Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
8
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 19 R 9012/07
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 8 R 544/08
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 14. März 2008 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe:
I.
Streitig ist die Höhe des Rechts auf Rente wegen Erwerbsminderung. Die Klägerin ist im Juli 1954 geboren worden. Die Beklagte bewilligte ihr durch Bescheid vom 9. Mai 2007 Rente wegen voller Erwerbsminderung auf Dauer ab dem 1. August 2005 auf Grund eines am 21. Juli 2005 (Datum des Rentenantrags) eingetretenen Leistungsfalls. Den monatlichen Höchstwert des Rechts auf Rente berechnete sie für den Zeitpunkt des Rentenbeginns, indem sie die Summe der Entgeltpunkte unter Berücksichtigung des Zugangsfaktors (28,4952 x 0,892 = 25,4177) mit dem Rentenartfaktor (1,0) und dem aktuellen Rentenwert (Ost) vervielfältigte. Den Zugangsfaktor von 0,892 errechnete sie, indem sie den ungekürzten Wert hierfür von 1,0 um 0,003 für jeden Kalendermonat nach dem 31. Juli 2014 bis zum Ablauf des Kalendermonats der Vollendung des 63. Lebensjahres (Juli 2017), somit insgesamt um 0,108 minderte. Den Widerspruch gegen den Bescheid, mit dem die Klägerin unter Bezug auf das Urteil des Bundessozialgerichts (BSG) vom 16. Mai 2006 – B 4 RA 22/05 R, SozR 4-2600 § 77 Nr. 3 die Berechnung der Rente mit einem Zugangsfaktor von 1,0 begehrte, wies die Beklagte durch Widerspruchsbescheid vom 27. November 2007 zurück. Die von der Klägerin für sich in Anspruch genommene Entscheidung des BSG entspreche nicht der Auffassung der Rentenversicherungsträger. Mit der Klage hat die Klägerin ihren Anspruch weiterhin auf das Urteil des BSG gestützt. Dessen Auslegung entspreche dem Wortlaut des Gesetzes und auch dem Willen des Gesetzgebers. Eine abweichende Auslegung sei auch mit dem grundrechtlichen Schutz der Vorleistung der Versicherten in der gesetzlichen Rentenversicherung nicht zu vereinbaren. Durch Urteil vom 14. März 2008 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Die angefochtenen Bescheide seien rechtmäßig. Bei der Berechnung des Monatsbetrages der Rente sei allein streitig, ob die Beklagte berechtigt gewesen sei, den Zugangsfaktor mit einem Abschlag von 0,003 für 36 Monate zu versehen. Entgegen der Auffassung, die der 4. Senat des BSG in der Entscheidung vertreten habe, auf die sich die Klägerin stütze, ergebe sich diese Berechtigung aus dem Gesetz. Die Auffassung des 4. Senats des BSG sei bei Würdigung der Gesetzgebungsgeschichte und der Gesetzessystematik nicht tragfähig. Eine andere Auslegung sei auch nicht aus verfassungsrechtlichen Gründen erforderlich. Die Vorschriften über die Minderung des Zugangsfaktors verstießen mit dem Inhalt, wie er sich für die Kammer darstelle, weder gegen das Grundrecht auf Eigentum noch gegen den allgemeinen Gleichheitssatz. Gemessen an den vom Gesetzgeber formulierten Zielen – Ausweichreaktionen in die Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit zu verhindern und die längere Rentenlaufzeit teilweise zu kompensieren – sei die getroffene Regelung noch verhältnismäßig, zumal der verringerte Zugangsfaktor erst schrittweise eingeführt worden sei und durch die verlängerte Zurechnungszeit teilweise wieder kompensiert werde. Mit ihrer Berufung verfolgt die Klägerin ihr Anliegen mit der Begründung aus dem Verfahren erster Instanz weiter. Sie beantragt der Sache nach, das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 14. März 2008 aufzuheben, den Bescheid der Beklagten vom 9. Mai 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29. November 2007 zu ändern und die Beklagte zu verpflichten, den monatlichen Höchstwert des Rechts auf Rente wegen Erwerbsminderung ab 1. August 2005 auf der Grundlage eines Zugangsfaktors von 1,0 zu errechnen. Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen. Sie hält die angefochtene Entscheidung und die von ihr erlassenen Bescheide für zutreffend. Die Gerichtsakte sowie die Verwaltungsakten der Beklagten lagen dem Gericht bei seiner Entscheidung vor. Wegen Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt dieser Aktenstücke Bezug genommen.
II.
Der Senat konnte ohne mündliche Verhandlung durch Beschluss über die Berufung entscheiden (§ 153 Abs. 4 Sozialgerichtsgesetz [SGG]). Er hält sie einstimmig für unbegründet und sieht eine mündliche Verhandlung nicht als erforderlich an. Der entscheidungserhebliche Sachverhalt ist geklärt. Rechtlich weist die Sache keine Schwierigkeiten auf, nachdem aktuelle Rechtsprechung des BSG zur Auslegung des einfachen Rechts und des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) zu in Betracht kommenden verfassungsrechtlichen Fragen vorliegt. Die Berufung ist unbegründet. Die Entscheidung des Sozialgerichts ist nicht zu beanstanden. Für das Klagebegehren gibt es keine Rechtsgrundlage. Der monatliche Höchstwert des Rechts auf Rente auf Grund von rentenrechtlichen Zeiten, die in den "alten" Bundesländern zurückgelegt worden sind, berechnet sich, indem für den Zeitpunkt des Rentenbeginns die unter Berücksichtigung des Zugangsfaktors (§ 77 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch [SGB VI]) ermittelten persönlichen Entgeltpunkte (§ 66 SGB VI), der Rentenartfaktor (§ 67 SGB VI) und der aktuelle Rentenwert mit ihrem Wert bei Rentenbeginn miteinander vervielfältigt werden (§§ 63 Abs. 6, 64 SGB VI). Die Beklagte hat diese sogenannte Rentenformel zutreffend angewendet, auch soweit sie den Zugangsfaktor betrifft. Für Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit bestimmt § 77 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 SGB VI in der vorliegend anwendbaren, ab 1. Januar 2001 geltenden Fassung (des Gesetzes zur Reform der Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit vom 20. Dezember 2000, BGBl. I S. 1827; im folgenden ohne Zusatz zitiert), dass der Zugangsfaktor für Entgeltpunkte, die noch nicht Grundlage von persönlichen Entgeltpunkten einer Rente waren, für jeden Kalendermonat, für den eine Rente vor Ablauf des Kalendermonats der Vollendung des 63. Lebensjahres in Anspruch genommen wird, um 0,003 niedriger als 1,0 ist. Gemäß § 77 Abs. 2 Satz 2 SGB VI ist bei einer Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit die Vollendung des 60. Lebensjahres für die Bestimmung des Zugangsfaktors maßgebend, wenn die Rente vor Vollendung des 60. Lebensjahres beginnt. Beginnt eine Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit vor dem 1. Januar 2004, ist gemäß § 264 c SGB VI bei der Ermittlung des Zugangsfaktors anstelle der Vollendung des 60. Lebensjahrs die Vollendung des in Anlage 23 zum SGB VI angegebenen Lebensalters maßgeblich. Die Anwendung dieser Vorschriften führt zu dem von der Beklagten errechneten Zugangsfaktor. § 77 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 SGB VI würde ohne ergänzende Regelungen dazu führen, dass der Zugangsfaktor bis auf Null sinken könnte und Versicherte praktisch erst ab der zweiten Hälfte des dritten Lebensjahrzehnts Zugang zu einer zahlbaren Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit hätten. Sinn des § 77 Abs. 2 Satz 2 SGB VI (ggf. i. V. mit § 264 c SGB VI und Anlage 23 zum SGB VI) ist es, diese Wirkung zu begrenzen, indem für die Berechnung des Zugangsfaktors ein fiktiver Rentenbeginn angesetzt wird (BSG, Urteile vom 25. November 2008 – B 5 R 112/08 R und vom 14. August 2008, u. a. B 5 R 32/07 R, letzteres zur Veröffentlichung vorgesehen). Der anderslautenden, bereits vor den Entscheidungen des BSG vom 14. August 2008 von den Instanzgerichten der Sozialgerichtsbarkeit überwiegend abgelehnten Auffassung des ehemaligen 4. Senats des BSG, auf die sich die Klägerin beruft, folgt auch der Senat nicht, da sie sich mit dem Sinn des § 77 Abs. 2 Satz 2 SGB VI ebenso wenig vereinbaren lässt wie mit der Gesetzessystematik (dazu ausführlich BSG a.a.O. sowie BSG, Beschluss vom 26. Juni 2008 – B 13 R 9/08 S; im Anschluss daran aus der Rechtsprechung des Senats etwa die Urteile vom 29. Januar 2009 – L 8 R 600/08 –, vom 23. April 2009 – L 8 R 592/08 und vom 12. Juni 2009 – L 8 R 205/08).
Vor diesem Hintergrund hat die Beklagte die Zugangsfaktoren für die Rentenbewilligung ab dem 1. August 2005 zutreffend berechnet. Da die Klägerin das 60. Lebensalter bei Rentenbeginn noch nicht erreicht hatte, erniedrigt sich der Zugangsfaktor von 1,0 ersichtlich um den maximalen Wert von 0,003 für 36 Kalendermonate, somit 0,108. Wird dieser von 1,0 abgezogen, ergibt sich der angewendete Zugangsfaktor von 0,892. Der Senat sieht § 77 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 und Abs. 2 Satz 2 SGB VI in der hier vorgenommenen Auslegung nicht als verfassungswidrig an. Zwar ist der Rentenanspruch ebenso wie die Rentenanwartschaft aus eigener Versicherung in der gesetzlichen Rentenversicherung institutionell durch das Grundrecht auf Eigentum (Art. 14 Abs. 1 Grundgesetz [GG]) geschützt. Die Reichweite der Eigentumsgarantie ergibt sich aber erst aus der Bestimmung von Inhalt und Schranken des Eigentums, die nach Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG Sache des Gesetzgebers ist. Solange er die zum Begriff des Eigentums gehörende grundsätzliche Privatnützigkeit und Verfügungsbefugnis und die Grenze der Verhältnismäßigkeit beachtet, hat er dabei einen grundsätzlich weiten Gestaltungsspielraum (ständige Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, s. – auch zum folgenden – aus jüngster Zeit den Beschluss vom 24. November 2008 – 1 BvL 3/05 u. a. mit zahlreichen Nachweisen; außerdem im besonderen BSG, Urteile vom 25. November 2008 – B 5 R 112/08 R und vom 14. August 2008, u. a. B 5 R 32/07 R; ferner die oben bereits zitierten Urteile des Senats). In bestehenden Rentenanwartschaften ist von vornherein die Möglichkeit von Änderungen angelegt. Denn das Rentenversicherungsverhältnis beruht stets nicht allein auf dem Versicherungsprinzip, sondern auch auf dem Gedanken der Verantwortung und des sozialen Ausgleichs. Die hier anzuwendenden Vorschriften über den Zugangsfaktor bestimmen das Grundrecht der Klägerin auf Eigentum in verfassungsrechtlich zulässiger Weise. Sie dienen einem Gemeinwohlzweck und sind zur Erreichung des angestrebten Zieles geeignet und erforderlich. Der Gesetzgeber hat mit ihnen (unter anderem) das Ziel verfolgt, das Versicherungsrisiko der unterschiedlich langen Rentenbezugsdauer mit Hilfe versicherungsmathematischer Abschläge zu neutralisieren. Die Vorschriften sind angesichts dessen schon deshalb eine zulässige Inhalts- und Schrankenbestimmung, weil sie ersichtlich dazu dienen, die Funktions- und Leistungsfähigkeit der Rentenversicherung im Interesse aller zu erhalten und den unter anderem durch die demografische Entwicklung veränderten Bedingungen für die Finanzierung der gesetzlichen Rentenversicherung anzupassen. Die Verminderung der "Rentenhöhe", die auf der Verringerung des Zugangsfaktors beruht, wird zudem teilweise neutralisiert und damit umso mehr zumutbar. Denn zeitgleich mit den geänderten Vorschriften über den Zugangsfaktor wurde die Grenze für die Bestimmung der Länge der (rentensteigernd wirkenden) Zurechnungszeiten von der Vollendung des 55. auf die Vollendung des 60. Lebensjahres heraufgesetzt (§§ 59, 253 a SGB VI in der ab 1. Januar 2001 geltenden Fassung). Dies kommt gerade Personen wie der Klägerin zugute, die relativ lange vor dem Erreichen der Altersgrenze für die Altersrente erwerbsgemindert geworden sind. Die hier anzuwendenden Vorschriften verletzten auch nicht das Differenzierungsgebot des allgemeinen Gleichheitssatzes (Art. 3 Abs. 1 GG), indem Versicherte den Zeitpunkt einer rentenberechtigenden Erwerbsminderung im Gegensatz zu Versicherten, die eine vorzeitige Altersrente in Anspruch nehmen wollen, nicht willentlich selbst bestimmen können. Der Gesetzgeber hat diesem Umstand ausreichend dadurch Rechnung getragen, dass er den "Rentenabschlag" auf maximal 10,8 % begrenzt und – wie bereits erwähnt – die rentensteigernd wirkenden Zurechnungszeiten erhöht hat. Versicherte, die erwerbsgemindert sind, werden folglich bereits "ungleich" im Verhältnis zu den Altersrentnern behandelt. Gründe, die eine noch weitergehendere Ungleichbehandlung erfordern würden, sind nicht zu erkennen. Dies im besonderen deshalb, weil der Gesetzgeber auf diese Weise vermeidet, dass – dann möglicherweise gerade sachwidrig – die von ihm angestrebte Abwendung von Finanzierungsschwierigkeiten für die gesetzliche Rentenversicherung durch längere Rentenlaufzeiten allein zu Lasten der Altersrentner geht. Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 193 SGG. Gründe, die Revision zuzulassen (§ 160 Abs. 2 SGG), liegen nicht vor.
Gründe:
I.
Streitig ist die Höhe des Rechts auf Rente wegen Erwerbsminderung. Die Klägerin ist im Juli 1954 geboren worden. Die Beklagte bewilligte ihr durch Bescheid vom 9. Mai 2007 Rente wegen voller Erwerbsminderung auf Dauer ab dem 1. August 2005 auf Grund eines am 21. Juli 2005 (Datum des Rentenantrags) eingetretenen Leistungsfalls. Den monatlichen Höchstwert des Rechts auf Rente berechnete sie für den Zeitpunkt des Rentenbeginns, indem sie die Summe der Entgeltpunkte unter Berücksichtigung des Zugangsfaktors (28,4952 x 0,892 = 25,4177) mit dem Rentenartfaktor (1,0) und dem aktuellen Rentenwert (Ost) vervielfältigte. Den Zugangsfaktor von 0,892 errechnete sie, indem sie den ungekürzten Wert hierfür von 1,0 um 0,003 für jeden Kalendermonat nach dem 31. Juli 2014 bis zum Ablauf des Kalendermonats der Vollendung des 63. Lebensjahres (Juli 2017), somit insgesamt um 0,108 minderte. Den Widerspruch gegen den Bescheid, mit dem die Klägerin unter Bezug auf das Urteil des Bundessozialgerichts (BSG) vom 16. Mai 2006 – B 4 RA 22/05 R, SozR 4-2600 § 77 Nr. 3 die Berechnung der Rente mit einem Zugangsfaktor von 1,0 begehrte, wies die Beklagte durch Widerspruchsbescheid vom 27. November 2007 zurück. Die von der Klägerin für sich in Anspruch genommene Entscheidung des BSG entspreche nicht der Auffassung der Rentenversicherungsträger. Mit der Klage hat die Klägerin ihren Anspruch weiterhin auf das Urteil des BSG gestützt. Dessen Auslegung entspreche dem Wortlaut des Gesetzes und auch dem Willen des Gesetzgebers. Eine abweichende Auslegung sei auch mit dem grundrechtlichen Schutz der Vorleistung der Versicherten in der gesetzlichen Rentenversicherung nicht zu vereinbaren. Durch Urteil vom 14. März 2008 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Die angefochtenen Bescheide seien rechtmäßig. Bei der Berechnung des Monatsbetrages der Rente sei allein streitig, ob die Beklagte berechtigt gewesen sei, den Zugangsfaktor mit einem Abschlag von 0,003 für 36 Monate zu versehen. Entgegen der Auffassung, die der 4. Senat des BSG in der Entscheidung vertreten habe, auf die sich die Klägerin stütze, ergebe sich diese Berechtigung aus dem Gesetz. Die Auffassung des 4. Senats des BSG sei bei Würdigung der Gesetzgebungsgeschichte und der Gesetzessystematik nicht tragfähig. Eine andere Auslegung sei auch nicht aus verfassungsrechtlichen Gründen erforderlich. Die Vorschriften über die Minderung des Zugangsfaktors verstießen mit dem Inhalt, wie er sich für die Kammer darstelle, weder gegen das Grundrecht auf Eigentum noch gegen den allgemeinen Gleichheitssatz. Gemessen an den vom Gesetzgeber formulierten Zielen – Ausweichreaktionen in die Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit zu verhindern und die längere Rentenlaufzeit teilweise zu kompensieren – sei die getroffene Regelung noch verhältnismäßig, zumal der verringerte Zugangsfaktor erst schrittweise eingeführt worden sei und durch die verlängerte Zurechnungszeit teilweise wieder kompensiert werde. Mit ihrer Berufung verfolgt die Klägerin ihr Anliegen mit der Begründung aus dem Verfahren erster Instanz weiter. Sie beantragt der Sache nach, das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 14. März 2008 aufzuheben, den Bescheid der Beklagten vom 9. Mai 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29. November 2007 zu ändern und die Beklagte zu verpflichten, den monatlichen Höchstwert des Rechts auf Rente wegen Erwerbsminderung ab 1. August 2005 auf der Grundlage eines Zugangsfaktors von 1,0 zu errechnen. Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen. Sie hält die angefochtene Entscheidung und die von ihr erlassenen Bescheide für zutreffend. Die Gerichtsakte sowie die Verwaltungsakten der Beklagten lagen dem Gericht bei seiner Entscheidung vor. Wegen Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt dieser Aktenstücke Bezug genommen.
II.
Der Senat konnte ohne mündliche Verhandlung durch Beschluss über die Berufung entscheiden (§ 153 Abs. 4 Sozialgerichtsgesetz [SGG]). Er hält sie einstimmig für unbegründet und sieht eine mündliche Verhandlung nicht als erforderlich an. Der entscheidungserhebliche Sachverhalt ist geklärt. Rechtlich weist die Sache keine Schwierigkeiten auf, nachdem aktuelle Rechtsprechung des BSG zur Auslegung des einfachen Rechts und des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) zu in Betracht kommenden verfassungsrechtlichen Fragen vorliegt. Die Berufung ist unbegründet. Die Entscheidung des Sozialgerichts ist nicht zu beanstanden. Für das Klagebegehren gibt es keine Rechtsgrundlage. Der monatliche Höchstwert des Rechts auf Rente auf Grund von rentenrechtlichen Zeiten, die in den "alten" Bundesländern zurückgelegt worden sind, berechnet sich, indem für den Zeitpunkt des Rentenbeginns die unter Berücksichtigung des Zugangsfaktors (§ 77 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch [SGB VI]) ermittelten persönlichen Entgeltpunkte (§ 66 SGB VI), der Rentenartfaktor (§ 67 SGB VI) und der aktuelle Rentenwert mit ihrem Wert bei Rentenbeginn miteinander vervielfältigt werden (§§ 63 Abs. 6, 64 SGB VI). Die Beklagte hat diese sogenannte Rentenformel zutreffend angewendet, auch soweit sie den Zugangsfaktor betrifft. Für Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit bestimmt § 77 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 SGB VI in der vorliegend anwendbaren, ab 1. Januar 2001 geltenden Fassung (des Gesetzes zur Reform der Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit vom 20. Dezember 2000, BGBl. I S. 1827; im folgenden ohne Zusatz zitiert), dass der Zugangsfaktor für Entgeltpunkte, die noch nicht Grundlage von persönlichen Entgeltpunkten einer Rente waren, für jeden Kalendermonat, für den eine Rente vor Ablauf des Kalendermonats der Vollendung des 63. Lebensjahres in Anspruch genommen wird, um 0,003 niedriger als 1,0 ist. Gemäß § 77 Abs. 2 Satz 2 SGB VI ist bei einer Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit die Vollendung des 60. Lebensjahres für die Bestimmung des Zugangsfaktors maßgebend, wenn die Rente vor Vollendung des 60. Lebensjahres beginnt. Beginnt eine Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit vor dem 1. Januar 2004, ist gemäß § 264 c SGB VI bei der Ermittlung des Zugangsfaktors anstelle der Vollendung des 60. Lebensjahrs die Vollendung des in Anlage 23 zum SGB VI angegebenen Lebensalters maßgeblich. Die Anwendung dieser Vorschriften führt zu dem von der Beklagten errechneten Zugangsfaktor. § 77 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 SGB VI würde ohne ergänzende Regelungen dazu führen, dass der Zugangsfaktor bis auf Null sinken könnte und Versicherte praktisch erst ab der zweiten Hälfte des dritten Lebensjahrzehnts Zugang zu einer zahlbaren Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit hätten. Sinn des § 77 Abs. 2 Satz 2 SGB VI (ggf. i. V. mit § 264 c SGB VI und Anlage 23 zum SGB VI) ist es, diese Wirkung zu begrenzen, indem für die Berechnung des Zugangsfaktors ein fiktiver Rentenbeginn angesetzt wird (BSG, Urteile vom 25. November 2008 – B 5 R 112/08 R und vom 14. August 2008, u. a. B 5 R 32/07 R, letzteres zur Veröffentlichung vorgesehen). Der anderslautenden, bereits vor den Entscheidungen des BSG vom 14. August 2008 von den Instanzgerichten der Sozialgerichtsbarkeit überwiegend abgelehnten Auffassung des ehemaligen 4. Senats des BSG, auf die sich die Klägerin beruft, folgt auch der Senat nicht, da sie sich mit dem Sinn des § 77 Abs. 2 Satz 2 SGB VI ebenso wenig vereinbaren lässt wie mit der Gesetzessystematik (dazu ausführlich BSG a.a.O. sowie BSG, Beschluss vom 26. Juni 2008 – B 13 R 9/08 S; im Anschluss daran aus der Rechtsprechung des Senats etwa die Urteile vom 29. Januar 2009 – L 8 R 600/08 –, vom 23. April 2009 – L 8 R 592/08 und vom 12. Juni 2009 – L 8 R 205/08).
Vor diesem Hintergrund hat die Beklagte die Zugangsfaktoren für die Rentenbewilligung ab dem 1. August 2005 zutreffend berechnet. Da die Klägerin das 60. Lebensalter bei Rentenbeginn noch nicht erreicht hatte, erniedrigt sich der Zugangsfaktor von 1,0 ersichtlich um den maximalen Wert von 0,003 für 36 Kalendermonate, somit 0,108. Wird dieser von 1,0 abgezogen, ergibt sich der angewendete Zugangsfaktor von 0,892. Der Senat sieht § 77 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 und Abs. 2 Satz 2 SGB VI in der hier vorgenommenen Auslegung nicht als verfassungswidrig an. Zwar ist der Rentenanspruch ebenso wie die Rentenanwartschaft aus eigener Versicherung in der gesetzlichen Rentenversicherung institutionell durch das Grundrecht auf Eigentum (Art. 14 Abs. 1 Grundgesetz [GG]) geschützt. Die Reichweite der Eigentumsgarantie ergibt sich aber erst aus der Bestimmung von Inhalt und Schranken des Eigentums, die nach Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG Sache des Gesetzgebers ist. Solange er die zum Begriff des Eigentums gehörende grundsätzliche Privatnützigkeit und Verfügungsbefugnis und die Grenze der Verhältnismäßigkeit beachtet, hat er dabei einen grundsätzlich weiten Gestaltungsspielraum (ständige Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, s. – auch zum folgenden – aus jüngster Zeit den Beschluss vom 24. November 2008 – 1 BvL 3/05 u. a. mit zahlreichen Nachweisen; außerdem im besonderen BSG, Urteile vom 25. November 2008 – B 5 R 112/08 R und vom 14. August 2008, u. a. B 5 R 32/07 R; ferner die oben bereits zitierten Urteile des Senats). In bestehenden Rentenanwartschaften ist von vornherein die Möglichkeit von Änderungen angelegt. Denn das Rentenversicherungsverhältnis beruht stets nicht allein auf dem Versicherungsprinzip, sondern auch auf dem Gedanken der Verantwortung und des sozialen Ausgleichs. Die hier anzuwendenden Vorschriften über den Zugangsfaktor bestimmen das Grundrecht der Klägerin auf Eigentum in verfassungsrechtlich zulässiger Weise. Sie dienen einem Gemeinwohlzweck und sind zur Erreichung des angestrebten Zieles geeignet und erforderlich. Der Gesetzgeber hat mit ihnen (unter anderem) das Ziel verfolgt, das Versicherungsrisiko der unterschiedlich langen Rentenbezugsdauer mit Hilfe versicherungsmathematischer Abschläge zu neutralisieren. Die Vorschriften sind angesichts dessen schon deshalb eine zulässige Inhalts- und Schrankenbestimmung, weil sie ersichtlich dazu dienen, die Funktions- und Leistungsfähigkeit der Rentenversicherung im Interesse aller zu erhalten und den unter anderem durch die demografische Entwicklung veränderten Bedingungen für die Finanzierung der gesetzlichen Rentenversicherung anzupassen. Die Verminderung der "Rentenhöhe", die auf der Verringerung des Zugangsfaktors beruht, wird zudem teilweise neutralisiert und damit umso mehr zumutbar. Denn zeitgleich mit den geänderten Vorschriften über den Zugangsfaktor wurde die Grenze für die Bestimmung der Länge der (rentensteigernd wirkenden) Zurechnungszeiten von der Vollendung des 55. auf die Vollendung des 60. Lebensjahres heraufgesetzt (§§ 59, 253 a SGB VI in der ab 1. Januar 2001 geltenden Fassung). Dies kommt gerade Personen wie der Klägerin zugute, die relativ lange vor dem Erreichen der Altersgrenze für die Altersrente erwerbsgemindert geworden sind. Die hier anzuwendenden Vorschriften verletzten auch nicht das Differenzierungsgebot des allgemeinen Gleichheitssatzes (Art. 3 Abs. 1 GG), indem Versicherte den Zeitpunkt einer rentenberechtigenden Erwerbsminderung im Gegensatz zu Versicherten, die eine vorzeitige Altersrente in Anspruch nehmen wollen, nicht willentlich selbst bestimmen können. Der Gesetzgeber hat diesem Umstand ausreichend dadurch Rechnung getragen, dass er den "Rentenabschlag" auf maximal 10,8 % begrenzt und – wie bereits erwähnt – die rentensteigernd wirkenden Zurechnungszeiten erhöht hat. Versicherte, die erwerbsgemindert sind, werden folglich bereits "ungleich" im Verhältnis zu den Altersrentnern behandelt. Gründe, die eine noch weitergehendere Ungleichbehandlung erfordern würden, sind nicht zu erkennen. Dies im besonderen deshalb, weil der Gesetzgeber auf diese Weise vermeidet, dass – dann möglicherweise gerade sachwidrig – die von ihm angestrebte Abwendung von Finanzierungsschwierigkeiten für die gesetzliche Rentenversicherung durch längere Rentenlaufzeiten allein zu Lasten der Altersrentner geht. Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 193 SGG. Gründe, die Revision zuzulassen (§ 160 Abs. 2 SGG), liegen nicht vor.
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