L 3 AL 65/05

Land
Freistaat Sachsen
Sozialgericht
Sächsisches LSG
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
3
1. Instanz
SG Leipzig (FSS)
Aktenzeichen
S 5 AL 923/03
Datum
2. Instanz
Sächsisches LSG
Aktenzeichen
L 3 AL 65/05
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
1. Ein Arbeitsloser, der umzieht, ohne dem Arbeitsamt seine neue Anschrift mitzuteilen, ist erst dann wieder gemäß § 119 Abs. 3 Nr. 3 SGB III arbeitsfähig, wenn er dem Arbeitsamt seine neue Anschrift mitgeteilt hat und damit wieder für das Arbeitsamt erreichbar ist.
2. Aus Sicherheitsgründen ist das Arbeitsamt gehalten, Änderungsmitteilungen von erheblicher Bedeutung für den Leistungsanspruch des Arbeitslosen (hier: Mitteilung eines Umzugs und einer neuen Anschrift) nur in schriftlicher Form entgegen zu nehmen.
I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Leipzig vom 25. Januar 2005 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Der Kläger wendet sich gegen die Aufhebung der Bewilligung von Arbeitslosenhilfe für die Zeit vom 1. Juni 2003 bis zum 9. November 2003 und die geltend gemachte Erstattungsforderung der Beklagten.

Der 1971 geborene Kläger bezog seit 1996 mit Unterbrechungen Leistungen der Beklagten und beantragte am 27. Januar 2003 unter der Wohnanschrift L. Straße 10 in F. die Fortzahlung von Arbeitslosenhilfe. Mit Bescheid vom 5. Februar 2003 bewilligte die Beklagte dem Kläger Arbeitslosenhilfe ab 15. Januar 2003 nach einem Bemessungsentgelt von 204,21 EUR wöchentlich und der Leistungsgruppe A/1.

Mit Schreiben vom 23. September 2003 bzw. 7. Oktober 2003 lud die Beklagte den Kläger zu Vorsprachen beim Arbeitsamt zum 2. Oktober 2003 bzw. 15. Oktober 2003 ein. Diesen Einladungen ist der Kläger nicht gefolgt.

Mit Bescheid vom 17. Oktober 2003 stellte die Beklagte den Eintritt einer Säumniszeit fest. Hiergegen legte der Kläger am 11. November 2003 Widerspruch ein. Er wohne seit dem 1. Juni 2003 in der M. Straße 32 in F ... Die Einladungen habe er nicht erhalten. Auch der Bescheid vom 17. Oktober 2003 sei ihm nicht zugegangen. Er habe sich telefonisch am 10. November 2003 beim Arbeitsamt gemeldet, da er von der Krankenkasse über seine Abmeldung informiert worden sei. Seinen Umzug habe er am 27. Juni 2003 telefonisch dem Arbeitsamt mitgeteilt. Der Mitarbeiter des Arbeitsamtes habe ihn darauf hingewiesen, dass der Umzug schriftlich mitgeteilt werden solle. Gleich darauf habe er die rote Veränderungsanzeige an das Arbeitsamt geschickt. Später korrigierte der Kläger seinen Widerspruch dahingehend, dass er ca. am 27. Juni 2003 beim Arbeitsamt angerufen habe, um seine neue Adresse mitzuteilen. Der Mitarbeiter des Arbeitsamtes habe ihn jedoch gebeten, die neue Adresse schriftlich mitzuteilen. Seine telefonische Mitteilung sei also beim Arbeitsamt offensichtlich nicht vermerkt worden.

Mit Bescheid vom 11. November 2003 hat die Beklagte dem Widerspruch des Klägers vom 11. November 2003 abgeholfen und den Bescheid vom 17. Oktober 2003 aufgehoben.

Zugleich hob die Beklagte mit Bescheid vom 11. November 2003 den Bescheid vom 5. Februar 2003 über die Bewilligung von Arbeitslosenhilfe mit Wirkung vom 1. Juni 2003 auf, da der Kläger unter der von ihm benannten Anschrift nicht zu erreichen gewesen sei. Seine Adressänderung habe er erst am 10. November 2003 bekannt gegeben. Damit habe er in der Zeit vom 1. Juni 2003 bis zum 9. November 2003 der Arbeitsvermittlung nicht zur Verfügung gestanden und daher keinen Leistungsanspruch gemäß § 119 Abs. 1 Nr. 2 Drittes Buch Sozialgesetzbuch – Arbeitsförderung – (SGB III). Die Aufhebung des Bescheides mit Wirkung vom Zeitpunkt der wesentlichen Änderung beruhe auf § 48 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch – Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz – (SGB X) i. V. m. § 330 Abs. 3 SGB III. Der Kläger habe entgegen des § 60 Erstes Buch Sozialgesetzbuch – Allgemeiner Teil – (SGB I) seine Adressänderung nicht rechtzeitig angezeigt. Gemäß § 50 Abs. 1 SGB X müsse der Kläger die zu Unrecht erhaltene Leistung in Höhe von 1.896,37 EUR erstatten.

Den hiergegen am 12. November 2003 eingelegten Widerspruch des Klägers wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 19. November 2003 zurück. Telefonische Mitteilungen, bei denen ein arbeitsloser Leistungsempfänger wesentliche Veränderungen in seinen Verhältnissen mitteile, würden in der Bewerberdatei festgehalten. Ein solcher Eintrag sei beim Kläger nicht zu finden. Auch die vom Kläger behauptete schriftliche Anzeige seines Umzuges sei nicht vorhanden. Das Vorbringen des Klägers sei daher als reine Schutzbehauptung anzusehen. Daran ändere auch die Mitteilung seines Bekannten vom 12. November 2003, wonach dieser die Angaben des Klägers bestätigen könne, nichts.

Die am 12. Dezember 2003 erhobene Klage hat das Sozialgericht Leipzig mit Urteil vom 25. Januar 2005 zurückgewiesen. Die behauptete telefonische Mitteilung durch den Kläger habe nicht nachgewiesen werden können. In der Akte der Beklagten würden sich keine derartigen Telefonvermerke befinden. Der Kläger habe auch nicht mitteilen können, mit wem er über diese Meldung gesprochen habe. Es gebe auch keine gesetzliche Fiktion, wonach ein Poststück, welches mit Hilfe der Deutschen Bundespost versandt werde, beim Empfänger ankomme. Ein Eingang der vom Kläger behaupteten schriftlichen Änderungsmitteilung könne bei der Beklagten nicht festgestellt werden. Der Kläger sei daher nicht in der Lage, den Zugang seiner Umzugsmitteilung bei der Beklagten zu beweisen. Aufgrund seiner bisherigen Arbeitslosenbiografie habe der Kläger auch besondere Kenntnisse über den Umgang mit Meldungen bei der Beklagten. Ihm sei nach Überzeugung der Kammer bekannt gewesen, dass er seinen Umzug persönlich bei der Beklagten melden müsse. Das Urteil ist der Prozessbevollmächtigten des Klägers am 18. Februar 2005 zugestellt worden.

Am 15. März 2005 hat der Kläger gegen das Urteil des Sozialgerichts Leipzig vom 25. Januar 2005 Berufung eingelegt. Von der Aufhebung seiner Leistung habe er nur durch ein Schreiben der Krankenkasse erfahren. Als er daraufhin zum Arbeitsamt gegangen sei, habe man ihm gesagt, dass seine Leistungen mangels gemeldeter Adressänderung aufgehoben worden seien. Die Einladungsschreiben und der Aufhebungsbescheid seien an die Anschrift L. Straße geschickt worden. Sämtliche Nachforschungen bezüglich Posteingängen/Postrückgängen unter der Anschrift L. Straße seien erfolglos geblieben. Er habe dort alle unter dieser Anschrift lebenden Leute gefragt. Am 27. Juni 2003 habe er seinen Umzug telefonisch mitgeteilt. Es sei gesagt worden, dass er dies schriftlich machen müsse. Auf die Frage hin, ob dieser Anruf vermerkt werde, sei dies verneint worden. Am 30. Juni 2003 habe er dem Arbeitsamt seinen Umzug per Standardänderungsmitteilung auf dem Postweg mitgeteilt. Diese Aussage könne sein Mitbewohner W. J. bezeugen. Er sei dabei gewesen, als dem Arbeitsamt telefonisch die Adressänderung mitgeteilt und der Brief an das Arbeitsamt abgeschickt worden sei.

Der Kläger beantragt sinngemäß,

das Urteil des Sozialgerichts Leipzig vom 25. Januar 2005 sowie den Bescheid der Beklagten vom 11. November 2003 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19. November 2003 aufzuheben.

Die Beklagte und Berufungsbeklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten beider Instanzen sowie den der beigezogenen Verwaltungsvorgänge Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Das Gericht konnte trotz Ausbleibens des Klägers verhandeln und entscheiden, weil er hierauf in der Ladung hingewiesen worden ist (vgl. § 153 Abs. 1 i.V.m. § 110 Abs. 1 Satz 1 des Sozialgerichtsgesetzes - SGG -).

Die gemäß den §§ 143, 144 SGG statthafte sowie form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig, aber unbegründet.

Das Sozialgericht hat die Anfechtungsklage zu Recht abgewiesen, weil die angefochtenen Bescheide über die Aufhebung der Arbeitslosenhilfebewilligung für die Zeit vom 1. Juni 2003 bis zum 9. November 2003 und die Rückforderung überzahlter Arbeitslosenhilfe sowie von Beiträgen zur Kranken- und Pflegeversicherung in der Gesamthöhe von 1.896,37 EUR rechtmäßig sind und den Kläger deshalb nicht beschweren (§ 54 Abs. 2 Satz 1 SGG). Die Beklagte war nach §48 SGB X berechtigt, die Arbeitslosenhilfebewilligung für die Zeit vom 1. Juni 2003 bis zum 9. November 2003 aufzuheben.

Nach § 48 Abs. 1 SGB X ist ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung aufzuheben, soweit in den tatsächlichen und rechtlichen Verhältnissen, die bei seinem Erlass vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt. Wesentlich ist jede tatsächliche oder rechtliche Änderung, die sich auf Grund oder Höhe der bewilligten Leistung auswirkt (vgl. BSG, Urteil vom 6. November 1985, 10 RKg 3/84, BSGE 59, 111, 112). Eine solche Änderung ist ab 1. Juni 2003 in Folge des Umzugs des Klägers und damit des Wegfalls seiner Erreichbarkeit eingetreten weshalb dieser ab dem genannten Zeitpunkt keinen Anspruch auf Arbeitslosenhilfe mehr hatte.

Anspruch auf Arbeitslosenhilfe hat nur, wer unter anderem. arbeitslos ist (§ 190 Abs. 1 Nr. 1, § 198 Satz 2 Nr. 1, § 117 Abs. 1 Nr. 1, § 118 SGB III). Zu den Voraussetzungen der Arbeitslosigkeit zählt nach § 118 Abs. 1 Nr. 2 SGB III die Beschäftigungssuche. Eine Beschäftigung sucht nach § 119 Abs. 1 SGB III, wer alle Möglichkeiten nutzt und nutzen will, um seine Beschäftigungslosigkeit zu beenden (Nr. 1) und den Vermittlungsbemühungen des Arbeitsamtes zur Verfügung steht (Verfügbarkeit, Nr. 2). Merkmale der Verfügbarkeit sind die Arbeitsfähigkeit und die ihr entsprechende Arbeitsbereitschaft (§ 119 Abs. 2 SGB III). Arbeitsfähig ist ein Arbeitsloser dann, wenn er Vorschlägen des Arbeitsamtes zur beruflichen Eingliederung zeit- und ortsnah Folge leisten kann und darf (§ 119 Abs. 3 Nr. 3 SGB III); hierzu hat der Verwaltungsrat der Bundesanstalt für Arbeit aufgrund der Ermächtigung in § 152 Nr. 2 SGB III Näheres in der Anordnung zur Pflicht des Arbeitslosen, Vorschlägen des Arbeitsamtes zur beruflichen Eingliederung zeit- und ortsnah Folge leisten zu können, (EAO) von 2001 (am 1. Januar 2002 in Kraft getreten) bestimmt. Nach § 1 Abs. 1 Satz 1 EAO muss der Arbeitslose unter anderem in der Lage sein, unverzüglich Mitteilungen des Arbeitsamtes persönlich zur Kenntnis zu nehmen und mit einem möglichen Arbeitgeber oder Maßnahmeträger in Verbindung zu treten; deshalb hat er nach § 1 Abs. 1 Satz 2 EAO sicherzustellen, dass das Arbeitsamt ihn persönlich an jedem Werktag an seinem Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt unter der von ihm benannten Anschrift durch Briefpost erreichen kann.

Aus dem Umstand, dass der Kläger es unterlassen hat, dem Arbeitsamt spätestens am 1. Juni 2003, dem Tag des Umzuges, seine neue Anschrift mitzuteilen, folgt, dass das Arbeitsamt den Kläger ab 1. Juni 2003 nicht mehr an seinem Wohnsitz unter der genannten Anschrift durch Briefpost erreichen konnte, und zwar bis einschließlich 9. November 2003. Erst ab der Mitteilung der neuen Anschrift am 10. November 2003 war der Kläger wieder erreichbar. Der Kläger war deshalb vom 1. Juni 2003 bis zum 9. November 2003 nicht mehr arbeitsfähig im Sinne des § 119 Abs. 3 SGB III und damit auch nicht arbeitslos im Sinne des § 118 SGB III mit der Folge, dass er keinen Anspruch auf Arbeitslosenhilfe mehr hatte.

Nach den Feststellungen des Senats ist auch keine schriftliche Veränderungsmitteilung bezüglich des Umzugs des Klägers bei der Beklagten eingegangen. Selbst wenn man davon ausgeht, dass der Kläger die Änderungsmitteilung am 30. Juni 2003 per Post abgesandt hat, ist diese damit noch nicht wirksam geworden. Es handelt sich hierbei um eine öffentlich-rechtliche Willenserklärung, auf die die Grundsätze des bürgerlichen Rechts über Willenserklärungen entsprechend anzuwenden sind. Nach § 130 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3 des Bürgerliches Gesetzbuches (BGB) wird eine Willenserklärung, die einem anderen auch einer Behörde – gegenüber in dessen Abwesenheit abgegeben wird, in dem Zeitpunkt wirksam, in welchem sie ihm zugeht. Der Zugang der Änderungsmitteilung hat sich jedoch nicht feststellen lassen. Der Kläger trägt dabei das Übermittlungsrisiko der Postbeförderung. Die Vorschrift des § 130 BGB, die das Übermittlungsrisiko dem Absender einer Willenserklärung auferlegt, verkörpert einen allgemeinen Grundsatz, der auch für empfangsbedürftige öffentlich-rechtliche Willenserklärungen gilt (BSG, Urteil vom 21. Februar 1991, 7 Rar 74/89, SozR 3-4100 § 81 Nr. 1 zur Versäumung der Frist für einen Antrag auf Wintergeld).

Auch die vom Kläger behauptete telefonische Information der Beklagten über seinen Umzug ist nicht aktenkundig. Der Kläger konnte auch nicht angeben, mit welchem Mitarbeiter der Beklagten er dieses Telefonat geführt haben soll. Er hat jedoch vorgetragen, darauf hingewiesen worden zu sein, dass er die Änderungsmitteilung bezüglich des Umzugs schriftlich bei der Beklagten einreichen müsse. Er sei auch davon ausgegangen, dass die telefonische Mitteilung nicht genüge.

Diese Vorgehensweise der Beklagten ist nicht zu beanstanden. Nach § 60 Abs. 2 SGB I sollen für die in § 60 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und 2 SGB I genannten Angaben (hier Änderungen in den Verhältnissen, die für die Leistung maßgeblich sind) Vordrucke genutzt werden, soweit diese vorgesehen sind. Eine solche Änderungsmitteilung als Vordruck lag dem Kläger auch vor.

Aus Sicherheitsgründen ist die Beklagte gehalten, Änderungsmitteilungen von solch erheblicher Bedeutung für den Leistungsanspruch des Arbeitslosen nur in schriftlicher Form entgegen zu nehmen. Eine telefonische Information genügt insoweit nicht, um einen eventuellen Missbrauch, Verwechslungen oder ähnliches auszuschließen.

Selbst nach dem Vortrag des Klägers hat er seine Pflicht, dem zuständigen Arbeitsamt einen Wohnungswechsel unverzüglich mitzuteilen, verletzt, da er trotz seines Umzuges am 1. Juni 2003 erst am 30. Juni 2003 die Änderungsmitteilung per Post an die Beklagte übersandt haben will. In diesem Zeitraum war er jedenfalls unter keinem Gesichtspunkt für die Beklagte erreichbar.

Der vom Kläger benannte Zeuge war nicht zu vernehmen. Dieser wurde vom Kläger zur Bestätigung seines Vortrages über das Telefonat mit dem Arbeitsamt und die schriftliche Veränderungsmitteilung benannt. Weder die telefonische Veränderungsmitteilung noch das Absenden der Veränderungsmitteilung war aber ausreichend, wie ausgeführt wurde.

Für die vom Kläger behauptete Manipulation der Verwaltungsakte gibt es keine Anhaltspunkte.

Die Beklagte war auch berechtigt, die Arbeitslosenhilfebewilligung mit Wirkung für die Vergangenheit aufzuheben. Nach § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 SGB X i. V. m. § 330 Abs. 3 Satz 1 SGB III ist ein Verwaltungsakt mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufzuheben, soweit der Betroffene wusste oder in Folge grober Fahrlässigkeit nicht wusste, dass der sich aus dem Verwaltungsakt ergebende Anspruch Kraft Gesetzes zum Ruhen gekommen oder ganz oder teilweise weggefallen ist. Nach dem vom Kläger nicht angegriffenen Vortrag der Beklagten ist ihm ein Merkblatt der Bundesanstalt für Arbeit ausgehändigt worden, in dem unmissverständlich darauf hingewiesen wird, dass die Voraussetzungen für den weiteren Bezug von Arbeitslosenhilfe wegfallen, wenn der Arbeitslose für die Beklagte nicht erreichbar ist.

Im Übrigen liegen auch die Voraussetzungen des § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB X vor, der die Aufhebung eines Verwaltungsaktes mit Wirkung für die Vergangenheit auch bei vorsätzlicher oder grob fahrlässiger Verletzung einer Pflicht zur Mitteilung wesentlicher Änderungen der Verhältnisse ermöglicht. Der Kläger musste aufgrund der Hinweise des Merkblattes auch wissen, dass er bei einem Wohnungswechsel zur sofortigen Unterrichtung des Arbeitsamtes verpflichtet war. Er kann sich in diesem Zusammenhang auch nicht darauf berufen, dass er die Änderungsmitteilung an die Beklagte abgesandt habe. Die bloße Möglichkeit, dass die Änderungsmitteilung bei der Beklagten angekommen, dort aber fehlgeleitet oder verloren gegangen sein könnte, reicht für die Feststellung des Zugangs bei der Beklagten nicht aus. Wie bereits ausgeführt, hat der Kläger das Risiko der Postbeförderung zu tragen. Es wäre insofern Sache des Klägers gewesen, bei der Beklagten nachzufragen, ob die Änderungsmitteilung eingegangen ist.

Im vorliegenden Fall konnte der Senat ausnahmsweise auch von einer persönlichen Anhörung des Klägers in der mündlichen Verhandlung absehen. Nach Aktenlage verfügt der Kläger aufgrund seines langjährigen Leistungsbezuges von der Beklagten über die erforderlichen Kenntnisse bezüglich der Notwendigkeit der unverzüglichen Mitteilung einer Adressänderung und der entsprechenden Rechtsfolgen beim Versäumnis. So wurde gegen den Kläger bereits ein Bußgeld festgesetzt (Bußgeldbescheid vom 28. Juli 1998 durch Arbeitsamt Wilhelmshaven), da er eine Nebenbeschäftigung nicht angezeigt hat. Auch hier ist die vom Kläger behauptete Änderungsmitteilung beim Arbeitsamt nicht eingegangen, so dass der Kläger bereits aus diesem Verfahren wusste, dass es auf den Zugang einer Änderungsmitteilung bei der Beklagten ankommt. Darüber hinaus ist der Kläger bereits mehrfach während des Leistungsbezuges umgezogen; auch insoweit sind Probleme aufgrund verspäteter Änderungsmitteilung aufgetreten (Postrücklauf).

Der Anspruch der Beklagten auf Erstattung der überzahlten Arbeitslosenhilfe folgt aus § 50 SGB X, der Anspruch auf Erstattung der Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung ergibt sich aus § 335 Abs. 1 und 5 SGB III. Die Höhe der Erstattungsforderung von insgesamt 1.896,37 EUR ist nicht zu beanstanden.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 SGG) sind nicht ersichtlich.
Rechtskraft
Aus
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