L 18 AS 872/09 B ER

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
18
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 176 AS 7722/09 ER
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 18 AS 872/09 B ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 23. April 2009 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch im Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten. Der Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren wird abgelehnt.

Gründe:

Die Beschwerde der Antragstellerin, mit der diese beantragt, ihr "Leistungen nach § 7 Abs. 5 Satz 2 SGB II mindestens in Höhe der Regelleistungen nach SGB II zu gewähren", ist nicht begründet. Es fehlt bereits an dem Vorliegen des erforderlichen Anordnungsanspruchs iS des § 86 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG).

Soweit die Antragstellerin Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch – Grundsicherung für Arbeitsuchende – (SGB II) "antragsgemäß" und damit bereits ab 19. Dezember 2008 (vgl. den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung vom 16. März 2009) erstrebt, scheidet der Erlass einer einstweiligen Anordnung bereits deshalb aus, weil eine einstweilige Anordnung für bereits abgelaufene Zeiträume regelmäßig nicht in Betracht kommt. Ein besonderer Nachholbedarf oder ein Fortwirken der Nichtgewährung von Leistungen in der Vergangenheit in die Gegenwart sind aber weder vorgetragen noch zu ersehen.

Für die Zeit ab Eingang des Rechtsschutzantrags ist hingegen ein durch eine einstweilige Anordnung zu sichernder Anordnungsanspruch nicht gegeben. Wenn die Antragstellerin mit ihrer Beschwerde den von ihr erhobenen Anspruch dabei ausdrücklich auf § 7 Abs. 5 Satz 2 SGB II stützt, übersieht sie, dass nach dieser Vorschrift eine Leistungsgewährung nur im Wege eines – zurück zu zahlenden – Darlehens in Betracht kommt, mithin nicht als Beihilfe oder Zuschuss (BSG SozR 4-4200 § 7 Nr 8). Die Voraussetzungen für die beantragte – auch nur darlehensweise zu erbringende – Verpflichtung der Antragsgegnerin zur Erbringung von Leistungen liegen im Übrigen auch nicht vor. Denn § 7 Abs. 5 Satz 2 SGB II erlaubt eine ausnahmsweise Leistungserbringung an eine Auszubildende, die – wie die Antragstellerin – nach § 7 Abs. 5 Satz 1 SGB II grundsätzlich von Leistungen nach dem SGB II ausgeschlossen ist, weil ausweislich der Bescheinigung des Bezirksamts C von Bvom 24. März 2009 ihre Ausbildung zur technischen Assistentin für chemische und biologische Laboratorien eine dem Grunde nach förderungsfähige Ausbildung nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz (BAföG) ist, nur in besonderen Härtefällen. Dieser unbestimmte Rechtsbegriff verlangt nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts, dass wegen der Ausbildungssituation ein besonderer Bedarf entstanden ist, der nicht durch BAföG gedeckt werden kann, und deswegen begründeter Anlass für die Annahme besteht, die vor dem Abschluss stehende Ausbildung werde nicht beendet und damit drohe das Risiko zukünftiger Erwerbslosigkeit (siehe dazu grundlegend: BSG SozR 4-4200 § 7 Nr 8). Ausreichend ist danach nicht, dass wegen des ausbildungsbedingten Bedarfs der Antragstellerin auch unter Berücksichtigung des Todes ihrer Mutter und der Einstellung der Kindergeldzahlung ein Härtefall anzunehmen ist. Denn die von der Antragstellerin geschilderte Bedarfssituation begründet zwar einen Härtefall, der in dieser Bedarfssituation regelmäßig eintritt, aber keinen besonderen Härtefall, bei dem weitere Umstände hinzutreten müssen. Insoweit wird z. B. eine durch objektive Umstände belegbare Aussicht verlangt, die z. B. durch die Meldung zur Abschlussprüfung nachgewiesen werden kann, dass alle Prüfungsvoraussetzungen bereits erfüllt sind und die Ausbildung mit Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts in absehbarer Zeit zu einem Abschluss geführt werden kann (vgl. BSG aaO). Die Antragstellerin, die ein Studium in der Fachrichtung Chemie "aus mangelndem Verständnis und sich daraus ergebenden Prüfungsschwierigkeiten" (Schriftsatz vom 08. April 2009) abgebrochen hatte und die die am 01. September 2008 beim L, einer Technischen Berufsfachschule, begonnene Ausbildung zur Technischen Assistentin für chemische und biologische Laboratorien voraussichtlich im Juli 2010 beenden wird, befindet sich demgegenüber in einem Stadium ihrer Ausbildung, in dem der Abschluss nicht in absehbarer Zeit bevorsteht, sondern noch ein zeitlich größerer Ausbildungsabschnitt durchlaufen werden muss, und es sind überdies auch keine Umstände erkennbar, die ansonsten ihre Bedarfssituation als besonderen Härtefall qualifizieren könnten.

Soweit die Antragstellerin sinngemäß die Verpflichtung des Antragsgegners zur Übernahme von Kosten der Unterkunft beansprucht, liegt jedenfalls ein für den Erlass einer einstweiligen Anordnung erforderlicher Anordnungsgrund nicht vor. Denn dafür, dass Wohnungs- oder gar Obdachlosigkeit der Antragstellerin drohten, ist nichts zu ersehen. Dass bislang Mietschulden aufgelaufen wären, die zu einer Kündigung des Mietverhältnisses führen könnten, hat die Antragstellerin nicht vorgetragen.

Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung von § 193 SGG.

Da es der Rechtsverfolgung an der hinreichenden Erfolgsaussicht fehlt, war auch der Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren abzulehnen (§ 73a Abs. 1 Satz 1 SGG iVm §§ 114 ff. Zivilprozessordnung).

Dieser Beschluss ist nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht anfechtbar (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
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