgeführten Rehabilitationsverfahren in den Fachkliniken Hohenurach wurde der Kläger mit einem Leistungsvermögen von mindestens sechs Stunden täglich für leichte bis mittelschwere Tätigkeiten überwiegend im Sitzen entlassen; ausgeschlossen seien häufiges Bücken, Wirbelsäulenzwangshaltungen sowie ruckartige Bewegungen.

Wegen wieder auftretender Beschwerden erfolgte im Rahmen einer vom 18. bis 23. November 2003 dauernden stationären Behandlung am 19. November 2003 im Rehabilitationskrankenhaus Ulm eine Myelographie.

Am 12. Januar 2004 stellte der Kläger den vorliegend streitigen Rentenantrag, den er mit einer Erwerbsminderung seit Versteifung der Lendenwirbel begründete. Die Beklagte lies den Kläger durch den Internisten und Pulmologen Dr. M. untersuchen und begutachten; dieser diagnostizierte unter dem 3. Mai 2004 degenerative Veränderungen der Wirbelsäule bei im August 2002 durchgeführter Operation an L5/S1 wegen Wirbelgleitens und Bandscheibenschadens, ein Postnukleotomiesyndrom mit lokalen Beschwerden, zeitweilig ausstrahlend in das rechte Bein, ohne neuromuskuläres Defizit sowie Kniebinnenschäden beidseits. Die letzte Tätigkeit als Blitzschutzanlagenmonteur, die das Ersteigen von Dächern erfordere, sei dem Kläger nicht mehr möglich; eine organisatorische Tätigkeit sei jedoch weiterhin denkbar. Insgesamt sei die Leistungsbeurteilung bezüglich des allgemeinen Arbeitsmarkts im Vergleich zum Entlassungsbericht der Fachkliniken Hohenurach gleichgeblieben. Mit Bescheid vom 7. Juni 2004 lehnte die Beklagte daraufhin den Rentenantrag ab. Der dagegen eingelegte Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 8. September 2004 als unbegründet zurückgewiesen. Der Kläger könne auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt leichte bis mittelschwere Tätigkeiten - mit organisatorischem Schwerpunkt auch im Blitzschutzbau - täglich mindestens sechs Stunden unter Beachtung zusätzlicher qualitativer Einschränkungen verrichten. Volle oder teilweise Erwerbsminderung bestehe somit nicht, ebenso wenig Berufsunfähigkeit, da nämlich zuletzt keine berufsgeschützte Tätigkeit ausgeübt worden sei.

Hiergegen hat der Kläger am 5. Oktober 2004 Klage beim Sozialgericht Ulm (SG) erhoben. Das SG hat zunächst die den Kläger behandelnden Ärzte als sachverständige Zeugen schriftlich vernommen. In seiner Stellungnahme vom 21. März 2005 hat der Arzt für Allgemeinmedizin Dr. T. über starke Rücken- und zusätzliche Kniebeschwerden berichtet; es bestehe eine hundertprozentige Arbeitsunfähigkeit. Orthopäde Dr. Sch. hat angegeben, dass keine aktuellen Befunde mitgeteilt werden könnten, da der Kläger dort zuletzt am 30. Juni 2003 in Behandlung gewesen sei. Ferner hat das SG den Kläger auf orthopädischem Sachgebiet untersuchen und begutachten lassen. In seinem orthopädischen Fachgutachten vom 6. Februar 2006 beschreibt Dr. Bü., Leiter der Orthopädischen Ambulanz des Bundeswehrkrankenhauses Ulm, eine chronische Lumboischialgie rechts, einen Zustand nach dorsaler Spondylodese, eine radiologisch aktuell sichere Fusion LWK 5/SWK 1 in nur geringer persistierender Gleitstellung LWK 5 auf SWK 1 um ca. 4mm, mit muskulärem Reizzustand, mäßiger Funktionseinschränkung und sensiblem Nervenwurzelreiz am ehesten S1 rechts ohne weitere neurologische Defizitsymptomatik, einen mäßigen Rundrücken bei degenerativen Veränderungen auch der Brustwirbelsäule. Weiter bestehe eine Epikondylopathie beider Ellenbogen, Gonalgien, ein Zustand nach Operation eines Hallux rigidus links mit Versteifung des Großzehengrundgelenkes im Februar 2005 sowie Bluthochdruck mit begleitenden Tachykardien. Dem Kläger seien nur noch leichte körperliche Tätigkeiten ohne schweres Heben und Tragen sowie ohne die Einnahme länger währender Zwangshaltungen für Rumpf und Wirbelsäule möglich; es müsse ein Wechselrhythmus zwischen Sitzen, Stehen und Gehen eingehalten werden. Ausgeschlossen seien das Klettern, Steigen sowie Tätigkeiten auf Leitern oder Gerüsten und/oder unter Absturzgefahr, Tätigkeiten unter besonderem Zeitdruck, in Nacht- oder Wechselschicht, an laufenden Maschinen, taktgebundene Arbeiten sowie Akkord. Arbeiten unter ungünstigen Witterungsverhältnissen mit Einfluss von großen Temperaturschwankungen, Zugluft, Kälte und/oder Nässe seien nicht mehr leidensgerecht. Unter Einhaltung der genannten qualitativen Einschränkungen seien dem Kläger leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes noch mindestens sechs Stunden täglich zumutbar. In einem auf Antrag des Klägers gemäß § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) eingeholten orthopädischen Fachgutachten vom 6. November 2006 hat Dr. Ba. folgende Diagnosen gestellt: Z.n. nach Spondylodese L5/S1 mit verbliebenen sensorischen Defiziten am rechten Unterschenkel und anhaltender Lumboischialgie rechts bei Vernarbung und Diskopathie L4/5; mittelgradige Coxarthrose beidseits, Gonarthrose medial links Grad II mit mäßiggradiger Retropatellararthrose; Z. n. Arthrodese am Großzehengrundgelenk links wegen Hallux rigidus, Z. n. Arthroskopie rechtes Kniegelenk mit Innenmeniskus-Teilresektion. Der Kläger sei noch einsetzbar für leichte Tätigkeiten im Wechsel von Stehen, Gehen und Sitzen bis zu einer Höchstdauer von fünf Stunden täglich unter Gewährung von zusätzlichen betriebsunüblichen Pausen. Ausgeschlossen seien das Heben von Gewichten über 6 kg, Arbeiten im Knien, in der Hocke oder in gebückter Haltung, häufiges Bücken, Arbeiten auf Leitern, Dächern, in Kälte oder Nässe, im Akkord, an laufenden Maschinen, in Wechsel- oder Nachtschicht sowie taktgebundene Arbeiten. Während des Klageverfahrens befand sich der Kläger vom 28. Juni bis 19. Juli 2006 in stationärer Rehabilitationsbehandlung in der Abteilung für Innere Medizin der Federseeklinik Bad Buchau. Der Entlassungsbericht vom 27. Juli 2006 beschreibt eine chronische Lumboischialgie rechts, Zustand nach Spondylodese mit Fixateur interne, Coxarthrose links, initiale Gonarthrose links, medikamentös eingestellte arterielle Hypertonie sowie Adipositas. Leichte körperliche Tätigkeiten ohne längerwährende Zwangshaltungen im Wechsel zwischen Sitzen, Stehen und Gehen könnten mindestens sechs Stunden täglich verrichtet werden. Die Entlassung erfolgte als arbeitsfähig für die vom Kläger ausgeübte Bürotätigkeit im Betrieb des Sohnes.

Mit Urteil vom 19. April 2007 hat das SG die Klage abgewiesen. Dem Gutachten von Dr. Bü. sowie der Einschätzung des Entlassungsberichtes der Federseeklinik folgend sei der Kläger noch in der Lage, leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt und unter Beachtung der im Gutachten von Dr. Bü. genannten qualitativen Einschränkungen mindestens 6 Stunden täglich zu verrichten. Es liege daher weder volle noch teilweise Erwerbsminderung vor. Berufsschutz genieße der Kläger nicht, sodass eine Verweisbarkeit auf den allgemeinen Arbeitsmarkt bestehe.

Gegen dieses, seinem Bevollmächtigten am 11. Mai 2007 zugestellte Urteil, hat der Kläger am 16. Mai 2007 Berufung beim Landessozialgericht eingelegt, zu deren Begründung er auf das Gutachten von Dr. Ba. verweist.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 19. April 2007 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 7. Juni 2004 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 8. September 2004 zu verurteilen, ihm ab 1. Januar 2004 Rente wegen voller, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend und verweist des Weiteren auf die bereits im sozialgerichtlichen Verfahren abgegebenen beratungsärztlichen Stellungnahmen.

Der Senat hat eine ergänzende Stellungnahme bei Dr. Bü. eingeholt, die dieser unter dem 30. Juni 2008 nach Aktenlage erstattet hat. Auch in Kenntnis des Gutachtens von Dr. Ba. bleibe er bei der von ihm im Gutachten vom 6. Februar 2006 vertretenen Leistungsbeurteilung. Nach Durchsicht des Gutachtens von Dr. Ba. sei davon auszugehen, dass praktisch identische Befunde erhoben worden seien, sodass die anderslautende Beurteilung nur auf einer anderen Bewertung der gleichen Befunde beruhen könne. Eine zeitliche Einschränkung des Leistungsvermögens sei jedoch ebenso wenig wie die Notwendigkeit betriebsunüblicher Pausen mit den erhobenen Befunden zu begründen.

Aufgrund einer computertomographischen Untersuchung des Klägers am 4. Februar 2009 hat Orthopäde Dr. Fr. unter dem 17. April 2009 die folgende Diagnose gestellt: Chronische Thorakolumbalgie bei Zustand nach Spondylodese L5/S1 2003 mit Osteochondrose L5/S1, Spon- dylarthrose L3 bis S1, verstärkte Kyphosierung der BWS mit Keilwirbelbildungen, Morbus Scheuermann, multiple Osteochondrose und Spondylosen an der oberen und mittleren BWS mit vereinzelnden flachen Protrusionen. Des Weiteren hat er mitgeteilt, dass bei dem 55-jährigen Patient eine chronische Thorakolumbalgie aufgrund obiger Veränderungen an der BWS und vor allem an der LWS bestehe. Dort bestehe Zustand nach einer Versteifung L5/S1. Bei der letzten computertomographischen Untersuchung am 4. Februar 2009 sehe man keine Lockerung oder Bruch des eingebrachten Materials bei deutlichen Wirbelgelenkarthrosen L3 bis L1. Der Patient stehe derzeit in seiner ambulanten orthopädischen Behandlung mit physikalischen Therapiemaßnahmen, Wurzel- und Facetteninfiltrationen sowie Akupunkturbehandlungen. Ergänzend hat er zur Frage der Erwerbsminderung des Klägers unter dem 18. Mai 2009 unter Bezugnahme auf das Gutachten von Dr. Ba. vom 22. November 2006 und die gutachterliche Stellungnahme von Dr. Bü. vom 30. Juni 2008 dahingehend Stellung genommen, dass es schwierig sei, die weitere Arbeitsfähigkeit bzw. Berentung des Klägers zu beurteilen. Es bestehe sicherlich eine deutliche Einschränkung bzgl. der Arbeitsfähigkeit als Blitzschutzmonteur. Er sei deshalb der Meinung, dass der Kläger nur noch für leichte Tätigkeiten im Wechsel zwischen Stehen, Gehen und Sitzen bis zu einer Dauer von 5 bis 6 Stunden am Tag, mit Gewährung von zusätzlichen betriebsunüblichen Pausen einsatzfähig sei.

Auf Anfrage des Senats hat Dr. Bü. ergänzend am 20. Mai 2009 mitgeteilt, dass in dem genannten Bericht von Dr. Fr. vom 17. April 2009 keine neuen Diagnosen und auch keine neuen klinischen Befunde aufgeführt worden seien. In der letzten computertomographischen Untersuchung vom 4. Februar 2009 habe man keine Lockerung oder Bruch des eingebrachten Materials, deutliche Wirbelgelenkarthrosen LWK3 bis SWK1 gesehen. Somit ergäben sich keinerlei neuere Aufschlüsse, die eine anderslautende Beurteilung zuließen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Verwaltungsakten der Beklagten sowie der Verfahrensakten des SG und des Senats Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die nach § 151 Abs. 1 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig, insbesondere statthaft (§ 144 Abs. 1 Satz 2 SGG). Sie ist jedoch nicht begründet. Das SG hat einen Anspruch des Klägers auf Rente wegen Erwerbsminderung zutreffend verneint. Die Gewährung einer Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit steht nach den übereinstimmenden Erklärungen der Beteiligten in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat am 22. Januar 2009 nicht im Streit.

Maßgeblich für die beanspruchte Rente ist das ab 1. Januar 2001 für die Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit geltende Recht (eingeführt durch Gesetz vom 20. Dezember 2000 (BGBl. I S. 1827)). Nach § 43 Abs. 1 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) haben bei Erfüllung hier nicht streitiger versicherungsrechtlicher Voraussetzungen Versicherte Anspruch auf eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Volle Erwerbsminderung besteht unter den genannten Bedingungen bei einem Leistungsvermögen unter drei Stunden täglich (Abs. 2). Erwerbsgemindert ist nicht, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen (Abs. 3).

Zutreffend hat das SG ein mindestens sechsstündiges Leistungsvermögen des Klägers für leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt bejaht, da qualitative Einschränkungen ausreichen, um dem gesundheitlichen Leiden des Klägers gerecht zu werden. Dies steht nach dem Gesamtergebnis des Verfahrens auch zur Überzeugung des Senats fest. Bei der Beurteilung des beruflichen Leistungsvermögens des Klägers stehen dessen Beschwerden auf orthopädischem Fachgebiet, insbesondere seitens der Wirbelsäule ganz im Vordergrund. Der orthopädische Sachverständige Dr. Bü. hatte in seinem bereits im erstinstanzlichen Verfahren erstatteten Gutachten vom 6. Februar 2006 aufgrund der ausführlich erhobenen und im einzelnen dargestellten Befunde die bestehenden Gesundheitsstörungen nachvollziehbar herausgearbeitet, die sich hieraus ergebenden Funktionseinschränkungen schlüssig abgeleitet und ein überzeugendes Leistungsbild des Klägers beschrieben. Auf die diesbezüglichen Ausführungen des SG wird nach eigener Prüfung durch den Senat verwiesen (§ 153 Abs. 2 SGG).

Der abweichenden Leistungseinschätzung von Dr. Ba. vermochte der Senat hingegen nicht zu folgen. Abweichende Befunde hat Dr. Ba. nicht erhoben. Die von ihm wiedergegebenen Untersuchungsergebnisse entsprechen im Wesentlichen denen, die bereits Dr. Bü. beschrieben hatte, sich aber auch im Entlassungsbericht der Federseeklinik vom 27. Juli 2006 finden. Hierauf hat Dr. Bü. in seiner ergänzenden Stellungnahme vom 30. Juni 2008 ausdrücklich hingewiesen. Dr. Ba. begründet die von ihm angenommene Leistungsminderung selbst nicht mit einer Verschlechterung des Gesundheitszustandes oder allgemein schlechteren Befunden. Vielmehr führt er zur Begründung seiner Einschätzung aus, die nach der Operation aufgetretenen Beschwerden des Klägers seien mit größter Wahrscheinlichkeit durch die Vernarbung in Folge der Versteifungsoperation ausgelöst worden und belasteten den Kläger auch im unbelasteten Zustand. Von einer solchen Vernarbung sei aufgrund der am 19. November 2003 durchgeführten Myelographie auszugehen, da sich hinter dem operierten Segment nur wenig Kontrastmittel gezeigt habe. Zusätzlich würden Beschwerden durch verstärkten Verschleiß des Segments L4/5 ausgelöst, das durch die Fusion des angrenzenden Segmentes stärker beansprucht werde. Schließlich sei der Kläger aufgrund der Hüft- und Kniegelenksarthrose sowie der Versteifung des Großzehengrundgelenks links nicht mehr in der Lage, die eingeschränkte Beweglichkeit der Lendenwirbelsäule durch vermehrten Einsatz von Hüft- und Kniegelenken auszugleichen.

Bereits in der beratungsärztlichen Stellungnahme der Beklagten vom 30. November 2006 hatte Dr. Po. darauf hingewiesen, dass der Schluss vom Ergebnis der Myelographie auf eine Vernarbung lediglich eine Vermutung darstelle. Ähnlich äußert sich auch Dr. Bü. in der ergänzenden Stellungnahme vom 30. Juni 2008. Überzeugend hat dieser weiter dargelegt, dass es allein maßgeblich sei, dass im operierten Segment nach wie vor eine spinale Enge verblieben sei, unabhängig ob durch Vernarbungen oder, was wahrscheinlicher sei, durch die verbliebene Antelisthesestellung des 5. Lenden- gegenüber dem 1. Sakralwirbelkörper. Um zu verhindern, dass es bei der verbliebenen relativen Enge des Spinalkanals durch die Bewegungen im Segment zu einer Reizung nervaler Strukturen komme, habe man nicht nur eine Dekompressionsoperation durchgeführt, sondern gerade auch das Segment versteift. Von einer Stabilität der Fusion geht auch Dr. Ba. aus; bestätigt wird diese nach Darstellung von Dr. Bü. des Weiteren durch die Ergebnisse der Funktionsaufnahmen der LWS vom 4. August 2006 sowie ausweislich der Stellungnahme des Dr. Fr. vom 17. April 2009 durch die CT-Untersuchung am 4. Februar 2009, bei der weder eine Lockerung noch ein Bruch des eingebrachten Materials feststellbar war. Durch die relative Enge ist jedoch ein sensibles Nervenwurzelreizsyndrom verblieben. Dieses haben beide orthopädische Sachverständige übereinstimmend beschrieben und findet sich auch im Entlassungsbericht der Federseeklinik. Die von Dr. Ba. zur Begründung angeführte Vernarbung stellt somit lediglich eine andere mögliche Ursache desselben Beschwerdekomplexes dar. Wie Dr. Bü. jedoch zutreffend ausführt, richtet sich die Beurteilung von Leistungsbeeinträchtigungen in erster Linie nach den klinischen orthopädischen und neurologischen Befunden. Hier zeigen sich jedoch gerade keine wesentlichen Abweichungen. Ein sensibles Nervenwurzelreizsyndrom bezogen auf S1 rechts wird übereinstimmend beschrieben, das Zeichen nach Lasègue ist rechts positiv bei Dr. Bü. bei 60°, bei Dr. Ba. bei 50°, im Entlassungsbericht der Federseeklinik bei 45°. Ohne Unterschiede werden jedoch motorische Störungen oder Ausfälle ausgeschlossen, die Muskeleigenreflexe ohne Auffälligkeiten angegeben. Die berichtete Beweglich- und Entfaltbarkeit der Wirbelsäule zeigt keine Abweichungen. Überzeugend erachtet Dr. Bü. bei einem solchen Befund qualitative Einschränkungen des Leistungsvermögens als zwar notwendig, aber auch ausreichend, um eine Belastung der Wirbelsäule zu vermeiden. Angesichts solcher Entlastung spielt es auch keine Rolle mehr, dass der Kläger, wie Dr. Ba. ausführt, nicht mehr in der Lage sei, die eingeschränkte Beweglichkeit der Lendenwirbelsäule durch vermehrten Einsatz von Hüft- und Kniegelenken auszugleichen. Allein dem Nachweis einer Diskopathie im angrenzenden Segment L4/5 im bildgebenden Verfahren kommt im Hinblick auf die erhaltene Funktion der Wirbelsäule im genannten Umfang keine weitere Bedeutung zu. Anschaulich verweist Dr. Bü. in seiner ergänzenden Stellungnahme darauf, dass entsprechende Schmerzen zu ausgeprägten Funktionseinschränkungen führen würden, die hier aber gerade nicht vorliegen. Des Weiteren nehme der Kläger nicht einmal regelmäßig nichtsteroidale, schon gar keine starken Schmerzmittel. Angesichts dessen hält der Senat entgegen der Annahme von Dr. Ba. weder eine zeitliche Einschränkung des Leistungsvermögens für notwendig noch die Notwendigkeit zusätzlicher Arbeitspausen für begründet.

Auch die insoweit anderslautende Stellungnahme des Orthopäden und Chirurgen Dr. Fr. vom 18. Mai 2009 vermag in diesem Punkt nicht zu überzeugen. Es fehlt an jeder Begründung für seine Annahme, der Kläger sei nur unter Einhaltung betriebsunüblicher Pausen im zeitlichen Umfang von 5 bis 6 Stunden einsatzfähig. Im Hinblick auf seine Bezugnahme auf Gutachten bzw. Stellungnahme von Dr. Ba. und Dr. Bü. hätte es einer Erklärung bedurft, weshalb er sich im Ergebnis der Einschätzung von Dr. Ba. angeschlossen hat, der begründeten Ablehnung der Notwendigkeit betriebsunüblicher Pausen durch Dr. Bü. hingegen nicht gefolgt ist. Für nicht überzeugend hält der Senat die Feststellung von Dr. Fr. auch unter Berücksichtigung der Tatsache, dass es sich hierbei um den aktuell behandelnden Arzt des Klägers handelt, auch deshalb, weil er keine weiteren Ausführungen zur Dauer und Häufigkeit der empfohlenen Pausen macht und damit den Eindruck erweckt, diese Empfehlung nicht auf eine zwingende medizinisch begründbare Grundlage stützen zu können. Hinsichtlich der qualitativen Einschränkungen entspricht die Stellungnahme von Dr. Fr. den Erkenntnissen der übrigen Gutachter; bei der quantitativen Leistungsfähigkeit hat er sich nicht für eine der beiden Alternativen (5 oder 6 Stunden täglich) entscheiden wollen.

Ausweislich der am 4. Februar 2009 vorgenommenen computertomographischen Untersuchung ist der aktuelle Gesundheitszustand des Klägers unverändert und das anlässlich der Operation im Jahre 2002 eingebrachte Material weder gelockert noch gebrochen. Die Notwendigkeit einer erneuten Begutachtung bestand daher trotz der schon im Februar 2006 bei Dr. Bü. letztmals vorgenommenen persönlichen Untersuchung des Klägers nicht.

Nach dem Gesamtergebnis des Verfahrens steht somit zur Überzeugung des Senats fest, dass der Kläger noch in der Lage ist, mindestens sechs Stunden täglich eine körperlich leichte Tätigkeit ohne längerwährende Zwangshaltungen für Rumpf und Wirbelsäule, im Wechsel zwischen Sitzen, Stehen und Gehen ohne schweres Heben und Tragen zu verrichten. Ausgeschlossen sind Klettern, Steigen, Tätigkeiten auf Leitern oder Gerüsten bzw. mit Absturzgefahr, solche unter ungünstigen Witterungsverhältnissen mit Einfluss von größeren Temperaturschwankungen, Zugluft, Kälte oder Nässe. Arbeiten unter besonderem Zeitdruck, in Wechsel- oder Nachtschicht, an laufenden Maschinen oder im Akkord sind ebenfalls nicht mehr leidensgerecht. Dieses Leistungsbild entspricht im Übrigen auch der Angabe des Klägers im Rehabilitationsverfahren in der Federseeklinik, wonach er zu diesem Zeitpunkt Bürotätigkeiten im zeitlichen Umfange von 40 Stunden wöchentlich ausgeübt habe. Die genannten Einschränkungen sind weder ihrer Art nach noch in ihrer Summe geeignet, die Gefahr der Verschlossenheit des Arbeitsmarktes zu begründen.

Mit dem festgestellten Leistungsvermögen ist der Kläger weder voll noch teilweise erwerbsgemindert i. S. d. § 43 SGB VI.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 und 2 SGG) liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
Saved