L 12 R 406/09 B ER

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
12
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 23 R 1034/09 ER
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 12 R 406/09 B ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 12. März 2009 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch für das Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten.

Gründe:

Der Beschluss des Sozialgerichts Berlin, das abgelehnt hat, die Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, der Antragstellerin die für sie bewilligte Alters- und Hinterbliebenenrente in voller Höhe auszuzahlen, erweist sich als zutreffend. Die Voraussetzungen für den Erlass der begehrten einstweiligen Anordnung liegen auch nach Auffassung des Senats nicht vor.

Nach § 86b Abs. 2 des Sozialgerichtsgesetzes – SGG – kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag eine einstweilige Anordnung zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis erlassen, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Der Antragstellerin ist es indessen nicht gelungen, einen entsprechenden Anordnungsanspruch glaubhaft zu machen.

Dem Anspruch auf uneingeschränkte Auszahlung der bewilligten Leistungen steht die von der Antragstellerin am 31. Oktober 2007 unterzeichnete Abtretungserklärung zugunsten der bank entgegen. Die Abtretungserklärung erfasst auch Ansprüche auf Alters- und Hinterbliebenenrente. Nach § 53 Abs. 3 des Sozialgesetzbuches, Erstes Buch - SGB I – können Ansprüche auf laufende Geldleistungen, die der Sicherung des Lebensunterhaltes zu dienen bestimmt sind, übertragen und verpfändet werden, soweit sie den für Arbeitseinkommen geltenden unpfändbaren Betrag übersteigen. Die Antragsgegnerin behält einen Betrag in Höhe von 241,40 Euro von den laufenden Renten ein, den sie unter Anwendung der nach § 850c der Zivilprozessordnung – ZPO - für die Pfändung von Arbeitseinkommen maßgebenden Werte ermittelt hat. Die Abtretbarkeit dieses Betrages ist nicht deswegen ausgeschlossen, weil die Antragstellerin Hilfe in besonderen Lebenslagen nach den §§ 61 ff des Sozialgesetzbuchs, Zwölftes Buch – SGB XII - bezieht. Zwar hat der Leistungsträger bei der Bestimmung des pfändbaren Betrages auch § 850f ZPO zu berücksichtigen (Bundessozialgericht – BSG - , Urt. v. 23. Mai 2005 – 13 RJ 43/93 -), so dass eine Abtretungserklärung wirkungslos bleibt, wenn sie dazu führen würde, dass der notwendige Lebensunterhalt des Schuldners im Sinne des Dritten und Elften Abschnitts des SGB XII oder besondere Bedürfnisse nicht mehr gedeckt wären (§ 850 f Abs. 1 a) und b) ZPO). Davon kann hier indessen nicht die Rede sein. Die Antragstellerin erhält keine Leistungen nach dem Dritten oder Elften Kapitel des SGB XII, sondern Hilfe zur Pflege nach dem Siebten Kapitel des SGB XII. Es ist auch nicht zu besorgen, dass sie wegen des einbehaltenen Betrages ihren Lebensunterhalt nicht mehr bestreiten könnte oder die erforderliche Pflege nicht mehr gesichert wäre. Die alleinstehende Antragstellerin erhält nach Einbehalt von 241,40 Euro noch Rentenleistungen in Höhe von 1.093,82 Euro monatlich. Dem stehen gegenüber Aufwendungen für Miete in Höhe von 417,70 Euro und eine Beteiligung an den Kosten der Pflege in Höhe von 148,36 Euro (Bescheid des Bezirksamtes Reinickendorf von Berlin vom 29. Mai 2009). Danach verbleiben der Antragstellerin noch 527,76 Euro. Warum dieser Betrag nicht zur Bestreitung des Lebensunterhaltes ausreichen sollte, ist weder vorgetragen noch ersichtlich. Ein Verstoß gegen § 54 Abs. 3 Nr. 3 SGB I ist ausgeschlossen, weil Gegenstand der Abtretung die Renten der Antragstellerin sind. Diese sollen allgemein den Lebensunterhalt sichern, sie sind nicht Geldleistungen mit dem Ziel, einen körper- oder gesundheitsbedingten Mehrbedarf auszugleichen.

Für die Wirksamkeit einer Abtretung, die nur die unpfändbaren Beträge erfasst, ist im Gegensatz zu den Fällen des § 53 Abs. 2 Nr. 2 SGB I nicht Voraussetzung, dass die Abtretung im wohlverstandenen Interesse des Berechtigten liegt (BSG, Urt. v. 14. August 1984 – 10 RKg 19/83 - ). Allerdings hat ein Sozialleistungsträger - und entsprechend auch die Sozialgerichtsbarkeit - im Rahmen des § 53 Abs. 3 SGB I selbst zu prüfen, ob die Abtretung wirksam ist (vgl. Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen, Urt. v. 24. Januar 2007 – L 2 R 105/06 - ). Die Antragstellerin hat aber keine Umstände glaubhaft gemacht, aus denen sich zweifelsfrei die Unwirksamkeit der Abtretung ergeben würde. Dass für sie am 27. Mai 2008 ein Betreuer mit dem Aufgabenkreis Vermögenssorge bestellt wurde, belegt nicht, dass sie am 31. Oktober 2007, dem Tag der Abtretungserklärung, geschäftsunfähig war; im Übrigen ist ein Einwilligungsvorbehalt nicht angeordnet worden. Die sonstigen Umstände bei Abschluss des Kreditvertrages und Abgabe der zu seiner Sicherung bestimmten Abtretungserklärung werden nicht näher geschildert.

Ist danach ein Anordnungsanspruch nicht überwiegend wahrscheinlich geworden, könnte die begehrte einstweilige Anordnung nur aus dem Gesichtspunkt einer Folgenabwägung ergehen. Auch wenn der Ausgang des Hauptsacheverfahrens (noch) offen erscheint, kann nämlich der Erlass einer einstweiligen Anordnung wegen des überwiegenden Interesses eines Beteiligten erforderlich sein (Keller in Meyer-Ladewig, SGG, 9. Aufl., § 86b, Rdnr. 29a). Zwar erscheint es in dem vorliegenden Fall nicht ausgeschlossen, dass sich die Abtretungserklärung als unwirksam erweisen wird. Dem Sicherungsbedürfnis der Antragstellerin ist die Antragsgegnerin aber schon insoweit entgegengekommen, als sie den errechneten Abtretungsbetrag nicht regelmäßig monatlich an den Gläubiger abführt, sondern vorläufig einbehält. Die Notwendigkeit einer weitergehenden Sicherung der Antragstellerin ist nicht ersichtlich.

Nach alledem war die Beschwerde zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung ergeht entsprechend § 193 SGG.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
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