S 12 KA 235/09 ER

Land
Hessen
Sozialgericht
SG Marburg (HES)
Sachgebiet
Vertragsarztangelegenheiten
Abteilung
12
1. Instanz
SG Marburg (HES)
Aktenzeichen
S 12 KA 235/09 ER
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 4 KA 70/09 B ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Leitsätze
Beruhen Tagesprofile wesentlich auf der Nebeneinanderabrechnung der Ziffern 04110 und 04111 mit der Ziffer 04120 EBM 2005 beruhen, so ist dies unter Angabe der Behandlungsfälle in einem Honorarberichtigungsbescheid anzugeben. Ein Vertragsarzt ist hierzu anzuhören.
Die Bewertung der Nebeneinanderabrechnung der Ziffern 04110 und 04111 mit der Ziffer 04120 EBM 2005 mit 20 Minuten ist nicht zu beanstanden. Es ist unerheblich, ob das vom Vertragsarzt verwendete Abrechnungsprogramm ihm diesen Zeitumfang anzeigt.
Gesprächsleistungen können weder ganz noch teilweise an nichtärztliches Personal delegiert werden.
1. Es wird die aufschiebende Wirkung der Klage vom 17.04.2009 zum Az.: S 12 KA 229 bis 234/09 angeordnet.

2. Die Antragsgegnerin hat die Verfahrenskosten zu tragen.

3. Der Streitwert wird auf 11.517,69 EUR festgesetzt.

Gründe:

I.

Die Beteiligten streiten im Rahmen eines einstweiligen Anordnungsverfahrens um die Festsetzung einer Honorarberichtigung aufgrund einer Plausibilitätsprüfung der Honorarabrechnungen für die Quartale II/05 bis III/06 in Höhe von insgesamt 34.712,06 EUR.

Der Kläger und Antragsteller war seit dem 18.04.1995 als Vertragsarzt zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen und nahm seit dem 01.01.1996 als Facharzt für Kinder- und Jugendmedizin an der vertragsärztlichen Versorgung im hausärztlichen Bereich teil. Er hat zwischenzeitlich seine vertragsärztliche Tätigkeit nach Ablauf des Quartals III/06 beendet und bezieht nach seinen Angaben Versorgungsbezüge der erweiterten Honorarverteilung der Beklagten mit monatlichen Abschlagszahlungen von 700,00 EUR sowie Bezüge der Nordrheinischen Ärzteversorgung in Höhe von monatlich 2.676,61 EUR.

Vor seinem Ausscheiden bezog er zuletzt für das Quartal III/05 ein Nettohonorar in Höhe von 60.490,08 EUR und für das Quartal II/05 in Höhe von 57.016,19 EUR, für die Quartale IV/05 bis III/06 in Höhe von 57.012,47 EUR, 51.079,22 EUR, 50.466,98 EUR bzw. 50.019,64 EUR.

Die Antragsgegnerin führte für die streitbefangenen Quartale eine Plausibilitätsprüfung durch und übersandte dem Antragsteller unter Datum vom 01.02.2008 die zeitbezogenen Rechnungsergebnisse für den Antragsteller für die Quartale II/05 bis I/07 unter Erläuterung der Ermittlung der Zeitprofile.

Der Antragsteller erklärte hierzu unter Datum vom 17.02.2008, dass er sich wundere, dass die Antragsgegnerin eineinhalb Jahre nach Praxisaufgabe ihm noch etwas bezüglich des Zeitprofils anhängen wolle. Er habe erst vor etwa 4 Wochen die endgültige Abrechnung für das Quartal IV/05 erhalten. In seiner Praxis habe er sehr viele Patienten gehabt, die aufgrund ihrer allergischen Diathese behandelt worden seien, sei es durch Diagnostik oder durch Therapie. Die Zahl der Allergiepatienten, die eine Therapie erhalten hätten, habe in der Regel zwischen 80 und 90 Patienten gelegen. Sowohl von der Kinderklinik in TF. als auch von TD. seien ihm Patienten zur Behandlung geschickt worden. Die Allergiebehandlung und Therapie sei ein wesentlicher Schwerpunkt der Praxis gewesen. Bei der Hypersensibilisierung werde ein Zeitfaktor angegeben, der so hoch sei, dass man mit 10 Hypersensibilisierungen schon 5 Stunden gearbeitet habe. Dies sei bei der früher geltenden Gebührenordnung nicht der Fall gewesen. Gehe man von diesem Zeitfaktor aus, würde man zwangsläufig die Vorgaben immer überschreiten. Die Allergiebehandlungen in seiner früheren Praxis sei überwiegend von seiner Frau durchgeführt worden, die examinierte Kinderkrankenschwester sei und über diese Spezialkenntnisse verfüge. Unter Durchführung der Allergiebehandlung durch seine Frau verstehe er, dass diese die Dosierung bestimmt habe, die Spritzen aufgezogen und, nach dem er selber die Injektion verabreicht hätte, die nachfolgende Überwachung des Patienten durchgeführt habe. Seine Arbeitszeit sei daher auf die alleinige Verabreichung der Injektion beschränkt worden. Hierfür benötige man eine Minute und nicht 30 Minuten. Er habe schon früher dargelegt, dass er nicht bereit sei, den Zeitfaktor bei der Hyposensibilisierung zu akzeptieren. Außerdem habe er in seiner Praxis einen überdurchschnittlich hohen Anteil von Ausländern gehabt, der bei ca. 90% gelegen habe. Die Erklärungen über die Erkrankung und deren Therapie hätten teilweise in der entsprechenden Landessprache durchgeführt werden müssen. Dies sei ebenfalls durch seine Frau unter Zuhilfenahme eines Übersetzers geschehen, der in der Regel eine seiner Arzthelferinnen gewesen sei. Auch hier seien Bewertungszeitfaktoren angefallen, die der Arbeitszeit des Arztes nicht direkt angelastet werden könnten. Aufgrund des hohen Ausländeranteils habe er auch einen hohen Anteil von Kindern mit einem Vitamin- D-A-3-Mangel gehabt. Die Werte des Vitamin-D-3 lägen bei nordeuropäischen Kindern bei etwa 30 und die der ausländischen Kinder bei 12,2. Südländer reagierten zudem bei einer oralen Gabe von Vitamin-D-3 mit einem Anstieg nur sehr verzögert, Nordeuropäer dagegen nicht. Genau so wichtig sei die richtige Ernährung. Dies habe den ausländischen Patienten immer erklärt werden müssen. Dies sei durch seine Frau geschehen. Auch bei Patienten mit Nahrungsmittelallergien habe seine Frau die entsprechenden Ernährungsberatungen durchgeführt. In der Klinik werde eine derartige Erklärung in der Regel auch nicht von dem Arzt durchgeführt, sondern von der Diätassistentin. Alle diese Beratungszeiten seiner Frau spiegelten sich natürlich in dem Zeitprofil wieder. Auch hätten im Jahr 2006 einige Kollegen, die sich überlegt hätten, die Praxis von ihm zu übernehmen, in der Praxis mitgearbeitet, um einen Einblick in die Arbeit zu erhalten. Auch wenn nur ein Arzt die Praxis habe übernehmen können, ändere es nichts an der Tatsache, dass praktisch ein zweiter Arzt bei der Versorgung der Patienten mitgeholfen habe. Auch dies gehe bezüglich des Zeitfaktors zu seinen Lasten.

Die Beklagte setzte mit Bescheid vom 17.07.2008 die strittige Honorarrückforderung in Höhe von insgesamt 34.712,06 EUR netto fest aufgrund einer zeitbezogenen Plausibilitätsprüfung der Honorarabrechnung für die Quartale II/05 bis III/06. Zur Begründung führte sie aus, für die Prüfung nach Zeitprofilen würden primär die im Anhang 3 zum EBM aufgeführten Prüfzeiten für die ärztlichen Leistungen zugrunde gelegt werden. Außer Betracht blieben Leistungen im organisierten Notfalldienst, Leistungen aus der unvorhergesehenen Inanspruchnahme des Vertragsarztes außerhalb der Sprechstundenzeiten und bei Unterbrechung der Sprechstunde mit Verlassen der Praxis. Der Anhang 3 zum EBM kennzeichnet darüber hinaus die behandlungsfall- und krankheitsfallbezogenen ärztlichen Leistungen, die nicht dem Tageszeitprofil unterlägen. Betrage die auf der Grundlage der Prüfzeiten ermittelte arbeitstägliche Zeit bei Tageszeitprofilen an mindestens 3 Tagen im Quartal mehr als 12 Stunden oder im Quartalszeitprofil mehr als 780 Stunden, erfolgten weitere Überprüfungen. Diese hätten zum Ziel, mit Hilfe ergänzender Tatsachen Feststellungen und Bewertungen festzustellen, ob gegen die rechtliche Ordnungsmäßigkeit verstoßen worden sei oder nicht. Die Berechnungsergebnisse der Praxis des Antragstellers hätten bezogen auf die Grenzwerte folgende Zeitwerte ergeben:

Quartalsübersicht Quartal Anzahl Tage ) 12 Stunden Anzahl Tage ) 16 Stunden Zeitsumme Quartalsprofil
II. 2005 46 22 1.240:49
III. 2005 33 4 1.163:09
VI. 2005 42 15 1.147:00
I. 2006 45 21 1.259:21
II. 2006 31 9 1.057:22
III. 2006 21 4 1.029:13

Tagesübersicht (Beispiele) Behandlungstag Zeitergebnis in Std. 01.04.2005 20:30
02.05.2005 17:13
30.05.2005 21:41
01.07.2005 16:53
04.07.2005 18:54
19.09.2005 17:02
04.10.2005 25:26
06.10.2005 17:53
10.10.2005 16:46
02.01.2006 28:25
09.01.2006 18:29
13.01.2006 16:07
16.01.2006 20:15
23.01.2006 17:11
03.04.2006 22:55
10.04.2006 20:40
02.05.2006 19:26
06.06.2006 20:14
03.07.2006 21:31
04.07.2006 17:04
10.07.2006 17:14

Im EBM 2005 werde die Hyposensibilisierung unter der Nr. 30130 abgerechnet und beinhalte folgende Leistungslegende: Obligater Leistungsinhalt:
- Hyposensibilisierungsbehandlung (Desensibilisierung) durch subkutane Allergeninjektion(en)
- Nachbeobachtung von mindestens 30 Minuten Dauer. Voraussetzung für die Berechnung sei die Erfüllung der notwendigen sachlichen und personellen Bedingungen für eine gegebenenfalls erforderliche Schockbehandlung und Intubation. Diese Leistung gehe mit einer Prüfzeit von 3 Minuten und nicht 30 Minuten in das Tages- als auch in das Quartalsprofil ein. Die Nachbeobachtungszeit betrage 30 Minuten, werde aber nicht dem Arzt im Zeitprofil angerechnet. Die Beobachtung bzw. Nachbereitung könne durchaus von der Ehefrau des Antragstellers übernommen werden.

Der Anteil von Gesprächsleistungen nach der Nr. 04120 EBM 2005 werde mit einer Dauer von mindestens 10 Minuten angesetzt und sei im Tagesprofil des Antragstellers sehr hoch. So würden am 04.04.2005 9:30 Stunden, am 11.04.2005 8:30 Stunden am 30.05.2005 11:00 Stunden und am 06.06.2005 9:10 Stunden allein als Gesprächsleistungen abgerechnet werden, um nur einige Beispiele anzuführen. Unter Hinzurechnung weiterer tagesbezogener Einzelleistungen ergäben sich Gesamtarbeitszeiten bis zu 21:41 Stunden (30.05.2005) im Quartal II/05. Am 04.10.2005 weise das Tageszeitprofil eine Zeit von 25:26 Stunden und am 02.01.2006 von 28:25 Stunden aus. Diese Zeiten seien irreal und auch nicht durch eine etwaige erhöhte Gesprächsnotwendigkeit bei ausländischen Patienten begründet.

Es habe nicht festgestellt werden können, dass Genehmigungen von der Kassenärztlichen Vereinigung Hessen zur Beschäftigung eines angestellten Arztes, eines Assistenten oder eines Job-Sharing Partners in der Praxis vorgelegen hätten. Die Zeiten in den Zeitprofilen hätten den Nachweis für eine rechnerisch-sachlich nicht plausible Abrechnung erbracht.

Die Garantiewirkung der "Abrechnungs- Sammelerklärung" und damit der rechnerisch- sachlichen Richtigkeit entfalle, wenn nur ein mit ihr erfasster Behandlungsausweis eine unrichtige Angabe über erbrachte Leistungen enthalte. Die vom Antragsteller quartalsbezogen abgegebenen Abrechnungssammelerklärungen über die ordnungsgemäße und vollständige Erbringung der abgerechneten EBM-Leistungen seien aus den genannten Gründen unrichtig und hätten die Rechtswidrigkeit der auf ihr beruhenden Honorarbescheide zur Folge. Ihr stehe ein weites Schätzungsermessen bezüglich der Höhe des Rückforderungsbetrages zu. Sie könne im Wege einer pauschalierten Schätzung das Honorar auf die Höhe des Nettofachgruppenhonorars kürzen. Sie habe je Quartal die Zeiten über 12 Stunden addiert und ins Verhältnis zur Gesamtarbeitszeit (Angaben in Minuten) gesetzt. Um den daraus ermittelten Überschreitungsprozentsatz seien die Nettohonorarforderungen der jeweiligen Quartale reduziert worden. Die Höhe der im Tenor dieses Bescheides aufgeführten Honorarrückforderung ergebe sich aus der Summe der einzelnen Kürzungsbeträge.

Beispiel: Quartal II/2005
Überschrittene Minuten 10.512 Min.
Gesamtarbeitszeit, Minuten 74.449 Min.
Überschreitungsprozentsatz 14,1 %
Nettohonorar 58.496,73 EUR
Kürzung Netto 8.259,58 EUR

Hiergegen legte der Antragsteller unter Datum vom 29.07.2008 Widerspruch ein. Er trug vor, es bestünden zwischen den Zeitangaben der Antragsgegnerin und den Zeitprofilen der Praxis ganz erhebliche Unterschiede. Eine Nachfrage bei seiner Softwarefirma habe ergeben, dass diese Diskrepanz schon seit einiger Zeit bei der Firma und bei der Antragsgegnerin hinreichend bekannt sei. Der Grund dafür liege in einer Falschinformation der KBV an alle Softwarefirmen in Deutschland. Er habe im Jahr 2005 die Softwarefirma gewechselt. Beide Programme hätten jedoch die gleichen Ergebnisse im Tagesprofil angezeigt. Hinzu sei ein PC-Absturz mit Verlust von Daten gekommen, die aber neu hätten eingegeben werden können und zwar aufgrund der erhaltenen Tageslisten und der Tatsache, dass er neben dem PC auch noch Karteikarten angelegt gehabt hätte. Die von ihm abgerechneten Leistungen habe er auch erbracht und sie seien auch medizinisch notwendig gewesen. Er habe sich auf die Anzeige seiner Praxis-EDV verlassen und dabei die zulässige Zeit nicht überschritten. Für fehlerhafte Lieferungen von Softwareprogrammen der KBV könne der einzelne Arzt jedoch nicht in Regress genommen werden. Nach Aussage der Softwarefirma sollten in anderen vergleichbaren Fällen die Verfahren zwischenzeitlich eingestellt worden sein. Er nehme auch Bezug auf seine bisherigen Ausführungen zum Ansatz der Beratungsgebühren. Der Ansatz für eine Allergiespritze sei auch mit 3 Minuten noch zu hoch. Wenn er dies besser organisieren könne, dürfe dies nicht zu seinen Lasten gehen. Er habe dies erneut kontrolliert. Der Zeitfaktor hierfür dürfe nur mit 30 Sekunden angegeben werden. Es sei auch zulässig, dass Kollegen, die eine Arztpraxis übernehmen wollten, in der Arztpraxis vorher arbeiteten und auch Leistungen erbringen könnten. Eine Genehmigung hierfür sei nicht notwendig. Seine Frau könne auch als examinierte Kinderkrankenschwester durchaus Beratungen bei den Eltern durchführen, die dann abrechnungsfähig seien. Die Praxis in HD. sei räumlich so aufgeteilt gewesen, dass eine Überwachung der Beratungsleistung durch seine Frau von ihm immer hätte eingehend kontrolliert werden können und auch worden sei. Hierzu fehle es an Ausführungen im angefochtenen Bescheid. Er reichte ferner ein Schreiben der Firma SA. mit Datum vom 14.02.2008 ein, in dem für einige Leistungen auf die in ihrem Programm angegebenen Prüfzeiten hingewiesen wird.

Die Antragsgegnerin bot dem Antragsteller unter Datum vom 15.12.2008 eine Tilgungsvereinbarung an mit der Maßgabe, dass eine Rate mindestens 10% des Gesamtkürzungsbetrages betragen müsse.

Der Antragsteller beantragte unter Datum vom 03.01.2009 die Aussetzung der Vollziehung des Abzuges vom Honorar.

Die Antragsgegnerin wies mit Widerspruchsbescheid vom 25.03.2009 den Widerspruch als unbegründet zurück. Darin führte sie aus, bei der Umsetzung der Honorarberichtigung sei die Rechtssprechung des Bundessozialgerichts zur Garantiefunktion der Sammelerklärung zu beachten (BSG, Urteil v. 17.09.1997, Az.: 6 RKa 86/95). Diese entfalle, wenn der Arzt – grob fahrlässig oder vorsätzlich – nicht erbrachte beziehungsweise nicht ordnungsgemäß erbrachte Leistungen abgerechnet habe. Die für die Quartale II/05 bis III/06 erstellten Tageszeitprofile führten den Indizienbeweis, dass die Abrechnungen fehlerhaft seien. In allen Quartalen erreiche der Antragsteller Tageszeitprofile von über 18 Stunden, teilweise sogar von über 24 Stunden (04.10.2005 – 25 Stunden, 26 Minuten; 02.01.2006 – 28 Stunden, 25 Minuten). Hinzu komme die hohe Anzahl der Tage im Quartal mit über 12 bzw. 16 Stunden Behandlungszeit (zwischen 21 bzw. 31 und 46 Tage/Quartal über 12 Stunden, davon zum Teil 15 bis 22 Tage/Quartal über 16 Stunden). Danach hätte der Antragsteller regelmäßig Kinder von z.B. 6 Uhr morgens ununterbrochen (d.h. ohne die Zeit für Pausen, für die Behandlung von Privatpatienten, für die Anweisung und die Überwachung von Praxispersonal, für den Wechsel zwischen den Behandlungsräumen) bis spät in den Abend (bei 18 Stunden wäre dies 24 Uhr) behandelt. Diese Arbeitszeiten könne er tatsächlich nicht erbracht haben. Daraus folge der Schluss, dass hier keine korrekte Abrechnung vorliege. Der Einwand, die Software hätte diese Überschreitungen nicht angezeigt, mache die Abrechnung nicht plausibel. Die Praxissoftware diene dem Arzt lediglich als persönliche Übersicht, welche Leistungen er abgerechnet habe. Die Angaben des Softwareprogramms sage jedoch nichts darüber aus, ob die Leistungen auch tatsächlich, wie in der Leistungslegende gefordert, erbracht worden seien. Selbst wenn die Software die Nebeneinanderberechnung von Leistungen nicht ausreichend im Tageszeitprofil abbilde, würde sich dies nicht nachteilig auswirken, wenn der Arzt z.B. die Gesprächsleistung mit den entsprechenden Zeiten tatsächlich durchgeführt habe. Ein Softwarefehler werde nur dann zum Problem, wenn Leistungen mit höheren Zeitvorgaben zwar abgerechnet, aber nicht erbracht worden und keine "Warnung" durch das Programm erfolgt sei. Hinzu komme, dass auch im Schreiben der Softwarefirma nicht von einer Falschinformation der KBV ausgegangen werde. Das Problem der vom Softwareprogramm zu niedrig ausgewiesenen Arbeitszeit trete erst auf, wenn die Software die Zeit für die Nebeneinanderberechnung (Koppelung) des Ordinationskomplexes mit Gesprächsleistungen nicht so erfasst habe, wie sie in der Leistungslegende zu den Gesprächsleistungen festgelegt sei. Es treffe nicht zu, dass sie Plausibilitätsprüfungsverfahren eingestellt habe. Delegationsfähige Leistungen würden erst gar nicht in die Prüfzeit eingerechnet werden. Die Verabreichung einer Allergiespritze nach Nr. 30130 EBM 2005 sei in den geprüften Quartalen nur in geringem Umfang erbracht worden, in den Quartalen II/05, III/05, II/06 und III/06 nur zwischen 0 und 5 Mal am Tag. Selbst wenn man der Auffassung des Antragstellers folgen würde und nur 30 Sekunden als Prüfzeit für diese Leistungen annehmen würde, würde dies nur einen unwesentlichen Teil der Überschreitungszeit im Tagesprofil erklären. In den Quartalen IV/05 und I/06 werde die Leistung zwischen ca. 10 und 24 mal abgerechnet. Aber auch dies führe nicht zur Überschreitung der Vorgaben nach den Tagesprofilen. Auf die medizinische Notwendigkeit der Leistungen komme es nicht an. Der Hinweis des Antragstellers, Leistungen seien von seiner Ehefrau oder von Praxisinteressenten erbracht worden, erkläre zwar die hohe Tagesprofilüberschreitung, bedeute aber zugleich das Zugeständnis von Abrechnungsfehlern. Bei Fehler in der Abrechnung sei eine sachlich- rechnerische Berichtigung durchzuführen, unabhängig davon, ob sich die Abrechnungsfehler im Plausibilitätsprüfungsverfahren aufgrund unplausibler Abrechnung oder durch andere Tatsachen herausgestellt hätten. Soweit seine Ehefrau Beratungen erbracht habe, liege ein Verstoß gegen die Pflicht zur persönlichen Leistungserbringung sowie gegen die Leistungslegende der Nr. 04120 EBM 2005 vor. Diese Leistung könne nicht auf nicht ärztliches Personal delegiert werden, sondern setze stets voraus, dass ein Arzt- Patienten- Kontakt stattgefunden habe. Dies ergebe sich auch aus der Anmerkung zu Nr. 04120 EBM 2005, wonach bei der Nebeneinanderberechnung dieser Ziffer mit dem Ordinationskomplex (der einen persönlichen Arzt-Patienten-Kontakt voraussetze) die Dauer der Arzt-Patienten-Kontaktzeit mindestens 20 Minuten andauern müsse, dass die Leistung nicht delegiert werden könne. Deutlich werde dies auch durch die angegebene Prüfzeit im EBM 2005. Ein Verstoß gegen die Pflicht zur persönlichen Leistungserbringung liege auch vor, wenn eingeräumt werde, dass Praxisinteressenten die Leistungen erbracht hätten. Der Antragsteller habe hier vorsätzlich – nämlich wissentlich – Leistungen als persönlich erbrachte Leistungen angegeben und dies mit der Sammelerklärung bestätigt, die tatsächlich von anderen Personen erbracht worden seien. Die Berechnungsmethode zur Festsetzung der Honorarkürzung sei nicht zu beanstanden, da die Honorarrückforderung sich an dem Verhältnis zwischen plausiblen Zeiten und Überschreitung der plausiblen Zeiten orientiere und dieses Verhältnis auf das erwirtschaftete Honorar übertrage.

Der Antrag auf Aussetzung des Sofortvollzugs sei abzulehnen, da keine besonderen Umstände vorlägen, die ausnahmsweise die Aussetzung rechtfertigen würden. Die Abwägung des privaten Interesses an der Aussetzung des Sofortvollzugs gegenüber dem öffentlichen Interesse am Sofortvollzug hätte ergeben, dass das öffentliche Interesse an der Rückforderung unberechtigt geleisteten Honorars vorrangig sei. Auf der Seite des Antragstellers stehe ein eigenes wirtschaftliches Interesse an der Aussetzung. Der Antragsteller könne sich aber nur dann auf "Pfändungsfreigrenzen" berufen, wenn er zuvor seine gesamte finanzielle Situation (Verbindlichkeiten, Belastungen, sämtlichen weiteren Einnahmen wie Leistungen des Versorgungswerk der Landesärztekammer, Mieteinnahmen etc.) detailliiert offengelegt und nachgewiesen habe, was der Antragsteller jedoch nicht getan habe. Auf das Angebot von Ratenzahlungen sei der Antragsteller nicht eingegangen. Dem gegenüber stehe das Interesse aller Ärzte, zuviel ausgezahltes Honorar für die Gesamtvergütung zurückzuerhalten. Es sei auf die gesetzliche Wertung hinzuweisen, § 85 Abs. 4 S. 9 SG V. Es gelte nach dem Honorarverteilungsvertrag nicht die zeitliche Ausschlussfrist von 2 Jahren. Dem Interesse der Ärzteschaft an der Rückforderung des Honorars komme ein stärkeres Gewicht zu als dem Vertrauensschutz des einzelnen Arztes. Aufgrund des Gleichbehandlungsgrundsatzes müsste sie bei einer Aussetzung der Vollziehung für den Antragsteller entsprechend in anderen Fällen verfahren. Dies würde zu starken finanziellen Belastungen führen.

Hiergegen hat der Antragsteller am 17.04.2009 die Klage (Az.: S 12 KA 229/09) erhoben. Die Kammer hat mit Beschluss vom 20.04.2009 das Verfahren bzgl. der Quartale III/05 bis III/06 unter den Az.: S 12 KA 230 bis 234/09 abgetrennt. Der Kläger hat zugleich einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gestellt.

Zur Begründung trägt er vor, die Aussetzung der sofortigen Vollziehung rechtfertige sich deswegen, weil der Bescheid nicht offenkundig rechtmäßig sei und er durch die Vollziehbarkeit unbillig belastet werde. Er erziele gegenwärtig Einnahmen aus seiner Altersversorgung, auf die er zur Bestreitung seines Lebensunterhaltes angewiesen sei. Auch rechtfertigten die seit 2005 vergangene Zeit und die veränderten Umstände die Aussetzung der Vollziehung. Die Antragsgegnerin sei dafür verantwortlich, dass die Plausibilitätsprüfung nicht früher erfolgt sei. Er habe auch keinen unmittelbaren Zugriff mehr auf die Unterlagen der Abrechnung. Er rüge die Verletzung des rechtlichen Gehörs. Er habe beantragt gehabt, an der Sitzung des Widerspruchsausschusses selbst teilzunehmen, weil er zur Aufklärung des Sachverhalts habe beitragen und sich äußern wollen. Dies sei ihm verwehrt worden, was in der Sache nicht verständlich sei.

Die von der Antragsgegnerin erstellten Zeitprofile lägen ihm nicht vor. Deswegen könne er zurzeit keine seriösen Ausführungen zur Rechtswidrigkeit des angegriffenen Beschlusses machen. Er könne nur darlegen, dass er seine Kinderarztpraxis seit Jahren betrieben habe und redlich abgerechnet habe. Aufgrund seiner Teilnahme an der erweiterten Honorarverteilung der Antragsgegnerin erhalte er monatlich 700,00 EUR. Von der Nordrheinischen Ärzteversorgung beziehe er eine monatliche Versorgungsleistung von 2.676,61 EUR als Altersrente. Er betreibe in WW. in der Schweiz eine Kinderarztpraxis. Das Jahresergebnis habe im Jahre 2007 einen Verlust von 22.601,82 CHF ausgewiesen. Der Ertrag der Praxis für das Jahr 2008 stehe noch nicht fest. Es sei aber ebenfalls wieder mit einem Verlust zu rechnen. Die Bilanz der Praxis werde nach schweizerischem Abgabenrecht erstellt und sei keine Einnahmen-Überschussrechnung nach deutschem Recht. Insbesondere seien in der Bilanz die nichtbezahlten Honorarforderungen des Praxisinhabers zunächst enthalten. Er habe keine weiteren Einnahmen und kein Vermögen. Diesbezüglich hat er eine eidesstattliche Versicherung mit Datum vom 30.04.2009 zur Gerichtsakte gereicht. Nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen sei er gegenwärtig allenfalls in der Lage, Monatsraten von 50,00 bis 100,00 EUR zu leisten. Das Haus, das er mit seiner Frau bewohne, gehöre seit 15 Jahren dieser. Die Antragsgegnerin habe auch bereits 5.798,46 EUR einbehalten.

Der Antragsteller beantragt,
im Wege der einstweiligen Anordnung die sofortige Vollziehung des Bescheids der Antragsgegnerin vom 17.07.2008 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25.03.2009 auszusetzen.

Die Antragsgegnerin beantragt,
den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung abzulehnen.

Sie weist nochmals darauf hin, sie habe den Antragsteller ausdrücklich auf die Möglichkeit einer Ratenzahlung durch den Abschluss einer Tilgungsvereinbarung hingewiesen. Allein vor diesem Hintergrund müsse das Vorliegen eines Anordnungsgrundes in Zweifel gezogen werden. Er habe vor Beendigung seiner Tätigkeit ein Honorar zwischen 50.000,00 EUR und 60.000,00 EUR erzielt. Es erscheine wenig glaubhaft, dass der Antragsteller nicht über Vermögen verfüge. Zur Vermögenssituation habe er keine Angaben gemacht. Die Verfahrensordnung zur Durchführung von Plausibilitätsprüfungen sehe ausdrücklich vor, dass eine Plausibilitätsprüfung innerhalb von 4 Jahren, nachdem ein Honorarbescheid versandt worden sei, durchgeführt werden könne. Es fehle bereits an der Glaubhaftmachung eines Anordnungsgrundes. Die Schweizer Praxis habe sich in der Aufbauphase befunden. Für 2009 dürften sich Gewinne einstellen. Der Antragsteller wohne mietfrei. Bei Einnahmen von wenigstens 3.376,61 EUR monatlich liege der pfändbare Betrag bei 1.781 EUR. Der Einbehalt von 5.698,46 EUR - nicht 5.798,46 EUR, wie vom Antragsteller angegeben - stehe in Zusammenhang mit einer Wirtschaftlichkeitsprüfung und sei daher nicht auf den Berichtigungsbetrag anzurechnen. Die Plausibilitätsprüfung sei ohne Berücksichtigung der Ordinationskomplexe erfolgt. Diese würden nicht in die Tagesprofile eingerechnet. Die zeitliche Berücksichtigung der Ziffern 04110 und 04111 in der Prüfzeitübersicht erkläre sich allein aus dem Nebeneinander dieser Ziffern mit Ziffer 04120 EBM. Für dass Tagesprofil vom 04.10.2005 sei z. B. die Ordinationsgebühr Ziffer 04110 nicht mit der Zeit für das Quartalsprofil von 9:28 Stunden – 71mal Prüfzeit 8 Minuten für die Ziffer 04110 – angesetzt worden, sondern nur mit 6:10 Stunden. Hierfür sei bei 37 Fällen eine Zeit von 10 Minuten angesetzt worden, weil bei einer Nebeneinanderabrechnung mit der Ziffer 04120 eine Arzt-Patienten-Kontaktzeit von mindestens 20 Minuten Voraussetzung für die Berechnung der Leistung sei. Da tatsächlich für die Ziffer 04120 nur je 10 Minuten angesetzt worden seien, sei die Nebeneinanderabrechnung über den Ordinationskomplex abzufangen. In 65 Fällen sei eine Kombination beider Ziffern abgerechnet worden. Die Addition der Prüfzeiten der Ziffern 04110 und 04111 mit 370 bzw. 280 Minuten ergebe mit 650 Minuten die Anzahl der Ziffer 04120.

II.

Der Antrag ist zulässig. Er war dahingehend auszulegen, dass der Antragsteller beantragt, die aufschiebende Wirkung der Klage ganz oder teilweise anzuordnen (§ 86b Abs. 1 S. 1 Nr. 2 Sozialgerichtsgesetz – SGG -), da die Klage gegen den strittigen Berichtigungsbescheid nach § 85 Abs. 4 S. 9 SGB V keine aufschiebende Wirkung hat.

Das Gericht der Hauptsache kann auf Antrag in den Fällen, in denen Widerspruch oder Anfechtungsklage keine aufschiebende Wirkung haben, die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anordnen. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen oder befolgt worden, kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung oder die Anordnung der sofortigen Vollziehung kann mit Auflagen versehen oder befristet werden (§ 86b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 und Satz 2 und 3 Sozialgerichtsgesetz – SGG -).

Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung ist auch unbegründet. Es besteht ein Anordnungsanspruch. Auf das Vorliegen eines Anordnungsgrundes kommt es daher nicht an.

Der Antragsteller hat einen Anordnungsanspruch.

Der Honorarrückforderungsbescheid der Antragsgegnerin vom 17.07.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25.03.2009 ist rechtswidrig, da er in den Bescheidgründen nicht darlegt, das die Tagesprofile wesentlich auf der Nebeneinanderabrechnung der Ziffern 04110 und 04111 mit der Ziffer 04120 EBM 2005 beruhen.

Die Antragsgegnerin war grundsätzlich zuständig für die sachlich-rechnerische Berichtigung.

Nach § 75 Abs. 1 SGB V haben die Kassenärztlichen Vereinigungen die vertragszahnärztliche Versorgung sicher zu stellen und den Krankenkassen und ihren Verbänden gegenüber die Gewähr dafür zu übernehmen, dass die vertragszahnärztliche Versorgung den gesetzlichen und vertraglichen Erfordernissen entspricht. Nach § 75 Abs. 2 Satz 2 1. Halbsatz haben die Kassenärztlichen Vereinigungen die Erfüllung der den Vertragsärzten obliegenden Pflichten zu überwachen. Zu den Pflichten der Vertragsärzte gehört unter anderem auch eine ordnungsgemäße Abrechnung der von ihnen erbrachten Leistungen. Die Kassenärztliche Vereinigung stellt die sachliche und rechnerische Richtigkeit der Abrechnungen der Vertragsärzte fest; dazu gehört auch die Arzt bezogene Prüfung der Abrechnungen auf Plausibilität sowie die Prüfung der abgerechneten Sachkosten (§ 106a Abs. 2 Satz 1 SGB V). Es obliegt deshalb nach § 45 des Bundesmantelvertrages-Ärzte (BMV-Ä) bzw. § 34 des Ersatzkassenvertrages-Ärzte (EKV-Ä) der Beklagten, die vom Vertragsarzt eingereichten Honoraranforderungen rechnerisch und gebührenordnungsmäßig zu prüfen und ggf. zu berichtigen.

Die Prüfung auf sachlich-rechnerische Richtigkeit einer Abrechnung erstreckt sich auf die Frage, ob die abgerechneten Leistungen ordnungsgemäß – somit ohne Verstoß gegen gesetzliche oder vertragliche Bestimmungen mit Ausnahme des Wirtschaftlichkeitsgebotes – erbracht worden sind. Solche Verstöße können z. B. darin liegen, dass die Leistungen überhaupt nicht, nicht in vollem Umfang, ohne die zur Leistungserbringung erforderliche spezielle Genehmigung oder unter Überschreitung des Fachgebietes erbracht worden sind (vgl. BSG SozR 3-2500 § 75 Nr. 10 m.w.N.). Zur Feststellung, ob abgerechnete Leistungen vollständig erbracht worden sind, ist es zulässig, Tagesprofile zu verwenden (vgl. BSG SozR 3-2500 § 95 Nr. 4; SozR 3-2500 § 83 Nr. 1). Tagesprofile sind ein geeignetes Beweismittel, um einem Arzt unkorrekte Abrechnungen nachweisen zu können. Die Beweisführung mit Tagesprofilen ist dem Indizienbeweis zuzuordnen. Für ihre Erstellung sind bestimmte Anforderungen erforderlich. Für die Ermittlung der Gesamtbehandlungszeit des Arztes an einem Tag dürfen nur solche Leistungen in die Untersuchung einbezogen werden, die ein Tätigwerden des Arztes selbst voraussetzen. Delegationsfähige Leistungen haben außer Betracht zu bleiben. Zu berücksichtigen ist weiter, dass die für die einzelnen ärztlichen Leistungen zugrunde zu legenden Durchschnittszeiten so bemessen sein müssen, dass ein erfahrener, geübter und zügig arbeitender Arzt die Leistungen im Durchschnitt in kürzerer Zeit schlechterdings nicht ordnungsgemäß und vollständig erbringen kann. Der Qualifizierung als Durchschnittszeit entspricht es, dass es sich hierbei nicht um die Festlegung absoluter Mindestzeiten handelt, sondern um eine Zeitvorgabe, die im Einzelfall durchaus unterschritten werden kann. Die Durchschnittszeit stellt sich aber bei einer ordnungsgemäßen und vollständigen Leistungserbringung als der statistische Mittelwert dar (vgl. BSG SozR 3-2500 § 95 Nr. 4; LSG Berlin-Brandenburg, Urt. v. 10.10.2007 – L 7 KA 56/03 – www.sozialgerichtsbarkeit.de = juris Rdnr. 21). Als Nachweis für eine Falschabrechnung des Quartals genügt bereits ein beliebiger falsch abgerechneter Tag (BSG SozR 3-2500 § 83 Nr. 1).

Ausgehend hiervon war die Beklagte grundsätzlich berechtigt, Tagesprofile zu erstellen.

Die Erstellung der Tagesprofile ist im Einzelnen nur insoweit zu beanstanden, als in den Bescheidgründen nicht darlegt wird, das die Tagesprofile wesentlich auf der Nebeneinanderabrechnung der Ziffern 04110 und 04111 mit der Ziffer 04120 EBM 2005 beruhen.

Die Antragsgegnerin hat die Tagesprofile auf der Grundlage der Zeitangaben im EBM 2005 erstellt. Soweit sie bei einer Nebeneinanderabrechnung der Ziffern 04110 und 04111 mit der Ziffer 04120 EBM 2005 davon ausgeht, dass hierfür im Behandlungsfall 20 Minuten anzusetzen sind, ist dies zutreffend.

Ziffer 04120 EBM 2005 "Beratung, Erörterung und/oder Abklärung, Dauer mindestens 10 Minuten" kann für je vollendete 10 Minuten angesetzt werden und wird mit 150 Punkten berücksichtigt. Nach dem EBM 2005 ist aber bei der Nebeneinanderberechnung der Leistungen nach den Nrn. 04110 und 04111 und 04120 eine Dauer der Arzt-Patienten-Kontaktzeit von mindestens 20 Minuten Voraussetzung für die Berechnung der Leistung nach der Nr. 04120.

Die Antragsgegnerin hat aber weder im Ausgangsbescheid noch im Widerspruchsbescheid darauf hingewiesen, dass hierauf die hohen Prüfzeiten für den Ordinationskomplex in den listenmäßig erstellten Tagesprofilen bzw. in den im Bescheid beispielhaft genannten Tagesprofilen beruhen. Auch im Anhörungsschreiben vom 17.02.2008 wird hierauf nicht hingewiesen. Es wird vielmehr darin jeweils – so im Ausgangsbescheid und im Anhörungsschreiben - ausgeführt, für die Prüfung nach Zeitprofilen würden primär die im Anhang 3 zum EBM aufgeführten Prüfzeiten für ärztliche Leistungen zugrunde gelegt. Im Widerspruchsbescheid heißt es, das Tagesprofil entstehe durch die Addition der Prüfzeiten, festgelegt im Anhang 3 zum EBM 2005. Lediglich ergänzend wird hinsichtlich des Einwands des Klägers, das Softwareprogramm habe ihm die Zeiten nicht zutreffend angegeben, ergänzt, das Problem der vom Softwareprogramm zu niedrig ausgewiesenen Arbeitszeit trete erst auf, wenn die Software die Zeit für die Nebeneinanderberechnung (Koppelung) des Ordinationskomplexes mit Gesprächsleistungen nicht so erfasst habe, wie sie in der Leistungslegende zu den Gesprächsleistungen festgelegt sei. Weder im Bescheid bzw. Widerspruchsbescheid noch den Listen wird zudem angegeben, bei welchen Behandlungsfällen eine Nebeneinanderabrechnung stattgefunden hat, so dass eine Überprüfung dieser Fälle nicht möglich ist.

Erst auf Anfrage der Kammer, dass nach exemplarischer Überprüfung der Tagesprofile für den 04.10.2005 und 02.01.2006, die im angefochtenen Bescheid mit 25 Stunden 26 Minuten bzw. 28 Stunden und 25 Minuten angegeben werden, auffalle, dass in die Berechnung der Tagesprofile offensichtlich der Ordinationskomplex nach Nr. 04110 und 04111 EBM 2005 eingerechnet worden sei und dass sich unterschiedliche Zeiten für den Ordinationskomplex an den einzelnen Tagen ergebe, hat die Antragsgegnerin ihre Berechnungsweise erläutert.

Damit fehlt es aber an einer hinreichenden Erläuterung des Ermittlungsergebnisses und der tatbestandlichen Voraussetzungen und ist die Begründung für eine Ermessensentscheidung unzureichend (§ 35 SGB X). Eine ausreichende Nachholung der Begründung (§ 41 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 SGB X) liegt nicht vor, da jedenfalls nicht angegeben wird, bei welchen Behandlungsfällen eine Nebeneinanderabrechnung stattgefunden hat. Insofern war auch die Anhörung des Antragstellers unzureichend (§ 24 SGB X), so dass dieser Fehler auch nicht unbeachtlich ist (§ 42 SGB X).

Von daher ist der Bescheid rechtswidrig und wäre in einem Hauptsacheverfahren aufzuheben gewesen. Die Zahlung des Berichtigungsbetrages auf der Grundlage eines rechtswidrigen Verwaltungsakts muss der Antragsteller aber nicht hinnehmen. Von daher kann dahingestellt bleiben, ob auch ein Anordnungsgrund vorliegt. Jedenfalls hat sich der Antragsteller nicht eindeutig und vollständig zu seiner Vermögenslage eingelassen; auch hat er zu seinen aktuellen Einnahmen und Ausgaben nur unvollständige Angaben gemacht.

Die übrigen Begründungselemente des Berichtigungsbescheids waren nach Aktenlage allerdings nicht zu beanstanden. Soweit unterstellt wird, die Nebeneinanderabrechnung ist von der Antragsgegnerin zutreffend erfasst worden, kann sich der Antragsteller nicht auf eine Fehlerhaftigkeit seines Softwareprogramms berufen. Maßgeblich für die Abrechnung sind allein die Bestimmungen des EBM 2005. Der mit der Abrechnung geltend gemachte Zeitaufwand, der zu den inplausiblen Zeiten geführt hat, beruht allein auf der Abrechnung des Antragstellers. Soweit er sich auf eine Fehlerhaftigkeit seines Softwareprogramms beruft, räumt er letztlich ein, er hätte anders abgerechnet, wäre ihm bewusst geworden, dass er einen plausiblen Zeitaufwand überschreite. Die Abrechnung von Leistungen kann sich aber allein an der Erbringung der Leistung orientieren und nicht an vermeintlichen Zeitkontingenten im Rahmen einer Plausibilitätsprüfung. Letztlich räumt der Antragsteller damit ein, vorsätzlich mit seiner Abrechnung gegen die Leistungslegende verstoßen zu haben. Von der Kammer war nicht zu prüfen, inwieweit damit der Betrugstatbestand des § 263 StGB erfüllt wird. Soweit der Kläger auf einen hohen zeitlichen Aufwand wegen der Behandlung von Ausländern, die nicht oder nur unzureichend der deutschen Sprache mächtig gewesen seien, hingewiesen hat, wobei seine Ehefrau die Erklärungen über die Erkrankung und deren Therapie unter Zuhilfenahme eines Übersetzers übernommen habe, so räumt der Antragsteller ein, hierfür ärztliche Behandlungszeiten abgerechnet zu haben. Aus dem EBM ergibt sich aber eindeutig, dass sämtliche Gesprächsleistungen des EBM 2005 ausschließlich ärztliche Leistungen sind und nicht, auch nicht teilweise, an nichtärztliches Personal delegiert werden können. Gleiches gilt für den Hinweis auf Ernährungsberatungen durch seine Ehefrau. Leistungen potentieller Praxisübernehmer, die nach Angaben des Antragstellers zeitweise mitgearbeitet hätten, können ebf. nicht abgerechnet werden, da es sich weder um Praxispartner noch genehmigte angestellte Ärzte oder Assistenten handelt.

Nicht zu beanstanden war auch die Annahme, dass bei Tagesprofilen von über 16 Stunden bzw. bei wenigsten vier Tagesprofilen von über 12 Stunden im Quartal eine ordnungsgemäße Leistungserbringung nicht mehr vorliegt (vgl. SG Marburg, Urt. v. 04.06.2008 - S 12 KA 528/07 – www.sozialgerichtsbarkeit.de = juris).

Letztlich können diese Fragen aber dahingestellt bleiben, da der einstweiligen Anordnung aus den genannten Gründen stattzugeben war.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG in Verbindung mit § 154 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung. Der unterliegende Teil trägt die Verfahrenskosten.

Der Streitwertbeschluss beruht auf dem Gerichtskostengesetz i. d. F. des Gesetzes zur Modernisierung des Kostenrechts (Kostenrechtsmodernisierungsgesetz – KostRMoG) vom 05.05.2004, BGBl. I S. 718).

In Verfahren vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach den sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen. Bietet der Sach- und Streitwert für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, so ist ein Streitwert von 5.000,00 Euro anzunehmen (§ 52 Abs. 1 und 2 GKG).

Auszugehen war vom Berichtigungsbetrag, wovon im Hinblick auf die Vorläufigkeit des Verfahrens 1/3 zu nehmen war. Dies ergab den festgesetzten Streitwert.
Rechtskraft
Aus
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